Arcangelo Corelli und Kaiser/Riegraf-Gruppe: Unterschied zwischen den Seiten
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Die '''Kaiser/Riegraf-Gruppe''' war in der [[Zeit des Nationalsozialismus]] eine [[Sozialismus|sozialistische]] [[Widerstand gegen den Nationalsozialismus|Widerstandsgruppe]] aus [[Heilbronn]]. |
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[[Bild:Arcangelo Corelli 2.jpg|200px|right|Arcangelo Corelli, Porträt von Frans Douven]] |
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'''Arcangelo Corelli''' (* [[17. Februar]] [[1653]] in [[Fusignano]]; † [[8. Januar]] [[1713]] in [[Rom]]) war ein italienischer [[Komponist]] und [[Violine|Violinist]] des [[Barockmusik|Barock]]. |
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Sophie (genannt Sascha) Kaiser (*[[1899]] in Berlin; †[[1983]] in [[Berlin]]) war eine geborene Witkowsky und entstammte einer galizischen Adelsfamilie<ref>Heilbronn, so wie es war, Seite 97</ref>. [[Karl Kaiser (Heilbronn)|Karl Kaiser]] war Industriellensohn aus Heilbronn, das Paar war seit Ende der 1920er Jahre in der [[Kommunistische Partei-Opposition|KPD-Opposition]] (KPO) und zog 1931 von Berlin nach Heilbronn, wo sie mit der örtlichen [[KPD]] zusammenarbeiteten. Über den KPD-Stadtrat Wilhelm Schwan kamen sie nach der „Machtergreifung“ 1933 in Kontakt mit dem ehemaligen [[SPD]]-Stadtrat Ernst Riegraf und dessen Sohn [[Hellmut Riegraf]], letzterer wiederum brachte den Sozialdemokraten Wilhelm Jaisle und den [[Freie Arbeiter-Union Deutschlands|Anarcho-Syndikalisten]] Eugen Freimüller zur Gruppe, zu der noch weitere Kommunisten und Sozialdemokraten stoßen sollten. |
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== Leben == |
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Corelli entstammte einer wohlhabenden Landbesitzerfamilie. Sein Vater, der ebenfalls Arcangelo hieß, starb einen Monat vor Corellis Geburt, sodass seine Mutter Santa Corelli geb. Raffini die Erziehung ihrer fünf Kinder allein übernehmen musste. |
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Die Gruppe organisierte konspirative Treffen, auf denen Oppositionelle politisch geschult wurden und Anweisungen für das Verhalten vor Gestapo und Gericht erhielten. Die bereits im Untergrund befindliche Bezirksleitung der [[Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (1931)|Sozialistischen Arbeiterpartei]] (SAP) in Mannheim lieferte Flugblätter, die Zeitung ''Das Banner des revolutionären Marxismus'' und Klebezettel, die von der Heilbronner Gruppe weiterverbreitet wurden. Auch aus Stuttgart erhielt man über die untergetauchte Kreisleitung der KPD und [[Walter Vielhauer]] Schriften. Treffpunkte waren die Wohnung von Sascha und Karl Kaiser, Dittmarstraße 5 (später Oststraße 5) und die David-Friedrich-Straße 5 (heute Erlenbacher Straße). Man traf sich aber auch z.B. im Freibad in Bad Rappenau oder im Wald bei Ilsfeld. Dr. Karl Kaiser war als Assessor beim Amtsgericht in Heilbronn tätig, was ihn zeitweilig vor der Entdeckung durch die Gestapo bewahrte. |
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Corelli erhielt seinen ersten Musikunterricht bei einem Priester in der Nachbarstadt [[Faenza]], setzte seine Studien in [[Lugo (Emilia-Romagna)|Lugo]] fort und ging 1666 schließlich nach [[Bologna]], wo er wahrscheinlich von [[Giovanni Benvenuti (Komponist)|Giovanni Benvenuti]] und [[Leonardo Brugnoli]] unterrichtet wurde. 1670 wurde er in die ''[[Accademia Filarmonica]]'' von Bologna aufgenommen. |
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Die Gruppe nannte sich selbst ''Käthe'' nach dem [[Das Käthchen von Heilbronn|Käthchen von Heilbronn]], die Mitglieder trugen alle Decknamen. |
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Spätestens 1675 kam Corelli nach Rom, wo er bald als einer der führenden Violinisten bekannt wurde. Er trat in das Orchester der in Rom lebenden ehemaligen schwedischen Königin [[Christina I. (Schweden)|Christina]] ein und widmete dieser auch sein erstes gedrucktes Opus, die 12 [[Sonate|Kirchensonaten]] op. 1 (1681). Im Vorwort dieses Werkes bedankt er sich bei den „più valorosi professori musici di Roma“, zu denen mit Sicherheit die Geiger [[Carlo Mannelli]] und [[Carlo Ambrogio Lonati]] gehörten. |
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Im März 1936 beteiligte sich die Gruppe an einer überregionalen Klebeaktion, bei der zwischen Aachen und Lörrach anlässlich der bevorstehenden Reichstagswahl Klebezettel mit der Aufschrift „Hitler bedeutet Krieg“ geklebt wurden. Im Sommer 1936 wurden nach einer unbedachten Äußerung eines betrunkenen Arbeiters gegenüber einem Heilbronner SA-Mann Sophie und Karl Kaiser, die inzwischen nach Mannheim verzogen waren, Hellmut Riegraf, Eugen Freimüller und Wilhelm Jaisle vorübergehend verhaftet und verhört, mangels Beweisen jedoch wieder freigelassen. |
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Ein weiterer wichtiger Förderer neben Königin Christina wurde Kardinal [[Benedetto Panfili]] (1652-1730), dessen Palazzo zu den Zentren des römischen Musiklebens zählte und dem Corelli sein op. 2 widmete (12 [[Sonate|Kammersonaten]], 1685). 1687 trat Corelli ganz in Panfilis Dienste und zog in dessen Palazzo, wo er Konzerte mit 80 und mehr Mitwirkenden zu dirigieren hatte. |
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Von der Gestapo überwacht, setzte die Gruppe ihre konspirativen Treffen fort. Jedoch hatte die Gestapo auf der „Baseler Konferenz“ der SAP im November 1935 bereits einen Spitzel eingeschleust und konnte über einen Lehrer in Pforzheim die Mannheimer Bezirksleitung der SAP und von dort aus die Heilbronner Gruppe ausfindig machen. 1938 wurden im Rahmen der Zerschlagung der südwestdeutschen SAP-Strukturen daraufhin auch Sophie und Karl Kaiser, Hellmut Riegraf, Wilhelm Jaisle, Hermann Gerstlauer, Paul Engel und Eugen Freimüller verhaftet und zumeist wegen Hochverrat zu mehrjährigen Gefängnis- bzw. Zuchthausstrafen verurteilt. Lediglich Karl Kaiser konnte von der Gruppe gedeckt werden und blieb straffrei. |
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Als Panfili 1690 für mehrere Jahre nach Bologna ging, nahm Kardinal [[Pietro Ottoboni (Kardinal)|Pietro Ottoboni]] seine Stelle als Mäzen Corellis ein. Auch er ließ Corelli in seinem Palazzo (der ''Cancelleria'') wohnen und übertrug ihm die Leitung der dort stattfindenden Konzerte und Opernaufführungen. Corelli widmete ihm seine 12 Kammersonaten op. 4 (1694). |
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1702 hielt sich Corelli für einige Monate in [[Neapel]] auf, um eine Reihe von Aufführungen zu dirigieren. 1706 wurde er zusammen mit [[Bernardo Pasquini]] und [[Alessandro Scarlatti]] in die ''[[Accademia dell'Arcadia]]'' in Rom aufgenommen. 1707/08 kam er in Kontakt mit [[Georg Friedrich Händel]] und wirkte in mehreren Aufführungen von dessen Werken mit. |
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Nach 1708 zog sich Corelli aus gesundheitlichen Gründen zunehmend von der Öffentlichkeit zurück und widmete sich der Komposition und Überarbeitung der [[Concerto grosso|Concerti grossi]] op. 6, die erst nach seinem Tod erschienen. Ende 1712 übersiedelte er von der ''Cancelleria'' in den Palazzo seines Bruders Giacinto, wo auch seine reichhaltigen Besitztümer, darunter wertvolle Gemälde und Musikinstrumente, aufbewahrt wurden. Wenige Tage später starb er im Alter von knapp 60 Jahren. Einen großen Teil seines Besitzes vermachte er seinem Schüler und Freund Matteo Fornari. Er wurde im [[Pantheon (Rom)|Pantheon]] in Rom begraben. |
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== Bedeutung == |
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Sowohl als Violinist wie auch als Komponist hatte Corelli weit über Italien hinaus beträchtlichen Einfluss. Der von ihm eingeführte Musizierstil, der von seinen Schülern wie [[Francesco Gasparini]], [[Francesco Geminiani]], [[Giovanni Battista Somis]] und anderen beibehalten wurde, war für die Entwicklung des Violinspiels von großer Bedeutung. |
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Als Komponist schrieb Corelli im Gegensatz zu den meisten seiner Zeitgenossen ausschließlich Instrumentalmusik. Seine Werke, die sich durch klassische Ausgewogenheit und Kantabilität auszeichnen, markieren eine Epoche in der Geschichte der [[Kammermusik]]. Von seinem op. 1 erschienen bis 1800 nicht weniger als 39 Auflagen, von seinem op. 5 sogar 42. Die Concerti grossi op. 6 wurden in England bis ins 19. Jahrhundert gespielt und selbst denen Händels vorgezogen. Komponisten wie [[Francesco Geminiani|Geminiani]], [[Tommaso Antonio Vitali|Vitali]], [[Henrico Albicastro|Albicastro]], [[Antonio Vivaldi|Vivaldi]], [[Baldassare Galuppi|Galuppi]], [[Georg Philipp Telemann|Telemann]] und [[Giuseppe Valentini|Valentini]] bearbeiteten Werke Corellis oder imitierten seinen Stil. |
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== Werke == |
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* op. 1: 12 ''Sonate a tre'' (Rom 1681) |
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* op. 2: 12 ''Sonate da camera a tre'' (Rom 1685) |
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* op. 3: 12 ''Sonate a tre'' (Rom 1689) |
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* op. 4: 12 ''Sonate a tre'' (Rom 1694) |
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* op. 5: 12 ''Sonate'' (Rom 1700; Nr. 12: Variationen über [[La Folia]]) |
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* op. 6: 12 ''Concerti grossi'' (Amsterdam 1714; Nr. 8 das bekannte ''Weihnachtskonzert'' in g-Moll) |
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* op. post.: 6 ''Sonate a tre'' [[Opus (Werk)|WoO]] 5–10 (Amsterdam 1714) |
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Zu den Sonaten op. 5 gibt es zahlreiche Variationen von Corelli selbst, von [[Francesco Geminiani]], [[Matthew Dubourg]] (Konzertmeister unter [[Georg Friedrich Händel|Händel]]) und [[Giuseppe Tartini]]. |
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== Ausgaben == |
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Arcangelo Corelli: ''Historisch-kritische Gesamtausgabe''. Begründet im Musikwissenschaftlichen Institut der Universität Basel von Hans Oesch, fortgeführt von Hans-Joachim Hinrichsen und Laurenz Lütteken. In 5 Bänden und einem Zusatzband. Laaber-Verlag 1976-2007, ISBN 978-3-89007-157-2 |
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== Weblinks == |
== Weblinks == |
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*[http://www.mahnung-gegen-rechts.de/pages/staedte/Heilbronn/pages/hoffnungstraeger.htm ''Käthe'' bzw. ''Kaiser/Riedgraf-Gruppe'' in Heilbronn] |
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{{Commons}} |
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* [http://www.racine.ra.it/orione39/ARCANGELO%20CORELLI/Arcangelo%20Corelli%20index.htm Informationen über Corellis Leben und Werk (ital.)] |
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*[http://icking-music-archive.org/ByComposer/Corelli.html Violinsonate op. 5 Nr. 1 mit Corelli zugeschriebenen Verzierungen in der Roger-Ausgabe von 1710] |
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*[http://www.mutopiaproject.org/cgibin/make-table.cgi?Composer=CorelliA Das ''Weihnachtskonzert'' op. 6 Nr. 8 für Streichquartett arrangiert] |
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*[http://www.music-notes.de/jugendkammerorchester/corelli.htm Fatto per la Notte di Natale op.6 Nr.8] VideoAufnahme: JugendKammerOrchester Berlin in der Heilig-Kreuz-Kirche Berlin (16.12.2007) |
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*[http://icking-music-archive.org/ByComposer/Tartini.html 50 Variationen von Giuseppe Tartini aus der Gavotte der Sonate op. 5 Nr. 10] |
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*{{IMSLP|id=Corelli%2C_Arcangelo|cname=Arcangelo Corelli}} |
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{{DEFAULTSORT:Corelli, Arcangelo}} |
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== Literatur == |
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[[Kategorie:Komponist (Barock)]] |
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*Susanne Stickel-Pieper (Bearb.): ''Trau! Schau! Wem? Dokumente zur Geschichte der Arbeiterbewegung im Raum Heilbronn/Neckarsulm 1844–1949''. Distel-Verlag, Heilbronn 1994, ISBN 3-929348-09-8 (im Buch formal falsche ISBN 3-923348-09-8) |
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[[Kategorie:Italienischer Komponist]] |
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*Markus Dieterich: ''Es kann uns den Kopf kosten. Antifaschismus und Widerstand in Heilbronn 1930–1939''. Distel-Verlag, Heilbronn 1992, ISBN 3-923208-35-9 |
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[[Kategorie:Violinist]] |
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* Christhard Schrenk, Hubert Weckbach, Susanne Schlösser: ''Von Helibrunna nach Heilbronn. Eine Stadtgeschichte''. (Veröffentlichungen des Archivs der Stadt Heilbronn; Bd. 36). Theiss, Stuttgart 1998, ISBN 3-8062-1333-X |
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[[Kategorie:Italiener]] |
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*Uwe Jacobi: ''Das war das 20. Jahrhundert in Heilbronn''. 1. Auflage. Wartberg-Verlag, Gudensberg-Gleichen 2001, ISBN 3-86134-703-2 |
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[[Kategorie:Geboren 1653]] |
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*Uwe Jacobi: ''Die vermißten Ratsprotokolle. Aufzeichnung der Suche nach der unbewältigten Vergangenheit.'' 1. Auflage. Heilbronner Stimme, Heilbronn 1981 |
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[[Kategorie:Gestorben 1713]] |
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[[Kategorie:Mann]] |
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== Einzelnachweise == |
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{{Personendaten| |
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NAME=Corelli, Arcangelo |
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|ALTERNATIVNAMEN= |
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|KURZBESCHREIBUNG=italienischer Violinist und Komponist des Barock |
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|GEBURTSDATUM=[[17. Februar]] [[1653]] |
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|GEBURTSORT=[[Fusignano]] bei [[Ravenna]] |
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|STERBEDATUM=[[8. Januar]] [[1713]] |
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|STERBEORT=[[Rom]] |
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[[Kategorie:Widerstand gegen den Nationalsozialismus]] |
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[[ar:أركانجلو كوريلي]] |
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[[Kategorie:Politischer Widerstand|Nationalsozialismus]] |
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[[bg:Арканджело Корели]] |
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[[Kategorie:Zweiter Weltkrieg]] |
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[[Kategorie:Heilbronn]] |
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Version vom 25. Dezember 2007, 00:58 Uhr
Die Kaiser/Riegraf-Gruppe war in der Zeit des Nationalsozialismus eine sozialistische Widerstandsgruppe aus Heilbronn.
Sophie (genannt Sascha) Kaiser (*1899 in Berlin; †1983 in Berlin) war eine geborene Witkowsky und entstammte einer galizischen Adelsfamilie[1]. Karl Kaiser war Industriellensohn aus Heilbronn, das Paar war seit Ende der 1920er Jahre in der KPD-Opposition (KPO) und zog 1931 von Berlin nach Heilbronn, wo sie mit der örtlichen KPD zusammenarbeiteten. Über den KPD-Stadtrat Wilhelm Schwan kamen sie nach der „Machtergreifung“ 1933 in Kontakt mit dem ehemaligen SPD-Stadtrat Ernst Riegraf und dessen Sohn Hellmut Riegraf, letzterer wiederum brachte den Sozialdemokraten Wilhelm Jaisle und den Anarcho-Syndikalisten Eugen Freimüller zur Gruppe, zu der noch weitere Kommunisten und Sozialdemokraten stoßen sollten.
Die Gruppe organisierte konspirative Treffen, auf denen Oppositionelle politisch geschult wurden und Anweisungen für das Verhalten vor Gestapo und Gericht erhielten. Die bereits im Untergrund befindliche Bezirksleitung der Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP) in Mannheim lieferte Flugblätter, die Zeitung Das Banner des revolutionären Marxismus und Klebezettel, die von der Heilbronner Gruppe weiterverbreitet wurden. Auch aus Stuttgart erhielt man über die untergetauchte Kreisleitung der KPD und Walter Vielhauer Schriften. Treffpunkte waren die Wohnung von Sascha und Karl Kaiser, Dittmarstraße 5 (später Oststraße 5) und die David-Friedrich-Straße 5 (heute Erlenbacher Straße). Man traf sich aber auch z.B. im Freibad in Bad Rappenau oder im Wald bei Ilsfeld. Dr. Karl Kaiser war als Assessor beim Amtsgericht in Heilbronn tätig, was ihn zeitweilig vor der Entdeckung durch die Gestapo bewahrte.
Die Gruppe nannte sich selbst Käthe nach dem Käthchen von Heilbronn, die Mitglieder trugen alle Decknamen.
Im März 1936 beteiligte sich die Gruppe an einer überregionalen Klebeaktion, bei der zwischen Aachen und Lörrach anlässlich der bevorstehenden Reichstagswahl Klebezettel mit der Aufschrift „Hitler bedeutet Krieg“ geklebt wurden. Im Sommer 1936 wurden nach einer unbedachten Äußerung eines betrunkenen Arbeiters gegenüber einem Heilbronner SA-Mann Sophie und Karl Kaiser, die inzwischen nach Mannheim verzogen waren, Hellmut Riegraf, Eugen Freimüller und Wilhelm Jaisle vorübergehend verhaftet und verhört, mangels Beweisen jedoch wieder freigelassen.
Von der Gestapo überwacht, setzte die Gruppe ihre konspirativen Treffen fort. Jedoch hatte die Gestapo auf der „Baseler Konferenz“ der SAP im November 1935 bereits einen Spitzel eingeschleust und konnte über einen Lehrer in Pforzheim die Mannheimer Bezirksleitung der SAP und von dort aus die Heilbronner Gruppe ausfindig machen. 1938 wurden im Rahmen der Zerschlagung der südwestdeutschen SAP-Strukturen daraufhin auch Sophie und Karl Kaiser, Hellmut Riegraf, Wilhelm Jaisle, Hermann Gerstlauer, Paul Engel und Eugen Freimüller verhaftet und zumeist wegen Hochverrat zu mehrjährigen Gefängnis- bzw. Zuchthausstrafen verurteilt. Lediglich Karl Kaiser konnte von der Gruppe gedeckt werden und blieb straffrei.
Weblinks
Literatur
- Susanne Stickel-Pieper (Bearb.): Trau! Schau! Wem? Dokumente zur Geschichte der Arbeiterbewegung im Raum Heilbronn/Neckarsulm 1844–1949. Distel-Verlag, Heilbronn 1994, ISBN 3-929348-09-8 (im Buch formal falsche ISBN 3-923348-09-8)
- Markus Dieterich: Es kann uns den Kopf kosten. Antifaschismus und Widerstand in Heilbronn 1930–1939. Distel-Verlag, Heilbronn 1992, ISBN 3-923208-35-9
- Christhard Schrenk, Hubert Weckbach, Susanne Schlösser: Von Helibrunna nach Heilbronn. Eine Stadtgeschichte. (Veröffentlichungen des Archivs der Stadt Heilbronn; Bd. 36). Theiss, Stuttgart 1998, ISBN 3-8062-1333-X
- Uwe Jacobi: Das war das 20. Jahrhundert in Heilbronn. 1. Auflage. Wartberg-Verlag, Gudensberg-Gleichen 2001, ISBN 3-86134-703-2
- Uwe Jacobi: Die vermißten Ratsprotokolle. Aufzeichnung der Suche nach der unbewältigten Vergangenheit. 1. Auflage. Heilbronner Stimme, Heilbronn 1981
Einzelnachweise
- ↑ Heilbronn, so wie es war, Seite 97