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Benutzer:3mnaPashkan/Rodobrana und Pogańske gwary z Narewu: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Pogańske gwary z Narewu''' (deutsch: '''[[Paganismus|Pagane]] Dialekte am [[Narew]]''') ist der Titel einer seit 1982 der Fachwelt bekannt gewordenen Wortliste mit Übersetzungen von 215 Wörtern vom [[Polnische Sprache|Polnischen]] in eine untergegangene [[Baltische Sprachen|baltische Sprache]]. Trotz der mysteriösen, spektakulären Umstände ihrer Entdeckung wird sie von der Fachwelt mehrheitlich als authentisch eingeschätzt. Das wiedergegebene baltische Vokabular ist wahrscheinlich das bisher vollständigste Textfragment der um das 17. Jahrhundert ausgestorbenen [[Jatwingische Sprache|jatwingischen Sprache]], wenn auch mit einigen äußeren Einflüssen.
Die '''Rodobrana''' ([[Slowakische Sprache|slowakisch]] ungefähr für: „Vaterlandswehr“, „Stammwehr“) war eine [[Slowaken|slowakische]] [[Rechtsradikalismus|rechtsradikale]] und später [[Faschismus|faschistische]] [[Paramilitär|paramilitärische]] Organisation, die von 1923 bis 1929 in der [[Erste Tschechoslowakische Republik|Tschechoslowakei]] existierte.


== Fundumstände ==
Sie unterstand einerseits als Ordnertruppe der [[Politischer Katholizismus|katholisch]]-[[Nationalismus|nationalistischen]] [[Hlinkas Slowakische Volkspartei|Slowakischen Volkspartei]] von [[Andrej Hlinka]]. Andererseits entwickelte die Rodobrana unter der politischen und ideologischen Führung von [[Vojtech Tuka]] und [[Alexander Mach]] unabhängige Aktivitäten von der Gesamtpartei, sowie eine eigene [[Weltanschauung]]. Im Gegensatz zur Hlinka-Partei bekannte sich die Rodobrana offen zum [[Italienischer Faschismus|italienischen Faschismus]], und begann ab 1926 mit der Entwicklung einer eigenen Ideologie. Deren Kern bildeten ein [[Chauvinismus|aggressiver]] slowakischer Nationalismus, [[Katholizismus|katholischer]] [[Mystizismus]] sowie [[Esoterik]]. In diesem Zusammenhang wird die Rodobrana in der neueren Forschung als der Grundstein eines eigenständigen slowakischen Faschismus betrachtet.
Im Sommer 1978 erwarb der jugendliche passionierte Hobby-Sammler von Antiquitäten und antiquarischen Büchern Wjatscheslaw Sinow (* 1960, {{beS|Вячаслаў Зінаў}}, ''Wjatschaslaṷ Zinaṷ'') aus [[Brest (Belarus)|Brest]] (damals [[Belarussische Sozialistische Sowjetrepublik]], [[Sowjetunion]], heute [[Belarus]]) im Dorf Nowy Dwor/[[Rajon Pruschany]] im Norden des belarussischen Teils des [[Białowieża-Nationalpark|Belowescha-Nationalparks]] zu einem erschwinglichen Preis von einem Bauern ein altes Gebetsbüchlein. Weil es in lateinischer Sprache gedruckt wurde, muss es in dieser Region zur Zeit der politischen und religiös-katholischen Vorherrschaft [[Polen-Litauen]]s zwischen dem späten 15. Jahrhundert (Erfindung des [[Buchdruck]]s) und 18. Jahrhundert ([[Teilungen Polens]]) entstanden sein. Dort fand sich auf den letzten Seiten handschriftlich eingeschrieben eine Wortliste mit Übersetzungen vom Polnischen in eine unbekannte baltische Sprache unter der genannten Überschrift. Weil das alte Manuskript kaum noch lesbar war, übertrug es Sinow in seinen Notizblock. Kurz darauf wurde Sinow zum Wehrdienst in der [[Sowjetarmee]] eingezogen (1978–1980). In dieser Zeit durchsuchten seine Eltern, unter den Bedingungen des staatlich erzwungenen Atheismus in der Sowjetunion (siehe [[Gottlosenbewegung]]) besorgt über die religiösen Interessen ihres Sohnes, seine Sammlung und verbrannten alle religiösen Hinterlassenschaften im Ofen, darunter auch dieses Gebetsbüchlein.


Im Jahr 1982 präsentierte Sinow seine Umschrift im Notizheft dem [[Baltistik]]-Professor an der [[Universität Vilnius]], damals [[Litauische Sozialistische Sowjetrepublik]], [[Zigmas Zinkevičius]], der sie trotz der mysteriösen Fundumstände als glaubwürdig und authentisch einstufte und in den 1980er und 1990er Jahren Kongresse und Publikationen organisierte, um die Fachwelt auf dieses wahrscheinlich größte Fragment der untergegangenen [[Jatwingische Sprache|jatwingischen Sprache]] aufmerksam zu machen.
Aufgrund ihrer gewaltsamen Ausschreitungen gegen politische Gegner im Inland, sowie zahlreichen Kontakten zu anderen rechtsradikalen und faschistischen Gruppen im Ausland wurde die Rodobrana von den tschechoslowakischen Behörden wiederholt verboten. Sie löste sich jedoch erst 1929 auf, nachdem ihr Führer Vojtech Tuka wegen Hochverrats angeklagt und inhaftiert wurde. Innerhalb der Hlinka-Partei bildeten die Veteranen der Rodobrana auch weiterhin eine [[Untergrundbewegung]]. Unter der inoffiziellen Führung von Alexander Mach stellten sie in den 1930er Jahren einen von mehreren radikalen Parteiflügeln dar, und sie bildeten auch den personellen Kern der 1938 gegründeten [[Hlinka-Garde]].


== Sprachmerkmale und Entstehungsindizien ==
[[Datei:|mini|Das offizielle Abzeichen der Rodobrana: Ein silbernes [[Patriarchenkreuz]] umringt von einer silbernen [[Dornenkrone]]]]
Die Ausgangssprache der Wortliste ist [[Polnische Sprache|Polnisch]] mit einigen [[Belarussische Sprache|belarussischen]] Einflüssen. Zinkevičius vermutet, dass der ursprüngliche Autor ein regionaler polnisch-katholischer Priester war, der die Notiz irgendwann zwischen dem späten 15. und dem frühen 17. Jahrhundert in sein Gebetbuch schrieb, weil er versuchte, eine regionale heidnische/pagane Restbevölkerung sprachlich zu erreichen. Das die Region beherrschende [[Großfürstentum Litauen]] konvertierte nach langem Widerstand gegen die Christianisierung erst 1386, als letzter großer europäischer Staat, zum Christentum. Letzte ländliche heidnische/pagane Restgruppen existierten wohl noch bis ins frühe 17. Jahrhundert.
# [[Rodobrana]] (<small>Fortsetzung meiner Reihe zum ''Ludaken-Regime 1938–1945'': Diesmal ein kürzerer Ariktel zur Vorgeschichte, der Ausbau erfolgt kapitelweise</small>)


Die übersetzten Wörter kommen aus einer peripheren baltischen Sprachform mit einigen altertümlichen Merkmalen (wie dem Erhalt von altbaltisch /ē/ statt [[Litauische Sprache|litauisch]] /i/; /z/ und /s/ statt litauisch /ž/ und /š/; Erhalt von altbaltisch *a, wie in ''nasis'' = ‚Nase‘, statt litauisch ''nosis''; Erhalt des [[Neutrum]]s auf -o; Erhalt der Verbalendung im [[Infinitiv]] auf -t(i)/-d(i)) und einigen spezifischen Merkmalen (wie /k/-->/t/, bei ''teter'' = ‚vier‘, statt litauisch ''keturi''; Diphthong /ei/-->/i/ oder /e/; /ē/-->/ī/; Wegfall einiger [[Anlaut]]e). Von der Lexik sind 11 % der Wörter allen baltischen Sprachen gemeinsam, 9 % sind nur aus der verwandten [[Westbaltische Sprachen|westbaltischen]] Sprache [[Altpreußische Sprache|Altpreußisch]] bekannt, 20 % dagegen aus ostbaltischen Sprachen, meistens aus dem [[Litauische Sprache|Litauischen]], 28 % sind in Wurzel und Struktur eindeutig als baltisch zu erkennen, aber nicht aus anderen baltischen Sprachen bekannt. Einige Wörter ließen sich nur mit ganz anderen archaischen [[Indogermanische Sprachen|indogermanischen Sprachen]], wie [[Altarmenisch]] oder [[Altindisch]], wiedererkennen. Dabei ließen sich auch einige Bedeutungsverschiebungen erkennen. Außerdem lassen sich drei polnische [[Lehnwort|Lehnwörter]] sowie 20 [[Germanismus|Germanismen]] aus einer dem Deutschen nahestehenden Dialekt- oder Sprachform erkennen (wie ''hantus'' = ‚Hand‘, ''augi'' = ‚Augen‘, ''monda'' = ‚Mond‘, ''wurc'' = ‚Wurzel‘). Überraschenderweise stammt sogar mehr als ein Wort aus [[Finno-ugrische Sprachen|finno-ugrischen Sprachen]], speziell aus dem [[Ungarische Sprache#Altungarisch|Altungarischen]]. [[Magyaren]] durchstreiften [[Magyaren#Vor der „ungarischen Landnahme“|vor der „ungarischen Landnahme“]] die Region im [[Frühmittelalter]] entfernt im Süden.
=== Bezeichnung ===
Der slowakische Begriff ''Rodobrana'' hat keine eindeutige Entsprechung in der deutschen oder englischen Sprache. Auch existiert in der Literatur keine einheitliche Übersetzung: In der deutschsprachigen Forschung übersetzen Historiker die Bezeichnung mit ''Vaterlandswehr'',<ref>Jörg K. Hoensch: , S. 8; Ľubomír Lipták: ''Das politische System der slowakischen Republik 1939–1945.'' In: Erwin Oberländer (Hrsg.): ''Autoritäre Regime in Ostmittel- und Südosteuropa 1919–1944.'' 2., um ein Nachwort ergänzte Auflage, Paderborn 2017 [2001], S. 299–336, hier S. 302; Sabine Witt: ''Nationalistische Intellektuelle in der Slowakei 1918–1945. Kulturelle Praxis zwischen Sakralisierung und Säkularisierung.'' Berlin/ München/ Boston 2015, S. 131.</ref> ''Stammwehr''<ref>Milan Stanislav Ďurica: ''Vojtech Tuka''. In: Mathias Bernath, Karl Nehring (Hg.): ''Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas.'' Band 4, München 1981, S. 364-365 [https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1810 Onlineausgabe], abgerufen am 20. Februar 2021.</ref> oder ''Landesverteidigung'',<ref>Victor S. Mamatey: ''Die Entwicklung der Tschechoslowakischen Demokratie 1920–1938.'' In: Victor S. Mamatey, Radomír Luža: ''Geschichte der Tschechoslowakischen Republik 1918–1948.'' Wien/ Köln/ Graz 1980 [1973], S. 109–179, hier S. 137.</ref> in der englischsprachigen Forschung sind die Bezeichnungen ''Home Defence'',<ref>Natália Krajčovičová: ''Slovakia in Czechoslovakia, 1918–1938.'' In: Mikuláš Teich, Dušan Kováč, Martin D. Brown (Hg.): ''Slovakia in History.'' Cambridge u. a. 2011, S. 137–156, hier S. 147; Miloslav Szabó: ''“For God and Nation”: Catholicism and the Far-Right in the Central European Context (1918-1945).'' In: ''Historický časopis'', Band 66, Nr. 5, 2019, S. 885–900, hier S. 895.</ref> ''Racial Defence'',<ref>Thomas Lorman: ''The Making of the Slovak People’s Party: Religion, Nationalism and the Culture War in Early 20th-Century Europe.'' London/ New York 2019, S. 195.</ref> ''Home Guard''<ref>James Mace Ward: ''Priest, Politician, Collaborator: Jozef Tiso and the Making of Fascist Slovakia.'' Ithaca/ London 2013, S. 94.</ref> oder ''home defence guard''<ref>Jörg K. Hoensch: ''Slovakia: “One God, One People, One Party!” The Development, Aims, and Failure of Political Catholicism.'' In: Richard J. Wolff, Jörg K. Hoensch (Hrsg.): ''Catholics, the State, and the European Radical Right, 1919–1945.'' New York 1987, S. 158–181, hier S. 163.</ref> gebräuchlich.


Alle diese sehr speziellen Merkmale lassen Experten zur großen Mehrheit ablehnen, dass die Wortliste die Fälschung eines Jugendlichen oder eines dahinter stehenden sehr versierten Fälschers sein könnte. Vermutlich gehört sie zu einer regionalen Restgruppe von Sprechern der [[Jatwingische Sprache|jatwingischen Sprache]], die sich aber allmählich dem Litauischen annäherten. Das Siedlungsgebiet der westbaltischen [[Jatwinger]] reichte bis ins [[Hochmittelalter]] im Süden bis zum [[Narew]]. Außerdem ist historisch überliefert, dass einige Jatwinger und [[Prußen]] seit dem 13. Jahrhundert vor der gewaltsamen [[Zwangschristianisierung]] durch den [[Deutscher Orden|Deutschen Orden]] ins noch bis ins 14. Jahrhundert Widerstand leistende Großfürstentum Litauen flüchteten und in die [[Litauer|litauische Bevölkerung]] aufgingen.
=== Geschichte ===
==== Politische Ausgangslage ====


Die Mehrheit der Baltisten klassifizieren die Wortliste als bisher umfangreichstes Sprachdenkmal der sonst nur über [[Toponym]]e, Lehnwörter und aus dem [[Sudauerbüchlein]] bekannten [[Jatwingische Sprache|jatwingischen Sprache]] (deutsch auch „sudauische Sprache“ genannt) mit deutlichen litauischen Einflüssen. [[Wolfgang P. Schmid]] klassifiziert die baltische Sprache dagegen aufgrund der breiteren litauischen Merkmale schon als litauischen Dialekt mit einigen jatwingisch-westbaltischen Restmerkmalen oder Einflüssen. Die Germanismen in der Lexik identifizierte er dagegen nicht als Einflüsse der deutschen Sprache, sondern des [[Jiddisch]]en, im nordostjiddischen (litauischen) Dialekt. Die paganen Anwohner des oberen Narew hätten demnach schon länger in Sprachkontakt mit jüdisch-[[Aschkenasim|aschkenasischen]] [[Schtetl]]-Bewohnern der Umgebung gelebt.
==== Gründung, erstes Verbot und Aktivität bis 1925 ====
Bereits in den Jahren 1921 und 1922 kam es während der Parteiversammlungen der Ludaken zu gewaltätigen Eskalationen, wobei auch Andrej Hlinka selbst Ziel von Attentatsversuchen der Sozialisten wurde. Vor diesem Hintergrund begannen junge Ludaken 1923 damit, nach dem Vorbild der anderen Parteien eine eigene Wehrorganisation aufzubauen.<ref>Peter Sokolovič: ''Hlinkova garda 1938–1945'' [= Die Hlinka-Garde 1938–1945]. Bratislava 2009, S. 22 f.</ref>


Der Baltist [[Pietro U. Dini]] von der [[Universität Pisa]] hält es für möglich, dass es in Zukunft in der Region noch zu ähnlichen Funden von Sprachdenkmälern kommen könnte.
Am 13. Januar 1923 nahm der Rechtsausschuss der Slowakischen Volkspartei den Antrag zur Gründung der Rodobrana an, der den Namen „Regelung für Veranstalter bei Versammlungen, Sitzungen und Feierlichkeiten“ trug. Am 31. Januar 1923 wurde die Regelung auch von Andrej Hlinka unterzeichnet, wodurch die Rodobrana den Status einer der Partei untergeordneten Organisation.<ref>Peter Sokolovič: ''Hlinkova garda 1938–1945'' [= Die Hlinka-Garde 1938–1945]. Bratislava 2009, S. 25.</ref> Die Regelung enthielt auch „zehn Gebote der Rodobrana“, zu deren Einhaltung jedes ihrer Mitglieder verpflichtet wurde:
# Sei treu deinem slowakischen Volk
# Halte dich an deine slowakischen Prinzipien
# Bekenne dich öffentlich zu deiner slowakischen und christlichen Überzeugung
# Ehre die Gesetze und die öffentliche Ordnung und halte sie ein
# Schütze jeden vor Gewalt
# Sei deinen Mitbrüdern ergeben
# Halte die Disziplin ein
# Verhalte dich schweigsam
# Gewinne neue Rodobrancen
# Ehre die Freiheit anderer Überzeugungen<ref>Peter Sokolovič: ''Hlinkova garda 1938–1945'' [= Die Hlinka-Garde 1938–1945]. Bratislava 2009, S. 26.</ref>


== Bilder der Wortliste ==
==== Wahlsieg der Ludaken 1925 und Wiederbegründung ====
Auf den drei Seiten finden sich die ersten 205 Wörter von den nach Dini 215 Wörtern der handschriftlichen Liste:
==== Konservative Kontrollversuche nach dem Regierungsbeitritt 1927 ====
<gallery>
==== Tuka-Prozess und Auflösung 1929 ====
Польска-"яцвяжскі" слоўнік.jpg|
==== Untergrundbewegung unter Mach ====
Польска-"яцвяжскі" слоўнік, ч. 2.jpg|
==== Reorganisation in der Hlinka-Garde ====
Польска-"яцвяжскі" слоўнік, ч. 3.jpg|
==== Verhältnis zu den tschechischen Faschisten ====
</gallery>
==== Verhältnis zur Gesamtpartei ====
==== Nachwirkungen im slowakischen Neofaschismus ====
Bei der [[Nationalratswahl in der Slowakei 2016|Nationalratswahl 2016]] zog die [[Neofaschismus|neofaschistische]] Partei [[Kotlebovci – Ľudová strana Naše Slovensko|ĽSNS]] mit 8 Prozent und 14 Abgeordneten in das insgesamt 150 Mitglieder zählende slowakische Parlament ein. Ihr Parteiführer [[Marian Kotleba]] war zudem von 2013 bis 2017 Regionalpräsident der mittelslowakischen [[Banskobystrický kraj|Region Banská Bystrica]]. Kotleba und seine Partei organisierten ... Extremismus-Experten sahen darin einen Versuch zur Wiederbegründung der Rodobrana aus den 1920er Jahren.<ref>[https://ct24.ceskatelevize.cz/svet/2011309-kotlebovy-hlidky-ze-slovenskych-vlaku-nezmizely-tvari-se-ze-se-jen-vozi ''Kotlebovy hlídky ze slovenských vlaků nezmizely. Tváří se, že se jen vozí''] [= Kotlebas Patrouille sind aus den slowakischen Zügen nicht verschwunden. Sie geben vor, nur herumzufahren]. In: ct24.ceskatelevize.cz, 13. Januar 2013, abgerufen am 20. Februar 2021. (tschechisch)</ref> Pläne der Kotleba-Partei zur Gründung einer ''Domobrana'' (deutsch: „Heimwehr“) wurden 2019 vom slowakischen Vertreter der Generalstaatsanwalt Ivan Minár verurteilt, der dieses Vorhaben unter anderem ebenfalls mit der Rodobrana verglich.<ref>[https://dennikn.sk/minuta/1437000/ ''Zástupca generálnej prokuratúry Ivan Minár vytkol ĽSNS aj plán na zavedenie domobrany''] [= Der Vertreter der Generalstaatsanwaltschaft Ivan Minár warf der ĽSNS ihren Plan zur Einführung einer Heimwehr ein]. In: dennikn.sk, 9. April 2019, abgerufen am 20. Februar 2021.</ref>


== Literatur ==
Vojtech Tukas programmatische Schrift ''Rodobranecký katechizmus'' von 1928 wurde im Jahr 2013 im Rahmen des Bandes ''Dokumenty k ideológii slovenských národovcov v prvej polovici 20. storočia'' („Dokumente zur Ideologie der slowakischen Patrioten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts“) wiederveröffentlicht. Herausgeber war der Historiker Pavol Demjanič, der für das ''Slowakische Historische Institut in Rom'' (''Slovenský historický úrad v Ríme'') arbeitet und 2010 auf der Wahlliste der Kotleba-Partei kandidierte.<ref>Dušan Mikušovič: [https://dennikn.sk/101875/tajomnik-historickeho-ustavu-v-rime-obhajuje-tisa-a-kandidoval-za-kotlebu/ ''Tajomník historického ústavu v Ríme obhajuje Tisa a kandidoval za Kotlebu''] [= Der Sekräter des historischen Instituts in Rom verteidigt Tiso und kandidiert für Kotleba]. In: dennikn.sk, 17. April 2015, abgerufen am 20. Februar 2021; Tibor Habo, Monika Vatralová: [https://www.aktuality.sk/clanok/669223/priaznivci-tisa-chceli-kupit-cast-jeho-domu-narazili-na-poslancov/ ''Priaznivci Tisa chceli kúpiť časť jeho domu. Narazili na poslancov''] [= Die Anhänger Tisos wollen einen Teil seines Hauses kaufen]. In: aktuality.sk, 21. Februar 2019, abgerufen am 20. Februar 2021.</ref>
* [https://www.google.com/search?client=firefox-b-d&q=Foundations+of+Baltic+languages.+ Pietro U. Dini: ''Foundations of Baltic Languages.'' Vilnius 2014], S. 304–307.


=== Symbolik ===
== Weblinks ==
{{Commonscat|Pagan dialects from Narew|Pogańske gwary z Narewu}}
Die Uniformen der Rodobrana vermischten die Symbolik des italienischen Faschismus mit jener des traditionellen slowakischen Katholizismus. Ihre Mitglieder trugen ein einfärbiges, kohlrabenschwarzes Hemd,<ref>Thomas Lorman: ''The Making of the Slovak People’s Party: Religion, Nationalism and the Culture War in Early 20th-Century Europe.'' London/New York 2019, S. 200.</ref> weshalb sie von Historikern auch als „slowakische [[Schwarzhemden]]“ bezeichnet werden.<ref>James Mace Ward: ''Priest, Politician, Collaborator: Jozef Tiso and the Making of Fascist Slovakia.'' Ithaca/ London 2013, S. 94.</ref> Über der linken Hemdtasche trugen sie das angenähte Abzeichen der Rodobrana.<ref>Yeshayahu A. Jelinek: ''Storm-Troopers in Slovakia: The Rodobrana and the Hlinka Guard.'' In: ''Journal of Contemporary History.'' Band 6, Nr. 3, 1971, S. 97–119, hier S. 99.</ref> Dieses bestand aus einem silbernen [[Patriarchenkreuz]] (in der Slowakei als „Doppelkreuz des Heiligen [[Method]]“ bezeichnet), umringt von einer silbernen [[Dornenkrone]]. Außer diesem offiziellen Abzeichen für Rodobrana-Mitglieder war unter diesen sowie ihren Sympathisanten auch das sogenannte „autonomistische Abzeichen“ (slowakisch: ''autonomistický odznak'') beliebt. Dieses kopierte direkt die Symbolik der Rodobrana und wurde in einer farblichen [[Email|emaillierten]] Version angefertigt. Das weiße Patriarchenkreuz trug dabei die Aufschrift ''Za tú našu autonómiu'' („Für unsere Autonomie“), und wurde von einer roten Dornenkrone auf blauem Hintergrund umringt.<ref>Vojtech Kárpáty: [http://archiv.extraplus.sk/1600/slovenska-politicka-symbolika ''Slovenská politická symbolika. Idey politických strán a spolkov v 20. storočí pretavené do znakov''] [= Slowakische politische Symbolik. Die Ideen der politischen Parteien und Vereine im 20. Jahrhundert eingegossen in Wappen]. In: extraplus.sk, März 2011, abgerufen am 21. Februar 2021. (slowakisch)</ref> Diese Symbolik wies die Mitglieder der Rodobrana im übertragenen Sinn als Soldaten eines „heiligen Krieges“ aus, der viel Leid und viele Opfer erfordere, letztenendes jedoch zum Triumph der national-christlichen Idee führen werde, die die Rodobrana repräsentiert.<ref>Anton Hruboň: ''Alexander Mach – Radikál z povolania'' [= Alexander Mach – Ein Berufsradikaler]. Bratislava 2018, S. 60. (slowakisch)</ref> Damit drückte die Rodobraner Symbolik auch ihren ausgeprägten ideologischen Kult des [[Märtyrer|Märtyrertums]] aus und ähnelte jener der rumänischen [[Eiserne Garde|Legion Erzengel Michael]], die mit ihrem schwarzen Gefängnisgitter ebenfalls die Bedeutung des Märtyrertums betonte.<ref>Anton Hruboň: ''Fašistický mýtus znovuzrodenia v kontexte ideológie Národnej obce fašistickej a Rodobrany'' [= Der faschistische Mythos der Wiedergeburt im Kontext der Ideologie der Nationalen Faschistischen Gemeinschaft und der Rodorana]. In: ''Český časopis historický'', Band 113, Nr. 2, 2015, S. 454–487, hier S. 476 f. (slowakisch)</ref>


{{SORTIERUNG:Poganske gwary z Narewu}}
Die Führung der 1938 gegründeten die Hlinka-Garde, der Nachfolgerin der Rodobrana, versuchte ihre gardistische Grußformel ''Na stráž!'' („Auf Wacht!“) bis auf die Rodobrana zurückzuführen. Damit sollte der „slowakische“ Ursprüng des Grußes nachgewiesen werden. Wie jedoch der slowakische Historiker Vojtech Kárpáty (2012) betont, nahm selbst die Mehrheit der Funktionäre der Hlinka-Garde diese Grußformel als eine Neuheit war, die erst im Herbst 1938 aufkam. In Wirklichkeit kam ''Na stráž'' erstmals 1919 in der tschechoslowakischen Studentenorganisation ''Sokol'' auf, und wurde erst 1934 von der slowakischen „Zentrale der slowakischen katholischen Skauts“ (ÚSKS) übernommen.<ref>Vojtech Kárpáty: ''Symbolika Hlinkovej gardy'' [= Symbolik der Hlinka-Garde]. In: ''Pamäť národa'', Band VIII, Nr. 4, 2012, S. 3–24, hier S. 20 f. (slowakisch)</ref>
[[Kategorie:Baltische Sprachen]]

=== Presseorgan ===
=== Rechtlicher Status ===
=== Finanzierung ===
=== Soziale Struktur und Organisation ===
Die Rekruten der Rodobrana bestanden – wie auch bei anderen faschistischen Bewegungen in Europa während der Zwischenkriegszeit – in großem Maße aus jungen, desillusionierten Veteranen des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkriegs]].<ref>Thomas Lorman: ''The Making of the Slovak People’s Party: Religion, Nationalism and the Culture War in Early 20th-Century Europe.'' London/ New York 2019, S. 200.</ref>

=== Ideologie der Rodobrana ===
==== Slowakischer Nationalismus ====
==== Tschechenfeindlichkeit ====
==== Antisemitismus ====
==== Katholischer Mystizismus und Esoterik ====

=== Typologische Einordnung ===
Die erste organisierte rechtsradikale Gruppe innerhalb der Hlinka-Partei stellte die im Januar 1923 von Vojtech Tuka gegründete ''Rodobrana'' (deutsch: „Vaterlandswehr“) dar.<ref>Thomas Lorman: ''The Making of Slovak People's Party. Religion, Nationalism and the Culture War in Early 20th-Century Europe.'' London/New York 2019, S. 198 f; Sabine Witt: ''Nationalistische Intellektuelle in der Slowakei 1918–1945. Kulturelle Praxis zwischen Sakralisierung und Säkularisierung.'' Berlin/ München/ Boston 2015, S. 96.</ref>


In einem Artikel der Parteizeitung ''Slovák'' glorifizierte Tuka offen den faschistischen Charakter der Rodobrana. Er schrieb, dass das „glänzende Beispiel Italiens [beleuchtet] für uns den Weg. [...] Unsere edle ''Rodobrana'', die slowakischen Faschisten, sie brennen voller Enthusiasmus, ihre Muskeln spannen sich vor Selbstvertrauen. Sie werden getrieben von eurer phänomenalen faschistischen Standfestigkeit, Entschlossenheit und Angstlosigkeit.“<ref>Thomas Lorman: ''The Making of Slovak People's Party. Religion, Nationalism and the Culture War in Early 20th-Century Europe.'' London/New York 2019, S. 201 f.</ref>

Sowohl von ihren Sympathisanten als auch von ihren Gegnern wurde die ''Rodobrana'' wiederholt als Repräsentantin eines „slowakischen Faschismus“ beschrieben.<ref>Yeshayahu A. Jelinek: ''Storm-Troopers in Slovakia: The Rodobrana and the Hlinka Guard.'' In: ''Journal of Contemporary History.'' Band 6, Nr. 3, 1971, S. 97–119, hier S. 99.</ref> In der historischen Forschung wurde der faschistische Charakter der ''Rodobrana'' mitweilen auch zurückhaltender formuliert. Während beispielsweise [[Ernst Nolte]] (1966) sie zur Gruppe der „slowakischen Faschisten“ zählte,<ref>Ernst Nolte: ''Die faschistischen Bewegungen.'' (= dvt-Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts) 9. Auflage, München 1984 [1966], S. 248 f. u. 313.</ref> stellte Yeshayahu A. Jelinek (1971) infrage, wie klar die Prinzipien des Faschismus zum damaligen Zeitpunkt in der Slowakei waren, und „ob selbst die begeisterten lokalen Sympathisanten Mussolinis wirklich seine Lehren verstanden“. Trotz ihrer „unbezweifelbar extremistischen Orientierung“ könne die ''Rodobrana'' laut Jelinek kaum als Repräsentantin eines genuinen slowakischen Faschismus angesehen werden.<ref>Yeshayahu A. Jelinek: ''Storm-Troopers in Slovakia: The Rodobrana and the Hlinka Guard.'' In: ''Journal of Contemporary History.'' Band 6, Nr. 3, 1971, S. 97–119, hier S. 100.</ref> Der US-amerikanische Faschismusforscher [[Stanley Payne]] (1995) sieht den radikalen Flügel um Tuka und die Rodobrana als „stark faschistenfreundlich, wenn nicht selbst faschistisch“,<ref>Stanley Payne: ''Geschichte des Faschismus. Aufstieg und Fall einer europäischen Bewegung.'' Wien 2006 [englische Originalausgabe 1995], S. 377.</ref> und die deutsche Historikerin Sabine Witt (2015) beschreibt sie als „[[Präfaschismus|proto-faschistische]] Wehrorganisation“.<ref>Sabine Witt: ''Nationalistische Intellektuelle in der Slowakei 1918–1945. Kulturelle Praxis zwischen Sakralisierung und Säkularisierung.'' Berlin/ München/ Boston 2015, S. 131.</ref> Im Gegensatz dazu ordnen neuere Studien der slowakischen Faschismusforschung von [[Anton Hruboň]] (2015 und 2019) und [[Jakub Drábik]] (2019) die ''Rodobrana'' auf Basis der Faschismusdefinition [[Roger Griffin]]s eindeutig dem Faschismus zu.<ref>Jakub Drábik: ''Fašizmus'' [= Faschismus]. Bratislava 2019, S. 406; Anton Hruboň: ''Fašistický mýtus znovuzrodenia v kontexte ideológie Národnej obce fašistickej a Rodobrany'' [= Der faschistische Mythos der Wiedergeburt im Kontext der Ideologie der Nationalen Faschistischen Gemeinschaft und der Rodobrana]. In: ''Český časopis historický'', Band 113, Nr. 2, 2015, S. 454–487, hier S. 484; Anton Hruboň (Einleitung und Hg.): ''Ľudácka čítanka – Sila propagandy, propaganda sily'' [= Das Ludaken-Lesebuch – Die Macht der Propaganda, die Propaganda der Macht]. Bratislava 2019, S. 21.</ref> Nach Hruboň (2019) könne man die ''Rodobrana'' sogar als „den Grundstein der slowakischen Nationalvarietät des Faschismus bezeichnen“.<ref>Anton Hruboň (Einleitung und Hg.): ''Ľudácka čítanka – Sila propagandy, propaganda sily'' [= Das Ludaken-Lesebuch – Die Macht der Propaganda, die Propaganda der Macht]. Bratislava 2019, S. 21.</ref> Betont werden dabei insbesondere ...

Der britische Historiker Thomas Lorman (2019) ordnet Tukas paramilitärischen Verband ebenfalls dem Faschismus zu, merkt dabei jedoch an, dass ihre faschistischen Neigungen „teilweise durch Zweideutigkeit verdeckt [wurden]“. So habe die ''Rodobrana'' im Gegensatz zu ihren ausländischen Vorbildern „keine systematische Gewalt ausgeübt“. Auch habe sie in ihren „zehn Geboten“ ihre Mitglieder dazu verpflichtet, die „Gesetze und die öffentliche Ordnung“ einzuhalten. Im in ihrem offiziellen Programm, dem „Rodobraner Katechismus“, beharrte die Führung der ''Rodobrana'' ebenfalls auf einer Loyalität gegenüber der Tschechoslowakei.<ref>Thomas Lorman: ''The Making of the Slovak People’s Party: Religion, Nationalism and the Culture War in Early 20th-Century Europe.'' London/New York 2019, S. 199 f.</ref> Der US-amerikanische Historiker und Tiso-Biograph James Mace Ward (2013) bezeichnet die ''Rodobrana'' als die „slowakischen Schwarzhemden“.<ref>James Mace Ward: ''Priest, Politician, Collaborator: Jozef Tiso and the Making of Fascist Slovakia.'' Ithaca/ London 2013, S. 94.</ref>

Betont wird dabei insbesondere die ihrem Programm enthaltene Forderung einer „Reinigung“ der Nation, das propagierte [[Märtyrer|Märtyrertum]]
Dieser Klassifizierung folgt auch Thomas Lorman (2019), der jedoch betont, dass die faschistische Orientierung der ''Rodobrana'' „teilweise von Uneindeutigkeiten verdunkelt [wurden]“. So habe sie nie die



Nachdem Tuka und Snaczký wegen Spionage im Jahr 1929 zu einer langjährigen Gefängnisstrafe verurteilt wurden, stiegen Karol Sidor und Alexander Mach zu den neuen Anführern des radikalen Parteiflügels und den wichtigsten Vertretern von Tukas radikaler, faschistischer Ideologie auf.<ref>Thomas Lorman: ''The Making of Slovak People's Party. Religion, Nationalism and the Culture War in Early 20th-Century Europe.'' London/New York 2019, S. 192.</ref> Die Rodobrana blieb dabei als eine [[Untergrundbewegung]] bestehen, die innerhalb lokaler Organisationen der Hlinka-Partei und im ''Orol'' aktiv war. Als ihr inoffizieller Anführer und wichtigster ideologischer Vertreter innerhalb der höheren Parteiränge fungierte Alexander Mach,<ref>Thomas Lorman: ''The Making of Slovak People's Party. Religion, Nationalism and the Culture War in Early 20th-Century Europe.'' London/New York 2019, S. 202.</ref> während Sidor in den 1930er Jahren eine eigene radikale Gruppe, die „Polonophilen“ anführte.<ref>Yeshayahu A. Jelinek: ''Storm-Troopers in Slovakia: The Rodobrana and the Hlinka Guard.'' In: ''Journal of Contemporary History.'' Band 6, Nr. 3, 1971, S. 97–119, hier S. 102.</ref>

=== Literatur ===
'''Detailstudien und Kapitel aus Monographien'''
* [[Yeshayahu A. Jelinek]]: ''Storm-Troopers in Slovakia: The Rodobrana and the Hlinka Guard.'' In: ''Journal of Contemporary History.'' Band 6, Nr. 3, 1971, S. 97–119.
* [[Anton Hruboň]]: ''Fašistický mýtus znovuzrodenia v kontexte ideológie Národnej obce fašistickej a Rodobrany'' [= Der faschistische Mythos der Wiedergeburt im Kontext der Ideologie der Nationalen Faschistischen Gemeinschaft und der Rodorana]. In: ''Český časopis historický'', Band 113, Nr. 2, 2015, S. 454–487. (slowakisch)
* Anton Hruboň: ''Alexander Mach – Radikál z povolania'' [= Alexander Mach – Ein Berufsradikaler]. Premedia Verlag, Bratislava 2018, ISBN 978-80-8159-667-4. (slowakisch)
** Zur Rodobrana insbesondere das Kapitel ''Srdcom fašista'' [= Ein Faschist von Herzen], S. 32–76.
* Peter Sokolovič: ''Hlinkova garda 1938–1945'' [= Die Hlinka-Garde 1938–1945]. Ústav pamäti národa, Bratislava 2009, ISBN 978-80-89335-10-7. (slowakisch)
** Zur Rodobrana insbesondere das Kapitel ''Predchodkyňa HG'' [= Die Vorgängerin der HG], S. 22–35.

'''Überblicksdarstellungen und weiterführende Literatur'''
* [[Jakub Drábik]]: ''Fašizmus'' [= Faschismus]. Verlag Premedia, Bratislava 2019, ISBN 978-80-8159-781-7. (slowakisch)
* [[Jörg K. Hoensch]]: ''Slovakia: “One God, One People, One Party!” The Development, Aims, and Failure of Political Catholicism.'' In: Richard J. Wolff, Jörg K. Hoensch (Hrsg.): ''Catholics, the State, and the European Radical Right, 1919-1945.'' (= Atlantic Studies on Society in Change, Nr. 50) Boulder, CO: Social Science Monographs, New York 1987, ISBN 0-88033-126-7, S. 158–181.
* [[Ivan Kamenec]]: ''Demokratický systém a extrémne politické prúdy na Slovensku v medzivojnovom období'' [= Das demokratische System und extreme politische Strömungen in der Slowakei der Zwischenkriegszeit]. In: Valerián Bystrický (Hg.): ''Slovensko v politickom systéme Československa. Materiály z vedeckého sympózia Častá 11.-13. novembra 1991'' [= Die Slowakei im politischen System der Tschechoslowakei. Materialien vom wissenschaftlichen Symposium Častá 11.–13. November 1991]. Slovenská národná rada - Historický ústav SAV, Bratislava 1992, S. 113–120.
* Natália Krajčovičová: ''Slovakia in Czechoslovakia, 1918–1938.'' In: Mikuláš Teich, Dušan Kováč, Martin D. Brown (Hg.): ''Slovakia in History.'' Cambridge University Press, Cambridge u. a. 2011, ISBN 978-0-521-80253-6, S. 137–156.
* Róbert Letz: ''Hlinkova slovenská ľudová strana: Pokus o syntetický pohľad'' [= Hlinkas Slowakische Volkspartei: Versuch um eine synthetische Betrachtung]. In: Róbert Letz, Peter Mulík, Alena Bartlová (Hrsg.): ''Slovenská ľudová strana v dejinách 1905–1945'' [= Die Slowakische Volkspartei in der Geschichte 1905–1945]. Matica slovenská, Martin 2006, ISBN 80-7090-827-0, S. 12–108. (slowakisch)
* Ľubomír Lipták: ''Das politische System der slowakischen Republik 1939–1945.'' In: Erwin Oberländer (Hrsg.): ''Autoritäre Regime in Ostmittel- und Südosteuropa 1919–1944.'' 2., um ein Nachwort ergänzte Auflage, Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 2017 [2001], ISBN 978-3-506-78585-5, S. 299–336.
* Thomas Lorman: ''The Making of the Slovak People’s Party: Religion, Nationalism and the Culture War in Early 20th-Century Europe.'' Bloomsbury Academic, London/ New York 2019, ISBN 978-1-3501-0937-7.
* Victor S. Mamatey: ''Die Entwicklung der Tschechoslowakischen Demokratie 1920–1938.'' In: Victor S. Mamatey, Radomír Luža: ''Geschichte der Tschechoslowakischen Republik 1918–1948.'' Verlag Böhlau, Wien/ Köln/ Graz 1980 [englische Originalausgabe 1973], ISBN 3-250-07114-X, S. 109–179.
* [[Ernst Nolte]]: ''Die faschistischen Bewegungen.'' (= dvt-Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts) 9. Auflage, Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1984 [Originalausgabe 1966], ISBN 3-423-04004-1.
* Eliška Hegenscheidt-Nozdrovická: ''„Die Slowakei den Slowaken!“ Die separatistischen Strömungen in der Slowakei zwischen 1918 und 1939.'' Diplomatica Verlag, 2012, ISBN 978-3-8428-7210-3.
* [[Stanley Payne]]: ''Geschichte des Faschismus. Aufstieg und Fall einer europäischen Bewegung.'' Tosa Verlag, Wien 2006 [englische Originalausgabe 1995], ISBN 978-3-85003-037-3.
* Roland Schönfeld: ''Slowakei. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart.'' Verlag Friedrich Pustet/ Südosteuropa-Gesellschaft, Regensburg 2000, ISBN 3-7917-1723-5.
* Miloslav Szabó: ''“For God and Nation”: Catholicism and the Far-Right in the Central European Context (1918-1945).'' In: ''Historický časopis'', Band 66, Nr. 5, 2019, S. 885–900.
* James Mace Ward: ''Priest, Politician, Collaborator: Jozef Tiso and the Making of Fascist Slovakia.'' Cornell University Press, Ithaca/ London 2013, ISBN 978-0-8014-4988-8.

=== Anmerkungen ===

Version vom 3. März 2025, 20:53 Uhr

Pogańske gwary z Narewu (deutsch: Pagane Dialekte am Narew) ist der Titel einer seit 1982 der Fachwelt bekannt gewordenen Wortliste mit Übersetzungen von 215 Wörtern vom Polnischen in eine untergegangene baltische Sprache. Trotz der mysteriösen, spektakulären Umstände ihrer Entdeckung wird sie von der Fachwelt mehrheitlich als authentisch eingeschätzt. Das wiedergegebene baltische Vokabular ist wahrscheinlich das bisher vollständigste Textfragment der um das 17. Jahrhundert ausgestorbenen jatwingischen Sprache, wenn auch mit einigen äußeren Einflüssen.

Fundumstände

Im Sommer 1978 erwarb der jugendliche passionierte Hobby-Sammler von Antiquitäten und antiquarischen Büchern Wjatscheslaw Sinow (* 1960, belarussisch Вячаслаў Зінаў, Wjatschaslaṷ Zinaṷ) aus Brest (damals Belarussische Sozialistische Sowjetrepublik, Sowjetunion, heute Belarus) im Dorf Nowy Dwor/Rajon Pruschany im Norden des belarussischen Teils des Belowescha-Nationalparks zu einem erschwinglichen Preis von einem Bauern ein altes Gebetsbüchlein. Weil es in lateinischer Sprache gedruckt wurde, muss es in dieser Region zur Zeit der politischen und religiös-katholischen Vorherrschaft Polen-Litauens zwischen dem späten 15. Jahrhundert (Erfindung des Buchdrucks) und 18. Jahrhundert (Teilungen Polens) entstanden sein. Dort fand sich auf den letzten Seiten handschriftlich eingeschrieben eine Wortliste mit Übersetzungen vom Polnischen in eine unbekannte baltische Sprache unter der genannten Überschrift. Weil das alte Manuskript kaum noch lesbar war, übertrug es Sinow in seinen Notizblock. Kurz darauf wurde Sinow zum Wehrdienst in der Sowjetarmee eingezogen (1978–1980). In dieser Zeit durchsuchten seine Eltern, unter den Bedingungen des staatlich erzwungenen Atheismus in der Sowjetunion (siehe Gottlosenbewegung) besorgt über die religiösen Interessen ihres Sohnes, seine Sammlung und verbrannten alle religiösen Hinterlassenschaften im Ofen, darunter auch dieses Gebetsbüchlein.

Im Jahr 1982 präsentierte Sinow seine Umschrift im Notizheft dem Baltistik-Professor an der Universität Vilnius, damals Litauische Sozialistische Sowjetrepublik, Zigmas Zinkevičius, der sie trotz der mysteriösen Fundumstände als glaubwürdig und authentisch einstufte und in den 1980er und 1990er Jahren Kongresse und Publikationen organisierte, um die Fachwelt auf dieses wahrscheinlich größte Fragment der untergegangenen jatwingischen Sprache aufmerksam zu machen.

Sprachmerkmale und Entstehungsindizien

Die Ausgangssprache der Wortliste ist Polnisch mit einigen belarussischen Einflüssen. Zinkevičius vermutet, dass der ursprüngliche Autor ein regionaler polnisch-katholischer Priester war, der die Notiz irgendwann zwischen dem späten 15. und dem frühen 17. Jahrhundert in sein Gebetbuch schrieb, weil er versuchte, eine regionale heidnische/pagane Restbevölkerung sprachlich zu erreichen. Das die Region beherrschende Großfürstentum Litauen konvertierte nach langem Widerstand gegen die Christianisierung erst 1386, als letzter großer europäischer Staat, zum Christentum. Letzte ländliche heidnische/pagane Restgruppen existierten wohl noch bis ins frühe 17. Jahrhundert.

Die übersetzten Wörter kommen aus einer peripheren baltischen Sprachform mit einigen altertümlichen Merkmalen (wie dem Erhalt von altbaltisch /ē/ statt litauisch /i/; /z/ und /s/ statt litauisch /ž/ und /š/; Erhalt von altbaltisch *a, wie in nasis = ‚Nase‘, statt litauisch nosis; Erhalt des Neutrums auf -o; Erhalt der Verbalendung im Infinitiv auf -t(i)/-d(i)) und einigen spezifischen Merkmalen (wie /k/-->/t/, bei teter = ‚vier‘, statt litauisch keturi; Diphthong /ei/-->/i/ oder /e/; /ē/-->/ī/; Wegfall einiger Anlaute). Von der Lexik sind 11 % der Wörter allen baltischen Sprachen gemeinsam, 9 % sind nur aus der verwandten westbaltischen Sprache Altpreußisch bekannt, 20 % dagegen aus ostbaltischen Sprachen, meistens aus dem Litauischen, 28 % sind in Wurzel und Struktur eindeutig als baltisch zu erkennen, aber nicht aus anderen baltischen Sprachen bekannt. Einige Wörter ließen sich nur mit ganz anderen archaischen indogermanischen Sprachen, wie Altarmenisch oder Altindisch, wiedererkennen. Dabei ließen sich auch einige Bedeutungsverschiebungen erkennen. Außerdem lassen sich drei polnische Lehnwörter sowie 20 Germanismen aus einer dem Deutschen nahestehenden Dialekt- oder Sprachform erkennen (wie hantus = ‚Hand‘, augi = ‚Augen‘, monda = ‚Mond‘, wurc = ‚Wurzel‘). Überraschenderweise stammt sogar mehr als ein Wort aus finno-ugrischen Sprachen, speziell aus dem Altungarischen. Magyaren durchstreiften vor der „ungarischen Landnahme“ die Region im Frühmittelalter entfernt im Süden.

Alle diese sehr speziellen Merkmale lassen Experten zur großen Mehrheit ablehnen, dass die Wortliste die Fälschung eines Jugendlichen oder eines dahinter stehenden sehr versierten Fälschers sein könnte. Vermutlich gehört sie zu einer regionalen Restgruppe von Sprechern der jatwingischen Sprache, die sich aber allmählich dem Litauischen annäherten. Das Siedlungsgebiet der westbaltischen Jatwinger reichte bis ins Hochmittelalter im Süden bis zum Narew. Außerdem ist historisch überliefert, dass einige Jatwinger und Prußen seit dem 13. Jahrhundert vor der gewaltsamen Zwangschristianisierung durch den Deutschen Orden ins noch bis ins 14. Jahrhundert Widerstand leistende Großfürstentum Litauen flüchteten und in die litauische Bevölkerung aufgingen.

Die Mehrheit der Baltisten klassifizieren die Wortliste als bisher umfangreichstes Sprachdenkmal der sonst nur über Toponyme, Lehnwörter und aus dem Sudauerbüchlein bekannten jatwingischen Sprache (deutsch auch „sudauische Sprache“ genannt) mit deutlichen litauischen Einflüssen. Wolfgang P. Schmid klassifiziert die baltische Sprache dagegen aufgrund der breiteren litauischen Merkmale schon als litauischen Dialekt mit einigen jatwingisch-westbaltischen Restmerkmalen oder Einflüssen. Die Germanismen in der Lexik identifizierte er dagegen nicht als Einflüsse der deutschen Sprache, sondern des Jiddischen, im nordostjiddischen (litauischen) Dialekt. Die paganen Anwohner des oberen Narew hätten demnach schon länger in Sprachkontakt mit jüdisch-aschkenasischen Schtetl-Bewohnern der Umgebung gelebt.

Der Baltist Pietro U. Dini von der Universität Pisa hält es für möglich, dass es in Zukunft in der Region noch zu ähnlichen Funden von Sprachdenkmälern kommen könnte.

Bilder der Wortliste

Auf den drei Seiten finden sich die ersten 205 Wörter von den nach Dini 215 Wörtern der handschriftlichen Liste:

Literatur

Commons: Pogańske gwary z Narewu – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien