Chronik des russischen Überfalls auf die Ukraine, Juli und August 2022 und Kategorie:Hnilčík: Unterschied zwischen den Seiten
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{{Laufendes Ereignis|1=eine aktuelle militärische Operation}} |
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{{Infobox Militärischer Konflikt |
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|BILD = 2022 Russian invasion of Ukraine.svg |
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|BESCHREIBUNG = '''Militärische Lage (28. Februar 2022)'''<br />{{Farblegende|#e3d975|Kontrolliert von der Ukraine}}{{Farblegende|#ebc0b3|Kontrolliert von russischem Militär und pro-russischen Separatisten}} |
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|DATUM = ab 24. Februar 2022 |
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|ORT = [[Ukraine]] |
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|CASUS = |
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|GEBIETE = |
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|AUSGANG = noch andauernd |
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|KONTRAHENT1 = {{RUS}}<br />[[Datei:New Donetsk Peoples Republic flag.svg|20px|klasse=noviewer|alt=|Volksrepublik Donezk]] „[[Volksrepublik Donezk]]“<br /><small>(Milizen, int. nicht anerkannt)</small><br />[[Datei:Flag of the Lugansk People's Republic (Official).svg|20px|klasse=noviewer|alt=|Volksrepublik Lugansk]] „[[Volksrepublik Lugansk]]“<br /> |
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<small>(Milizen, int. nicht anerkannt)</small> |
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|KONTRAHENT2 = {{UKR}} |
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|BEFEHLSHABER1 = {{RUS|Ziel=Wladimir Putin}}<br />[[Datei:New Donetsk Peoples Republic flag.svg|20px|klasse=noviewer|alt=|Volksrepublik Donezk]] [[Denis Wladimirowitsch Puschilin|Denis Puschilin]]<br />[[Datei:Flag of the Lugansk People's Republic (Official).svg|20px|klasse=noviewer|alt=|Volksrepublik Lugansk]] [[Leonid Iwanowitsch Passetschnik|Leonid Passetschnik]] |
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|BEFEHLSHABER2 = {{UKR|Ziel=Wolodymyr Selenskyj}}<br /> |
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|TRUPPENSTÄRKE1 = '''Russland'''<br />~175.000–190.000<ref>{{Internetquelle |autor=Julian E. Barnes |url=https://www.nytimes.com/2022/01/10/us/politics/russia-ukraine-helicopters.html |titel=Russia Positioning Helicopters, in Possible Sign of Ukraine Plans |werk=The New York Times |datum=2022-01-10 |sprache=en |abruf=2022-02-25}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Shashank Bengali |url=https://www.nytimes.com/live/2022/02/18/world/russia-ukraine-biden-putin |titel=The U.S. says Russia’s troop buildup could be as high as 190,000 in and near Ukraine |werk=The New York Times |datum=2022-02-18 |sprache=en |abruf=2022-02-25}}</ref><br /> |
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'''VR Donezk'''<br />20.000<ref>{{Literatur |Titel=The Military Balance 2021 |Verlag=International Institute for Strategic Studies |Ort=Abingdon, Oxon |Datum=2021 |ISBN=978-1-03-201227-8}}</ref><br /> |
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'''VR Luhansk'''<br />14.000<ref>{{Literatur |Titel=The Military Balance 2021 |Verlag=International Institute for Strategic Studies |Ort=Abingdon, Oxon |Datum=2021 |ISBN=978-1-03-201227-8}}</ref> |
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|TRUPPENSTÄRKE2 = 209.000 (Streitkräfte)<br />102.000 (paramilitärisch)<br />900.000 (Reservisten)<ref>{{Literatur |Titel=The Military Balance 2021 |Verlag=International Institute for Strategic Studies |Ort=Abingdon, Oxon |Datum=2021 |ISBN=978-1-03-201227-8}}</ref> |
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|VERLUSTE1 = 3500 russische Soldaten <small>(ukrainische Angaben, Stand: 26. Februar)</small><ref>{{Literatur |Titel=Ukraine-Krieg: 3500 Soldaten aus Russland nach ukrainischen Angaben getötet |Sammelwerk=Der Spiegel |Datum=2022-02-26 |ISSN=2195-1349 |Online=https://www.spiegel.de/ausland/ukraine-krieg-3500-soldaten-aus-russland-nach-ukrainischen-angaben-getoetet-a-a11b3c5d-3a74-433e-b4fd-f453559c5f93 |Abruf=2022-02-26}}</ref> |
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|VERLUSTE2 = 150 ukrainische [[Kriegsgefangener|Kriegsgefangene]] <small>(russische Angaben, Stand: 25. Februar)</small><ref>{{Internetquelle |url=https://edition.cnn.com/europe/live-news/ukraine-russia-news-02-25-22/h_7b91f6ad08bf5829abc44f2098f1c49d |titel=“Counter offensive” ongoing in Donbas, says Russian military |datum=2022-02-25 |sprache=en |abruf=2022-02-26}}</ref> |
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|ZIVILVERLUSTE = 198 zivile Tote, 1100 zivile Verletzte <small>(ukrainische Angaben, Stand: 26. Februar)</small><ref>[https://www.oe24.at/welt/bisher-198-zivilisten-durch-russische-angriffe-getoetet/511888220 Stand 26. Februar: 198 Zivilisten durch russische Angriffe getötet]</ref><br /> |
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276.000 Flüchtlinge, davon 116.000 in Nachbarländer geflohen und 160.000 im Land auf der Flucht <small>(laut [[Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen|UNHCR]], Stand: 27. Februar)</small><ref name="tagesschau_2022-02-27">{{Internetquelle |autor=tagesschau.de |url=https://www.tagesschau.de/newsticker/liveblog-ukraine-krieg-sonntag-101.html |titel=UN: 300.000 Menschen vertrieben |sprache=de |abruf=2022-02-27}}</ref> |
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|NOTIZEN = |
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|ÜBERBLICK = {{Linkbox Ukrainekrieg}} |
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{{SORTIERUNG:Hnilcik}} |
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[[Datei:2014 Russo-ukrainian-conflict map.svg|mini|hochkant=1.4|Ostukraine und angrenzendes Territorium der [[Russische Föderation|Russischen Föderation]] mit den unter Kontrolle prorussischer Separatisten stehenden Gebieten in den ukrainischen Oblasten [[Oblast Donezk|Donezk]] und [[Oblast Luhansk|Luhansk]] und der von Russland 2014 annektierten [[Krim|Halbinsel Krim]]<br />(Stand: 11. September 2014)]] |
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Der '''russische Überfall auf die Ukraine''' ist eine seit dem 24. Februar 2022 von [[Russland]] ausgehende, [[Invasion (Militär)|militärische Invasion]] eines souveränen Nachbarstaats, der [[Ukraine]]. Der [[Überfall (Militär)|Überfall]] weitet den [[Krieg in der Ukraine seit 2014]] aus und verschärft ihn. Er gilt bei einigen Beobachtern als potenziell größter kriegerischer Konflikt in Europa seit dem Ende des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieges]].<ref>[[Timothy Garton Ash]]: [https://www.theguardian.com/commentisfree/2022/feb/24/russia-invasion-ukraine-europe-ukrainians ''Russia’s invasion of Ukraine will change the face of Europe for ever''], in: ''theguardian.com'' vom 24. Februar 2022, abgerufen am 27. Februar 2022.</ref> |
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[[Kategorie:Košický kraj nach Gemeinde]] |
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[[Kategorie:Okres Spišská Nová Ves]] |
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Bereits 2014 hatte die [[Russische Föderation]] auf Betreiben ihres [[Präsident der Russischen Föderation|Präsidenten]] [[Wladimir Putin]] die [[Annexion der Krim 2014|Krim annektiert]] und seither einen nicht erklärten [[Krieg in der Ukraine seit 2014|Krieg in der Ostukraine]] geführt. Seit Ende 2021 ließ Putin im Rahmen einer als [[Militärmanöver|Manöver]] angekündigten militärischen Operation russische Truppen in die Nähe der [[Grenze zwischen Russland und der Ukraine|Grenze zur Ukraine]] verlegen – zum Teil auch in Gebiete des benachbarten [[Belarus]]. Das Manöver sollte offiziell am 20. Februar 2022 enden, wurde aber darüber hinaus verlängert. Am 21. Februar 2022 erkannte Russland die staatliche Unabhängigkeit der von prorussischen [[Separatist]]en im [[Ostukraine|Osten der Ukraine]] kontrollierten und als „Volksrepubliken“ [[Volksrepublik Donezk|Donezk]] und [[Volksrepublik Lugansk|Lugansk]] proklamierten Gebiete im [[Oblast Donezk]] und im [[Oblast Lugansk]] offiziell an. |
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[[Kategorie:Zips]] |
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Am frühen Morgen des 24. Februar 2022 befahl Putin [[Streitkräfte Russlands|russischen Streitkräften]] aus [[Russische Luftstreitkräfte|Luftwaffe]], [[Schwarzmeerflotte|Marine]] und [[Russisches Heer|Heer]], die Ukraine und Einrichtungen der [[Ukrainische Streitkräfte|ukrainischen Streitkräfte]] anzugreifen. Die [[USA]], die Mitgliedsstaaten der [[Europäische Union|EU]] und der [[NATO]], die zuvor auf [[Diplomatie|diplomatischem Weg]] versucht hatten, den drohenden Konflikt zu verhindern, haben wie zahlreiche weitere Länder gegen den Angriff protestiert und umfangreiche [[#Sanktionen|wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland]] verhängt. Weitere Maßnahmen wurden angekündigt. Weltweit finden große Friedensdemonstrationen statt, deren Teilnehmer Solidarität mit der Ukraine zeigen und Russland zum Rückzug seiner Truppen auffordern. |
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== Vorgeschichte == |
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{{Hauptartikel|Krieg in der Ukraine seit 2014}} |
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=== Krieg und diplomatische Bemühungen seit 2014 === |
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Die Ukraine ist seit 1991 ein unabhängiger Staat. Die Beziehungen zu Russland verschlechterten sich spätestens im Jahr 2004: Bei den ukrainischen Präsidentschaftswahlen gewann der prowestliche Kandidat [[Wiktor Juschtschenko]] gegen den prorussischen Kandidaten [[Wiktor Janukowytsch]]. Sowohl 2006 als auch 2009 stoppte Russland im [[Russisch-ukrainischer Gasstreit|russisch-ukrainischen Gasstreit]] vorübergehend die Gaslieferungen an die Ukraine.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.dw.com/de/russland-und-die-ukraine-chronik-bis-zum-angriff/a-60199489 |titel=Russland und die Ukraine: Chronik bis zum Angriff |werk=Deutsche Welle |datum=2022-02-24 |abruf=2022-02-25}}</ref> |
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Janukowytsch wurde 2010 doch noch Präsident der Ukraine. Nachdem er ein [[Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Ukraine|Assoziierungsabkommen mit der EU]] ausgesetzt hatte, protestierten Einwohner wochenlang gegen ihn auf dem [[Majdan Nesaleschnosti|Maidan]] in [[Kiew]]. Nachdem er am 22. Februar 2014 aus Kiew geflohen war, wurde er vom Parlament abgesetzt. Tage darauf startete eine russische Militärübung nahe der ukrainischen Grenze. Im Februar/März erfolgte die russische [[Annexion der Krim 2014|Besetzung und Annexion der Halbinsel Krim]]. Prorussische [[Separatist]]en besetzten im April 2014 Verwaltungsgebäude in ostukrainischen Städten (siehe [[Krieg in der Ukraine seit 2014]]). Im Februar 2015 schlossen die Separatisten mit der ukrainischen Regierung die [[Minsk II|Waffenruhe von Minsk]], die allerdings oftmals nicht eingehalten wurde.<ref name=":0">{{Internetquelle |url=https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ukraine-konflikt-chronologie-100.html |titel=Ukraine: Was seit der Krim-Annexion geschah |werk=zdf.de |datum=2022-02-09 |abruf=2022-02-25}}</ref> |
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Russland konzentrierte im April 2021 bis zu 100.000 Soldaten an der ukrainischen Grenze und drohte mit einem militärischen Eingreifen, dennoch hielt die [[Süddeutsche Zeitung]] einen offenen Angriff in der Ostukraine für unwahrscheinlich.<ref>[https://www.sueddeutsche.de/politik/russland-ukraine-militaer-krim-1.5267325 Was hinter den Moskauer Muskelspielen steckt], Süddeutsche Zeitung, 17. April 2021</ref> Begründet wurde dies mit dem Schutz russischer Staatsbürger in der Ukraine. Bereits im Juni 2019 hatte Russland damit begonnen, eigene Pässe an ukrainische Staatsbürger im Separatistengebiet auszugeben. Der Aufmarsch endete nach etwa drei Wochen, nachdem der Westen und die Ukraine gegen ihn protestiert hatten.<ref name=":1">{{Internetquelle |url=https://www.rnd.de/politik/russland-ukraine-konflikt-aktuell-erklaert-eine-chronologie-der-ereignisse-I76EIPGX2YLF6CMSWDZLQOLU4Y.html |titel=Vom Euromaidan bis zum Putin-Beben: Wie sich der Konflikt zwischen Moskau und Kiew zuspitzte |werk=Redaktionsnetzwerk Deutschland |datum=2022-02-23 |abruf=2022-02-25}}</ref><ref name=":0" /> |
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=== Eskalation um die Jahreswende 2021–2022 === |
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Im Januar und Februar 2022 gab es mehrere Versuche einzelner [[NATO#Mitgliedstaaten|NATO-Staaten]] und des Militärbündnisses selbst, auf diplomatischem Wege mit Russland die Ukraine-Frage zu klären; Ziel war es, Russland dazu zu bewegen, seine Truppen von der ukrainischen Grenze abzuziehen. Beispielsweise trafen sich der französische [[Staatspräsident (Frankreich)|Präsident]] [[Emmanuel Macron|Macron]] und später auch der deutsche [[Bundeskanzler (Deutschland)|Bundeskanzler]] [[Olaf Scholz]] in [[Moskau]] mit dem russischen Präsidenten [[Wladimir Wladimirowitsch Putin|Wladimir Putin]]. Am 9. Februar gaben Macron, Scholz und der polnische [[Staatspräsident (Polen)|Präsident]] [[Andrzej Duda|Duda]] eine gemeinsame Erklärung ab. Sie seien bereit, „sich konstruktiv in substanzielle und ergebnisorientierte Gespräche über Sicherheitsfragen von beiderseitigem Interesse einzubringen“. Moskau müsse wissen, dass eine weitere militärische Aggression gegen die Ukraine politische, wirtschaftliche und geostrategische Folgen haben werde. Die russische Führung bestritt derweil, dass eine Invasion geplant sei.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.derstandard.at/story/2000133221724/scholz-macron-und-duda-machen-moskau-erneutes-gespraechsangebot |titel=Scholz, Macron und Duda machen Moskau erneutes Gesprächsangebot |werk=derstandard.at |datum=2022-02-09 |abruf=2022-02-25}}</ref> |
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Am 21. Februar 2022 erkannte Russland die beiden Separatisten-Gebiete [[Volksrepublik Donezk|Donezsk]] und [[Volksrepublik Lugansk|Lugansk]] in der Ostukraine offiziell an. Putin ließ sich zuvor vom russischen Parlament dazu aufrufen. Zusätzlich verteilte er die Verantwortung durch eine „öffentliche Sitzung“ des russischen [[Sicherheitsrat der Russischen Föderation|Sicherheitsrates]] auf viele Schultern; diese Veranstaltung wurde von westlichen Medien als bizarr wahrgenommen.<ref>[https://www.ft.com/content/95074e66-2da9-431e-8959-2039f5d3c08d Putin’s made-for-TV security debate gives him answers he wants to hear on Ukraine], Financial Times, 21. Februar 2022</ref><ref>[https://www.nzz.ch/international/russland-putin-inszeniert-ukraine-entscheidung-auf-bizarre-art-ld.1671173 «Setzen Sie sich!» Putin inszeniert seine Entscheidung zur Militärintervention in der Ukraine wie eine Schmierenkomödie], NZZ, 21. Februar 2021</ref><ref>[https://www.theguardian.com/world/2022/feb/21/putin-angry-spectacle-amounts-to-declaration-war-ukraine Putin’s absurd, angry spectacle will be a turning point in his long reign], [[The Guardian|Guardian]], 21. Februar 2022</ref> |
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Westliche Regierungen und die [[Präsident der Europäischen Kommission|EU-Kommissionspräsidentin]] [[Ursula von der Leyen]] nannten die Anerkennung einen Bruch des Völkerrechtes. Die deutsche [[Auswärtiges Amt|Bundesaußenministerin]] [[Annalena Baerbock]] forderte Russland auf, die Anerkennung rückgängig zu machen, und warnte vor einer weiteren militärischen Eskalation.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.stern.de/politik/ausland/ukraine-krise--reaktionen-auf-russlands-anerkennung-der-separatisten-gebiete-31646036.html |titel=„Ein sehr dunkles Signal“: Reaktionen auf Russlands Anerkennung der Separatisten-Gebiete |werk=stern.de |datum=2022-02-21 |abruf=2022-02-25}}</ref> |
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Am Abend des 21. Februar hielt Putin eine 56-minütige Rede im Fernsehen, die im Westen mit Befremden und Besorgnis aufgenommen wurde. Westliche Journalisten charakterisierten die Ansprache als eine in aggressivem Ton gehaltene, von russischem Nationalismus geprägte „Brandrede“ voller „Opfermythen“. Laut Putin sei die Staatlichkeit der Ukraine das Werk [[Wladimir Iljitsch Lenin|Lenins]] gewesen, der ukrainischen Nationalisten entgegengekommen sei. Das Land sei nicht lebensfähig, sondern eine Kolonie mit einem korruptem Marionetten-Regime. Die NATO habe Russland umzingelt, während die Ukraine Atomwaffen entwickeln wolle. Im [[Donezbecken|Donbass]] verübe die Ukraine einen Völkermord an Russen.<ref>{{Internetquelle |autor=Florian Niederndorfer |url=https://www.derstandard.at/story/2000133576102/worte-wie-salven-putins-brandrede-im-detail-betrachtet |titel=Worte wie Salven: Putins Brandrede im Detail betrachtet |werk=derstandard.at |datum=2022-02-22 |abruf=2020-02-25}}</ref> |
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== Unmittelbare Kriegsvorbereitungen == |
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Am 10. November 2021 warnte die [[NATO]] Russland bezüglich dieser „aggressiven Maßnahmen“. Die Ukraine meldete am 28. November, dass Russland fast 92.000 Soldaten konzentriere. Russland entgegnete, dass die Ukraine selbst aufrüste, und verlangte Garantien gegen einen NATO-Beitritt der Ukraine. Am 10. Februar 2022 startete ein gemeinsames Manöver Russlands und Belarus’ an der nördlichen Grenze der Ukraine. Am 12. Februar folgte ein Marinemanöver bei der Halbinsel Krim, das laut russischen Angaben am 16. Februar endete. Am Tag darauf kündigte Russland einen teilweisen Truppenrückzug an, verstärkte jedoch – laut USA – seine militärische Präsenz.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.focus.de/politik/ausland/ukraine-krise/krieg-in-der-ukraine-so-kam-es-zu-putins-einmarsch-die-chronik-seit-november_id_58529926.html |titel=Die Chronik einer Invasion: So kam es zu Putins Ukraine-Angriff |werk=Focus.de |datum=2022-02-25 |abruf=2022-02-25}}</ref> |
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In den Wochen vor dem eigentlichen Angriff gab es fast täglich Warnungen seitens der [[Vereinigte Staaten|Vereinigten Staaten]] aufgrund russischer Truppenbewegungen und -konzentrationen entlang der ukrainischen Grenze. Am 14. Februar 2022 gab US-Außenminister Blinken bekannt, dass die USA als Vorsichtsmaßnahme ihre Botschaft von Kiew nach [[Lwiw]] verlegt haben.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.tagesschau.de/ausland/europa/us-botschaft-ukraine-105.html |titel=USA verlegen Botschaft von Kiew nach Lwiw |werk=tagesschau.de |datum=2022-02-14 |abruf=2022-02-27}}</ref> Am 16. Februar äußerte [[Präsident der Vereinigten Staaten|US-Präsident]] [[Joe Biden]], dass eine russische Invasion der Ukraine „eindeutig möglich“ sei,<ref>{{Internetquelle |url=https://www.theguardian.com/world/2022/feb/15/biden-ukraine-invasion-distinctly-possible-russian-withdrawal-claims |titel=Biden: Ukraine invasion still ‘distinctly possible’ despite Russian claims |werk=The Guardian |datum=2022-02-16 |abruf=2022-02-25 |sprache=en}}</ref> am 19. Februar erklärte er, dass er „überzeugt“ sei, dass Präsident Putin entschieden habe, einen Angriff zu starten. Das Bestreben der US-amerikanischen Regierung war es offensichtlich, das Thema der russischen militärischen Drohung täglich in den Schlagzeilen der Weltpresse zu halten, um nicht ähnlich unvorbereitet zu sein wie bei der russischen Annexion der Krim 2014.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.bbc.com/news/world-europe-60436938 |titel=Ukraine conflict: Biden says he is convinced Putin has decided to invade |werk=BBC News |datum=2022-02-19 |abruf=2022-02-25 |sprache=en}}</ref> |
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Als Kriegsgrund wurden neben der Hasspropaganda auch [[Falsche Flagge|False-Flag]]-Aktionen propagandistisch verwertet, die jedoch zu dilettantisch ausgeführt worden waren, um glaubhaft zu sein. So war in Donezk ein billiges russisches [[UAZ-469|UAZ]]-Geländefahrzeug gesprengt worden, dessen Autonummer kurz zuvor noch zu einem neuen [[Sport Utility Vehicle|SUV]] gehört hatte.<ref>[https://www.dekoder.org/de/article/donbass-ukraine-genozid-propaganda-krieg Kirill Martynow: Den Krieg heran züchten], deutsche Übersetzung auf [[dekoder.org]], 20. Februar 2022</ref> |
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== Verlauf == |
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[[Datei:Последствия удара ракеты по Голосеевскому району киева (6).jpg|mini|Einschlagort einer [[Ch-31]]-Lenkwaffe in [[Kiew]], 24. Februar 2022]] |
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=== 24. Februar 2022 === |
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In der Ukraine galt seit dem 24. Februar 2022, 0 Uhr Ortszeit, der Ausnahmezustand.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.tagesschau.de/ausland/europa/russland-truppen-donbass-107.html |titel=Landesweiter Ausnahmezustand in der Ukraine |werk=tagesschau.de |datum=2022-02-23 |abruf=2022-02-27}}</ref> Noch während der [[Sicherheitsrat der Vereinten Nationen|UN-Sicherheitsrat]] tagte und UN-Generalsekretär [[António Guterres]] Putin aufforderte, seine Truppen die Ukraine nicht angreifen zu lassen, trug Putin seine Rechtfertigung für den Angriff vor. Einige Botschafter des Sicherheitsrates verlangten nochmals das Wort nach Bekanntwerden dieses „Betrugs“.<ref>Julian Borger: [https://www.theguardian.com/world/2022/feb/24/moment-that-putin-thundered-to-war-drowning-out-last-entreaties-for-peace ''Moment that Putin thundered to war, drowning out last entreaties for peace.''] [[The Guardian]], 24. Februar 2022.</ref> |
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Um vier Uhr morgens am 24. Februar 2022 rückten russische Militärfahrzeuge von Norden (auch aus [[Belarus]]), Osten und Süden (von der besetzten Krim aus) auf ukrainisches Staatsgebiet vor. Dem Vormarsch ging ein Beschuss ukrainischer Ziele, darunter bei Kiew, mit weitreichenden Waffen voraus. Wenige Kilometer von der Hauptstadt entfernt liegt der [[Flughafen Kiew-Hostomel]], wo russische Luftlandetruppen abgesetzt wurden. Um den Flughafen kam es zu Kämpfen. Auch aus anderen Regionen wurden Explosionen und Kämpfe gemeldet. Bei Odessa fand ukrainischen Angaben zufolge eine amphibische Landung statt.<ref>[https://edition.cnn.com/europe/live-news/ukraine-russia-news-02-23-22/h_18d0932fdfd8dfd966f2e70486436d26 ''Russian troops have landed in Odessa and are crossing the border, Ukrainian official says.''] ''edition.cnn.com'', 23. Februar 2022, abgerufen am 25. Februar 2022.</ref> Der Präsident der Ukraine [[Wolodymyr Selenskyj]] meldete, dass das gesamte Gebiet angegriffen werde. Russland sei bereits mit einem Großteil seiner Truppen ins Land vorgedrungen. Er teilte mit, am ersten Tag des Krieges seien 137 Ukrainer getötet und 1690 verletzt worden.<ref>{{Internetquelle |url=https://rp-online.de/politik/ausland/russen-in-der-ukraine-die-militaerische-lage-am-freitagmorgen_aid-66603423 |titel=Die militärische Lage in der Ukraine am Freitagmorgen |werk=rp-online.de |datum=2022-02-25 |abruf=2022-02-25}}</ref> |
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Ukrainischen Angaben zufolge hat Russland 90 Bataillone für die Invasion mobilisiert. Diese flexiblen Kampftruppen bestehen aus jeweils 600 bis 1000 Soldaten. Russlands Truppen konzentrierten sich im Süden und Osten: Die Hauptstadt Kiew solle blockiert werden, außerdem wolle Russland einen Landkorridor von der Krim zu den Separatistengebieten sowie einen weiteren Landkorridor zur prorussischen Region [[Transnistrien]] (in der [[Republik Moldau]]) herstellen.<ref name=":3">{{Internetquelle |url=https://www.sueddeutsche.de/politik/konflikte-selenskyj-ordnet-allgemeine-mobilmachung-in-ukraine-an-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-220224-99-261166 |titel=Selenskyj ordnet allgemeine Mobilmachung in Ukraine an |werk=sueddeutsche.de |datum=2022-02-25 |abruf=2022-02-25}}</ref> |
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Ebenfalls ukrainischen Angaben zufolge haben russische Truppen das ehemalige Atomkraftwerk [[Sperrzone von Tschernobyl|Tschernobyl]] im Nordosten des [[Oblast Kiew]]<ref name=":3" /> und die [[Angriff auf die Schlangeninsel|Schlangeninsel]] erobert.<ref>{{Literatur |Titel=»Russisches Kriegsschiff – f*** dich« – 13 ukrainische Grenzschützer verweigern Kapitulation und werden getötet |Sammelwerk=Der Spiegel |Datum=2022-02-25 |ISSN=2195-1349 |Online=https://www.spiegel.de/ausland/schwarzes-meer-russisches-kriegsschiff-toetet-13-ukrainische-grenzschuetzer-auf-schlangeninsel-a-ce03fc87-0286-402e-a2f9-636e019daf32 |Abruf=2022-02-26}}</ref> Ein leitender westlicher Geheimdienstvertreter meinte dazu, es gehe nicht um die Kraftwerksruine selbst, sondern um die Kontrolle der Straße P 56, „die von der östlichsten Ecke in Belarus nach [[Iwankiw]] führt, wo man westlich abbiegen kann Richtung Kiew“.<ref>{{Internetquelle |autor=Thomas Gutschker |url=https://theworldnews.net/de-news/uberfall-auf-die-ukraine-was-wollen-die-russen-mit-tschernobyl |titel=Überfall auf die Ukraine: Was wollen die Russen mit Tschernobyl? |werk=Frankfurter Allgemeine Zeitung (online) |kommentar=Gespiegelt auf theworldnews.net |datum=2022-02-25 |abruf=2022-02-27}}</ref> |
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=== 25. Februar 2022 === |
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[[Datei:Battle of Konotop 07.jpg|mini|Ausgebrannter [[Schützenpanzer]] in [[Konotop]] am 25. Februar 2022]] |
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Am frühen Morgen ordnete Selenskyj eine allgemeine [[Mobilmachung]] an.<ref name=":6" /><ref>{{Literatur |Autor=Samantha Lock, Maanvi Singh, Gloria Oladipo, Léonie Chao-Fong, Jennifer Rankin |Titel=Fears Moscow plans to encircle and threaten Kyiv – as it happened |Sammelwerk=The Guardian |Datum=2022-02-25 |ISSN=0261-3077 |Online=https://www.theguardian.com/world/live/2022/feb/24/russia-invades-ukraine-declares-war-latest-news-live-updates-russian-invasion-vladimir-putin-explosions-bombing-kyiv-kharkiv |Abruf=2022-02-25}}</ref> Damit werden Wehrpflichtige und Reservisten einberufen. Die [[Anordnung (Recht)|Anordnung]] gilt für 90 Tage. Außerdem dürfen männliche Staatsbürger im Alter von 18 bis 60 Jahren die Ukraine nicht verlassen.<ref name=":3" /> |
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Um 06:47 Uhr sprengte eine Einheit der ukrainischen Streitkräfte die Henichesky-Brücke über die [[Teteriw]],<!-- Die sprengten doch nur eine Richtungsfahrbahn ? Die Brücke war nach dem mir vorgelegenen Bild nicht komplett unterbrochen. --> einen Nebenfluss des [[Dnepr]] nahe [[Iwankiw]],<ref>{{Internetquelle |autor=Zoe Zaczek |url=https://www.skynews.com.au/world-news/kyiv-woken-by-explosions-after-first-full-day-of-violent-conflict-in-ukraine-as-russian-tanks-approach-capital-city/news-story/7d818a1b34c4198e765a150a02703034 |titel=Kyiv woken by explosions after first full day of violent conflict in Ukraine as Russian tanks approach capital city |datum=2022-02-25 |sprache=en |abruf=2022-02-25}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://censor.net/en/news/3319076/sailor_vitaliy_skakun_blew_up_the_henichesky_road_bridge_with_him_to_slow_down_enemys_advance |titel=Sailor Vitaliy Skakun blew up the Henichesky road bridge with him to slow down enemy’s advance |werk=censor.NET |datum=2022-02-25 |sprache=en |abruf=2022-02-27}}</ref> wobei der ukrainische Soldat [[Witalij Skakun]] ums Leben kam. Durch die Sprengung sollte der Durchmarsch russischer Panzerkolonnen, aus Tschernobyl kommend, aufgehalten werden. Der ukrainische Generalstab erklärte, [[Fallschirmjäger]] hätten in Iwankiw und [[Dymer]] russische Kräfte in Scharmützel verwickelt.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.jpost.com/breaking-news/article-698610 |titel=Ukraine crisis: Russians move to fully surround Kyiv |sprache=en-US |abruf=2022-02-25}}</ref> |
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In den Mittagsstunden meldeten zahlreiche Medien [[Schlacht um Kiew (2022)|Kämpfe im Stadtgebiet von Kiew]].<ref>{{Internetquelle |autor=tagesschau.de |url=https://www.tagesschau.de/ausland/europa/russland-ukraine-kiew-101.html |titel=Angriff auf die Ukraine: Erste russische Einheiten in Kiew |abruf=2022-02-25}}</ref><ref>{{Literatur |Titel=Guerre en Ukraine : combats, explosions et sabotages dans la ville de Kiev, qui craint l’arrivée massive de soldats russes |Sammelwerk=Le Monde.fr |Online=https://www.lemonde.fr/international/live/2022/02/25/guerre-en-ukraine-combats-et-explosions-dans-la-capitale-kiev-qui-craint-l-arrivee-massive-de-soldats-russes_6115172_3210.html |Abruf=2022-02-25}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.bbc.co.uk/news/live/world-europe-60517447 |titel=Ukraine live updates: Ukraine says Russian forces are in the capital Kyiv |sprache=en-gb |abruf=2022-02-25}}</ref> |
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Am Nachmittag hatten aus südlicher Richtung kommende russische Kampfeinheiten erstmals den Fluss Dnepr überquert, womit sie Zugang zur strategisch wichtigen Stadt [[Cherson]] erlangten.<ref>{{Internetquelle |autor=tagesschau.de |url=https://www.tagesschau.de/newsticker/liveblog-ukraine-krieg-freitag-101.html |titel=Liveblog: NATO verlegt schnelle Eingreiftruppe |abruf=2022-02-25}}</ref> |
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Gegen Abend gab Kremlsprecher [[Dmitri Sergejewitsch Peskow|Peskow]] russische Verhandlungsbereitschaft über eine ukrainische Neutralität bekannt. Als Verhandlungsort wurde die belarussische Hauptstadt [[Minsk]] vorgeschlagen, was die ukrainische Seite ablehnte. Voraussetzung sei für Russland zudem eine Kapitulation der ukrainischen Streitkräfte, so Außenminister [[Sergei Wiktorowitsch Lawrow|Lawrow]]. Vorausgegangen waren Verhandlungsangebote seitens der ukrainischen Führung. [[Xi Jinping]] befürwortete indessen, die Angelegenheit diplomatisch zu klären. Man wolle sich von der Mentalität des kalten Krieges verabschieden.<ref>[https://www.tagesschau.de/ausland/europa/russland-ukraine-verhandlungen-103.html ''Krieg in der Ukraine: Ringen um Verhandlungen.''] ''tagesschau.de'', 25. Februar 2022, abgerufen am 25. Februar 2022.</ref> Putin forderte die Ukrainer zum Staatsstreich gegen die Regierung von Präsident Selenskyj auf, die er als „Bande von Drogensüchtigen, Neonazis und Terroristen“ bezeichnete.<ref>[https://www.welt.de/politik/ausland/article237143793/Russlands-Praesident-Putin-ruft-Armee-der-Ukraine-zur-Machtuebernahme-in-Kiew-auf.html ''Putin ruft ukrainische Armee zur Machtübernahme in Kiew auf.''] In: ''welt.de'', 25. Februar 2022, abgerufen am 25. Februar 2022.</ref> |
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Der Überfall führte zu einer großen Fluchtbewegung innerhalb der Ukraine. Die Menschen flüchteten zu den Grenzen und ins Ausland; schon Tausende hätten das Land verlassen. Laut [[Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen|UN-Flüchtlingshilfswerk]] (UNHCR) waren bis dahin<!-- wann/ wo? --> bereits mehr als 100.000 Menschen betroffen. Sollte sich die Situation im Land weiter verschlechtern, könnten bis zu vier Millionen Ukrainer betroffen sein. Verschiedene Nachbarstaaten und weitere Länder kündigten an, Flüchtlinge aufnehmen zu wollen.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.tagesschau.de/ausland/europa/ukraine-flucht-117.html |titel=Mehr als 100.000 Menschen auf der Flucht |werk=tagesschau.de |datum=2022-02-25 |abruf=2022-02-25}}</ref> Aus den Separatistengebieten im Osten seien bereits 110.000 Personen nach Russland geflohen, gab Außenminister Lawrow an.<ref>[https://orf.at/stories/3249085/ ''UNO-Prognose: Vier Millionen Ukrainer könnten fliehen.''] In: ''orf.at'', 25. Februar 2022, abgerufen am 25. Februar 2022.</ref> |
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Am 25. Februar 2022 legte Russland sein Veto gegen eine Resolution des [[Sicherheitsrat der Vereinten Nationen|UN-Sicherheitsrats]], in der der russische Einmarsch in die Ukraine kritisiert wurde, ein. Elf der Mitglieder stimmten für die Resolution und drei enthielten sich. Um nicht noch mehr Gegenstimmen oder Enthaltungen zu riskieren, war die Resolution zuvor abgeschwächt worden. So wurde beispielsweise das Wort „verurteilen“ durch „bedauern“ ersetzt.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/ukraine-krieg-russland-verhindert-resolution-im-un-sicherheitsrat-17835770.html |titel=Russland verhindert Resolution im UN-Sicherheitsrat |werk=Frankfurter Allgemeine Zeitung |datum=2022-02-26 |abruf=2022-02-28}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://news.un.org/en/story/2022/02/1112802 |titel=Russia blocks Security Council action on Ukraine |hrsg=UN News |datum=2022-02-26 |abruf=2022-02-28}}</ref> |
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|+Abstimmungsverhalten im UN-Sicherheitsrat am 25. Februar 2022 |
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!Für |
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!Gegen |
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!Enthaltung |
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|{{USA}}<br />{{FRA}}<br />{{GBR}}<br />{{IRL}}<br />{{KEN}}<br />{{MEX}}<br />{{NOR}}<br />{{ALB}}<br />{{BRA}}<br />{{GAB}}<br />{{GHA}}||{{RUS}}||{{CHN}}<br />{{IND}}<br />{{UAE}} |
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=== 26. Februar 2022 === |
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[[Datei:Житловий будинок на вул. Лобановського, 6-А після обстрілу.jpg|mini|hochkant|Von einer Rakete getroffenes Hochhaus in Kiew am 26. Februar 2022]] |
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In der Nacht führte Russland Angriffe mit [[Marschflugkörper]]n durch. Als erste größere Stadt nahm die Invasionsarmee gemäß eigenen Angaben die Stadt [[Melitopol]] ein.<ref>[https://www.reuters.com/world/europe/russia-says-it-has-captured-ukraines-melitopol-2022-02-26/ ''Russia says it has captured Ukraine’s Melitopol.''] Reuters, 26. Februar 2022.</ref> |
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Die russische Medienaufsichtsbehörde ''Roskomnadzor'' ordnete unter Buß- oder Sperrandrohung an, dass alle Medien Berichte mit Wörtern wie „[[Invasion (Militär)|Invasion]]“ oder „[[Krieg]]“ zu entfernen und die offiziellen Informationen zu verwenden hätten. Die Behörde nannte bezüglich Verbreitung ihrer Meinung nach „unzuverlässiger Informationen“ insbesondere die ''[[Nowaja Gaseta]]'', ''[[Doschd]]'' und ''[[Echo Moskwy]]'', mithin die als [[Medien in Russland#Unabhängige Medien|unabhängig geltenden Medien Russlands]].<ref>[https://www.timesofisrael.com/russia-bans-words-invasion-and-assault-in-media-warns-several-outlets/ ''Russia bans words ‘invasion’ and ‘assault’ in media, warns several outlets.''] Times of Israel, 26. Februar 2022 (englisch).</ref> |
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Analysten stellten fest, dass der russische Plan optimistisch von einem raschen Sieg ausgegangen sei, wenn nicht gar von einem freudigen Empfang durch die ukrainische Bevölkerung. Der britische Verteidigungsminister erwarte überdies aufgrund der zunehmenden Anzahl der von Russland eingesetzten Truppen eine Zunahme der Brutalität.<ref>[https://www.ft.com/content/e814d702-58e2-4df0-b606-e843fce90866 ''Russia’s optimistic bid for rapid victory meets fierce Ukrainian resistance.''] Financial Times, 26. Februar 2022 (englisch)</ref> |
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Bis zum Abend des 26. Februar hatte Russland laut US-Angaben 250 Kurzstreckenraketen auf die Ukraine abgefeuert.<ref name=":5">{{Literatur |Titel=Russland-Ukraine-News: Uno-Vollversammlung offenbar vor Einberufung einer Notfall-Sondersitzung |Sammelwerk=Der Spiegel |Datum=2022-02-26 |ISSN=2195-1349 |Online=https://www.spiegel.de/ausland/russland-ukraine-news-am-samstag-wolodymyr-selenskyj-erwartet-russischen-sturm-auf-kiew-noch-diese-nacht-a-d5b90774-e2c4-4048-9fe7-961d47e5ed3f |Abruf=2022-02-27}}</ref> Selenskyj sprach von einem [[Genozid]] und plädierte für den Entzug der Stimmberechtigung Russlands im UN-Sicherheitsrat.<ref>{{Internetquelle |url=https://web.de/magazine/politik/russland-krieg-ukraine/nachrichten-krieg-ukraine-26-februar-2022-36644558 |titel=Alle Nachrichten zum Krieg in der Ukraine vom 26. Februar 2022 |werk=web.de |datum=2022-02-26 |sprache=de |abruf=2022-02-28}}</ref> |
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Die ukrainische Botschaft in Tschechien rief in Zusammenarbeit mit dem [[Verteidigungsministerium (Tschechien)|tschechischen Verteidigungsministerium]] und der dortigen Rüstungsindustrie eine Spendenkampagne ins Leben, durch die weitere militärische Ausrüstung beschafft werden solle.<ref>{{Internetquelle |url=https://supportukraine.cz/en.html |titel=We are setting up an immediate relief account for the defense of Ukraine |abruf=2022-02-27}}</ref><ref name=":5" /> |
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=== 27. Februar 2022 === |
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Laut einer Mitteilung der ukrainischen Website censor.net von 9:50 Uhr [[UTC+2]] habe der ukrainische Präsident mit [[Aljaksandr Lukaschenka|Lukashenko]] telefoniert, um die von Russland vorgeschlagenen Verhandlungen in Minsk abzulehnen. Er begründete es mit den von Weißrussland ausgehenden Kampfhandlungen, welche erst eingestellt werden müssten, und zeigte sich dennoch zum Gespräch in einem neutralen Staat bereit. Er würde auch in Minsk verhandeln, sofern die weißrussische Regierung für einen Stopp der russischen Militärs auf weißrussischem Boden sorgen würde. Selenskyj erwarte von Weißrussland „die große Entscheidung“.<ref>{{Internetquelle |url=https://censor.net/en/news/3319654/president_of_ukraine_volodymyr_zelenskyi_addressed_citizens_of_belarus |titel=President of Ukraine Volodymyr Zelenskyi addressed citizens of Belarus |werk=censor.NET |datum=2022-02-27 |sprache=en |abruf=2022-02-27}}</ref> |
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Bei [[Hostomel]] kam es nach Angaben der ukrainischen Armee am frühen Morgen zu Gefechten mit der Söldnertruppe [[Kadyrowzy]].<ref>{{Internetquelle |autor=tagesschau.de |url=https://www.tagesschau.de/newsticker/liveblog-ukraine-krieg-sonntag-101.html |titel=Liveblog: + Botschafter erfreut über deutsche Waffen + |sprache=de |abruf=2022-02-27}}</ref> Im Verlauf der Kämpfe wurde das auf dem nahegelegenen [[Flughafen Kiew-Hostomel]] stationierte weltweit größte Frachtflugzeug, die [[Antonow An-225]], zerstört<ref>{{Internetquelle |autor=luk |url=http://www.focus.de/panorama/antonow-an-225-mriya-bei-kampf-um-ukrainischen-flughafen-wird-das-weltgroesste-frachtflugzeug-zerstoert_id_60292652.html |titel=Antonow An-225 „Mriya“ bei Krieg in Ukraine zerstört |werk=[[Focus Online]] |datum=2022-02-27 |abruf=2022-02-27}}</ref> oder zumindest stark beschädigt.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.aerotelegraph.com/antonov-an-225-zerstoert-oder-zumindest-stark-beschaedigt |titel=Antonov An-225 zerstört oder zumindest stark beschädigt |werk=aeroTELEGRAPH |datum=2022-02-27 |sprache=de-CH |abruf=2022-02-27}}</ref> Südlich des Flugplatzes, in [[Butscha]], wurde gleichentags eine russische Militärkolonne zerstört, welche die bei Invasionsfahrzeugen typischen aufgemalten Zeichen trug.<ref>[https://www.timesofisrael.com/liveblog%20entry/ukraine-says-it-destroyed-russian-military-convoy-outside-of-kyiv ''Ukraine says it destroyed Russian military convoy outside of Kyiv.''] Times of Israel, 27. Februar 2022.</ref> |
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Bis zum 28. Februar war die Anzahl der Flüchtlinge laut [[Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen|UNHCR]] auf 500.000 Menschen angewachsen.<ref>{{Internetquelle |url=https://twitter.com/filippograndi/status/1498247150953799680 |titel=https://twitter.com/filippograndi/status/1498247150953799680 |sprache=de |abruf=2022-02-28}}</ref> |
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Am Mittag wurde seitens der Ukraine Klage gegen Russland am [[Internationaler Gerichtshof|Internationalen Gerichtshof]] in [[Den Haag]] erhoben, in der es geheißen haben soll, die Russen hätten den Begriff des Genozids manipuliert, um ihre Aggression zu rechtfertigen. Man erwarte vom Gericht, dass es Russland zum Einstellen der militärischen Aktivitäten auffordere.<ref name=":7" /> |
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Am Nachmittag meldeten westliche Agenturen, Putin habe die Abschreckungskräfte, die auch die [[Atomstreitkraft|Atomstreitkräfte]] umfassen, in Alarmbereitschaft versetzt.<ref>[https://www.tagesschau.de/ausland/europa/putin-atomstreitkraefte-101.html ''„Abschreckungskräfte“ in Alarmbereitschaft.''] ARD, 27. Februar 2022, 14:45; abgerufen am 27. Februar 2022.</ref> Gleichzeitig erklärte sich die Ukraine für Verhandlungen mit Russland an der [[Grenze zwischen Belarus und der Ukraine|ukrainisch-belarussischen Grenze]], genauer am Grenzfluss [[Prypjat (Fluss)|Pripjat]] zwischen Alexandrowka (Weißrussland) und [[Wiltscha (Poliske)|Wiltscha]] (Ukraine) bereit.<ref name=":7">{{Internetquelle |url=https://web.de/magazine/politik/russland-krieg-ukraine/russlands-krieg-ukraine-news-ticker-kiews-buergermeister-klitschko-widerspricht-russischer-darstellung-36627614 |titel=Kampf um Kiew: Bürgermeister Klitschko widerspricht Darstellung Russlands |werk=web.de |datum=2022-02-27 |sprache=de |abruf=2022-02-28}}</ref> Zuvor versprach der belarussische Präsident [[Aljaksandr Lukaschenka|Alexander Lukaschenko]] in einem Telefonat mit Selenskyj, alle in Belarus stationierten Flugzeuge und Raketen blieben während der Anreise der ukrainischen Delegation am Boden.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.tagesschau.de/ausland/europa/verhandlungen-ukraine-russland-101.html |titel=Präsident Selenskyj: Ukraine stimmt Verhandlungen zu |werk=tagesschau.de |datum=2022-02-27 |abruf=2022-02-27}}</ref> Inzwischen rückte jedoch „eine große Kolonne“ von Süden her nach Kiew vor.<ref name=":7" /> |
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Ein dritter Abgeordneter der [[Duma|russischen Duma]] – allesamt von der [[Kommunistische Partei der Russischen Föderation|Kommunistischen Partei]] – äußerte sich kritisch zum Krieg.<ref name="Nowaja27">[https://novayagazeta.ru/articles/2022/02/27/putin-vedet-voinu-s-ukrainoi-den-chetvertyi-onlain ''Der dritte Abgeordnete der Staatsduma verurteilte den Krieg in der Ukraine.''] Nowaja Gaseta, 27. Februar 2022, 22:27h (utc)</ref> |
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Der Milliardär [[Michail Maratowitsch Fridman|Michail Fridman]] äußerte sich mit „Das ist eine Tragödie“.<!--13:23--><ref name="Nowaja27"/> |
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Der Milliardär [[Oleg Wladimirowitsch Deripaska|Oleg Deripaska]] forderte zu baldigen Verhandlungen für den wichtigen Frieden auf.<!--14:57--><ref name="Nowaja27"/> |
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=== 28. Februar 2022 === |
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Eine ukrainische Delegation traf zu Verhandlungen an der Grenze zu Belarus ein. Die Delegation umfasste unter anderem den Vorsitzenden der Fraktion der [[Diener des Volkes (Partei)|Diener des Volkes]], den Verteidigungsminister der Ukraine [[Oleksii Reznikov]] und den Vertreter der Ukaine bei der EU [[Mykola Totschyzkyj]].<ref>[https://novayagazeta.ru/articles/2022/02/28/putin-vedet-voinu-s-ukrainoi-den-piatyi-onlain ''Putin befindet sich im Krieg mit der Ukraine. Tag fünf.''] Nowaja Gaseta, 28. Februar 2022.</ref> |
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An Schulen Russlands wurden Unterrichtsmaterialien geliefert, welche ab dem 1. März in den Schulen für spezielle "Sozialkunde-Lektionen" zum Thema Krieg eingesetzt werden: Lehrer sollten den höheren Klassen die Argumente Putins näher bringen und erhalten Antwortvorschläge für Schülerfragen: So soll die Frage, ob der Krieg nicht hätte vermieden werden können, dahingehend beantwortet werden, dass es kein Krieg sei, sondern eine Friedensmission zur Abschreckung von Unterdrückern. Ein besonderes Augenmerk liegt in den vorgegebenen Lehrertexten auch auf der Betonung der Verwerflichkeit von Aufrufen zu [[Demonstration|Antikriegsaktionen]].<ref>[https://zona.media/article/2022/02/28/propaganda-lessons "Unsere Handlungen sind Selbstverteidigung." Wie Schullehrer die Invasion der Ukraine rechtfertigen sollten – ein Handbuch], Mediazona, 28. Februar 2022</ref> |
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== Humanitäre Lage == |
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[[Amnesty International]] beklagt, dass die russischen Truppen illegale [[Streumunition]] gegen Zivilisten einsetzten. Am 25. Februar 2022 wurde die Stadt [[Ochtyrka]] mit Streumunition beschossen. Dabei wurden ein Krankenhaus und ein Kindergarten getroffen, wobei drei Zivilisten getötet wurden, darunter ein Kind.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.amnesty.org/en/latest/news/2022/02/ukraine-cluster-munitions-kill-child-and-two-other-civilians-taking-shelter-at-a-preschool/ |titel=Ukraine: Cluster munitions kill child and two other civilians taking shelter at a preschool |werk=[[Amnesty International]] |datum=2022-02-27 |abruf=2022-02-28}}</ref> |
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Das [[UN-Flüchtlingshilfswerk]] sprach am 27. Februar 2022 davon, dass 368.000 Menschen auf der Flucht seien.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.rnd.de/politik/russischer-angriffskrieg-hunderttausende-ukrainer-auf-der-flucht-eu-erwartet-mehr-als-sieben-JEVDDE6CNGVGFO2EFPXBZIOB7I.html |titel=Russischer Angriffskrieg: Hunderttausende Ukrainer auf der Flucht – EU erwartet mehr als sieben Millionen |werk=[[Redaktionsnetzwerk Deutschland]] |datum=2022-02-27 |abruf=2022-02-28}}</ref> |
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== Russische Forderungen und Begründungen == |
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Am 1. Dezember 2021 forderte der russische Staatspräsident Putin von der NATO, sich nicht mehr nach Osten zu erweitern. In konkreten, verbindlichen Vereinbarungen müsse sie „die Stationierung von bedrohlichen Waffensystemen in unmittelbarer Nähe des Gebiets der Russischen Föderation ausschließen“. Seiner Meinung nach habe die NATO sich nicht an frühere, mündliche Versprechen gehalten, dass die NATO sich nicht in Richtung Osten ausdehnt.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.rnd.de/politik/ukraine-konflikt-wladimir-putin-stellt-forderungen-an-die-nato-PEDWFMWR7QHE6EAVJGLR2MNB44.html |titel=Ukraine-Konflikt: Putin stellt Forderungen an die Nato |werk=RND |datum=2021-12-01 |sprache=de |abruf=2022-02-26}}</ref> |
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[[Nikolas Busse]] zweifelte in [[Frankfurter Allgemeine Zeitung#FAZ.NET|FAZ.net]] daran, dass Putin selbst an den Erfolg dieser wenig realistischen Forderung glaubte. „Die NATO-Staaten würden ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel setzen, wenn sie einem Dritten, noch dazu einem potentiellen Gegner, ein Vetorecht über den Beitritt zur Allianz und ihr militärisches Dispositiv zugestehen würden.“ Tatsächlich warnten die Staaten des damaligen G7-Treffens Russland einhellig vor neuen Grenzverletzungen.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/ukraine-konflikt-und-nato-putins-unrealistische-forderungen-17681128.html |titel=Putins Forderungen sind unrealistisch |werk=FAZ.NET |datum=2021-12-12 |sprache=de |abruf=2022-02-26}}</ref> |
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Am 22. Februar 2022 forderte Putin in einer Pressekonferenz von der Ukraine: |
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* Sie müsse die Krim als russisches Staatsgebiet anerkennen. |
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* Sie dürfe niemals der [[NATO]] beitreten. |
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* Sie dürfe die Waffen, die ihr der Westen geliefert habe, nicht einsetzen. |
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* Es gehe um die „Demilitarisierung“ der Ukraine. |
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Das [[Minsk II|Minsker Abkommen]] sei erledigt. Umstrittene Fragen müsse die Ukraine mit der Führung der „Volksrepubliken“ lösen. Putin zufolge wolle er russische Truppen „im Moment nicht“ in die Ukraine entsenden. Kurz zuvor hatte Russland die Unabhängigkeit dieser Separatisten-Regionen anerkannt; die Ukraine lehnt Verhandlungen mit ihnen ab. [[Denis Wladimirowitsch Puschilin|Denis Puschilin]], der Chef der „Volksrepublik Donezk“, erklärte, er wolle die genauen Grenzen erst später klären.<ref>{{Internetquelle |autor=Maria Kotsev |url=https://www.tagesspiegel.de/politik/nach-anerkennung-der-separatistengebiete-putin-fordert-demilitarisierung-der-ukraine-und-ein-ende-der-diplomatie/28092564.html |titel=Putin fordert „Demilitarisierung“ der Ukraine – und ein Ende der Diplomatie |werk=Tagesspiegel Online |datum=2022-02-22 |sprache=de |abruf=2022-02-26}}</ref> |
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=== Fernsehansprache Putins zum 24. Februar 2022 === |
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Aus Sicht des russischen Staatspräsidenten Putin sei der Angriff, den er als „Militärische Spezialaktion“ bezeichnete, auf die Ukraine nötig geworden, weil die NATO sich immer weiter ausgedehnt und den Grenzen Russland genähert habe. Außerdem gehöre die Ukraine historisch zu Russland. |
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In einer Fernsehansprache in der Nacht zum 24. Februar verwies Putin auf westliche Kriegsakte [[Kosovokrieg|gegen Serbien (1999)]], [[Irakkrieg|den Irak (2003)]] und weitere Länder sowie auf den [[Deutsch-Sowjetischer Krieg|deutschen Angriff auf die Sowjetunion (1941)]] und sagte unter anderem:<ref>{{Internetquelle |url=https://www.tagesspiegel.de/politik/begruendung-fuer-die-invasion-putins-kriegserklaerung-gegen-die-ukraine-im-wortlaut/28101090.html |titel=Putins Kriegserklärung gegen die Ukraine im Wortlaut |werk=tagesspiegel.de |datum=2022-02-24 |abruf=2022-02-25}}</ref> |
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{{Zitat |
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|Text=[…] Die USA sind immer noch ein großes Land, eine systembildende Macht. Seine<!-- sic!, so laut Quelle ‚Tagesspiegel‘ --> Trabanten fügen sich nicht nur demütig und gehorsam, singen bei jeder Gelegenheit mit, sondern kopieren auch sein Verhalten und akzeptieren begeistert die von ihm vorgeschlagenen Regeln. […] |
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}} |
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{{Zitat |
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|Text=Trotz allem haben wir im Dezember 2021 erneut versucht, mit den USA und ihren Verbündeten eine Einigung über die Sicherheitsgrundsätze in Europa und über die Nichterweiterung der NATO zu erzielen. Alles umsonst. Der Standpunkt der USA hat sich nicht geändert. Sie halten eine Einigung mit Russland in dieser für uns wichtigen Frage nicht für notwendig, sie verfolgen ihre eigenen Ziele und setzen sich über unsere Interessen hinweg. […] |
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}} |
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{{Zitat |
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|Text=Schon jetzt, da sich die NATO nach Osten ausdehnt, wird die Situation für unser Land von Jahr zu Jahr schlechter und gefährlicher. […] Die führenden NATO-Länder unterstützen, um ihre eigenen Ziele zu erreichen, extreme Nationalisten und Neonazis in der Ukraine, die ihrerseits den Bewohnern der Krim und [[Sewastopol]]s ihre freie Entscheidung für die Wiedervereinigung mit Russland nie verzeihen werden. […] Die Volksrepubliken des Donbass haben Russland um Hilfe gebeten. |
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}} |
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{{Zitat |
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|Text=In diesem Zusammenhang habe ich gemäß [[Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen#Artikel 51|Teil VII, Artikel 51]] der [[Charta der Vereinten Nationen]] mit Zustimmung des russischen Föderationsrates und in Umsetzung der von der Föderalen Versammlung am 22. Februar dieses Jahres ratifizierten Verträge über Freundschaft und gegenseitigen Beistand mit der Volksrepublik Donezk und der Volksrepublik Luhansk den Beschluss gefasst, eine besondere militärische Operation durchzuführen. |
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}} |
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{{Zitat |
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|Text=Ihr Ziel ist es, die Menschen zu schützen, die seit acht Jahren von dem Kiewer Regime misshandelt und ermordet werden. Und zu diesem Zweck werden wir uns um die Entmilitarisierung und Entnazifizierung der Ukraine bemühen und diejenigen vor Gericht stellen, die zahlreiche blutige Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung, einschließlich der Bürger der Russischen Föderation, begangen haben. |
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}} |
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{{Zitat |
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|Text=Gleichzeitig sehen unsere Pläne nicht vor, ukrainische Gebiete zu besetzen. Wir haben nicht die Absicht, jemandem etwas mit Gewalt aufzuzwingen. […] |
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In diesem Zusammenhang appelliere ich auch an die Bürger der Ukraine. Im Jahr 2014 hatte Russland die Pflicht, die Bewohner der Krim und Sewastopols vor denjenigen zu schützen, die ihr selbst als ‚Nazis‘ bezeichnet. Die Menschen auf der Krim und in Sewastopol haben sich für ihr historisches Heimatland, für Russland, entschieden, und wir haben sie dabei unterstützt. Auch hier konnten wir einfach nicht anders handeln. Bei den heutigen Ereignissen geht es nicht darum, die Interessen der Ukraine und des ukrainischen Volkes zu verletzen. Es geht darum, Russland selbst vor denen zu schützen, die die Ukraine als Geisel genommen haben und versuchen, sie gegen unser Land und seine Bevölkerung einzusetzen. Auch hier handelt es sich um eine Selbstverteidigung gegen die Bedrohungen, denen wir ausgesetzt sind, und gegen ein noch größeres Unglück als das, was heute geschieht. […] |
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}} |
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=== Faktencheck === |
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Die [[Deutsche Welle]] unterzog die Aussagen aus Putins Rede vom 24. Februar einem [[Faktencheck]]. Die Behauptung, der NATO-Block werde nach Osten ausgedehnt und die Kriegsmaschinerie nähere sich den russischen Grenzen, sei irreführend: Die NATO habe zwar seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion [[NATO-Osterweiterung|14 osteuropäische Staaten aufgenommen]]. Die logistischen Vorbereitungen für eine Truppenverstärkung habe die NATO nach 2014 vorgenommen, als Reaktion auf die Annexion der Krim. Die NATO-Truppen, die zusätzlich in die Region entsandt worden sind (5000 Soldaten), seien aber viel zu schwach, um Russland (850.000 Soldaten) zu bedrohen. |
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Ferner sei die Begründung Putins falsch, es handele sich um einen Verteidigungsfall im Sinne der [[Charta der Vereinten Nationen]]. Es sei kein Angriff durch die Ukraine zu erkennen. Im Gegenteil habe die Ukraine in den letzten Wochen alles getan, um Russland keinen Vorwand für eine Selbstverteidigung zu liefern, so eine zitierte Forscherin, Pia Furhop vom Deutschen Institut für Internationale Politik und Sicherheit. Auch gebe es keine Hinweise für einen Genozid in der Ukraine, von dem Putin gesprochen hatte. Schließlich sei es nur ein „Propaganda-Narrativ“ Putins, dass er die Ukraine „[[Entnazifizierung|entnazifizieren]]“ müsse. Bei den [[Präsidentschaftswahl in der Ukraine 2019|Präsidentschaftswahlen]] habe ein jüdischer Kandidat gewonnen, und bei den letzten [[Parlamentswahl in der Ukraine 2019|Parlamentswahlen 2019]] habe die Einheitsfront der rechtsradikalen Parteien nur 2,15 Prozent erhalten. [[Ulrich Schmid (Slawist)|Ulrich Schmid]], Professor für Kultur und Gesellschaft Russlands, nannte Putins Aussage „eine perfide Unterstellung“.<ref>{{Internetquelle |autor=Joscha Weber, Andrea Grunau, Matthias von Hein, Eugen Theise |url=https://www.dw.com/de/putins-kriegsgr%C3%BCnde-im-faktencheck/a-60901735 |titel=Putins Kriegsgründe im Faktencheck |werk=dw.com |datum=2022-02-25 |abruf=2022-02-25}}</ref> |
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Bereits im Juli 2021 erschien der Aufsatz Putins ''[[Zur historischen Einheit von Russen und Ukrainern]]'', demzufolge Russen und Ukrainer ein Volk seien.<ref name=":1" /> Dies wurde als Hinweis darauf gedeutet, dass Putin die Staatlichkeit der Ukraine nicht anerkenne. In diese Richtung ging auch die Behauptung Putins, dass das ukrainische Staatsgebiet großteils aus „Schenkungen“ Russlands bestünde. Im russischen Staatsfernsehen erschien dazu eine Karte, auf der die entsprechenden Schenkungen der einzelnen russischen Herrscher eingezeichnet sind. Nur ein kleines Gebiet in der Mitte sähen Putin und der Kreml als Ukraine an, so fasst es [[Stern.de]] zusammen.<ref>{{Internetquelle |autor=Ellen Ivits |url=https://www.stern.de/politik/ausland/ukraine--karte-des-russischen-tv-koennte-putins-plan-entlarven-31653226.html |titel=„Geschenke der russischen Zaren“: Karte aus russischem TV könnte Putins Plan entlarven |werk=Stern.de |datum=2022-02-24 |abruf=2022-02-25}}</ref> |
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Im Faktencheck der Deutschen Welle wird Putins Behauptung als falsch gekennzeichnet, die moderne Ukraine sei von Russland erschaffen worden. Putin hatte es außerdem als einen Fehler eingeschätzt, dass [[Wladimir Iljitsch Lenin|Lenin]] den ukrainischen Gebieten den Status einer Sowjetrepublik gegeben habe. Tatsächlich aber, so die Deutsche Welle, gab es schon zwei Jahre lang einen [[Ukrainische Volksrepublik|eigenständigen ukrainischen Nationalstaat]], bevor im Jahr 1920 die Rote Armee einmarschierte. Man zitiert den Historiker [[Joachim von Puttkamer]], der auf die „lange ukrainische Nationalbewegung“ verweist. Dass die Ukraine ein „Kunstprodukt der Bolschewiki“ sei, nannte er „absurd“. |
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Putins Aussage, die Ukraine habe nie „stabile Traditionen echter Staatlichkeit“ gehabt, nennt der Faktencheck „irreführend“. Dass der Staat von 1918 nicht lange existierte, lag am Einmarsch Sowjet-Russlands. Laut [[Guido Hausmann]] sei es richtig, dass das Gebiet der heutigen Ukraine früher oft zu anderen Staaten gehört habe. Dies gelte aber ähnlich auch für andere Länder wie auch Deutschland. Im [[Referendum über die Unabhängigkeit der Ukraine]] am 1. Dezember 1991 stimmten über 92 Prozent der Ukrainer für die Unabhängigkeit.<ref>{{Internetquelle |autor=Ines Eisele |url=https://www.dw.com/de/faktencheck-putins-blick-auf-die-geschichte-der-ukraine/a-60895811 |titel=Faktencheck: Putins Blick auf die Geschichte der Ukraine |werk=dw.com |datum=2022-02-24 |abruf=2022-02-25}}</ref> |
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Das [[United States Holocaust Memorial Museum]] verurteilte Putins Legitimierung des Überfalls mit Verweis auf eine vermeintlich erforderliche „Entnazifizierung“.<ref>{{Internetquelle |autor= |url=https://www.ushmm.org/information/press/press-releases/museum-condemns-russias-invasion-of-ukraine |titel=Museum Condemns Russia’s Invasion of Ukraine |werk=ushmm.org |datum=2022-02-24 |abruf=2022-02-28}}</ref> Es ist zwar richtig, dass in der ukrainischen [[Nationalgarde (Ukraine)|Nationalgarde]] das von Rechtsextremen dominierte [[Regiment Asow]] integriert ist, es gibt aber keinerlei Tendenzen für eine weitreichende Unterstützung neonazistischer Ideen in der ukrainischen Regierung oder Bevölkerung. Bei der [[Parlamentswahl in der Ukraine 2019|Parlamentswahl 2019]] konnten rechtsextreme Parteien keinen einzigen Sitz erringen. Der ukrainische Präsident Selenskyj ist selbst jüdischer Abstammung und hat drei Familienmitglieder im [[Holocaust]] verloren.<ref>{{Internetquelle |autor= |url=https://www.nbcnews.com/politics/politics-news/live-blog/russia-ukraine-conflict-live-updates-n1289655/ncrd1289673#blogHeader |titel=Russia-Ukraine conflict updates: Biden unveils more sanctions after Russia takes Chernobyl |werk=nbcnews.com |datum=2022-02-24 |abruf=2022-02-28}}</ref> Zudem stehen Mitglieder der sogenannten „Volksrepublik Donezk“ selbst in enger Verbindung mit der neonazistischen Partei [[Russische Nationale Einheit]] unter der Führung von Alexandr Barkaschow, welche aktiv Kämpfer für die prorussischen Milizen anwirbt.<ref>{{Internetquelle |autor=Marlene Raruelle |url=https://www.washingtonpost.com/news/monkey-cage/wp/2014/06/26/is-anyone-in-charge-of-russian-nationalists-fighting-in-ukraine/ |titel=Is anyone in charge of Russian nationalists fighting in Ukraine? |hrsg=Washington Post |datum=2014-06-26 |abruf=2022-02-28}}</ref><ref>Natalia Yudina: [https://www.degruyter.com/downloadpdf/j/jobs.2015.1.issue-1/jobs-2016-0012/jobs-2016-0012.pdf ''Russian nationalists fight Ukrainian war.''] In: ''Journal on Baltic Security'' (de Gruyter). 1, Nr. 1, 2015, S. 47–69. [[doi:10.1515/jobs-2016-0012]].</ref> |
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== Gegenmaßnahmen == |
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[[Datei:Volodymyr Zelensky met with Dutch PM Mark Rutte in occasion of possible Russian invasion (27).jpg|mini|[[Wolodymyr Selenskyj]] am 2. Februar 2022]] |
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=== Maßnahmen des Westens === |
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Nach dem Manöver von Russland und Belarus kündigten die USA am 19. Januar 2022 an, der Ukraine weitere Sicherheitshilfen zukommen zu lassen. Kurz darauf kündigten Estland, Lettland und Litauen an, der Ukraine Panzer- und Flugabwehrraketen zu schicken. Am 24. Januar verstärkte die NATO die Militärpräsenz in osteuropäischen Staaten und versetzte Truppenteile in Bereitschaft. |
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Am 2. Februar kündigte die [[US-Regierung]] an, weitere US-Soldaten nach Deutschland und Osteuropa zu entsenden.<ref name=":0" /> |
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US-Präsident [[Joe Biden|Biden]] kündigte am 24. Februar an, dass weitere Luft- und Bodentruppen zur Ostflanke der NATO geschickt werden. Er wiederholte, dass US-Truppen sich nicht direkt am Konflikt in der Ukraine beteiligen werden. Sie seien in Osteuropa, um die NATO-Verbündeten zu verteidigen.<ref>{{Internetquelle |autor=Kevin Liptak |url=https://edition.cnn.com/2022/02/24/politics/joe-biden-ukraine-russia-sanctions/index.html |titel=Biden imposes additional sanctions on Russia: ‘Putin chose this war’ |werk=CNN |datum=2022-02-25 |sprache=en |abruf=2022-02-25}}</ref> Am 25. Februar wurde die [[NATO Response Force]] durch den [[Supreme Allied Commander Europe]] [[Tod D. Wolters]] zum ersten Mal in ihrer Geschichte aktiviert. Die aus Land-, Luft- und Seeeinheiten bestehende Truppe soll die Ostflanke des NATO-Bündnisgebiets schützen und verstärken. Den Beschluss dazu hatten die Regierungschefs der NATO-Länder am Morgen gefasst.<ref>[https://edition.cnn.com/2022/02/25/politics/nato-ukraine-russia/index.html ''NATO Response Force activated for first time.''] In: ''edition.cnn.com'', 25. Februar 2022, abgerufen am 26. Februar 2022.</ref> |
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Am 26. Februar entschied Deutschland, Waffen (1000 Panzerabwehrwaffen des Typs [[Panzerfaust 3]] sowie 500 [[Man Portable Air Defense System|MANPADS]] vom Typ [[FIM-92 Stinger]]) aus Beständen der [[Bundeswehr]] an die Ukraine zu liefern. Ferner sollen 14 gepanzerte Fahrzeuge für Personenschutz und bis zu 10.000 Tonnen Treibstoff aus Deutschland in die Ukraine gehen. Zudem genehmigte Deutschland die Lieferung von 400 Panzerfäusten Typ 3 aus deutscher Produktion durch die Niederlande und neun [[Haubitze]]n Modell [[122-mm-Haubitze D-30 (2A18)|D-30]] aus Estland, die in den 1990er Jahren von der Bundeswehr zuerst an Finnland geliefert worden und später an Estland gegangen waren.<ref>[https://www.zdf.de/nachrichten/politik/waffen-lieferung-deutschland-ukraine-krieg-100.html ''Kurswechsel: Berlin liefert Waffen an Kiew.''] ZDF heute, 26. Februar 2022, abgerufen am 27. Februar 2022.</ref> Zuvor hatte die Bundesregierung darauf beharrt, keine Waffen in Krisengebiete zu liefern, obwohl sie dafür international kritisierte wurde.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.tagesschau.de/inland/waffenlieferung-ukraine-101.html |titel=Deutschland liefert Waffen der Bundeswehr |werk=tagesschau.de |datum=2022-02-26 |abruf=2022-02-26}}</ref> Am selben Tag stellten die USA insgesamt 350 Millionen Dollar „zur sofortigen Unterstützung der Verteidigung der Ukraine“ zur Verfügung.<ref name=":5" /> |
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=== Sanktionen === |
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{{Hauptartikel|Sanktionen gegen Russland seit dem Überfall auf die Ukraine}} |
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Die Europäische Union kündigte am 24. Februar ein „scharfes Sanktionspaket“ gegen Russland an. Man werde russische Vermögen in der EU einfrieren. Russische Banken sollten keinen Zugang mehr zu den Finanzmärkten haben.<ref name=":2">{{Internetquelle |autor=Jana Anzlinger |url=https://www.sueddeutsche.de/politik/ukraine-russland-krieg-reaktionen-weltweit-1.5535643 |titel=Internationale Reaktionen: „Die Welt wird Russland zur Rechenschaft ziehen“ |werk=sueddeutsche.de |datum=2022-02-24 |abruf=2022-02-25}}</ref> Flugzeugteile, Halbleiter und Güter für die Energiewirtschaft werden nicht mehr nach Russland verkauft.<ref>[https://kurier.at/wirtschaft/wie-sich-die-sanktionen-gegen-russland-auswirken/401918692 Wie sich die Sanktionen gegen Russland auswirken], kurier.at. 25. Februar 2022</ref> |
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Deutschland, das den Ausschluss Russlands aus dem Zahlungssystem [[SWIFT]] lange blockiert hatte, gab am Abend des 26. Februar als letzter EU-Mitgliedstaat seinen Widerstand auf. Die Bundesregierung kündigte nun an, den Zugang Russlands zu SWIFT einzuschränken, sprach aber nicht von einem vollständigen Ausschluss.<ref>[https://www.rnd.de/politik/swift-ausschluss-russlands-wird-immer-wahrscheinlicher-ZSLHCT2LVCFA5JP47U6JCXIGHI.html ''Ausschluss Russlands aus Swift wird wahrscheinlicher: Nur Deutschland zögert noch.''] In: ''rnd.de'', 26. Februar 2022, abgerufen am 26. Februar 2022.</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.tagesschau.de/wirtschaft/swift-russland-101.html |titel=Sanktionen gegen Russland: „Gezielte und funktionale SWIFT-Einschränkungen“ |werk=tagesschau.de |datum=2022-02-26 |abruf=2022-02-26}}</ref> Außerdem gaben die USA die Gründung einer transatlantischen [[Arbeitsgruppe]], die die Vermögenswerte der sanktionierten russischen Unternehmen und Oligarchen aufspüren und einfrieren soll, bekannt.<ref name=":4">{{Literatur |Titel=Russland-Ukraine-News: Elon Musk sichert Ukrainern Internetzugang |Sammelwerk=Der Spiegel |Datum=2022-02-27 |ISSN=2195-1349 |Online=https://www.spiegel.de/ausland/russland-ukraine-news-am-sonntag-elon-musk-starlink-hilft-ukraine-mit-internet-aus-a-08e79937-e5b3-43aa-8865-699d14274ed5 |Abruf=2022-02-27}}</ref> Des Weiteren sollen zusätzlich Sanktionen gegen die [[Bank Rossii|russische Zentralbank]] erfolgen.<ref>{{Literatur |Titel= Verbündete schließen russische Banken aus Swift aus |Sammelwerk=Manager Magazin| Datum=2022-02-27 |Online=https://www.manager-magazin.de/politik/immer-mehr-eu-laender-fordern-ausschluss-russlands-aus-zahlungssystem-swift-a-57523ef7-5139-4f8e-9f74-b12965813275 |Abruf=2022-02-27}}</ref> |
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Am 25. und 26. Februar sperrten mehrere europäische Staaten, darunter das Vereinigte Königreich, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechien, Rumänien und Bulgarien, ihren [[Luftraum]] für russische Flugzeuge.<ref>[https://www.rnd.de/reise/ukraine-krieg-immer-mehr-eu-laender-sperren-luftraum-fuer-russische-flugzeuge-XXX7D54QXLNJGL64OUSJQDI3MA.html ''Immer mehr EU-Länder sperren Luftraum für russische Flugzeuge.''] In: ''rnd.de'', 26. Februar 2022, abgerufen am 26. Februar 2022.</ref> Finnland bereite die Sperrung für den russischen Luftverkehr vor, so der Transportminister am 26. Februar.<ref>[https://thebarentsobserver.com/en/travel/2022/02/finland-close-airspace-russian-airlines Finland to close airspace for Russian airlines], The Barentsobserver, 27. Februar 2022</ref> |
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=== Maßnahmen weiterer Akteure === |
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Als Reaktion auf die Invasion erklärte das Hackerkollektiv [[Anonymous (Kollektiv)|Anonymous]] noch am ersten Kriegstag, in einen [[Cyberkrieg]] mit der [[Regierung der Russischen Föderation]] getreten zu sein.<ref name=":222">{{Internetquelle |url=https://www.t-online.de/-/91725188 |titel=Anonymous erklärt „Cyberkrieg“ gegen den Kreml |sprache=de |abruf=2022-02-25}}</ref> Am selben Tag gab Anonymous bekannt, dass es die Website des [[Verteidigungsministerium der Russischen Föderation|russischen Verteidigungsministeriums]] [[Offline|lahmgelegt]] habe, und stellte im weiteren Verlauf dessen Datenbank öffentlich zum Download.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.handelsblatt.com/politik/international/cyberkrieg-gegen-russland-anonymous-hackt-websites-von-gazprom-und-verteidigungsminister/28108782.html |titel=Anonymous hackt Websites von Gazprom und Verteidigungsminister |werk=[[Handelsblatt]] |datum=2022-02-26 |abruf=2022-02-26}}</ref> |
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Nachdem das russische Militär innerhalb der ersten Kriegstage das [[Mobilfunknetz]] der Ukraine zerstört hatte, wurde [[Elon Musk]] vom ukrainischen Vizepremier [[Mychajlo Fedorow]] gebeten, Internetzugang über der Ukraine bereitzustellen. Musk gab am dritten Kriegstag bekannt, [[Starlink]] sei jetzt in der Ukraine aktiv.<ref name=":4" /> |
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[[Google]] und [[Meta Platforms|Meta]] begannen auf ihren Plattformen ([[YouTube]] und [[Facebook]]) am dritten Kriegstag Werbung und Monetarisierung von Kanälen mehrerer russischer Staatsmedien zu unterbinden.<ref>{{Literatur |Titel=Russland-Ukraine-News: Russland sperrt möglicherweise seinen Luftraum für deutsche Flugzeuge |Sammelwerk=Der Spiegel |Datum=2022-02-26 |ISSN=2195-1349 |Online=https://www.spiegel.de/ausland/russland-ukraine-news-am-samstag-wolodymyr-selenskyj-erwartet-russischen-sturm-auf-kiew-noch-diese-nacht-a-d5b90774-e2c4-4048-9fe7-961d47e5ed3f |Abruf=2022-02-26}}</ref> Der japanische Unternehmer und Milliardär [[Hiroshi Mikitani]], [[Chief Executive Officer|CEO]] von [[Rakuten]], spendete der Ukraine umgerechnet ca. acht Millionen Euro für humanitäre Hilfe.<ref name=":4" /> |
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== Reaktionen == |
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=== Ukraine === |
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Der ukrainische Präsident Selenskyj gilt als ein „Hauptziel für russische Aggressionen“.<ref name=":6">{{Internetquelle|url=https://www.tagesschau.de/ausland/europa/ukraine-mobilmachung-101.html|titel=Ukraine ordnet allgemeine Mobilmachung an|werk=tagesschau.de|abruf=2022-02-26}}</ref> Ein Angebot der USA, den Präsidenten aus Kiew zu evakuieren, lehnte dieser ab: Er brauche Munition, keine Mitfahrgelegenheit.<ref>[https://nypost.com/2022/02/26/ukraine-president-volodymyr-zelensky-declines-us-evacuation-offer/ ‘I need ammunition, not a ride’: Zelensky declines US evacuation offer], New York Post via AP, 26. Februar 2022</ref> |
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=== Westliche Staaten === |
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==== Deutschland ==== |
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[[Datei:Ukraine solidarity protest Berlin Pariser Platz with lighted Brandenburg Gate 2022-02-24 07.jpg|mini|Das Brandenburger Tor am 24. Februar 2022, angestrahlt in den [[Flagge der Ukraine|Nationalfarben der Ukraine]]]] |
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[[Datei:2022-02-26 Pro-Ukrainian demostration Frankfurt.jpg|mini|Kundgebung in Frankfurt am Main, 26. Februar 2022]] |
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[[Datei:Zusammenkunft Solidarität mit der Ukraine 20220226 HOF09359.jpg|mini|Gedenkkerzen für die Opfer des Überfalls]] |
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Bundesaußenministerin [[Annalena Baerbock]] meinte am 23. Februar 2022, Putin habe das Gegenteil davon gesagt, was er vor einer Woche behauptet hat. Er habe das Minsker Abkommen einseitig „zertrümmert“. Russland solle nun seine Eskalationsschritte zurücknehmen.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.merkur.de/politik/hat-gelogen-baerbock-sieht-putin-nicht-mehr-als-vertrauenswuerdigen-verhandlungspartner-an-91367730.html |titel=„Hat gelogen“: Baerbock sieht Putin nicht mehr als vertrauenswürdigen Verhandlungspartner an |werk=merkur.de |datum=2022-02-23 |abruf=2022-02-25}}</ref> Nach dem Einmarsch warf sie Putin „vollkommen entgrenztes Agieren“ vor. Nach den Treffen mit Putin und Lawrow in Moskau müsse nun gesagt werden: „Wir wurden eiskalt belogen. Der Kanzler wurde belogen, ich vom russischen Außenminister, die gesamte internationale Gemeinschaft.“<ref>{{Internetquelle |url=https://www.n-tv.de/politik/Baerbock-Russland-hat-uns-eiskalt-belogen-article23153413.html |titel=Baerbock: Russland hat uns „eiskalt belogen“ |werk=n-tv.de |datum=2022-02-24 |abruf=2022-02-25}}</ref> |
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Der ehemalige SPD-Bundeskanzler und spätere Lobbyist für die russische Energiewirtschaft,<ref>{{Internetquelle |autor=Petr Jerabek |url=https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/russland-ukraine-konflikt-altkanzler-gerhard-schroeder-sieht-fehler-auf-beiden-seiten,SyMqKj1 |titel=Altkanzler Schröder sieht Fehler „auf beiden Seiten“ |werk=BR.de |datum=2022-02-24 |abruf=2022-02-25}}</ref> [[Gerhard Schröder]], forderte Russland zur schnellstmöglichen Beendigung des Krieges auf.<ref>[https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/hannover_weser-leinegebiet/Ex-Kanzler-Schroeder-fordert-Ende-des-Krieges-in-der-Ukraine,schroeder1584.html ''Ex-Kanzler Schröder fordert Ende des Krieges in der Ukraine''], NDR, 24. Februar 2022</ref> Er meint aber weiterhin, es habe Fehler auf beiden Seiten gegeben. Trotz Sanktionen sollten die Verbindungen zu Russland nicht gänzlich gekappt werden. Laut [[Martin Günthner]], einem ehemaligen SPD-Senator in Bremen, schämen sich viele Sozialdemokraten für Schröder. Wie [[Gesine Schwan]], ehemalige Kandidatin für das Amt des Bundespräsidenten, rief auch Günthner die Parteispitze zum Handeln auf.<ref>{{Internetquelle |autor=Reinhard Bingener |url=https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/unmut-in-der-spd-ueber-den-frueheren-kanzler-gerhard-schroeder-17834693.html |titel=„Eigentlich schämen sich viele Sozialdemokraten nur noch für Gerhard Schröder“ |werk=[[Frankfurter Allgemeine Zeitung#FAZ.NET|FAZ.net]] |datum=2022-02-25 |abruf=2022-02-25}}</ref> |
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==== Weitere westliche Staaten ==== |
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Die [[G7]] zeigten sich geschlossen und verurteilten die russische Invasion als „eine schwerwiegende Verletzung des Völkerrechts und einen schweren Verstoß gegen die [[Charta der Vereinten Nationen]]“. Alle Mitglieder erklärten Wirtschafts- und Finanzsanktionen zu verhängen.<ref>Regierung des Vereinigten Königreiches: [https://www.gov.uk/government/news/g7-leaders-statement-on-the-invasion-of-ukraine-by-armed-forces-of-the-russian-federation-24-february-2022 ''G7 Leaders’ Statement on the invasion of Ukraine by armed forces of the Russian Federation: 24 February 2022''], 24. Februar 2022, abgerufen am 25. Februar 2022.</ref> |
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US-Präsident [[Joe Biden]] nannte Russlands Vorgehen einen „unprovozierten und ungerechtfertigten Angriff durch die russischen Streitkräfte […] Die Welt wird Russland zur Rechenschaft ziehen.“ Er versprach der Ukraine Unterstützung. Sein Amtsvorgänger [[Donald Trump]] (Präsident von 2017 bis 2021) meinte, Russland hätte die Ukraine nicht angegriffen, wenn er noch im Amt wäre. Ursprünglich habe Putin auch gar keinen Krieg gewollt.<ref name=":2" /> Am Vorabend der Invasion, dem 23. Februar, hatte Trump noch seine Bewunderung dafür ausgedrückt, dass Putin ein ganzes Land für einen Preis einiger Sanktionen übernehmen würde.<ref>[https://www.nytimes.com/2022/02/24/world/europe/trump-putin-russia-ukraine.html ''Trump Praises Putin, Leaving Republicans in a Bind''], in: ''[[New York Times]]'' vom 25. Februar 2022, abgerufen am 26. Februar 2022.</ref> |
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Auch NATO-Staaten, die engere Beziehungen mit Russland pflegen, verurteilten den russischen Überfall, darunter [[Türkei]] und [[Ungarn]].<ref>{{Internetquelle |url=https://www.stern.de/politik/ausland/reaktionen-zu-russland--china-fuer-zurueckhaltung--tuerkei-uebt-kritik-31647654.html |titel=China für Zurückhaltung, Türkei kritisiert Russland – und der niederländische Premier nennt Putin „total wahnsinnig“ |werk=stern.de |abruf=2022-02-24}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.rnd.de/politik/krieg-in-ukraine-viktor-orban-stellt-sich-gegen-russland-UT6MGX5RLL5N32FNPPWE2LCA2U.html |titel=Ungarns Regierungschef Orban stellt sich gegen Russland |werk=RND |abruf=2022-02-24}}</ref> Der für seine Russlandnähe bekannte tschechische Präsident [[Miloš Zeman]] verurteilte die „unprovozierte Aggression“ Russlands gegen die Ukraine, sprach sich für Sanktionen anstatt nur Worte aus und fügte mit Blick auf Wladimir Putin an: „Der Verrückte muss isoliert werden“.<ref>[https://www.dw.com/de/ungarn-ukraine-orban-in-erkl%C3%A4rungsnot/a-60916974 ''Ungarn-Ukraine: Orban in Erklärungsnot''], Deutsche Welle, 25. Februar 2022; ''Tschechien stoppt Visa-Vergabe an russische Staatsbürger'', [[Tages-Anzeiger]], 25. Februar 2022, S. 10.</ref> |
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Die [[Schweiz]] verhängte keine Sanktionen unter Verweis auf [[Neutralität der Schweiz|ihre Neutralität]], sodass russische Bankkunden dort weiterhin Zugriff auf ihr Geld haben, verurteilte aber den russischen Angriff auf die Ukraine.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.swissinfo.ch/ger/wirtschaft/krieg-in-der-ukraine--reaktionen-aus-der-schweiz/47375038 |titel=Schweiz friert keine russischen Gelder ein |werk=swissinfo.ch |abruf=2022-02-24}}</ref><ref>{{Internetquelle| url=https://www.tagesschau.de/ausland/europa/schweiz-krieg-ukraine-101.html |titel=Wie reagiert die neutrale Schweiz? |werk=tagesschau.de |datum=2022-02-25 |abruf=2022-02-26}}</ref> Am 27. Februar 2022 rechnete [[Bundespräsident (Schweiz)|Bundespräsident]] [[Ignazio Cassis]] allerdings damit, dass der [[Bundesrat (Schweiz)|Bundesrat]] am Folgetag das Einfrieren russischer Vermögenswerte beschließen werde.<ref>{{cite web |url=https://www.rnd.de/politik/schweiz-denkt-ueber-sanktionen-gegen-russische-vermoegen-nach-GSXOWQCIISPYNBTFFO4KMVVKIQ.html |title=Schweiz will Einfrieren russischer Oligarchen-Milliarden im Bundesrat erörtern |accessdate=2022-02-28 |last=[[Redaktionsnetzwerk Deutschland]]|work=rnd.de}}</ref> |
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=== Weitere Staaten === |
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[[Volksrepublik China|China]] erklärte zunächst Verständnis für Russland und dessen „Sicherheitsbedenken“. Laut ''[[Tagesschau (ARD)|Tagesschau]]'' befürchtet China, dass Sanktionen gegen Russland zu steigenden Rohstoffpreisen führen. Außerdem sei die Ukraine ein wichtiges Transitland für Chinas [[neue Seidenstraße]], ein System von Landwegen in Richtung Westen.<ref>{{Internetquelle |autor=Eva Lamby-Schmitt |url=https://www.tagesschau.de/ausland/asien/china-russland-109.html |titel=China zeigt Verständnis |werk=tagesschau.de |datum=2022-02-24 |abruf=2022-02-25}}</ref> Am 26. Februar sagte der chinesische UN-Botschafter Zhang im Sicherheitsrat, der Konflikt sei an einem Punkt angelangt, den man nicht sehen wolle. Die [[Souveränität]] und [[territoriale Integrität]] aller Staaten müssten respektiert werden.<ref>{{Internetquelle|url=https://www.deutschlandfunk.de/resolution-gegen-angriff-auf-ukraine-scheitert-am-veto-russlands-100.html |titel=UNO-Sicherheitsrat – Resolution gegen Angriff auf Ukraine scheitert am Veto Russlands |werk=deutschlandfunk.de |datum=2022-02-26 |abruf=2022-02-26}}</ref> |
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[[Serbien]]s Präsident [[Aleksandar Vučić]] erklärte, dass das Land die territoriale Integrität der Ukraine unterstütze, man sich westlichen Sanktionen gegen Russland jedoch nicht anschließen werde.<ref>Reuters: ''[https://www.reuters.com/world/europe/serbia-will-not-impose-sanctions-against-moscow-president-says-2022-02-25/ Serbia will not impose sanctions against Moscow, president says]'', 26. Februar 2022, abgerufen am 26. Februar 2022.</ref> |
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[[Japan]], als G7-Mitglied, setzte wie angekündigt Sanktionen um. Für Halbleiter wurde eine Ausfuhrbeschränkung eingeführt, russische Vermögen eingefroren und bestimmte russische Bürger erhalten kein Visum mehr. Auch [[Südkorea]] schloss sich den Sanktionen an.<ref>{{Internetquelle |autor=Thomas Hahn |url=http://www.sueddeutsche.de/politik/japan-suedkorea-ukraine-nato-russland-sanktionen-1.5536751 |titel=Ukraine-Krise: Zeichen aus Asien |werk=[[Süddeutsche Zeitung|sueddeutsche.de]] |datum=2022-02-25 |abruf=2022-02-26}}</ref> |
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[[Indien]]s Regierung hielt sich bedeckt. Premierminister [[Narendra Modi]] erklärte nur: „Die Welt erlebt derzeit eine Zeit des Aufruhrs, und Indien muss in solchen Zeiten nicht nur für sich selbst, sondern für die gesamte Menschheit stärker sein.“ Indien bezieht einen Großteil seiner Waffen aus Russland.<ref>Nikkei Asia: [https://asia.nikkei.com/Politics/Ukraine-conflict/India-and-China-stay-on-sidelines-as-Russia-invades-Ukraine ''India and China stay on sidelines as Russia invades Ukraine''], 24. Februar 2022, abgerufen am 25. Februar 2022.</ref> |
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[[Pakistan]]s Premierminister [[Imran Khan]] drückte bei seinem Treffen mit Putin am 25. Februar sein „Bedauern“ darüber aus, dass ein militärischer Konflikt nicht abgewendet werden konnte.<ref>Al-Jazeera: [https://www.aljazeera.com/news/2022/2/25/pakistan-imran-putin-russia-ukraine-invasion ''Pakistani PM Khan meets Putin amid Ukraine invasion''], 25. Februar 2022, abgerufen am 25. Februar 2022.</ref> [[Indonesien]] und [[Singapur]] verurteilten die russische Gewalt,<ref>Benar News: [https://www.benarnews.org/english/news/indonesian/ukraine-indonesia-singapore-condemn-violation-of-territorial-integrity-02242022134017.html ''Indonesia, Singapore Condemn Russian Invasion of Ukraine''], 24. Februar 2022, abgerufen am 25. Februar 2022.</ref> ebenso [[Brasilien]],<ref>ARD Tagesschau: [https://www.tagesschau.de/newsticker/liveblog-russland-ukraine-krise-donnerstag-101.html ''Brasilien verurteilt Angriff Russlands''], 24. Februar 2022, abgerufen am 25. Februar 2022.</ref> [[Kenia]], [[Ghana]] und [[Gabun]].<ref name="BBC24">BBC: [https://www.bbc.com/news/world-africa-60507209 ''Ukraine crisis and Africa: The effects on oil, students and bread''], 24. Februar 2022, abgerufen am 25. Februar 2022.</ref> Der Premierminister von [[Georgien]], der als enger Verbündeter der Ukraine gilt, verurteilte den Angriff, verzichtete allerdings auf das Erlassen von Sanktionen gegen Russland,<ref>[https://civil.ge/archives/475235 ''Garibashvili Under Fire over Ukraine Remarks''], civil.ge, 25. Februar 2022, abgerufen am 25. Februar 2022.</ref> woraufhin tausende Georgier für seinen Rücktritt demonstrierten.<ref>[https://civil.ge/archives/475355 ''In Photos: Thousands Rally for Ukraine, Against Garibashvili in Tbilisi''], civil.ge, 25. Februar 2022, abgerufen am 26. Februar 2022.</ref><ref>[https://www.rferl.org/a/georgia-rally-ukraine-russia/31723871.html ''Thousands Of Georgians Protest Russia's Invasion Of Ukraine ''], RadioFreeEurope, 25. Februar 2022, abgerufen am 26. Februar 2022.</ref> |
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[[Naledi Pandor]], die Außenministerin [[Südafrika]]s, eines Landes der [[BRICS-Staaten]]gruppe, rief die Konfliktparteien dazu auf, ihre Verpflichtungen nach Maßgaben des Völkerrechts und des humanitären Völkerrechts zu erfüllen, also die Einhaltung der Menschenrechte zu wahren und diese zu schützen. Sie erklärte am 24. Februar 2022: „Südafrika fordert Russland auf, seine Streitkräfte unverzüglich aus der Ukraine abzuziehen, im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen, die alle Mitgliedsstaaten dazu verpflichtet, ihre internationalen Streitigkeiten mit friedlichen Mitteln so beizulegen, dass der internationale Frieden und die Sicherheit sowie die Gerechtigkeit nicht gefährdet werden.“<ref>Chad Williams: [https://www.iol.co.za/news/africa/south-africa-calls-on-russia-to-immediately-withdraw-its-forces-from-ukraine-eb7f3b87-4f97-419c-98f4-4aecb3cfde03 ''South Africa calls on Russia to immediately withdraw its forces from Ukraine'']. Meldung vom 24. Februar bei IOL auf ''www.iol.co.za'' (englisch) abgerufen am 26. Februar 2022.</ref><ref>Republic of South Africa, Government Communication and Information System: [https://www.sanews.gov.za/south-africa/sa-calls-russian-withdrawal-ukraine ''SA calls for Russian withdrawal from Ukraine'']. Mitteilung vom 25. Februar 2022 auf ''www.sanews.gov.za'' (englisch), abgerufen am 26. Februar 2022.</ref> Einen Tag später äußerte sich Südafrikas Präsident [[Cyril Ramaphosa]]: „Jetzt müssen sich die Parteien zusammensetzen, damit wir diesen Konflikt, der sich zu einem gewalttätigen entwickelt, beenden können.“ Er hofft auf eine Vermittlung durch den UN-Sicherheitsrat.<ref>Republic of South Africa, Government Communication and Information System: [https://www.sanews.gov.za/south-africa/president-ramaphosa-mediation-needed-russia-ukraine-conflict ''President Ramaphosa: Mediation needed in Russia-Ukraine conflict'']. Mitteilung vom 25. Februar 2022 auf ''www.sanews.gov.za'' (englisch), abgerufen am 26. Februar 2022.</ref> |
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Afrika droht durch den Konflikt eine Steigerung der Treibstoff- und Brotpreise. Kenia fürchtet um seine Tee-Exporte nach Russland.<ref name="BBC24" /> Die Regierung [[Nigeria]]s erklärte, dass ihre Bürger in der Ukraine selbst für ihre Sicherheit verantwortlich seien. Über 4000 Nigerianer studieren derzeit in der Ukraine und bilden damit die fünftgrößte Gruppe von Ausländern in dem Land. Der nigerianische Botschafter in der Ukraine war zu dem Zeitpunkt bereits aus dem Land geflohen.<ref>Premium Times: [https://www.premiumtimesng.com/news/headlines/513512-russian-invasion-protect-yourselves-nigeria-tells-citizens-in-ukraine.html ''UPDATED: Russian Invasion: Protect yourselves, Nigeria tells citizens in Ukraine''], 24. Februar 2022, abgerufen am 25. Februar 2022.</ref> In der Ukraine leben außerdem 8000 Studenten aus [[Marokko]], 3500 aus [[Ägypten]] und über 1000 Studenten aus Ghana.<ref name="BBC24" /> |
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=== Internationale Organisationen === |
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Der [[Europarat]], eine gesamteuropäische politische Organisation, in der Russland seit 1996 Mitglied ist, beschloss am 25. Februar, dass die russische Vertretung im Ministerrat und in der Parlamentarischen Versammlung ausgesetzt werde. Der von Russland gewählte Richter am [[Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte|Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte]] bleibt hingegen im Amt.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.coe.int/en/web/portal/-/council-of-europe-suspends-russia-s-rights-of-representation |titel=Council of Europe suspends Russia’s rights of representation |werk=Coe.int |hrsg=Europarat |datum=2022-02-25 |sprache=en |abruf=2022-02-25}}</ref> |
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Im [[Sicherheitsrat der Vereinten Nationen]] scheiterte eine Resolution gegen den Einmarsch am [[Veto]] Russlands. China, Indien und die Vereinigten Arabischen Emirate enthielten sich, während die anderen elf Mitglieder dafür stimmten, darunter Brasilien, Ghana, Kenia und [[Mexiko]].<ref>Die Zeit: [https://www.zeit.de/politik/ausland/2022-02/krieg-ukraine-un-sicherheitsrat-resolution-veto-russland-china ''Russland verhindert Resolution des UN-Sicherheitsrats''], 26. Februar 2022, abgerufen am 26. Februar 2022.</ref> |
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Am Sonntag, den 27. Februar 2022, trat der UN-Sicherheitsrat erneut zusammen, um über eine Verweisung des Themas an die [[Generalversammlung der Vereinten Nationen|UN-Generalversammlung]] abzustimmen. In der Abstimmung votierten elf Staaten mit „Ja“, drei (Indien, VR China, VAE) enthielten sich und Russland votierte dagegen. Nötig war eine Mehrheit von neun Stimmen. Es wird erwartet, dass die am 28. Februar beginnende Dringlichkeitssitzung der Generalversammlung, erst die elfte seit Bestehen der UNO, mehrere Tage lang beraten wird.<ref>[https://www.tagesschau.de/ausland/un-vollversammlung-ukraine-101.html ''UN-Vollversammlung: Dringlichkeitssitzung zur Ukraine''], in: ''tagesschau.de'' vom 28. Februar 2022, abgerufen am 28. Februar 2022.</ref> |
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=== Proteste in der Zivilbevölkerung === |
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[[Datei:Protests against war in Ukraine in Moscow (24 February 2022) 2.jpg|mini|hochkant|Protestkundgebung am 24. Februar in Moskau, russische Plakataufschrift: „Nein zum Krieg! Putin verschwinde!“]] |
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{{Hauptartikel|Proteste gegen die russische Invasion in der Ukraine 2022}} |
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Am Tag des Überfalls gab es in zahlreichen Städten Russlands Protestkundgebungen, bei denen mehr als 1700 Personen festgenommen wurden (allein 957 in Moskau).<ref>Siba Jackson: [https://news.sky.com/story/ukraine-police-arrest-more-than-1-700-anti-war-protesters-in-russia-as-anger-erupts-over-invasion-12550653 ''Ukraine: Police arrest more than 1,700 anti-war protesters in Russia as anger erupts over invasion''.] In: ''news.sky.com'' vom 24. Februar 2022, abgerufen am 25. Februar 2022 (englisch).</ref> |
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In zahlreichen europäischen Staaten, in den USA, Kanada, in mehreren ehemaligen Sowjetrepubliken und weiteren Staaten kam es zu Kundgebungen der Solidarität mit der Ukraine und gegen die russische Aggression.<ref>Li Cohen: [https://www.cbsnews.com/pictures/russia-ukraine-invasion-protests/ ''Worldwide protests after Russia invades Ukraine''.] In: ''cbsnews.com'' vom 25. Februar 2022, abgerufen am 25. Februar 2022 (englisch).</ref> |
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Am 27. Februar 2022 demonstrierten Hunderttausende im Berliner Regierungsviertel unter dem Motto „Stoppt den Krieg! Frieden für die Ukraine und ganz Europa“.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.rbb24.de/politik/thema/Ukraine/beitraege/grossdemonstration-strasse-des-17--juni-berlin-russland-invasion-putin.html |titel=Hunderttausende demonstrieren in Berlin gegen Angriff auf Ukraine |werk=rbb24 |sprache=de |abruf=2022-02-27}}</ref> |
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In Spanien versuchte ein ukrainischer Matrose, die Jacht des [[Chief Executive Officer|CEO]] von [[Rosoboronexport]] sinken zu lassen, wurde jedoch von anderen ukrainischen Matrosen daran gehindert.<ref>[https://maritime-executive.com/article/ukrainian-seafarer-attempts-to-sink-yacht-of-russian-weapons-tycoon Ukrainian Seafarer Attempts to Sink Yacht of Russian Weapons Executive], maritime-executive.com, 27. Februar 2022</ref> |
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=== Kirche === |
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==== Vatikan ==== |
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[[Franziskus (Papst)|Papst Franziskus]] besuchte die russische Botschaft in Rom, um persönlich seine Besorgnis über die Lage in der Ukraine zum Ausdruck zu bringen.<ref>Tagesspiegel: ''[https://www.tagesspiegel.de/politik/sorge-ueber-den-krieg-papst-franziskus-geht-persoenlich-in-die-russische-botschaft/28106280.html Papst Franziskus geht persönlich in die russische Botschaft]'', 25. Februar 2022, abgerufen am 26. Februar 2022.</ref> |
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==== Russisch-orthodoxe Kirche ==== |
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Der Patriarch [[Kyrill I.|Kirill]] der [[Russisch-Orthodoxe Kirche|russisch-orthodoxen Kirche]] äußerte, dass er im Kriegsdienst eine Bekundung von „Nächstenliebe nach dem Evangelium“ erblicke und ein Beispiel der Treue zu den hohen sittlichen Idealen des Wahren und Guten. Dem Präsidenten wünschte Kirill Seelenfrieden und Gottes Hilfe bei seinem hohen Dienst am russischen Volk. Im Gegensatz dazu appellierte der dem Patriarchat unterstellte Metropolit von Kiew und der Ukraine, [[Onufrij]], den Bruderkrieg zwischen dem ukrainischen und dem russischen Volk unverzüglich zu beenden. Der Krieg zwischen beiden wiederhole die Sünde von [[Kain]], der aus Neid seinen eigenen Bruder umbrachte. Dieser Krieg sei weder vor Gott noch vor den Menschen zu rechtfertigen. Seine Kirche verteidige die Souveränität und territoriale Unversehrtheit der Ukraine.<ref>[[Kerstin Holm]]: ''Brudermord aus Neid'', in: [[Frankfurter Allgemeine Zeitung]] vom 26. Februar 2022.</ref> |
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=== Wirtschaft === |
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==== Märkte ==== |
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Am ersten Tag der Invasion stiegen die Weltmarktpreise für [[Ölpreis|Rohöl]] und Getreide im Hinblick auf mögliche Versorgungsengpässe sehr stark (um 5 bis 10 %) an. Nachdem die Preise tags darauf genauso wieder zurückgingen,<ref>{{Internetquelle |url=https://www.finanzen.net/nachricht/rohstoffe/nach-hoechststaenden-deshalb-geben-die-oelpreise-ihre-gewinne-wieder-ab-11077896 |titel=Deshalb geben die Ölpreise ihre Gewinne wieder ab |werk=finanzen.net |datum=2022-02-25 |abruf=2022-02-28}}</ref> legten sie nach dem Beschluss massiver Sanktionen erneut stark zu.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.finanzen.net/rohstoffe/oelpreis |titel=Ölpreis |werk=finanzen.net |abruf=2022-02-27}}</ref> Schon im Vorfeld des Überfalls waren die Preise nach der russischen Anerkennung der Separatistengebiete und der angekündigten Entsendung russischer Truppen in diese Regionen deutlich gestiegen.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.finanzen.net/nachricht/rohstoffe/ukraine-krise-darum-steigen-die-oelpreise-zuletzt-unter-tageshoechstkursen-11061398 |titel=Darum steigen die Ölpreise – Zuletzt unter Tageshöchstkursen |werk=finanzen.net |datum=2022-02-22 |abruf=2022-02-28}}</ref> |
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* '''Rohöl''' |
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Das für Europa maßgebliche Referenzöl [[Brent (Öl)|Brent]] und das für den US-Markt relevante [[Western Texas Intermediate|WTI]] kosteten erstmals seit mehr als sieben Jahren zeitweise wieder über 100 Dollar pro [[Barrel]].<ref>{{Internetquelle |url=https://www.finanzen.net/nachricht/rohstoffe/kriegsbeginn-in-der-ukraine-deswegen-sind-steigen-die-oelpreise-massiv-an-brent-105-dollar-teuer-11071482 |titel=Deswegen sind steigen<!-- sic! --> die Ölpreise massiv an – Brent 105 Dollar teuer |werk=finanzen.net |datum=2022-02-24 |abruf=2022-02-27}}</ref> |
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* '''Weizen''' |
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Die Ukraine und Russland sind die [[Weizen#Die größten Weizenproduzenten|acht- und drittgrößten Weizenproduzenten]], insbesondere die viert- und zweitgrößten Weizenexporteure.<ref name="Export">{{Internetquelle |url=https://www.haz.de/Nachrichten/Wirtschaft/Niedersachsen/Krieg-gegen-Ukraine-Preise-fuer-Getreide-Futtermittel-und-Duenger-steigen |titel=„Kurse gehen durch die Decke“: Steigen jetzt die Preise für Getreide, Futtermittel, Betriebsmittel und Dünger? |werk=[[HAZ]] |datum=2022-02-26 |abruf=2022-02-28}}</ref> Die großen Importregionen der Welt im Mittleren Osten, Nordafrika und Südostasien fürchten bei einem Stillstand des Getreidehandels in der Schwarzmeerregion um ihre Versorgung.<ref name="Export" /> |
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==== Unternehmen ==== |
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Die britische [[BP]] gab wenige Tage nach der Invasion an, sich von ihrem Anteil von fast 20 % am russischen Ölförderer [[Rosneft]] zu trennen und dafür bis zu 25 Mrd. $ abzuschreiben.<ref>{{Internetquelle |autor=Kathrin Witsch |url=https://www.handelsblatt.com/unternehmen/energie/ukraine-krieg-bp-trennt-sich-von-rosneft-anteilen/28112252.html |titel=BP trennt sich von Rosneft-Anteilen |werk=Handelsblatt |datum=2022-02-27 |abruf=2022-02-28}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/bp-verkauft-anteile-rosneft-beklagt-politischen-druck-hinter-der-entscheidung-a-a389bcba-01d3-405e-ab1d-4be414a1f846 |titel=Rosneft beklagt »politischen Druck« hinter BP-Entscheidung |werk=Der Spiegel |datum=2022-02-27 |abruf=2022-02-28}}</ref> |
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== Siehe auch == |
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* [[Belarus und der russische Überfall auf die Ukraine]] |
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== Weblinks == |
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{{Commonscat|2022 Russian invasion of Ukraine|Russischer Überfall auf die Ukraine 2022}} |
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{{Wikinews|Kategorie:Russischer Überfall auf die Ukraine 2022|Russischer Überfall auf die Ukraine 2022}} |
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== Belege == |
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<references responsive /> |
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{{SORTIERUNG:Russischer Uberfall auf die Ukraine 2022}} |
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[[Kategorie:Russischer Überfall auf die Ukraine 2022| ]] |
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[[Kategorie:Propaganda in Russland]] |
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[[Kategorie:Konflikt 2022]] |
Version vom 26. September 2022, 10:22 Uhr
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