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Selbstbestimmungsrecht der Völker und Leo von Neapel: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Leo von Neapel''' war ein [[Archipresbyter]] (Erzpriester) des [[10. Jahrhundert]]s.
Bei dem '''Selbstbestimmungsrecht der Völker''', das im 20. Jahrhundert maßgeblich durch den amerikanischen Präsidenten [[Woodrow Wilson]] ins Gespräch gebracht wurde, geht es um einen [[Völkerrecht|völkerrechtlichen]] Rechtssatz, demzufolge jedes [[Volk]] das Recht hat, frei, also unabhängig von ausländischen Einflüssen, über seinen politischen Status, seine [[Staatsform|Staats-]] und [[Regierungsform]] und seine wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung zu entscheiden.


Bekannt ist Leo durch seine ''Historia de preliis Alexandri Magni'', eine Übertragung des abenteuerlichen [[Alexanderroman]]s des [[Pseudo-Kallisthenes]] vom [[Griechisch]]en ins [[Latein]]ische. Leos lateinische Fassung diente als Grundlage für zahlreiche Übersetzungen in andere europäische Sprachen, sowie ins [[Hebräische Sprache|Hebräisch]]e.
==Geschichte==
=== Beginn ===


==Weblinks==
Das Prinzip der Selbstbestimmung wurde in der [[Zeitalter der Aufklärung|Philosophie der Aufklärung]] so ausdrücklich formuliert und war zunächst ein individuelles Recht. Die Wandlung zum [[Gruppenrecht]] begann bereits mit dem Ringen um die [[Religionsfreiheit]].
* [http://www.gmu.edu/departments/fld/CLASSICS/leo.html Historia de preliis Alexandri Magni] (lateinisch)


1659 erschien die Schrift „Gentis Felicitas“ des [[Johann Amos Comenius]] (frei übersetzt bedeutet der Titel: „Volkswohlfahrt“). Die Schrift beginnt mit der Definition des Begriffes „Volk“ und leitet im zweiten Absatz aus dem individuellen Glücksstreben auch das Nationale her:
:''(1) Ein Volk [...] ist eine Vielheit von Menschen, die aus gleichem Stamme entsprossen sind, an dem selben Ort der Erde [...] wohnen, gleiche Sprache sprechen und durch gleiche Bande gemeinsamer Liebe, Eintracht und Mühe um das öffentliche Wohl verbunden sind.''
:''(2) Viele und verschiedene Völker gibt es [...], sie sind alle durch göttliche Fügung in diesem Charakterzug gekennzeichnet: wie jeder Mensch sich selbst liebt, so jede Nation, sie will sich wohlbefinden, im wechselseitigen Wetteifer sich zum Glückszustand anfeuern.''


[[Kategorie:Mann]]
Danach stellt Comenius (jeweils mit Begründung und Erläuterung) 18 Merkmale für „Volkswohlfahrt“ zusammen, darunter einheitliche Bevölkerung ohne Mischung mit Fremden, innere Eintracht, Regierung durch Herrscher aus dem eigenen Volk und Reinheit der Religion.
[[Kategorie:Autor]]
[[Kategorie:Mittelalter (Literatur)]]
Im späten 18. Jahrhundert wurde das Selbstbestimmungsrecht der Völker als „[[Volkssouveränität]]“ formuliert und errang in der [[Französische Revolution|Französischen Revolution]] und dem [[Geschichte der USA#Unabhängigkeitskrieg|Unabhängigkeitskrieg der USA]] den Sieg über das bis dahin als gültig anerkannte [[Dynastie|dynastische]] Prinzip.
[[Kategorie:Literatur (Latein)]]

[[Kategorie:Literatur (10. Jahrhundert)]]
Verbunden ist das Selbstbestimmungsrecht mit der Idee der [[Volkssouveränität]]. Voraussetzung für die Idee der politischen Selbstbestimmung war die Herausbildung des politischen Volksbegriffes im 19. Jahrhundert.

Nach der Durchsetzung des politischen Volksbegriffes nach der [[Revolution von 1848]] entwickelte sich die Idee des [[Nationalitätenprinzip]]s, wonach jedes Volk das Recht auf einen (eigenen) Staat habe, wodurch sich dieses Prinzip vor allem gegen die [[Vielvölkerstaat]]en richtete.

===Nach dem Ersten Weltkrieg===
Die Idee des Selbstbestimmungsrechts der Völker wurde vom [[US-Präsident]]en [[Woodrow Wilson]] im Rahmen seiner Friedensbemühungen (siehe auch [[14-Punkte-Programm]]) am Ausgang des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]]s vertreten. Bereits 1915 hatte [[Leo Trotzki]] auf der Konferenz von [[Zimmerwald]] das Selbstbestimmungsrecht für die Völker Europas gefordert: ''„Das Selbstbestimmungsrecht der Völker muss unerschütterlicher Grundsatz in der Ordnung der nationalen Verhältnisse sein“'' ([[Zimmerwalder Manifest]]).

===Nach dem Zweiten Weltkrieg===

Nach dem Zweiten Weltkrieg findet sich das Selbstbestimmungsrecht in verschiedenen UN-Dokumenten (siehe sogleich zur Rechtslage). Auch in der sowjetischen Völkerrechtslehre ist zumindest in späteren Jahren meist vom „Selbstbestimmungsrecht der Völker und Nationen“ die Rede. Ihr zufolge ist unter „Volk“ die jeweilige Bevölkerung eines bestimmten Territoriums (unabhängig von der historischen Entwicklung, wie erforderlich für „Nation“ i. S. Stalins) zu betrachten. Erforderlich sind nur gemeinsames Gebiet und weitere Gemeinsamkeiten geschichtlicher, kultureller sprachlicher und religiöser Art und die Verbindung durch gemeinsame Ziele, die sie mit Hilfe des Selbstbestimmungsrechtes erreichen will. Dem wurde auch durch das Ende der Entstellung des Selbstbestimmungsrechtes (Breshnew-Doktrin) Rechnung getragen. Im konkreten Fall, so bei der Frage der Rechtsstellung Gesamtdeutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg, unterschieden sich freilich die Auslegungen gemäß dem jeweiligen Verständnis der Parteien deutlich.

===Rechtlicher Status heute===

Zur Begründung gibt es neben naturrechtlichen Ansatzmöglichkeiten die Möglichkeit der Herausbildung als Völkergewohnheitsrecht sowie entsprechende Regeln des positiven Völkerrechts.

Die [[Charta der Vereinten Nationen]] erwähnt das Selbstbestimmungsrecht der Völker in den Artikeln 1 und 55, jedoch ohne es zu definieren.

Eine bindende Verpflichtung der Vertragsstaaten zur Einhaltung des Rechts auf Selbstbestimmung geht dagegen aus den beiden Menschenrechtspakten der [[Vereinte Nationen|Vereinten Nationen]] hervor, die 1966 von der [[UN-Generalversammlung]] angenommen wurden und nach Erreichen der nötigen Anzahl an [[Ratifizierung]]en 1977 in Kraft traten.

Der [[Internationaler Pakt über Bürgerliche und Politische Rechte|Internationale Pakt über Bürgerliche und Politische Rechte]] sowie der [[Internationaler Pakt über Wirtschaftliche, Soziale und Kulturelle Rechte|Internationale Pakt über Wirtschaftliche, Soziale und Kulturelle Rechte]] erkennen das Selbstbestimmungsrecht für die Vertragsstaaten bindend an. In beiden Pakten heißt es gleichlautend in Artikel I:

{{Zitat|(1) Alle Völker haben das Recht auf Selbstbestimmung. Kraft dieses Rechts entscheiden sie frei über ihren politischen Status und gestalten in Freiheit ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung.}}

{{Zitat|(2) Alle Völker können für ihre eigenen Zwecke frei über ihre natürlichen Reichtümer und Mittel verfügen, unbeschadet aller Verpflichtungen, die aus der internationalen wirtschaftlichen Zusammenarbeit auf der Grundlage des gegenseitigem Wohles sowie aus dem Völkerrecht erwachsen. In keinem Fall darf ein Volk seiner eigenen Existenzmittel beraubt werden.}}

{{Zitat|(3) Die Vertragsstaaten, einschließlich der Staaten, die für die Verwaltung von Gebieten ohne Selbstregierung und von Treuhandgebieten verantwortlich sind, haben entsprechend der Charta der Vereinten Nationen die Verwirklichung des Rechts auf Selbstbestirnmung zu fördern und dieses Recht zu achten.}}

Für die Überwachung der Einhaltung dieser Vertragspflicht sind der [[UN-Menschenrechtsausschuss]] sowie der [[UN-Ausschuss über Wirtschaftliche, Soziale und Kulturelle Rechte]] verantwortlich. Der konkrete Gehalt dieser Rechtsnorm ist in einem ''General Comment'' des Menschenrechtsausschusses aus dem Jahre 1984 formuliert.
<ref name="GeneralComment">GENERAL COMMENT 12: The right to self-determination of peoples, 13/03/84, [http://www.unhchr.ch/tbs/doc.nsf/0/f3c99406d528f37fc12563ed004960b4?Opendocument], überprüft am 23.02.2006</ref>

Das Selbstbestimmungsrecht der Völker ist, sofern man ihm Rechtscharakter zubilligt, ius cogens (vgl. die Kodifikation in Art. 53 Wiener Vertragsrechtskonvention (WVRK)). Es handelt sich mithin um eine Norm, von der nicht abgewichen werden darf, und die nur durch eine spätere Norm des allgemeinen Völkerrechts derselben Rechtsnatur geändert werden kann.
Verträge die gegen das Selbstbestimmungsrecht der Völker verstoßen, sind entsprechend nichtig (vgl. die in Art. 53 WVRK kodifizierte Regel).

Das Selbstbestimmungsrecht schafft grundsätzlich gerade keine Individualrechte, sondern bietet zunächst den Rahmen für deren Entfaltung oder jedenfalls die freie Gruppenbildung; ein Recht des Individuums darauf, daß der Gruppe, deren Mitglied es ist, dieses Recht gewährt wird, besteht freilich.


Eine Ansicht verweist darauf, daß das Selbstbestimmungsrecht oft verweigert wurde, und hält es für kaum mehr als ein politisches Schlagwort. Ein Rechtsanspruch könne erst bestehen, wenn eine genauere Definition des Rechtes und seiner Träger die Gefahr der "Atomisierung" der Staaten dadurch, daß sich eine unzufriedene Gruppe plötzlich zum Volk erkläre, zumindest verringert habe. Weil dies weder in den Menschenrechtspakten noch in der "Erklärung über Völkerrechtsgrundsätze betreffend die freundschaftlichen Beziehungen über die Zusammenarbeit zwischen den Staaten gemäß der Satzung" vom 24. Oktober 1970 geschehen sei, könnten die Pakte das Recht nicht gewähren. Dem kann jedoch u. a. entgegengehalten werden, daß weder die bloße fehlende positivrechtliche Durchnormierung (es gibt ja noch andere Quellen außer dem vertraglichen Völkerrecht) noch die Strittigkeit einzelner Bereiche bei grundsätzlicher Konturierung die Rechtsnormqualität hindern und widerspricht übrigens auch dem klaren Wortlaut der existierenden vertraglichen Normen.

==Praktische Fragen des Selbstbestimmungsrechtes==

Eine Definition des zugrundeliegenden Begriffs „Volk“ ist in den Pakten nicht vorhanden. Als "Volk" kann entsprechend auch eine kleinere Gruppe innerhalb verstanden werden, wenn bestimmte Kriterien (z. B. eine gewisse Homogenität, gemeinsame Geschichte und die Selbstidentifikation als distinkte Gruppe) gegeben sind.
Auch inwieweit ein Sezessionsrecht Teil des Selbstbestimmungsrechtes der Völker ist, [[Sezession#Recht_auf_Sezession?|ist umstritten]]. Daher gibt es der Sache nach im Ergebnis zunächst einmal einen weiten Interpretationsspielraum bei der Bestimmung der Reichweite dieses Artikels. Entsprechend vertreten betroffene Parteien teilweise unterschiedliche Standpunkte, was zu innerstaatlichen Konflikten beitragen kann.

Der Begriff '''Selbstbestimmungsrecht der Völker''' wird neben dem juristischen Ansatz auch im Sinne eines ethisch-moralischen Anspruchs verstanden, der gelegentlich zur Untermauerung politischer Ziele herangezogen wird und in vielen Konfliktfällen ein möglicher Lösungsweg für schwelende Konflikte sein könnte. Dabei handelt es sich allerdings dann noch nicht unbedingt um kodifiziertes oder allgemein durchgesetzes Völkerrecht.

So leiten beispielsweise [[Minderheit]]en daraus das Recht ab, sich als Volk zu definieren und [[Autonomie]] für sich zu beanspruchen, wobei unter Autonomie vom Recht auf Sprache und Brauchtum bis hin zur politischen Eigenstaatlichkeit alles verstanden werden kann. Eine solche Interpretation ist jedoch umstritten.

Die faktische Durchsetzbarkeit oder Durchsetzung des gültigen Rechtes hängt von dem jeweils aktuellen tatsächlichen Machtgefüge und den darin verwobenen Interessen ab.

Ein häufiges Problem sind überlappende Gebietsansprüche mehrerer Ethnien, die sich dabei jeweils auf ihr Selbstbestimmungsrecht berufen oder die Entstehung neuer Minderheiten durch die Begründung von Staaten, die unter Berufung auf das Selbstbestimmungsrecht entstanden sind. Wenn solche Minderheiten nun ihrerseits ihr Selbstbestimmungsrecht realisieren wollen, kann dies zu weiteren Konflikten führen. Konfliktträchtig wird der Anspruch auf Selbstbestimmung auch dann, wenn die natürlichen Ressourcen eines Landes in einem Gebiet besonders konzentriert sind und die in diesem Gebiet dominierende Bevölkerungsgruppe einen größeren Anteil an diesen Ressourcen einfordert.

Ein aktuelles Beispiel ist das Kosovo im ehemaligen Jugoslawien. Wenn den Kosovaren von der UNO ein eigener Staat "Kosovo" auf der Basis des Selbstbestimmungsrechtes und ohne die Zustimmung von Serbien gegeben wird, wie kann dann den verbleibenden Serben im Kosovo das Selbstbestimmungsrecht zum Anschluss an Serbien verwehrt werden? Warum dürfte die bosnisch-herzegowinische Teilrepublik Srpska nach einer positiv verlaufenen Volksabstimmung nicht sich abspalten, wenn dies der Kosovo darf? Ein praktisches Problem der Anwendung des Selbstbestimmungsrechtes ist auch regelmäßig, wer überhaupt an der Willensäußerung der Sezession von einem bereits bestehenden Staat teilnehmen darf. Dies gilt insbesondere bei zahlenmäßig relativ kleinen Völkern, bei denen von einem Kolonisator durch Ansiedlungen eigener Volksangehöriger das Erlangen einer Mehrheit zur Abspaltung in Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes in Volksabstimmungen nach dem Mehrheitsprinzip rasch effektiv verhindert werden kann bzw. bereits die Abhaltung der Volksabstimmung institutionell verhindert würde. <ref name=hawaii>z.B. im Falle des bis 1898 unabhängen und international anerkannten [[Hawaii]] gehen die USA davon aus, dass sich US-Bundesstaaten wie bereits anlässlich des Amerikanischen Bürgerkrieges durchgesetzt auf ewig nicht mehr vom Bundesstaat abspalten können - Selbstbestimmungsrecht, Legalität des früheren Anschlusses oder Bestehen eines früheren eigenen Staates und einer eigenen Kultur hin oder her. Dennoch verabschiedete der US-Kongress am 23. November 1993 den sogenannten ''Apology Bill'', mit dem sich die USA für die widerrechtliche Annexion des unabhängigen Königreichs Hawai'i entschuldigen.[http://www.hawaii-nation.org/publawall.html] Praktische Konsequenzen blieben jedoch aus.</ref>.

===Probleme nach dem Ersten Weltkrieg===

Bis zum Ersten Weltkrieg standen die meisten Völker Mitteleuropas unter der Herrschaft mehrerer europäischer Imperien, des [[Russisches Reich|Russischen Reich]]s, des bereits seit dem [[18. Jahrhundert]] im Zerfall begriffenen [[Osmanisches Reich|Osmanischen Reichs]] und [[Österreich-Ungarn]]s. Das [[Deutsches Reich|Deutsche Reich]] umfasste zudem einen Teil der polnischen Siedlungsgebiete. Ergebnis des Ersten Weltkriegs war der Zerfall dieser Imperien und die Entstehung neuer Nationalstaaten.

Woodrow Wilsons Konzept bezog sich in allererster Linie auf die „historischen Nationen“ der [[Polen]] und [[Tschechen]], die ihre frühere Eigenstaatlichkeit durch [[polnische Teilungen|Teilung]] bzw. Unterwerfung eingebüßt hatten und nun unter der Herrschaft der Kontinentalmächte [[Russisches Reich]], [[Österreich-Ungarn]] und des [[Deutsches Reich|Deutschen Reichs]] standen. Bevölkerungsgruppen ohne eigenstaatliche Vergangenheit wurden in geringerem Maße berücksichtigt.

Aufgrund der ethnischen Gemengelage in den betroffenen Ländern war eine Bildung ethnisch homogener Nationalstaaten ohne massive Bevölkerungsverschiebungen praktisch nicht durchführbar. So entstanden aus den zerfallenen Großreichen überwiegend neue Nationalitätenstaaten, die aber teilweise wie Nationalstaaten regiert wurden.

Hierzu gehören die erste [[Tschechoslowakei|Tschechoslowakische Republik]], die die historischen Kronländer [[Böhmen]] und [[Mähren]], die zuvor als "Oberungarn" bekannte [[Slowakei]] und die [[Karpatoukraine]] umfasste, das als "Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen begründete [[Jugoslawien]], [[Rumänien]] mit der ungarischen und deutschen Bevölkerung in [[Siebenbürgen]] wie auch [[Polen]], das große Teile Litauens, Weißrusslands und der Westukraine unter seine Herrschaft brachte. Die prozentual größten Gebietsverluste erlitt dabei [[Ungarn]], das auf ein Drittel des Territoriums verkleinert wurde, das es in der habsburgischen Doppelmonarchie umfasst hatte.

==== Der Zerfall Österreich-Ungarns====
Sowohl Ungarn als auch Deutsche sahen sich in den Nachfolgestaaten Österreich-Ungarns plötzlich in einer Minderheitenposition und forderten dementsprechend - überwiegend erfolglos - eine Umsetzung ihres Selbstbestimmungsrechts ein. Dies betraf insbesondere die Tschechoslowakei, in der die Deutschen die zweitgrößte Bevölkerungsgruppe darstellten.

Der Zusammenschluss Österreichs mit dem Deutschen Reich wäre nur durch die Zustimmung der Alliierten möglich gewesen. Diese lehnten aber eine Union beider Staaten ab, weil dies zur Bildung einer Kontinentalmacht geführt hätte.
Die Staatsbezeichnung "[[Deutsch-Österreich]]" wurde von den Alliierten ebenfalls abgelehnt und musste in "Republik Österreich" geändert werden.

==== [[Vertrag von Versailles]] mit dem [[Deutsches Reich|Deutschen Reich]] ====

Auch die deutschen Gebietsabtretungen an Polen, Belgien, Frankreich und Dänemark infolge des Versailler Vertrags wurden aus deutscher Sicht als Missachtung des Selbstbestimmungsrechts gewertet, da ein Teil der Abtretungen entweder ohne Volksabstimmung erfolgte oder ihr Ergebnis ignoriert oder manipuliert wurde.

=== Dekolonialisierung Afrikas ===

Der [[afrika]]nische Kontinent befand sich bis zur Mitte des [[20. Jahrhundert]]s weitgehend unter europäischer Kolonialherrschaft. Auch die Unabhängigkeitsbewegungen dieses Kontinents stützten sich in ihren Bestrebungen auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker, jedoch nicht in derselben Weise wie die neuen Nationalstaaten Mitteleuropas. So einigten sich die Mitglieder der [[Organisation für Afrikanische Einheit]] frühzeitig darauf, die überwiegend auf der Berliner [[Kongokonferenz]] von [[1884]]/[[1885]] festgelegten kolonialen Staatsgrenzen nicht anzutasten. Die meisten afrikanischen Staaten sind nach europäischem Verständnis Vielvölkerstaaten. Ein Selbstbestimmungsrecht, das sich auf einzelne [[Ethnie]]n bezogen hätte, wurde hier nicht realisiert. Dies geschah angesichts der Befürchtung, dass Grenzrevisionen entlang ethnischer Linien eine nicht endende Kette von Kriegen in Gang gesetzt hätte. Der einzige Fall einer Anerkennung eines später entstandenen Staates ist [[Eritrea]], das sich nach mehreren Jahrzehnten des Kriegs von [[Äthiopien]] lossagte. Das seit [[1991]] de-facto unabhängige [[Somaliland]] bleibt dagegen ohne internationale Anerkennung und gilt als [[stabilisiertes De-facto-Regime ]].

Gleichzeitig existieren in verschiedenen afrikanischen Ländern sezessionistische Tenzenden die durch den Ressourcenreichtum einzelner Regionen motiviert sind.

Bisher unerfüllt blieb zudem die Forderung der indigenen [[Sahrauis]] nach der Unabhängigkeit der [[Westsahara]]. Diese stellt heute die letzte Kolonie auf dem afrikanischen Kontinent dar.

=== Zerfall der Sowjetunion ===

Die Renaissance der Nationalbewegungen in den [[Teilrepublik]]en gehörte zu den wichtigsten Triebkräften, die das Ende der Sowjetunion herbeiführten. Die Vorreiterrolle hatten hierbei die [[baltische Staaten|baltischen Staaten]], die [[1941]] im Zuge des [[Deutsch-sowjetischer Nichtangriffspakt|Deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt]]es und der Beistandsverträge mit einzelnen Ländern von der UdSSR millitärischen Beistand in anspruch genommen. Der Zusatzprotokoll war geheim.
Die nationalen Bewegungen in diesen drei Republiken konnten nicht nur beträchtlichen Zulauf bei der Durchsetzung und Anerkennung der souveräner Rechte erreichen, sondern auch die letztendlich erfolgreiche einseitige Loslösung von der Sowjetunion. Es ist zu bemerken, daß bei baltischen Republiken die Frage des Selbstbestimmungsrechts der Völker im Sinne des Völkerrechts beim Zerfall der SSRS gar nicht in Frage gestellt werden kann, da die Staatlichkeit der baltischen Republiken schon vor der Okkupation von SSRS existierte und 1990-1992 die (politische) Unabhängigkeit nur zu verkünden war. Neue baltische Staaten sind nach dem Zerfall der SSRS nicht entstanden, da sie auch als Staaten auch früher gegolten haben.

Das Vorbild der baltischen Staaten machte zunächst in denjenigen Teilrepubliken Schule, die ihrerseits auf die Tradition von Nationalbewegungen zurückblicken konnten, etwa [[Georgien]] und die [[Ukraine]], wurde jedoch auch von Staatsführern adaptiert, deren Staatsnationen überwiegend eine Kreation der Stalin-Ära waren, z.B. [[Turkmenistan]].

Das Konzept des Selbstbestimmungsrechts konnte auch deshalb so ina manchen SSRS Staaten einflussreich werden, da [[Lenin]] es bereits vor der [[Oktoberrevolution]] zum Kern seines Programms gemacht hatte. Seiner Theorie nach war die Sowjetunion ein freies Bündnis [[Freiheit|freier]] Völker die ihr Selbstbestimmungsrecht verwirklicht hatten.

Dieser positive Bezug auf das Selbstbestimmungsrecht wurde während der gesamten sowjetischen Epoche beibehalten. Die [[Ukraine]] und [[Weißrussland]] wurden auf diese Weise - als theoretisch selbstständige Staaten - so Gründungsmitglieder der [[Vereinte Nationen|Vereinten Nationen]].

Besonders in den ersten Jahrzehnten wandte das sowjetische Regime erhebliche Mittel für das ''nation building'' in den neu gegründeten Republiken [[Turkestan]]s auf, in dem bis dato keinerlei nationalstaatliche Tradition existierte, sondern der Bezug auf Stammesidentität, Religion und Lebensweise (nomadisch vs. sesshaft) identitätsprägend gewirkt hatte.

Während Lenins Theorie besagte, dass die Nationen, wenn ihnen größtemöglichste Selbstbestimmung gewährt würde, auf die Dauer von selbst verschwinden würden, trat historisch das Gegenteil ein: Die Sowjetunion zerbrach 1991 exakt entlang jener Grenzen, die von Lenin und seinem Nationalitätenkommissar Stalin gezogen worden waren.

Dieses Zerbrechen führte nun zur Entstehung erheblicher russischer Minderheiten in den Nachbarstaaten, die nun ihrerseits teilweise die Frage der Selbstbestimmung stellten. Hierzu gehört die gewaltsame russische Abspaltung [[Transnistrien]]s von [[Moldawien]] sowie die Autonomiebewegung auf der mehrheitlich russisch besiedelten Halbinsel [[Krim]]. Eine bedeutende russische Minderheit gibt es in [[Kasachstan]]. Die Verlegung des Regierungssitzes aus der Metropole [[Almaty]] in die nördliche Provinzstadt [[Akmola]] durch den autoritär regierenden Präsidenten [[Nursultan Nasarbajew]] wird auch als Zugeständnis gegenüber der russischen Bevölkerung erklärt.

Andere blutige Konflikte, in denen sich Parteien auf das Selbstbstimmungsrecht beriefen und berufen sind:

* der armenisch-aserbaidschanische Konflikt um [[Nagorny-Karabach]];
* der [[Erster Tschetschenien-Krieg|erste]] und [[Zweiter Tschetschenien-Krieg|zweite Tschetschenien-Krieg]]
* die Abspaltung [[Abchasien]]s von [[Georgien]]
* die Abspaltung [[Südossetien]]s von [[Georgien]]
* die zwischenzeitlich rückgängiggemachte Abspaltung [[Adscharien]]s von Georgien.

=== Der Zerfall Jugoslawiens ===

Auch die Staatsideologie der Sozialistischen Föderativen Republik [[Jugoslawien]] ging nominell von einer Eigenständigkeit der Teilrepubliken aus, die etwa in kultureller aber auch in wirtschaftlicher Hinsicht einen gewissen Spielraum genossen. Auch hier gehören einander ausschließende Bezüge auf das Selbstbestimmungsrecht durch mehrere auf einem Territorium siedelnde Ethnien zu den Faktoren, die das blutige Auseinanderbrechen des Staatsverbands während der [[Jugoslawienkrieg]]e herbeiführten. Jedoch hatten auch die [[Nachfolgestaat]]en des ehemaligen Jugoslawiens wieder Probleme mit den verschiedenen nationalen Minderheiten in den neuen Staaten. Ein Beispiel ist das Verhältnis der Serben in Kroatien.<!-- Ist natürlich sehr ausbaufähig -->

=== Probleme der Gegenwart ===

Die Missachtung des Selbstbestimmungsrechtes der Völker kann Konflikte auslösen, intensivieren oder gegebenenfalls auch nur bewußter machen. Beispiele aus jüngerer Vergangenheit und in der Gegenwart sind:

*Die seit Jahrhunderten bis zur Gegenwart anhaltende Nachwirkung der Eroberung [[Nordirlandkonflikt|Irlands]] durch [[England|England]].
*Der vorangegangene Konflikt um das nunmehr unabhängige [[Osttimor]]
*Der [[Israel|israelisch]]-[[Palästinensische Autonomiegebiete|palästinensische]] Konflikt
*Der [[Kurden|Kurdenkonflikt]] in der Türkei, in Syrien, Iran und im Irak
*Die fortdauernde Herrschaft [[Indonesien]]s über das [[1963]] eroberte [[West-Papua]]
*Unabhängigkeitsbestrebungen verschiedener Ethnien [[Indien]]s, wie etwa der [[Naga (Volk)|Naga]] und der [[Zo (Volk)|Zo]], wobei Gebietsansprüche teilweise mit denen anderer Ethnien konkurrieren;
*Der Konflikt um das zwischen Indien und [[Pakistan]] geteilte [[Kaschmir]]
<!-- Das ist wohl kaum eine Frage der Gegenwart. Ggf. bräuchte es neuen Abschnitt zu Indien
*Eines der bekanntesten Beispiele ist die friedliche Wahrnehmung des Selbstbestimmungsrechtes des indischen Volkes unter der Führerschaft [[Mahatma Gandhi|Gandhis]] gegenüber Großbritannien. -->
*Argumente des Selbstbestimmungsrechtes der Völker spielen auch eine zentrale Rolle bei der Begründung der Rechtsposition der Tibetischen Exilregierung hinsichtlich [[Tibet]]s. Die Exilregierung geht dabei mit der Haltung des Dalai Lamas bewußt einen gewaltlosen Weg, der sich an buddhistischen Prinzipien ausrichtet.
*Auch [[indigene Völker]] berufen sich in ihren Forderungen zentral auf das Selbstbestimmungsrecht. Aus diesem Grund stellen sich zahlreiche Staaten auf den Standpunkt, es gebe keine indigenen Völker (''indigenous peoples''), sondern nur indigene Menschen (''indigenous people''), Siehe: [[Indigene Völker#Der Streit um das kleine 's']]

==Verwandte Themen: ==
[[Völkerrecht]] - [[Staatliche Souveränität]] - [[Staat]]

== Siehe auch ==
*[[Selbstbestimmung]]
*[[Selbstbestimmungsrecht]]
*[[Nationalitätenprinzip]]
*[[Geschichte der Vereinten Nationen]]

[[Kategorie:Europäische Geschichte]]
[[Kategorie:Deutsche Geschichte (20. Jh.)]]
[[Kategorie:Österreichische Geschichte]]
[[Kategorie:Völkerrecht]]

[[en:Self-determination]]
[[it:Autodeterminazione dei popoli]]
[[nl:Zelfbeschikkingsrecht]]

== Literatur ==
Johann Amos Comenius. ''Das Glück des Volkes.'' Ausgewählte Schriften zur Reform in Wissenschaft, Religion und Politik. Übersetzt und bearbeitet von Herbert Schönebaum. Leipzig: Alfred Kröner, 1924.

José A. Obieta Chalbaud. ''El derecho de autodeterminación de los pueblos. Un estudio interdisciplinar de derechos humanos'' [In: Publicaciones de la Universidad de Deusto. Volumen 11.]. Bilbao: Universidad de Deusto 1980.

''Inhalt, Wesen und gegenwärtige praktische Bedeutung des Selbstbestimmungsrechts der Völker''. I. Fachtagung, veranstaltet vom 12. - 14. März 1963 in den Räumen der Evangelischen Akademie in Hessen und Nassau, Arnoldshain (Taunus). Vorträge und Aussprachen. Herausgegeben im Auftrag der Evangelischen Akademie in Hessen und Nassau, Arnoldshain (Ts.) und des Albertus Magnus Kollegs, Königstein (Ts.) in Zusammenarbeit mit der Forschungsstelle für Nationalitäten- und Sprachenfragen, Kiel von Kurt Rabl. Mit 6 Kartendiagrammen, 5 Tafeln und 1 Plakatfaksimile [In: Studien und Gespräche über Selbstbestimmung und Selbstbestimmungsrecht. Band I.]. München: Lerche 1964, S. 50 ff.

Dieter Blumenwitz. ''Die Menschenrechtspakte der Vereinten Nationen und das Selbstbestimmungsrecht der Völker'', in: Menschenrechte und Selbstbestimmung unter Berücksichtigung der Ostdeutschen. Felix Ermacora, Dieter Blumenwitz, Jens Hacker, Herbert Czaja. Bonn: Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen 1980, S. 21 ff.

Dieter Blumenwitz und Boris Meissner [Hrsg.]. ''Das Selbstbestimmungsrecht der Völker und die deutsche Frage.'' Herausgegeben von Dieter Blumenwitz und Boris Meissner [In: Staats- und völkerrechtliche Abhandlungen der Studiengruppe für Politik und Völkerrecht. Band 2. Herausgegeben von Dieter Blumenwitz... i. V. m . der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen.]. Köln: Wissenschaft und Politik 1984.

== Quellen und Anmerkungen ==
<references/>

== Weblinks ==

*[http://www.selfdetermination.net/ selfdetermination.net] mit weiteren Links

Version vom 22. Dezember 2006, 20:32 Uhr

Leo von Neapel war ein Archipresbyter (Erzpriester) des 10. Jahrhunderts.

Bekannt ist Leo durch seine Historia de preliis Alexandri Magni, eine Übertragung des abenteuerlichen Alexanderromans des Pseudo-Kallisthenes vom Griechischen ins Lateinische. Leos lateinische Fassung diente als Grundlage für zahlreiche Übersetzungen in andere europäische Sprachen, sowie ins Hebräische.