Western (Malta) und Sigmund Freud: Unterschied zwischen den Seiten
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[[Bild:Sigmund Freud-loc.jpg|200px|thumb|Sigmund Freud]] |
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'''Western''' ist ein Distrikt der Republik [[Malta]]. |
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[[Bild:Wien-FreudHaus-Berggasse.JPG|200px|thumb|Freuds langjährige Wohn- und Arbeitsstätte: Berggasse 19 in Wien]] |
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'''Sigmund Freud''' (* [[6. Mai]] [[1856]] in [[Příbor|Freiberg (Mähren)]] (''Příbor''); † [[23. September]] [[1939]] in [[London]]; ursprünglich ''Sigismund Schlomo Freud'') war ein bedeutender [[Österreich|österreichischer]] [[Arzt]] und [[Tiefenpsychologie|Tiefenpsychologe]], der als Begründer der [[Psychoanalyse]] und als [[Religionskritik]]er Bekanntheit erlangte. Seine Theorien und Methoden – so das [[Freie Assoziation|Freie Assoziieren]] vor allem im Zusammenhang mit der [[Traumdeutung]] – werden noch heute kontrovers diskutiert. Freud gilt als einer der einflussreichsten [[Denker]] des 20. Jahrhunderts. |
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== Leben == |
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*Fläche: 72,85 km² |
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*Einwohner: 55.419 <small>(31. Dezember 2004)</small> |
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*Bevölkerungsdichte: 761 E./km² |
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=== Kindheit und Jugend === |
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Freud wird als Sohn [[Judentum|jüdischer]] Eltern geboren, deren Vorfahren im 14./15. Jahrhundert infolge von [[Judenverfolgungen]] aus [[Köln]] nach [[Freiberg (Mähren)|Freiberg]] gekommen waren. Obwohl Freud später [[Atheismus|Atheist]] wurde, hat er stets die Bedeutung des Judentums für sich betont. |
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Sein Vater, der Wollhändler Kallamon Jacob Freud (1815–1896), ist bei Sigmunds Geburt schon fast vierzig Jahre alt und in dritter Ehe mit Amalia Freud (1835–1930; geborene ''Nathanson'') verheiratet. Freud hat zwei ältere Halbbrüder aus den früheren Ehen seines Vaters sowie sieben jüngere leibliche Geschwister. Als Kallamon Jacob Freuds bis dahin florierendes Geschäft in der [[Wirtschaftskrise von 1857|1857 einsetzenden Wirtschaftskrise]] bankrott geht, bedeutet dies für die bis dahin wohlhabende Familie den sozialen Abstieg. 1859 zieht sie aus wirtschaftlichen Gründen zunächst nach Leipzig und kurze Zeit später nach Wien. Dort wird Freud 1865 ins [[Leopoldstadt|Leopoldstädter]] ''Communal-Realgymnasium'' aufgenommen. Freud ist ein hervorragender Schüler und besteht dort die [[Matura]] 1873 mit Auszeichnung. |
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==Gemeinden== |
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(Einwohner am 31. Dezember 2004) |
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*[[Attard]] (9.908) |
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*[[Balzan]] (3.589) |
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*[[Dingli]] (3.032) |
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*[[Iklin]] (3.416) |
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*[[Lija]] (2.618) |
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*[[Mdina]] (397) |
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*[[Mtarfa]] (1.651) |
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*[[Rabat (Malta)]] (11.750) |
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*[[Siggiewi]] (7.755) |
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*[[Żebbuġ]] (11.303) |
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Nach anfänglichen Plänen, [[Jurisprudenz|Jura]] zu studieren, [[Immatrikulation|immatrikuliert]] er sich 1873 an der medizinischen Fakultät der [[Universität Wien]]. 1876 befasst er sich während eines Forschungs[[stipendium]]s an der [[Zoologie|Zoologischen]] Versuchsstation in [[Triest]] u. a. mit Untersuchungen zum [[Hoden]] des [[Aalartige|Aals]]. Im selben Jahr wechselt er in Wien an das [[Physiologie|Physiologische]] Institut unter [[Ernst Wilhelm Brücke]]. |
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[[Kategorie:Malta]] |
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1879 tritt er seinen einjährigen Militärdienst an und [[Promotion (Doktor)|promoviert]] 1881 mit dem Thema „Über das Rückenmark niederer Fischarten“ zum Doktor der Medizin. |
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=== Wirken als Arzt === |
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[[1882]] tritt Freud eine Stelle im [[Allgemeines Krankenhaus der Stadt Wien|Wiener Allgemeinen Krankenhaus]] unter [[Theodor Meynert]] an, die er bis 1885 innehat. 1884-87 befasst er sich mit Forschungen bezüglich [[Kokain]]. Die Studie „Über Coca“ erscheint nach Selbstexperimenten. Der Versuch, einen morphiumsüchtigen Freund mit Kokain zu heilen, misslingt, was Freud jedoch nicht in seinen Publikationen zugibt, sondern nur in privaten Briefen an seine Verlobte [[Martha Bernays]], die der Freud-Biograph [[Ernest Jones]] auswerten konnte. Freuds inzwischen vollständig veröffentlichte Korrespondenz mit [[Wilhelm Fließ]] bestätigt, dass Freud selbst über längere Zeit in hohem Maß Kokain genommen hat. |
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Während einer Studienreise nach [[Paris]] 1885 besucht er u. a. die psychiatrische Klinik am [[Hôpital Salpêtrière]], wo [[Jean-Martin Charcot]] wirkt, ein als „Napoleon der Hysteriker“ bekannter Professor für Pathologische Anatomie, der ihm Anschauungsunterricht über hysterische Fälle und die Auswirkung von [[Hypnose]] und [[Suggestion]] vermittelt. Schon einige Jahre zuvor hatte der junge Freud auch den Arzt [[Josef Breuer]] kennengelernt. Der Fall der „Anna O.“ ([[Bertha Pappenheim]]), die bei Breuer seit 1880 in Behandlung ist, führt zur gemeinsamen Erarbeitung der so genannten „Sprechtherapie“, einer Art Vorstufe der Psychoanalyse. |
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Nach seiner [[Habilitation]] 1885 erhält Freud im September eine Privatdozentur für [[Neuropathologie]] an der Universität Wien. |
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Am 25. April 1886 lässt er sich als Arzt nieder und leitet die neurologische Abteilung im Ersten Öffentlichen Kinder-Krankeninstitut von [[Max Kassowitz]] bis 1897. Sein im Oktober 1886 gehaltener Vortrag „Über männliche Hysterie“ stößt beim Publikum, der „Gesellschaft der Ärzte“, auf Ablehnung. |
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1889 besucht Freud [[Hippolyte Bernheim]] in [[Nancy]], der Versuche mit der so genannten posthypnotischen Suggestion durchführt. Aus diesen Versuchen schließt Freud, dass es ein Unbewusstes geben müsse, welches verantwortlich für einen Großteil menschlicher Handlungen ist. |
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=== Private Wege === |
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[[Bild:Sigmund-Freud-1907.jpg|thumb|Sigmund Freud – anonyme Fotografie von 1907]] |
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1886 heiratet Freud [[Martha Bernays]], die aus einer angesehenen Rabbiner- und Gelehrtenfamilie stammte. |
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Sie hatten gemeinsam sechs Kinder: |
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* Mathilde (1887–1978) |
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* Jean Martin (1889–1967) |
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* Oliver (1891–1969) |
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* Ernst August (1892–1970) |
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* Sophie (1893–1920) |
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* [[Anna Freud|Anna]] (1895–1982) |
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Den Söhnen gab Freud die Vornamen bedeutender Männer: ''Jean Martin'', nach seinem berühmtesten Lehrer, dem Pariser Hysteriespezialisten [[Jean-Martin Charcot|Charcot]]. ''Oliver'', nach [[Oliver Cromwell|Cromwell]], der [[England]] für die [[Juden]] geöffnet hatte. ''Ernst August'', nach dem Physiologen [[Ernst Wilhelm von Brücke]]. Der Architekt Ernst August Freud (1892-1970) ist der Vater des bedeutenden Porträtmalers [[Lucian Freud]] aus London (* 8. Dezember 1922 in Berlin). |
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Freud hatte zu seinen Söhnen ein eher unterkühltes Verhältnis. Nicht jedoch zu seinen Töchtern, welche ihm nahe standen. Mathilde und Anna, waren ihm auch intellektuell ähnlicher als die Söhne. Er konnte mit ihnen besser diskutieren, tat dies - sie waren schließlich Frauen - letztlich doch nur in Maßen. Er war kein warmherziger, liebevoller Vater, sondern auch für seine Kinder unnahbar. Freud fiel es insgesamt schwer, warmherzige Beziehungen zu Menschen, auch zu Freunden und Kollegen, aufzubauen. |
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1891 zog Freud innerhalb Wiens in die Berggasse 19 um; die Ordination übernahm er von seinem Arztkollegen [[Victor Adler]], dem Begründer der österreichischen Sozialdemokratie. Freud wohnte und wirkte die nächsten 47 Jahre hier. |
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1922 erkrankte Freud an [[Karzinom|Gaumenkrebs]], der sich trotz zweier 1923 durchgeführter Operationen mit Entfernung von Teilen des [[Kiefer (Anatomie)|Kiefer]]s und des [[Gaumen]]s bis zu seinem Tod beständig verschlimmerte. |
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=== Die Entstehung der Psychoanalyse === |
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Von 'Psychoanalyse' spricht Sigmund Freud erstmals im Jahr 1896, als 'dem etwas subtilen Ausforschungsverfahren von Josef Breuer'; Breuer war es in der Behandlung von Bertha Pappenheim angeblich gelungen, deren [[Symptom]]e aufzulösen, indem er Pappenheim die eigentlichen [[Trauma]]tisierungen, die sich hinter ihren Symptomen verbargen, aufspüren und aussprechen ließ. Es ging um die Benennung dessen, was sie tatsächlich an Verletzung, Kränkung, Ekel, Entwertung, Gewalt u.s.w. erlebt hatte, jedoch aufgrund der 'guten Erziehung' nicht benennen durfte. Breuers Vorgehen entsprach ziemlich exakt demjenigen des '[[König Ödipus]]' im Theaterstück von [[Sophokles]]: [[Ödipus]] durchdringt mit großer Aufrichtigkeit am Ende die wahren Zusammenhänge. [[Schiller]] hatte 1797 in einem Brief an [[Goethe]] den 'König Ödipus' eine 'tragische Analysis' benannt, weil aus der Rückschau die Zusammenhänge aufgelöst werden. Breuer schlägt in einem Brief an Freud vor, zur Betonung dieser Parallele das entwickelte Verfahren 'Psychoanalyse' zu benennen. (Der Brief ist, wie viele andere Dokumente über Freud, bis zum Jahr 2113 von der Veröffentlichung ausgeschlossen; die Kenntnis von dessen Inhalt stammt aus einer zuverlässigen Quelle.) |
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Bis zum September 1897 nennt Freud sein Verfahren mehrfach 'Psychoanalyse', hält aber dabei immerhin an dem Prinzip der Breuerschen Behandlung fest, indem er seine Patienten Gewalterfahrungen erforschen und benennen lässt. Jedoch ist er in dieser Zeit sehr einseitig fixiert auf Gewalt [[Sexualität|sexueller]] Natur, konkretisiert zuletzt als Vergewaltigung durch den Vater im Alter zwischen 2 und 8 Jahren. Diesen (extrem einseitigen) Ansatz verwirft er dann im September 1897 (Brief an Fließ) und verkehrt ihn quasi in sein Gegenteil: Jetzt behauptet er, die außer Kontrolle geratenen [[trieb]]haften Wünsche und [[Phantasie]]n des Kindes gegen seine Eltern seien der Ursprung psychischer und psychosomatischer Störungen. Einen Monat später formuliert er gegenüber Wilhelm Fließ nach selbstanalytischen Betrachtungen erstmals die These vom „[[Ödipus-Komplex]]“: er postuliert das Phänomen unbewusster [[Libido|libidinöser]] Bindungen zur eigenen Mutter bei einem gleichzeitigen Rivalitätsverhältnis zum Vater. |
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Im November 1899 erscheint Freuds frühes Hauptwerk, ''Die [[Traumdeutung]]'', vordatiert auf 1900. Es folgen in kurzen Abständen die Schriften ''[[Zur Psychopathologie des Alltagslebens]]'' (1901), ''Der Witz und seine Beziehung zum Unbewussten'' (1905) und ''Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie'' (1905). |
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Zum 1. April 1902 wird Freud zum außerordentlichen Titular-[[Professor]] ernannt. Im gleichen Jahr gründet er die [[Psychologische Mittwochs-Gesellschaft]], aus der 1908 die [[Wiener Psychoanalytische Vereinigung]] hervorgehen wird: [[Alfred Adler]], [[Wilhelm Stekel]] und andere frühe Schüler versammeln sich jede Woche in seiner Wohnung zur Erlernung der neuen Methode und Diskussion. Im Laufe der nächsten Jahre schliessen sich [[Paul Federn]], [[Carl Gustav Jung]], [[Otto Rank]], [[Sándor Ferenczi]] und andere der Gruppe an. |
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1908 beruft Freud den ersten psychoanalytischen Kongress nach [[Salzburg]] ein. Hier kommt es zu einem leisen Eklat: [[Otto Gross]], ein Psychiater, der sich schon seit einigen Jahren öffentlich für Freuds Lehre einsetzt, zieht gesellschaftspolitische Schlussfolgerungen aus ihr. Freud, der sich kurz zuvor in seiner Schrift ''Die 'kulturelle' Sexualmoral und die moderne Nervosität'' konträr geäussert hatte, setzt dem entgegen, dass dies nicht Aufgabe von Ärzten sei, und sorgt dafür, dass Gross aus der Gruppe gedrängt und aus ihren Annalen getilgt wird. <ref>Bernd A. Laska: ''Otto Gross zwischen Max Stirner und Wilhelm Reich.'' In: Raimund Dehmlow & Gottfried Heuer, Hg.: 3. Internationaler Otto-Gross-Kongress. Marburg: LiteraturWissenschaft.de 2003, S. 125-162 ([http://www.lsr-projekt.de/gross.html#k4.1 Online-Version])</ref> 1910 gründet Freud die „[[Internationale Psychoanalytische Vereinigung]]“ (IPV), es folgen 1911 die „amerikanische psychoanalytische Vereinigung“ sowie 1919 die „britische psychoanalytische Vereinigung“. |
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1913 erscheint die Schrift [[Totem und Tabu]], in der sich Freud mit dem kulturgeschichtlichen Phänomen des [[Inzestverbot]]s auseinandersetzt. |
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1917 stellt er im 18. Kapitel der „Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse“ seine Entdeckung der Macht des [[Unbewusstes|Unbewussten]] in eine Reihe mit den Theorien von [[Kopernikus]] und [[Darwin]] und bezeichnet alle drei Theorien als [[Kränkungen der Menschheit]]. |
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=== Religionskritiker Freud === |
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Bereits während seiner Arbeiten an der Psychoanalyse begründet Freud eine darauf aufbauende Religionskritik (psychoanalytischer Atheismus). Er bezeichnet sich selbst als einen Feind der Religion „in jeder Form und Verdünnung“ und reiht sich somit als Religionskritiker in die Tradition [[Ludwig Feuerbach]]s (dessen Thesen er als seine philosophische Grundlage ansieht) und [[Karl Marx]]' ein. |
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Deren philosophischen und gesellschaftlichen Ansätze ergänzt Freud mit einem psychologischen Schwerpunkt, welcher Religion als Zwangs[[neurose]] erklärt. Hierbei argumentiert er [[Anthropologie|anthropologisch]], [[Ontogenese|ontogenetisch]] und [[Phylogenese|stammesgeschichtlich]]: |
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Das anthropologische Argument definiert die Religion als infantiles (= kindliches) Abwehrverhalten gegen die menschliche Unterlegenheit: der Mensch habe die Naturkräfte personalisiert und zu schützenden Mächten erhoben. Somit helfen sie ihm in seiner Hilflosigkeit. Das zugrundeliegende Verhaltensmuster knüpfe an die frühkindliche Erfahrung der schützenden Eltern, besonders die des Vaters, an. |
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Auf die frühkindlichen Erfahrungen geht auch Freuds ontogenetischer Ansatz ein: Das [[Ambivalenz|ambivalente]] Verhältnis des Kindes gegenüber dem Vater setzt sich im Glauben des Erwachsenen fort. Er erkennt, dass er auch als solcher sich nicht völlig gegen fremde Übermächte wehren kann, weswegen er seinen Schutz im Gottesglauben sucht. Die Götter fürchtet er, trotzdem überträgt er ihnen seinen Schutz. |
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Das Motiv der Vatersehnsucht setzt sich bei der stammesgeschichtlichen Erklärung fort. Freud setzt bei der Urhorde nach [[Charles Darwin]] an, deren Stammesvater als absoluter Despot von den Söhnen sowohl verehrt als auch gehasst wurde, insbesondere aufgrund seines Anspruches, alle Frauen der Horde zu besitzen. Aus Eifersucht hätten sie ihr Oberhaupt gemeinsam umgebracht ([[Ödipuskomplex]]). Eine Nachfolge sei aufgrund der gegenseitigen Blockade ihres Feindes und gleichzeitigen Ideals nicht möglich gewesen. |
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Als Gemeinschaft sollen sie sich auf eine Satzung verständigt haben, die ähnliche Taten ausschließen sollte und den Besitz der Frauen aufgeschlossen habe, sodass lediglich Frauen fremder Stämme und Sippen geheiratet wurden ([[Exogamie]]). Anschließende Mahlzeiten sollen an den vorangegangenen Mord erinnern. Das Schuldbewusstsein der gesamten Menschheit („[[Erbsünde]]“) sei somit der kulturbewahrende Anfang sozialer Organisation, Religion sowie sittlicher Beschränkung. |
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=== Freud und Jung === |
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[[Bild:Hall Freud Jung in front of Clark 1909.jpg|thumb|Gruppenphoto 1909 vor der [[Clark University]]. Vorne: Sigmund Freud, [[Granville Stanley Hall]], [[C. G. Jung]]. Hinten: [[Abraham A. Brill]], [[Ernest Jones]], [[Sandor Ferenczi]].]] |
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1906 tritt Freud in einen Briefwechsel mit seinem Fachkollegen [[Carl Gustav Jung]] ein. Bei einem Treffen 1907 reden beide 13 Stunden lang ohne Unterbrechung. Freud möchte in Jung seinen „Kronprinz“ sehen, schon deshalb, damit man seine ohnehin stark angefeindete Lehre nicht als eine jüdische Angelegenheit abtun kann. 1909 reist Freud mit Jung und Ferenczi auf Einladung dortiger Interessenten an seiner Lehre in die USA. 1910 wird Jung zum Präsidenten der Internationalen Psychoanaytischen Vereinigung gewählt. 1914, nachdem sich schon 1911 |
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Adler von Freud getrennt hatte, kommt es auch zum Bruch mit Jung. Freud veröffentlicht seine Sicht der beiden Trennungen in der Schrift ''Zur Geschichte der psychoanalytischen Bewegung''. |
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=== Auf dem Höhepunkt des Schaffens === |
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In den zwanziger Jahren erscheinen zahlreiche von Freuds zentralen Werken, die seinen internationalen Ruhm als Psychoanalytiker begründen. Zu nennen sind insbesondere: |
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* „[[Jenseits des Lustprinzips]]“ (1920), in dem die Begriffe „[[Wiederholungszwang]]“ und „[[Todestrieb]]“ eingeführt werden |
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* „[[Massenpsychologie und Ich-Analyse]]“ aus dem Jahr 1921 |
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* „[[Das Ich und das Es]]“ von 1923 |
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* „[[Die Zukunft einer Illusion]]“ von 1927, das Freuds kulturtheoretisch-religionspsychologischen Werke einleitet |
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* [[Das Unbehagen in der Kultur]] von 1930 |
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1930 verleiht die Stadt [[Frankfurt am Main|Frankfurt]] Freud – auch gegen Protest – den [[Goethepreis der Stadt Frankfurt|Goethepreis]], 1935 wird er Ehrenmitglied der British Royal Society of Medicine. |
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Zu Freuds 80. Geburtstag hält [[Thomas Mann]] 1936 den Festvortrag „Freud und die Zukunft“. |
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=== Verfolgung, Emigration und Tod im Exil === |
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Nach der [[Machtergreifung]] der Nationalsozialisten in Deutschland fielen auch Freuds Werke der [[Bücherverbrennung 1933 in Deutschland|Bücherverbrennung]] vom Mai 1933 anheim. Ein Jahr später wurde in Österreich die Demokratie in einen klerikofaschistischen [[Ständestaat]] transformiert. Freud scheint die Gefahr, die ihm drohte, nicht wirklich wahrgenommen zu haben. Er meinte zunächst, der reaktionäre Katholizismus in Österreich sei der damals beste Schutz gegen die Nazis. In Verkennung des Ernstes der Lage ließ er sich sogar zwecks Fortbestand der Psychoanalyse in Deutschland auf allerlei organisatorische Kompromisse mit den Nazis ein. <ref>vgl. Hans-Martin Lohmann, Joachim Pfeiffer (Hg.): Freud-Handbuch. Stuttgart, Weimar: Metzler 2006, S. 72-73</ref> |
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In dieser Zeit verschärfte sich auch Freuds Konflikt mit [[Wilhelm Reich]], der als Psychoanalytiker und Kommunist öffentlich gegen den Nationalsozialismus auftrat. Freud ließ Reich 1934 aus der [[Internationale Psychoanalytische Vereinigung|Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung]] ausschließen. Ob dies sozusagen als „Bauernopfer“ zwecks ''appeasement'' der Nazis geschah, wie einige Historiker meinen, <ref>Karl Fallend, Bernd Nitzschke (Hg.): ''Der 'Fall' Wilhelm Reich.'' Frankfurt/Main: Suhrkamp 1997</ref> oder doch primär aus „wissenschaftlichen Gründen“, wie Freud selbst – allerdings nur in einem privaten Brief – angab, blieb bislang ungeklärt. <ref>[Wilhelm Reich:] Der Ausschluß Wilhelm Reichs aus der Internationalen Psychoanalytischen Gesellschaft. In: Zeitschrift für Politische Psychologie und Sexualökonomie, Band 2 (1935), Heft 1 (5), S. 54-61 ([http://www.lsr-projekt.de/zpps/zpps5.html#ausschluss Online-Version]); vgl. a. Bernd A. Laska: [http://www.lsr-projekt.de/wrfreud.html Sigmund Freud contra Wilhelm Reich]</ref> |
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Nach dem [[Anschluss (Österreich)|Einmarsch]] der deutschen Truppen in Österreich am 12. März 1938 und dem Verhör seiner Tochter Anna durch die [[Gestapo]] emigriert Freud am 4. Juni 1938 nach London, wo er ein Haus im Stadtteil [[Hampstead (London)|Hampstead]] kauft (20 Maresfield Gardens). |
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Vier seiner fünf Schwestern, Regine Debora (Rosa), Marie (Mitzi), Esther Adolfine (Dolfi) und Pauline Regina (Paula) blieben in Wien zurück. Nach gescheiterten Versuchen, auch ihnen die Flucht zu ermöglichen, wurden sie von den Nationalsozialisten in [[Konzentrationslager]]n inhaftiert und dort ermordet. |
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Am 23. September 1939 um 3 Uhr morgens stellt Freuds [[Hausarzt]] Dr. Schur nach einer von Freud gewünschten tödlichen Dosis [[Morphium]] dessen Tod fest. |
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=== Erbe === |
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Freuds Arbeit wurde u. a. von seiner Tochter, der Volksschullehrerin und Kinderanalytikerin [[Anna Freud]], weitergeführt. Er gilt als Begründer der modernen Psychoanalyse und hat Einfluss auf nahezu alle Vertreter dieses Fachs ausgeübt. Die heutige Psychoanalyse zeichnet sich durch eine Pluralität der Konzepte und Konstrukte aus. In psychoanalytischen Diskussionen und Veröffentlichungen ist es Usus sich auch bei abweichenden Vorstellungen auf das Werk Freuds als gemeinsame Referenz zu beziehen. Auf diese Weise haben Freuds Schriften trotz zahlreicher Korrekturen, Modifikationen und Weiterentwicklungen auch heute noch eine hohe Bedeutung. |
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1964 wurde in Frankfurt ein Sigmund-Freud-Institut gegründet. Ein ''[[Sigmund-Freud-Museum Wien|Sigmund-Freud-Museum]]'' wurde [[1971]] in Freuds alter Wohnung in der Berggasse 19 in [[Wien]] eröffnet. Im Londoner Freud-Museum, welches nach seinem Tod von seiner Tochter Anna eröffnet wurde, befindet sich die Mehrzahl von Freuds Büchern, Sammlungsstücken und Möbeln (einschließlich der berühmten Couch). |
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Auch wurde in den 1990er Jahren der 1874 errichtete Feldhof in [[Graz]] in „[[Landesnervenklinik Sigmund Freud]]“ umbenannt; dabei handelt es sich um eine Einrichtung für Menschen mit psychischen, neurologischen und psychosomatischen Erkrankungen. |
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2005 wurde die nach ihm benannte [[Sigmund Freud PrivatUniversität Wien]] gegründet. An dieser Universität wird weltweit zum ersten Mal die Psychotherapiewissenschaft als Vollstudium angeboten. |
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== Werk == |
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Freud erforschte zunächst die [[Hypnose]] und deren Wirkung, um [[Psyche|psychisch]] kranken Personen zu helfen. |
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Später wandte er sich von dieser Technik ab und entwickelte eine Behandlungsform, die u. a. auf [[Freie Assoziation|freien Assoziationen]] und [[Traumdeutung]] beruhte, um die [[Seele|seelische]] Struktur des Menschen zu verstehen und zu behandeln ([[Psychoanalyse]]). Nach ihm ist der „[[Freudscher Versprecher|freudsche Versprecher]]“ als offensichtlichstes Beispiel einer [[Fehlleistung]] benannt. |
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[[Bild:Instanzenmodell Freud.png|thumb|360px|der psychische Apparat nach Freud]] |
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Um zu erklären, wie die menschliche [[Psyche]] funktioniert, entwickelte Freud eine damals ungewöhnliche Technik, bei der er seine Patienten und deren freie Assoziationen ''analysierte'' und [[Hermeneutik|hermeneutisch]] (textauslegend) deutete. Aus diesen Beobachtungen und Deutungen entwickelte er seine Idee der dreiteiligen psychischen Struktur. Seinem Vorschlag zufolge setzt sich die Struktur der Psyche eines Menschen aus drei Teilen (Instanzen) zusammen, dem ''[[Es (Psychoanalyse)|Es]]'', dem ''[[Ich]]'' und dem ''[[Über-Ich]]''. Er vertrat die Ansicht, dass ca. 90 % der menschlichen Entscheidungen unbewusst motiviert sind und nur ein geringer Teil „sichtbar“ ist. |
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Sein „'''[[Drei-Instanzen-Modell]]'''“ der Psyche entwickelte Freud in zwei Schritten. So veröffentlichte er im Laufe seiner Forschungen verschiedene topische Modelle über die Struktur und die [[Dynamik]] des psychischen Apparates. |
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=== Ich, Es und Über-Ich === |
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In der ersten Topik unterschied er das „Bewusste“ vom größeren und einflussreicheren „Unbewussten“ und legte dar, wie das Unbewusste das Bewusstsein beeinflusst. In der zweiten Topik, die er vor allem in seiner Schrift ''Das Ich und das Es'' (1923) entwickelte, beschrieb Freud erstmals seine Theorie über das ''Es'', das ''Ich'' und das ''Über-Ich''. |
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*Dabei tritt das '''Es''' an die Stelle des Unbewussten. Es bildet das triebhafte Element der Psyche und kennt weder Negation noch Zeit oder Widerspruch. Damit bezeichnet Freud jene psychische Struktur, in der die Triebe (z. B. Essen, Sexualtrieb), Bedürfnisse und Affekte (Neid, Hass, Vertrauen, Liebe) gründen. Die Triebe, Bedürfnisse und Affekte sind auch Muster (psychische „Organe“), mittels denen wir weitgehend unwillentlich bzw. unbewusst wahrnehmen und unser Handeln leiten. |
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*Das '''Ich''': Randgebiet des „Es“; bezeichnet jene psychische Strukturinstanz, die mittels des selbstkritischen Denkens und mittels kritisch-rational gesicherter Normen, Werte und Weltbild-Elementen realitätsgerecht vermittelt „zwischen den Ansprüchen des Es, des Über-Ich und der sozialen Umwelt mit dem Ziel, psychische und soziale Konflikte konstruktiv aufzulösen (= zum Verschwinden zu bringen).“ ''([[Rupert Lay]], ''Vom Sinn des Lebens'', 212)'' |
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** Denken, Erinnern, Fühlen, Ausführen von Willkürbewegungen; |
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** Vermittler zwischen impulsiven Wünschen des Es und dem Über-Ich; |
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** sucht nach rationalen Lösungen |
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** ist zum größten Teil bewusst |
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*Das '''Über-Ich''' bezeichnet jene psychische Struktur, in der die aus der erzieherischen Umwelt verinnerlichten Handlungsnormen, Ich-Ideale, Rollen und Weltbilder gründen. |
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** „Gewissen“ |
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** moralische Instanz, Wertvorstellungen |
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** Gebote und Verbote der Eltern und subjektiv empfundene Autoritäten dienen als Vorbild |
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** Vorstellungen von Gut und Böse |
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** der Gegenpart zum ''Es'' |
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Das ''Ich'' und das ''Über-Ich'' entstehen aus dem ''Es''. Die verdrängenden Vorstellungen werden dem ''Über-Ich'' zugeschrieben. Es ist ein Teil des ''Ich'' und beurteilt die Gedanken, Gefühle und Handlungen des Ich. Das ''Über-Ich'' entsteht nach Freud mit der Auflösung des [[Ödipuskomplex|Ödipus-Komplexes]] (ca. im 5. Lebensjahr). Nach Freud entsteht ein Großteil der Motivation menschlichen Verhaltens aus dem unbewussten Konflikt zwischen den triebhaften Impulsen des ''Es'' und dem strengen bewertenden ''Über-Ich'' (vgl. die Konzepte zur [[Abwehrmechanismus|Abwehr]] & [[Sublimierung]]). Nach Freud unterliegen auch manche Aspekte der [[Gesellschaft (Soziologie)|Gesellschaft]] einer solchen [[Trieb]]dynamik. |
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=== Entwicklungsmodell der Psyche === |
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Nach den ersten Lebensmonaten erfahre ein Neugeborenes immer deutlicher, dass es von Dingen und anderen Menschen unterschieden sei. Es entwickele ein erstes Bewusstsein von den eigenen Körpergrenzen und Selbstgefühlen. „In den folgenden vier Lebensjahren lernt ein Kind (vorsprachlich und deshalb auch unbewusst) die Fragen zu beantworten: 'Wer bin ich?' – 'Was kann ich?' und somit sein Selbstbewusstsein auch inhaltlich zu füllen.“<ref>([[Rupert Lay]], Ethik für Wirtschaft und Politik, 68)</ref> Um das Es herum wird also eine Zone aufgebaut, die man als ''frühes Ich'' bezeichnen kann. Das frühe Ich, das sich wie eine Hülle um das Es legt, wird somit von den frühen Körperrepräsentanzen und den frühen Selbstrepräsentanzen gebildet. Die frühen Körperrepräsentanzen seien die kindlich grundgelegten Bewusstseins- und Gefühlsinhalte über Körperbereiche. Zu den frühen Selbstrepräsentanzen zählen die kindlich grundgelegten Bewusstseins- und Gefühlsinhalte bezüglich der eigenen Person. Sie bestimmten den Sozialcharakter und all unsere später erworbenen Selbstvorstellungen (wer wir sind, was wir fürchten und erhoffen, was wir uns zutrauen…) auf unterschiedliche Weise mit. |
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Diese Theorien werden heutzutage von den [[Kognitionswissenschaft|kognitiven Neurowissenschaften]] herausgefordert. |
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=== Gesellschaftliche Wertung und Kritik === |
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Es ist Sigmund Freuds großer Verdienst, die Bedeutung der Subjektivität (Persönlichkeit, Gefühle, Konflikte) und des Unbewussten wissenschaftlich nachgewiesen zu haben. Darüber hinaus begründete er eine neue medizinische Disziplin und stellte grundlegende therapeutische Vorgehensweisen vor, die heute in abgewandelter Form in der psychotherapeutischen Behandlung der Neurosen und Psychosen eingesetzt werden. Die [[Psychoanalyse]] wird von vielen Anhängern als eine umfassende Theorie betrachtet, die das komplexe menschliche Erleben und Handeln erschöpfend beschreiben und erklären kann. |
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Die Freudschen Theorien sind nichtsdestoweniger auch zahlreichen Kritikpunkten ausgesetzt. Vorausgeschickt werden sollte hierbei aber, dass die Psychoanalyse in ihrer modernen Form in vielfältige Richtungen weiterentwickelt wurde und nicht mehr in allen Punkten mit den Freudschen Auffassungen übereinstimmt. Zu erwähnen sind die psychoanalytische Theorie [[Jacques Lacan]]s, die durch [[Melanie Klein]] v.a. in Großbritannien verbreitete [[Objektbeziehungstheorie]], die [[Selbstpsychologie]] von [[Heinz Kohut]] und die in den USA vorherrschende [[Ich-Psychologie]]. Fakt ist aber auch, dass zahlreiche und vor allem zentrale Annahmen der Psychoanalyse empirisch nicht bestätigt werden konnten, so beispielsweise auch der Ödipuskomplex als zentrales Modell der Entwicklungskrise der Kindheit und der [[Infantile Sexualität nach Freud|kindlichen Sexualität]]. Beim Ödipuskomplex handelt es sich nicht um eine universelle Entwicklungsphase, sondern bestenfalls um eines von vielen kindlichen Entwicklungsmustern. Dieses Sammelsurium an Irrtümern und Fehlinterpretationen zieht sich durch die gesamte Geschichte der Psychoanalyse. |
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So wurde z. B. die Existenz eines [[Todestrieb]]s nicht nur von Wissenschaftlern anderer Fachgebiete, sondern auch von den meisten PsychoanalytikerInnen angezweifelt, andererseits von dem Soziologen [[Franz Borkenau]] zum Ausgangspunkt einer Theorie der Dynamik der Kulturen ausgebaut. Auch die klassische Triebtheorie, welche von einem Antagonismus zwischen Libido und Aggression ausging, wurde um zusätzliche menschliche Grundbedürfnisse, wie z. B. Bindung, Individuation und Exploration erweitert. Der Pansexualismusvorwurf, welcher ''in nuce'' besagt, die Psychoanalyse führe alles auf Sexualität zurück, übersieht zum einen, dass Freud einen sehr viel umfassenderen Begriff von „Sexualität“ als wir heute hatte, und zum anderen, dass die Sexualtheorie in manchen Versionen der modernen Psychoanalyse nur eine Randstellung innehat. |
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*Für positivistisch orientierte Wissenschaftler sind die Aussagen Freuds zu wenig 'wissenschaftlich' fundiert, d. h. [[Empirie|empirisch]]. So ist auch festzustellen, dass zahlreiche Versuche die Annahmen der Psychoanalyse empirisch zu überprüfen, gescheitert sind. |
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*Eine ähnliche Kritik an der Psychoanalyse besagt, dass sie nicht in hinreichendem Maße (natur-)[[wissenschaft]]lich formuliert sei, um überhaupt empirisch überprüfbar zu sein. |
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Das vielleicht größte und ungelöste Problem der Theorie Freuds ist, dass er sich oft, manchmal sogar in derselben Publikation, widerspricht. Z. B. in seiner „Traumdeutung“, die immer noch als einer der Eckpfeiler der Psychoanalyse und als eine seiner am wenigsten umstrittenen Beiträge gilt, behauptet er kategorisch, dass alle Träume immer auf infantilen Wünschen beruhen und meistens sexuell motiviert sind. Gleichzeitig sind seine Beispiele und Deutungen (vor allem eigener Träume) oft (fast ausschließlich) weder infantil noch sexuell motiviert ([http://ppfi.de/buchbesp/freud00.htm S. 327] und passim im Wiederabdruck der 1. Auflage). |
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Freuds Werk zeigt deutliche Prägungen seiner Kindheits- und Jugendzeit im bürgerlichen Wien des ausgehenden [[19. Jahrhundert]]s und seiner [[Humanismus|humanistischen]] Bildung. So benennt er viele innerpsychische [[Komplex (Psychologie)|Komplexe]] nach Vorbildern der griechischen Mythologie. Manche seiner Beschreibungen über den Zwiespalt zwischen den triebhaften und als bedrohlich erlebten Impulsen des ''Es'' auf der einen und den harten moralischen Vorgaben des ''Über-Ich'' auf der anderen Seite, werden aus heutiger Sicht als Ausdruck des damals vorherrschenden gesellschaftlichen Anspruchs verstanden. |
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Seine Theorien und später auch seine Behandlungsmethoden erregten im Laufe der Zeit zunehmend Aufsehen, so dass er im Laufe der Zeit auch andere Ärzte in seiner [[Psychoanalyse]] ausbildete. Unter ihnen war auch [[Carl Gustav Jung|C.G. Jung]], der sich später von seinem Lehrer abwandte und mit der [[Analytische Psychologie|analytischen Psychologie]] eine veränderte Form der Psychoanalyse entwickelte. |
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Freuds Aussagen zum Thema '''sexuellen Missbrauchs''', auf das er in seinen Analysen immer wieder durch Erinnerungen, Träume und andere Hinweise seiner Patientinnen gestoßen war, wurden von Anfang an kritisiert. Er ordnete die Aussagen seiner Patientinnen in späteren Veröffentlichungen als 'ödipal gefärbte Wunschphantasien' ein. Seit im Verlauf der 90er Jahre das Thema Kindesmissbrauch und [[Posttraumatische Belastungsstörung]] verstärkt in das öffentliche Interesse rückte wurde diese These leidenschaftlich bekämpft. Aber gerade in diesem Punkt unterscheidet sich die Psychoanalyse von anderen Theorien: unbewussten sexuellen Phantasien, Vorstellungen und Wünschen wird kein geringerer Stellenwert eingeräumt als manifesten Erlebnissen. |
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Eine der meist bezweifelten Theorien Freuds ist die vom so genannten „[[Penisneid]]“: Dieser stehe in der psychischen Entwicklung von Mädchen symmetrisch der [[Kastrationsangst]] der Jungen gegenüber. In Freuds Analysen ergab sich ihm, dass psychisch fehlgeleitete Handlungen von Frauen oft auf die mangelhafte psychische Verarbeitung der Beobachtung zurückgingen, dass ihnen der Penis eines Jungen unerreichbar fehle, woraus ein Gefühl des [[Neid]]es resultiere. (Dabei verkannte die Kritik nicht selten, dass „Neid“ etwas ganz anderes als „[[Habsucht]]“ beschreibt.) |
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Obwohl Freuds Theorien und Behandlungsmethoden in späteren Jahrzehnten von anderen [[Arzt|Ärzten]] und [[Psychotherapeut]]en immer wieder kritisiert worden sind, wird sein Beitrag zum Verständnis des menschlichen Erlebens und Handelns meistens als außergewöhnliche Leistung eingeordnet. Viele der von ihm geprägten Begriffe wie „das [[Unterbewusstsein|Unbewusste]]“ oder der [[Ödipuskomplex]] sind im Laufe der Jahre in den allgemeinen Sprachgebrauch übernommen worden. |
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=== Veröffentlichungen (Auswahl) === |
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*1887 Studie ''Über Coca'' [http://vlp.mpiwg-berlin.mpg.de/library/data/lit29488 Digitalisat] |
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*1893 ''Über den psychischen Mechanismus hysterischer Phänomene'' zusammen mit Breuer. |
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*1895 ''Entwurf einer Psychologie'' (Manuskript; gemeinsam mit Josef Breuer) |
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*1895 ''Studien über [[Hysterie]]''. |
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*1896 ''Zur Ätiologie der Hysterie'' (Aufsatz; erste Verwendung des Begriffes „Psychoanalyse“) |
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*1900 ''Die [[Traumdeutung]]'' |
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*1904 ''[[Zur Psychopathologie des Alltagslebens]]'' |
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*1905 ''Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie'' (vgl. dazu den Artikel [[Infantile Sexualität nach Freud]]) |
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*1908 ''Die 'kulturelle' Sexualmoral und die moderne Nervosität'' |
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*1913 ''[[Totem und Tabu]]'' |
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*1914 ''Zur Geschichte der psychoanalytischen Bewegung'' |
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*1915 ''Zeitgemäßes über Krieg und Tod'' |
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*1916 ''Trauer und Melancholie'' |
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*1917 ''Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse'' |
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*1920 ''Jenseits des Lustprinzips'' |
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*1921 ''[[Massenpsychologie und Ich-Analyse]]'' |
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*1923 ''Das Ich und das Es'' |
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*1925 ''Selbstdarstellung'' |
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*1927 ''[[Die Zukunft einer Illusion]]'' |
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*1930 ''[[Das Unbehagen in der Kultur]]'' |
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*1933 ''Warum Krieg?'' (Briefwechsel mit Albert Einstein) |
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*1933 ''Neue Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse'' |
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*1937 ''Die endliche und die unendliche Analyse'' |
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*1939 ''Der Mann Moses und die monotheistische Religion'' |
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=== Freuds Patienten === |
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[[Bild:Freud_Sofa.JPG|thumb|Die Couch in Freuds Arbeitszimmer, heute Sigmund-Freud-Museum]] |
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Dies ist eine unvollständige Liste von Patienten, deren Behandlungsverlauf von Freud veröffentlicht wurde. Die richtigen Namen wurden durch die angegebenen Pseudonyme ersetzt. |
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*Cäcilie M. = [[Anna von Lieben]] |
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*Dora = Ida Bauer (1882–1945) |
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*Frau Emmy von N. = [[Fanny Moser]] |
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*Fräulein Elizabeth von R. |
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*Fräulein Katharina = Aurelia Kronich |
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*Fräulein Lucy R. |
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*[[Kleiner Hans]] = Herbert Graf (1903–1973) |
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*[[Rattenmann]] = Ernst Lanzer (1878–1914) |
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*[[Wolfsmann]] = Sergius Pankejeff (1887–1979) |
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Veröffentlichte psychoanalytische Beobachtungen an Leuten, die keine Patienten Freuds waren: |
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*[[Anna O.]] = Bertha Pappenheim (1859–1936) |
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*[[Daniel Paul Schreber]] (1842–1911) |
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Weitere Patienten: |
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*[[H.D.]] (1886–1961) |
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*[[Emma Eckstein]] |
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*[[Gustav Mahler]] (1860–1911) |
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=== Verschlusssache Freud === |
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Eine sehr große Sammlung von Originalschriften und Briefen Freuds befindet sich in der Sigmund Freud Collection der Library of Congress in Washington. Aus nicht näher genannten Gründen sind insbesondere Briefe, die Freud verfasst hat, teilweise bis über das Jahr 2060 unter Verschluss. Insbesondere für die Einsicht in Freuds Briefe benötigt man eine Sondergenehmigung des Leiters der Handschriftenabteilung nach Ansprache mit den Sigmund Freud Archives in New York, welche aber nur in Ausnahmefällen erteilt wird. Für eine Reihe von Briefen gibt es nicht einmal ein Freigabedatum, siehe |
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[http://lcweb2.loc.gov/service/mss/eadxmlmss/eadpdfmss/2004/ms004017.pdf]. |
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Problematisch erscheinen die Schriften Freuds insbesondere, weil durch deren Veröffentlichung Korrekturen und Auslassungen in früheren Veröffentlichungen seiner Schriften offenbart werden, wie z. B. in den 1950 erschienenen Briefen von Freud an [[Wilhelm Fließ]]. In diesen hatten seine Tochter [[Anna Freud]] und [[Ernst Kris]] zahlreiche Retuschen eingebaut, wie Jeffrey Masson im Jahr 1985 nachweisen konnte. |
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== Literatur == |
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=== Schriften === |
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* ''Gesammelte Werke''. 19 Bände mit 8759 Seiten, Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1999, ISBN 3596503000 |
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* ''Studienausgabe in zehn Bänden mit einem Ergänzungsband''. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2000, ISBN 3596503604 |
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* ''Werkausgabe in zwei Bänden''. Bd. 1: Elemente der Psychoanalyse; Bd. 2: Anwendungen der Psychoanalyse. Herausgegeben und mit Kommentaren versehen von Anna Freud und Ilse Grubrich-Simitis. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2006, ISBN 3596172160 |
|||
* ''Das Ich und das Es. Metapsychologische Schriften''. Einl. v. Alex Holder. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1992, ISBN 3596104424 |
|||
* ''Die Traumdeutung''. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1991, ISBN 359610436X |
|||
* ''Abriss der Psychoanalyse. Einführende Darstellungen''. 9. Auflage, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2002, ISBN 3596104343. |
|||
* ''Hemmung, Symptom und Angst''. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 1992, ISBN 3596104432 |
|||
* ''Schriften über Liebe und Sexualität''. 4. Auflage, Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3596104416 |
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* ''Neue Folgen der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse''. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1991 |
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* ''Das Lesebuch''. Fischer Verlag, Frankfurt am Main März 2006 (Kommentierte Sammlung der kürzeren Schriften) |
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===Briefe=== |
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* Sigmund Freud, [[Carl Gustav Jung]]: ''Briefwechsel''. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1974 |
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* Sigmund Freud, Briefe 1873 - 1939, Ausgew. u. hrsg. von Ernst u. Lucie Freud. - 3., korrigierte Aufl., - Frankfurt am Main : S. Fischer, 1980 |
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* Sigmund Freud, ''Briefe an Wilhelm Fließ 1887 - 1904. Ungekürzte Ausgabe'', Frankfurt am Main: Fischer 1986 |
|||
* Freud, Sigmund, Brautbriefe : Briefe an Martha Bernays aus d. Jahren 1882 - 1886, Ausgew., hrsg. u. mit e. Vorw. vers. von Ernst L. Freud. - Frankfurt am Main : Fischer-Taschenbuch-Verl., 1988 |
|||
* Sigmund Freud, Max Eitingon. Briefwechsel (1906-1939), edition diskord 2004 |
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* Sigmund Freud, [[Anna Freud]]: ''Briefwechsel''. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2006 |
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=== Zur Biografie === |
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* [[Peter Gay]]: ''Freud''. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3596129133 |
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* Peter Gay: ''Freud – eine Biografie''. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2006, ISBN 3596171709 |
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* Lisa Fischer, Regina Köpl: ''Sigmund Freud. Wiener Schauplätze der Psychoanalyse''. Böhlau Verlag, Wien 2005 |
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* Thomas Lau (Hg.), ''Österreichische Familien. Machthaber, Mimen und Magnaten''. Böhlau Verlag, Wien 2006. ISBN 978-3-205-77543-0. (enthält ein Kapitel über die Familie Freud). |
|||
* [[Georg Markus]]: ''Sigmund Freud. Die Biographie''. LangenMüller Verlag, München-Wien 2006, ISBN: 3784430414 |
|||
* Birgit Lahann: ''Als Psyche auf die Couch kam. Das rätselvolle Leben des Sigmund Freud''. Aufbau Verlag, Berlin März 2006, ISBN 3351026315 |
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* Max Schur: ''Sigmund Freud''. Suhrkamp Verlag, Frankfurt a Main 1982, (Schur war Freuds Arzt) |
|||
* Eva Weissweiler: ''Die Freuds. Biografie einer Familie''. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2006 |
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* Christian Moser: ''Sigmund Freud – Die ganze Wahrheit''. Carlsen Verlag GmbH, Hamburg 2006 |
|||
* Hans-Martin Lohmann: ''Sigmund Freud''. Neuausgabe, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek 2006, ISBN 3-499-50693-9 |
|||
* Linde Salber: ''Der dunkle Kontinent. Freud und die Frauen''. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek 2006, ISBN 3-499-62138-x |
|||
* Irving Stone: ''Der Seele dunkle Pfade – Ein Roman um Sigmund Freud''. Übersetzt aus dem Amerikanischen von Norbert Wölfl, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek 2001, ISBN 3-499-23004-6 |
|||
* Marianne Krüll: ''Freud und sein Vater. Die Entstehung der Psychoanalyse und Freuds ungelöste Vaterbindung.'' Fischer Taschenbuch, Frankfurt, 1992, ISBN 3-596-11078-5 |
|||
* Klaus Schlagmann: ''Ödipus – komplex betrachtet. Männliche Unterdrückung und ihre Vergeltung durch weibliche Intrige als zentraler Menschheitskonflikt. Nebst Ausführungen zu den Problemen des schönen und selbstbewussten Jünglings Narziss. Der Beitrag alter Mythen zur Überwindung eines modernen Irrglaubens.'' Verlag Der Stammbaum und die 7 Zweige, Saarbrücken, 2005, ISBN 3-9805272-3-9 |
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=== Werk, Bedeutung in Psychologie und Medizin === |
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* Micha Brumlik: ''Sigmund Freud. Der Denker des 20. Jahrhunderts''. Beltz Verlag, Weinheim 2006 |
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* Samuel Weber: ''Freud-Legende. Vier Studien zum psychoanalytischen Denken''. Passagen Verlag, Wien 2002 |
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* F.-W. Eickhoff: ''Sigmund Freud. Abriss der Psychoanalyse''. ISBN 3596104343 |
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* Werner Greve und Jeanette Roos: ''Der Untergang des Ödipuskomplexes – Argumente gegen einen Mythos''. Bern 1996 |
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* Han Israels: ''Der Fall Freud. Die Geburt der Psychoanalyse aus der Lüge.''. Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 1999 |
|||
* Thomas Kornbichler: ''Freud – ein bürgerlicher Revolutionär. Seine Gedankenwelt und ihr Einfluss bis heute''. Stuttgart 2006, ISBN 3-7831-2712-2 |
|||
* Hans-Martin Lohmann: ''Sigmund Freud zur Einführung''. 5. Auflage, Junius, Hamburg 2002, ISBN 388506362X. |
|||
* Herbert Selg: ''Sigmund Freud – Genie oder Scharlatan? – Eine kritische Einführung in Leben und Werk''. Stuttgart 2002 |
|||
* Sieglinde Eva Tömmel: ''Wer hat Angst vor Sigmund Freud? Wie und warum die Psychoanalyse heilt''. Frankfurt am Main 2006 |
|||
* Eli Zaretsky: ''Freuds Jahrhundert. Die Geschichte der Psychoanalyse''. Zsolnay Verlag, München 2006 |
|||
* [[Dieter E. Zimmer]]: ''Tiefenschwindel''. Rowohlt Verlag, Reinbek 1990, ISBN 3499187752 |
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=== Zeitschriftenartikel === |
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* Raymond Battegay ''Psychologie: Freud und das Judentum. Ambivalenz und Zugehörigkeit. Freud und seine ambivalente Beziehung zum Judentum sowie seine Einstellung zu den Religionen im Allgemeinen'' in: Aufbau. Das jüdische Monatsmagazin. Mai 2006, {{ISSN|0004-7813}}, S. 6-11 |
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== Quellen == |
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<references/> |
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== Siehe auch == |
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<!-- BITTE NACHFOLGENDE BEGRIFFE LIEBER IM TEXT AN GEEIGNETER STELLE ERWÄHNEN, ALS HIER AUFZUREIHEN! --> |
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<!-- GEGENSÄTZLICHE MEINUNG: NACHFOLGENDE BEGRIFFE IM TEXT UNTERZUBRINGEN, WÜRDE DEN BEITRAG SPRENGEN!--> |
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* [[Triebtheorie]] |
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* [[Eisbergmodell]] |
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* [[Sigmund-Freud-Preis]] |
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* [[Wilhelm Fließ]] |
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* [[Sándor Ferenczi]] |
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* [[Otto Gross]] |
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* [[Wilhelm Reich]] |
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* [[Geschichte der Medizin]] |
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* [[Liste bedeutender Mediziner und Ärzte]] |
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* [[Lucian Freud]] |
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* [[Pansexualismus]] |
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* [[Scham]] |
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* [[Sublimierung]] |
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* [[Überdeterminierung]] |
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* [[Glück]] |
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* [[Freudscher Versprecher]] |
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* [[Freudomarxismus]] |
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== Weblinks == |
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{{Commons|Sigmund Freud|Sigmund Freud}} |
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{{Wikiquote|Sigmund Freud}} |
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* {{PND|118535315}} |
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* {{Gutenberg Name|f#a391|NAME=Sigmund Freud}} (engl.) |
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;Institutionen |
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* [http://www.sfi-frankfurt.de/ Sigmund-Freud-Institut, Frankfurt] |
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* [http://www.freud.org.uk/ Freud Museum, London] |
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* [http://www.freud-museum.at/ Sigmund Freud Museum, Wien] |
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;Darstellungen von Freud und der Psychoanalyse |
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* [http://www.zeit.de/wissen/mensch/freud_150 Themenseite anlässlich Freuds 150. Geburtstag] - [[Die Zeit]] |
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* [http://www.freud2006.de Veranstaltungen in Berlin anlässlich des Freud-Jahres 2006] |
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*[http://www.salus-institut.de/_siegmundfreudzentrum/mensch.htm Vorschau zur ZDF-Reihe «Giganten»], Sendetermin Ostern 2007 |
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;Kritik |
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* [http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,414462,00.html Kritische Einschätzung Freuds] bei [[Spiegel Online]] |
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* [http://freenet-homepage.de/oliverwalter/Psychotherapie/Psychoanalyse/psychoanalyse.htm#Kritik Detaillierte Kritik an Freuds Psychoanalyse] |
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[[Kategorie:Mann|Freud, Sigmund]] |
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[[Kategorie:Österreicher|Freud, Sigmund]] |
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[[Kategorie:Psychoanalytiker|Freud, Sigmund]] |
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[[Kategorie:Neurologe|Freud, Sigmund]] |
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[[Kategorie:Religionskritiker|Freud, Sigmund]] |
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[[Kategorie:Deutschsprachige Emigration|Freud, Sigmund]] |
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[[Kategorie:Vertreter des Atheismus|Freud, Sigmund]] |
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[[Kategorie:Geboren 1856|Freud, Sigmund]] |
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[[Kategorie:Gestorben 1939|Freud, Sigmund]] |
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{{Personendaten| |
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NAME=Freud, Sigmund |
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|ALTERNATIVNAMEN=Freud, Sigismund Schlomo |
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|KURZBESCHREIBUNG=[[Psychoanalytiker]] |
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|GEBURTSDATUM=[[6. Mai]] [[1856]] |
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|GEBURTSORT=[[Freiberg (Mähren)]] |
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|STERBEDATUM=[[23. September]] [[1939]] |
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|STERBEORT=[[London]] |
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}} |
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[[af:Sigmund Freud]] |
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[[ka:ფროიდი, ზიგმუნდ]] |
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[[ko:지그문트 프로이트]] |
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[[la:Sigismundus Freud]] |
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[[lij:Sigmund Freud]] |
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[[lt:Sigmund Freud]] |
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[[mk:Зигмунд Фројд]] |
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[[pl:Sigmund Freud]] |
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[[qu:Sigmund Freud]] |
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[[ro:Sigmund Freud]] |
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[[ru:Фрейд, Зигмунд]] |
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[[sco:Sigmund Freud]] |
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[[sk:Sigmund Freud]] |
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[[sq:Sigmund Freud]] |
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[[sr:Сигмунд Фројд]] |
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[[sv:Sigmund Freud]] |
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[[th:ซิกมุนด์ ฟรอยด์]] |
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[[tr:Sigmund Freud]] |
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[[uk:Фройд Зиґмунд]] |
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[[ur:فرائڈ]] |
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[[vi:Sigmund Freud]] |
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[[yi:זיגמונד פרויד]] |
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[[zh:西格蒙德·弗洛伊德]] |
Version vom 2. März 2007, 17:01 Uhr
Sigmund Freud (* 6. Mai 1856 in Freiberg (Mähren) (Příbor); † 23. September 1939 in London; ursprünglich Sigismund Schlomo Freud) war ein bedeutender österreichischer Arzt und Tiefenpsychologe, der als Begründer der Psychoanalyse und als Religionskritiker Bekanntheit erlangte. Seine Theorien und Methoden – so das Freie Assoziieren vor allem im Zusammenhang mit der Traumdeutung – werden noch heute kontrovers diskutiert. Freud gilt als einer der einflussreichsten Denker des 20. Jahrhunderts.
Leben
Kindheit und Jugend
Freud wird als Sohn jüdischer Eltern geboren, deren Vorfahren im 14./15. Jahrhundert infolge von Judenverfolgungen aus Köln nach Freiberg gekommen waren. Obwohl Freud später Atheist wurde, hat er stets die Bedeutung des Judentums für sich betont.
Sein Vater, der Wollhändler Kallamon Jacob Freud (1815–1896), ist bei Sigmunds Geburt schon fast vierzig Jahre alt und in dritter Ehe mit Amalia Freud (1835–1930; geborene Nathanson) verheiratet. Freud hat zwei ältere Halbbrüder aus den früheren Ehen seines Vaters sowie sieben jüngere leibliche Geschwister. Als Kallamon Jacob Freuds bis dahin florierendes Geschäft in der 1857 einsetzenden Wirtschaftskrise bankrott geht, bedeutet dies für die bis dahin wohlhabende Familie den sozialen Abstieg. 1859 zieht sie aus wirtschaftlichen Gründen zunächst nach Leipzig und kurze Zeit später nach Wien. Dort wird Freud 1865 ins Leopoldstädter Communal-Realgymnasium aufgenommen. Freud ist ein hervorragender Schüler und besteht dort die Matura 1873 mit Auszeichnung.
Nach anfänglichen Plänen, Jura zu studieren, immatrikuliert er sich 1873 an der medizinischen Fakultät der Universität Wien. 1876 befasst er sich während eines Forschungsstipendiums an der Zoologischen Versuchsstation in Triest u. a. mit Untersuchungen zum Hoden des Aals. Im selben Jahr wechselt er in Wien an das Physiologische Institut unter Ernst Wilhelm Brücke.
1879 tritt er seinen einjährigen Militärdienst an und promoviert 1881 mit dem Thema „Über das Rückenmark niederer Fischarten“ zum Doktor der Medizin.
Wirken als Arzt
1882 tritt Freud eine Stelle im Wiener Allgemeinen Krankenhaus unter Theodor Meynert an, die er bis 1885 innehat. 1884-87 befasst er sich mit Forschungen bezüglich Kokain. Die Studie „Über Coca“ erscheint nach Selbstexperimenten. Der Versuch, einen morphiumsüchtigen Freund mit Kokain zu heilen, misslingt, was Freud jedoch nicht in seinen Publikationen zugibt, sondern nur in privaten Briefen an seine Verlobte Martha Bernays, die der Freud-Biograph Ernest Jones auswerten konnte. Freuds inzwischen vollständig veröffentlichte Korrespondenz mit Wilhelm Fließ bestätigt, dass Freud selbst über längere Zeit in hohem Maß Kokain genommen hat.
Während einer Studienreise nach Paris 1885 besucht er u. a. die psychiatrische Klinik am Hôpital Salpêtrière, wo Jean-Martin Charcot wirkt, ein als „Napoleon der Hysteriker“ bekannter Professor für Pathologische Anatomie, der ihm Anschauungsunterricht über hysterische Fälle und die Auswirkung von Hypnose und Suggestion vermittelt. Schon einige Jahre zuvor hatte der junge Freud auch den Arzt Josef Breuer kennengelernt. Der Fall der „Anna O.“ (Bertha Pappenheim), die bei Breuer seit 1880 in Behandlung ist, führt zur gemeinsamen Erarbeitung der so genannten „Sprechtherapie“, einer Art Vorstufe der Psychoanalyse.
Nach seiner Habilitation 1885 erhält Freud im September eine Privatdozentur für Neuropathologie an der Universität Wien.
Am 25. April 1886 lässt er sich als Arzt nieder und leitet die neurologische Abteilung im Ersten Öffentlichen Kinder-Krankeninstitut von Max Kassowitz bis 1897. Sein im Oktober 1886 gehaltener Vortrag „Über männliche Hysterie“ stößt beim Publikum, der „Gesellschaft der Ärzte“, auf Ablehnung.
1889 besucht Freud Hippolyte Bernheim in Nancy, der Versuche mit der so genannten posthypnotischen Suggestion durchführt. Aus diesen Versuchen schließt Freud, dass es ein Unbewusstes geben müsse, welches verantwortlich für einen Großteil menschlicher Handlungen ist.
Private Wege
1886 heiratet Freud Martha Bernays, die aus einer angesehenen Rabbiner- und Gelehrtenfamilie stammte.
Sie hatten gemeinsam sechs Kinder:
- Mathilde (1887–1978)
- Jean Martin (1889–1967)
- Oliver (1891–1969)
- Ernst August (1892–1970)
- Sophie (1893–1920)
- Anna (1895–1982)
Den Söhnen gab Freud die Vornamen bedeutender Männer: Jean Martin, nach seinem berühmtesten Lehrer, dem Pariser Hysteriespezialisten Charcot. Oliver, nach Cromwell, der England für die Juden geöffnet hatte. Ernst August, nach dem Physiologen Ernst Wilhelm von Brücke. Der Architekt Ernst August Freud (1892-1970) ist der Vater des bedeutenden Porträtmalers Lucian Freud aus London (* 8. Dezember 1922 in Berlin).
Freud hatte zu seinen Söhnen ein eher unterkühltes Verhältnis. Nicht jedoch zu seinen Töchtern, welche ihm nahe standen. Mathilde und Anna, waren ihm auch intellektuell ähnlicher als die Söhne. Er konnte mit ihnen besser diskutieren, tat dies - sie waren schließlich Frauen - letztlich doch nur in Maßen. Er war kein warmherziger, liebevoller Vater, sondern auch für seine Kinder unnahbar. Freud fiel es insgesamt schwer, warmherzige Beziehungen zu Menschen, auch zu Freunden und Kollegen, aufzubauen.
1891 zog Freud innerhalb Wiens in die Berggasse 19 um; die Ordination übernahm er von seinem Arztkollegen Victor Adler, dem Begründer der österreichischen Sozialdemokratie. Freud wohnte und wirkte die nächsten 47 Jahre hier.
1922 erkrankte Freud an Gaumenkrebs, der sich trotz zweier 1923 durchgeführter Operationen mit Entfernung von Teilen des Kiefers und des Gaumens bis zu seinem Tod beständig verschlimmerte.
Die Entstehung der Psychoanalyse
Von 'Psychoanalyse' spricht Sigmund Freud erstmals im Jahr 1896, als 'dem etwas subtilen Ausforschungsverfahren von Josef Breuer'; Breuer war es in der Behandlung von Bertha Pappenheim angeblich gelungen, deren Symptome aufzulösen, indem er Pappenheim die eigentlichen Traumatisierungen, die sich hinter ihren Symptomen verbargen, aufspüren und aussprechen ließ. Es ging um die Benennung dessen, was sie tatsächlich an Verletzung, Kränkung, Ekel, Entwertung, Gewalt u.s.w. erlebt hatte, jedoch aufgrund der 'guten Erziehung' nicht benennen durfte. Breuers Vorgehen entsprach ziemlich exakt demjenigen des 'König Ödipus' im Theaterstück von Sophokles: Ödipus durchdringt mit großer Aufrichtigkeit am Ende die wahren Zusammenhänge. Schiller hatte 1797 in einem Brief an Goethe den 'König Ödipus' eine 'tragische Analysis' benannt, weil aus der Rückschau die Zusammenhänge aufgelöst werden. Breuer schlägt in einem Brief an Freud vor, zur Betonung dieser Parallele das entwickelte Verfahren 'Psychoanalyse' zu benennen. (Der Brief ist, wie viele andere Dokumente über Freud, bis zum Jahr 2113 von der Veröffentlichung ausgeschlossen; die Kenntnis von dessen Inhalt stammt aus einer zuverlässigen Quelle.)
Bis zum September 1897 nennt Freud sein Verfahren mehrfach 'Psychoanalyse', hält aber dabei immerhin an dem Prinzip der Breuerschen Behandlung fest, indem er seine Patienten Gewalterfahrungen erforschen und benennen lässt. Jedoch ist er in dieser Zeit sehr einseitig fixiert auf Gewalt sexueller Natur, konkretisiert zuletzt als Vergewaltigung durch den Vater im Alter zwischen 2 und 8 Jahren. Diesen (extrem einseitigen) Ansatz verwirft er dann im September 1897 (Brief an Fließ) und verkehrt ihn quasi in sein Gegenteil: Jetzt behauptet er, die außer Kontrolle geratenen triebhaften Wünsche und Phantasien des Kindes gegen seine Eltern seien der Ursprung psychischer und psychosomatischer Störungen. Einen Monat später formuliert er gegenüber Wilhelm Fließ nach selbstanalytischen Betrachtungen erstmals die These vom „Ödipus-Komplex“: er postuliert das Phänomen unbewusster libidinöser Bindungen zur eigenen Mutter bei einem gleichzeitigen Rivalitätsverhältnis zum Vater.
Im November 1899 erscheint Freuds frühes Hauptwerk, Die Traumdeutung, vordatiert auf 1900. Es folgen in kurzen Abständen die Schriften Zur Psychopathologie des Alltagslebens (1901), Der Witz und seine Beziehung zum Unbewussten (1905) und Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie (1905).
Zum 1. April 1902 wird Freud zum außerordentlichen Titular-Professor ernannt. Im gleichen Jahr gründet er die Psychologische Mittwochs-Gesellschaft, aus der 1908 die Wiener Psychoanalytische Vereinigung hervorgehen wird: Alfred Adler, Wilhelm Stekel und andere frühe Schüler versammeln sich jede Woche in seiner Wohnung zur Erlernung der neuen Methode und Diskussion. Im Laufe der nächsten Jahre schliessen sich Paul Federn, Carl Gustav Jung, Otto Rank, Sándor Ferenczi und andere der Gruppe an.
1908 beruft Freud den ersten psychoanalytischen Kongress nach Salzburg ein. Hier kommt es zu einem leisen Eklat: Otto Gross, ein Psychiater, der sich schon seit einigen Jahren öffentlich für Freuds Lehre einsetzt, zieht gesellschaftspolitische Schlussfolgerungen aus ihr. Freud, der sich kurz zuvor in seiner Schrift Die 'kulturelle' Sexualmoral und die moderne Nervosität konträr geäussert hatte, setzt dem entgegen, dass dies nicht Aufgabe von Ärzten sei, und sorgt dafür, dass Gross aus der Gruppe gedrängt und aus ihren Annalen getilgt wird. [1] 1910 gründet Freud die „Internationale Psychoanalytische Vereinigung“ (IPV), es folgen 1911 die „amerikanische psychoanalytische Vereinigung“ sowie 1919 die „britische psychoanalytische Vereinigung“.
1913 erscheint die Schrift Totem und Tabu, in der sich Freud mit dem kulturgeschichtlichen Phänomen des Inzestverbots auseinandersetzt.
1917 stellt er im 18. Kapitel der „Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse“ seine Entdeckung der Macht des Unbewussten in eine Reihe mit den Theorien von Kopernikus und Darwin und bezeichnet alle drei Theorien als Kränkungen der Menschheit.
Religionskritiker Freud
Bereits während seiner Arbeiten an der Psychoanalyse begründet Freud eine darauf aufbauende Religionskritik (psychoanalytischer Atheismus). Er bezeichnet sich selbst als einen Feind der Religion „in jeder Form und Verdünnung“ und reiht sich somit als Religionskritiker in die Tradition Ludwig Feuerbachs (dessen Thesen er als seine philosophische Grundlage ansieht) und Karl Marx' ein.
Deren philosophischen und gesellschaftlichen Ansätze ergänzt Freud mit einem psychologischen Schwerpunkt, welcher Religion als Zwangsneurose erklärt. Hierbei argumentiert er anthropologisch, ontogenetisch und stammesgeschichtlich:
Das anthropologische Argument definiert die Religion als infantiles (= kindliches) Abwehrverhalten gegen die menschliche Unterlegenheit: der Mensch habe die Naturkräfte personalisiert und zu schützenden Mächten erhoben. Somit helfen sie ihm in seiner Hilflosigkeit. Das zugrundeliegende Verhaltensmuster knüpfe an die frühkindliche Erfahrung der schützenden Eltern, besonders die des Vaters, an.
Auf die frühkindlichen Erfahrungen geht auch Freuds ontogenetischer Ansatz ein: Das ambivalente Verhältnis des Kindes gegenüber dem Vater setzt sich im Glauben des Erwachsenen fort. Er erkennt, dass er auch als solcher sich nicht völlig gegen fremde Übermächte wehren kann, weswegen er seinen Schutz im Gottesglauben sucht. Die Götter fürchtet er, trotzdem überträgt er ihnen seinen Schutz.
Das Motiv der Vatersehnsucht setzt sich bei der stammesgeschichtlichen Erklärung fort. Freud setzt bei der Urhorde nach Charles Darwin an, deren Stammesvater als absoluter Despot von den Söhnen sowohl verehrt als auch gehasst wurde, insbesondere aufgrund seines Anspruches, alle Frauen der Horde zu besitzen. Aus Eifersucht hätten sie ihr Oberhaupt gemeinsam umgebracht (Ödipuskomplex). Eine Nachfolge sei aufgrund der gegenseitigen Blockade ihres Feindes und gleichzeitigen Ideals nicht möglich gewesen. Als Gemeinschaft sollen sie sich auf eine Satzung verständigt haben, die ähnliche Taten ausschließen sollte und den Besitz der Frauen aufgeschlossen habe, sodass lediglich Frauen fremder Stämme und Sippen geheiratet wurden (Exogamie). Anschließende Mahlzeiten sollen an den vorangegangenen Mord erinnern. Das Schuldbewusstsein der gesamten Menschheit („Erbsünde“) sei somit der kulturbewahrende Anfang sozialer Organisation, Religion sowie sittlicher Beschränkung.
Freud und Jung

1906 tritt Freud in einen Briefwechsel mit seinem Fachkollegen Carl Gustav Jung ein. Bei einem Treffen 1907 reden beide 13 Stunden lang ohne Unterbrechung. Freud möchte in Jung seinen „Kronprinz“ sehen, schon deshalb, damit man seine ohnehin stark angefeindete Lehre nicht als eine jüdische Angelegenheit abtun kann. 1909 reist Freud mit Jung und Ferenczi auf Einladung dortiger Interessenten an seiner Lehre in die USA. 1910 wird Jung zum Präsidenten der Internationalen Psychoanaytischen Vereinigung gewählt. 1914, nachdem sich schon 1911 Adler von Freud getrennt hatte, kommt es auch zum Bruch mit Jung. Freud veröffentlicht seine Sicht der beiden Trennungen in der Schrift Zur Geschichte der psychoanalytischen Bewegung.
Auf dem Höhepunkt des Schaffens
In den zwanziger Jahren erscheinen zahlreiche von Freuds zentralen Werken, die seinen internationalen Ruhm als Psychoanalytiker begründen. Zu nennen sind insbesondere:
- „Jenseits des Lustprinzips“ (1920), in dem die Begriffe „Wiederholungszwang“ und „Todestrieb“ eingeführt werden
- „Massenpsychologie und Ich-Analyse“ aus dem Jahr 1921
- „Das Ich und das Es“ von 1923
- „Die Zukunft einer Illusion“ von 1927, das Freuds kulturtheoretisch-religionspsychologischen Werke einleitet
- Das Unbehagen in der Kultur von 1930
1930 verleiht die Stadt Frankfurt Freud – auch gegen Protest – den Goethepreis, 1935 wird er Ehrenmitglied der British Royal Society of Medicine. Zu Freuds 80. Geburtstag hält Thomas Mann 1936 den Festvortrag „Freud und die Zukunft“.
Verfolgung, Emigration und Tod im Exil
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland fielen auch Freuds Werke der Bücherverbrennung vom Mai 1933 anheim. Ein Jahr später wurde in Österreich die Demokratie in einen klerikofaschistischen Ständestaat transformiert. Freud scheint die Gefahr, die ihm drohte, nicht wirklich wahrgenommen zu haben. Er meinte zunächst, der reaktionäre Katholizismus in Österreich sei der damals beste Schutz gegen die Nazis. In Verkennung des Ernstes der Lage ließ er sich sogar zwecks Fortbestand der Psychoanalyse in Deutschland auf allerlei organisatorische Kompromisse mit den Nazis ein. [2]
In dieser Zeit verschärfte sich auch Freuds Konflikt mit Wilhelm Reich, der als Psychoanalytiker und Kommunist öffentlich gegen den Nationalsozialismus auftrat. Freud ließ Reich 1934 aus der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung ausschließen. Ob dies sozusagen als „Bauernopfer“ zwecks appeasement der Nazis geschah, wie einige Historiker meinen, [3] oder doch primär aus „wissenschaftlichen Gründen“, wie Freud selbst – allerdings nur in einem privaten Brief – angab, blieb bislang ungeklärt. [4]
Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in Österreich am 12. März 1938 und dem Verhör seiner Tochter Anna durch die Gestapo emigriert Freud am 4. Juni 1938 nach London, wo er ein Haus im Stadtteil Hampstead kauft (20 Maresfield Gardens).
Vier seiner fünf Schwestern, Regine Debora (Rosa), Marie (Mitzi), Esther Adolfine (Dolfi) und Pauline Regina (Paula) blieben in Wien zurück. Nach gescheiterten Versuchen, auch ihnen die Flucht zu ermöglichen, wurden sie von den Nationalsozialisten in Konzentrationslagern inhaftiert und dort ermordet.
Am 23. September 1939 um 3 Uhr morgens stellt Freuds Hausarzt Dr. Schur nach einer von Freud gewünschten tödlichen Dosis Morphium dessen Tod fest.
Erbe
Freuds Arbeit wurde u. a. von seiner Tochter, der Volksschullehrerin und Kinderanalytikerin Anna Freud, weitergeführt. Er gilt als Begründer der modernen Psychoanalyse und hat Einfluss auf nahezu alle Vertreter dieses Fachs ausgeübt. Die heutige Psychoanalyse zeichnet sich durch eine Pluralität der Konzepte und Konstrukte aus. In psychoanalytischen Diskussionen und Veröffentlichungen ist es Usus sich auch bei abweichenden Vorstellungen auf das Werk Freuds als gemeinsame Referenz zu beziehen. Auf diese Weise haben Freuds Schriften trotz zahlreicher Korrekturen, Modifikationen und Weiterentwicklungen auch heute noch eine hohe Bedeutung.
1964 wurde in Frankfurt ein Sigmund-Freud-Institut gegründet. Ein Sigmund-Freud-Museum wurde 1971 in Freuds alter Wohnung in der Berggasse 19 in Wien eröffnet. Im Londoner Freud-Museum, welches nach seinem Tod von seiner Tochter Anna eröffnet wurde, befindet sich die Mehrzahl von Freuds Büchern, Sammlungsstücken und Möbeln (einschließlich der berühmten Couch).
Auch wurde in den 1990er Jahren der 1874 errichtete Feldhof in Graz in „Landesnervenklinik Sigmund Freud“ umbenannt; dabei handelt es sich um eine Einrichtung für Menschen mit psychischen, neurologischen und psychosomatischen Erkrankungen.
2005 wurde die nach ihm benannte Sigmund Freud PrivatUniversität Wien gegründet. An dieser Universität wird weltweit zum ersten Mal die Psychotherapiewissenschaft als Vollstudium angeboten.
Werk
Freud erforschte zunächst die Hypnose und deren Wirkung, um psychisch kranken Personen zu helfen. Später wandte er sich von dieser Technik ab und entwickelte eine Behandlungsform, die u. a. auf freien Assoziationen und Traumdeutung beruhte, um die seelische Struktur des Menschen zu verstehen und zu behandeln (Psychoanalyse). Nach ihm ist der „freudsche Versprecher“ als offensichtlichstes Beispiel einer Fehlleistung benannt.

Um zu erklären, wie die menschliche Psyche funktioniert, entwickelte Freud eine damals ungewöhnliche Technik, bei der er seine Patienten und deren freie Assoziationen analysierte und hermeneutisch (textauslegend) deutete. Aus diesen Beobachtungen und Deutungen entwickelte er seine Idee der dreiteiligen psychischen Struktur. Seinem Vorschlag zufolge setzt sich die Struktur der Psyche eines Menschen aus drei Teilen (Instanzen) zusammen, dem Es, dem Ich und dem Über-Ich. Er vertrat die Ansicht, dass ca. 90 % der menschlichen Entscheidungen unbewusst motiviert sind und nur ein geringer Teil „sichtbar“ ist.
Sein „Drei-Instanzen-Modell“ der Psyche entwickelte Freud in zwei Schritten. So veröffentlichte er im Laufe seiner Forschungen verschiedene topische Modelle über die Struktur und die Dynamik des psychischen Apparates.
Ich, Es und Über-Ich
In der ersten Topik unterschied er das „Bewusste“ vom größeren und einflussreicheren „Unbewussten“ und legte dar, wie das Unbewusste das Bewusstsein beeinflusst. In der zweiten Topik, die er vor allem in seiner Schrift Das Ich und das Es (1923) entwickelte, beschrieb Freud erstmals seine Theorie über das Es, das Ich und das Über-Ich.
- Dabei tritt das Es an die Stelle des Unbewussten. Es bildet das triebhafte Element der Psyche und kennt weder Negation noch Zeit oder Widerspruch. Damit bezeichnet Freud jene psychische Struktur, in der die Triebe (z. B. Essen, Sexualtrieb), Bedürfnisse und Affekte (Neid, Hass, Vertrauen, Liebe) gründen. Die Triebe, Bedürfnisse und Affekte sind auch Muster (psychische „Organe“), mittels denen wir weitgehend unwillentlich bzw. unbewusst wahrnehmen und unser Handeln leiten.
- Das Ich: Randgebiet des „Es“; bezeichnet jene psychische Strukturinstanz, die mittels des selbstkritischen Denkens und mittels kritisch-rational gesicherter Normen, Werte und Weltbild-Elementen realitätsgerecht vermittelt „zwischen den Ansprüchen des Es, des Über-Ich und der sozialen Umwelt mit dem Ziel, psychische und soziale Konflikte konstruktiv aufzulösen (= zum Verschwinden zu bringen).“ (Rupert Lay, Vom Sinn des Lebens, 212)
- Denken, Erinnern, Fühlen, Ausführen von Willkürbewegungen;
- Vermittler zwischen impulsiven Wünschen des Es und dem Über-Ich;
- sucht nach rationalen Lösungen
- ist zum größten Teil bewusst
- Das Über-Ich bezeichnet jene psychische Struktur, in der die aus der erzieherischen Umwelt verinnerlichten Handlungsnormen, Ich-Ideale, Rollen und Weltbilder gründen.
- „Gewissen“
- moralische Instanz, Wertvorstellungen
- Gebote und Verbote der Eltern und subjektiv empfundene Autoritäten dienen als Vorbild
- Vorstellungen von Gut und Böse
- der Gegenpart zum Es
Das Ich und das Über-Ich entstehen aus dem Es. Die verdrängenden Vorstellungen werden dem Über-Ich zugeschrieben. Es ist ein Teil des Ich und beurteilt die Gedanken, Gefühle und Handlungen des Ich. Das Über-Ich entsteht nach Freud mit der Auflösung des Ödipus-Komplexes (ca. im 5. Lebensjahr). Nach Freud entsteht ein Großteil der Motivation menschlichen Verhaltens aus dem unbewussten Konflikt zwischen den triebhaften Impulsen des Es und dem strengen bewertenden Über-Ich (vgl. die Konzepte zur Abwehr & Sublimierung). Nach Freud unterliegen auch manche Aspekte der Gesellschaft einer solchen Triebdynamik.
Entwicklungsmodell der Psyche
Nach den ersten Lebensmonaten erfahre ein Neugeborenes immer deutlicher, dass es von Dingen und anderen Menschen unterschieden sei. Es entwickele ein erstes Bewusstsein von den eigenen Körpergrenzen und Selbstgefühlen. „In den folgenden vier Lebensjahren lernt ein Kind (vorsprachlich und deshalb auch unbewusst) die Fragen zu beantworten: 'Wer bin ich?' – 'Was kann ich?' und somit sein Selbstbewusstsein auch inhaltlich zu füllen.“[5] Um das Es herum wird also eine Zone aufgebaut, die man als frühes Ich bezeichnen kann. Das frühe Ich, das sich wie eine Hülle um das Es legt, wird somit von den frühen Körperrepräsentanzen und den frühen Selbstrepräsentanzen gebildet. Die frühen Körperrepräsentanzen seien die kindlich grundgelegten Bewusstseins- und Gefühlsinhalte über Körperbereiche. Zu den frühen Selbstrepräsentanzen zählen die kindlich grundgelegten Bewusstseins- und Gefühlsinhalte bezüglich der eigenen Person. Sie bestimmten den Sozialcharakter und all unsere später erworbenen Selbstvorstellungen (wer wir sind, was wir fürchten und erhoffen, was wir uns zutrauen…) auf unterschiedliche Weise mit.
Diese Theorien werden heutzutage von den kognitiven Neurowissenschaften herausgefordert.
Gesellschaftliche Wertung und Kritik
Es ist Sigmund Freuds großer Verdienst, die Bedeutung der Subjektivität (Persönlichkeit, Gefühle, Konflikte) und des Unbewussten wissenschaftlich nachgewiesen zu haben. Darüber hinaus begründete er eine neue medizinische Disziplin und stellte grundlegende therapeutische Vorgehensweisen vor, die heute in abgewandelter Form in der psychotherapeutischen Behandlung der Neurosen und Psychosen eingesetzt werden. Die Psychoanalyse wird von vielen Anhängern als eine umfassende Theorie betrachtet, die das komplexe menschliche Erleben und Handeln erschöpfend beschreiben und erklären kann.
Die Freudschen Theorien sind nichtsdestoweniger auch zahlreichen Kritikpunkten ausgesetzt. Vorausgeschickt werden sollte hierbei aber, dass die Psychoanalyse in ihrer modernen Form in vielfältige Richtungen weiterentwickelt wurde und nicht mehr in allen Punkten mit den Freudschen Auffassungen übereinstimmt. Zu erwähnen sind die psychoanalytische Theorie Jacques Lacans, die durch Melanie Klein v.a. in Großbritannien verbreitete Objektbeziehungstheorie, die Selbstpsychologie von Heinz Kohut und die in den USA vorherrschende Ich-Psychologie. Fakt ist aber auch, dass zahlreiche und vor allem zentrale Annahmen der Psychoanalyse empirisch nicht bestätigt werden konnten, so beispielsweise auch der Ödipuskomplex als zentrales Modell der Entwicklungskrise der Kindheit und der kindlichen Sexualität. Beim Ödipuskomplex handelt es sich nicht um eine universelle Entwicklungsphase, sondern bestenfalls um eines von vielen kindlichen Entwicklungsmustern. Dieses Sammelsurium an Irrtümern und Fehlinterpretationen zieht sich durch die gesamte Geschichte der Psychoanalyse.
So wurde z. B. die Existenz eines Todestriebs nicht nur von Wissenschaftlern anderer Fachgebiete, sondern auch von den meisten PsychoanalytikerInnen angezweifelt, andererseits von dem Soziologen Franz Borkenau zum Ausgangspunkt einer Theorie der Dynamik der Kulturen ausgebaut. Auch die klassische Triebtheorie, welche von einem Antagonismus zwischen Libido und Aggression ausging, wurde um zusätzliche menschliche Grundbedürfnisse, wie z. B. Bindung, Individuation und Exploration erweitert. Der Pansexualismusvorwurf, welcher in nuce besagt, die Psychoanalyse führe alles auf Sexualität zurück, übersieht zum einen, dass Freud einen sehr viel umfassenderen Begriff von „Sexualität“ als wir heute hatte, und zum anderen, dass die Sexualtheorie in manchen Versionen der modernen Psychoanalyse nur eine Randstellung innehat.
- Für positivistisch orientierte Wissenschaftler sind die Aussagen Freuds zu wenig 'wissenschaftlich' fundiert, d. h. empirisch. So ist auch festzustellen, dass zahlreiche Versuche die Annahmen der Psychoanalyse empirisch zu überprüfen, gescheitert sind.
- Eine ähnliche Kritik an der Psychoanalyse besagt, dass sie nicht in hinreichendem Maße (natur-)wissenschaftlich formuliert sei, um überhaupt empirisch überprüfbar zu sein.
Das vielleicht größte und ungelöste Problem der Theorie Freuds ist, dass er sich oft, manchmal sogar in derselben Publikation, widerspricht. Z. B. in seiner „Traumdeutung“, die immer noch als einer der Eckpfeiler der Psychoanalyse und als eine seiner am wenigsten umstrittenen Beiträge gilt, behauptet er kategorisch, dass alle Träume immer auf infantilen Wünschen beruhen und meistens sexuell motiviert sind. Gleichzeitig sind seine Beispiele und Deutungen (vor allem eigener Träume) oft (fast ausschließlich) weder infantil noch sexuell motiviert (S. 327 und passim im Wiederabdruck der 1. Auflage).
Freuds Werk zeigt deutliche Prägungen seiner Kindheits- und Jugendzeit im bürgerlichen Wien des ausgehenden 19. Jahrhunderts und seiner humanistischen Bildung. So benennt er viele innerpsychische Komplexe nach Vorbildern der griechischen Mythologie. Manche seiner Beschreibungen über den Zwiespalt zwischen den triebhaften und als bedrohlich erlebten Impulsen des Es auf der einen und den harten moralischen Vorgaben des Über-Ich auf der anderen Seite, werden aus heutiger Sicht als Ausdruck des damals vorherrschenden gesellschaftlichen Anspruchs verstanden.
Seine Theorien und später auch seine Behandlungsmethoden erregten im Laufe der Zeit zunehmend Aufsehen, so dass er im Laufe der Zeit auch andere Ärzte in seiner Psychoanalyse ausbildete. Unter ihnen war auch C.G. Jung, der sich später von seinem Lehrer abwandte und mit der analytischen Psychologie eine veränderte Form der Psychoanalyse entwickelte.
Freuds Aussagen zum Thema sexuellen Missbrauchs, auf das er in seinen Analysen immer wieder durch Erinnerungen, Träume und andere Hinweise seiner Patientinnen gestoßen war, wurden von Anfang an kritisiert. Er ordnete die Aussagen seiner Patientinnen in späteren Veröffentlichungen als 'ödipal gefärbte Wunschphantasien' ein. Seit im Verlauf der 90er Jahre das Thema Kindesmissbrauch und Posttraumatische Belastungsstörung verstärkt in das öffentliche Interesse rückte wurde diese These leidenschaftlich bekämpft. Aber gerade in diesem Punkt unterscheidet sich die Psychoanalyse von anderen Theorien: unbewussten sexuellen Phantasien, Vorstellungen und Wünschen wird kein geringerer Stellenwert eingeräumt als manifesten Erlebnissen.
Eine der meist bezweifelten Theorien Freuds ist die vom so genannten „Penisneid“: Dieser stehe in der psychischen Entwicklung von Mädchen symmetrisch der Kastrationsangst der Jungen gegenüber. In Freuds Analysen ergab sich ihm, dass psychisch fehlgeleitete Handlungen von Frauen oft auf die mangelhafte psychische Verarbeitung der Beobachtung zurückgingen, dass ihnen der Penis eines Jungen unerreichbar fehle, woraus ein Gefühl des Neides resultiere. (Dabei verkannte die Kritik nicht selten, dass „Neid“ etwas ganz anderes als „Habsucht“ beschreibt.)
Obwohl Freuds Theorien und Behandlungsmethoden in späteren Jahrzehnten von anderen Ärzten und Psychotherapeuten immer wieder kritisiert worden sind, wird sein Beitrag zum Verständnis des menschlichen Erlebens und Handelns meistens als außergewöhnliche Leistung eingeordnet. Viele der von ihm geprägten Begriffe wie „das Unbewusste“ oder der Ödipuskomplex sind im Laufe der Jahre in den allgemeinen Sprachgebrauch übernommen worden.
Veröffentlichungen (Auswahl)
- 1887 Studie Über Coca Digitalisat
- 1893 Über den psychischen Mechanismus hysterischer Phänomene zusammen mit Breuer.
- 1895 Entwurf einer Psychologie (Manuskript; gemeinsam mit Josef Breuer)
- 1895 Studien über Hysterie.
- 1896 Zur Ätiologie der Hysterie (Aufsatz; erste Verwendung des Begriffes „Psychoanalyse“)
- 1900 Die Traumdeutung
- 1904 Zur Psychopathologie des Alltagslebens
- 1905 Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie (vgl. dazu den Artikel Infantile Sexualität nach Freud)
- 1908 Die 'kulturelle' Sexualmoral und die moderne Nervosität
- 1913 Totem und Tabu
- 1914 Zur Geschichte der psychoanalytischen Bewegung
- 1915 Zeitgemäßes über Krieg und Tod
- 1916 Trauer und Melancholie
- 1917 Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse
- 1920 Jenseits des Lustprinzips
- 1921 Massenpsychologie und Ich-Analyse
- 1923 Das Ich und das Es
- 1925 Selbstdarstellung
- 1927 Die Zukunft einer Illusion
- 1930 Das Unbehagen in der Kultur
- 1933 Warum Krieg? (Briefwechsel mit Albert Einstein)
- 1933 Neue Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse
- 1937 Die endliche und die unendliche Analyse
- 1939 Der Mann Moses und die monotheistische Religion
Freuds Patienten
Dies ist eine unvollständige Liste von Patienten, deren Behandlungsverlauf von Freud veröffentlicht wurde. Die richtigen Namen wurden durch die angegebenen Pseudonyme ersetzt.
- Cäcilie M. = Anna von Lieben
- Dora = Ida Bauer (1882–1945)
- Frau Emmy von N. = Fanny Moser
- Fräulein Elizabeth von R.
- Fräulein Katharina = Aurelia Kronich
- Fräulein Lucy R.
- Kleiner Hans = Herbert Graf (1903–1973)
- Rattenmann = Ernst Lanzer (1878–1914)
- Wolfsmann = Sergius Pankejeff (1887–1979)
Veröffentlichte psychoanalytische Beobachtungen an Leuten, die keine Patienten Freuds waren:
- Anna O. = Bertha Pappenheim (1859–1936)
- Daniel Paul Schreber (1842–1911)
Weitere Patienten:
- H.D. (1886–1961)
- Emma Eckstein
- Gustav Mahler (1860–1911)
Verschlusssache Freud
Eine sehr große Sammlung von Originalschriften und Briefen Freuds befindet sich in der Sigmund Freud Collection der Library of Congress in Washington. Aus nicht näher genannten Gründen sind insbesondere Briefe, die Freud verfasst hat, teilweise bis über das Jahr 2060 unter Verschluss. Insbesondere für die Einsicht in Freuds Briefe benötigt man eine Sondergenehmigung des Leiters der Handschriftenabteilung nach Ansprache mit den Sigmund Freud Archives in New York, welche aber nur in Ausnahmefällen erteilt wird. Für eine Reihe von Briefen gibt es nicht einmal ein Freigabedatum, siehe [1].
Problematisch erscheinen die Schriften Freuds insbesondere, weil durch deren Veröffentlichung Korrekturen und Auslassungen in früheren Veröffentlichungen seiner Schriften offenbart werden, wie z. B. in den 1950 erschienenen Briefen von Freud an Wilhelm Fließ. In diesen hatten seine Tochter Anna Freud und Ernst Kris zahlreiche Retuschen eingebaut, wie Jeffrey Masson im Jahr 1985 nachweisen konnte.
Literatur
Schriften
- Gesammelte Werke. 19 Bände mit 8759 Seiten, Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1999, ISBN 3596503000
- Studienausgabe in zehn Bänden mit einem Ergänzungsband. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2000, ISBN 3596503604
- Werkausgabe in zwei Bänden. Bd. 1: Elemente der Psychoanalyse; Bd. 2: Anwendungen der Psychoanalyse. Herausgegeben und mit Kommentaren versehen von Anna Freud und Ilse Grubrich-Simitis. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2006, ISBN 3596172160
- Das Ich und das Es. Metapsychologische Schriften. Einl. v. Alex Holder. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1992, ISBN 3596104424
- Die Traumdeutung. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1991, ISBN 359610436X
- Abriss der Psychoanalyse. Einführende Darstellungen. 9. Auflage, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2002, ISBN 3596104343.
- Hemmung, Symptom und Angst. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 1992, ISBN 3596104432
- Schriften über Liebe und Sexualität. 4. Auflage, Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3596104416
- Neue Folgen der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1991
- Das Lesebuch. Fischer Verlag, Frankfurt am Main März 2006 (Kommentierte Sammlung der kürzeren Schriften)
Briefe
- Sigmund Freud, Carl Gustav Jung: Briefwechsel. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1974
- Sigmund Freud, Briefe 1873 - 1939, Ausgew. u. hrsg. von Ernst u. Lucie Freud. - 3., korrigierte Aufl., - Frankfurt am Main : S. Fischer, 1980
- Sigmund Freud, Briefe an Wilhelm Fließ 1887 - 1904. Ungekürzte Ausgabe, Frankfurt am Main: Fischer 1986
- Freud, Sigmund, Brautbriefe : Briefe an Martha Bernays aus d. Jahren 1882 - 1886, Ausgew., hrsg. u. mit e. Vorw. vers. von Ernst L. Freud. - Frankfurt am Main : Fischer-Taschenbuch-Verl., 1988
- Sigmund Freud, Max Eitingon. Briefwechsel (1906-1939), edition diskord 2004
- Sigmund Freud, Anna Freud: Briefwechsel. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2006
Zur Biografie
- Peter Gay: Freud. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3596129133
- Peter Gay: Freud – eine Biografie. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2006, ISBN 3596171709
- Lisa Fischer, Regina Köpl: Sigmund Freud. Wiener Schauplätze der Psychoanalyse. Böhlau Verlag, Wien 2005
- Thomas Lau (Hg.), Österreichische Familien. Machthaber, Mimen und Magnaten. Böhlau Verlag, Wien 2006. ISBN 978-3-205-77543-0. (enthält ein Kapitel über die Familie Freud).
- Georg Markus: Sigmund Freud. Die Biographie. LangenMüller Verlag, München-Wien 2006, ISBN: 3784430414
- Birgit Lahann: Als Psyche auf die Couch kam. Das rätselvolle Leben des Sigmund Freud. Aufbau Verlag, Berlin März 2006, ISBN 3351026315
- Max Schur: Sigmund Freud. Suhrkamp Verlag, Frankfurt a Main 1982, (Schur war Freuds Arzt)
- Eva Weissweiler: Die Freuds. Biografie einer Familie. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2006
- Christian Moser: Sigmund Freud – Die ganze Wahrheit. Carlsen Verlag GmbH, Hamburg 2006
- Hans-Martin Lohmann: Sigmund Freud. Neuausgabe, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek 2006, ISBN 3-499-50693-9
- Linde Salber: Der dunkle Kontinent. Freud und die Frauen. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek 2006, ISBN 3-499-62138-x
- Irving Stone: Der Seele dunkle Pfade – Ein Roman um Sigmund Freud. Übersetzt aus dem Amerikanischen von Norbert Wölfl, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek 2001, ISBN 3-499-23004-6
- Marianne Krüll: Freud und sein Vater. Die Entstehung der Psychoanalyse und Freuds ungelöste Vaterbindung. Fischer Taschenbuch, Frankfurt, 1992, ISBN 3-596-11078-5
- Klaus Schlagmann: Ödipus – komplex betrachtet. Männliche Unterdrückung und ihre Vergeltung durch weibliche Intrige als zentraler Menschheitskonflikt. Nebst Ausführungen zu den Problemen des schönen und selbstbewussten Jünglings Narziss. Der Beitrag alter Mythen zur Überwindung eines modernen Irrglaubens. Verlag Der Stammbaum und die 7 Zweige, Saarbrücken, 2005, ISBN 3-9805272-3-9
Werk, Bedeutung in Psychologie und Medizin
- Micha Brumlik: Sigmund Freud. Der Denker des 20. Jahrhunderts. Beltz Verlag, Weinheim 2006
- Samuel Weber: Freud-Legende. Vier Studien zum psychoanalytischen Denken. Passagen Verlag, Wien 2002
- F.-W. Eickhoff: Sigmund Freud. Abriss der Psychoanalyse. ISBN 3596104343
- Werner Greve und Jeanette Roos: Der Untergang des Ödipuskomplexes – Argumente gegen einen Mythos. Bern 1996
- Han Israels: Der Fall Freud. Die Geburt der Psychoanalyse aus der Lüge.. Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 1999
- Thomas Kornbichler: Freud – ein bürgerlicher Revolutionär. Seine Gedankenwelt und ihr Einfluss bis heute. Stuttgart 2006, ISBN 3-7831-2712-2
- Hans-Martin Lohmann: Sigmund Freud zur Einführung. 5. Auflage, Junius, Hamburg 2002, ISBN 388506362X.
- Herbert Selg: Sigmund Freud – Genie oder Scharlatan? – Eine kritische Einführung in Leben und Werk. Stuttgart 2002
- Sieglinde Eva Tömmel: Wer hat Angst vor Sigmund Freud? Wie und warum die Psychoanalyse heilt. Frankfurt am Main 2006
- Eli Zaretsky: Freuds Jahrhundert. Die Geschichte der Psychoanalyse. Zsolnay Verlag, München 2006
- Dieter E. Zimmer: Tiefenschwindel. Rowohlt Verlag, Reinbek 1990, ISBN 3499187752
Zeitschriftenartikel
- Raymond Battegay Psychologie: Freud und das Judentum. Ambivalenz und Zugehörigkeit. Freud und seine ambivalente Beziehung zum Judentum sowie seine Einstellung zu den Religionen im Allgemeinen in: Aufbau. Das jüdische Monatsmagazin. Mai 2006, ISSN 0004-7813, S. 6-11
Quellen
- ↑ Bernd A. Laska: Otto Gross zwischen Max Stirner und Wilhelm Reich. In: Raimund Dehmlow & Gottfried Heuer, Hg.: 3. Internationaler Otto-Gross-Kongress. Marburg: LiteraturWissenschaft.de 2003, S. 125-162 (Online-Version)
- ↑ vgl. Hans-Martin Lohmann, Joachim Pfeiffer (Hg.): Freud-Handbuch. Stuttgart, Weimar: Metzler 2006, S. 72-73
- ↑ Karl Fallend, Bernd Nitzschke (Hg.): Der 'Fall' Wilhelm Reich. Frankfurt/Main: Suhrkamp 1997
- ↑ [Wilhelm Reich:] Der Ausschluß Wilhelm Reichs aus der Internationalen Psychoanalytischen Gesellschaft. In: Zeitschrift für Politische Psychologie und Sexualökonomie, Band 2 (1935), Heft 1 (5), S. 54-61 (Online-Version); vgl. a. Bernd A. Laska: Sigmund Freud contra Wilhelm Reich
- ↑ (Rupert Lay, Ethik für Wirtschaft und Politik, 68)
Siehe auch
- Triebtheorie
- Eisbergmodell
- Sigmund-Freud-Preis
- Wilhelm Fließ
- Sándor Ferenczi
- Otto Gross
- Wilhelm Reich
- Geschichte der Medizin
- Liste bedeutender Mediziner und Ärzte
- Lucian Freud
- Pansexualismus
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Personendaten | |
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NAME | Freud, Sigmund |
ALTERNATIVNAMEN | Freud, Sigismund Schlomo |
KURZBESCHREIBUNG | Psychoanalytiker |
GEBURTSDATUM | 6. Mai 1856 |
GEBURTSORT | Freiberg (Mähren) |
STERBEDATUM | 23. September 1939 |
STERBEORT | London |