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Kleine Brüder vom Evangelium und Psychomachia: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Image:BLAdd24199PrudentiusFol11v.jpg|thumb|250px|Psychomachia, [[British Library]], MS 24199; (11. Jahrhundert) [[Ijob (Bibel)|Hiob]] als Begleiter der Patientia (Geduld). Die Verse verdeutscht: „Ihn heißt die Göttliche nun ruhen von allem / Waffengeklirr, seinen gesamten Verlust aus dem erbeutetem Reichtum / vervielfachen und zusammentragen, was nicht mehr vergehen wird“. Sie sind mit [[Glosse|Glossen]] überschrieben.]]
Die Kleinen Brüder vom Evangelium sind eine [[Katholische Kirche|katholische]] [[Ordensgemeinschaft]].


Die '''Psychomachia''' (altgriechisch: „Seelenkampf“) des christlichen Dichters [[Prudentius]] (* 348 † nach 405) stellt einen [[Allegorie|allegorischen]] Kampf zwischen [[Personifikation|personifizierten]] [[Kardinaltugenden|Tugenden]] und [[Laster]]n dar. Sie ist das erste durchgehend allegorische Gedicht der abendländischen Literatur und gilt als eines der bedeutendsten Werke der christlichen lateinischen Epik. Sprachlich ist das Werk eng an die klassisch-heidnische Poesie, besonders die [[Aeneis]] des [[Vergil]], angelehnt. Die mittelalterlichen Manuskripte der Dichtung waren oft reichhaltig [[Glosse|glossiert]] und teils mit Bildern [[Buchmalerei|illuminiert]]. Auf die allegorische Kunst des Mittelalters in Dichtung, Malerei und Skulptur übte die ''Psychomachia'' erheblichen Einfluss aus. Sie war im Mittelalter eines der am häufigsten rezipierten Gedichte der Antike.
So wie die [[Kleine Brüder Jesu|Kleinen Brüder Jesu]] beziehen sich die Kleinen Brüder vom Evangelium in ihrer Spiritualität auf [[Charles de Foucauld]] und wurden wie diese durch [[René Voillaume]] gegründet. Dies war im Jahr [[1956]].


== Werk ==
Die Kleinen Brüder vom Evangelium leben in kleinen Gemeinschaften von 3 oder 4 Brüdern und sind durch ihre Arbeit und ihren Lebensstil den armen und ausgegrenzten Menschen nahe. Sie sind auch in der Verkündigung und pastoralen Begleitung tätig.


=== Inhalt ===
Die Gemeinschaft zählt heute etwa 86 Mitglieder in Afrika, Asien, Europa und Amerika. In Deutschland sind sie in Leipzig ansässig.

Der Titel ''Psychomachia'' leitet sich aus den beiden griechischen Wörtern ''psyche'' („Seele“) und ''machein'' („kämpfen“) ab. Der erste Bestandteil kann gleichzeitig als subjektiver und objektiver [[Genitiv]] verstanden werden, d. h. die Seele ist sowohl Kämpfende als auch das Ziel des Kampfes, sie kämpft um sich selbst. Das [[Epos]] gliedert sich in eine ''Praefatio'' (Vorwort) und die eigentliche Erzählung im Umfang von 916 [[Hexameter]]n.

Die ersten 725 Verse des Hauptteils stellen eine Folge von sieben allegorischen Kämpfen zwischen Tugenden und entgegengesetzten Lastern dar: [[Heidentum|Götzenverehrung]] und Rechtgläubigkeit; [[Keuschheit]] und [[Sodom und Gomorrha|sodomitische]] [[Wollust]]; Geduld und Jähzornigkeit; Demut und [[Hochmut|Überheblichkeit]]; Enthaltsamkeit und Ausschweifung; Vernunft und [[Habgier]]; Einigkeit und Zwietracht mit Beinamen [[Häresie]] (lateinisch: ''Veterum Cultura Deorum vs. Fides''; ''Pudicitia vs. Sodomita Libido''; ''Patientia vs. Ira''; ''Mens Humilis vs. Superbia''; ''Sobrietas vs. Luxuria''; ''[[Ratio]] vs. Avaritia''; ''Concordia vs. Discordia cognomento Heresis''). Die Tugenden und Laster sind jeweils als Frauengestalten mit charakteristischen Attributen und Verhaltensweisen beschrieben.

==== Vorwort ====

[[Bild:PsychomachiaAbraham.jpg|thumb|300px|Psychomachia, Bristish Library MS Cotton Cleopatra C. VIII, [[Canterbury]], Christ Church (erste Hälfte 11. Jh., unbekannter Herkunft). [[Abraham]]s Rückkehr nach der Befreiung Loths]]

Die 68 [[Iambus|iambischen]] [[Trimeter]] setzen an bei der alttestamentlichen Erzählung der Rettung [[Lot (Altes Testament)|Loths]] durch [[Abraham]] aus den heidnischen Städten [[Sodom und Gomorrha]]. Die im Bibeltext erwähnten 318 Sklaven des Abraham,<ref>{{Bibel|Gen|14,14}}.</ref> in griechischer Transkription ΤΙΗ, repräsentieren die ursprüngliche Kreuzesform und die beiden Anfangsbuchstaben des Namens Jesu (griechisch: ΙΗΣΟΥΣ). Die Erscheinung dreier Engel, welche die Empfängnis [[Sara (Erzmutter)|Saras]] verkünden,<ref>{{Bibel|Gen|18,1-15}}.</ref> [[Typologie (Bibel)|präfiguriert]] das [[Dreifaltigkeit|trinitarische]] Dogma der Wesenseinheit von Vater, Sohn und heiligem Geist, der Hohepriester [[Melchisedech]] den Heiland.<ref>{{Bibel|Gen|14,18}} {{Bibel|Heb|7,1-3}}.</ref> Die [[Biblische Exegese|Bibelexegese]] kündigt damit das zentrale Thema des Werkes an und stellt es zugleich in seinen [[Heilsgeschichte|heilsgeschichtlichen]] Zusammenhang: den Kampf von heidnischen Lastern und christlichen Tugenden auf dem Schauplatz der menschlichen Seele sowie die anschließende Errichtung eines Tempels der Weisheit.

==== Seelenkampf ====

Eine Christus-Anrufung leitet den Seelenkampf ein. Die Rechtgläubigkeit stellt sich im Vertrauen auf ihre Stärke unbewaffnet dem offenen Kampf. Indem sie wächst, schlägt sie die Götzenverehrung zu Boden und drückt ihr die Kehle zu, so dass deren eingezwängte Seele den Körper am Leben hält, derweil die [[Römische Legion|Legion]] der 1.000 Märtyrer einen [[Römischer Triumph|Triumph]] feiert. Die Wollust bedroht mit einer Schwefelfackel die Keuschheit, die deren Kehle mit einem Schwert durchstößt. Die Keuschheit gedenkt der Tötung des [[Holofernes]] durch [[Buch Judith|Judith]],<ref>{{Bibel|Jdt|13,1ff.}}.</ref> welche die unbefleckte Empfängnis und Fleischwerdung Gottes präfiguriert. Die Wollust fällt in einen Schwefelpfuhl, während die Keuschheit ihr beflecktes Schwert im Jordan reinwäscht und in einem Taufbecken weiht. Derweil sieht die Geduld ungerührt zu, wie alle von der Jähzornigkeit eingesetzten Waffen an ihrer Rüstung zersplittern und diese sich frustriert selbst erschlägt. In Begleitung des [[Ijob (Bibel)|Hiob]], dessen Leiden mit vielfacher Belohnung vergolten wurden, unterstützt die Geduld als einzige alle anderen Tugenden im Kampf.

[[Bild:Psychomachia-Ira.jpg|thumb|300px|Ira (Zorn), einen Schild haltend, zielt mit ihrem Schwert auf den Kopf der Patientia (Geduld). Die nächste Illumination zeigt, wie das Schwert am Kopf der Patientia zersplittert.]]

Zufällig reitet die Überheblichkeit auf hohem Ross einher, mit aufgetürmter Haarpracht, und blickt herab auf das armselige Gefolge der Demut, welche die himmlische Hoffnung zur Gefährtin erwählt hat. Die Überheblichkeit prahlt, dass seit dem von ihr verursachten Sündenfall ihr Volk militärisch überlegen sei, und verspottet die unmännlichen Neuankömmlinge: die Keuschheit, Frömmigkeit, Gerechtigkeit, Ehre, Mäßigung, Enthaltsamkeit, Reinheit und Einfalt. Beim Angriff fällt sie in eine Grube, welche die List gegraben hat, und wird von ihrem Pferd zerquetscht. Die Hoffnung veranlasst die Demut, das Laster zu enthaupten, und gedenkt der Tötung des [[Goliath (Bibel)|Goliath]] durch [[David (Israel)|David]]. Sie fährt in den Himmel, die anderen Tugenden sehen ihr sehnsüchtig nach.

Aus dem Westen trifft auf kostbarem Wagen die verkaterte Ausschweifung ein, die ihren Ruf verloren hat und nur noch der Wollust lebt, und zieht die Tugenden in ihren Bann. Einzig die Enthaltsamkeit bleibt nüchtern, richtet die Kreuzesstandarte auf und erinnert die Tugenden an das Nahrungswunder in der ägyptischen Wüste, welches das Abendmahl präfiguriert, an Davids und [[Samuel (Prophet)|Samuels]] Kampf gegen die Heiden und die Buße des [[Jonathan (Sohn Sauls)|Jonathan]]<ref>{{Bibel|1 Sam|14,24-15}}.</ref> Mit dem Kreuz blockiert sie die Wagenspeichen, so dass die Ausschweifung nach vorn stürzt und den Wagen bremst. Die Zufälligkeit gibt der Enthaltsamkeit einen Felsblock, mit dem sie das geräderte Gesicht der Ausschweifung zerschmettert, deren Magen die Körpersplitter wieder ausspeit. Es fliehen die Lästerung, Frechheit, Liebe, Schminke, Anmut, Zwietracht und Lust, deren Schmuckstücke von der Enthaltsamkeit zertrampelt werden. Die Habgier soll die Kostbarkeiten in Säcke gefüllt haben, in Begleitung der Sorge, Esssucht, Furcht, Angst, Falschaussage, Blässe, Verderbnis, List, Lüge, Schlaflosigkeit und Schande, schließlich auch der Bürgerzwietracht und Besitzergreifung, die ihre gefallenen Verwandten ausrauben. Die Habgier blendet und verdammt die Menschheit und verwundet sogar leicht die Priester Gottes, die jedoch von der Vernunft beschützt werden. Die Habgier sieht das Ende ihrer Macht über Judas Ischariot und die Juden in [[Jericho]],<ref>{{Bibel|Jos|7,1ff.}}.</ref> die auch deren Nachfolger täuschen sollte. Sie verkleidet sich als Sparsamkeit, die unter dem Vorwand der Kinderliebe ihre Opfer verführt, doch wird sie von der Barmherzigkeit, die ihr Vermögen den Armen gegeben hat, grausam erwürgt, die Beute an die Armen verteilt, die ihr tägliches Brot von Gott erhalten.

Daraufhin fliehen die Furcht, Mühseligkeit, Gewalt, Kriminalität und Täuschung, die Friedfertigkeit beendet den Krieg. Über dem chaotischen Schlachtfeld öffnet Christus den Himmel, die Eintracht gibt den Tugenden den Befehl zum Rückzug, die singend marschieren, wie Israel, dem sich der Nil öffnete.<ref>{{Bibel|2 Mos|15,1-21}}.</ref> Doch vor dem Lager wird die Friedfertigkeit gestört, die Eintracht ist an der untersten Kette ihres Panzers leicht getroffen von der Zwietracht, die sich eingeschlichen hat, nachdem sie Mantel und Schlangenpeitsche fortwarf. Sie stellt sich vor als Häresie, ihren Gott als veränderlich, die Welt als ihre Heimat und [[Beliar]] als ihren Lehrer. Die Rechtgläubigkeit stößt ihr eine Lanze in den Rachen, die Zwietracht wird von unzähligen Händen zerstückelt, ihre Einzelteile werden vom Winde verweht, an Tiere verfüttert oder in Kloaken geworfen.

==== Tempelbau ====

[[Bild:Psychomachia-Patientia.jpg|thumb|300px|MS 23. Parker Library, Corpus Christi College, Cambridge, 11. Jh. Detailansicht einer glossierten und illuminierten Handschrift. Von links nach rechts: Ira mit Gefolge, Patientia, Hiob. Die Hs. stammt vermutlich ursprünglich aus der Abtei von [[Malmesbury]]. Zeichnungen in schwarz, rot und grün.]]

Eine starke inhaltliche [[Zäsur]] nach Vers 725 leitet vom Seelenkampf zum Tempelbau über. Auf einer eigens errichteten Rednertribüne mahnt die Eintracht, Zwietracht zu vermeiden, Friedfertigkeit zu wahren und den Wolf im Schafsfell zu erkennen, wie Photinus und [[Arius]]. Die Rechtgläubigkeit lässt die Trauernden verstummen, da die Eintracht zwar verwundet, sie selbst aber verteidigt worden ist. In Gedenken an den [[Israelitische_Tempel#Der_salomonische_Tempel|Tempelbau]] des [[Salomo]]n in [[Jerusalem]], der auf die Vertreibung der Könige folgte, gibt sie den Tempel in Auftrag, als Palast des Christus. Gemeinsam mit der Eintracht legt sie die perfekten Ausmaße des Tempels fest.

Als Grundstein wird ein hohler Edelstein gelegt, der das Eingangstor bildet. Die Eingangshalle ist aus einem Block gemeißelt, an den oberen Säulenenden sind die zwölf Namen des apostolischen Senats eingeschrieben, welche die Seele vor Sünde schützen sollen. Zwölf einzigartige Edelsteine lassen das Himmelslicht aus den Mauern in bunter Farbenpracht ein. Der innere Bezirk des Tempels ruht auf sieben Kristallsäulen, welche die Rechtgläubigkeit erwarb, nachdem sie ihre Kriegsausrüstung versteigert hatte. Darin thront die Weisheit, welche die Gesetze gibt und regiert. Sie hält als Szepter einen immergrünenden Zweig, der durch den Gesetzesstab des [[Aaron (biblische Person)|Aaron]] präfiguriert ist.<ref>{{Bibel|4 Mos|17,17ff.}}.</ref>

Eine zweite Christus-Anrufung beschließt das Epos. Es wird dafür gebetet, dass die Menschen die verborgenen Laster ihres Herzens erkennen mögen, das in beständigem Kampf mit Licht und Dunkel liegt, bis Christus in der Seele einen Tempel der Tugenden errichtet, in dem die Weisheit ewig regiert.

=== Textbeispiel ===

Die Grenzen zwischen allegorischer und realer Darstellung sind fließend. Der folgende Textabschnitt beschreibt den Tod der ''Luxuria'', die von ihrem Wagen stürzt. Die Übersetzung versucht, den lateinischen Satzbau nachzubilden, ohne ein Versmaß zu verwenden: ''Psychomachia'' 414–428.

{|
|
: […] ''tunc et vertigo rotarum''
: ''inplicat excussam dominam; nam prona sub axem''
: ''labitur et lacero tardat sufflamine currum.''
: ''addit Sobrietas vulnus letale iacenti,''
: ''coniciens silicem rupis de parte molarem.''
: ''hunc vexilliferae quoniam Fors obtulit ictum''
: ''spicula nulla manu sed belli insigne gerenti,
: ''Casus agit saxum, medii spiramen ut oris''
: ''frangeret et recavo misceret labra palato.''
: ''dentibus introrsum resolutis lingua resectam''
: ''dilaniata gulam frustis cum sanguinis inplet.''
: ''insolitis dapibus crudescit guttur, et ossa''
: ''conliquefacta vorans revomit quas hausert offas.''
: ''„ebibe iam proprium post pocula multa cruorem“,''
: ''virgo ait increpitans'' […]
|
: „ […] Dann rollt das Speichenwerk der Räder
: in seine gestürzte Herrin; kopfüber unter die Achse
: stürzt sie und verlangsamt als lebende Bremse den Wagen, wobei sie zerfleischt wird.
: Die Enthaltsamkeit fügt dem am Boden liegenden Laster die tödliche Wunde zu,
: indem sie einen großen Stein aus einem Felsblock auf sie schmettert.
: Da die Fügung diesen Schlagstein der Bannerträgerin übergab,
: die keine Wurfgeschosse, sondern in der Hand nur das Emblem des Krieges trug,
: lenkt die Zufälligkeit den Fels so, dass er die Kehle in der Mitte des Rachens
: zerbricht und Lippenteile im hohlen Gaumen vermischt.
: Die Zähne sind nach innen eingebrochen, die Zunge ist zer-
: fetzt und füllt die aufgetrennte Kehle mit Blutbrocken.
: Aufgrund des ungewohnten Mahls dreht sich der Magen um und während er Knochen
: zersetzt und verschlingt, speit er bereits verschluckte Klumpen wieder aus.
: ‚Sauf nun deinen eigenen Geifer nach deinen vielen Bechern‘,
: spricht hämisch die Jungfrau, […]“
|}

Die ''Psychomachia'' ist dabei in Schlüsselabschnitten tief christlich, wie die Schlussverse zeigen, die allerdings auch einen [[Dualismus (Philosophie)|Dualismus]] von Licht und Finsternis vorstellen, der im persischen [[Zarathustra]]- und [[Mithraskult]] wurzelte und auch vom [[Manichäismus]] übernommen wurde: ''Psychomachia'' 908–915.

{|
|
: ''spiritibus pugnant variis lux atque tenebrae,
: ''distantesque animat duplex substantia vires,''
: ''donec praesidio Christus Deus adsit et omnes''
: ''virtutum gemmas conponat sede piata,''
: ''atque, ubi peccatum regnaverat, aurea templi''
: ''atria constituens texat spectamine morum''
: ''ornamenta animae; quibus oblectata decoro''
: ''aeternum solio dives Sapientia regnet.''
|
: „Mit entgegengesetzten Geistern bekämpfen sich Licht und Finsternis,
: und sich verfeindende Kräfte erweckt die zwiefache Materie,
: bis Christus, der Gott, zum Schutz beisteht, alle
: Juwelen der Tugenden an geweihter Stätte ordnet,
: sowie, wo Sünde herrschte, die goldene Halle
: des Temples errichtet und aus dem Geflecht der Sitten
: Kunstwerke für die Seele webt; von denen entzückt auf prächtigem
: Thron in Ewigkeit reich die Weisheit herrscht.“
|}

=== Datierung ===

[[Hieronymus (Kirchenvater)|Hieronymus]] erwähnt in seinem Werk ''De viris inlustribus'', das die gesamte christliche Literatur bis zum Jahr 392 berücksichtigt, weder die ''Psychomachia'' noch ihren Dichter. Da das Werk in der Vorrede der 404/5 vom Dichter selbst veranlassten Gesamtausgabe ebenfalls nicht genannt wird, ist seine Entstehung wahrscheinlich nach diesem Datum anzusetzen. Vermutlich erlebte Prudentius die Zerstörung [[Rom]]s 410 nicht mehr, da sie trotz häufiger Erwähnung zeitgenössischer Schlachten nirgendwo im Gesamtwerk einen Widerhall findet. Es gibt Spekulationen, dass einzelne Schlachtenbeschreibungen der ''Psychomachia'' auf eine unmittelbare Bedrohung der ewigen Stadt anspielen könnten und daher die Entstehung um 408/9 anzusetzen sei.<ref>Danuta Shanzer: ''Allegory and Reality: Spes, Victoria and the Date of Prudentius’ Psychomachia'', in: Illinois Classical Studies 14 (1989), S. 347-363.</ref> Der aus [[Tarraconensis|Spanien]]<ref>Der Geburtsort ist nicht bekannt. Man erschließt seine Abstammung aus der Bevorzugung spanischer Lokal-Märtyrerlegenden im ''Peristephanon''.</ref> stammende Prudentius hatte vor seiner dichterischen Tätigkeit ein nicht näher bekanntes Amt am Hof des [[Theodosius I.]] inne und hat mindestens einmal Rom besucht, wie aus Gebäudebeschreibungen im ''Peristephanon'', einer Sammlung versifizierter [[Märtyrerberichte]], geschlossen worden ist, möglicherweise in den Jahren 395 oder 401–403.<ref>Stadtrömische Beschreibungen finden sich im 12. Gedicht der Sammlung. Literatur: Hermann Tränkle: Der Brunnen im Atrium der Petersbasilika und der Zeitpunkt von Prudentius’ Romaufenthalt, Zeitschrift für antikes Christentum 3 (1999), 97-112 (vertritt 395). Literaturangaben zu älteren Datierungen ebendort S. 106, Anm. 43; außerdem Jill Harries, Prudentius and Theodosius, Latomus 43 (1984), 71-73.</ref> Über die Entstehung der ''Psychomachia'' ist sonst nichts bekannt.

== Deutung ==

Die ''Psychomachia'' ist sprachlich anspruchsvoll gestaltet, inhaltlich von vielschichtiger Symbolik und daher unterschiedlich interpretiert worden. Die Sprache neigt zum spätantiken [[Manierismus]]. Die einzelnen Sätze sind von enormer Länge, so findet sich das erste Prädikat des Vorworts erst in Vers 10, der erste Satz streckt sich bis nach Vers 14. Bemerkenswert häufig verwendete Stilmittel sind das [[Enjambement]] („Zeilensprung“, vgl. erstes Textbeispiel: „kopfüber unter die Achse | stürzt sie“) und besonders im Schlussteil die [[Alliteration]] (etwa Vers 770: '''''p'''ax belli exacti '''p'''retium(e)st '''p'''retiumque '''p'''ericli'' „Friedfertigkeit, die Belohnung für gewonnenen Krieg, Belohnung für Gefahr“). Das Partizip Perfekt wird häufig [[Aspekt (Linguistik)#Perfektiver Aspekt|resultativ]] verwendet.
In die Reden der Tugenden und weitere Textabschnitte sind [[Christologie|christologische]], [[Ekklesiologie|ekklesiologische]] und [[Eschatologie|eschatologische]] Diskurse eingearbeitet, die auf Vorbildern der [[Patristik]], etwa auf [[Lactantius]] beruhen.<ref>W. Kirsch: Die lateinische Versepik des 4. Jahrhunderts, Berlin 1989 (Schriften zur Geschichte und Kultur der Antike Bd. 28), 25. Umfangreiche Verweise auf patristische Vorbilder in der französischen Übersetzung von M. Lavarenne: ''Prudence. Tome III. Psychomachie. Contre Symmaque.'' Paris 1948.</ref> Die Diskussion um das Wesen des Christus als Gottessohn oder vollwertiger Gott und die sich daraus scheinbar ergebenden Widersprüche um die Einzigartigkeit Gottes prägten die innerkirchliche Auseinandersetzung mit [[Häresie]]n. Prudentius vertritt hierbei das [[Erstes Konzil von Nicäa|nizänisch-orthodoxe]] Christentum. Ähnliche Abschnitte finden sich in zwei früheren Werken des Autors, der ''Apotheosis'' und der ''Harmatigenia''.

Prudentius berichtet über sich selbst, dass er von einem angeblich lasterhaften früheren Leben zur [[Askese]] bekehrt worden sei,<ref>Prudentius, ''Praefatio'' 10-12.</ref> was eine autobiographische Komponente der ''Psychomachia'' vermuten lassen könnte. Aufgrund der religiösen Vorstellungen in der ''Psychomachia'' ist auf eine [[Synkretismus (Religion)|synkretistische]] Auffassung des Christentums geschlossen worden, d.&nbsp;h. es werden Anschauungen aus zeitgenössischen nichtchristlichen Religionen übernommen.<ref>Kenneth R. Haworth: Deified Virtues, Demonic Vices and Descriptive Allegory in Prudentius’ Psychomachia, Amsterdam 1980, 112f.</ref>

=== Zeitgeschichtliche Anspielungen ===

Die vielerorts eingestreuten dogmatischen, besonders christologischen Ausführungen, sind zweifellos Zeugnis der Auseinandersetzung mit zeitgenössischen Häresien, besonders dem [[Arianismus]], dessen Begründer [[Arius]] in Vers 794 erwähnt ist. Das gleiche gilt für die Kampfszene zwischen (häretischer) Zwietracht und (orthodoxer) Eintracht. Der in [[Tarraconensis|Spanien]], dem Heimatland des Dichters, stark verbreitete [[Priscillianismus]] ist jedoch weder in der ''Psychomachia'' noch im übrigen Werk erwähnt oder thematisiert. Bislang konnte dieser Umstand nicht überzeugend erklärt werden.<ref>Diskussion der Forschung hierzu bei A. Kurfeß, s.v. Prudentius, [[Pauly-Wissowa|RE 45]], 1039-1071, bes. 1056f. Das Thema wurde in neuerer Zeit nicht mehr schwerpunktmäßig untersucht.</ref>

Die Eingangsverse des Hauptteils etwa vertreten die [[Dreifaltigkeit]] in Abgrenzung zum Arianismus, welcher Gottsohn und -vater als getrennt sah:

{|
|
: ''Christe, graves hominum semper miserate labores,
: ''qui patria virtute cluis propriaque, sed una,
: ''(unum namque Deum colimus de nomine utroque,
: ''non tamen et solum, quia tu Deus ex Patre, Christe),
: ''dissere, rex noster, quo milite pellere culpas
: ''mens armata queat nostri de pectoris antro,
: ''exoritur quotiens turbatis sensibus intus
: ''seditio atque animam morborum rixa fatigat,
: ''quod tunc praesidium pro libertate tuenda
: ''quaeve acies furiis inter praecordia mixtis
: ''obsistat meliore manu.'' [...]
|
: „Christus, der schweren Mühsale der Menschen hast du dich immer erbarmt,
: der du berühmt bist für die Macht deines Vaters und deine eigene, die eins sind,
: (denn einen Gott verehren wir in beiden Namen,
: und doch nicht nur einen allein, da du Gott aus dem Vater bist, Christus):
: lege dar, unser König, mit welcher Heerschar bewaffnet
: die Vernunft die Sünden verbannen kann aus der Grotte unseres Herzens,
: wann immer aus verwirrten Gedanken im Innern
: Aufruhr entsteht und der Streit krankhafter Gelüste die Seele erschöpft,
: welche Hilfe dann zum Schutz der Freiheit,
: welche Schlachtreihe den unter die Brust drängenden Furien
: mit überlegener Hand widersteht.“
|}

[[Bild:Psychomachia-Zwietracht.jpg|thumb|300px|Concordia (Eintracht) wird von Discordia (Zwietracht) leicht verwundet.]]

Anspielungen an die jüngere Geschichte sind gelegentlich zu erkennen oder zu vermuten.<ref>Vgl. Shanzer (1989).</ref> Sicherlich ist die Kriegserfahrung im Zeitalter der Barbareninvasionen in die teilweise grausamen Schlachtdarstellungen eingegangen. Einige Kämpfe sind von religiöser Symbolik geprägt, wie etwa der Kreuzestandarte, die erstmalig [[Konstantin der Große|Konstantin]] während der [[Schlacht bei der Milvischen Brücke]] seine Soldaten tragen ließ. Ähnlich wie [[Augustinus von Hippo|Augustinus]] im ''[[De civitate Dei|Gottesstaat]]'' überträgt Prudentius die weltliche Invasion in einen geistlichen Kontext, besonders im Kampf der Demut gegen die Überheblichkeit, welche den römischen Imperialismus repräsentiert. Die Heiden legten den Christen zur Last, dass mit dem Einzug des Christentums das Reich allmählich militärisch zugrunde ging.<ref>Vgl. besonders den [[Streit um den Victoriaaltar]] und die diesbezüglichen Texte von [[Symmachus]] und [[Ambrosius]]. hrsg., uebersetzt und kommentiert von Richard Klein: ''Der Streit um den Victoriaaltar''. Darmstadt 1972.</ref>

Einzelne Abschnitte sowie Handlung und Form des Werkes deuten auf eine fortdauernde Auseinandersetzung oder Konversionsbemühung mit Blick auf die heidnische Elite hin. Durch die Symbiose von heidnischer Form und christlichem Inhalt wollte Prudentius vermutlich dem heidnischen Argument der auch nach der Erhebung des Christentums zur Staatsreligion andauernden Religionskontroverse entgegentreten, christliche Literatur sei der traditionellen römischen Literatur unterlegen, die besonders während der Regierungszeit des [[Julian Apostata|Julian]] (361–363) aktuell wurde.<ref>Vgl. insbesondere die Schrift des Julian, ''Contra Galilaeos'' sowie dessen Repliken, besonders durch [[Kyrill von Alexandria]]</ref> Das als unmoralisch empfundene Weltbild der heidnischen Antike wird durch ein christliches Wertesystem ersetzt. Es wird kontrovers diskutiert, ob das Epos eine Nachahmung der klassischen Dichtung oder ein „christliches Supergedicht“ darstellt, das die klassische Literatur ersetzen will.<ref>Die Bezeichnung „christliches Supergedicht“ verwendet Walther Ludwig: ''Die christliche Dichtung des Prudentius und die Transformation der klassischen Gattungen'', in: ''Christianisme et formes litteraires de l’antiquité tardive en occident.'' (Entretiens sur l’antiquité classique 23), Genf 1977, S. 303-372. Dagegen sieht die ''Psychomachia'' in Abhängigkeit zu Vergil Ch. Schwen: ''Vergil bei Prudentius.'' (Diss.) Leipzig 1937. Modern ist eine ausgleichende Position, so M. Lühken: ''Christianorum Maro et Flaccus. Zur Vergil- und Horazrezeption des Prudentius''. (Diss.) Göttingen 2002 (Hypomnemata 141).</ref>

Die Allegorie des am Boden liegenden, jedoch am Sterben gehinderten heidnischen Kultes dürfte auf dessen aktuelle historische Situation verweisen. Prudentius deutet also hiermit, anders als andere christliche Autoren seiner Zeit, das Weiterleben des [[Paganismus]] an. Zusätzlich zu den archäologischen Zeugnissen, die auf eine Kontinuität des Heidentums schließen lassen, bezeugt Prudentius hier, dass heidnische Religionen auch nach deren offiziellem Verbot durch Theodosius 390/1 weiterhin in größerem Umfang existierten. Besonders im tarraconensischen Spanien ist die Bezeugung heidnischer Kulte bis zum Ende der Antike dicht.<ref>Dirk Rohmann: ''Das langsame Sterben der Veterum Cultura Deorum – Pagane Kulte bei Prudentius.'' In: Hermes 131 (2003), S. 235–253.</ref>

Nicht überzeugend geklärt werden konnte, warum die Ausschweifung (''Luxuria'') aus dem Westen eintritt, da dieses Laster in römischer Vorstellung sonst mit dem geographischen Osten assoziiert wurde.<ref>Vgl. etwa Thomson, Bd. 1 (1949), S. 300 und Shanzer (1989), S. 357.</ref> Möglicherweise spiegelt der Vers 310 ''occiduis mundi de finibus'' („aus der westlichen Grenze der Welt“) eine [[Eschatologie|eschatologische]] Vorstellung („aus der Endzeit der Welt“).

=== Ästhetik der Gewalt ===

[[Bild:1000-asti-cotcleof17.jpg|thumb|300px|Die Demut präsentiert den abgeschlagenen Kopf der Superbia (Stolz). Auf der linken Bildseite Spes, die Hoffnung, die das tote Laster zurechtweist.]]

Die Sterbeszenen der Laster sind ausführlich dargestellt und erinnern zum Teil an die [[Märtyrerberichte|Märtyrerliteratur]] und deren Verarbeitung in Prudentius' ''Peristephanon''.<ref>Zum ''Peristephanon'' maßgeblich A.-M. Palmer: ''Prudentius on the Martyrs''. Oxford 1989.</ref> Sie sind in der ''Psychomachia'' jeweils als geziemende Strafen nach dem Prinzip der Wiedervergeltung ([[Talion]]) gestaltet, wonach zwischen Bestrafungsart und Vergehen ein Verhältnis nicht nur der graduellen Angemessenheit, sondern auch der signifikanten sachlichen Gleichheit („Auge um Auge“) oder Analogie (''talio analogica'', beispielsweise Strafe am ausführenden Körperteil) besteht, so dass im Sterben der Lasterpersonifikation noch einmal besondere Eigentümlichkeiten der gestraften Laster kenntlich werden. Diese Bezüge setzen oft die Kenntnis einschlägiger biblischer oder literarischer [[Metapher|Metaphorik]] voraus. So stürzt etwa die Allegorie des Hochmuts vom Pferd in eine Fallgrube, welche die Allegorie der List eigentlich für die gegnerische Tugend ausgehoben hatte („Hochmut kommt vor dem Fall“). Die Habgier wird von ihrer Gegnerin speziell durch Zuschnüren der Kehle zu Tode gebracht, weil die Habgier nach klassischer und biblischer Vorstellung unersättlich Gold und Reichtümer verschlingt. Ähnliche Vorstellungen spiegeln sich im Fall der Wollust in den Schwefelpfuhl oder im Erbrechen eigener Körperteile durch die Ausschweifung.<ref>Hierzu ausführlich Christian Gnilka: ''Studien zur Psychomachia des Prudentius''. Wiesbaden 1963.</ref>

Das Talionsprinzip war kaum Bestandteil des traditionellen römischen Rechts, nur aus dem ältesten [[Zwölftafelgesetz]] sind wenige Talionsstrafen bekannt (Knochenbruch, [[Feuertod]] bei Brandstiftung, Sexualverbrechen).<ref>Leg.(is) XII tab.(ularum) fr.(agmenta) 8,9 SCHOELL (= Gaius 1,4 ad legem XII tabularum; [[Digestae]] 47,9,9); Leg. XII tab. fr. 8,2 SCHOELL: ''Si membrum rupsit, ni cum eo pacit, talio esto'' „Wenn jemand eine Gliedmaße bricht, soll, sofern keine andere Übereinkunft erreicht wird, Wiedervergeltung durchgeführt werden.“ (= Gellius 20,1,14; Festus p. 363 M. u.a.). Zur Talion im römischen Recht: A. Völkl: ''Die Verfolgung der Körperverletzung im frühen römischen Recht''. Wien 1984, S. 59–79; außerdem A. Herdlitczka, s.v. Talio, [[Pauly-Wissowa|RE]] 4 A,2 (1932), S. 2069–2077. Zur normativen Rechtsauffassung von Strafvergewaltigungen vgl. die ''[[Leges Iuliae|Lex Iulia de adulteriis coërcendis]]''.</ref> Die Ästhetik des Talionsprinzips hat kein eindeutiges Vorbild in der klassischen Dichtung.

Die Zerstückelung der Zwietracht und ihr Verschlingen durch wilde Tiere deutet, analog zum langsamen Tod der Götzenverehrung, die historische Situation christlicher Häresien an, die sich zunehmend in Splittergruppen aufzulösen schienen. Das Motiv der Zerstückelung des Körpers findet sich auch in orientatlischen Mysterienreligionen, wie dem [[Isis (Ägyptische Mythologie)|Isis]]-Kult, die noch im 4. Jahrhundert eine ernsthafte Konkurrenz zum Christentum darstellten. Augustinus bezeugt, dass nach heidnischer Vorstellung die Zerstückelung der Leichenteile den Eintritt in das Jenseits verwehrte.<ref>Augustinus, ''Civitas Dei'' 22,28.</ref> Damit verband sich der heidnische Vorwurf, dass christliche Jenseitsvorstellungen nicht philosophisch denkbar seien, den Augustinus zu widerlegen suchte. Die Enstehungszeit des Epos um 400 war ein Höhepunkt der [[Bücherverluste in der Spätantike|Religionskämpfe]], die zu grausamen Hinrichtungen führten (etwa [[Hypatia]]).

=== Bibelexegese ===

Die Beschreibungen des Tempels mit zahlreichen Edelsteinen erinnert an Kirchbauten und die Edelsteine in der [[Himmlisches Jerusalem|Himmelsstadt]] in der [[Johannesapokalypse]]<ref>{{Bibel|Offb|21,15}}.</ref>, während das Bild des Tempels speziell an die [[Paulus von Tarsus|paulinisch]] geprägte Metapher vom Leib oder der Seele als einem Tempel anknüpft, den der Gläubige für Gott errichten und reinhalten soll.

[[Bild:Psychomachia-Hiob.jpg|thumb|200px|Patientia (Geduld) verspricht Hiob Entschädigung für seine Verluste und weist auf den Himmel.]]

In Begleitung der Tugenden erscheinen regelmäßig Personen der biblischen Geschichte oder Ereignisse als exemplarische Vertreter der jeweiligen Tugend oder werden als solche in ihren Reden benannt, wie auch den Lastern verschiedentlich biblische Beispielfiguren zugeordnet sind. So wird etwa die Geduld von [[Ijob (Bibel)|Hiob]] begleitet, und die Habgier beruft sich stolz darauf, mit [[Judas Ischariot]] sogar einen der Apostel Christi in ihren Bann gezogen zu haben. Die Rechtgläubigkeit erscheint mit einer Schar von Märtyrern, die Keuschheit erwähnt Judiths Tötung des [[Holofernes]], der diese vergewaltigen wollte. Darüber hinaus werden die alttestamentlichen ''Figurae'' auf christliches Geschehen bezogen, so praefiguriert Judith [[Maria (Mutter Jesu)|Maria]] (unter der [[Typologie (Bibel)|Typologie]] der Jungfräulichkeit).<ref>Das Thema ist behandelt bei M. Smith: ''Prudentius’ Psychomachia. A Reexamination''. Princeton/New Jersey 1976, Chapter III: Salvation History and Soul, S. 168ff.</ref>

== Literarische Vorbilder ==


=== Klassisch-heidnische Dichtung ===

Der Bezug zur kanonischen Epik des [[Vergil]] und gleichzeitig die Transformation deren heidnischen Ursprungs in die christliche Botschaft ist bereits durch den ersten hexametrischen Vers programmatisch angedeutet:

{|
|
: ''Christe, graves semper hominum miserate labores''
|
: „Christus, der schweren Mühsale der Menschen hast du dich immer erbarmt“
|}

wodurch sprachlich auf ein Gebet des Aeneas an Apollo angespielt wird: Verg. Aen. 6,56

{|
|
: ''Phoebe, grauis Troiae semper miserate labores''
|
: „Phoibos, [[Troja|Trojas]] schwerer Mühsale hast du dich immer erbarmt“
|}

[[Apollon|Apollo]] Phöbus, der Sonnengott, wurde in der [[Synkretismus (Religion)|synkretistischen]] [[Spätantike]] mit Christus assoziiert, so war der junge Konstantin ein monotheistischer Anhänger des [[Sol Invictus|Sonnengottes]], bevor er sich zum Christentum bekannte. Der [[Konstantinsbogen]] zeigt Darstellungen des Sonnengottes.

Neben sprachlichen und stilistischen Anlehnungen an die Epik der klassisch-heidnischen Antike, besonders Vergils ''Aeneis'', auf die sich die ''Psychomachia'' in zahlreichen wörtlichen und motivischen Parallelen bezieht,<ref>Liste von Vergilzitaten bei Ch. Schwen: ''Vergil bei Prudentius''. (Diss.) Leipzig 1937 und neuerdings einschließlich der übrigen augusteischen Literatur M. Lühken: ''Christianorum Maro et Flaccus. Zur Vergil- und Horazrezeption des Prudentius''. (Diss.) Göttingen 2002 (Hypomnemata 141). Interpretationen zur Rezeption heidnischer Texte bei S. G. Nugent: ''Allegory and Poetics. The Structure and Imagery of Prudentius’ „Psychomachia“''. Frankfurt a. M. u. a. 1985.</ref> sind auch Elemente des antiken [[Lehrgedicht]]s verarbeitet. Die Verwendung der Personifikation als durchgängiges Strukturprinzip einer epischen Erzählung besitzt jedoch kein Vorbild in der heidnischen Tradition, die zumindest in klassischer Zeit die [[Prosopopoiia]] nur als gelegentliches Stilmittel kennt (vgl. die Personifiktion der Discordia bei Vergil), sondern hierin kommt bei Prudentius neben einer allgemeinen spätantiken Entwicklung (vgl. [[Martianus Capella]]) der Einfluss der jüdisch-christlichen Bibelexegese, insbesondere der [[platon]]isierenden Exegese [[Alexandrinische Exegese|alexandrinischer]] Prägung, zum Tragen.

Der von Prudentius hauptsächlich rezipierte zeitgenössische Autor ist [[Claudian]]. Wegen der unklaren Entstehungszeit des Epos ist allerdings nicht zweifelsfrei auszumachen, welcher von beiden Autoren der Rezipient ist.

=== Christliche Literatur ===

Die ''Psychomachia'' bezieht altestamentliches Geschehen auf das Frühchristentum ([[Typologie (Bibel)|Präfiguration]]). Diese Form der [[Allegorese]] wurde schon früh für die [[Bibel]] praktiziert. So deutet der Apostel [[Paulus von Tarsus|Paulus]] die Söhne der [[Sarah (Erzmutter)|Sara]] und der [[Hagar]] als [[Altes Testament]] und [[Neues Testament]].<ref>{{Bibel|Gal|4,21-31}} zu {{Bibel|Gen|21,1-21}}.</ref> [[Origenes]] bezieht das [[Hohelied]] des Alten Testaments auf die Liebe zwischen Christus und der Seele des Gläubigen. Die von Prudentius gewählten [[Typologie (Bibel)|Figuren]] beruhen meist auf Vorbildern christlicher [[Biblische Exegese|Exegetiker]]. Allerdings ist der [[König David]] entgegen den übrigen Auslegungen hauptsächlich nur in seiner militärischen Funktion gegen heidnische Könige dargestellt.

Die Geschichte der Haupt- oder Todsünden beginnt in der ägyptischen Wüste. Evagrius Ponticus (345–399), ein gelehrter [[Anachoret]] des 4. Jahrhunderts, erarbeitete aufgrund von [[Neuplatonismus|neuplatonischen]] und [[Gnostik|gnostischen]] Elementen einen Achtlasterkatalog.<ref>Zur Vorgeschichte der Lasterkataloge M.W. Bloomfield, ''The Seven Deadly Sins''. Michigan 1952.</ref> Die acht Laster verstand Evagrius als ‚böse Gedanken‘, die Dämonen einsetzten, um Einsiedler von ihrem Ziel abzulenken, die ''apatheia'' („Freiheit von Affekten“) zu erreichen. Dieses Lasterschema wurde von [[Johannes Cassian]] (360–435) übernommen und damit dem lateinischen Westen überliefert. Die sieben Laster bei Prudentius entsprechen allerdings noch nicht dem Kanon der sieben christlichen [[Todsünden]].

Die christliche Literatur des lateinischen Westens vor Prudentius kannte ansatzweise allegorische Konzepte, so verwendet [[Tertullian]] in seiner Schrift „Über die Spiele“ eine allegorische Kampfdarstellung.<ref>Tertullian, ''De spectaculis'' 29,5.</ref>

== Rezeption ==

Für die ausgehende Antike sind Anspielungen auf die ''Psychomachia'' zunächst nicht sicher auszumachen. Augustinus gebraucht gelegentlich Vergleiche, die an Motive der ''Psychomachia'' erinnern, doch ist eine Rezeption nicht nachweisbar.<ref>Augustinus, ''Civitas Dei'', 18,51.</ref> Die erste Werkübersicht zu Prudentius stammt aus dem 5. Jahrhundert von [[Gennadius von Marseille]].<ref>Gennadius, ''De viris illustribus'' (Migne, Patrologia Latina, Bd. 58, Paris 1862, 1067).</ref> Im 6. Jahrhundert schrieb [[Boëthius]] das Buch ''Die Tröstung durch die Philosophie'', in dem neben den [[Musen]] der Dichtkunst die [[Philosophie]] als handlungstragende Allegorie dargestellt ist. Es gibt jedoch keinen Hinweis darauf, dass Boëthius die ''Psychomachia'' gekannt haben könnte. Ebenfalls im 6. Jahrhundert besorgte [[Vettius Agorius Basilius Mavortius|Vettius Agorius Basilius]] eine Gesamtausgabe der Werke des Prudentius. Im Frühmittelalter wurde die ''Psychomachia'' unter anderen von [[Sidonius Apollinaris]], [[Avitus von Vienne]], [[Rabanus Maurus]], [[Isidor von Sevilla]] und [[Alkuin]] zitiert. Vor allem im [[Bücherverluste in der Spätantike|Frühmittelalter]], das sich fast ausschließlich nur für christliche Texte interessierte, wurde kein anderer Autor mehr glossiert und kommentiert als Prudentius.

Die nachhaltige Rezeption im Mittelalter spiegelt sich auch in der Zahl der über 300 erhaltenen Handschriften zu Prudentius, wobei die älteste, nicht-illustrierte Handschrift aus dem 6. Jahrhundert den Text der ''Psychomachia'' vollständig enthält. Zwanzig überlieferte Handschriften aus der Zeit bis zum Ende des 13. Jahrhunderts enthalten Illustrationen, die sich aufgrund der ähnlich dargestellten Kleidung der Tugenden und Laster in zwei Gruppen teilen lassen. Daraus lässt sich schließen, dass diese Handschriften auf ursprünglich zwei (heute verlorene) [[Textkritik|Archetypi]] zurückgehen.<ref>Helen Woodruff: ''The Illustrated Manuscripts of Prudentius''. Cambridge, Mass.: Harvard UP, 1930, S. 34f. und passim; zu den hier abgebildeten Handschriften, S. 38f.</ref> Die oben abgebildeten Handschriften etwa sind stilistisch ähnlich. Sie spiegeln die Kleidungsmode im England des 11. Jahrhunderts.<ref>[http://www.uvm.edu/~hag/rhuddlan/images/ Bildkommentierungen einer Arbeitsgruppe der University of Vermont]</ref>

[[Bild:Hans-Memling-allegory-chastity.jpg|thumb|250px|Frühbarocke allegorische Darstellungen von Tugenden. Hans Memling: ''Allegorie der Keuschheit'' (15. Jh.); vgl. die Verse der ''Psychomachia'' 46-48: „Doch gegen die Hand der rasenden Furie, gegen die Feuergeschosse / des grausigen Lasters setzt die unerschrockene Jungfrau einen Felsblock / und wehrt so die Fackeln ab, die von ihrem heiligen Mund abschmettern.“]]

Die Sieben [[Kardinaltugend]]en und die Sieben [[Todsünden]] werden in der christlichen Malerei und Skulptur dargestellt. Da illustrierte Handschriften seit dem 11. Jahrhundert erstmals fassbar sind, setzte auch deren Rezeption in dieser Zeit ein. Die romanische Bauplastik entnahm eine Vielzahl von Themen der ''Psychomachia'', so in [[Notre Dame de Cunault]] (Anfang 12. Jahrhundert) und Saint-Nicolas
De Tavant<ref>[http://www.culture.gouv.fr/culture/sites-dracs/centre/expos/Tavant/Tavant_english.html#HISTORIQUE Geschichte und Architektur der Kapelle]</ref> (11. Jahrhundert), deren Kapitellprogramme Kampfszenen aufweisen, für welche die ''Psychomachia'' als Vorbild diente. Der Einband des [[Melisende-Psalter]] (um 1140) besteht aus [[Elfenbein]]-Schnitzereien, die mit [[Türkis]]en und anderen Edelsteinen verziert sind. Sie zeigen Szenen aus dem Leben von [[David (Israel)|König David]] und aus der ''Psychomachia'' des Prudentius auf der Vorderseite.

Ab dem [[Spätmittelalter]] blieben allegorische Darstellungen von Tugenden und Lastern populär, doch entfernten sie sich zunehmend von ihrem eigentlichen Vorbild.<ref>Siehe Jennifer O'Reilly: ''Studies in the Iconography of the Virtues and Vices in the Middle Ages'' (American University Studies, 9, 29). New York 1988.</ref> Die meisterhaften Skulpturen der sieben Kardinaltugenden und Todsünden an der Fassade von [[Notre Dame de Paris]] aus dem 13. Jahrhundert beeinflussten die entsprechenden Motive der Kathedralen von [[Sens (Yonne)|Sens]], [[Kathedrale von Amiens|Amiens]], [[Kathedrale von Chartres|Chartres]] und möglicherweise auch des [[Magdeburger Dom]]es.<ref>Hierzu ausführlich Adolf Katzenellenbogen: ''Allegories of the Virtues and Vices in Medieval Art'' (Studies of the Warburg Institute 10), New York 1939, S. 75–84.</ref>

Die ''Psychomachia'' wurde neben der geistlichen Kunst auch in der Darstellung weltlicher Liebesthematik rezipiert, so im [[Rosenroman]] von [[Guillaume de Lorris]] und [[Jean de Meung]] (14. Jahrhundert). Durchgehend allegorische Darstellungsformen verwandte unter anderem [[Dante Alighieri|Dante]] ([[Göttliche Komödie]]). Die Bestrafung der Laster in der Hölle ist an die ''Psychomachia'' angelehnt. In der [[Barock]]zeit erlebten Allegorien eine Blüte in allen Bereichen der Literatur, in Gedichten, Reden aller Art, Predigten, Grabinschriften etc. Darstellungen von Tugenden und Lastern blieben dabei prominent, und teilweise wurden Motive aus der ''Psychomachia'' oder deren illuminierten Handschriften rezipiert, so ließ sich etwa [[Hans Memling]] in seiner religiösen Malerei von Prudentius inspirieren.

Mit der [[Zeitalter der Aufklärung|Aufklärung]] erlosch das Interesse an der ''Psychomachia'' weitgehend. Seit dem 19. Jahrhundert interessiert sich die [[Klassische Philologie]] für das Epos, im deutschsprachigen Raum besonders das Lebenswerk von Christian Gnilka<ref>Nach wie vor maßgeblich ist die Disserationsschrift, Christian Gnilka: ''Studien zur Psychomachia des Prudentius''. Wiesbaden 1963 (Klassisch-philologische Studien, 27; zugleich Diss. Bonn). Gesammelte Aufsätze zu Prudentius in ''Prudentiana'', Bd. 1: Critica, Bd. 2: Exegetica, Bd. 3: Supplementum, München 2000-2003.</ref>. Allegorische Kampfdarstellungen der sieben Tugenden und Todsünden versinnbildlichen im Stummfilm [[Metropolis (Film)|Metropolis]] von [[Fritz Lang]] das lasterhafte Leben der Oberschicht.

== Editionen und Übersetzungen ==

* Johan Bergman, ''Aurelii Prudentii Clementis carmina.'', Wien, Leipzig 1926 (= CSEL, Bd. 61)
* Maurice P. Cunningham (Hrsg.): ''Aurelii Prudentii Clementis Carmina.'' Brepols, Turnhout 1966 ([[Corpus Christianorum|CCSL]], Bd. 126)
* Henry J. Thomson (Hrsg.): ''Prudentius. With an English Translation''. William Heinemann, London; Harvard University Press, Cambridge (MA); 1949–1953, 2 Bde.
* [http://ccat.sas.upenn.edu/jod/texts/psychomachia.html Online-Edition] von [http://ccat.sas.upenn.edu/jod/ James O'Donnell]
* Maurice Lavarenne, Prudence. Tome III. Psychomachie. Contre Symmaque, Paris 1948
* Die deutsche Übersetzung von Ursmar Engelmann (''Die Psychomachia des Prudentius'', Herder, Freiburg/Br. u. a. 1959) ist nur eingeschränkt zu empfehlen.

== Sekundärliteratur ==

=== Philologie ===

* Johan Bergman: ''Aurelii Prudentii Clementis Psychomachia rerum et verborum copia.'' Upsala 1897 (Kommentar)
* Clemens Brockhaus: ''Aurelius Prudentius Clemens in seiner Bedeutung für die Kirche seiner Zeit''. (Diss.) Leipzig 1872
* Vinzenz Buchheit: ''Glaube gegen Götzendienst''. In: Rheinisches Museum für Philologie 133 (1990), S. 389-96
* Christian Gnilka: ''Studien zur Psychomachia des Prudentius''. Wiesbaden 1963 (Klassisch-philologische Studien, 27; zugleich Diss. Bonn)
* Christian Gnilka: ''Interpretation frühchristlicher Natur''. In: ''Prudentiana'' Bd. 2: Exegetica, München 2001, S. 32-90 (= H. Krefeld (Hrsg.), ''Impulse für die lateinische Lektüre''. Frankfurt 1979, 138-180)
* Jill Harries: ''Prudentius and Theodosius''. In: Latomus 43 (1984), S. 69-84
* Kenneth R. Haworth: ''Deified Virtues, Demonic Vices and Descriptive Allegory in Prudentius’ Psychomachia''. Amsterdam 1980
* Marianne Kah: ''„Die Welt der Römer mit der Seele suchend ...“ Die Religiösiät des Prudentius im Spannungsfeld zwischen ‚pietas christiana‘ und ‚pietas Romana‘''. (Diss.) Bonn 1990
* Wolfgang Kirsch: ''Die lateinische Versepik des 4. Jahrhunderts''. Berlin 1989 (Schriften zur Geschichte und Kultur der Antike Bd. 28)
* Walther Ludwig, ''Die christliche Dichtung des Prudentius und die Transformation der klassischen Gattungen''. In: ''Christianisme et formes litteraires de l’antiquité tardive en occident'' (Entretiens sur l’antiquité classique 23) Genf 1977, S. 303-372
* Maria Lühken: ''Christianorum Maro et Flaccus. Zur Vergil- und Horazrezeption des Prudentius''. (Diss.) Göttingen 2002 (Hypomnemata 141)
* Susan G. Nugent: ''Allegory and Poetics. The Structure and Imagery of Prudentius’ „Psychomachia“''. Frankfurt a. M. u. a. 1985
* Isidoro Rodriguez-Herrera: ''Poeta Christianus. Prudentius’ Auffassung vom Wesen und von der Aufgabe des christlichen Dichters''. (Diss.) Speyer 1936
* Dirk Rohmann: ''Das langsame Sterben der Veterum Cultura Deorum – Pagane Kulte bei Prudentius.'' In: [[Hermes (Zeitschrift)|Hermes]] 131 (2003), S. 235-253
* Christian Schwen: ''Vergil bei Prudentius''. (Diss.) Leipzig 1937
* Danuta Shanzer: ''Allegory and Reality: Spes, Victoria and the Date of Prudentius’ Psychomachia'', in: Illinois Classical Studies 14 (1989), S. 347-363
* Macklin Smith: ''Prudentius' Psychomachia: A Reexamination.'' Princeton University Press, Princeton (NJ) 1976

=== Ikonographie ===

* Adolf Katzenellenbogen: ''Allegories of the Virtues and Vices in Medieval Art'' (Studies of the Warburg Institute 10), New York 1939
* Jennifer O'Reilly: ''Studies in the Iconography of the Virtues and Vices in the Middle Ages'' (American University Studies, 9, 29). New York 1988
* Joanne S. Norman: ''Metamorphoses of an Allegory: The Iconography of the Psychomachia in Medieval Art''. New York 1988
* Helen Woodruff: ''The Illustrated Manuscripts of Prudentius''. Cambridge (Mass.) 1930


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* [http://people.freenet.de/kleine-brueder-vom-evangelium/ Homepage der Kleinen Brüder vom Evangelium]
* [http://www.charlesdefoucauld.org/de/fam_de.php?id_a=7 Webpage der Kleinen Brüder vom Evangelium]


* [http://www.uvm.edu/~hag/rhuddlan/images/ Mittelalterliche Illustrationen der Kampfszenen der ''Psychomachia'' (Englisch)]
[[Kategorie:Kloster und Orden (römisch-katholisch)]]

* [http://ccat.sas.upenn.edu/jod/texts/psychomachia.html Text der ''Psychomachia'' im lateinischen Original]

== Anmerkungen und Belege ==

<references />

[[Kategorie:Literarisches Werk]]
[[Kategorie:Antike (Literatur)]]
[[Kategorie:Römische Geschichte]]
[[Kategorie:Alte Kirche]]
[[Kategorie:Spätantike]]

[[en:Psychomachia]]

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Version vom 12. Juni 2007, 09:16 Uhr

Psychomachia, British Library, MS 24199; (11. Jahrhundert) Hiob als Begleiter der Patientia (Geduld). Die Verse verdeutscht: „Ihn heißt die Göttliche nun ruhen von allem / Waffengeklirr, seinen gesamten Verlust aus dem erbeutetem Reichtum / vervielfachen und zusammentragen, was nicht mehr vergehen wird“. Sie sind mit Glossen überschrieben.

Die Psychomachia (altgriechisch: „Seelenkampf“) des christlichen Dichters Prudentius (* 348 † nach 405) stellt einen allegorischen Kampf zwischen personifizierten Tugenden und Lastern dar. Sie ist das erste durchgehend allegorische Gedicht der abendländischen Literatur und gilt als eines der bedeutendsten Werke der christlichen lateinischen Epik. Sprachlich ist das Werk eng an die klassisch-heidnische Poesie, besonders die Aeneis des Vergil, angelehnt. Die mittelalterlichen Manuskripte der Dichtung waren oft reichhaltig glossiert und teils mit Bildern illuminiert. Auf die allegorische Kunst des Mittelalters in Dichtung, Malerei und Skulptur übte die Psychomachia erheblichen Einfluss aus. Sie war im Mittelalter eines der am häufigsten rezipierten Gedichte der Antike.

Werk

Inhalt

Der Titel Psychomachia leitet sich aus den beiden griechischen Wörtern psyche („Seele“) und machein („kämpfen“) ab. Der erste Bestandteil kann gleichzeitig als subjektiver und objektiver Genitiv verstanden werden, d. h. die Seele ist sowohl Kämpfende als auch das Ziel des Kampfes, sie kämpft um sich selbst. Das Epos gliedert sich in eine Praefatio (Vorwort) und die eigentliche Erzählung im Umfang von 916 Hexametern.

Die ersten 725 Verse des Hauptteils stellen eine Folge von sieben allegorischen Kämpfen zwischen Tugenden und entgegengesetzten Lastern dar: Götzenverehrung und Rechtgläubigkeit; Keuschheit und sodomitische Wollust; Geduld und Jähzornigkeit; Demut und Überheblichkeit; Enthaltsamkeit und Ausschweifung; Vernunft und Habgier; Einigkeit und Zwietracht mit Beinamen Häresie (lateinisch: Veterum Cultura Deorum vs. Fides; Pudicitia vs. Sodomita Libido; Patientia vs. Ira; Mens Humilis vs. Superbia; Sobrietas vs. Luxuria; Ratio vs. Avaritia; Concordia vs. Discordia cognomento Heresis). Die Tugenden und Laster sind jeweils als Frauengestalten mit charakteristischen Attributen und Verhaltensweisen beschrieben.

Vorwort

Psychomachia, Bristish Library MS Cotton Cleopatra C. VIII, Canterbury, Christ Church (erste Hälfte 11. Jh., unbekannter Herkunft). Abrahams Rückkehr nach der Befreiung Loths

Die 68 iambischen Trimeter setzen an bei der alttestamentlichen Erzählung der Rettung Loths durch Abraham aus den heidnischen Städten Sodom und Gomorrha. Die im Bibeltext erwähnten 318 Sklaven des Abraham,[1] in griechischer Transkription ΤΙΗ, repräsentieren die ursprüngliche Kreuzesform und die beiden Anfangsbuchstaben des Namens Jesu (griechisch: ΙΗΣΟΥΣ). Die Erscheinung dreier Engel, welche die Empfängnis Saras verkünden,[2] präfiguriert das trinitarische Dogma der Wesenseinheit von Vater, Sohn und heiligem Geist, der Hohepriester Melchisedech den Heiland.[3] Die Bibelexegese kündigt damit das zentrale Thema des Werkes an und stellt es zugleich in seinen heilsgeschichtlichen Zusammenhang: den Kampf von heidnischen Lastern und christlichen Tugenden auf dem Schauplatz der menschlichen Seele sowie die anschließende Errichtung eines Tempels der Weisheit.

Seelenkampf

Eine Christus-Anrufung leitet den Seelenkampf ein. Die Rechtgläubigkeit stellt sich im Vertrauen auf ihre Stärke unbewaffnet dem offenen Kampf. Indem sie wächst, schlägt sie die Götzenverehrung zu Boden und drückt ihr die Kehle zu, so dass deren eingezwängte Seele den Körper am Leben hält, derweil die Legion der 1.000 Märtyrer einen Triumph feiert. Die Wollust bedroht mit einer Schwefelfackel die Keuschheit, die deren Kehle mit einem Schwert durchstößt. Die Keuschheit gedenkt der Tötung des Holofernes durch Judith,[4] welche die unbefleckte Empfängnis und Fleischwerdung Gottes präfiguriert. Die Wollust fällt in einen Schwefelpfuhl, während die Keuschheit ihr beflecktes Schwert im Jordan reinwäscht und in einem Taufbecken weiht. Derweil sieht die Geduld ungerührt zu, wie alle von der Jähzornigkeit eingesetzten Waffen an ihrer Rüstung zersplittern und diese sich frustriert selbst erschlägt. In Begleitung des Hiob, dessen Leiden mit vielfacher Belohnung vergolten wurden, unterstützt die Geduld als einzige alle anderen Tugenden im Kampf.

Ira (Zorn), einen Schild haltend, zielt mit ihrem Schwert auf den Kopf der Patientia (Geduld). Die nächste Illumination zeigt, wie das Schwert am Kopf der Patientia zersplittert.

Zufällig reitet die Überheblichkeit auf hohem Ross einher, mit aufgetürmter Haarpracht, und blickt herab auf das armselige Gefolge der Demut, welche die himmlische Hoffnung zur Gefährtin erwählt hat. Die Überheblichkeit prahlt, dass seit dem von ihr verursachten Sündenfall ihr Volk militärisch überlegen sei, und verspottet die unmännlichen Neuankömmlinge: die Keuschheit, Frömmigkeit, Gerechtigkeit, Ehre, Mäßigung, Enthaltsamkeit, Reinheit und Einfalt. Beim Angriff fällt sie in eine Grube, welche die List gegraben hat, und wird von ihrem Pferd zerquetscht. Die Hoffnung veranlasst die Demut, das Laster zu enthaupten, und gedenkt der Tötung des Goliath durch David. Sie fährt in den Himmel, die anderen Tugenden sehen ihr sehnsüchtig nach.

Aus dem Westen trifft auf kostbarem Wagen die verkaterte Ausschweifung ein, die ihren Ruf verloren hat und nur noch der Wollust lebt, und zieht die Tugenden in ihren Bann. Einzig die Enthaltsamkeit bleibt nüchtern, richtet die Kreuzesstandarte auf und erinnert die Tugenden an das Nahrungswunder in der ägyptischen Wüste, welches das Abendmahl präfiguriert, an Davids und Samuels Kampf gegen die Heiden und die Buße des Jonathan[5] Mit dem Kreuz blockiert sie die Wagenspeichen, so dass die Ausschweifung nach vorn stürzt und den Wagen bremst. Die Zufälligkeit gibt der Enthaltsamkeit einen Felsblock, mit dem sie das geräderte Gesicht der Ausschweifung zerschmettert, deren Magen die Körpersplitter wieder ausspeit. Es fliehen die Lästerung, Frechheit, Liebe, Schminke, Anmut, Zwietracht und Lust, deren Schmuckstücke von der Enthaltsamkeit zertrampelt werden. Die Habgier soll die Kostbarkeiten in Säcke gefüllt haben, in Begleitung der Sorge, Esssucht, Furcht, Angst, Falschaussage, Blässe, Verderbnis, List, Lüge, Schlaflosigkeit und Schande, schließlich auch der Bürgerzwietracht und Besitzergreifung, die ihre gefallenen Verwandten ausrauben. Die Habgier blendet und verdammt die Menschheit und verwundet sogar leicht die Priester Gottes, die jedoch von der Vernunft beschützt werden. Die Habgier sieht das Ende ihrer Macht über Judas Ischariot und die Juden in Jericho,[6] die auch deren Nachfolger täuschen sollte. Sie verkleidet sich als Sparsamkeit, die unter dem Vorwand der Kinderliebe ihre Opfer verführt, doch wird sie von der Barmherzigkeit, die ihr Vermögen den Armen gegeben hat, grausam erwürgt, die Beute an die Armen verteilt, die ihr tägliches Brot von Gott erhalten.

Daraufhin fliehen die Furcht, Mühseligkeit, Gewalt, Kriminalität und Täuschung, die Friedfertigkeit beendet den Krieg. Über dem chaotischen Schlachtfeld öffnet Christus den Himmel, die Eintracht gibt den Tugenden den Befehl zum Rückzug, die singend marschieren, wie Israel, dem sich der Nil öffnete.[7] Doch vor dem Lager wird die Friedfertigkeit gestört, die Eintracht ist an der untersten Kette ihres Panzers leicht getroffen von der Zwietracht, die sich eingeschlichen hat, nachdem sie Mantel und Schlangenpeitsche fortwarf. Sie stellt sich vor als Häresie, ihren Gott als veränderlich, die Welt als ihre Heimat und Beliar als ihren Lehrer. Die Rechtgläubigkeit stößt ihr eine Lanze in den Rachen, die Zwietracht wird von unzähligen Händen zerstückelt, ihre Einzelteile werden vom Winde verweht, an Tiere verfüttert oder in Kloaken geworfen.

Tempelbau

MS 23. Parker Library, Corpus Christi College, Cambridge, 11. Jh. Detailansicht einer glossierten und illuminierten Handschrift. Von links nach rechts: Ira mit Gefolge, Patientia, Hiob. Die Hs. stammt vermutlich ursprünglich aus der Abtei von Malmesbury. Zeichnungen in schwarz, rot und grün.

Eine starke inhaltliche Zäsur nach Vers 725 leitet vom Seelenkampf zum Tempelbau über. Auf einer eigens errichteten Rednertribüne mahnt die Eintracht, Zwietracht zu vermeiden, Friedfertigkeit zu wahren und den Wolf im Schafsfell zu erkennen, wie Photinus und Arius. Die Rechtgläubigkeit lässt die Trauernden verstummen, da die Eintracht zwar verwundet, sie selbst aber verteidigt worden ist. In Gedenken an den Tempelbau des Salomon in Jerusalem, der auf die Vertreibung der Könige folgte, gibt sie den Tempel in Auftrag, als Palast des Christus. Gemeinsam mit der Eintracht legt sie die perfekten Ausmaße des Tempels fest.

Als Grundstein wird ein hohler Edelstein gelegt, der das Eingangstor bildet. Die Eingangshalle ist aus einem Block gemeißelt, an den oberen Säulenenden sind die zwölf Namen des apostolischen Senats eingeschrieben, welche die Seele vor Sünde schützen sollen. Zwölf einzigartige Edelsteine lassen das Himmelslicht aus den Mauern in bunter Farbenpracht ein. Der innere Bezirk des Tempels ruht auf sieben Kristallsäulen, welche die Rechtgläubigkeit erwarb, nachdem sie ihre Kriegsausrüstung versteigert hatte. Darin thront die Weisheit, welche die Gesetze gibt und regiert. Sie hält als Szepter einen immergrünenden Zweig, der durch den Gesetzesstab des Aaron präfiguriert ist.[8]

Eine zweite Christus-Anrufung beschließt das Epos. Es wird dafür gebetet, dass die Menschen die verborgenen Laster ihres Herzens erkennen mögen, das in beständigem Kampf mit Licht und Dunkel liegt, bis Christus in der Seele einen Tempel der Tugenden errichtet, in dem die Weisheit ewig regiert.

Textbeispiel

Die Grenzen zwischen allegorischer und realer Darstellung sind fließend. Der folgende Textabschnitt beschreibt den Tod der Luxuria, die von ihrem Wagen stürzt. Die Übersetzung versucht, den lateinischen Satzbau nachzubilden, ohne ein Versmaß zu verwenden: Psychomachia 414–428.

[…] tunc et vertigo rotarum
inplicat excussam dominam; nam prona sub axem
labitur et lacero tardat sufflamine currum.
addit Sobrietas vulnus letale iacenti,
coniciens silicem rupis de parte molarem.
hunc vexilliferae quoniam Fors obtulit ictum
spicula nulla manu sed belli insigne gerenti,
Casus agit saxum, medii spiramen ut oris
frangeret et recavo misceret labra palato.
dentibus introrsum resolutis lingua resectam
dilaniata gulam frustis cum sanguinis inplet.
insolitis dapibus crudescit guttur, et ossa
conliquefacta vorans revomit quas hausert offas.
„ebibe iam proprium post pocula multa cruorem“,
virgo ait increpitans […]
„ […] Dann rollt das Speichenwerk der Räder
in seine gestürzte Herrin; kopfüber unter die Achse
stürzt sie und verlangsamt als lebende Bremse den Wagen, wobei sie zerfleischt wird.
Die Enthaltsamkeit fügt dem am Boden liegenden Laster die tödliche Wunde zu,
indem sie einen großen Stein aus einem Felsblock auf sie schmettert.
Da die Fügung diesen Schlagstein der Bannerträgerin übergab,
die keine Wurfgeschosse, sondern in der Hand nur das Emblem des Krieges trug,
lenkt die Zufälligkeit den Fels so, dass er die Kehle in der Mitte des Rachens
zerbricht und Lippenteile im hohlen Gaumen vermischt.
Die Zähne sind nach innen eingebrochen, die Zunge ist zer-
fetzt und füllt die aufgetrennte Kehle mit Blutbrocken.
Aufgrund des ungewohnten Mahls dreht sich der Magen um und während er Knochen
zersetzt und verschlingt, speit er bereits verschluckte Klumpen wieder aus.
‚Sauf nun deinen eigenen Geifer nach deinen vielen Bechern‘,
spricht hämisch die Jungfrau, […]“

Die Psychomachia ist dabei in Schlüsselabschnitten tief christlich, wie die Schlussverse zeigen, die allerdings auch einen Dualismus von Licht und Finsternis vorstellen, der im persischen Zarathustra- und Mithraskult wurzelte und auch vom Manichäismus übernommen wurde: Psychomachia 908–915.

spiritibus pugnant variis lux atque tenebrae,
distantesque animat duplex substantia vires,
donec praesidio Christus Deus adsit et omnes
virtutum gemmas conponat sede piata,
atque, ubi peccatum regnaverat, aurea templi
atria constituens texat spectamine morum
ornamenta animae; quibus oblectata decoro
aeternum solio dives Sapientia regnet.
„Mit entgegengesetzten Geistern bekämpfen sich Licht und Finsternis,
und sich verfeindende Kräfte erweckt die zwiefache Materie,
bis Christus, der Gott, zum Schutz beisteht, alle
Juwelen der Tugenden an geweihter Stätte ordnet,
sowie, wo Sünde herrschte, die goldene Halle
des Temples errichtet und aus dem Geflecht der Sitten
Kunstwerke für die Seele webt; von denen entzückt auf prächtigem
Thron in Ewigkeit reich die Weisheit herrscht.“

Datierung

Hieronymus erwähnt in seinem Werk De viris inlustribus, das die gesamte christliche Literatur bis zum Jahr 392 berücksichtigt, weder die Psychomachia noch ihren Dichter. Da das Werk in der Vorrede der 404/5 vom Dichter selbst veranlassten Gesamtausgabe ebenfalls nicht genannt wird, ist seine Entstehung wahrscheinlich nach diesem Datum anzusetzen. Vermutlich erlebte Prudentius die Zerstörung Roms 410 nicht mehr, da sie trotz häufiger Erwähnung zeitgenössischer Schlachten nirgendwo im Gesamtwerk einen Widerhall findet. Es gibt Spekulationen, dass einzelne Schlachtenbeschreibungen der Psychomachia auf eine unmittelbare Bedrohung der ewigen Stadt anspielen könnten und daher die Entstehung um 408/9 anzusetzen sei.[9] Der aus Spanien[10] stammende Prudentius hatte vor seiner dichterischen Tätigkeit ein nicht näher bekanntes Amt am Hof des Theodosius I. inne und hat mindestens einmal Rom besucht, wie aus Gebäudebeschreibungen im Peristephanon, einer Sammlung versifizierter Märtyrerberichte, geschlossen worden ist, möglicherweise in den Jahren 395 oder 401–403.[11] Über die Entstehung der Psychomachia ist sonst nichts bekannt.

Deutung

Die Psychomachia ist sprachlich anspruchsvoll gestaltet, inhaltlich von vielschichtiger Symbolik und daher unterschiedlich interpretiert worden. Die Sprache neigt zum spätantiken Manierismus. Die einzelnen Sätze sind von enormer Länge, so findet sich das erste Prädikat des Vorworts erst in Vers 10, der erste Satz streckt sich bis nach Vers 14. Bemerkenswert häufig verwendete Stilmittel sind das Enjambement („Zeilensprung“, vgl. erstes Textbeispiel: „kopfüber unter die Achse | stürzt sie“) und besonders im Schlussteil die Alliteration (etwa Vers 770: pax belli exacti pretium(e)st pretiumque pericli „Friedfertigkeit, die Belohnung für gewonnenen Krieg, Belohnung für Gefahr“). Das Partizip Perfekt wird häufig resultativ verwendet.

In die Reden der Tugenden und weitere Textabschnitte sind christologische, ekklesiologische und eschatologische Diskurse eingearbeitet, die auf Vorbildern der Patristik, etwa auf Lactantius beruhen.[12] Die Diskussion um das Wesen des Christus als Gottessohn oder vollwertiger Gott und die sich daraus scheinbar ergebenden Widersprüche um die Einzigartigkeit Gottes prägten die innerkirchliche Auseinandersetzung mit Häresien. Prudentius vertritt hierbei das nizänisch-orthodoxe Christentum. Ähnliche Abschnitte finden sich in zwei früheren Werken des Autors, der Apotheosis und der Harmatigenia.

Prudentius berichtet über sich selbst, dass er von einem angeblich lasterhaften früheren Leben zur Askese bekehrt worden sei,[13] was eine autobiographische Komponente der Psychomachia vermuten lassen könnte. Aufgrund der religiösen Vorstellungen in der Psychomachia ist auf eine synkretistische Auffassung des Christentums geschlossen worden, d. h. es werden Anschauungen aus zeitgenössischen nichtchristlichen Religionen übernommen.[14]

Zeitgeschichtliche Anspielungen

Die vielerorts eingestreuten dogmatischen, besonders christologischen Ausführungen, sind zweifellos Zeugnis der Auseinandersetzung mit zeitgenössischen Häresien, besonders dem Arianismus, dessen Begründer Arius in Vers 794 erwähnt ist. Das gleiche gilt für die Kampfszene zwischen (häretischer) Zwietracht und (orthodoxer) Eintracht. Der in Spanien, dem Heimatland des Dichters, stark verbreitete Priscillianismus ist jedoch weder in der Psychomachia noch im übrigen Werk erwähnt oder thematisiert. Bislang konnte dieser Umstand nicht überzeugend erklärt werden.[15]

Die Eingangsverse des Hauptteils etwa vertreten die Dreifaltigkeit in Abgrenzung zum Arianismus, welcher Gottsohn und -vater als getrennt sah:

Christe, graves hominum semper miserate labores,
qui patria virtute cluis propriaque, sed una,
(unum namque Deum colimus de nomine utroque,
non tamen et solum, quia tu Deus ex Patre, Christe),
dissere, rex noster, quo milite pellere culpas
mens armata queat nostri de pectoris antro,
exoritur quotiens turbatis sensibus intus
seditio atque animam morborum rixa fatigat,
quod tunc praesidium pro libertate tuenda
quaeve acies furiis inter praecordia mixtis
obsistat meliore manu. [...]
„Christus, der schweren Mühsale der Menschen hast du dich immer erbarmt,
der du berühmt bist für die Macht deines Vaters und deine eigene, die eins sind,
(denn einen Gott verehren wir in beiden Namen,
und doch nicht nur einen allein, da du Gott aus dem Vater bist, Christus):
lege dar, unser König, mit welcher Heerschar bewaffnet
die Vernunft die Sünden verbannen kann aus der Grotte unseres Herzens,
wann immer aus verwirrten Gedanken im Innern
Aufruhr entsteht und der Streit krankhafter Gelüste die Seele erschöpft,
welche Hilfe dann zum Schutz der Freiheit,
welche Schlachtreihe den unter die Brust drängenden Furien
mit überlegener Hand widersteht.“
Datei:Psychomachia-Zwietracht.jpg
Concordia (Eintracht) wird von Discordia (Zwietracht) leicht verwundet.

Anspielungen an die jüngere Geschichte sind gelegentlich zu erkennen oder zu vermuten.[16] Sicherlich ist die Kriegserfahrung im Zeitalter der Barbareninvasionen in die teilweise grausamen Schlachtdarstellungen eingegangen. Einige Kämpfe sind von religiöser Symbolik geprägt, wie etwa der Kreuzestandarte, die erstmalig Konstantin während der Schlacht bei der Milvischen Brücke seine Soldaten tragen ließ. Ähnlich wie Augustinus im Gottesstaat überträgt Prudentius die weltliche Invasion in einen geistlichen Kontext, besonders im Kampf der Demut gegen die Überheblichkeit, welche den römischen Imperialismus repräsentiert. Die Heiden legten den Christen zur Last, dass mit dem Einzug des Christentums das Reich allmählich militärisch zugrunde ging.[17]

Einzelne Abschnitte sowie Handlung und Form des Werkes deuten auf eine fortdauernde Auseinandersetzung oder Konversionsbemühung mit Blick auf die heidnische Elite hin. Durch die Symbiose von heidnischer Form und christlichem Inhalt wollte Prudentius vermutlich dem heidnischen Argument der auch nach der Erhebung des Christentums zur Staatsreligion andauernden Religionskontroverse entgegentreten, christliche Literatur sei der traditionellen römischen Literatur unterlegen, die besonders während der Regierungszeit des Julian (361–363) aktuell wurde.[18] Das als unmoralisch empfundene Weltbild der heidnischen Antike wird durch ein christliches Wertesystem ersetzt. Es wird kontrovers diskutiert, ob das Epos eine Nachahmung der klassischen Dichtung oder ein „christliches Supergedicht“ darstellt, das die klassische Literatur ersetzen will.[19]

Die Allegorie des am Boden liegenden, jedoch am Sterben gehinderten heidnischen Kultes dürfte auf dessen aktuelle historische Situation verweisen. Prudentius deutet also hiermit, anders als andere christliche Autoren seiner Zeit, das Weiterleben des Paganismus an. Zusätzlich zu den archäologischen Zeugnissen, die auf eine Kontinuität des Heidentums schließen lassen, bezeugt Prudentius hier, dass heidnische Religionen auch nach deren offiziellem Verbot durch Theodosius 390/1 weiterhin in größerem Umfang existierten. Besonders im tarraconensischen Spanien ist die Bezeugung heidnischer Kulte bis zum Ende der Antike dicht.[20]

Nicht überzeugend geklärt werden konnte, warum die Ausschweifung (Luxuria) aus dem Westen eintritt, da dieses Laster in römischer Vorstellung sonst mit dem geographischen Osten assoziiert wurde.[21] Möglicherweise spiegelt der Vers 310 occiduis mundi de finibus („aus der westlichen Grenze der Welt“) eine eschatologische Vorstellung („aus der Endzeit der Welt“).

Ästhetik der Gewalt

Die Demut präsentiert den abgeschlagenen Kopf der Superbia (Stolz). Auf der linken Bildseite Spes, die Hoffnung, die das tote Laster zurechtweist.

Die Sterbeszenen der Laster sind ausführlich dargestellt und erinnern zum Teil an die Märtyrerliteratur und deren Verarbeitung in Prudentius' Peristephanon.[22] Sie sind in der Psychomachia jeweils als geziemende Strafen nach dem Prinzip der Wiedervergeltung (Talion) gestaltet, wonach zwischen Bestrafungsart und Vergehen ein Verhältnis nicht nur der graduellen Angemessenheit, sondern auch der signifikanten sachlichen Gleichheit („Auge um Auge“) oder Analogie (talio analogica, beispielsweise Strafe am ausführenden Körperteil) besteht, so dass im Sterben der Lasterpersonifikation noch einmal besondere Eigentümlichkeiten der gestraften Laster kenntlich werden. Diese Bezüge setzen oft die Kenntnis einschlägiger biblischer oder literarischer Metaphorik voraus. So stürzt etwa die Allegorie des Hochmuts vom Pferd in eine Fallgrube, welche die Allegorie der List eigentlich für die gegnerische Tugend ausgehoben hatte („Hochmut kommt vor dem Fall“). Die Habgier wird von ihrer Gegnerin speziell durch Zuschnüren der Kehle zu Tode gebracht, weil die Habgier nach klassischer und biblischer Vorstellung unersättlich Gold und Reichtümer verschlingt. Ähnliche Vorstellungen spiegeln sich im Fall der Wollust in den Schwefelpfuhl oder im Erbrechen eigener Körperteile durch die Ausschweifung.[23]

Das Talionsprinzip war kaum Bestandteil des traditionellen römischen Rechts, nur aus dem ältesten Zwölftafelgesetz sind wenige Talionsstrafen bekannt (Knochenbruch, Feuertod bei Brandstiftung, Sexualverbrechen).[24] Die Ästhetik des Talionsprinzips hat kein eindeutiges Vorbild in der klassischen Dichtung.

Die Zerstückelung der Zwietracht und ihr Verschlingen durch wilde Tiere deutet, analog zum langsamen Tod der Götzenverehrung, die historische Situation christlicher Häresien an, die sich zunehmend in Splittergruppen aufzulösen schienen. Das Motiv der Zerstückelung des Körpers findet sich auch in orientatlischen Mysterienreligionen, wie dem Isis-Kult, die noch im 4. Jahrhundert eine ernsthafte Konkurrenz zum Christentum darstellten. Augustinus bezeugt, dass nach heidnischer Vorstellung die Zerstückelung der Leichenteile den Eintritt in das Jenseits verwehrte.[25] Damit verband sich der heidnische Vorwurf, dass christliche Jenseitsvorstellungen nicht philosophisch denkbar seien, den Augustinus zu widerlegen suchte. Die Enstehungszeit des Epos um 400 war ein Höhepunkt der Religionskämpfe, die zu grausamen Hinrichtungen führten (etwa Hypatia).

Bibelexegese

Die Beschreibungen des Tempels mit zahlreichen Edelsteinen erinnert an Kirchbauten und die Edelsteine in der Himmelsstadt in der Johannesapokalypse[26], während das Bild des Tempels speziell an die paulinisch geprägte Metapher vom Leib oder der Seele als einem Tempel anknüpft, den der Gläubige für Gott errichten und reinhalten soll.

Patientia (Geduld) verspricht Hiob Entschädigung für seine Verluste und weist auf den Himmel.

In Begleitung der Tugenden erscheinen regelmäßig Personen der biblischen Geschichte oder Ereignisse als exemplarische Vertreter der jeweiligen Tugend oder werden als solche in ihren Reden benannt, wie auch den Lastern verschiedentlich biblische Beispielfiguren zugeordnet sind. So wird etwa die Geduld von Hiob begleitet, und die Habgier beruft sich stolz darauf, mit Judas Ischariot sogar einen der Apostel Christi in ihren Bann gezogen zu haben. Die Rechtgläubigkeit erscheint mit einer Schar von Märtyrern, die Keuschheit erwähnt Judiths Tötung des Holofernes, der diese vergewaltigen wollte. Darüber hinaus werden die alttestamentlichen Figurae auf christliches Geschehen bezogen, so praefiguriert Judith Maria (unter der Typologie der Jungfräulichkeit).[27]

Literarische Vorbilder

Klassisch-heidnische Dichtung

Der Bezug zur kanonischen Epik des Vergil und gleichzeitig die Transformation deren heidnischen Ursprungs in die christliche Botschaft ist bereits durch den ersten hexametrischen Vers programmatisch angedeutet:

Christe, graves semper hominum miserate labores
„Christus, der schweren Mühsale der Menschen hast du dich immer erbarmt“

wodurch sprachlich auf ein Gebet des Aeneas an Apollo angespielt wird: Verg. Aen. 6,56

Phoebe, grauis Troiae semper miserate labores
„Phoibos, Trojas schwerer Mühsale hast du dich immer erbarmt“

Apollo Phöbus, der Sonnengott, wurde in der synkretistischen Spätantike mit Christus assoziiert, so war der junge Konstantin ein monotheistischer Anhänger des Sonnengottes, bevor er sich zum Christentum bekannte. Der Konstantinsbogen zeigt Darstellungen des Sonnengottes.

Neben sprachlichen und stilistischen Anlehnungen an die Epik der klassisch-heidnischen Antike, besonders Vergils Aeneis, auf die sich die Psychomachia in zahlreichen wörtlichen und motivischen Parallelen bezieht,[28] sind auch Elemente des antiken Lehrgedichts verarbeitet. Die Verwendung der Personifikation als durchgängiges Strukturprinzip einer epischen Erzählung besitzt jedoch kein Vorbild in der heidnischen Tradition, die zumindest in klassischer Zeit die Prosopopoiia nur als gelegentliches Stilmittel kennt (vgl. die Personifiktion der Discordia bei Vergil), sondern hierin kommt bei Prudentius neben einer allgemeinen spätantiken Entwicklung (vgl. Martianus Capella) der Einfluss der jüdisch-christlichen Bibelexegese, insbesondere der platonisierenden Exegese alexandrinischer Prägung, zum Tragen.

Der von Prudentius hauptsächlich rezipierte zeitgenössische Autor ist Claudian. Wegen der unklaren Entstehungszeit des Epos ist allerdings nicht zweifelsfrei auszumachen, welcher von beiden Autoren der Rezipient ist.

Christliche Literatur

Die Psychomachia bezieht altestamentliches Geschehen auf das Frühchristentum (Präfiguration). Diese Form der Allegorese wurde schon früh für die Bibel praktiziert. So deutet der Apostel Paulus die Söhne der Sara und der Hagar als Altes Testament und Neues Testament.[29] Origenes bezieht das Hohelied des Alten Testaments auf die Liebe zwischen Christus und der Seele des Gläubigen. Die von Prudentius gewählten Figuren beruhen meist auf Vorbildern christlicher Exegetiker. Allerdings ist der König David entgegen den übrigen Auslegungen hauptsächlich nur in seiner militärischen Funktion gegen heidnische Könige dargestellt.

Die Geschichte der Haupt- oder Todsünden beginnt in der ägyptischen Wüste. Evagrius Ponticus (345–399), ein gelehrter Anachoret des 4. Jahrhunderts, erarbeitete aufgrund von neuplatonischen und gnostischen Elementen einen Achtlasterkatalog.[30] Die acht Laster verstand Evagrius als ‚böse Gedanken‘, die Dämonen einsetzten, um Einsiedler von ihrem Ziel abzulenken, die apatheia („Freiheit von Affekten“) zu erreichen. Dieses Lasterschema wurde von Johannes Cassian (360–435) übernommen und damit dem lateinischen Westen überliefert. Die sieben Laster bei Prudentius entsprechen allerdings noch nicht dem Kanon der sieben christlichen Todsünden.

Die christliche Literatur des lateinischen Westens vor Prudentius kannte ansatzweise allegorische Konzepte, so verwendet Tertullian in seiner Schrift „Über die Spiele“ eine allegorische Kampfdarstellung.[31]

Rezeption

Für die ausgehende Antike sind Anspielungen auf die Psychomachia zunächst nicht sicher auszumachen. Augustinus gebraucht gelegentlich Vergleiche, die an Motive der Psychomachia erinnern, doch ist eine Rezeption nicht nachweisbar.[32] Die erste Werkübersicht zu Prudentius stammt aus dem 5. Jahrhundert von Gennadius von Marseille.[33] Im 6. Jahrhundert schrieb Boëthius das Buch Die Tröstung durch die Philosophie, in dem neben den Musen der Dichtkunst die Philosophie als handlungstragende Allegorie dargestellt ist. Es gibt jedoch keinen Hinweis darauf, dass Boëthius die Psychomachia gekannt haben könnte. Ebenfalls im 6. Jahrhundert besorgte Vettius Agorius Basilius eine Gesamtausgabe der Werke des Prudentius. Im Frühmittelalter wurde die Psychomachia unter anderen von Sidonius Apollinaris, Avitus von Vienne, Rabanus Maurus, Isidor von Sevilla und Alkuin zitiert. Vor allem im Frühmittelalter, das sich fast ausschließlich nur für christliche Texte interessierte, wurde kein anderer Autor mehr glossiert und kommentiert als Prudentius.

Die nachhaltige Rezeption im Mittelalter spiegelt sich auch in der Zahl der über 300 erhaltenen Handschriften zu Prudentius, wobei die älteste, nicht-illustrierte Handschrift aus dem 6. Jahrhundert den Text der Psychomachia vollständig enthält. Zwanzig überlieferte Handschriften aus der Zeit bis zum Ende des 13. Jahrhunderts enthalten Illustrationen, die sich aufgrund der ähnlich dargestellten Kleidung der Tugenden und Laster in zwei Gruppen teilen lassen. Daraus lässt sich schließen, dass diese Handschriften auf ursprünglich zwei (heute verlorene) Archetypi zurückgehen.[34] Die oben abgebildeten Handschriften etwa sind stilistisch ähnlich. Sie spiegeln die Kleidungsmode im England des 11. Jahrhunderts.[35]

Frühbarocke allegorische Darstellungen von Tugenden. Hans Memling: Allegorie der Keuschheit (15. Jh.); vgl. die Verse der Psychomachia 46-48: „Doch gegen die Hand der rasenden Furie, gegen die Feuergeschosse / des grausigen Lasters setzt die unerschrockene Jungfrau einen Felsblock / und wehrt so die Fackeln ab, die von ihrem heiligen Mund abschmettern.“

Die Sieben Kardinaltugenden und die Sieben Todsünden werden in der christlichen Malerei und Skulptur dargestellt. Da illustrierte Handschriften seit dem 11. Jahrhundert erstmals fassbar sind, setzte auch deren Rezeption in dieser Zeit ein. Die romanische Bauplastik entnahm eine Vielzahl von Themen der Psychomachia, so in Notre Dame de Cunault (Anfang 12. Jahrhundert) und Saint-Nicolas De Tavant[36] (11. Jahrhundert), deren Kapitellprogramme Kampfszenen aufweisen, für welche die Psychomachia als Vorbild diente. Der Einband des Melisende-Psalter (um 1140) besteht aus Elfenbein-Schnitzereien, die mit Türkisen und anderen Edelsteinen verziert sind. Sie zeigen Szenen aus dem Leben von König David und aus der Psychomachia des Prudentius auf der Vorderseite.

Ab dem Spätmittelalter blieben allegorische Darstellungen von Tugenden und Lastern populär, doch entfernten sie sich zunehmend von ihrem eigentlichen Vorbild.[37] Die meisterhaften Skulpturen der sieben Kardinaltugenden und Todsünden an der Fassade von Notre Dame de Paris aus dem 13. Jahrhundert beeinflussten die entsprechenden Motive der Kathedralen von Sens, Amiens, Chartres und möglicherweise auch des Magdeburger Domes.[38]

Die Psychomachia wurde neben der geistlichen Kunst auch in der Darstellung weltlicher Liebesthematik rezipiert, so im Rosenroman von Guillaume de Lorris und Jean de Meung (14. Jahrhundert). Durchgehend allegorische Darstellungsformen verwandte unter anderem Dante (Göttliche Komödie). Die Bestrafung der Laster in der Hölle ist an die Psychomachia angelehnt. In der Barockzeit erlebten Allegorien eine Blüte in allen Bereichen der Literatur, in Gedichten, Reden aller Art, Predigten, Grabinschriften etc. Darstellungen von Tugenden und Lastern blieben dabei prominent, und teilweise wurden Motive aus der Psychomachia oder deren illuminierten Handschriften rezipiert, so ließ sich etwa Hans Memling in seiner religiösen Malerei von Prudentius inspirieren.

Mit der Aufklärung erlosch das Interesse an der Psychomachia weitgehend. Seit dem 19. Jahrhundert interessiert sich die Klassische Philologie für das Epos, im deutschsprachigen Raum besonders das Lebenswerk von Christian Gnilka[39]. Allegorische Kampfdarstellungen der sieben Tugenden und Todsünden versinnbildlichen im Stummfilm Metropolis von Fritz Lang das lasterhafte Leben der Oberschicht.

Editionen und Übersetzungen

  • Johan Bergman, Aurelii Prudentii Clementis carmina., Wien, Leipzig 1926 (= CSEL, Bd. 61)
  • Maurice P. Cunningham (Hrsg.): Aurelii Prudentii Clementis Carmina. Brepols, Turnhout 1966 (CCSL, Bd. 126)
  • Henry J. Thomson (Hrsg.): Prudentius. With an English Translation. William Heinemann, London; Harvard University Press, Cambridge (MA); 1949–1953, 2 Bde.
  • Online-Edition von James O'Donnell
  • Maurice Lavarenne, Prudence. Tome III. Psychomachie. Contre Symmaque, Paris 1948
  • Die deutsche Übersetzung von Ursmar Engelmann (Die Psychomachia des Prudentius, Herder, Freiburg/Br. u. a. 1959) ist nur eingeschränkt zu empfehlen.

Sekundärliteratur

Philologie

  • Johan Bergman: Aurelii Prudentii Clementis Psychomachia rerum et verborum copia. Upsala 1897 (Kommentar)
  • Clemens Brockhaus: Aurelius Prudentius Clemens in seiner Bedeutung für die Kirche seiner Zeit. (Diss.) Leipzig 1872
  • Vinzenz Buchheit: Glaube gegen Götzendienst. In: Rheinisches Museum für Philologie 133 (1990), S. 389-96
  • Christian Gnilka: Studien zur Psychomachia des Prudentius. Wiesbaden 1963 (Klassisch-philologische Studien, 27; zugleich Diss. Bonn)
  • Christian Gnilka: Interpretation frühchristlicher Natur. In: Prudentiana Bd. 2: Exegetica, München 2001, S. 32-90 (= H. Krefeld (Hrsg.), Impulse für die lateinische Lektüre. Frankfurt 1979, 138-180)
  • Jill Harries: Prudentius and Theodosius. In: Latomus 43 (1984), S. 69-84
  • Kenneth R. Haworth: Deified Virtues, Demonic Vices and Descriptive Allegory in Prudentius’ Psychomachia. Amsterdam 1980
  • Marianne Kah: „Die Welt der Römer mit der Seele suchend ...“ Die Religiösiät des Prudentius im Spannungsfeld zwischen ‚pietas christiana‘ und ‚pietas Romana‘. (Diss.) Bonn 1990
  • Wolfgang Kirsch: Die lateinische Versepik des 4. Jahrhunderts. Berlin 1989 (Schriften zur Geschichte und Kultur der Antike Bd. 28)
  • Walther Ludwig, Die christliche Dichtung des Prudentius und die Transformation der klassischen Gattungen. In: Christianisme et formes litteraires de l’antiquité tardive en occident (Entretiens sur l’antiquité classique 23) Genf 1977, S. 303-372
  • Maria Lühken: Christianorum Maro et Flaccus. Zur Vergil- und Horazrezeption des Prudentius. (Diss.) Göttingen 2002 (Hypomnemata 141)
  • Susan G. Nugent: Allegory and Poetics. The Structure and Imagery of Prudentius’ „Psychomachia“. Frankfurt a. M. u. a. 1985
  • Isidoro Rodriguez-Herrera: Poeta Christianus. Prudentius’ Auffassung vom Wesen und von der Aufgabe des christlichen Dichters. (Diss.) Speyer 1936
  • Dirk Rohmann: Das langsame Sterben der Veterum Cultura Deorum – Pagane Kulte bei Prudentius. In: Hermes 131 (2003), S. 235-253
  • Christian Schwen: Vergil bei Prudentius. (Diss.) Leipzig 1937
  • Danuta Shanzer: Allegory and Reality: Spes, Victoria and the Date of Prudentius’ Psychomachia, in: Illinois Classical Studies 14 (1989), S. 347-363
  • Macklin Smith: Prudentius' Psychomachia: A Reexamination. Princeton University Press, Princeton (NJ) 1976

Ikonographie

  • Adolf Katzenellenbogen: Allegories of the Virtues and Vices in Medieval Art (Studies of the Warburg Institute 10), New York 1939
  • Jennifer O'Reilly: Studies in the Iconography of the Virtues and Vices in the Middle Ages (American University Studies, 9, 29). New York 1988
  • Joanne S. Norman: Metamorphoses of an Allegory: The Iconography of the Psychomachia in Medieval Art. New York 1988
  • Helen Woodruff: The Illustrated Manuscripts of Prudentius. Cambridge (Mass.) 1930

Anmerkungen und Belege

  1. (Gen 14,14 EU).
  2. (Gen 18,1-15 EU).
  3. (Gen 14,18 EU) (Heb 7,1-3 EU).
  4. (Jdt 13,1ff. EU).
  5. (1 Sam 14,24-15 EU).
  6. (Jos 7,1ff. EU).
  7. (2 Mos 15,1-21 EU).
  8. (4 Mos 17,17ff. EU).
  9. Danuta Shanzer: Allegory and Reality: Spes, Victoria and the Date of Prudentius’ Psychomachia, in: Illinois Classical Studies 14 (1989), S. 347-363.
  10. Der Geburtsort ist nicht bekannt. Man erschließt seine Abstammung aus der Bevorzugung spanischer Lokal-Märtyrerlegenden im Peristephanon.
  11. Stadtrömische Beschreibungen finden sich im 12. Gedicht der Sammlung. Literatur: Hermann Tränkle: Der Brunnen im Atrium der Petersbasilika und der Zeitpunkt von Prudentius’ Romaufenthalt, Zeitschrift für antikes Christentum 3 (1999), 97-112 (vertritt 395). Literaturangaben zu älteren Datierungen ebendort S. 106, Anm. 43; außerdem Jill Harries, Prudentius and Theodosius, Latomus 43 (1984), 71-73.
  12. W. Kirsch: Die lateinische Versepik des 4. Jahrhunderts, Berlin 1989 (Schriften zur Geschichte und Kultur der Antike Bd. 28), 25. Umfangreiche Verweise auf patristische Vorbilder in der französischen Übersetzung von M. Lavarenne: Prudence. Tome III. Psychomachie. Contre Symmaque. Paris 1948.
  13. Prudentius, Praefatio 10-12.
  14. Kenneth R. Haworth: Deified Virtues, Demonic Vices and Descriptive Allegory in Prudentius’ Psychomachia, Amsterdam 1980, 112f.
  15. Diskussion der Forschung hierzu bei A. Kurfeß, s.v. Prudentius, RE 45, 1039-1071, bes. 1056f. Das Thema wurde in neuerer Zeit nicht mehr schwerpunktmäßig untersucht.
  16. Vgl. Shanzer (1989).
  17. Vgl. besonders den Streit um den Victoriaaltar und die diesbezüglichen Texte von Symmachus und Ambrosius. hrsg., uebersetzt und kommentiert von Richard Klein: Der Streit um den Victoriaaltar. Darmstadt 1972.
  18. Vgl. insbesondere die Schrift des Julian, Contra Galilaeos sowie dessen Repliken, besonders durch Kyrill von Alexandria
  19. Die Bezeichnung „christliches Supergedicht“ verwendet Walther Ludwig: Die christliche Dichtung des Prudentius und die Transformation der klassischen Gattungen, in: Christianisme et formes litteraires de l’antiquité tardive en occident. (Entretiens sur l’antiquité classique 23), Genf 1977, S. 303-372. Dagegen sieht die Psychomachia in Abhängigkeit zu Vergil Ch. Schwen: Vergil bei Prudentius. (Diss.) Leipzig 1937. Modern ist eine ausgleichende Position, so M. Lühken: Christianorum Maro et Flaccus. Zur Vergil- und Horazrezeption des Prudentius. (Diss.) Göttingen 2002 (Hypomnemata 141).
  20. Dirk Rohmann: Das langsame Sterben der Veterum Cultura Deorum – Pagane Kulte bei Prudentius. In: Hermes 131 (2003), S. 235–253.
  21. Vgl. etwa Thomson, Bd. 1 (1949), S. 300 und Shanzer (1989), S. 357.
  22. Zum Peristephanon maßgeblich A.-M. Palmer: Prudentius on the Martyrs. Oxford 1989.
  23. Hierzu ausführlich Christian Gnilka: Studien zur Psychomachia des Prudentius. Wiesbaden 1963.
  24. Leg.(is) XII tab.(ularum) fr.(agmenta) 8,9 SCHOELL (= Gaius 1,4 ad legem XII tabularum; Digestae 47,9,9); Leg. XII tab. fr. 8,2 SCHOELL: Si membrum rupsit, ni cum eo pacit, talio esto „Wenn jemand eine Gliedmaße bricht, soll, sofern keine andere Übereinkunft erreicht wird, Wiedervergeltung durchgeführt werden.“ (= Gellius 20,1,14; Festus p. 363 M. u.a.). Zur Talion im römischen Recht: A. Völkl: Die Verfolgung der Körperverletzung im frühen römischen Recht. Wien 1984, S. 59–79; außerdem A. Herdlitczka, s.v. Talio, RE 4 A,2 (1932), S. 2069–2077. Zur normativen Rechtsauffassung von Strafvergewaltigungen vgl. die Lex Iulia de adulteriis coërcendis.
  25. Augustinus, Civitas Dei 22,28.
  26. (Offb 21,15 EU).
  27. Das Thema ist behandelt bei M. Smith: Prudentius’ Psychomachia. A Reexamination. Princeton/New Jersey 1976, Chapter III: Salvation History and Soul, S. 168ff.
  28. Liste von Vergilzitaten bei Ch. Schwen: Vergil bei Prudentius. (Diss.) Leipzig 1937 und neuerdings einschließlich der übrigen augusteischen Literatur M. Lühken: Christianorum Maro et Flaccus. Zur Vergil- und Horazrezeption des Prudentius. (Diss.) Göttingen 2002 (Hypomnemata 141). Interpretationen zur Rezeption heidnischer Texte bei S. G. Nugent: Allegory and Poetics. The Structure and Imagery of Prudentius’ „Psychomachia“. Frankfurt a. M. u. a. 1985.
  29. (Gal 4,21-31 EU) zu (Gen 21,1-21 EU).
  30. Zur Vorgeschichte der Lasterkataloge M.W. Bloomfield, The Seven Deadly Sins. Michigan 1952.
  31. Tertullian, De spectaculis 29,5.
  32. Augustinus, Civitas Dei, 18,51.
  33. Gennadius, De viris illustribus (Migne, Patrologia Latina, Bd. 58, Paris 1862, 1067).
  34. Helen Woodruff: The Illustrated Manuscripts of Prudentius. Cambridge, Mass.: Harvard UP, 1930, S. 34f. und passim; zu den hier abgebildeten Handschriften, S. 38f.
  35. Bildkommentierungen einer Arbeitsgruppe der University of Vermont
  36. Geschichte und Architektur der Kapelle
  37. Siehe Jennifer O'Reilly: Studies in the Iconography of the Virtues and Vices in the Middle Ages (American University Studies, 9, 29). New York 1988.
  38. Hierzu ausführlich Adolf Katzenellenbogen: Allegories of the Virtues and Vices in Medieval Art (Studies of the Warburg Institute 10), New York 1939, S. 75–84.
  39. Nach wie vor maßgeblich ist die Disserationsschrift, Christian Gnilka: Studien zur Psychomachia des Prudentius. Wiesbaden 1963 (Klassisch-philologische Studien, 27; zugleich Diss. Bonn). Gesammelte Aufsätze zu Prudentius in Prudentiana, Bd. 1: Critica, Bd. 2: Exegetica, Bd. 3: Supplementum, München 2000-2003.

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