Zum Inhalt springen

Lechenich und Heinz Gutsche (Politiker, 1915): Unterschied zwischen den Seiten

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Unterschied zwischen Seiten)
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
Stadtbild und Bewohner zur Jahrhundertwende: + Link Privatbrauerei Ganser
 
K https, Kleinkram
 
Zeile 1: Zeile 1:
[[Datei:Büste Eichborndamm 215 (Wittn) Heinz Gutsche.jpg|mini|[[Büste]], Eichborndamm 215, in [[Berlin-Wittenau]]]]
{{Infobox Ortsteil einer Gemeinde in Deutschland
'''Heinz Gutsche''' (* [[23. Mai]] [[1915]] in [[Leipzig]]; † [[9. November]] [[1973]] in [[Berlin]]) war ein deutscher Politiker ([[SPD]]) und Staatswissenschaftler.
| Ortsteil = Lechenich
Er war von 1960 bis 1970 [[Bezirksbürgermeister (Berlin)|Bezirksbürgermeister]] von [[Bezirk Reinickendorf|Berlin-Reinickendorf]].
| Gemeindeart = Stadt
| Gemeindename = Erftstadt
| Alternativanzeige-Gemeindename =
| Ortswappen =
| Breitengrad = 50/48//N
| Längengrad = 6/46//E
| Bundesland = Nordrhein-Westfalen
| Höhe = 99 <!-- Quelle: Geodatenzentrum -->
| Fläche = 29.83
| Einwohner = 11479
| Einwohner-Stand-Datum = 2009-11-30
| Eingemeindungsdatum = 1969-07-01
| Postleitzahl1 = 50374
| Postleitzahl2 =
| Vorwahl1 = 02235
| Vorwahl2 =
| Lagekarte = Erftstadt Verwaltungsgliederung Lechenich hergehoben mit Beschriftung.svg
| Lagekarte-Beschreibung = Lage von Lechenich in Erftstadt
}}
[[Datei:Lechenich mit Teilbereichen seines Umlandes.jpg|miniatur|hochkant=1.24|Lechenich mit Teilbereichen seines Umlandes]]
'''Lechenich''' ist der zweitgrößte Stadtteil von [[Erftstadt]] im [[Rhein-Erft-Kreis]], 20&nbsp;km westlich von [[Köln]] gelegen. Zu Lechenich gehören [[Konradsheim (Erftstadt)|Konradsheim]] und [[Heddinghoven]].


== Lage ==
== Leben ==
Heinz Gutsche wurde zunächst zum Volkswirt ausgebildet und diente als Wehrmachtssoldat im Zweiten Weltkrieg. Nach dem Krieg studierte er Staatswissenschaften. 1947 trat er in die SPD ein. 1948 wurde er Direktor der Volkshochschule Tempelhof und danach Referatsleiter VHS beim Kultursenator. 1958 war er Tempelhofer Bezirksverordnetenvorsteher und 1959 Leiter des Büros für Gesamtberliner Fragen beim Regierenden Bürgermeister. Ab 1960 war er Bezirksbürgermeister von Berlin-Reinickendorf. Aufgrund einer Erkrankung wurde er im Februar 1970 verabschiedet.<ref>[https://gedenkzeichen.kulturring.berlin/?id=1130 Heinz Gutsche] bei gedenkzeichen.kulturring.berlin</ref>
Lechenich liegt am Kreuzungspunkt der [[Bundesstraße 265|B 265]] mit den Landstraßen L 162 und L 263. Die nächste Autobahn-Anschlussstelle ist „Erftstadt“ an der [[Bundesautobahn 1|A 1]]/[[Bundesautobahn 61|61]].


Am 11. Februar 1970 wurde ihm die [[Ernst-Reuter-Plakette]] verliehen.<ref>[https://berlingeschichte.de/ehrung/g/gutsche_heinz.htm Heinz Gutsche] bei luise-berlin.de</ref>
== Geschichte ==
=== Frühgeschichte ===
Am heutigen Nordrand von Lechenich befand sich eine der mittleren [[Jungsteinzeit]] zugeordnete Siedlung, deren [[Gräberfeld]] bei der Anlage eines Sportplatzes im Juli 2010 angeschnitten wurde. Der [[Befund (Archäologie)|Befund]] der dort freigelegten [[Grabbeigabe]]n erbrachte ihre Einordnung in die Zeit um 4950-4800 [[v. Chr.|vor Christus]]. Die Art der aufwendig verzierten [[Keramik]]en der Grabbeigaben ließ diese [[Artefakt (Archäologie)|Artefakte]] der [[Großgartacher Kultur]] zuordnen.


== Weblinks ==
Auf dem Gelände wurden auch Reste eines Gehöftes aus der [[Eisenzeit#Mitteleuropa|älteren Eisenzeit]] (800-500 v. Chr.) freigelegt. Es handelte sich um ein Sechs- oder Neun[[pfostenhaus]] sowie zwei Gruben, aus deren Abfällen Keramikscherben und Holzkohlestücke geborgen wurden.<ref>[[Kölner Stadt-Anzeiger]] vom 19. August 2010.</ref> Um 700-500 v. Chr. befand sich am heutigen südlichen Ortsrand von Lechenich ebenfalls eine früheisenzeitliche Siedlung mit etwa 18 Häusern, die beim Erschließen eines Gewerbegebietes entdeckt und untersucht wurde.<ref>Cordula Brand u.a. Die früheisenzeitliche Siedlung in Erftstadt Lechenich. In: [[Archäologie im Rheinland]] 2005.</ref>
{{Commonscat}}


== Einzelnachweise ==
Weitere archäologische Funde aus dem Raum Lechenich belegen eine frühe, bis in die Römerzeit reichende Besiedlung. Eine Anzahl dieser Fundstücke befinden sich heute im [[Rheinisches Landesmuseum Bonn|Rheinischen Landesmuseum Bonn]].<ref>Bernhard Schreiber: Archäologische Funde und Denkmäler des erftstädtischen Raumes. Erftstadt 1999, S. 24–27(Angabe der Fundstellen)</ref>
<references/>


{{Navigationsleiste Bezirksbürgermeister von Berlin-Reinickendorf}}
=== Römerzeit ===
[[Datei:Lechenich-1845-Fund-Matronenstein-2-3-Jahrhundert.jpg|miniatur|hochkant|Matronenstein der Matronen „Lachnechiae“ in Lechenich]]
Westlich der heutigen Altstadt bestand in [[Germania inferior|römischer]] Zeit an der Straße nach [[Aachen]], die an der Erft von der Straße [[Römerstraße Trier–Köln]],heute [[Erlebnisraum Römerstraße Köln–Trier| Agrippa-Straße Köln–Trier]] abzweigte, eine kleine Siedlung ([[Vicus]]). Teile der Anlage wurden 1972 bei Ausschachtungsarbeiten entdeckt. Auf einer „Trümmerstelle“ in der Flur „Am Böttchen“ wurden auf einem Areal von 180 x 200 Meter sechs Baugruben freigelegt, von denen drei eine Häuserzeile bildeten. Drei weitere Häuser begrenzten das Rechteck. Außer römischen Fundamenten, einer Brandschicht und Abfallgruben kam Keramik zu Tage, die ins 2. bis 4. Jahrhundert datiert wurde. In dem zur Siedlung gehörenden [[Heidentempel|Tempelbezirk]] wurden [[Matrone]]n verehrt. So hat der Romane „Jalehenius“ den Matronen“ „Lanehiae“ (Matronis Lanehiabus) einen [[Weihestein]] errichtet, deren Name dann nach einigen Variationen zur Ortsbezeichnung Lechenich führte. Der um das 2. Jahrhundert datierte [[Steinkult|Kultstein]] befindet sich heute ebenfalls im Museum [[Bonn]].<ref>Bernhard Schreiber: Archäologische Funde und Denkmäler des erftstädtischen Raumes. Erftstadt 1999, S. 64 und Jahresbericht 1972 in: Bonner Jahrbuch 1974. Köln 1974, S. 622–624.</ref> Ein kleinerer Stein dieser Epoche blieb der Stadt jedoch vor Ort erhalten, er befindet sich sichtbar im äußeren Mauerwerk der [[St. Servatius Kapelle (Lechenich)|Kapelle Heddinghoven]].


{{Normdaten|TYP=p|GND=1111529086|VIAF=9063147270441835700006}}
=== Mittelalter ===
Südwestlich der heutigen Altstadt lag in [[Fränkisches Reich|fränkischer]] Zeit eine Siedlung. Grabfunde ermöglichten, sie an das Ende des 5. Jahrhunderts einzuordnen.<ref>Bernhard Schreiber: Archäologische Funde und Denkmäler des erftstädtischen Raumes. Erftstadt 1999, S. 86.</ref> Eine Urkunde berichtet, dass um 650 der zur Siedlung gehörende [[Fronhof]] im Besitz des Kölner Bischofs [[Kunibert von Köln|Kunibert]] war, der von diesem Hof den [[Almosen]]brüdern des [[Hospital]]s [[St. Lupus (Köln)|St. Lupus]] in der Kölner Vorstadt [[Niederich (Köln)|Niederich]] Einkünfte zuwies.<ref>[[Historisches Archiv der Stadt Köln|HAStK]] Bestand Domstift U Nr. 1/2/1</ref>


{{SORTIERUNG:Gutsche, Heinz}}
==== Die alte Burg ====
[[Kategorie:Bezirksbürgermeister des Bezirks Reinickendorf]]
Die Kölner Erzbischöfe ließen in den folgenden Jahrhunderten den Fronhof in Lechenich zu einer [[Motte (Burg)|Motte]] ausbauen, die nach ihrer Zerstörung durch eine mächtige von Wassergräben, deren Konturen sich noch heute im Gelände abzeichnen, umgebene Burg ersetzt wurde. Im Jahre 1138, der ersten datierten Erwähnung Lechenichs, wurde die erzbischöfliche Burg als „curia“ bezeichnet<ref>[[Hauptstaatsarchiv Düsseldorf|HSTAD]] Bestand Altenberg U Nr. 1</ref> und 1181 Lechenich als erzbischöfliches Territorium mit Gericht und Bann<ref>[[Historisches Archiv der Stadt Köln|HAStK]] Bestand Domstift Urkunde Nr. 2/20, veröffentlicht in Stommel, Quellen Band I Nr. 26</ref> Die Burg wurde nach der Ablösung der [[Vogt|Vögte]] durch Erzbischof [[Philipp I. von Heinsberg|Philipp von Heinsberg]] im Jahr 1185 der Verwaltungs- und Gerichtssitz des Amtes Lechenich.<ref>[[Historisches Archiv der Stadt Köln|HAStK]] Bestand Domstift U Nr. 3/46</ref> Ein erzbischöflicher Beamter ([[Schultheiß]]/Amtmann) übernahm die Verwaltung und zusammen mit den [[Schöffe]]n die [[Gerichtsbarkeit|Rechtsprechung]].<ref>R. Hoeninger: Kölner Schreinsurkunden des 12. Jahrhunderts. Bonn 1884. Bd. I S. 343, S. 349 und S. 354.</ref>
[[Kategorie:SPD-Mitglied]]
[[Kategorie:Träger der Ernst-Reuter-Plakette]]
[[Kategorie:Träger des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse]]
[[Kategorie:Deutscher]]
[[Kategorie:Geboren 1915]]
[[Kategorie:Gestorben 1973]]
[[Kategorie:Mann]]


{{Personendaten
In den in die Reichspolitik eingebundenen [[Herrschaft (Territorium)|Territorialkämpfen]] des 13. Jahrhunderts zwischen den Erzbischöfen von Köln und den [[Herzogtum Jülich|Grafen von Jülich]] und den [[Herzogtum Brabant|Herzögen von Brabant]] kam der Burg in Lechenich eine große Bedeutung zu. Die Burg, das „castrum“ Lechenich, wurde mehrmals belagert, konnte jedoch nicht eingenommen werden.<ref>R. Knipping: Regesten der Erzbischöfe von Köln im Mittelalter. Band III.1. Bonn 1909. Nr. 948, Nr. 982 und Nr. 984</ref>
|NAME=Gutsche, Heinz

|ALTERNATIVNAMEN=
==== Stadtplanung und Stadtrechte ====
|KURZBESCHREIBUNG=deutscher Politiker (SPD) und Staatswissenschaftler
[[Datei:Lechenich-Stadtrechtsurkunde-1279.jpg|miniatur|hochkant|Stadtrechtsurkunde vom 15. September 1279]]
|GEBURTSDATUM=23. Mai 1915
Der Kölner Erzbischof [[Konrad von Hochstaden]] schuf die Grundlagen für eine mit Mauern und Wassergräben befestigte Stadt Lechenich, als er 1256 bei einem Tausch mit dem [[Stift (Kirche)|Stift]] [[St. Aposteln]] in Köln von diesem etwa 30 Häuser am Lechenicher [[Marktplatz (Städtebau)|Markt]] erhielt.<ref>[[Historisches Archiv der Stadt Köln|HAStK]] Bestand St. Aposteln U Nr 3/51</ref> Die Siedlung am Markt lag an der die Stadt durchziehenden [[Bonn-Aachener Heerstraße]]<ref>Wilhelm Brüning: Die Aachener Krönungsfahrt Friedrichs III. im Jahre 1442 in: Mitteilungen des Vereins für Kunde der Aachener Vorzeit Nr. 6/8, S. 81–104. Aachen 1898.</ref> und erhielt natürlichen Schutz durch die sie einfassenden Bäche, [[Rotbach (Erft)|Rotbach]] und Mühlenbach, an dem auch die zur Grundherrschaft des Erzbischofs gehörende [[Oebelsmühle|Mühle]] lag. Die Siedlung am Markt wurde das Zentrum einer zusätzlich durch hohe Mauern befestigte und durch angelegte, von den Bächen gespeiste Wassergräben, geschützte Stadt. Nach Baubeginn der planmäßig auf rechteckigem [[Grundriss]] angelegten Stadt wurde die alte 1155 genannte Pfarrkirche<ref>[[Historisches Archiv der Stadt Köln|HAStK]] Bestand Abtei Deutz RH 2</ref> in der Nähe der alten Burg aufgegeben. Die neue Pfarrkirche in der Nähe des Marktes entstand an der Stelle der heutigen Kirche [[St. Kilian (Lechenich)|St. Kilian]] und war dem Stift von St. Aposteln inkorporiert. Die [[Umsiedler|Umsiedlung]] der in den Häusern an der Burg lebenden Bewohner in den Bereich der heutigen Altstadt, sowie der Neubau der Pfarrkirche waren 1271 abgeschlossen.<ref>[[Historisches Archiv der Stadt Köln|HAStK]] Bestand Geistliche Abt. 16 Bl.15 Nr. 41</ref>
|GEBURTSORT=[[Leipzig]]
<gallery>
|STERBEDATUM=9. November 1973
Lechenich-alter-Stadtmauerrest-am-Zehntwall.JPG|Reste der alten Stadtmauer am Zehntwall
|STERBEORT=[[Berlin]]
Rotbach Lechenich.jpg|Rotbach im Osten Lechenichs
}}
Lechenich-Oebelsmühle-Mühlenbach-hinter-dem-Maschinenhaus.JPG|Der Mühlenbach an der Rückfront der ehemals erzbischöflichen Mühle
</gallery>
Erzbischof [[Siegfried von Westerburg]] verlieh Lechenich am 15. September 1279 [[Stadtrecht]]e.<ref>[[Historisches Archiv der Stadt Köln|HAStK]] Bestand Domstift U Nr. 2/392</ref>
Die wichtigsten dieser verliehenen Rechte waren das Recht, sieben Schöffen zu wählen, einen [[Jahrmarkt]] an St. Remigius (1. Oktober) sowie einen [[Wochenmarkt]] an jedem Dienstag veranstalten zu dürfen. Weiter auch die Rechte als Steuerbehörde Einkünfte aus der "Akzise" genannten Warensteuer zu erzielen, die für den Bau und Unterhalt der [[Stadtmauer]]n verwendet werden sollten, und das Recht ein Bürgeraufnahmegeld zu erheben, das jeder Neubürger zu zahlen hatte, der sich in Lechenich niederlassen und das [[Bürgerrecht]] erwerben wollte. Die [[Bürger]], zu denen auch die Einwohner der Burgbanndörfer Ahrem, Blessem, Konradsheim, Herrig und Meller gehörten, waren verpflichtet, der Stadt bewaffnete Hilfe zu leisten, sobald die Bannglocke läutete. Die verliehenen städtischen Privilegien berechtigten zur Führung eines Stadtsiegels, das 1282 erstmals belegt ist<ref>Hastk Bestand Domstift Urkunde Nr. 1/425, veröffentlicht in Stommel Quellen Band I Nr. 149</ref>

Während einer Auseinandersetzung König [[Albrecht I. (HRR)|Albrechts I.]] mit dem Kölner Erzbischof [[Wigbold von Holte]] um die [[Zoll (Abgabe)|Rheinzölle]]
wurden 1301 die alte Burg und die noch im Bau befindliche [[Stadtbefestigung Lechenich|Stadtbefestigung]] auf Befehl des Königs von Graf Gerhard VII. von Jülich und seinen Verbündeten zerstört.<ref>Wilhelm Janssen: Das Erzbistum Köln im spätem Mittelalter. Köln 1996. (Geschichte des Erzbistums Köln Bd.2.1). S. 203-207</ref>

==== Die neue Burg ====
[[Datei:Lechenich-Landesburg-Detail.JPG|miniatur|hochkant|Landesburg Lechenich]]
{{Hauptartikel|Landesburg Lechenich}}

Im Jahre 1306 begann der Kölner Erzbischof [[Heinrich II. von Virneburg]] mit dem dem Wiederaufbau der Stadtbefestigung und Neubau einer Burg ([[Wohnturm]]) in der Nordostecke der heutigen Altstadt.<ref>[[Historisches Archiv der Stadt Köln|HAStK]] Bestand Domstift U Nr. 1/752</ref> Das ergänzende Hochschloss entstand unter den Erzbischöfen [[Walram von Jülich]] und [[Wilhelm von Gennep]]. Die mächtige Burganlage bildete mit den sie umschließenden Wassergräben eine separate Festung innerhalb der befestigten Stadt.

Die [[Landesburg]] Lechenich diente im 14. und in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts oftmals als [[Residenzen Kölner Bischöfe|Residenz der Kölner Erzbischöfe]]. Sie diente darüber hinaus Verwaltungs- und Gerichtszentrale des Amtes Lechenich.

=== Vom Beginn der Neuzeit zum Ende Kurkölns ===
[[Datei:Lechenich-Rathaus-Wappengiebel.JPG|miniatur|hochkant|Stadtwappen am [[Historisches Rathaus Lechenich|historischen Rathaus Lechenich]] in der Form des 17. Jahrhunderts]]

==== Stadtverwaltung und Hexenprozesse ====
In den [[Stadtrecht|Statuten]] der Stadtrechtsurkunde von 1279 war das Amt eines [[Bürgermeister]] nicht festgelegt worden. Ein solcher, nebst einem [[Stadtrat]], amtierten im 15. Jahrhundert,<ref>[[Hauptstaatsarchiv Düsseldorf|HSTAD]] Kurköln U Nr. 2254.</ref> jedoch wurde ein [[Rathaus]] (Bürgerhaus) erst 1590 genannt.<ref>[[Historisches Archiv der Stadt Köln|HAStK]] Bestand Auswärtiges 170b</ref> Der Bürgermeister, 1450 erstmals erwähnt, vertrat die [[Stadt]] auf dem [[Landesparlament|Landtag]]<ref>[[Hauptstaatsarchiv Düsseldorf|HSTAD]] Kurköln II 5657</ref> Gemeinsam regelte er mit Schöffen und Rat die städtischen Angelegenheiten. Maßgebend für die Stadt blieben jedoch die Direktiven des Landesherrn, als dessen Stellvertreter der Amtmann fungierte. Dieser gab Anweisungen, wählte die Schöffen aus und vereidigte sie, auch kontrollierte er die Stadtrechnungen, wie es in der Stadtrechtsurkunde bestimmt war.<ref>Archiv Schloss Gracht Akte 51, Akte 52 und Akte 53 (Bürgermeisterrechnungen)</ref>

Zu den vom Stadtrat getroffenen Maßnahmen gehörte der Bau eines [[Leprakolonie|Siechenhauses]] für [[Lepra]]kranke in der Nähe der alten [[Römerstraße]]. Anfang des 18. Jahrhunderts verkaufte die Stadt das nicht mehr genutzte, heruntergekommene Gebäude mit dem dazugehörigen Garten.<ref>K. und H. Stommel, Quellen zur Geschichte der Stadt Erftstadt Bd. V Nr. 2823.</ref>

Das Amtshaus der Vorburg blieb als Verwaltungs- und Gerichtszentrale des kurkölnischen Amtes Lechenich bis zur [[Franzosenzeit|französischen]] Herrschaft bestehen. Vor diesem Gericht fanden von 1626 bis 1630 zahlreiche [[Hexenprozesse]] statt, darunter der Prozess gegen die Kölner [[Klarissen|Klarissin]] [[Sophia Agnes von Langenberg]], deren unter [[Folter]] erpresste Beschuldigung der Postmeisterin [[Katharina Henot]], in Köln zu deren Verhaftung führte.<ref>K. und H. Quellen zur Geschichte der Stadt Erftstadt Bd. IV. Erftstadt 1996. Nr. 2332-2334.</ref>
[[Datei:Lechenich-Rathaus-Grundstein-1752.JPG|miniatur|hochkant|Rathausgrundstein, 1752]]

==== Kriege, Brandkatastrophen und Neubauten ====
Die stark befestigte kurkölnische Stadt Lechenich hatte nur zwei Stadttore in ihrem Mauerring, verbunden mit einer Straße in Ost-West-Richtung. Die Straße durch das westliche ''Dürener'' oder ''Herriger Tor'' führte über Herrig nach Düren, vom östlichen ''Bonner Tor'' verlief die Landstraße nach Bonn. Im 16. und 17. Jahrhundert war Lechenich wegen der strategischen Bedeutung in die Pläne der kriegführenden [[Portal: Frühe Neuzeit/europäische Mächte im 16. Jahrhundert|europäischen Mächte]] (Fürstenhäuser) einbezogen. Im [[Kölner Krieg]] oder auch Truchsessischem Krieg hatte der abgesetzte Kurfürst [[Gebhard I. von Waldburg|Kurfürst Gebhard Truchseß von Waldburg]] 1583 Stadt und Schloss Lechenich besetzt. Im Auftrag des Domkapitels und des neugewählten Kurfürsten [[Ernst von Bayern (1554–1612)|Ernst von Bayern]] wurde Lechenich von deren Truppen eingenommen.<ref>[[Hermann von Weinsberg]] Liber Senectutis S. 171 und S. 320.</ref> 1642 im sogenannten „[[Hessenkrieg]]“, einem Teil des [[Dreißigjähriger Krieg|Dreißigjährigen Krieges]], gelang es den Belagerern unter Marschall [[Guébriant]] zwar die Stadt, nicht jedoch das Schloss einzunehmen.<ref>Sarburg/Walram, Verteidigung und Triumph der Burg und der Stadt Lechenich gegen hessische, französische und weimarische Truppen im Jahre 1642. Köln 1643.</ref>
In den Kriegen [[Ludwig XIV.|Ludwigs XIV. von Frankreich]], mit dem der Kölner Kurfürst [[Maximilian Heinrich von Bayern]] verbündet war, lagen französische Truppen im Schloss zu Lechenich. 1673 wurden Stadt und Schloss Lechenich von kaiserlichen Truppen unter Feldmarschall [[Montecuccoli]] und Feldmarschall Bournonville erfolgreich belagert und zur Aufgabe gezwungen.<ref>Kriegsarchiv Wien, alte Feldakten, ausgewertet von Stefan Sienell</ref>
Bis zum Ende des [[Siebenjähriger Krieg|siebenjährigen Krieges]] 1756 war die Bevölkerung durch Einquartierung, Geld- und Sachlieferungen ([[Fourage]]lieferungen) und immer häufiger erhobene Steuern stark belastet.

Die Stadt und ihre Bevölkerung wurde mehrmals Opfer großer [[Stadtbrand|Stadtbrände]]. So 1642 beim Abzug der Belagerer, und erneut 1689, als die mit dem Kölner Kurfürsten und seinem [[Koadjutor]] [[Wilhelm Egon von Fürstenberg]] verbündeten, abziehenden Franzosen auch das Schloss anzündeten.<ref>Archiv Schloss Gracht Akte 52</ref> Schwere Auswirkungen hatten die Stadtbrände 1702, 1722,<ref name="Archiv Schloss Gracht Akte 53">Archiv Schloss Gracht Akte 53</ref> und 1744,<ref>K. Stommel: Die Franziskaner in Lechenich S. 271.</ref> wobei 1702 und 1722 fast alle Häuser verbrannten.

Nach dem Brand von 1744 wurde sowohl der Neubau einer Kirche als auch der eines Rathauses notwendig. Die Kirche wurde von 1746 bis 1749 als barocke [[Hallenkirche]] erbaut,<ref>Stommel: Quellen zur Geschichte der Stadt Erftstadt Bd. V. Nr. 2893.</ref> ein neues Rathaus von 1752 bis 1756 auf dem Marktplatz errichtet.<ref>Archiv Schloss Gracht Akte 53 B. 441-498</ref>

==== Bildungs- und Sicherheitseinrichtungen ====
[[Datei:Lechenich-Hotel-Franziskaner-ehemaliger-Kreuzgang-des-Klosters-001.JPG|miniatur|hochkant|Erhaltenes Gewölbe]]
[[Datei:Kanton-Lechenich-1809-Titelblatt-der-Kantonsbeschreibung.jpg|miniatur|hochkant|Lechenich 1809, Titelblatt der Kantonsbeschreibung]]
[[Datei:Husarenquartier-Lechenich-Schloßstraße.JPG|miniatur|hochkant|Husarenquartier, Gendarmeriestation, Landratsamt, und heutiges Restaurant]]
Spätestens seit dem 15. Jahrhundert besaß Lechenich eine Pfarrschule, an der ein 1478 als [[Schulmeister]] bezeichneter [[Küster (Kirche)|Küsterlehrer]] oder [[Offermann]] unterrichtete.<ref>Pfarrarchiv St. Kilian, Abschrift von 1673 und HAEK Dekanat Bergheim Lechenich Nr.1</ref> 1783 wurde die [[Elementarschule]] für Jungen und Mädchen, die bisher im Hauses des Lehrers, dem Schulhaus oder Offerhaus untergebracht war,<ref name="Archiv Schloss Gracht Akte 53" /> in das 1655 erbaute [[Franziskaner in Lechenich|Franziskanerkloster]] in der Klosterstraße verlegt.<ref>K. Stommel: Die Franziskaner in Lechenich in Klöster und Stifte im Erftkreis. Pulheim 1988, S. 262.</ref> Ein Franziskaner unterrichtete die Schüler der Elementarschule, für die Mädchen wurde eine Lehrerin angestellt. Ab 1783 wurde zusätzlich auch eine von einem Pater geleitete [[Lateinschule]] im Kloster eingerichtet.<ref>[[Hauptstaatsarchiv Düsseldorf|HSTAD]] Kurköln VIII 505 Lechenich Bl. 1-2; Bl.- 5-11</ref>

Die von Kurfürst [[Clemens August I. von Bayern|Clemens August]] zur Bekämpfung organisierter Banden 1751 aufgestellte berittene Landgendarmerie, genannt „Husarenkompanie“, wurde 1754 nach Lechenich verlegt.<ref>[[Hauptstaatsarchiv Düsseldorf|HSTAD]] Kurköln II 3290</ref> Von 1765 bis 1794 hatte diese erste kurkölnische Polizei ihr Standquartier in dem [[Husarenquartier]] genannten Haus.<ref>[[Hauptstaatsarchiv Düsseldorf|HSTAD]] Kurköln XIII 664 und Archiv Schloss Gracht Akte 10</ref>

=== Das 19. Jahrhundert ===
==== Die französische Herrschaft ====
Drei Jahre nach der [[Okkupation|Besetzung]] des [[Linkes Rheinufer|Linken Rheinufers]] durch [[französische Revolution]]struppen (1794) wurden 1797 zwischen Kaiser [[Franz II. (HRR)|Franz II.]] in seiner Eigenschaft als [[Erzherzogtum Österreich|Erzherzog von Österreich]] und [[Erste Französische Republik|Frankreich]], vertreten durch [[Napoléon Bonaparte]], der [[Friede von Campo Formio|Frieden von Campo Formio]] geschlossen, in dem Kaiser in Geheimartikeln seine Zustimmung zu Abtretung des linken Rheinufers an Frankreich gab, die in einem Friedensvertrag zwischen Frankreich und dem [[Heiliges Römisches Reich|Reich]] vom [[Reichstag (HRR)|Reichstag]] auf dem [[Rastatter Kongress]] bestätigt werden sollte. <ref>[[Wilhelm Janssen]]: Kleine Rheinische Geschichte. Düsseldorf 1997. S. 261</ref>

Bei der von der französischen Regierung durch Kommissar [[François Joseph Rudler]] 1798 durchgeführten Verwaltungsreform, in der er das linksrheinische Gebiet in vier Départements und diese in Kantone einteilte, wurde Lechenich [[chef-lieu|Hauptort]] des [[Kanton Lechenich|Kantons Lechenich]]. Nach der Napoleonischen Verfassungsreform, die 1800 in Kraft trat, wurde Lechenich, das seine Stadtrechte verlor, zusammen mit den Orten [[Ahrem (Erftstadt)|Ahrem]], [[Blessem]], [[Konradsheim (Erftstadt)|Konradsheim]], [[Herrig]] und [[Mellerhöfe|Meller]] eine [[Mairie]] (''dt. Bürgermeistereien'') im Kanton Lechenich, gelegen im [[Arrondissement de Cologne]] im [[Département de la Roer|Rur-Departement]].

Zum Kanton Lechenich gehörten die [[Mairie]]n [[Erp (Erftstadt)|Erp]], [[Friesheim (Erftstadt)|Friesheim]], [[Gymnich]], Lechenich, [[Liblar]], [[Lommersum]] und [[Weilerswist]].

Bei der Neuordnung des Gerichtswesens erhielt Lechenich als Kantonssitz ein Friedensgericht und einen [[Friedensgericht#Frankreich|Friedensrichter]] für kleine Rechtsfälle. Für größere Zivil- und Kriminalfälle war das Gericht des Arrondissements Köln zuständig.<ref>J. Hansen: Quellen zur Geschichte der Rheinlande im Zeitalter der französischen Revolution 1780-1801. Bonn 1938. Bd. IV Nr. 76 und Nr. 100</ref>

Die Zugehörigkeit der linksrheinischen Departements zum französischen Staat wurde 1801 im [[Frieden von Lunéville]] zwischen Napoléon sowie dem Kaiser und [[Heiliges Römisches Reich|Deutschem Reich]] bestätigt. Von 1801 bis 1814 war das Gebiet ein Teil des französischen Staates und die Einwohner französische Bürger.

Im Jahr 1801 bestand die Anzahl der Wohngebäude in Lechenich aus 220 Häusern in denen etwa 1070 Einwohner lebten, darunter befanden sich 260 Kinder unter 12 Jahren.
Zu den [[Honoratioren]] zählten der Friedensrichter, der [[Notar]] und Gerichtssekretär die ihren Wohnsitz ebenfalls in Lechenich hatten, wie auch der [[Arzt]] und [[Apotheker]], sowie ein [[Chirurg]] und [[Sanitätsoffizier]]. Im [[Gendarmerie]]haus, dem ehemaligen [[Husarenquartier]], wohnten drei französische Gendarme und ein [[Brigadier]] mit ihren Familien, im Franziskanerkloster lebten 16 [[Mönch]]e. Die [[Jüdische Gemeinde Lechenich|jüdische Gemeinde]] bestand zu dieser Zeit aus acht Familien. Die Stadttore waren bewohnt, im Bonner Tor lebten der Pförtner, der Feldhüter und vier Tagelöhnerfamilien, insgesamt 37 Personen, im Herriger oder Dürener Tor vier Personen. Lechenich war mit seiner Bebauung noch nicht über die alte mittelalterliche Stadt hinausgewachsen. Vor den Toren lagen lediglich ein Bauernhof, die [[Oebelsmühle|Stadtmühle]] eine [[Ölmühle]] und das Haus eines [[Weißgerber]]s.<ref>K. Stommel: Die französischen Einwohnerlisten. Erftstadt 1989.</ref>

Nach dem 1801 abgeschlossenen [[Konkordat von 1801|Konkordat]] zwischen Napoléon Bonaparte und Papst [[Pius VII.]], das die Enteignung kirchlichen Besitzes in Frankreich legalisierte, wurde 1802 die [[Säkularisation]] in den linksrheinischen Departements durchgeführt. In Lechenich war das Franziskanerkloster betroffen, dessen Aufhebung am 3. August 1802 stattfand. Die geistlichen und die kurfürstlichen Besitzungen wurden zwischen 1804 und 1809 verkauft, darunter 1805 das Klostergebäude und die Klosterkirche, das kurfürstliche Schloss mit der Schlossruine, weiteren Gebäuden und dem dazugehörenden Areal.<ref>[[Hauptstaatsarchiv Düsseldorf|HSTAD]] Roerdepartenment 3169/3176 und 3169/3183, hier nach Wolfgang Schieder Hg. Säkularisation und Mediatisierung in den vier rheinischen Departements 1803-1813. Teil V/1 und V/2 Roerdepartement. Boppard 1991.</ref>

==== Die preußische Zeit ====
===== Verbesserung der Infrastruktur =====
Nachdem auf dem [[Wiener Kongress]] 1815 das [[Rheinlande|Rheinland]] an [[Preußen]] gefallen war, erfolgte 1816 die Einteilung der [[Rheinprovinz]] in [[Regierungsbezirk]]e und [[Landkreis|Kreise]]. Lechenich wurde [[Kreisstadt]] des [[Kreis Lechenich|Kreises Lechenich]], zu dem die ehemaligen Kantone Lechenich und [[Zülpich]] gehörten. Die frühere Gendarmeriestation, das Husarenquartier, war [[Landratsamt]] bis zur Verlegung der Kreisverwaltung nach [[Euskirchen]] im Jahr 1827.<ref>Sabine Graumann (Bearb.) Johann Wilhelm Carl Ludwig: Der Kreis Lechenich um 1826. Köln 2008.</ref>
Die Finanzlage der [[Gemeinde]] Lechenich, die teilweise noch alte Kriegslasten zu tilgen hatte, war in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts so schwach, dass notwendige Reparaturen und Neubauten unterblieben.<ref>[[Hauptstaatsarchiv Düsseldorf|HSTAD]] Bestand Regierung Köln Nr. 579</ref> Erst nach 1850 besserte sich die wirtschaftliche Lage, als die überwiegend von der Landwirtschaft lebende Bevölkerung durch die Anwendung von [[Dünger|Kunstdünger]] die Erträge steigern konnte. Günstige Darlehen vermittelten die „Provinziale Hilfskasse für die Rheinprovinz“<ref>Stadtarchiv Erftstadt Le Nr. 2013.</ref> und die landwirtschaftlichen [[Genossenschaftsbank]]en wie die in Lechenich ansässige Spar- und Darlehenskasse. Sie trugen dazu bei, dass eine rege Bautätigkeit einsetzte, die das Stadtbild in den folgenden Jahrzehnten veränderte und den Kernbereich Lechenichs prägend gestaltete.
<gallery caption="Lechenich um die Jahrhundertwende">
Lechenich-1901-Herriger-Straße-Schienenverlegung.jpg|Herriger Straße. Schienenverlegung zur Vorbereitung der Kanalarbeiten (1901)
Lechenich-Rathaus-und-Marktplatz-1897.jpg|Rathaus und Marktplatz 1897
Lechenich-Bonner-Tor-und-Rotbachbrücke-1897-.jpg|Bonner Tor und Rotbachbrücke 1897
Lechenich-Oebelsmühle-vor-1895.jpg|Oebelsmühle vor 1895
</gallery>
Im Gegensatz zu Euskirchen, das durch den aus militärischen Gründen erfolgten Ausbau des Verkehrsnetzes durch die Grenzregion Eifel zu einem Verkehrsknotenpunkt geworden war und sich zu einem Industriestandort entwickelte,<ref name="Simons29/30">[[Peter Simons]]: Die Entwicklung des Verkehrswesens in der Euskirchener Gegend. Beilage zum Euskirchener Volksblatt 6. und 7. Jahrgang 1929 und 1930.</ref> war die wirtschaftliche und industrielle Entwicklung Lechenichs zu dieser Zeit stark beeinträchtigt durch das Fehlen überregionaler Straßenverbindungen, sowie einer fehlenden Anbindung an das Streckennetz der damaligen [[Deutsche Reichsbahn (1920–1945)|Reichsbahn]].

1854-1856 wurde die von Köln über [[Hürth]], Liblar, Lechenich, Erp nach Zülpich führende [[Luxemburger Straße (Köln)|Luxemburger Straße]] auf königlichen Befehl aus Mitteln des Regierungsfonds ausgebaut.<ref name="Simons29/30" /> 1854 gelang dem Lechenicher Gemeinderat, einen weiteren Anschluss an den überörtlichen Verkehr zu erreichen und die Straße [[Neuss]]-[[Kerpen]] nach Lechenich (durch die Frenzenstraße) zu führen. 1857 folgte der Ausbau der Strecke (über die Klosterstraße) Lechenich [[Derkum]]- [[Euskirchen]]. Dazu wurden im Norden und Süden zwei Durchbrüche der [[Stadtmauer]]n nötig. Bis zu dem Zeitpunkt bildeten die beiden Stadttore im Westen und Osten, die noch mit der Stadtmauer verbunden waren, die einzigen Zu- und Ausgänge der Stadt. Im Jahr 1901 wurden zum Zwecke einer besseren Verkehrsführung der Luxemburger Straße die Tore durch Abbruch des Pförtnerhauses am Bonner Tor und des Spritzenhauses am Herriger Tor einseitig freigelegt und die Schienen der Kleinbahn aus der Mitte der Fahrbahn an den Straßenrand verlegt. Gleichzeitig erhielt die Bonner Straße eine Kanalisation, die in den Rotbach mündete, die übrigen Straßen behielten eine Abwasserrinne.<ref>Stadtarchiv Erftstadt Le 2010, Le 2011, Le 2031 (Protokollbücher des Gemeinderates)</ref> Der Antrag des Gemeinderates an die [[Rheinische Eisenbahn-Gesellschaft|Rheinische Eisenbahn AG]], den Bahnhof der geplanten Reichsbahnstrecke Köln - Euskirchen - [[Eifel]], nach Lechenich in die Nähe des Bliesheimer Weges (heute An der Patria) zu verlegen, blieb erfolglos. Deshalb begrüßte man den Bau der Erftstrecke der [[Euskirchener Kreisbahnen]] von Euskirchen über Lechenich zum Bahnhof Liblar, einer heutigen Station der [[Eifelstrecke]].<ref>Stadtarchiv Erftstadt Lechenich 2013 (Protokollbuch des Gemeinderates)</ref> Von 1895 bis 1955/1959 stand diese [[Schmalspurbahn]], von den Einheimischen „Flutsch“ genannt, für den Gütertransport und Personenverkehr zur Verfügung.<ref>Kreisarchiv Euskirchen I/336 und I/337</ref>

Weitere Fortschritte brachten 1875 eine [[Telegrafie|Telegrafenstation]], 1901 eine [[Wasserleitung]], die die öffentlichen [[Brunnen]] ersetzte. 1911 erfolgte der Anschluss an die [[Elektrifizierung|Elektrizität]].<ref name="ReferenceA">Stadtarchiv Erftstadt Lechenich 2013 und 2031.</ref>

===== Stadtbild und Bewohner zur Jahrhundertwende =====
[[Datei:Lechenich-Rathaus-Grundstein-1862-Architektus-Zwirner.JPG|miniatur|hochkant|Rathaus Grundstein 1862]]
Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts prägte eine Anzahl [[Gotik|neugotischer]] Bauten das [[Stadtbild]] Lechenichs. Der Oberbau des Bonner Tores, der 1642 zerstört worden war, erhielt 1853 bei der [[Restaurierung]] des Bauwerks einen Zinnenkranz, wobei die Gestaltung der [[Zinne]]n denen der Schlosstürme entsprachen.<ref>Stadtarchiv Erftstadt Lechenich 2010.</ref> Mit dem Herriger Tor, dessen Oberbau 1642 ebenfalls stark zerstört worden war, wich man bei seiner Sanierung von einer Restaurierung im alten Stil ab. Das Stadttor wurde 1862 nach Plänen von Dombaumeister [[Ernst Friedrich Zwirner|Zwirner]] im [[neugotisch]]en [[Stil]] aufgebaut.<ref name="ReferenceB">Stadtarchiv Erftstadt Lechenich 2013.</ref>

Auch das alte [[Historisches Rathaus Lechenich|Rathaus]] auf dem Markt, ein Bau des Jahres 1752,<ref>Archiv Schloss Gracht Akte 53 (Rathaus: Vermessung des „Mauerwerks“) und [[Hauptstaatsarchiv Düsseldorf|HSTAD]] Regierung Köln 579 (1833 Rathaus: ein Massivbau)</ref> wurde 1862 durch ein neues Gebäude ersetzt. In dem größeren Neubau, der ebenfalls nach Plänen Zwirners im neugotischen Stil errichtet wurde, befand sich auch der Sitz des Friedensgerichtes.<ref>Stadtarchiv Erftstadt Lechenich 1311.</ref>

Ein weiterer Bau, der dem Zeitgeist entsprechend im Stil der Neugotik entstand, war das 1862 errichtete Haus Kretz (Gutshof Kretz) am Markt. Die Neugotisierung der [[St. Kilian (Lechenich)|Pfarrkirche]] erfolgte in den Jahren 1864 nach Plänen des inzwischen verstorbenen [[Architektur|Architekten]] Zwirner, und wurde von 1887 bis 1888 durch die Architekten [[Carl Rüdell|Rüdell]] und Odenthal zum Abschluss gebracht.<ref>Pfarrarchiv St. Kilian I. Teil Abteilung 4 Band 1 (Kirche)</ref>

Zum Ende des Jahrhunderts, in den Jahren 1896/97 finanzierte die Gemeinde den Bau eines neuen [[Amtsgericht Lechenich|Amtsgerichtes]] mit anliegendem [[Gefängnis]]trakt. Das ebenfalls zur Verfügung gestellte Gemeindegrundstück befand sich an der Südseite des Marktes, in der Höhe des Rathauses. Nachdem die Friedensgerichte 1879 aufgelöst worden waren, übernahmen Amtsgerichte die Zuständigkeiten dieser Institutionen. Der Sitz des Amtsgerichtes wurde Euskirchen. Einem Antrag des Lechenicher Gemeinderates, auch in Lechenich, dem Zentrum von fünf umliegenden Bürgermeistereien, ein Amtsgericht einzurichten, wurde 1896 entsprochen.<ref>Stadtarchiv Erftstadt Lechenich 1309 und 1312.</ref> Das Gebäude passte sich in seinem Stil den übrigen markanten Bauwerken der Innenstadt an. Ein weiterer neugotischer Bau war die an der Ecke Markt/Frenzestraße 1899 errichtete Marienapotheke mit einer auf einer Konsole stehenden Marienfigur. 1902 errichtete man ein neues Postamt an der Herriger Straße (heutiges Stadthaus).<ref>Helmut Weingarten: Zur Geschichte der Post in Lechenich. Jahrbuch der Stadt Erftstadt 1992.</ref> Die seit 1869 bestehende städtische [[Höhere Bildung|Höhere Schule]] erhielt 1905 ein neues Schulgebäude in der Nähe der Kirche<ref name="ReferenceA" />
<gallery>
Lechenich-Bonn-Tor-von-Osten.JPG|Bonner Tor, 1853 restauriert
Herriger Tor Lechenich.jpg|Herriger oder Dürener Tor, 1862 neugotisch wieder aufgebaut
Rathaus lechenich.jpg|Rathaus, 1862
Lechenich-Markt-Haus-Kretz-1862.jpg|Haus Kretz am Markt (1862)
</gallery>

Von den großen Höfen Lechenichs waren zu dieser Zeit noch der Steinshof, der frühere Hof des [[Abtei Michaelsberg|Abtes von Siegburg]] vorhanden, und in der südöstlichen Ecke der Stadt der Zehnthof, vormals der Hof des Kölner Stiftes [[St. Aposteln]]. Der Frenzenhof, der von den Herren [[Frenz (Adelsgeschlecht)|von Frenz]] an den [[Deutscher Orden|Deutschen Ritterorden]] gekommen war,<ref>[[Hauptstaatsarchiv Düsseldorf|HSTAD]] Bestand Altenbiesen/Jungenbiesen A 48/3 und DOZA Wien AB 248/8</ref> bestand nicht mehr. Sein Areal wurde der Standort einer neuen [[Volksschule]], die 1869 bezogen wurde.<ref name="ReferenceB" />

Zum Stadtbild gehörte auch die 1886 erbaute [[Synagoge (Lechenich)|Synagoge]] in der südlich des Marktes gelegenen Judenstraße. Neben dem mit vier Zwiebeltürmen bestückten Gebäude befand sich die Schule der kleinen [[Jüdische Gemeinde Lechenich|jüdischen Gemeinde Lechenichs]].
Bis Mitte des 19. Jahrhunderts umschlossen die Wallstraßen die Innenstadt. Die kleinen [[Mietshaus|Zinshäuser]] am Zehnt- und Schlosswall aus dem 17. Jahrhundert, deren Rückwand die Stadtmauer bildete, waren von der Gemeinde veräußert worden. Durch ihre neuen Eigentümer erfuhren sie im Laufe der Zeit zahlreiche Umbauten. Eine Anzahl dieser kleinen [[Fachwerkhaus|Fachwerkhäuser]] sind, zumindest in ihrer ursprünglichen äußeren Form und Bauweise, noch heute in diesen schmalen Wallstraßen zu erkennen.
[[Datei:Lechenich-Schlosswall-001.JPG|miniatur|hochkant|Schlosswall, in der nordwestlichen Altstadt]]

Zur Verschönerung des Stadtbildes wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zwischen Bonner Straße und Klosterstraße entlang des Stadtgrabens die [[Promenade]] angelegt. Die mit Nuss-, jedoch überwiegend mit Kastanienbäumen bepflanzte Allee diente den Bürgern beim Sonntagsspaziergang zum [[Flaneur|Flanieren]].

Um 1900 fanden die Einwohner Lechenichs überwiegend in der [[Landwirtschaft]] ihr Einkommen, doch arbeiteten auch viele in den angrenzenden Braunkohlegruben der Orte Liblar und Kierdorf. Lechenich hatte zwei Druckereien, in denen die „Lechenicher Zeitung von 1879“ und das „Lechenicher Volksblatt“ erschienen. Nach [[Brockhaus Enzyklopädie|Brockhaus’ Konversationslexikon]] (1902) hatte Lechenich 3465 Einwohner, die überwiegen katholischen Glaubens waren. Lediglich 59 Personen waren evangelisch und 95 Bewohner der Stadt bekannten sich zum jüdischen Glauben. Die Stadt war Sitz eines Amtsgerichtes und Katasteramtes, zudem gab es nach Brockhaus: Post, Telegraph, höhere Knabenschule, Darlehenskasse, Lichterfabrikation (Kerzen), Gerberei, Mühlen und eine [[Privatbrauerei Ganser|Brauerei]].

=== Weimarer Republik ===
[[Datei:DBPB 1957 176 Tag der Briefmarke.jpg|miniatur|hochkant|Briefmarke mit einem Postillon der Reichspost]]
In Lechenich blieben nach der erlittenen militärischen Niederlage im [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] und der daraus resultierenden [[Abdikation|Abdankung]] des deutschen Kaisers [[Wilhelm II. (Deutsches Reich)|Wilhelm]], auch nach der Ausrufung der [[Weimarer Republik|Republik]] im November 1918, die befürchteten landesweiten Unruhen aus.

Die durch den Gemeinderat beschlossene und aufgestellte Bürgerwehr hatte keinen Anlass tätig zu werden. Entsprechend den Bestimmungen im [[Friedensvertrag von Versailles]], der die Besetzung des linksrheinischen Gebietes und rechtrheinischer [[Brückenkopf|Brückenköpfe]] vorschrieb, unterstand Lechenich 1919 der englischen, von 1920 bis 1926 der französischen [[Okkupation|Besatzung]].

Das Ende des Kaiserreiches verursachte allgemein einen gesellschaftlichen Wandel, der in vielen Bereichen den Bruch mit alten Traditionen herbeiführte. Im November 1919 erhielt Lechenich einen neuen Gemeinderat, dessen Mitglieder sich zunächst mit einem auch politisch veränderten Gefüge vertraut machen mussten. Dazu gehörte, dass die Bürgermeisterei Gymnich aus der seit 1875 bestehenden gemeinsamen Verwaltung ausschied. Nur die Bürgermeisterei [[Erp (Erftstadt)|Erp]] hielt an der gemeinsamen Verwaltung fest. Zu den Neuerungen gehörte auch die Aufgabe einer alten Tradition, dem Abbau der [[Nachtwächter]]stelle Ende 1926.<ref>Stadtarchiv Erftstadt Le 2032 (Protokollbuch des Gemeinderates)</ref>

Mitte der 1920er Jahre nahm der Kraftverkehr einen großen Aufschwung. Die [[Reichspost]] begann mit einem Linienverkehr von Köln über Liblar, Lechenich nach [[Zülpich]]. Andere Buslinien fuhren über Konradsheim und Dirmerzheim nach Gymnich. Die Kraftwagenbetriebsgesellschaft Köln eröffnete 1926 die Strecke Köln-Lechenich-Friesheim-Euskirchen-[[Gemünd (Schleiden)|Gemünd]]. Der Markt wurde zur Umsteigestation des Busreiseverkehrs und der dortigen Kleinbahnstation.

Bedingt durch die 1929 beginnende [[Weltwirtschaftskrise]] waren bis in die 1930er Jahre zahlreiche Lechenicher Familien von der [[Arbeitslosigkeit]] betroffen. Einige dieser Betroffenen waren Deutschnationaler Gesinnung und erhofften sich durch die Partei der [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|NSDAP]] eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage. Wenn auch die meisten Lechenicher mit ihrer katholischen Zentrumstradition wie auch die Anhänger der [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]] der NSDAP distanziert gegenüber standen, so konnte dennoch die NSDAP ihren Stimmenanteil von 10 % bei der Wahl 1930 auf fast 28,5 % bei der Wahl am 1. März 1933 steigern.<ref>Gabriele Rünger: Wer wählte die NSDAP. Bonn 1984.</ref>

=== Zeit des Nationalsozialismus ===
[[Datei:Lechenich-die-Judenstraße.JPG|miniatur|hochkant|Judenstraße Lechenich]]
[[Datei:Stolpersteine-in-Lechenich.JPG|miniatur|hochkant|"Stolpersteine" erinnern heute an deportierte und ermordete Juden der Stadt]]
Nach der [[Machtergreifung]] Hitlers löste ein Partei[[genosse]] den bisherigen Bürgermeister ab. Noch im selben Jahr folgte die Umbenennung einiger Straßenbezeichnungen in Lechenich. Der Markt wurde zum Adolf-Hitler-Platz, die Bonner Straße zur [[Paul von Hindenburg|Hindenburgstraße]] und die Judenstraße zur [[Horst Wessel|Horst-Wessel-Straße]].<ref>H.und C. Bormann: Heimat an der Erft. Die Landjuden in den Synagogengemeinden Gymnich Friesheim und Lechenich. Erftstadt 1993, S. 209.</ref> In der folgenden Zeit wurden viele Einwohner Mitglieder der NSDAP und ihrer Organisationen.

Zu Beginn der Herrschaft des Nationalsozialismus lebten in Lechenich 74 Juden.<ref>Klaus H.S. Schulte: Dokumentation der Juden am linken Niederrhein seit dem 17. Jahrhundert. Düsseldorf 1972, S. 142.</ref> Am 1. April 1933 erfolgte auch in Lechenich ein Aufruf zum [[Boykott]] jüdischer Geschäfte. Am 10. November 1938 wurde die 1886 erbaute [[Synagoge]] in Brand gesteckt und die jüdischen Geschäfte und Wohnungen demoliert. Jüdische Familien, die nicht ausgewandert waren, wurden 1942 [[Deportation|deportiert]] und in den [[Vernichtungslager]]n umgebracht.

{{Hauptartikel|Jüdische Gemeinde Lechenich}}

Im [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] blieb Lechenich von größeren Zerstörungen durch [[Luftkrieg|Luftangriffe]] verschont, doch die Ankündigung eines möglichen Luftangriffes oder [[Tiefflug|Tieffliegerangriffe]] gehörten in Lechenich fast zum Alltag. An mehreren Stellen des Ortes waren öffentliche [[Schutzraum|Luftschutzkeller]] eingerichtet. Am 2./3. März 1945 nahmen amerikanische Truppen Lechenich kampflos ein.

=== Nach dem Zweiten Weltkrieg ===
[[Datei:Lechenich.jpg|miniatur|hochkant|Notgeld aus dem Jahre 1947]]
Metall in jeder Form war nach Kriegsende ein rarer Rohstoff, sodass sich die Stadt veranlasst sah, wie in vielen anderen Städten praktiziert, 1947 [[Notgeld]] zu drucken, das bis zur Währungsreform 1948 in Umlauf war.

Die Lebensmittelknappheit durch die Zwangsbewirtschaftung in der [[Nachkriegszeit]] traf die meisten Lechenicher Bewohner weniger hart als die Großstädter. Fast alle Lechenicher Familien hatten einen Garten, mehr als die Hälfte arbeitete in der Landwirtschaft und erhielt einen Teil des Lohns in Form von [[Naturalien]]. Auch der Mangel an Heizmaterial war weniger spürbar als in den Großstädten. Die Arbeiter in den [[Braunkohle]]werken erhielten [[Deputatlohn|Deputatkohle]], und manches Tauschgeschäft kam zustande. [[Hortung#Zweiter Weltkrieg|Hamsterer]], die überwiegend aus Köln kamen, gaben für Lebensmittel ihre letzten Wertgegenstände. Heimatvertriebene Familien ohne Tauschbares, zumeist als Flüchtlinge bezeichnet, darbten auch in ländlichen Gebieten wie Lechenich und litten an Unterernährung und nicht ausreichender Kleidung.

Lechenichs wirtschaftlicher Schwerpunkt blieb bis in den Beginn der 1960er Jahre die [[Landwirtschaft]]. Durch die 1901 eröffnete [[Molkerei]] (bis 1970) und die 1914 in Betrieb genommene Krautfabrik „Patria“ ([[Zuckerrübe]]nverarbeitung zu [[Zuckerrübensirup|Rübenkraut]]) (bis 1962) wurde der Ort eine zentrale Verarbeitungsstelle entsprechender bäuerlicher Erzeugnisse des damaligen „Nordkreises“ des [[Kreis Euskirchen|Kreises Euskirchen]].

Lechenichs Stellung als Zentrum des Nordkreises wurde vor allem betont durch das von 1897 bis 1984 bestehende [[Amtsgericht]] und durch die städtische höhere Schule (1869 bis 1920, danach Privatschule bis 1945; städtische Höhere Schule seit 1946).

1943 war Lechenich als [[Städte mit historischen Stadtkernen|«historische Stadt»]] anerkannt worden und hatte das Recht erhalten, den Titel «Stadt Lechenich» zu führen und wurde bis 1969 angewandt.<ref>Stadtarchiv Erftstadt Le 1431.</ref>

Hatte Lechenich vor dem Zweiten Weltkrieg 3900 Einwohner, so waren es im Jahre 1960 etwa 5.500. Zahlreiche dieser Heimatvertriebenen, denen in der Zeit des städtischen Aufbaus nach der [[Währungsreform 1948 (Westdeutschland)|Währungsreform]] Bauland am Stadtrand zur Verfügung gestellt worden war, wurden in Lechenich ansässig.<ref>Heinrich Becker: Lechenich nach 1954 in Karl Stommel: Geschichte der kurkölnischen Stadt Lechenich. Euskirchen 1960, S. 107.</ref>

[[Datei:Wappen lechenich.jpg|miniatur|hochkant|Wappen von 1950]]
Nach der Währungsreform bemühte sich die Stadtverwaltung um ein neues [[Wappen]] nach dem Vorbild des aus dem 14. Jahrhundert stammenden [[Schöffensiegel]]s. Der Innenminister des Landes genehmigte der Stadt im Juni 1950, das vorgeschlagene modifizierte Wappen zu führen. Diese Form ist die, die heute von Vereinen und auf den Fahnen Lechenichs verwandt wird. Das alte historische Wappen aus dem 17. Jahrhundert zeigt die Kilianskirche mit dem darunter befindlichen Schild Kurkölns, es ist noch heute am Nordgiebel des Rathauses zu sehen.<ref>Stadtarchiv Erftstadt Le ohne Signatur. Beschreibung und Abbildung In: F. Bartsch, H. Stommel: ''Lechenich von der Römerzeit bis heute.'' S. 102.</ref>

Bei der neuen Verkehrsführung mit Umgestaltung des Marktplatzes 1967 wurde das Herriger Tor durch Abbruch des angrenzenden Hauses völlig freigelegt. Eine Nutzung ist wegen eines fehlenden ebenerdigen Zugangs nicht möglich. Gegenüber dem Bonner Tor wurde der Bürgersteig durch Abriss eines in diesen hineinragenden Wohnhauses (ursprünglich Haus des Hieronymus Simon, eine der ältesten jüdischen Familien) verbreitert. Die kleinen Straßen der Innenstadt, auch Zehntwall und Schloßwall erhielten Anschluss an die Kanalisation und wurden gepflastert.

Lechenich blieb als Gemeinde und Amt auch nach der Gründung des Landes [[Nordrhein-Westfalen]] im Jahre 1946 weiter bestehen und bestand in dieser Form bis zur Kommunalreform 1969. Nach dem Beschluss der Landesregierung sollten bei der kommunalen Verwaltungsreform die Stadt und das Amt Lechenich, das Amt Liblar, das Amt Friesheim und das Amt Gymnich zu einer größeren Verwaltungseinheit zusammengefasst werden. Lechenichs Ausbau zu einem solchen zentralen Ort der Verwaltung wurde jedoch nicht realisiert. Die von einigen Politikern angeführte [[These]] einer Zweipoligkeit besagte, dass Lechenich in Liblar ein Gegenpol erwachsen war. Die Orte der neu zu bildenden Verwaltungseinheit sollten mit einem neuen Namen zusammengefasst werden. Die Verfechter dieser These konnten sich im Landtag durchsetzen und die neue Großkommune erhielt den Kunstnamen Erftstadt. Das Gesetz zur Neugestaltung des Kreises Euskirchen trat am 1. Juli 1969 in Kraft. Lechenich wurde ein Stadtteil der neugebildeten Stadt Erftstadt und verlor seine Selbstständigkeit.<ref>{{Literatur | Autor = Martin Bünermann | Titel = Die Gemeinden des ersten Neugliederungsprogramms in Nordrhein-Westfalen | Jahr = 1970 | Verlag = Deutscher Gemeindeverlag | Ort = Köln | ohne ISBN }}</ref> Seit der Neueinteilung der Kreise 1975 gehört die Stadt Erftstadt zum Erftkreis, heute [[Rhein-Erft-Kreis]].

== Lechenich im neuen Jahrtausend ==
[[Datei:Lechenich-Luftbild.jpg|miniatur|hochkant|Luftbild der östlichen Stadtteile]]
[[Datei:Lechenich Markt und Rathaus.jpg|miniatur|hochkant|Markt und Rathaus]]
Lechenich büßte durch die kommunale Verwaltungsreform von 1969 seine Selbstständigkeit ein, ist aber nach wie vor durch seine Lage, die Höhe seiner Einwohnerzahl und seine Fläche, letztendlich auch wegen seiner Historie der bedeutendste Stadtteil des dann Erftstadt genannten Zusammenschlusses.

=== Politische Verwaltung des Stadtteiles ===
Die vielfältigen Belange der einzelnen Stadtteile, so auch die des Stadtteiles Lechenich, werden im Stadtrat durch die aus allen Parteien gewählten Vertreter der gesamten Bürgerschaft wahrgenommen. Der Stadtrat Erftstadts setzt sich derzeit aus 50 Mitgliedern zusammen. [[Ortsvorsteher|Ortsbürgermeister]] für Lechenich und Konradsheim ist seit 1994 Hans Oberhofer.

=== Der alte Ortskern ===
Der alte historische Ortskern innerhalb der Stadtbäche- und Gräben ist noch immer der Marktplatz, zugleich auch der geografische Mittelpunkt der Ortschaft. Dieser ist in seiner Mitte von dem alten, zum [[Denkmalschutz|Denkmal]] erhobenen [[Historisches Rathaus Lechenich|Rathaus]] bestanden und an seiner Nordseite durch die Verlegung des Verkehrs an die Südseite zu einem [[Verkehrsberuhigter Bereich|verkehrsberuhigten Bereich]] umgewandelt worden. Die mit einer ganzen Anzahl alter historischer ebenfalls denkmalgeschützter Gebäude umstandene Platzfläche passt sich stilistisch durch seine gepflasterte [[Fußgängerzone]] ohne Gehsteige diesem [[Atmosphäre (Ästhetik)|Ambiente]] an. Auf den mit einer Reihe Bäumen bestandenen Platz sind Ruhebänke und eine Stele mit Darstellungen zur Geschichte Lechenichs sowie die Nachbildung einer historischen Pumpe aufgestellt worden, im Sommer laden zusätzlich Straßencafes mit Tischen und Stühlen zum Verweilen ein. Rund um den Platz und an den von ihm abzweigenden Straßen, hauptsächlich jedoch an der Bonner Straße, finden sich neben verschiedenen [[Kreditinstitut|Geldinstituten]] zahlreiche kleine und größere Geschäftslokale diverser [[Wirtschaftszweig|Branchen]], [[Renommee|renommierte]] Restaurants in historischen Gebäuden (Fachwerk, Barock, Neugotik) mit heimischer oder internationaler Küche sowie eine Auswahl weiterer Gaststätten.

In der Bonner Straße befindet sich die Polizeiwache Erftstadts, die nach der Einrichtung einer zentralen Polizeistation in Kerpen noch in Lechenich blieb.

Im Stadtkern entstanden Neubauten, Altbauten wurden restauriert oder umgebaut und den heutigen Bedürfnissen entsprechend eingerichtet, so dass sich die [[Wohnung|Wohnqualität]] sehr positiv entwickelt hat. Der Zehnthof, früher eine Getreidehandlung mit einem weithin sichtbaren Silo, wurde in den 1990er Jahren restauriert und zu einer Wohnanlage umgebaut. Eher negativ beurteilen die Lechenicher Bürger, dass wie in vielen Städten festzustellen, auch in der Lechenicher Altstadt große [[Tradition]]sgeschäfte des [[Fachgeschäft|Fachhandels]] verschwunden sind. Die Postfiliale am Markt wurde geschlossen, eine Postagentur hat die postalischen Aufgaben übernommen. Auch das alte Amtsgericht besteht in seiner Funktion nicht mehr. Auf Beschluss es Landtages wurde es Ende 1983 dem Amtsgericht [[Brühl (Rheinland)|Brühl]] zugewiesen. Es diente noch einige Jahre als Zweigstelle, doch 1992 wurde es endgültig geschlossen. Geblieben sind dem ehemaligen Standort des Gerichtes das denkmalgeschützte Haus, ein [[Notariat]] und einige [[Anwaltskanzlei]]en.
<gallery>
Lechenicher-Mühlenbach-am-westlichen-Rand-der-Altstadt.JPG|Der Mühlenbach, westlicher Stadtrand
Lechenich-altes-Spritzenhaus.JPG|Altes „Spritzenhaus“
Lechenich-Markt-Busterminal.JPG|Haltestellen des Regionalverkehrs am Markt
Erftstadt-Lechenich-Markt-Westseite.JPG|Altes Fachwerk (Haus Bosen)
</gallery>

Der mehrmals umgestaltete Marktplatz nimmt seine alte Funktion eines regelmäßig stattfindenden [[Wochenmarkt]]es weiterhin wahr. Auch das Bürgerfest der Bürgergesellschaft, oder die Veranstaltung eines [[Weihnachtsmarkt]]es der seit 1979 bestehenden AHAG (Aktionsgemeinschaft Handel und Gewerbe) und weitere Veranstaltungen finden auf dem Marktplatz statt. Die turnusmäßigen Markttage finden in reduzierter Form am Mittwoch, am Samstag dann mit einem größeren Angebot statt. Zudem ist der Marktplatz an seiner Südostseite Haltesstation des regionalen, [[Öffentlicher Personennahverkehr|öffentlichen Personenverkehrs]], der Linien 212 Lechenich- Nörvenich, 807 Lechenich- Euskirchen, 920 Erftstadt Bahnhof- Lechenich- Kerpen, 974 Schulbus, 979 Hürth- Lechenich- Zülpich, 984 Schulbus Lechenich -Weilerswist, 990 Lechenich- Erftstadt Bahnhof- Brühl- Wesseling. Bahnstation für Lechenich ist der an der [[Eifelstrecke]] gelegene Bahnhof der [[Deutsche Bahn|DB AG]] in Erftstadt Liblar.

Durch die Freigabe der Ortsumgehungsstraße im Dezember 2002 erreichte man eine wesentliche Entlastung der bis dahin durch den [[Verkehrsart#Durchgangsverkehr|Durchgangsverkehr]] stark beeinträchtigten Altstadt. Das sich dem Markt an seiner Ostseite in Richtung Bonner Tor anschließende Teilstück der Bonner Straße wurde 2008/2009 neu gestaltet. Die auch mit Einkaufspassagen versehene Geschäftsstraße erhielt eine neue Bepflasterung, eine neue Straßenbeleuchtung, Ruhebänke, Fahrradständer sowie beidseitig der Straße eingerichtete Parkplätze. Auf den verbreiterten Bürgersteigen sind Jungbäume eingepflanzt worden. Hier aus dem Zentrum erreicht man ohne große Mühe in wenigen Minuten die Grünanlagen an den Stadtgräben, den weitläufigen Park des Schlosses, und weitere der vielfältigen Sehenswürdigkeiten Lechenichs.

Der Gartenbauverein (von 1881) übernimmt durch Bereitstellung eigener Mittel mit seiner Aktivgruppe die gärtnerische Ausschmückung in mehreren Bereichen der Stadt.

==== Sehenswürdigkeiten ====
[[Datei:Schlosspark-Lechenich-Osteingang-Lindenallee.jpg|miniatur|Haupteingang des historischen Parks]]
{{Hauptartikel|Liste der Baudenkmäler in Lechenich}}

Aufgrund seiner früh einsetzenden Geschichte, verfügt der Stadtteil Erftstadt-Lechenich trotz seiner Verluste durch Brände und Kriege, in hohem Maße über historische Substanz vielfältiger Art. Hierzu zählen Bau- und Bodendenkmäler unterschiedlicher Epochen. Zu den sehr frühen Denkmälern seiner Geschichte gehören einige [[Matrone]]nsteine des 2. Jahrhunderts, die [[Motte (Burg)|Motte]] der ersten Burganlage des [[Hochmittelalter]]s und das folgende, in der frühen [[Neuzeit]] weiter ausgebaute und in großen Teilen erhaltene Grabensystem mit Teilen seiner [[Stadtbefestigung Lechenich|Befestigungsmauern]] auf dem noch heute erkennbaren Grundriss der ehemaligen [[kurköln]]ischen Stadt. Der alte [[Parkanlagen Schloss Lechenich|Schlosspark]] verdeutlicht in seiner Anlage den englischen Einfluss der Gartenkunst dieser Zeit. Weiterhin sind als Bodendenkmäler die Reste alter jüdischer Kultur durch Grabsteine des alten [[Alter Jüdischer Friedhof (Lechenich)|jüdischen Friedhofs]] an der Schleifmühle und des nachfolgenden [[Neuer Jüdischer Friedhof (Lechenich)|Neuer jüdischer Friedhof]] am Römerhofweg, zu nennen.

Lechenichs Baudenkmäler zeigen in stilistischer Vielfalt Bauwerke, deren Architektur der jeweiligen Zeit ([[Romanik]], [[Barock]], [[Neugotik]], [[Jugendstil]]), in vielen [[Denkmalschutz|denkmalgeschützten]] Objekten erhalten blieb. Anzuführen sind die Sakralbauten wie die [[St. Servatius Kapelle (Lechenich)|Kapelle Heddinghoven]] aus dem 12. Jahrhundert, die Pfarrkirche [[St. Kilian (Lechenich)|St. Kilian]], aber auch sehr alte Wegekreuze und [[Sieben Fußfälle|Fußfallstationen]]. Die Stadttorbauten Herriger und Bonner Tor, der Kreuzgang des ehemaligen Franziskanerklosters an der Klosterstraße, die ehemalige kurfürstliche [[Landesburg Lechenich|Landesburg]], eine ehemalige „obere Getreidemühle“, die [[Oebelsmühle]] "Auf dem Graben", das alte [[Husarenquartier]] in der Schloßstraße, das ehemalige Stadthaus an der Herriger Straße, sowie das vormalige Amtsgericht am Marktplatz und das diesen dominierende, neben vielen anderen Bauwerken von [[Ernst Friedrich Zwirner|Zwirner]] im 19. Jahrhundert gestaltete historische Rathaus.

=== Bevölkerungszuwachs und neue Wohngebiete ===
[[Datei:Lechenich-Verkehrskreisel-mit-Matronensteininschrift.JPG|miniatur|hochkant|Verkehrskreisel mit dem Wahrzeichen]]
[[Datei:Lechenich-Nordweststadt-Solarsiedlung-Zur-alten-Burg.JPG|miniatur|hochkant|Projekt „Solarsiedlung“]]
Hervorgerufen durch einen starken Bevölkerungszuwachs hat sich das Ortsbild in den letzten Jahrzehnten sehr verändert, wobei der größte Zuwachs in den Jahren nach der kommunalen Verwaltungsreform erfolgte. Die Einwohnerzahl von etwa 4000 Bewohnern vor dem Zweiten Weltkrieg verdreifachte sich auf fast 12000 Personen im Jahre 2009, von denen mehr als die Hälfte in den letzten 40 Jahren nach Lechenich gezogen ist. Die „Zuwanderer“ kamen und kommen überwiegend aus allen Gegenden Deutschlands, doch gehören zu Ihnen auch Personen aus [[Europäische Union|EU]]- und außereuropäischen Staaten, die inzwischen in Lechenich heimisch wurden.

Dieser Zuwachs bedingte zeitgleich das Entstehen neuer [[Wohngebiet]]e, die mit der entsprechenden [[Infrastruktur]] versehen wurden. Sie erstrecken sich heute in einer geplanten Mischbauweise von mehrgeschossigen Bauten und Einfamilienhäusern, um den gesamten alten Ortskern.

Im Nordwesten, am äußersten Rand Lechenichs, entstand am Anfang des neuen Jahrtausends an den Straßen „Zur alten Burg“ und „im Lehmtal“ eine der jüngsten Ansiedlungen, die so genannte [[Solarsiedlung]]. Mittelpunkt der Ansiedlung war ein unter Bauauflagen gefördertes Projekt des Landes Nordrhein-Westfalen, dessen [[Hochtechnologie|Hightech]] Konzeption es ermöglicht, überschüssige, durch [[Photovoltaik]] gewonnene Stromkapazitäten, in das allgemeine [[Stromnetz|Verbundnetz]] einzuspeisen. Auch bei den übrigen Neubauten der Siedlung, zumeist sind es Ein- oder Zweifamilienhäuser privater Bauherren, installierten auf freiwilliger Basis in vielen Fällen individuelle gewählte Techniken zur Erzeugung solarer Energie.

Von allen dieser neuen Vierteln haben [[Pendler]] günstige Verkehrsanbindungen zu ihren [[Arbeitsplatz|Arbeitsplätzen]], die zumeist in den nahen [[Agglomeration|Ballungszentren]] liegen.

=== Wandel der Wirtschaftsstruktur ===
Der über Jahrhunderte in seinem Äußeren, aber auch im Erwerbsleben, landwirtschaftlich geprägte Charakter Lechenichs ist fast vollständig verschwunden. Vorwiegend sind es nun [[Dienstleistung]]sbetriebe, die sich im Zentrum und den neuen [[Gewerbegebiet]]en Lechenichs ansiedelten. So ist an dem heute mit Anschlussstellen an die [[Bundesautobahn 1|A 1]] sowie der [[Bundesautobahn 61|A 61]] und mit der [[Bundesstraße 265|B 265]] verbundene Ortsrand Lechenichs ein Gewerbegebiet entstanden. Dies Areal konnte offenbar durch weitere günstige Konditionen das Interesse neuer mittelständischer Firmen wecken, sodass das Gebiet mit einem sich anschließenden Wirtschaftspark erweitert werden konnte. Von großflächigen Baumöglichkeiten außerhalb des Stadtkerns angezogen, haben sich Handelsketten der [[Discounter]], größere Handwerksbetriebe und andere Gewerbetriebe in den Vorbezirken angesiedelt. Auch die Löschgruppe Lechenich (Freiwillige Feuerwehr von 1891) hat ihren Standort 2001 ins Gewerbegebiet verlegt.

Seit Dezember 2009 beheizt ein [[Biomasseheizkraftwerk|Holzheizkraftwerk]] die öffentlichen Gebäude im Nordosten Lechenichs. Über ein von dieser Anlage gespeistem [[Fernwärme]]netz werden das Lechenicher [[Schulzentrum]], die zugehörigen Sporthallen, die integrierte [[Stadtbibliothek|Bücherei]], die [[Tennis]]halle, die [[Grundschule]] (Nordschule), der städtische [[Kindergarten]], das örtliche [[Freibad]] und das von einem gemeinnützigen Verein betriebene „Haus Rotbach/Lebenshilfe“ umweltschonend und um zwei Drittel preisgünstiger als mit Erdgas und Öl beheizt.<ref>[[Kölner Stadt-Anzeiger]] Rhein- Erft 1. Dezember 2009.</ref>

=== Bildungseinrichtungen ===
[[Datei:Lechenich-Erftstadt-Minis.JPG|miniatur|hochkant|Eingang eines privaten Kinderhortes]]
Zur Entlastung berufstätiger Eltern mit Kindern entstanden neue städtische Kindergärten und Kindertagesstätten, die noch durch kirchliche und private Einrichtungen Ergänzung fanden. Ein Auswahlkriterium vieler der sich in Lechenich ansiedelnden Familien mit Kindern war die vielfältige Form der angebotenen Schulauswahl, die der Wohnort Lechenich bietet. Der Stadtteil besitzt eine Grundschule in der Südstadt, die Südschule, und eine Grundschule am Kölner Ring, die Nordschule sowie eine weitere komplexe Einrichtung, das Schulzentrum.

Die in Lechenich seit 1946 bestehende kaufmännische Privatschule ist 2002 geschlossen worden.

==== Weiterführende Schulen ====
<gallery>
Lechenich-städtisches-Gymnasium.JPG|Zufahrt städtisches Gymnasium und Realschule
Lechenich-städtisches-Gymnasium-kunstwerk-der-Schüler.JPG|Lehrfächer als Kunst
Lechenich-Theodor-Heuss-Hauptschule.JPG|Hauptschule
</gallery>
Das schon Anfang der 1960er Jahre außerhalb des alten Stadtkerns entstandene Schulzentrum mit einer katholischen [[Volksschule]], der [[Adolph Kolping]]schule, und einer evangelischen Volksschule am Amselweg/Dr.-Fieger-Straße, wurde 1968 nach der [[Schulreform]] [[Hauptschule]], die als Gemeinschaftsschule [[Theodor Heuss|Theodor-Heuss-Schule]] genannt wurde. Das heutige Gymnasium entstand in mehreren Bauabschnitten und wandelte sich im Jahr 1968 zu einem [[Gymnasium]] mit erreichbarem [[Abitur]]. 1974 wurde das Schulzentrum durch eine [[Realschule]] vervollständigt. Diverse Einrichtungen dieses Zentrums, wie die [[Aula]] oder die Schwimmhalle, werden auch für nichtschulische Veranstaltungen genutzt. In dem Gebäudekomplex des Gymnasiums befindet sich die von Schülern und Bürgern häufig genutzte Stadtbücherei mit [[Mediothek]] und Arthotek.

Mit Rücksicht auf die veränderte Berufssituation der Eltern werden die Grundschulen als [[offene Ganztagsschule]]n geführt, Hauptschule und Realschule als gebundene [[Ganztagsschule]]n. Das Gymnasium plant die Umwandlung in eine Ganztagsschule.

=== Konfessionen und Soziales ===
<gallery>
St-Kilian-Lechenich-001.JPG|Katholische Pfarrkirche St. Kilian
Lechenich-Pfarrzentrum-an-St-Kilian.JPG|Pfarrzentrum an St. Kilian
Lechenich Kirche der Versöhnung.jpg|Evangelische Kirche der Versöhnung
Lechenich Neuapostolische Kirche 04.jpg|Neuapostolische Kirche
</gallery>
Durch die veränderte Bevölkerungsstruktur hat sich die konfessionelle Zugehörigkeit verändert. Im Jahr 1966 wurde eine evangelische Kirche mit Gemeindezentrum gebaut. Für die katholischen Christen entstand 1978/1979 das Pfarrzentrum St. Kilian, ein Gebäudekomplex mit Wohnungen für den Pfarrer und seine Mitarbeiter. Der Pfarrsaal für kirchliche Veranstaltungen wird auch vermietet für Vorträge, Kurse, Seminare, Geselligkeiten nicht kirchlicher Veranstalter. Kirchliche Beratungsstellen, Caritas im Pfarrzentrum St. Kilian, Diakonie im evangelischen Gemeindezentrum, sind in Lechenich tätig. Von der katholischen Kirchengemeinde und der evangelischen Kirchengemeinde, die im Jahre 2002 einen Partnerschaftsvertrag geschlossen haben, gehen viele ökumenische Aktivitäten aus.

Weiterhin gibt es in Lechenich eine [[Neuapostolische Kirche]], deren Gemeinde jetzt mit der Gemeinde Brühl zusammengeschlossen ist, sowie einen Königsreichsaal der [[Zeugen Jehovas]].

=== Ärztliche Versorgung ===
Die ärztliche Versorgung des Stadtteiles ist umfassend. Neben Praxen der Allgemeinmedizin gibt es niedergelassene Fachärzte zahlreicher ärztlicher Disziplinen vor Ort, im benachbarten Stadtteil [[Frauenthal (Erftstadt)|Frauenthal]] befindet sich mit dem "Marienhospital", das sich aus der [[Stiftung Münch]] entwickelt hat, ein Krankenhaus der Grundversorgung. Für spezialisiertere Untersuchungen und Behandlungen suchen die Patienten üblicherweise die Krankenhäuser in Köln, Frechen oder [[Krankenhaus Düren|Düren]] auf. Am Ort haben mehrere [[Augenoptik|Optiker]] und [[Hörgeräteakustiker]] ihre Geschäftslokale, es gibt mehrere [[Apotheke]]n, ein [[Sanitätshaus]] und [[Physiotherapie|physiotherapeutische]] Praxen. Die Möglichkeit [[Häusliche Krankenpflege|ambulanter Krankenpflege]] ergänzt die medizinische Betreuung der Bürger. Ebenfalls vor Ort finden sich Praxen von Zahnärzten sowie Tierärzten für Klein- und Großtiere.

=== Kulturelles Lechenich, Sport und Freizeitgestaltung ===
[[Datei:Stadthaus Lechenich.jpg|miniatur|hochkant|Stadthaus, Anno 1902 mit dem preußischen Adler im Giebel]]
Räumlichkeiten für Veranstaltungen Lechenicher/Erftstädter, aber auch auswärtiger Künstler, bietet das 1902 erbaute, am Beginn der der Herriger Straße stehende Stadthaus. Des Weiteren finden kulturelle Veranstaltungen (Lesungen, Vorträge, Ausstellungen, etc.) auch in geeigneten Räumen des Pfarr- oder Schulzentrums statt.

==== Kunst und Theater ====
Erftstädter Künstler inszenierten einen „Kunst[[parcours]]“ am Stadtgraben und die Lechenicher „Kunstmeile“ von Tor zu Tor mit Ausstellungen in den Schaufenstern des Einzelhandels. Ausgewählte Ereignisse zur Geschichte Lechenichs stellt die auf dem Markt errichtete bronzene [[Stele]] der chilenischen Künstlerin Maria Fernandez dar. Auf dem Gartenhof des alten Husarenquartiers erinnert die auf einer Säule befindliche Skulptur eines Pferdes an die ehemalige [[Zucht]] von [[Kaltblüter (Pferd)|Kaltblutpferden]] im Ort. Neben alter sakraler Kunst (Wegekreuze, [[Heiligenhäuschen]]) finden sich im Stadtbild moderne [[Metallplastik]]en, diese schmücken die neu entstandenen Kreisverkehrseinrichtungen.
<gallery>
Lechenich-Kreuz-am-Westtor.JPG|Sakrale Kunst am Herriger Tor von 1822
Lechenich-Markt-004.JPG|Steele mit Miniaturen der Stadtgeschichte
Lechenich-Markt-003.JPG|Kopie einer alten Marktpumpe
Husarenquartier-Lechenich-Brunnen-a.JPG|Erinnerung an die örtliche Pferdezucht
</gallery>

Ein Angebot an die kulturell interessierten Bürger erarbeiten der Kunstverein, ein Kulturkreis und die Volkshochschule, wobei sich deren Vorschläge nicht nur auf Veranstaltungen vor Ort beziehen. Es sind organisierte [[Studienreise|Studienfahrten]] oder Fahrten zu Aufführungen in den [[Konzert (Veranstaltung)|Konzert]]-, [[Oper]]n- und [[Schauspielhaus|Schauspielhäusern]] der Lechenich umgebenden größeren Städte.

Die [[Bürgergesellschaft]] ist bemüht, den Bekanntheitsgrad Lechenichs zu fördern. In den letzten Jahren finanzierte sie Hinweistafeln an den wichtigsten historischen Gebäuden Lechenichs, die mit Kurzinformationen zu ihrer Geschichte versehen wurden.

Für historisch und kulturell Interessierte werden regelmäßig Stadtführungen angeboten.

==== Vereine und Gesellschaften ====
Viele der heutigen Vereine und Gesellschaften, auch jüngerer Entstehungszeit, knüpfen an altes, überkommenes [[Brauch]]tum an. So ist das [[Schützenfest]] der [[Sebastian (Heiliger)|St. Sebastianus]] Schützenbruderschaft (von 1508) verbunden mit der St. Kilians Kirmes ein alljährlich stattfindendes großes Ereignis, zu dessen Abschluss unter Teilnahme vieler Besucher ein [[Feuerwerk]] veranstaltet wird.

Weitere Mitgestalter des gesellschaftlichen und kulturellen Lebens sind:
* Der Mundartkreis St. Kilian. Er bietet allen denen, die [[Kölsch (Sprache)|Kölsch]] verstehen, unterhaltsame Aufführungen.
* Die von [[Gesangverein]]en gegebenen Konzerten des Männergesangvereins von 1850, des Frauenchors und andere Chorgemeinschaften werden ergänzt durch Konzerte auswärtiger Künstler. Die Lechenicher Musiknacht im Herbst 2008 der Kirchengemeinden mit acht Konzerten wurde allgemein als ein großer Erfolg gewertet. In Lechenich auftretenden [[Band (Musik)|Bands]] ziehen vor allem junge Leute an.
* Sehr beliebt sind die Veranstaltungen der Lechenicher Narrenzunft (LNZ) und ihrer Abteilungen, ihre [[Karnevalssitzung|Sitzungen]], die traditionelle „Erstürmung“ des Rathauses am Tag der [[Weiberfastnacht]] und der von dieser Gesellschaft organisierte [[Karnevalsumzug]].

==== Sport und Freizeit ====
Viele Einwohner Lechenichs sind Mitglieder in örtlichen Sportvereinen, die fast alle nach dem Zweiten Weltkrieg oder nach der kommunalen Verwaltungsreform entstanden sind. Für Sportveranstaltungen unterhält Lechenich einige Sportplätze oder Anlagen. So werden Tennisplätze, eine Schwimmhalle, ein Freibad und Turnhallen, darunter eine Mehrfachturnhalle, zur Verfügung gestellt.
* Ein Sportverein mit einer alten Tradition ist der Verein für Bewegungsspiele von 1919 (VfB), in dem [[Hennes Weisweiler]] in seiner Jugend spielte, und so seine spätere Laufbahn als Fußballspieler- und Trainer begann.
* Profis und Anfänger finden einen um die [[Burg Konradsheim]] angelegten 18 Loch [[Golfplatz]].

Lechenich umgeben zahlreiche Rad- und Wanderwege, die entlang von Bächen und Kanälen durch die Felder zu vielen erhaltenen Schlössern und Burgen führen. Auch die durch den [[Tagebau|Abbau]] der Braunkohle entstandenen [[Badesee]]n der Umgebung ([[Liblarer See]]) sind nicht weit entfernt.

== Persönlichkeiten ==
* [[Sophia Agnes von Langenberg]] (1597 oder 1598–1627), Nonne in Köln
* Adolf Münch (1804–1877) und Ehefrau Helene Münch geborene Offermann (1802–1877), Stifter des Marienhospitals in Frauenthal (1867), heute Krankenhaus der Stadt Erftstadt, siehe [[Stiftung Münch]]
* [[Georg von Bleichröder]] (1854–1902), Sohn des Berliner Bankiers [[Gerson von Bleichröder]], Besitzer des Lechenicher Schlosses (seit 1894) und Gründer des [[Gestüt Römerhof|Gestüts Römerhof]].
* [[Jean Bungartz]] (1854–1934), „Ritter pp. Thiermaler und Schriftsteller“ (Briefkopf). Autor illustrierter Fachbücher über Nutztierhaltung, Hundezucht und Ausbildung von Sanitätshunden. Gründer und Vorsitzender des Deutschen Vereins für Sanitätshunde.
* Paul Kerp (1867–1964), Organist und Wachslichtefabrikant, Mitbegründer und späterer Besitzer der Rübenkrautfabrik „Patria“, erster Ehrenbürger von Lechenich.
* [[Peter Kerp]] (1872–1931), Politiker (Zentrum), geboren in Lechenich.
* [[Hennes Weisweiler]] (1919–1983), deutscher Fußballspieler und -trainer.
* [[Karl Stommel]] (1922–1989), Lehrer und Historiker

== Literatur ==
* [[Karl Stommel]]: ''Geschichte der kurkölnischen Stadt Lechenich'', Euskirchen 1960 (Veröffentlichungen des Vereins der Geschichts- und Heimatfreunde des Kreises Euskirchen e.V., Reihe A; 5)
* Karl Stommel: ''Die französischen Einwohnerlisten aus Erftstadt.'' Erftstadt 1989.
* Karl und Hanna Stommel: ''Quellen zur Geschichte der Stadt Erftstadt.'' 1.-5.Band. Erftstadt 1990-1998.
* Heidi und Cornelius Bormann: ''Heimat an der Erft. Die Landjuden in den Synagogengemeinden Gymnich, Friesheim und Lechenich.'' Kerpen 1991, ISBN 3-9802650-3-X.
* Bernhard Schreiber: ''Archäologische Funde und Denkmäler des Erftstädter Raumes.'' Erftstadt 1999, ISBN 3-9805019-4-9.
* Frank Bartsch, Dieter Hofffsümmer, Hanna Stommel: ''Denkmäler in Erftstadt.'' AHAG Lechenich. 1998.
* Frank Bartsch, Hanna Stommel: ''Lechenich. Von der Römerzeit bis heute. Eine illustrierte Stadtgeschichte.'' Erftstadt 2004, ISBN 3-924576-07-6.
* Frank Bartsch (Hrsg.): ''Kontinuität und Wandel auf dem Lande. Die rheinpreußische Bürgermeisterei Lechenich im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert (1815-1914).'' Landpresse, Weilerswist 2012, ISBN 978-3-941037-91-5<!-- auch mit falscher ISBN 3-978-941037-91-5 -->. (Geschichte im Kreis Euskirchen, Bd. 26)

== Einzelnachweise ==
<references />

== Weblinks ==
{{Commons}}
{{Wikisource|Topographia Colonia et al.: Lechenich|Lechenich in der Topographia Colonia u. a. (Matthäus Merian)}}
* [http://www.erftstadt.de/cms-neu/stadtinfo/stadtteile/lechenich-konradsheim.html Stadtteil Lechenich/Konradsheim]

{{Navigationsleiste Stadtteile von Erftstadt}}

[[Kategorie:Ortsteil von Erftstadt]]
[[Kategorie:Ehemalige Gemeinde (Rhein-Erft-Kreis)]]
[[Kategorie:Lechenich| ]]
[[Kategorie:Ehemalige Kreisstadt in Nordrhein-Westfalen]]

Version vom 29. Juli 2021, 17:18 Uhr

Büste, Eichborndamm 215, in Berlin-Wittenau

Heinz Gutsche (* 23. Mai 1915 in Leipzig; † 9. November 1973 in Berlin) war ein deutscher Politiker (SPD) und Staatswissenschaftler. Er war von 1960 bis 1970 Bezirksbürgermeister von Berlin-Reinickendorf.

Leben

Heinz Gutsche wurde zunächst zum Volkswirt ausgebildet und diente als Wehrmachtssoldat im Zweiten Weltkrieg. Nach dem Krieg studierte er Staatswissenschaften. 1947 trat er in die SPD ein. 1948 wurde er Direktor der Volkshochschule Tempelhof und danach Referatsleiter VHS beim Kultursenator. 1958 war er Tempelhofer Bezirksverordnetenvorsteher und 1959 Leiter des Büros für Gesamtberliner Fragen beim Regierenden Bürgermeister. Ab 1960 war er Bezirksbürgermeister von Berlin-Reinickendorf. Aufgrund einer Erkrankung wurde er im Februar 1970 verabschiedet.[1]

Am 11. Februar 1970 wurde ihm die Ernst-Reuter-Plakette verliehen.[2]

Commons: Heinz Gutsche – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Heinz Gutsche bei gedenkzeichen.kulturring.berlin
  2. Heinz Gutsche bei luise-berlin.de