Wiener-Chaos-Zerlegung und Cheoykamdee: Unterschied zwischen den Seiten
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#WEITERLEITUNG [[Ronnapee Chaicumde]] |
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Die '''Wiener-Chaos-Zerlegung''' bezeichnet in der [[Stochastik]] die orthogonale Zerlegung des [[Lp-Raum|L<sup>2</sup>]]-Raumes eines [[gaußscher Wahrscheinlichkeitsraum|gaußschen Wahrscheinlichkeitsraum]]. Sie spielt eine wichtige Rolle im [[Malliavin-Kalkül]]. Die orthogonalen Räume der Hilbert-Summe sind [[Eigenraum|Eigenräume]] eines [[Differentialoperator]]s und werden ''Wiener-Chaos'' genannt. |
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Die Wiener-Chaos-Zerlegung trägt den Namen [[Norbert Wiener]]s, welcher [[1938]] eine solche Zerlegung für den L<sup>2</sup>-Raum |
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:<math>L^2(C_0(0,1),\mathcal{B}(C_0),\mu)=\bigoplus_{n=0}^{\infty}\mathcal{H}_n</math> |
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fand, wobei <math>(C_0(0,1),\mathcal{B}(C_0),\mu)</math> der [[Klassischer Wiener-Raum|klassische Wiener-Raum]] ist.<ref>{{Literatur |Autor=Norbert Wiener |Hrsg=The Johns Hopkins University Press |Titel=The Homogeneous Chaos |Sammelwerk=American Journal of Mathematics |Band=60 |Nummer=4 |Datum=1938 |Seiten=897-936 |DOI=10.2307/2371268}}</ref> |
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Im Falle eines gaußschen Raumes spielen verallgemeinerte [[Hermitesches Polynom|hermitesche Polynome]] eine zentrale Rolle, welche eine [[Orthogonalbasis]] bilden. Solche Zerlegungen lassen sich aber auch für allgemeinere Räume und Maße konstruieren und man spricht dann von '''polynomialen Chaos'''. Wiener selbst nannte seine Zerlegung ''homogenes Chaos''. |
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[[Itō Kiyoshi]] zeigte [[1951]], dass die Elemente des Wiener-Chaos als [[Multiples stochastisches Integral|multiple stochastische Integrale]] interpretiert werden können, man spricht in diesem Fall von der '''Wiener-Itō-Chaos-Zerlegung'''.<ref>{{Literatur|Autor=Kiyoshi Itô|Titel=Multiple Wiener integral|Sammelwerk=J. Math. Soc. Japan|Band=3|Datum=1951|Seiten=157–169}}</ref> |
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== Wiener-Chaos == |
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Sei <math>(H,\langle,\rangle)</math> ein separabler [[Hilbert-Raum]] und <math>T</math> ein [[Kompakter Operator|kompakter]], [[Selbstadjungierter Operator|selbst-adjungierter Operator]] darauf. Nach dem [[Spektralsatz#Spektralsatz für kompakte Operatoren|Spektralsatz für kompakte Operatoren]] existiert nun eine Hilbert-Basis in Form von Eigenvektoren von <math>T</math>. Für <math>H=L^2(\R/\Z,\mathcal{B}(\R/\Z),dx)</math> mit Lebesgue-Maß <math>dx</math> und den Laplace-Operator <math>\Delta:C^{\infty}_c(\R/\Z)\to L^2(\R/\Z,dx)</math> ist eine solch Orthonormalbasis durch <math>\{e^{2\pi \mathrm{i}nx}\}_{n \in\Z}</math> mit Eigenwerten <math>-(2\pi n)^2</math> gegeben. |
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Die Kompaktheit von <math>\R/\Z</math> ist entscheidend, betrachten wir stattdessen <math>L^2(\R,\mathcal{B}(\R),dx)</math>, so sind die Eigenfunktionen des Laplace-Operators nicht mehr integrierbar. Eine Lösung finden wir, wenn wir vom Lebesgue-Maß zum kanonischen Gauß-Maß |
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:<math>\gamma^1(dx)=\frac{1}{\sqrt{2\pi}}\exp\left(-\frac{x^2}{2}\right) dx</math> |
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wechseln, dann existiert eine solche Spektral-Zerlegung in die Eigenräume des [[Infinitesimaler Generator|infinitesimalen Generators]] des [[Ornstein-Uhlenbeck-Prozess]]es. |
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=== Der ein-dimensionale Fall === |
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Sei <math>\partial</math> der Ableitungsoperator (auch [[Erzeugungs- und Vernichtungsoperator|Vernichtungsoperator]]) und <math>\partial^*</math> der [[Erzeugungs- und Vernichtungsoperator|Erzeugungsoperator]] |
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:<math>\partial=\frac{d}{dx},\quad \partial^*=-\frac{d}{dx}+x.</math> |
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Der Erzeugungsoperator ist der adjungierte Operator des Ableitungsoperators bezüglich des <math>L^2(\gamma^1)</math>-Skalarproduktes |
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:<math>\langle \partial f,g \rangle_{L^2(\gamma^1)}=\langle f, \partial^* g \rangle_{L^2(\gamma^1)}</math> |
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und es gilt die heisenbergsche Relation |
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:<math>\partial \partial^*-\partial^* \partial=1.</math> |
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Sei <math>\mathcal{N}=\partial^*\partial</math> der Besetzungszahloperator, dies ist der Differentialoperator |
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:<math>\mathcal{N} =-\frac{d^2}{dx^2}+x\frac{d}{dx}.</math> |
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Nun definieren wir die [[Hermitesches Polynom|hermitschen Polynome]] <math>\{H_n\}_{n=0}^{\infty}</math> mit Hilfe dieser Operatoren und den Beziehungen |
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:<math>\begin{align}H_n&=\partial^* H_{n-1}=(\partial^*)^n1,\\ |
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\partial H_n&=nH_{n-1},\end{align}</math> |
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das heißt <math>H_0(x)=1,\;H_2(x)=x, \;H_3(x)=x^2-1,\;H_4(x)=x^3-3x,</math> usw. |
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Die hermiteschen Polynome sind die Eigenfunktionen des Operators <math>\mathcal{N}</math>. Weiter gilt aus den oberen Beziehungen |
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:<math>\langle H_s,(\partial^*)^{m} 1 \rangle_{L^2(\gamma^1)}=\langle (\partial^*)^{m} H_s, 1 \rangle_{L^2(\gamma^1)}</math> |
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und daraus folgt, dass die normalisierten hermitschen Polynome <math>\left\{(n!)^{-1/2}H_n\right\}_{n=0}^{\infty}</math> eine Orthonormalbasis von <math>L^2(\R,\mathcal{B}(\R),\gamma^1(dx))</math> bilden. |
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Sei nun <math>F\in L^2(\R,\mathcal{B}(\R),\gamma^1)</math> und <math>\partial^n F\in L^2(\R,\mathcal{B}(\R),\gamma^1)</math> für alle <math>n\geq 1</math>, dann gilt die Darstellung |
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:<math>F=\sum\limits_{i=0}^{\infty}\frac{1}{n!}\langle F,H_n\rangle_{L^2(\gamma_1)}=\sum\limits_{i=0}^{\infty}\frac{1}{n!}\mathbb{E}_{\gamma^1}[\partial^n F]H_n.</math> |
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Weiter ist die [[erzeugende Funktion]] gegeben durch |
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:<math>g(x,t)=\exp\left(tx-\frac{t^2}{2}\right)=\sum\limits_{i=0}^{\infty}\frac{t^n}{n!}H_n(x).</math><ref>{{Literatur |Autor=Paul Malliavin |Hrsg=Springer |Titel=Stochastic Analysis |Ort=Berlin, Heidelberg |Datum=1997 |ISBN=3-540-57024-1 |Seiten=5-9 |DOI=10.1007/978-3-642-15074-6}}</ref> |
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=== Der unendlich-dimensionale Fall === |
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Betrachte nun <math>L^2(\R^{\N},\mathcal{B}(\R^{\N}),\gamma^{\infty})</math> wobei <math>\gamma^{\infty}=\bigotimes_{i=1}^{\infty}(\gamma^{1}(dx_i)).</math> Beachte, <math>\R^{\N}</math> ist zwar kein [[Banach-Raum]], aber ein separabler [[Fréchet-Raum]]. |
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Sei <math>(e_k)_{k=1}^{\infty}</math> eine Standardbasis von <math>\R^{\N}</math> und für ein <math>x\in \R^{\N}</math> sei <math>e_k^{*}(x)=x_k</math> die Projektion auf die <math>k</math>-te Komponente. Definiere die Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren in die entsprechende Richtung |
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:<math>(\partial_k f)(x)=\lim\limits_{\varepsilon\to 0}\varepsilon^{-1} \left(f(x+\varepsilon e_k\right)-f(x)),\quad \quad(\partial_k^{*} f)(x)=-(\partial_k f)(x)+e^*_k f(x)</math> |
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sowie den Ornstein-Uhlenbeck-Generator |
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:<math>\operatorname{L}=\sum\limits_{k\in \N}\mathcal{N}_k=\sum\limits_{k\in \N}\partial_k^{*}\partial_k</math>. |
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Für eine Abbildung <math>p:\N\to \N\cup \{0\}</math> definiere <math>|\mathbf{p}|:=\sum\limits_{n\in\N}p(n)</math> sowie den Raum <math>\mathcal{E}=\{p:|\mathbf{p}|<\infty\}</math>. Wir interpretieren <math>p</math> als [[Multiindex]], dann ist <math>\mathcal{E}</math> der Raum der Multiindexe mit einer endlichen Anzahl von Null verschiedener Wert. |
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Für ein <math>p\in\mathcal{E}</math> definieren wir <math>\mathbf{p}!:=\prod\limits_{n\in\N}p(n)!</math> und die verallgemeinerten hermitschen Polynome |
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:<math>\mathbf{H}_p(x)=\prod\limits_{n\in \N}H_{p(n)}(e_n^{*}(x)),\quad x\in\R^{\N}</math> |
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es gilt wieder die Beziehung |
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:<math>\mathbf{H}_p(x)=\prod_{n\in \N} (\partial^{*}_n)^{p(n)} 1.</math> |
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Die <math>\left\{\mathbf{H}_p\right\}_{p\in\mathcal{E}}</math> sind Eigenfunktionen des Ornstein-Uhlenbeck-Generators <math>\operatorname{L}</math>, des Weiteren ist <math>\left\{(\mathbf{p}!)^{-1/2}\mathbf{H}_p\right\}_{p\in\mathcal{E}}</math> eine Orthonormalbasis von <math>L^2(\R^{\N},\mathcal{B}(\R^{\N}),\gamma^{\infty})</math>. Außerdem ist die [[lineare Hülle]] von <math>\left\{(\mathbf{p}!)^{-1/2}\mathbf{H}_p\right\}_{p\in\mathcal{E}}</math> eine dichte Menge in <math>L^r(\R^{\N},\mathcal{B}(\R^{\N}),\gamma^{\infty})</math> für <math>r\in [1,\infty)</math>. Wir haben somit eine orthogonale Zerlegung |
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:<math>L^2(\R^{\N},\mathcal{B}(\R^{\N}),\gamma^{\infty})=\bigoplus_{n=0}^{\infty}\mathcal{H}_n</math> |
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wobei <math>\mathcal{H}_n=\overline{\operatorname{span}\{H_{p}:p\in \mathcal{E}, |\mathbf{p}|=n\}}</math> und <math>\mathcal{H}_n\perp \mathcal{H}_m</math> für alle <math>n\neq m</math>. |
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Sei nun <math>F(x_1,\dots,x_k)</math> mit <math>k\in\N</math> und <math>\partial_k^n F \in L^2(\R^{k},\mathcal{B}(\R^{k}),\gamma^{k})</math> für alle <math>n\geq 1</math>, dann existiert eine Darstellung der Form |
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:<math>F=\sum\limits_{p\in\mathcal{E}}\frac{1}{\mathbf{p}!}\mathbb{E}_{\gamma^k}\left[\prod_{n\in \N} (\partial_n)^{p(n)}F\right]\mathbf{H}_{p}.</math><ref>{{Literatur |Autor=Paul Malliavin |Hrsg=Springer |Titel=Stochastic Analysis |Ort=Berlin, Heidelberg |Datum=1997 |ISBN=3-540-57024-1 |Seiten=9-13 |DOI=10.1007/978-3-642-15074-6}}</ref> |
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=== Wiener-Chaos-Zerlegung === |
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Als letzter Schritt kann man nun eine solche Zerlegung für allgemeine gaußsche Wahrscheinlichkeitsräume herleiten. Sei <math>H</math> ein separabler Hilbertraum, <math>\{W(h),h\in H\}</math> ein [[isonormaler Gauß-Prozess]] und <math>(\Omega,\mathcal{A},P,W(H))</math> ein irreduzibler gaußscher Wahrscheinlichkeitsraum. Weiter sei <math>\{h_n\}_{n=1}^{\infty}</math> eine Basis von <math>H</math>, definiere für <math>p\in\mathcal{E}</math> die verallgemeinerten hermitschen Funktionen |
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:<math>\Phi_{p}=(\mathbf{p}!)^{-1/2}\prod\limits_{n\in \N}H_{p(n)}(W(h_n)).</math> |
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Die Menge <math>\left\{\Phi_{p}: p\in\mathcal{E},|\mathbf{p}|=n\right\}</math> bildet eine Orthonormalbasis des <math>n</math>-ten ''Wiener-Chaos'' <math>C_n</math> definiert durch |
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:<math>C_n=\overline{\operatorname{span}\{H_{n}(W(h)), h\in H,\|h\|_{H}=1\}}\quad</math> für <math>\quad n\in \N</math> |
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und <math>C_0=\R</math>. Es gilt <math>C_n\perp C_m</math> für <math>n\neq m,</math>. |
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Es existiert nun die '''Wiener-Chaos-Zerlegung''' |
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:<math>L^2(\Omega,\mathcal{A},P)=\bigoplus_{n=0}^{\infty}C_n,</math> |
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welche unabhängig von der Wahl der Basis <math>\{h_n\}_{n=1}^{\infty}</math> ist. Die <math>\left\{\Phi_{p}: p\in\mathcal{E}\right\}</math> bilden eine Orthonormalbasis von <math>L^2(\Omega,\mathcal{A},P)</math>.<ref>{{Literatur |Autor=Paul Malliavin |Hrsg=Springer |Titel=Stochastic Analysis |Ort=Berlin, Heidelberg |Datum=1997 |ISBN=3-540-57024-1 |Seiten=17-18 |DOI=10.1007/978-3-642-15074-6}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=David Nualart |Hrsg=Springer Berlin, Heidelberg |Titel=The Malliavin Calculus and Related Topics |Datum=2006 |Seiten=4-8 |DOI=10.1007/3-540-28329-3}}</ref> |
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Es lässt sich zeigen, dass die verallgemeinerten hermiteschen Funktionen Eigenfunktionen des Generators einer [[stark stetige Halbgruppe]] von Kontraktionen genannt [[Ornstein-Uhlenbeck-Halbgruppe]] ist. |
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== Literatur == |
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* {{Literatur |
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|Autor=Norbert Wiener |
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|Hrsg=The Johns Hopkins University Press |
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|Titel=The Homogeneous Chaos |
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|Sammelwerk=American Journal of Mathematics |
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|Band=60 |
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|Nummer=4 |
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|Datum=1938 |
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|Seiten=897-936 |
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|DOI=10.2307/2371268}} |
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* {{Literatur |
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|Autor=Paul Malliavin |
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|Hrsg=Springer |
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|Titel=Stochastic Analysis |
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|Ort=Berlin, Heidelberg |
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|Datum=1997 |
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|ISBN=3-540-57024-1 |
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|DOI=10.1007/978-3-642-15074-6}} |
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== Einzelnachweise == |
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<references /> |
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[[Kategorie:Stochastik]] |
Aktuelle Version vom 20. August 2023, 00:13 Uhr
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