Globus und Armut im geschichtlichen Wandel: Unterschied zwischen den Seiten
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Materielle '''[[Armut]]''' war je nach Zeit und [[Gesellschaftsformation|Gesellschaftsform]] unterschiedlich geprägt. Das Verständnis der Armut und der Umgang mit dieser wird im Folgenden in vier Zeitepochen betrachztet werden: |
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{{Begriffsklärungshinweis|Weitere Bedeutungen werden unter [[Globus (Begriffsklärung)]] aufgeführt}} |
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*Die jungsteinzeitlichen stimmt nicht 😂 archaischen Gemeinschaften und die Gabe |
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[[Datei:Globe Blaeu (17th c., GIM) by shakko 01.jpg|mini|Erdglobus – [[Globus Blaeu]] im [[Staatliches Historisches Museum Moskau|Staatlichen Historischen Museum]] in Moskau]] |
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*Die klassische Antike und die öffentlichen Leistungen |
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*Das Mittelalter und das Almosen, |
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*Der Industriekapitalismus und die Hilfe durch Organisationen. |
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== Von der [[Neolithische Revolution|Jungsteinzeit]] bis zu den [[Archaik|archaischen]] Gemeinschaften == |
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Ein '''Globus''' ([[Plural|Mehrzahl]]: die Globen oder Globusse; lateinisch für ''[[Kugel]]'') ist in der [[Kartografie]] ein verkleinertes, kugelförmiges [[Modell]] der Erde (''terrestrischer Globus'' oder lat. ''Globus terrestris''), eines [[Astronomisches Objekt|Himmelskörpers]] oder der scheinbaren [[Himmelskugel]]. Dementsprechend unterscheidet man [[Himmelsglobus|Himmelsgloben]] und Planetengloben (Erdgloben und Globen erdnaher „Planeten“: meist [[Mond]], [[Venus (Planet)|Venus]] oder [[Mars (Planet)|Mars]]). |
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Die Menschen der [[Urgesellschaft]] waren ständig mit Mangel konfrontiert, da sie existentiell von der Natur und ihren Früchten abhängig waren. |
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Himmelsgloben, die den [[Sternenhimmel]] auf der scheinbaren Himmelskugel (scheinbarer Sternhimmel) zeigen, haben eine ältere Geschichte als Erdgloben. |
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Bis zum 19. Jahrhundert wurden Globen meist paarweise hergestellt: Ein Erdglobus und ein dazugehöriger Himmelsglobus. |
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Es war wichtig in kleinen Gruppen zusammen zu leben, da die gegenseitige Hilfe zum Überleben unbedingt notwendig war. Hilfeleistungen waren also ‚selbstverständlich‘ und durch die kommunikative [[soziale Kontrolle]] innerhalb der [[Soziale Gruppe|Gruppe]] sichergestellt. War einer Gruppe gar keine [[Vorratshaltung|Vorratsbildung]] möglich (Nahrungsmittel, Brennstoff u. a. m.), so lässt sie sich als „arm“ bezeichnen. |
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Globen und [[Luftbildfotografie|Luftbilder]] gehören zu den kartenverwandten Darstellungen. Globenverwandte Instrumente sind [[Armillarsphäre]]n, Planetarien ([[Orrery|Planetenmaschinen]], [[Orrery#Tellurium|Tellurien]] (ein Sonderfall der Orrery-Planetenmaschine – eine Planetenmaschine der Erde)). Eine Armillarsphäre stellt jedoch trotz ihrer Kugelgestalt keinen Globus dar, sondern diente der Messung von Koordinaten am Himmel oder der Darstellung der Bewegung von Himmelskörpern. |
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Demnach war eine „Gabe“ (nach [[Marcel Mauss]]) eine Form des [[Tausch (Soziologie)|Austausches]] unter Personen (sozialen [[Akteur]]en) und verpflichtete den Beschenkten. Individuelle Interessen standen hinter dem Wohl und der Verantwortung der [[Gemeinschaft]] zurück. Gelegentliche reiche Erträge (Jagdbeute, Herdenzuwachs, gute Ernten) wurden innerhalb der Gruppe verteilt, jedoch eher nicht [[Gleichheit|egalitär]]. |
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Der große Vorteil gegenüber einer [[Karte (Kartografie)|Karte]] ist, dass der Globus gleichzeitig [[Ähnlichkeit (Geometrie)|form-]], [[Flächentreue|flächen-]], [[Winkelverzerrung|winkel-]] und [[Längentreue|längengetreu]] ist. Diese Eigenschaften kann die Karte nicht gleichzeitig erfüllen, da sich die Fläche einer Kugel nicht auf einer ebenen Fläche abrollen lässt. Ein weiterer Vorteil der Globen ist die Anschaulichkeit etwa bei der Darstellung längerer Flugrouten und Schiffsrouten. Nachteile des Globus gegenüber der Karte sind umständliche Lagerung und Transport, höherer Preis, meist kleinerer [[Maßstab (Kartografie)|Maßstab]] und die Unmöglichkeit der Betrachtung der gesamten Erdoberfläche auf einen Blick. |
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Wenn von einem Globus gesprochen wird, ist vorzugsweise ein Erdglobus oder umgangssprachlich die [[Erde]] selbst gemeint (Beispiel: „um den Globus reisen“). |
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[[Datei:20110726 Celestial globe Museo Milan 6151.jpg|mini|[[Himmelsglobus]]]] |
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[[Datei:Coronelli celestial globe.jpg|mini|Ein Himmelsglobus von Coronelli im [[Prunksaal der Österreichischen Nationalbibliothek]] in Wien]] |
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== Klassische Antike == |
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=== Antike und Mittelalter === |
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[[Datei:MAN Atlante fronte 1040572.JPG|mini|Atlas Farnese]] |
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Im Altertum wurde die Armut zumal im Sinn der absoluten Armut oft ganzen Gesellschaften attestiert und konnte [[Migration (Soziologie)|Wanderungen]] oder [[Räuber]]wesen erklären. |
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Nach römischen Quellen soll um [[150 v. Chr.]] [[Krates von Mallos]] den ersten Erdglobus gebaut haben. Bereits [[Eratosthenes]] (* ca. 276 v. Chr.; † 194 v. Chr.) kannte die Kugelgestalt der Erde und beschäftigte sich mit der Bestimmung des [[Erdradius#Erdumfang|Erdumfangs]]. [[Marcus Tullius Cicero|Cicero]] beschrieb in seiner Schrift [[De re publica]] die Verwendung eines Himmelsglobus durch [[Archimedes]] (*287 v. Chr.; † 212 v. Chr.). |
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Im Einzelfall waren [[Bettler]] auf die Almosen Reicherer angewiesen. Viele [[Sklaverei|Sklaven]] waren desgleichen arm, jedenfalls dann, wenn sie selber armen Sklavenhaltern gehörten. Eine öffentliche Armenfürsorge existierte nicht. |
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Ein noch erhaltener antiker Himmelsglobus aus der Zeit um 150 n. Chr. ist als Teil einer Skulptur ([[Atlas Farnese]]) im [[Archäologisches Nationalmuseum Neapel|Archäologischen Nationalmuseum Neapel]] zu sehen. Es handelt sich um die römische Kopie einer griechischen Arbeit. |
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Sehr wohl wurden aber Arme in religiöse Feste, vor allem von lokalen [[Gottheit]]en, einbezogen und nahmen an öffentlichen Vergnügungen und Speisungen teil. Aus den Gottesdiensten hat sich auch das griechische [[Theater]] entwickelt, das auch Armen zugänglich war. In vielen antiken Republiken (z. B. Athen, Syrakus, Rom) hatten arme Stadtbürger [[Bürgerrechte]] und nahmen – in der Spätzeit gelegentlich dafür besoldet – an Volksversammlungen und -gerichten teil.<ref>Vgl. hierzu [[Thukydides]] und [[Xenophon]] zumal zu Athen, [[Polybios]] über das republikanische Rom.</ref> |
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Der älteste erhaltene [[Himmelsglobus]], der Mainzer Himmelsglobus, ist [[Römisches Reich|römischen]] Ursprungs und aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. Der kleine Globus aus [[Bronze]] mit 11 cm Durchmesser (heute im [[Römisch-Germanisches Zentralmuseum|Römisch-Germanischen Zentralmuseum]], Mainz) hat vermutlich den [[Gnomon|Schattenstab]] einer [[Sonnenuhr]] geziert. Ungefähr zu dieser Zeit hat auch [[Claudius Ptolemäus|Ptolemäus]] die Herstellung solcher Globen beschrieben. |
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Im antiken [[Rom]] der Kaiserzeit waren sehr viele Staatsbürger (''proletarii'') arm und hatten nichts außer ihren Kindern (''proles''), behielten aber nominell als „[[Quiriten]]“ und faktisch als [[revolte]]fähige [[Masse (Soziologie)|Masse]] politisches Gewicht. Kaiser konnten sie für sich gewinnen, wenn sie ihrem Verlangen nach „Brot und Zirkusspielen“ (''[[panem et circenses]]'') nachkamen. |
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Der erste Erdglobus der [[Alte Welt|Alten Welt]] wurde wahrscheinlich im [[Mittelalter]] von arabischen Kartografen und Astronomen angefertigt, die im Dienst des [[Abbasiden]]-Kalifen [[al-Ma'mūn]] standen. Die Herstellung eines [[Himmelsglobus]] beschreibt gegen Ende des 10. Jahrhunderts [[Silvester II.|Gerbert von Aurillac]] in einem Brief.<ref>Bubnov, Nicolaus (Hrsg.): Gerberti opera mathematica (972-1003), Berlin 1899, ep. 148</ref> |
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== Mittelalter == |
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Darstellungen der Erde und des Universums tauchten seit der [[Römisches Reich|Römerzeit]] immer wieder auch auf Münzen und [[Medaille]]n auf. Im 16. Jahrhundert verschwand die Darstellung von Globen auf Münzen weitgehend, um dann im 17. Jahrhundert eine besonders starke Verbreitung zu finden. Das fiel insbesondere in die Jahre 1670 bis 1720, als Globen in Europa besonders populär wurden. |
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Im [[mittelalter]]lichen [[Feudalismus]] waren die Menschen selbstverständlich ungleich, in Europa galt die [[Ständeordnung|ständische Ordnung]]. Die Gesellschaft wurde hierarchisch gegliedert im Lehnswesen. Im Mittelalter galt die Person als arm, welche ihre Existenz nicht sichern konnte und weder über Schutz noch Macht verfügte. Die Armut wurde im Verhältnis zur Abhängigkeit gesehen. Hilfe für die Armen wurde anfangs durch die Familie übernommen, später in den Städten durch Zünfte, religiöse Bruderschaften und dergleichen. Durch die Mitgliedschaft wurde eine Unterstützung gewährleistet. |
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Ein [[Almosen]] an Arme wurde erbettelt und war nicht mehr ein wechselseitiges Geben und Nehmen auf gleicher Augenhöhe. Die Kirchen leisteten die größte Hilfe, motiviert durch ihren Auftrag der [[Nächstenliebe]]. Das Almosen wurde von den Besitzenden auch als Mittel zur Buße für Sünden gesehen. Durch die Armen konnten sich die Reichen ihr Seelenheil gewissermaßen erkaufen. Somit war in gewisser Weise doch eine Interdependenz vorhanden, jedoch ohne jegliche Gegenleistung. Des Weiteren war das Almosen religiös und freiwillig motiviert. Allerdings wurden die Armen so lediglich als Objekte gesehen, welche keinerlei Beziehungen zueinander hatten. Die Ständeordnung wurde als gottgegeben betrachtet. Somit war die Folge der [[Ausbeutung]] kein soziales Problem für die Menschen. Neu war in der Lebenslage Armut nun, dass sie nicht mehr reversibel war. Die Armen waren allerdings ein selbstverständlicher Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens. Vier Armutsgruppen können unterschieden werden: |
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=== 15. Jahrhundert === |
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*Die freiwilligen Armen, die anerkannt waren und in religiösen Vereinigungen lebten |
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[[Datei:Behaims Erdapfel.jpg|mini|[[Martin Behaims Erdapfel]]]] |
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*die ständischen Armen, die ihre Existenzgrundlage durch Unfälle, Tod des Ernährers, Krankheiten, Katastrophen verloren hatten, aber als ehrbare Menschen galten |
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*die abhängig Dienenden (das [[Gesinde]] in Land und Stadt), die keinen Besitz und kein Eigentum hatten und auf [[Lohnarbeit]] angewiesen waren |
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*Die Standlosen von Geburt, die keine Standeszugehörigkeit hatten (z. B. [[Bettler]], [[Fahrendes Volk]], [[Räuber]]) |
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== Industriekapitalismus (Anfang 19. Jahrhundert) == |
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Mit dem [[Zeitalter der Entdeckungen]] begann die große Zeit der Globenherstellung. Bereits 1477 hatte [[Donnus Nicolaus Germanus]] für Papst [[Sixtus IV.]] den ersten [[#Segmenttechnik|belegten]] Erdglobus der Neuzeit angefertigt. Die Globen wurden meist in [[Latein|lateinischer Sprache]] beschriftet, der Sprache der Wissenschaft zu jener Zeit. |
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Die Situation für die Armen änderte sich rasch mit dem Aufkommen des [[Industrielle Revolution#Kapitalismus im Werden|Industriekapitalismus]]. Bevölkerungsentwicklung und Produktionsentfaltung gingen immer weiter auseinander, was Massenelend zur Folge hatte; die „[[soziale Frage]]“ stellte sich. Die aus dem Mittelalter überkommenen Hilfeleistungen, vor allem durch die Kirchen und das Almosen, reichten nun nicht mehr aus, diesem neuen Phänomen entgegenzuwirken. Nachbarschaftliche Hilfe konnte nur gewährt werden, solange die Not noch überschaubar war. Neue gesellschaftliche Gruppen bündelten politische und wirtschaftliche Macht. Durch einen noch höheren Ausbeutungsdruck auf die Bauern ("[[Bauernlegen (Geschichte)|Bauernlegen]]") begann eine Massenflucht in die Städte. Die Situation in den Städten war für diese Personenschicht allerdings alles andere als vorteilhaft. Neben dem [[Geld]] wurde nun auch die Arbeit als neuer [[Wertvorstellung|Wertmaßstab]] gesetzt, da die Kapitalbesitzenden auf die [[Arbeitskraft]] der kapitalarmen Personen angewiesen waren. Es entstanden immer weitere [[Soziale Differenzierung|Unterschiede]] in ökonomischer und rechtlicher Weise. Breite Bevölkerungsteile wurden an den Rand gestellt, wodurch auch die [[Soziale Beziehung|Beziehungen]] der Menschen untereinander immer [[Anonymität|anonymer]] wurden. So entstand eine Armut in noch unbekanntem Maße.<ref>Vgl. [[Pauperismus]]</ref> Vor allem Frauen waren von Armut betroffen, soweit sie nicht erwerbstätig waren bzw. sein durften. Zu Beginn des 19. Jh. wurden Arme als Parasiten (Schmarotzer) gesehen und die Armut als eine Geißel der Gesellschaft.<ref>Vgl. hier insbesondere [[Max Weber]], ''[[Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus]]''.</ref> Armut wurde als Nicht-Arbeit gesehen, weswegen die Armen als arbeitsunwillige, arbeitsscheue Müßiggänger eingeordnet wurden. Die Armut wurde demnach verurteilt und als selbst verschuldet hingestellt. Kennzeichnend für sie sei eine unmoralische Haltung und ein unsittliches, [[Faulheit|faules]] [[soziales Handeln|Handeln]]. Somit schwand auch die Verantwortung für die Armen bei den Reichen, da der Zusammenhang von [[Barmherzigkeit]], Armut und [[Seelenheil]] zu schwinden begann, was auch durch eine zunehmende [[Säkularisierung]] bedingt war. Das Almosen wurde dadurch entwertet. |
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Somit wuchs auch die [[Anonymität]], weil die Bevölkerung nichts mehr mit den Armen zu tun hatte und Vorurteile gegenüber den Armen entstanden. Das neue Mittel gegen die Armut war Arbeit. Die „Erziehung zur Arbeit“ wurde zu einer Kulturmission im [[Deutsches Kaiserreich|Kaiserreich]], um Landstreicher, Bettler und [[Randgruppe]]n zu disziplinieren. Diese Entwicklung fand in vier Stufen statt: |
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Der Mathematiker und Kardinal [[Nikolaus von Kues]] interessierte sich für Astronomie und kaufte 1444 je einen in Nürnberg gefertigten hölzernen und einen kupfernen Himmelsglobus. Nürnberg war zu jener Zeit das erste große Zentrum der Globenherstellung in Europa. |
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*Kommunalisierung. Die Armenfürsorge übernahm nun der städtische Rat und die Almosenvergabe unterlag strengen Reglementierungen. |
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*[[Rationalisierung (Ökonomie)|Rationalisierung]]. In diesem Schritt wurden Kriterien festgelegt, nach welchen die Armen Unterstützung erhielten. Die Vergabe sollte fortan objektiv bemessen werden. |
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*[[Bürokratisierung]]. Es entstanden [[Institution]]en, welche die Überprüfung der Bedürftigkeit übernahmen. In diesen Institutionen arbeiteten immer mehr hauptberufliche [[Sozialarbeiter]]. Das Armutsproblem wurde [[Verwaltung|verwaltet]]. |
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*[[Pädagogisierung]]. Aus der Sicht der Arbeitenden hatten die Armen ein Defizit, das der Arbeit. Folglich mussten die Armen hin zur Arbeit erzogen werden. Die Armen wurden zum besserungswürdigen Erziehungsobjekt. Hierfür dienten [[Arbeitshaus|Arbeitshäuser]].<ref>Vgl. [[Wolfgang Ayaß]]: [http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:hebis:34-2008101524505 ''Das Arbeitshaus Breitenau. Bettler, Landstreicher, Prostituierte, Zuhälter und Fürsorgeempfänger in der Korrektions- und Landarmenanstalt Breitenau (1874–1949).''], Kassel 1992.</ref> Nun befand sich die Bekämpfung und der Umgang mit Armut ganz auf der Seite des Staates, was zur Folge hatte, dass sich die Bevölkerung aus der Verantwortung, der Selbstverpflichtung zur Hilfe und Solidarität entzog. Die Schuldfrage nach der Armut wurde zur Angelegenheit des Armen selbst. Die [[Hierarchie|Hierarchisierung]] und Distanzierung zwischen Arm und Reich wurde immer stärker, und aus der christlich motivierten Hilfe wurde ein nüchterner [[Verwaltungsakt (Deutschland)|Verwaltungsakt]]. |
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Die Armut wurde im 19. Jahrhundert auch zu einem Thema in der belletristischen Literatur, etwa beim Schweizer Dichterpfarrer [[Jonas Breitenstein]], der in seinen Werken sowohl die traditionelle ländliche Armut als auch die Armut infolge der Industrialisierung mannigfach thematisierte. |
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Der älteste heute noch erhaltene Erdglobus ist [[Martin Behaims Erdapfel]], welcher [[1492]] von [[Martin Behaim]] in [[Nürnberg]] geschaffen wurde und heute im [[Germanisches Nationalmuseum|Germanischen Nationalmuseum]] in Nürnberg aufbewahrt wird. |
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== Armut in der Bundesrepublik Deutschland seit 1950 == |
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In der [[New York Public Library]] ist ein Globus aus dem Jahr 1506 ausgestellt. |
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In der Bundesrepublik herrschten in den späten 1940er-Jahren Hunger und Not durch den verlorenen Krieg. In den Städten herrschte große Wohnungsnot. Eine soziologische Studie von Hilde Thurnwald stellte fest, dass jede fünfte Berliner Familie nur einen einzigen Raum zum Wohnen hatte. Rund sieben Millionen Menschen waren obdachlos. Es mangelte an Gegenständen des täglichen Bedarfs, an Heizmittel und an Kleidung. Mütter mussten ihre Kinder im Winter zur Schule tragen, da diese keine Schuhe hatten.<ref>Lauterbach, Wolfgang ''Armut in Deutschland - mögliche Folgen für Familien und Kinder''. Universität Oldenburg, Oldenburger Universitätsreden: ISBN 3-8142-1143-X, S. 14</ref> Wie aus diesen Ausführungen hervorgeht, herrschte anfangs eine große Armut der gesamten Bevölkerung. Doch schon bald gab es eine Wende von der „Armut des Volkes“ zur „Armut des Einzelnen“. 1949 wurde das [[Soforthilfegesetz]] verabschiedet, 1952 wurde es durch das [[Lastenausgleichsgesetz]] abgelöst. Bereits 1953 ging es in der Sozialhilfedebatte um die unzureichende Versorgung der Sozialhilfeempfänger. Auch die [[Rentenreform 1957]] sollte Armut bekämpfen.<ref name="LW15">Lauterbach, Wolfgang ''Armut in Deutschland - mögliche Folgen für Familien und Kinder''. Universität Oldenburg, Oldenburger Universitätsreden: ISBN 3-8142-1143-X, S. 15</ref> 1962 trat das [[Bundessozialhilfegesetz]] (BSHG) in Kraft, das eine Mindestsicherung des soziokulturellen Lebensstandards sicherstellte. Durch das [[Wirtschaftswunder]] wurde die kollektive Armut des ganzen Volkes besiegt. 1970 wurden Novellen des BSHG vorgenommen. Armut wurde als Notlage von sozialen Randgruppen gesehen.<ref name="LW15"/> |
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1507 schuf [[Martin Waldseemüller]] einen Globus, der [[Amerika|America]] zeigte. Auch auf dem [[Globus Jagellonicus]] von 1510 taucht der Name „America“ auf, jedoch wird damit noch eine unbekannte Stelle südlich von Indien bezeichnet. Waldseemüllers Schüler [[Johannes Schöner]], ebenfalls ein berühmter Kartograf, fertigte in Bamberg ebenfalls Erd- und Himmelsgloben an. Sein [[Schöner-Erdglobus von 1515|Erdglobus von 1515]] ist der älteste, noch heute erhaltene seiner Art, der Südamerika zeigt und den neuen Kontinent mit dem Namen „America“ bezeichnet. |
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In der zweiten Hälfte der 1970er Jahre jedoch wurden Anzeichen für eine Krise des Sozialstaates sichtbar. Man sprach von der „[[Neue soziale Frage|neuen sozialen Frage]]“. Diese wurde zunehmend politisch thematisiert.<ref name="LW15f">Lauterbach, Wolfgang ''Armut in Deutschland - mögliche Folgen für Familien und Kinder''. Universität Oldenburg, Oldenburger Universitätsreden: ISBN 3-8142-1143-X, S. 15, 16</ref> |
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Ein anderer früher Globus war der [[Hunt-Lenox Globus]], ca. 1507. Es wird angenommen, dass er die Quelle für den Ausspruch „[[Hic sunt dracones]]“ („Hier sind Drachen“) ist. 1541 brachte [[Gerhard Mercator]] in Duisburg seinen ersten Globus heraus, der sich über Jahrzehnte in großen Stückzahlen verkaufte. |
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In den 1980er-Jahren nahm die [[Arbeitslosigkeit]] zu und „die neue Armut“ der Arbeitslosen wurde nun soziologisch erforscht und öffentlich diskutiert. Die „Armutsklientel“ änderte sich. So waren nun nicht mehr nur vereinzelte Arbeitslose von Armut betroffen, sondern ganze Familien. Der Anteil der Kinder an der Armutspopulation wuchs. Auch der Anteil der [[Alleinerziehende]]n unter den Armen nahm zu.<ref name="LW15f"/> Man sprach von der „[[Zwei-Drittel-Gesellschaft]]“ (Glotz), der „Drei-Viertel-Gesellschaft“ (Leibfried/Tennstedt) oder auch der „Vier-Fünftel-Gesellschaft“ (Hauser/Becker). Die Situation hat sich bis in die Gegenwart kaum geändert. Hinzugekommen sind noch strukturelle Probleme durch die deutsche Einheit, sozialpolitische Kürzungen und die Folgen der langanhaltenden Massenarbeitslosigkeit. So kam es sogar noch zu einer Vergrößerung der Anzahl der Armen.<ref name="LW16f">Lauterbach, Wolfgang ''Armut in Deutschland - mögliche Folgen für Familien und Kinder''. Universität Oldenburg, Oldenburger Universitätsreden: ISBN 3-8142-1143-X, S. 16, 17</ref> |
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Ein weiterer Erdglobus wurde 1570 von [[Taqi al-Din]] an seiner Sternwarte in Istanbul gebaut. |
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Teilweise wird behauptet, dass zwar der [[Wohlstand]] zunimmt, aber auch die [[soziale Ungleichheit]] zunimmt und die Anzahl der Armen wächst. Familien mit minderjährigen Kindern sind bei den Armen überrepräsentiert.<ref name="LW16f"/> Umstritten sind auch die derzeit üblichen Armutsdefinitionen. Mit der Definition von Armut unterhalb eines gewissen Prozentsatzes vom Durchschnitts- oder Medianeinkommen verändert sich die Armutsquote nicht, wenn der Wohlstand der gesamten Bevölkerung stark aber gleichmäßig steigt. |
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== Armut in der DDR seit 1950 == |
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In der DDR existierte Armut offiziell nicht. 1961 wurde noch beschlossen „sozial gefährdete“ zu unterstützen. In den 1970er Jahren wurden diese jedoch als „kriminell gefährdete“ oder als „arbeitsscheues Gesindel“ [[Diskriminierung|diskriminiert]]. Nach §249 des Strafgesetzbuches der DDR war eine „arbeitsscheue Lebensweise“ strafbar und man konnte mit dem Gesetz in Konflikt kommen, wenn man nicht arbeitete. |
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[[Datei:Jodocus Hondius.jpg|mini|Globenhersteller [[Jodocus Hondius]] auf einem Stich des Jahres 1619 mit einem Erdglobus]] |
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Von 1961 bis 1984 sank die Fürsorgequote von 9,2 % auf 0,7 %. Minderjährige Kinder waren in der DDR seltener [[Fürsorge]]empfänger als Erwachsene. Die sehr niedrigen Fürsorgequoten sind darauf zurückzuführen, dass ein Großteil der Sozialleistungen vom Staat und nicht den Betrieben geleistet wurde. Zum anderen tat die [[Kriminalisierung]] der Armut ihr Übriges. |
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Obwohl es Armut in der DDR offiziell nicht gab und es auch einen garantierten [[Mindestlohn|Mindestbruttolohn]] gab, sahen sich Rentner und Personen mit geringem Einkommen oft gezwungen, einen Nebenjob zu suchen, wollten sie nicht unter das [[Existenzminimum]] geraten. Im Jahr 1970 waren 65 % der Rentner arm (Basis: äquivalenzgewichtetes Haushaltseinkommen). In den 1980er Jahren lebten 45 % der Rentner in Einkommensarmut.<ref>Lauterbach, Wolfgang ''Armut in Deutschland – mögliche Folgen für Familien und Kinder''. Universität Oldenburg, Oldenburger Universitätsreden: ISBN 3-8142-1143-X, S. 18</ref> |
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== Armut/Reichtum in den Weltreligionen == |
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Im frühen 16. Jahrhundert wurden grafische Reproduktionsverfahren eingeführt und ermöglichten so die Serienfertigung von Globen. Die Globusstreifen, [[Kugelzweieck|sphärische Zweiecke]] (Globuszwickel), wurden auf Papier gedruckt, das dann auf den Globus geklebt wurde (Kaschieren oder Belegen genannt). Der Druck erfolgte mittels [[Hochdruckverfahren]] des [[Holzschnitt]]s, seit Mitte des 16. Jahrhunderts dann mittels [[Tiefdruckverfahren]] des [[Kupferstich]]s und seit Anfang des 19. Jahrhunderts mittels Steindruck ([[Lithografie]]). |
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Welchen Stellenwert Armut bzw. Reichtum im Buddhismus, Hinduismus, Islam, Judentum, Katholizismus und Protestantismus innehat, wird in dem Handbuch zur Ethik der Weltreligionen ausgeführt.<ref>[[Michael Klöcker]]/[[Udo Tworuschka]] (Hrsg.): ''Ethik der Weltreligionen. Ein Handbuch'', Darmstadt 2005, ISBN 3-534-17253-1, Armut/Reichtum, S. 32–45.</ref> |
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Den ersten gedruckten Globusstreifen stellte Martin Waldseemüller 1507 her. Ein anderer berühmter Kartograf und Globenhersteller jener Zeit war [[Johann Richter (Astronom)|Johann Richter]] (latinisiert: Johannes Praetorius) in Nürnberg, aus dessen Werkstatt auch der Nürnberger Stadtarzt Melchior Ayrer (eher nicht dessen Bruder Egidius, der wie Melchior 1561 durch Kaiser Ferdinand I. geadelt wurde)<ref>Doris Wolfangel: ''Dr. Melchior Ayrer (1520–1579).'' Medizinische Dissertation Würzburg 1957, S. 4 und 30–32.</ref> mehrere Globen bezogen haben soll. |
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== Siehe auch == |
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Im 16. Jahrhundert zeichneten sich Fracastori, [[Gemma R. Frisius|Gemma Frisius]], [[Gerhard Mercator]] und [[Jodocus Hondius]] durch die Konstruktion von Erdgloben aus. |
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* [[Sozialdisziplinierung]], [[Soziale Kontrolle]], [[Soziale Arbeit]] |
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* [[Kinderarmut in den Industrieländern#Geschichte|Geschichte der Kinderarmut in Industrieländern]] |
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== Literatur == |
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Mit dem Aufstieg der [[Niederlande]] zur See- und Handelsnation stieg gegen Ende des 16. Jahrhunderts die Nachfrage nach Globen stark an. Reiche Kaufleute und Kapitänsfamilien hatten den Wunsch, die Routen der Seefahrer nachzuverfolgen. Amsterdam wurde Ende des 16. Jahrhunderts zum Herstellungszentrum für immer bessere geografische Karten, Globen und Navigationsinstrumente. Die Familie Blaeu etablierte eine Dynastie von Kartografen, die einige Jahrzehnte bestand. Der Begründer war [[Willem Blaeu]], ein Astronom, der zusammen mit [[Tycho Brahe]] studiert hatte. Ein Konkurrent der Familie Blaeu war unter anderem der Kartograf [[Johannes Janssonius]]. |
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* [[Andreas Gestrich]] (Hrsg.): ''Being poor in modern Europe. Historical perspectives 1800–1940''. Lang, Oxford u. a. 2006, ISBN 978-3-03910-256-3 (Aufsatzband) |
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Die Globenherstellung in England begann mit [[Emery Molyneux]] († 1598), der 1592 mit großer finanzieller Unterstützung ein Paar große Globen schuf, auf denen insbesondere die englischen Unternehmungen zur See dargestellt wurden. Seine Globen wurden sehr zahlreich hergestellt. Ein Globenpaar wurde [[Elisabeth I.]] zum Geschenk gemacht. Sein einziges erhalten gebliebenes Globenpaar ist im [[Petworth House]] in [[Petworth]], [[West Sussex]] ausgestellt. Der Globus war erst 1950 wiederentdeckt worden. |
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* [[Michael Klöcker]], [[Udo Tworuschka]] (Hrsg.): ''Ethik der Weltreligionen. Ein Handbuch'', Darmstadt 2005, ISBN 3-534-17253-1 (''Armut/Reichtum'': Frank Usarski: ''Buddhismus'', S. 32–33; Lidia Guzy: ''Hinduismus'', S. 33–35; Klaus Hock: ''Islam'', S. 35–37; Heinz-Jürgen Loth: ''Judentum'', S. 37–39; Josef Senft: ''Katholizismus'', S. 39–42; Stephan Schleissing: ''Protestantismus'', S. 42–45). |
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In Italien fertigten 1561 die Brüder [[Giulio Sanuto|Giulio]] und [[Livio Sanuto]] (* 1520; † 1576) einen Globus an, von dem heute einige Globussegmente erhalten sind. Aus den Maßen der Globussegmente lässt sich schließen, dass dieser venezianische Erdglobus einen Durchmesser von 68,6 cm hatte und einen Umfang von ca. 216 cm. Diese Globussegmente sind als Holzheimer Globussegmente (engl. Holzheimer Globe Gores) bekannt, da sie sich in der Sammlung von Arthur Holzheimer befinden. Es handelt sich wahrscheinlich um die größten gedruckten Globussegmente des 16. Jahrhunderts. Der Erdglobus des venezianischen Geografen Livio Sanudo wurde 2008 im Magazin des [[Museo Correr]] in [[Venedig]] wiederentdeckt. |
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* Christoph Kühberger, [[Clemens Sedmak]]: ''Aktuelle Tendenzen der historischen Armutsforschung''. Lit, Wien 2005, ISBN 3-8258-7713-2 (= ''Geschichte: Forschung und Wissenschaft.'' Band 10). |
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=== 17. Jahrhundert === |
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Im 17. Jahrhundert legte man besonders Wert auf große Globen. Zu den bekannten Globenherstellern des 17. Jahrhunderts zählten: |
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* Verlagshaus Blaeu ([[Willem Blaeu]] und später [[Joan Blaeu]]) |
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* Bloen in Amsterdam<ref>''Ein Globus terristris und ein Globus coelestis, von Bloen zu Amsterdam gegen 1600 gefertigt.'' In der Auktion ab dem 10. Juli 1826 in Nürnberg aus der Sammlung des in Nürnberg verstorbenen Oberpostneisters Schustern., [[Johann Lorenz Schmidmer|I. L. Schmidmer]] (1779–1831) : ''Verzeichniß der Sammlung der Bücher, Oelgemälde, Kupferstiche, Wasser- und Email=Malereien, … des zu Nürnberg verstorbenen Herrn Oberpostmeisters Schustern welche …,'' [http://books.google.de/books?id=w7RFAAAAcAAJ&pg=PP5&lpg=PP5&dq=n%C3%BCrnberg++i.+l.+schmidmer&source=bl&ots=5u0jfINVS2&sig=MrC9FXbhnQAAOHrozjvWRE8Xvuk&hl=de&sa=X&ei=p2K1U_vvLKWh4gT2zYHYBQ&ved=0CCUQ6AEwAg#v=onepage&q=n%C3%BCrnberg%20%20i.%20l.%20schmidmer&f=false Google Books, online], S. 22 , Positionen 67. und 68.</ref> |
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* [[Johannes Janssonius]] in Amsterdam |
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* Matthäus Greuter |
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* [[Vincenzo Maria Coronelli]] |
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* [[Martin Rheinheimer]]: ''Arme, Bettler und Vaganten. Überleben in der Not 1450-1850.'' Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 2000, ISBN 3-596-60131-2 |
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Im 17. Jahrhundert verschoben sich die Kräfte in Europa von den Niederlanden nach Frankreich und entsprechend verschob sich auch der Schwerpunkt der kartographischen Produktion und der Globenherstellung. Ende des 18. Jahrhunderts waren dann die britischen Kartographen führend. |
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* [[Bronislaw Geremek]]: ''Geschichte der Armut. Elend und Barmherzigkeit in Europa''. dtv, München 1991, ISBN 3-423-04558-2. |
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Die anderen Zentren der Globenherstellung waren zu jener Zeit: |
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* die Niederlande (z. B. [[Henricus Hondius]], [[Nicolaes Visscher I]], [[Petrus Plancius]], [[Michael Florent van Langren]] – 1592 verliehen die [[Generalstaaten]] der Familie Van Langren das Monopol auf die Herstellung von Globen, was 1597 zu Auseinandersetzungen mit [[Jodocus Hondius]] führte.) |
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* Italien (z. B. [[Vincenzo Maria Coronelli|Vincenzo Coronelli]]), |
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* England – [[Karl II. (England)|Karl II. von England]] (* 1630; † 1685) förderte gezielt die Entwicklung der Wissenschaften in England und löste damit auch eine große Veränderungen auf dem Markt für Globen aus. |
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Der kleine [[Maßstab (Kartografie)|Maßstab]] der Globen bedingt eine nur grobe Darstellung des Kartenbildes. Deshalb waren sie für [[Navigation]]szwecke ungeeignet. Jedoch wurden im 17. und 18. Jahrhundert Himmelsgloben als Standardausrüstung auf niederländischen Schiffen mitgeführt. |
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=== 18. Jahrhundert === |
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[[Datei:3quarter globe.jpg|mini|Ein Tischglobus von 1765, der eine fiktive [[Nordwestpassage]] zeigt.]] |
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Im 18. Jahrhundert waren die bekannten Zentren der Globenherstellung: |
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* Deutschland: mit den Herstellern (z. B. [[Johann Philipp Andreae]], [[Johann Christoph Berndt]], [[Johann Elert Bode]], [[Anselm Desing]], [[Johann Gabriel Doppelmayr]], [[Johann Baptist Homann]], [[Daniel Friedrich Sotzmann]], [[Matthäus Seutter]], Homann-Verlag von Johann Baptist Homann). |
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* Frankreich: mit den Herstellern (z. B. [[Didier Robert de Vaugondy]], [[Rigobert Bonne]], [[Guillaume Delisle]]) |
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* England: mit dem Hersteller (z. B. [[John Senex]]) |
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* Niederlande |
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* Schweden: mit dem Hersteller (z. B. [[Andreas Akerman|Anders Åkerman]]) |
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Die Globenherstellung erweiterte sich. Es wurden mehr Globen hergestellt und an immer mehr Orten. Die Globen wurden erschwinglicher, waren aber nicht mehr so kunstvoll gestaltet, sondern sachlicher und schmuckloser. |
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Die in früheren Jahrhunderten übliche Verzierung des Kartenbildes (Fabelwesen, Schiffe, Motive aus der Seefahrt, Flaggen) verschwand immer mehr. Stattdessen fanden sich immer mehr geografische Angaben auf den Globen, die von neuen Entdeckungen zeugten, es wurden Seerouten auf den Globen eingetragen, Meeresströmungen und Tiefen. 1779 erschien das damals sehr populäre Buch ''A New and easy Guide to the Use of the Globes'' von Daniel Fenning. |
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Das alles war auch dem Einfluss der [[Aufklärung]] zu verdanken. In unerforschten Gebieten wurden keine geographischen Phantasieeintragungen mehr vorgenommen, sondern diese wurden als [[Weißer Fleck|weiße Flecken]] auf der Karte belassen. Da durch die vielen [[Entdeckungsreise]]n die geografischen Kenntnisse von der [[Erdoberfläche]] immer detaillierter wurden, wurden auch die Erdgloben immer besser. Beispielsweise brachten viele Globenhersteller nach dem Fahrten von [[James Cook]] verbesserte Neuauflagen ihrer Globen heraus. |
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Auf den Himmelsgloben tauchten viele neue [[Sternbild]]er auf. |
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Um 1780 übertrafen die britischen Globenmacher mit ihrem Können und geografischen Informationen die Globenverlage anderer Länder. [[Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Irland|Großbritannien]] war zu jener Zeit ein wichtiges Handelszentrum geworden und wurde auch ein Zentrum der Bildung und der wissenschaftlichen Erkenntnis. Bekannt waren beispielsweise der britische Globenverlag „Newton & Son“ (John Newton; *1759; † 1844), W. & S. Jones (William & Samuel Jones), George Philip & Son, John and William Cary. Als Qualitätssiegel gab es für die Firmen den Titel „Globe & Math Instrument Makers to the King“. |
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=== 19. Jahrhundert === |
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Im 19. Jahrhundert wurde der Globus zur standardisierten, [[Massenproduktion|industriellen Massenware]], die in Gewerbebetrieben in [[Serienfertigung|Serienproduktion]] gefertigt wurde. Durch technische Neuerungen wurde die Herstellung der Globen billiger und präziser. Die Reproduktion der einzelnen Streifen für den Globus erfolgte jetzt mittels Lithografie statt mit dem bisher üblichen Kupferstichverfahren, zuerst hand[[Kolorieren|koloriert]], durch [[Lithografie#Chromolithografie|Farblithografie]] ab Mitte des 19. Jahrhunderts nochmals wesentlich billiger. Dies begünstigte auch die Verbreitung der Schulgloben, die als Anschauungs- und Demonstrationsobjekte eingesetzt wurden. Ende des 19. Jahrhunderts wurden Maschinen erfunden, die hohle Halbkugeln aus Karton pressten. |
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=== 20. Jahrhundert === |
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Im 20. Jahrhundert ging man auch wegen des großen Bedarfs an Schulgloben von der Serien- zur Massenproduktion der Globen über, die nur noch wesentliche geografische Merkmale zeigten und von Einrichtungsgegenständen zu reinen [[Lehrmittel]]n und Demonstrationsobjekten wurden. Es wurden fast nur noch erschwingliche Erdgloben durch [[Tiefziehen]] von [[Thermoplast|thermoplastischen Kunststoffen]] hergestellt. |
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== Aufbau und Herstellung == |
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Früher bestand der Globus meist aus zwei hohlen Halbkugeln aus [[Pappmaché]]. Der Globuskörper wurde dann aus den hohlen Halbkugeln zusammengefügt. Dieses Herstellungsverfahren war vom 16. Jahrhundert bis zu den 1950er Jahren am meisten verbreitet. Bis Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Pappmaché-Kugel zusätzlich noch mit einer dünnen [[Gips]]schicht überzogen, die ganz glatt geschliffen wurde. Um den Herstellungspreis zu reduzieren, wurde dann auf den traditionellen Gipsüberzug verzichtet. |
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Im Inneren wurde die Globuskugel durch einen Holzstab verstärkt, durch den auch die Drehachse geführt wurde. |
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=== Globuskartennetz === |
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Der Globus gibt nur die ideale Erdkugel wieder, nicht jedoch die [[Erdfigur]] ([[Geoid]]) mit der [[Erdabplattung]], da sie mit einem Wert von 1:300 des Äquatordurchmessers auf einem 30-cm-Globus nur 1 mm beträgt. Moderne Globen sind meist mit einem groben Netz aus [[Längenkreis]]en und [[Breitenkreis]]en in Abständen von 10° versehen, bei kleineren Globen auch in Abständen von 20° oder 30°. Des Weiteren sind meist der Äquator, die Wendekreise und die Polarkreise eingezeichnet. |
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=== Globusmaßstab und Größe === |
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[[Datei:Great Globe.png|mini|Begehbarer Riesenglobus [[Georama|Great Globe von James Wyld]] („Georama“)]] |
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[[Datei:Swanage Globus.jpg|mini|«Great Globe» aus Kalkstein im [[Durlston Country Park]] in [[Swanage]] (England) von 1887]] |
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Der Globusmaßstab ist der [[Maßstab (Kartografie)|Maßstab]] eines Globus. Globen mit einem Durchmesser von 26 cm haben einen Maßstab von 1:50 Millionen. Bei einem Durchmesser von 51 cm beträgt der Maßstab 1:25 Millionen. Der typische Maßstab für einen Erdglobus beträgt 1:40 Millionen. |
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Je nach Größe und Art des Globus bezeichnet man ihn als Taschenglobus, Tischglobus, Standglobus oder Riesenglobus. Ein gebräuchlicher Tischglobus hat etwa einen Durchmesser von 25 bis 30 cm. |
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Der wohl kleinste Globus mit 60 Mikrometer Durchmesser wurde im Februar 2004 von der japanischen Firma NTT DoCoMo vorgestellt.<ref>[https://www.heise.de/newsticker/meldung/Japaner-werben-mit-kleinstem-Globus-der-Welt-92857.html heise online – Japaner werben mit kleinstem Globus der Welt<!-- Automatisch generierter titel -->]</ref><ref>[http://www.ntt.co.jp/news/news04e/0402/040202.html News Release 040202<!-- Automatisch generierter titel -->]</ref> |
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Es wurden im Laufe der Geschichte zahlreiche größere Globen oder Globenpaare (Erd- und Himmelsglobus) für Könige und Fürstenhäuser gebaut. In neuester Zeit dienen große Globen als Werbemittel und Blickfang. |
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Hier folgt eine Auflistung von Riesengloben, sortiert nach Durchmesser: |
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{| class="wikitable sortable" |
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|- class="hintergrundfarbe6" |
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! Durchmesser |
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! Bemerkung |
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| 1,75 m || Ein Globenpaar von [[Vincenzo Coronelli]] geschaffen für den Herzog von Parma. |
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| 3,00 m || Der aus 15 Steinstücken bestehende [[Großer Globus|Große Globus]] (engl. «Great Globe») von Swanage zählt zu den größten Steinkugeln der Welt, die aus Kalkstein hergestellt wurden |
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| 3,00 m || Auf dem [[Piazzale del Impero]] in [[Rom]] am Sphärenbrunnen befindet sich der größte aus einem Stück [[Naturstein]] hergestellte Globus, der aus [[Carrara-Marmor]] besteht |
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| 3,11 m || [[Gottorfer Riesenglobus]] – erbaut 1650–1664 von [[Adam Olearius]] in Schleswig für Friedrich III. von Schleswig-Holstein-Gottorf (1597–1659); Der Globus war drehbar und begehbar. Außenhülle Erdglobus und innen Himmelsglobus.<ref> {{Webarchiv|text=Schloß Gottorf – Barockgarten & Globushaus Schleswig |url=http://www.schloss-gottorf.de/gh/gl-geschichte.php |wayback=20090108185030 |archiv-bot=2018-04-12 14:24:17 InternetArchiveBot }}</ref> |
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| 3,84 m || Ein [[Coronelli Globen|Globenpaar]] von Vincenzo Coronelli geschaffen für den französischen König [[Ludwig XIV.]], das sich heute im Besitz der französischen Nationalbibliothek befindet. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts war es reparaturbedürftig in der Orangerie von Versailles eingelagert. Nach der Restaurierung wird es seit Oktober 2006 in der Westhalle der Bibliothek präsentiert. |
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| 7,75 m || Riesenglobus von [[Philippe Vandermaelen|VANDERMAELEN, Philippe M.G.]] (1795–1869) – ein Globus wurde in Brüssel im 1830 gegründeten „Établissement Geographique de Bruxelles“ ausgestellt. Dieser Globus könnte reproduziert werden, sofern man alle 386 Karten des „Atlas universel de géographie physique, politique, statistique et mineralogique“ zusammensetzen würde. Dieser Atlas war der erste, der alle Karten in gleichem Maßstab zeigt, die Karten zeigen nur die Landmasse. Gedruckt in Brüssel zwischen 1825 und 1827, erster Atlas, der komplett in Lithographie (von Henri Ode) gedruckt wurde.<ref name="CKoemanVDM1">{{Literatur| Autor=Cornelis Koeman| Titel=Vander Maelen 1| Sammelwerk=Atlantes Neerlandici | WerkErg=Bibliography of terrestrial, maritime and celestial atlases and pilot books, published in the Netherlands up to 1880. | Band=Band III (Merula–Zeegers) | Auflage=1. | Ort=Amsterdam | Datum=1969 | Sprache=en | Umfang=XXVI + 220 pp | Seiten=142 | Kommentar=Verkürzte Quellangabe: Koeman VDM 1 }}</ref> |
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| 8,53 m || Riesenglobus am ''Babson College'' in [[Wellesley (Massachusetts)|Wellesley, Massachusetts]]<ref>[http://www.roadsideamerica.com/attract/MAWELworld.html World’s Largest World, Wellesley, Massachusetts]</ref> (drehbar, 26 t; unter freiem Himmel) |
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| 10 m || [[Globe of Peace]] (Mappamondo della Pace) in [[Pesaro]], Italien. Er war bis 1999 der weltweit größte Globus. |
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| 10 m || [[Mercateum]] in [[Königsbrunn]] im [[Landkreis Augsburg]]. Er ist der größte auf historischer Kartografie beruhende Globus der Welt. |
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| 12,52 m || Der weltweit größte drehbare Globus ist [[Eartha]]. Er hat einen Durchmesser von 12,52 Metern, ein Gewicht von 2721 kg und einen Globusmaßstab von 1:1 Mio. Er wurde vom Verlag [[DeLorme]] in [[Yarmouth (Maine)|Yarmouth]] in [[Maine]] (USA) im Jahre 1998 gebaut.<ref>[http://www.roadsideamerica.com/attract/MEYAReartha.html Eartha, World’s Largest Rotating Globe, Yarmouth, Maine]</ref> |
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| 36,57 m || [[Unisphere]] ist ein großer Globus, der im [[Flushing-Meadows-Park]] im nördlichen [[Queens]], [[New York City]] (USA) steht. |
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Das [[Mapparium]] in [[Boston]] ist ein drei Stockwerke hoher Glasglobus, der von einer Zuschauerbrücke aus betrachtet wird. Ein weiterer 1930 hergestellter Riesenglobus steht in der Lobby des [[Daily News Building]]s in New York. |
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=== Weitere bedeutende oder bekannte Globen === |
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* [[St. Galler Globus]] aus dem 16. Jahrhundert, eine Kombination von Erd- und [[Himmelsglobus]] |
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* Zwei Globen für Ludwig XIV. von [[Vincenzo Maria Coronelli|Vincenzo Coronelli]] (Erde und Himmel), heute in [[Paris]] |
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* Globus Jagellonicus – um 1510 in Frankreich angefertigt, heute im Museum der [[Jagiellonen-Universität]] ausgestellt |
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=== Sonderformen === |
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Es gibt auch freischwebende Globen (''Schwebeglobus''), welche mit Hilfe eines Mechanismus aus Magneten frei im Raum schwebend gehalten werden. Für den repräsentativen Publikumsbereich wurde mit ''Luxesse'' ein Globus mit integriertem Antrieb konzipiert, der optisch frei schwebend in einer Säule aus gegossenem Acrylglas rotiert. |
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{{Großes Bild|Duisburg Weltmeisterkreisel.jpg|600|In Duisburg erinnern zahlreiche Globus-Skulpturen an Gerhard Mercator; diese steht am südlichen Stadteingang in Huckingen.}} |
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=== Gestell === |
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Die alten Globen wurden traditionell auf teure, vierbeinige hölzerne Gestelle montiert. In neuerer Zeit ging man mit der Massenproduktion zur Montage der Globen auf der billigeren Säulenhalterung mit rundem Standfuß (Rundfuß, „Trompetenfuß“) über. Die wissenschaftliche Funktion der Globen ging Ende des 19. Jahrhunderts verloren, weshalb auch die Globengestelle wesentlich reduziert werden konnten. (siehe [[#Der Globus als wissenschaftliches Instrument|unten: Der Globus als wissenschaftliches Instrument]]) |
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RobertHues-TractaetGlobe-AertscheGlobe-1623.jpg|Globus mit vierbeinigem Gestell. Der Kompass am Fuß ist gut zu erkennen. |
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Globenmuseum Vienna 20091010 174.JPG|Globus auf senkrechter Erdachse (Paris, um 1890) |
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Globus mit Dreh-Schwenk-Halterung 6.JPG|Globus mit Dreh-Schwenk-Halterung |
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Die alten traditionellen Halterungen für die großen Standgloben bestanden aus einem hölzernen horizontalen Ring (Äquatorring), der auf vier Füßen ruhte. Der Globus lag zur Hälfte oberhalb und unterhalb des Äquatorrings. Auf diesem Äquatorring war ein weiterer Ring vertikal angebracht – der Meridianring. Der Meridianring war anfangs ebenfalls aus Holz, bei jüngeren Globen dann meist aus Messing, er ließ sich innerhalb des Äquatorrings drehen. Im Meridianring war der Globus mittels einer Drehachse angebracht. Diese Konstruktion erlaubte es, den Globus in alle Richtungen zu drehen und zu schwenken, so dass er so positioniert werden konnte, dass zwei beliebige Orte auf dem Globus auf dem Äquatorring zu liegen kamen. Der Äquatorring trug meist mehrere Skalen für Winkel, Stunden und Entfernungen. Diese konnten dann nach der gewünschten Positionierung des Globus direkt zwischen zwei Orten auf dem Globus abgelesen werden. Äquatorring und Meridianring werden bei Globen als Armierung bezeichnet. Ebenfalls zur Armierung zählt ein [[Kompass]] (meist ein Trockenkompass), der gewöhnlich zwischen den Füßen des Gestelles angebracht ist. |
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Zusätzlich zur Armierung gehört zur Ausrüstung älterer Globen auch manchmal einen biegsamen Blechstreifen aus Messing, der wie ein Lineal auf dem Globus benutzt wird. Damit wird der Abstand zwischen zwei Punkten gemessen, die nicht auf dem Äquator oder auf dem gleichen Meridian liegen. |
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Die Gestelle der alten Globen hatten auch einen nicht zu unterschätzenden dekorativen Aspekt. Die Atlasfigur ist ein beliebtes Motiv, das gelegentlich in Halterungen antiker Globen integriert ist. [[Atlas (Mythologie)|Atlas]] ist ein griechischer Riese, der das Himmelsgewölbe auf seinen Schultern trägt. |
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Weit verbreitet ist das Drehgestell, bei dem der Globus mittels einer Achse, die durch seine beiden Pole läuft, befestigt wird. Der Globus ist drehbar auf dieser Achse montiert. Diese auf einem Standsockel befestigte Drehachse ist meist um 23,5° gegenüber der Senkrechten geneigt, um die [[Bahnebene]] ([[Ekliptik]]) der [[Erde]] um die [[Sonne]] zu veranschaulichen. So lässt sich auch der Verlauf der [[Jahreszeit]]en und der Verlauf eines [[Tag]]es anschaulicher demonstrieren. Ältere Globen haben jedoch auch manchmal eine genau senkrecht stehende Drehachse. |
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Seltener sind Globen mit einer [[Kardanische Aufhängung|kardanischen Aufhängung]]. |
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Rollgloben haben eine lose auf einem Sockel liegende Globuskugel, die in zwei gekreuzten Quadranten ruht. Die Messskala am Quadranten erlaubt die Entfernungsmessung zwischen zwei beliebigen Punkten auf der Erde. Die Messskala ist oft mit mehreren Einheiten skaliert (Nautische Meilen, Stundenskala, Winkelskala). |
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Einige hochwertige moderne Globen haben einen „Datumsrechner“ am Stativ, um die Position der Erde und den Sonnenstand für jeden Tag des Jahres und für jede Tageszeit exakt einstellen zu können. |
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Globen mit einer Dreh-Schwenk-Halterung lassen sich in alle Richtungen drehen. Hierbei durchstößt die interne Drehachse des Globus nicht die beiden Pole, sondern sie wird durch einen seitlichen Schwenkarm gehalten, der den Globus im Äquatorbereich „durchsticht“. Damit der Schwenkarm den Globus am Äquator durchdringen kann, ist der Globus in eine Nord- und Südhalbkugel zerteilt. Dazwischen liegt ein mehrere Millimeter breiter Spalt, durch den der von der Seite kommende Schwenkarm zur internen Globusachse geführt wird. |
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''Stehaufgloben'' haben ein Gestell, das nach dem Prinzip des [[Stehaufmännchen]]s gestaltet ist. Durch den schweren, abgerundeten Standfuß richtet sich das Gestell mit dem Globus immer wieder auf, nachdem es nach unten gedrückt wurde. |
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=== Segmenttechnik === |
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[[Datei:Waldseemüller Globensegmente Cim107-2.jpg|mini|[[Zweieck]]e für den Erdglobus von [[Martin Waldseemüller]] (nach 1507)]] |
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Bis zur Einführung der Kunststoffgloben war das Handkaschieren von Globen das einzige Herstellungsverfahren. Bei dieser althergebrachten traditionellen handwerklichen Technik der Globenherstellung werden Globussegmente von Hand auf eine Kugel aufkaschiert (mit der Karte belegt) und mit Lack versiegelt. |
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Um Überlappungsfehler zu vermeiden, werden die nicht verzerrungsfreien Segmente möglichst schmal gewählt, die [[Kugelzweieck|sphärischen Zweiecke]] (die Globusstreifen; engl. ''gores '') decken meist 30° Längenunterschied ab. So wird der Globus gewöhnlich mit 12 mit Schnittstanzen ausgeschnittenen Zweiecken beklebt. Dabei wird darauf geachtet, dass die Schnittstellen der sich geringfügig überlappenden Globussegmente nicht auf den eingezeichneten Meridianlinien liegen, sondern dicht daneben. Bei sehr großen Globen werden diese Zweiecke nochmals am Äquator geteilt. An den Polen wird oft noch ein zusätzliches kreisrundes Kartenstück aufgeklebt (Polkappe; engl. ''polar calottes''), um so an dem Punkt, an dem die 12 Segmente zusammenlaufen, eventuelle unsaubere Überlappungen zu verbergen. |
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Die Karten der Globussegmente werden beispielsweise in der querachsigen abstandstreuen [[Azimutalprojektion]] gedruckt. |
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Früher wurden auf eine Holzkugel (die sich aber leicht im Laufe der Zeit verzog) in Handarbeit erstellte Kartensegmente aufgebracht und so zu einem Globus zusammengesetzt. |
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=== Tiefziehtechnik === |
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Heute werden Kunststoffgloben als Massenprodukt aus [[thermoplast]]ischen Kunststoffen hergestellt. Eine Kunststoffplatte wird mit einem verzerrten Kartenbild (Zerrdruck) bedruckt und in einer Pressmaschine durch Hitze in eine Halbkugel geformt, wobei das verzerrte Kartenbild in die unverzerrte Form gebracht wird. Der überstehende Rand der Platte wird weggeschnitten und die separaten Halbschalen für die Nord- und Südhalbkugel werden zur Globuskugel zusammengefügt. |
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Bei einem anderen Herstellungsverfahren wird eine Kunststofffolie mit der verzerrten Karte bedruckt, dann mittels [[Vakuum]] [[Tiefziehen|tiefgezogen]] und danach unter Druck mit [[Acryl]] hinterspritzt. Auch das Hinterfüttern der dünnen tiefgezogenen Folie mit Hartschaum wird angewendet. |
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Globen werden auch aus [[Polymethylmethacrylat|Acrylglas]] und selten aus Glas gefertigt. |
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Obwohl heute die Tiefziehtechnik bei der Globenherstellung das dominierende Verfahren ist, werden jedoch auch weiterhin die teureren handkaschierten Globen hergestellt. |
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=== Moderne Kartongloben === |
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Für die Herstellung moderner Globen aus Karton wird eine Folie, die mit dem Kartenbild der Nordhalbkugel bzw. der Südhalbkugel bedruckt ist, mit einer Schicht Karton verklebt und dann ausgestanzt. |
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Zusammen mit einer zweiten Lage ausgestanzten Kartons gleicher Form und mit einer Klebeschicht dazwischen wird alles zusammen in einer Presse unter zusätzlicher Hitzeeinwirkung zu einer hohlen Halbkugel gepresst. Die Ränder der Halbkugel sind um ca. ein bis zwei Zentimeter länger, als für den späteren Globus erforderlich. Dieser etwas zu lange Rand der Halbkugel wird genau entlang des Äquators abgeschnitten, da sich so die größte Genauigkeit erzielen lässt. Abschließend werden Nordhalbkugel und Südhalbkugel des Globus zusammengesetzt, wobei zur Verstärkung ein zusätzlicher ca. zwei Zentimeter breiter Kartonring im Globus entlang des Äquators eingeklebt ist. Dieser Ring gibt dem Globus noch eine zusätzliche Stabilität. Abschließend wird die schmale Stoßfuge zwischen den Halbkugeln entlang des Äquators mit einem schmalen Klebeband verklebt, das gleichzeitig mit einer Längeneinteilung versehen ist<ref>[https://www.youtube.com/watch?v=qgErv6M19yY&NR=1 Film über die moderne Globusherstellung] (engl., 4:40 Min; vom [[Chicago History Museum]])</ref>. |
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Globushaelfte 1.svg|Schablone für die Globushälfte – vor dem Pressen |
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Globushaelfte 3.svg|zwei Schablonen werden – um einige Grad gedreht – übereinandergelegt |
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=== Bedeutende Hersteller === |
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* [[Columbus (Verlag)|COLUMBUS Verlag Paul Oestergaard]] in Krauchenwies |
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* [[Ludwig-Julius Heymann]]<ref>[http://staatsbibliothek-berlin.de/?id=14838 Geographisch-artistische Anstalt Ludwig Julius Heymann (1883 - 1930)]</ref><ref>Die Globussegmente wurden von [[Henry Lange]] entworfen.</ref> |
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* [[Räthgloben 1917 Verlag]] in Leipzig |
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* [[Schropp Land & Karte|Simon Schropp & Comp.]] |
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* Ernst Schotte |
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* Dietrich Reimer<ref>[http://staatsbibliothek-berlin.de/%3Fid%3D14836 Dietrich Reimer Verlag (1852 - 1960)]</ref> |
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=== Kartuschen === |
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[[Datei:Cartouche 1.jpg|mini|350px|Kartusche – mit einer Widmung in der unteren Hälfte: „Erdglobus – durchgesehen und korrigiert nach den letzten Beobachtungen und den besten Karten – Gewidmet dem König – durch seinen sehr unterwürfigen und sehr gehorsamen Diener und sehr treuen Untertanen Desnos. Mit dem Privileg des Königs. – 1765“]] |
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So wie viele historische Karten haben besonders ältere Globen eine mehr oder weniger dekorativ gestaltete [[Kartusche (Kartografie)|Kartusche]], aus der der Titel und eventuell der Name des Autors, Verlages, der Maßstab und/oder das Herstellungsjahr hervorgeht. |
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Bei einer Widmungskartusche steht in der oberen oder unteren Hälfte wem dieser Globus [[Widmung|gewidmet]] ist (häufig einem König oder anderen Herrscher). Da dieser zur Zeit der Anfertigung des Globus noch nicht immer feststeht, wird diese Hälfte der Widmungskartusche oft vorerst frei gelassen. |
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== Verschiedene Globustypen == |
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Es gibt Globen der [[Sternbild]]er (Himmelsgloben), des [[Mond]]es und anderer [[Planet]]en. |
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Bei Erdgloben werden unter anderem physische Globen und thematische Globen unterschieden. Physische Globen sind wie geographische (topografische) Karten gestaltet. Auf einigen ist auch der Meeresboden als geografische Karte dargestellt. |
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Thematische Globen sind hauptsächlich die politischen Globen. Es gibt aber auch thematische Globen über die Geologie der Erde, Geotektonik, Klima, Wirtschaft oder Verkehr. |
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=== Manuskriptgloben === |
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Manuskriptgloben (von [[Manuskript]] oder Handschrift) waren handgezeichnete Globen, bei denen auch alle Beschriftungen und Eintragungen von Hand vorgenommen wurden. Es handelte sich nicht etwa um handschriftliche Druckvorlagen, die dann später durch Druck vervielfältigt werden sollten. Diese Manuskriptgloben waren Einzelstücke. Erst viel später folgte die Serienfertigung und dann die Massenproduktion der Globen. |
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Einige Globen wurden auf Stein-, Metall- oder [[Elfenbein]]kugeln gefertigt. Auf solchen massiven Globen ist das Kartenbild manchmal plastisch hervorgehoben. Sie können graviert oder bemalt sein. Meist wurde das Kartenbild jedoch aus Papierstreifen aufgeklebt. Auch massive Holzkugeln oder hohle Halbkugeln aus Holz wurden verwendet. |
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=== Schulgloben === |
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[[Datei:Hampton Institute - geography.jpg|mini|Arbeiten mit Schulgloben im Jahr 1899]] |
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Der Schulglobus wurde als Lehr- und Anschauungsmittel für den Schulunterricht eingesetzt, auch zur Erläuterung und Veranschaulichung geographischer Phänomene ([[Erdrotation]], [[Sonnenstand]], [[Wendekreis (Breitenkreis)|Wendekreis]], [[Polarnacht]], [[Corioliskraft]], [[Zeitzone]]n, [[Sonnenuhr]]en, [[Großkreis]]e und [[Terrestrische Navigation#Großkreisnavigation|Großkreisnavigation]] usw.). In Österreich wurden ab 1870 Globen als Lehrmittel an den allgemeinen Schulen eingesetzt. |
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Eine besondere Version ist der ''stumme Globus'', auf dem lediglich das Gradnetz der Erde, die Konturen der Kontinente, die größten Flüsse und alle Landesgrenzen eingezeichnet sind, aber keinerlei Beschriftung (Ländernamen, Städtenamen, geografische Bezeichnungen) oder geografische Information. Auf diese Globen, die ohne eigentlichen Karteninhalt sind, können zu Lehrzwecken verschiedene Sachverhalte, z. B. mit Kreide oder Filzstift, aufgezeichnet werden. Es gibt auch ''stumme Globen'', auf denen lediglich die Umrisse der [[Kontinent]]e (ohne Ländergrenzen) eingezeichnet sind. Auf anderen didaktischen Globen sind die Kontinente und die [[Ozean]]e farblich deutlich voneinander abgehoben, um das Verhältnis zwischen [[Weltmeer]]en und Landmassen zu veranschaulichen. Auch gibt es Schulgloben, auf denen lediglich die einzelnen Kontinente in verschiedenen Farben dargestellt sind. |
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Eine weitere Version des ''stummen Globus'' ist der ''Induktionsglobus'', der nur das Gradnetz der Kugel zeigt, so dass an ihm physikalisch mathematische Zusammenhänge gut erklärt werden können. Der Induktionsglobus wurde von Joseph August Brandegger in [[Ellwangen (Jagst)|Ellwangen]] erfunden und diente zur praktischen Einführung in den mathematisch-geographischen Unterricht. |
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Topaz, Utah. A globe is used by this pupil in the high first grade, to assist in his geography lesson. - NARA - 536993.jpg|Tischglobus im Geographieunterricht 1943 mit aufgetragener [[Analemma]] |
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Bundesarchiv Bild 183-12595-0005, Neuenhagen, Auszubildende im Wohnheim, Freizeit.jpg|Schüler am Schulglobus 1951 |
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Induktionsglobus.jpg|Induktionsglobus mit Gradnetz |
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"CQM L. J. Russell, USNR, teaching navigation to Charles W. Divers, QM2c, Royal H. Gooden, QM2c, Lewis F. Blanton, QM3c, - NARA - 520611.jpg|Induktionsglobus mit Gradnetz sowie [[Stumme Karte|Stummer Karte]] der Küstenlinien der Kontinente |
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<div style="clear:both;"></div> |
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=== Leuchtgloben === |
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Die Firma [[Räthgloben 1917 Verlag]] verkaufte 1921 die möglicherweise ersten Leuchtgloben, die auf einer Glaskugel gefertigt und von innen mit elektrischen [[Glühlampe]]n beleuchtet waren. Ab den 1950er Jahren wurden die Leuchtgloben dann als Duo-Globen angeboten, die auf der Innenseite eine weitere Karteninformation hatten, die beim Einschalten der Beleuchtung sichtbar wurde. Je nach Hersteller zeigt der Globus im unbeleuchteten Zustand das [[Politische Karte|politische]] oder [[physische Karte]]nbild und im beleuchteten Zustand das andere Kartenbild. Sie werden je nach Hersteller auch als ''Doppelbild-Leuchtglobus'', ''Zweibild-Leuchtglobus'' oder ''Doppelleucht-Globus'' bezeichnet |
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Duogloben gibt es auch in einer Ausführung mit Tag- und Nachtdarstellung. |
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Eine weitere Variante des Leuchtglobus ist der ''Wechselbildglobus'', bei dem in einem einzigen Globus Erdglobus und Himmelsglobus vereint sind. |
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=== Digitale Globen === |
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[[Datei:Interactive-Globus.jpg|mini|Interaktiver sphärischer Globus]] |
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Digitale Globen, auch als [[Virtual globe|virtuelle Globen]] bezeichnet, modellieren seit Ende des 20. Jahrhunderts die Erde dreidimensional. Im Gegensatz zum traditionellen analogen Globus haben digitale Globen ein nahtloses, verzerrungsfreies Kartenbild. Sie können eine wesentlich höhere Auflösung der Kartendarstellung erreichen als konventionelle reale Globen. Sie sind wesentlich aktueller, interaktiv und skalierbar. Beispiele für virtuelle Globen sind der [[NASA World Wind|World Wind Globus]] der NASA, [[Google Earth]], [[Marble (Computerprogramm)|Marble]] oder der 3D-Globus von [[National Geographic Society|National Geographic]]. |
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Worldwind.png|Digitaler Globus [[NASA World Wind]] |
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Marble screenshot.png|Virtueller Globus bei [[Marble (Computerprogramm)|Marble]] |
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=== Projektionsglobus === |
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Seit April 2007 gibt es im Swiss Science Center [[Swiss Science Center Technorama|Technorama]] in [[Winterthur]] den Mega-Globus „Orbitarium“. Auf den 1,5 m großen Globus werden hochauflösenden Videos mit Animationen projiziert, beispielsweise der Durchzug von Hurrikanen, Meeresströmungen, der Wechsel der Jahreszeiten, die Wanderung des magnetischen Pols oder der weltweite Luftverkehr. |
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=== Hypergloben === |
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Ein „Hyperglobus“ ist ein multimedialer Globus, der computerbasiert und mit dem Internet verknüpft ist und interaktiv vom Benutzer gestaltet werden kann. Dieser virtuelle Globus kann mit integrierten Texten, Bildern und Animationen, die auf die Bedürfnisse des Benutzers zugeschnitten sind, ausgestaltet sein. |
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=== Paläogloben === |
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[[Datei:Vom wachsenden Erdball.jpg|mini|Hilgenbergs Globen zur Erdexpansion]] |
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Es gibt sogenannte Paläo-Globen, bei denen unter Berücksichtigung der [[Expansionstheorie|Theorie der Erdexpansion]], die besagt, dass die Erde vor ein paar hundert Millionen Jahren nur halb so groß wie heute war, die Erde entsprechend dargestellt wird. [[Alfred Wegener]] folgerte aus der genauen Passung der Küstenlinien von Südamerika und Afrika, dass sie einst zusammen einen größeren Kontinent gebildet haben müssen. Er rekonstruierte einen Superkontinent namens Pangäa, der alle bekannten Erdteile umfasste und aus dem Weltmeer herausragte. Paläo-Globen und Computeranimationen zeigen, dass mit den heutigen Kontinenten eine viel kleinere Erdkugel fast vollständig geschlossen werden kann. Die ersten Paläo-Globen stammen von [[Christoph Hilgenberg]]. |
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=== Weitere Globusarten === |
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Reliefgloben zeigen ein stark überhöhtes Relief der großen Gebirge. Bei einer maßstabgerechten Abbildung des Gebirgsreliefs würde auf einem Globus mit 60 cm Durchmesser der [[Mount Everest]] beispielsweise nur eine Höhe von 0,5 mm haben. Da bei Reliefgloben die Beschriftung auf einer unebenen Fläche erfolgt, ist sie stellenweise schlechter lesbar. Meist zeigen Reliefgloben auch das Meeresrelief. Die Überhöhung kann auch für unterschiedliche Höhenbereiche unterschiedlich gewählt werden. Beispielsweise bis 1000 m NN eine 60fache Überhöhung und darüber lediglich eine 40fache Überhöhung, sowie eine 40fache Überhöhung beim Relief der Ozeane. Eine billigere Alternative zu Reliefgloben sind Globen mit glatter Oberfläche, bei denen die Gebirge lediglich mit Relief[[schummerung]] dargestellt sind. Für Sehbehinderte werden auch taktile Globen hergestellt. |
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Oft sind auf Globen auch die [[Meeresströmung]]en dargestellt, unterschieden nach kalten und warmen Meeresströmungen. Auch gibt es Globen bei denen, besonders am Meeresboden, zusätzlich noch die [[Plattentektonik|tektonischen Plattengrenzen]] eingezeichnet sind. |
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[[Datei:Taschenglobus.jpg|mini|Taschenglobus von [[Charles Price (Kartograf)|Charles Price]] 1716 hergestellt]] |
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Taschengloben (auch: Miniaturgloben oder Minigloben; engl.: Pocket globe; frz.: Globe de poche) haben einen Durchmesser von 5 bis 12 cm. Sie werden meist in einer Dose, Schachtel oder Kästchen geschützt transportiert und aufbewahrt. Taschengloben können auch aus edlen Hölzern, beispielsweise aus Mahagoni- oder Walnussholz, oder aus Elfenbein hergestellt sein. |
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Der Sackglobus ist eine Sonderform des Taschenglobus. Es handelt sich um einen aufklappbaren Taschenglobus, in dessen Inneren beispielsweise noch eine kleine, herausnehmbare [[Armillarsphäre]] verstaut ist. |
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Als Kosmoglobus bezeichnete Caspar Garthe 1827 einen aus zwei Glashalbkugeln hergestellten Himmelsglobus, in dessen Innern er eine hölzerne Erdkugel anbrachte<ref>Caspar Garthe: ''Beschreibung des Kosmoglobus, eines mathematisch-geographisch-astronomischen Instrumentes, welches die Erd- und Himmelskugeln, wie das Planetarium, Tellurium und Lunarium so in sich vereinigt, daß dadurch alle Erscheinungen des Weltganzen deutlich eingesehen werden können.'' Verlag Cotta, 1833</ref>. |
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[[Datei:Verkehrsglobus Überseemuseum Bremen 20091128 1.JPG|mini|Kartusche des Welt-Verkehrs-Globus im [[Überseemuseum]] Bremen]] |
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Weitere Globenarten sind Themengloben (beispielsweise Verkehrsgloben – mit eingezeichneten Strömen des weltweiten Schiffsverkehrs), Kindergloben (mit eingezeichneten typischen Tieren der Region), Globen aus Edelsteinen oder [[Perlmutt]], Designergloben, Mondgloben und der Anfang der 1990er Jahre erschienene "Globus von Mecklenburg" der Firma [[Räth]]-Globen (siehe auch [[Rudolf Tarnow]]), eine ironische Anspielung auf veraltete Verhältnisse in Mecklenburg. |
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Aufblasbare Globen sind besonders für sehr große Modelle der Erdkugel benutzt. Sie sind trotz ihrer enormen Größe noch leicht zu transportieren und passen im kollabierten Zustand noch durch normale Türen. Bei entsprechender Gasfüllung können sie auch als Fesselballon fliegen. Aufblasbare Globen sind manchmal auch so ausgeführt, dass die Wasserflächen transparent sind. |
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Klimagloben zeigen neben den Kontinenten auch ein starkes Wolkenbild auf der Erdkugel, ähnlich wie bei [[Satellitenfotografie|Satellitenaufnahmen]]. |
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Daneben gibt es auch ''Satellitenbildgloben'', bei denen das Kartenbild aus Satellitenaufnahmen besteht, jedoch ohne Darstellung von Wolken. |
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Ein „Cutaway-Globus“ zeigt den inneren Aufbau von Erdmantel, -kruste und -kern. Er lässt sich teilweise öffnen, um in das Erdinnere zu „sehen“. |
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Ein Verkehrsglobus zeigt die Warenströme und Reisrouten von Luft- und Schifffahrtswegen. |
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Gut ausgestattete neuere Globen haben Zusatzfunktionen, wie: |
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* Anzeige des [[Subsolarer Punkt|Subsolaren Punktes]] |
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* Tag- und Nachtdarstellung |
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* Darstellung der drei [[Dämmerung]]szonen: bürgerlich, nautisch, astronomisch |
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* Äquatorring |
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[[Datei:JostBurgi-MechanisedCelestialGlobe1594.jpg|mini|Mechanischer Himmelsglobus von [[Jost Bürgi]]]] |
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Dekorative Globen können zur Verzierung und als symbolisches Element an Gebäuden angebracht sein, als Schmuck in Repräsentationsräumen, in Bibliotheken oder Arbeitszimmern von Gelehrten stehen. Auch in Kombination mit [[Uhr]]en oder [[Buchstütze]]n werden gelegentlich Globen als dekoratives Element verwendet. |
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Auch werden ''Antike Globen'' ([[Faksimile]], Antikgloben-Replikate), ''Globen im antiken Stil'' oder ''Globen in Antikdesign'' in vereinfachter, billigerer Ausführung neu herausgegeben. Echte alte Globen werden über den [[Kunsthandel]] vertrieben. |
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Kartendarstellungen des Globus sind: |
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* [[Planiglobus]] (Mehrzahl: Planigloben) – das ist die Abbildung einer Halbkugel der Erde in einem Kreisnetz. |
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* [[Planisphäre]] – sie bildet die gesamte Oberfläche der Erdkugel in einer geschlossenen Form ab. |
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=== Sphärische Karten === |
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Als Alternative zu Globen gibt es sphärisch gekrümmte Karten (Globussegment). Diese sphärischen Karten, die gewissermaßen ein Mittelding zwischen Globus und normalen (ebenen) Karten darstellen, fanden jedoch keine weite Verbreitung. Digitale Globen haben heutzutage solche sphärischen Karten überflüssig gemacht. |
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Dabei dient eine konvexe (sphärisch gekrümmte) Oberfläche ([[Kugelkalotte]]) als Kartenträger. Faktisch unterscheiden sich diese Karten nicht von einem sehr großen Globus, der in einzelne handliche Stücke zerschnitten wurde. Genauso wie auf einem Globus ist die Darstellung auf einer sphärische Karte flächen-, winkel- und längengetreu. Sphärische Karten können rechteckig oder kreisrund ausgeschnitten sein. |
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Einerseits wird so das Problem der Projektionsverzerrung planarer Karten umgangen und andererseits kann man die sphärisch gekrümmten Kartenblätter (meist aus Kunststoff) noch irgendwie praktisch lagern und transportieren und es ist billiger als ein Globus. So werden keine großen sperrigen Globen benötigt, um Karten im größeren Maßstab verzerrungsfrei darzustellen. Die Maße von großen Globen werden schon dadurch für den Transport problematisch, dass sie durch keine normale Tür (ca. 1 m breit) mehr passen, notfalls werden große Globen zum Transport in zwei Halbkugeln zerlegt. |
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Beispielsweise wurden im ''Science Museum of Minnesota'' in [[Saint Paul (Minnesota)]] 1941 zu didaktischen Zwecken sphärische Karten angefertigt, im Rahmen einer Ausstellung mit der Fragestellung: „Kann Amerika bombardiert werden?“. Es wurden mehrere sphärische Karten zu einem „Atlas of spherical maps“ zusammengestellt, der 56 × 66 cm (22 × 25 inch) maß. Der Maßstab entsprach einem Globus von 3 m Durchmesser. An diesen sphärischen Karten konnte das Besucherpublikum Messungen der Reichweite von Bombern durchführen<ref>[http://books.google.co.uk/books?id=9-EDAAAAMBAJ&pg=PA50&lpg=PA50&dq=%22spherical+map%22+segments+globes&source=bl&ots=s_w9aT5nED&sig=R3tj1FaG6ctSO_t6HfWZpFYHr38&hl=en&ei=vb0eS8aIN9Gw4QaRjsHhCg&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=4&ved=0CBgQ6AEwAw#v=onepage&q=%22spherical%20map%22%20segments%20globes&f=false ''For a shrinking world.'' in: Popular Mechanics Magazin, Feb. 1946, S. 50–53]</ref>. |
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Die US-Army erprobte die Herstellung sphärischer Karten im Maßstab 1:1 Mill. („design and production of spherical map sections displaying a portion of the globe at a scale of 1:1,000,000“)<ref>Charles C. Lane: ''Development of spherical map sections and transparent conforming overlays.'' Engineer Research and Development Laboratories, Fort Belvoir, Va., März 1956, {{Webarchiv|text=contrails.iit.edu |url=http://contrails.iit.edu/DigitalCollection/abstracts/USGRRvol29no6.pdf |wayback=20100505021028 |archiv-bot=2018-04-12 14:24:17 InternetArchiveBot }} (PDF; 4,6 MB) Seite 317 unten rechts</ref>. |
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== Der Globus als wissenschaftliches Instrument == |
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[[Datei:Jan Vermeer - The Astronomer.JPG|mini|„Der Astronomen mit Himmelsglobus“ (von [[Jan Vermeer]])]] |
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Erd- und Himmelsgloben dienten in früheren Jahrhunderten auch als wissenschaftliches Instrument zur Darstellung des geografischen und astronomischen Weltbildes und als Kommunikationsinstrument zum Austausch von Informationen. Er war ein Arbeitsinstrument für Astronomen und Navigatoren. |
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[[Gerhard Mercator]] beschrieb beispielsweise 1554 in einem Brief an Kaiser [[Karl V. (HRR)|Karl V.]] wie die [[Deklination (Geographie)|Ortsmissweisung]] mit Hilfe eines Globus zu bestimmen sei („Invenire magnetis declinationem quodlibet loco per globum“ / „Wie man die Magnetische Abweichung an einem beliebigen Ort mit Hilfe des Globus findet“)<ref>[http://www.fwkruecken.de/DEUSU.HTM fwkruecken.de]</ref>. |
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Wenn der Globus über eine komplette Armierung als zusätzliche Messeinrichtung verfügte, also mit Horizontring, Meridianring, Mittagsring, Stundenring (er war am Nordpol des Globus angebracht und hatte meist einen separaten Stundenzeiger; seltener war der Stundenring am Äquator angebracht), Höhenquadrant und Kompass ausgerüstet war, dann konnte er als „Analogrechner“ für wissenschaftliche Berechnungen für geografische und astronomische Fragestellungen der [[Sphärische Geometrie|sphärischen Geometrie]] herangezogen werden, beispielsweise zur Berechnung der Großkreisdistanz (siehe auch: [[Mathematische Kartographie]] und [[Mathematische Geographie]]). Diese geometrischen Lösungen waren mit wesentlich weniger Zeitaufwand zu finden als die etwas exakteren mathematischen Lösungen. Am Erdglobus konnte schnell eine [[Orthodrome]] gemessen werden, ohne dass sie aufwendig berechnet werden musste. Insbesondere die Lösungen für zahlreiche astronomische Fragestellungen konnten bei ausreichend präziser Skalierung der Armierung mit ausreichender Genauigkeit, ohne zusätzliche Berechnung, direkt abgelesen werden. |
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Besonders nützlich für die Berechnungen war, wenn ein Himmelsglobus und ein Erdglobus mit demselben Durchmesser vorhanden war, weswegen sie in früheren Jahrhunderten oft als Globenpaar gefertigt wurden. Der Himmelsglobus musste vorher mittels des eingebauten Kompasses orientiert werden, damit seine Ausrichtung exakt mit seinem Aufstellungsort übereinstimmt. |
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Der Höhenquadrant war ein beweglicher Quadrant, ein dünner Metallstreifen, der sich am Meridian anschrauben ließ und in jede beliebige Richtung über die Globuskugel biegen ließ. Er umfasste 90° der Globuskugel. |
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== Ikonografische Bedeutung des Globus == |
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[[Datei:Hans Holbein the Younger - The Ambassadors - Google Art Project.jpg|mini|„Die Botschafter“ (Gemälde mit Globen, von [[Hans Holbein der Jüngere|Hans Holbein dem Jüngeren]]), der obere Globus ist ein gedruckter 27-cm-Himmelsglobus von [[Johannes Schöner]], der untere Globus ist ein Erdglobus (von Johannes Schöner oder [[Georg Hartmann (Mathematiker)|Georg Hartmann]])]] |
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In ihrer [[Ikonografie|ikonografischen]] Bedeutung gelten Erd- und Himmelgloben als Zeichen des [[Sieg]]es, der territorialen oder internationalen [[Macht]] und des Patriotismus, als [[Symbol]] des [[Wissen]]s, der Bildung und der [[Gelehrsamkeit]], der Weltkenntnis, der Universalität, universellen Hoffnungen und Bestrebungen. Besonders im religiösen Bereich versinnbildlichen Erdgloben das [[Diesseits|Irdische]] und Vergängliche, während Himmelsgloben das Universale und Immerwährende verkörpern. |
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Die Kugel am [[Reichsapfel]] stellt eine Weltkugel mit aufgesetztem Kreuz dar und geht historisch auf den Globus der Römer zurück, der die Weltherrschaft des [[Römisches Reich|Römischen Reichs]] symbolisierte. |
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Die moderne symbolische Benutzung von Erdgloben beschränkt sich heute weitgehend auf [[Unternehmenslogo|Firmenlogos]] (internationale Unternehmen, Transportunternehmen, Dolmetscherdienste, Reisebüros usw.), Logos von [[Internationale Organisation (Völkerrecht)|internationalen Organisationen]], Eröffnungssequenzen ([[Intro]]) von Nachrichtensendungen, Militäremblemen verschiedener Einheiten und [[Icon (Computer)|Icons]]. Dabei handelt es sich streng genommen jedoch meist nicht um die Darstellung eines Globus im herkömmlichen Sinn, sondern eher um die symbolische Darstellung der Erdkugel. Auch in einigen Staatswappen (Sowjetunion, Brasilien) wie auch als [[Kühlerfigur]] am [[Ford G13|Ford Taunus 12M]] ist die Darstellung der Erdkugel zu finden. |
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Datei:Domenico-Fetti Archimedes 1620.jpg|[[Archimedes]] (mit Globus) |
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Datei:Dou, Gerard - Astronomer by Candlelight - c. 1665.jpg|„Astronom bei Kerzenlicht“ |
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Datei:Bittorrent.png|Icon mit Globus |
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Datei:Wikipedia-logo-v2-de.png|Logo der [[Wikipedia]] (mit Globus) |
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Datei:Wien - Schatzkammer - Orb.png|[[Reichsapfel]] |
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Datei:UN emblem blue.svg|Logo der [[Vereinte Nationen|UNO]] |
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Datei:State Emblem of the Soviet Union.svg|[[Staatswappen der Sowjetunion]] mit der Erdkugel |
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Datei:Brazilimperialblason.svg|[[Kaiserreich Brasilien]] |
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Datei:Air Force Office of Special Investigations.png|Logo des [[United States Air Force Office of Special Investigations|U.S. Air Force Office of Special Investigations]] |
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Datei:Nfg.gif|Logo der [[Naturforschende Gesellschaft zu Emden|Naturforschenden Gesellschaft zu Emden]] von 1814. |
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Datei:Remarquable Curiosa Logo.jpg|Globus als Logo auf den Titelseiten der Zeitschrift [[Remarquable Curiosa]] von 1715 bis 1727. |
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Datei:Ford Taunus Weltkugel.JPG|Weltkugel als Kühlerfigur am [[Ford G13|Ford Taunus 12M/15M]] |
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== Sammlungen, Museen und Organisationen == |
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[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-1989-1019-007, Leipzig, Geographischen Zentralbibliothek, Globensammlung.jpg|mini|Globensammlung der [[Geographische Zentralbibliothek|Geographischen Zentralbibliothek]] in Leipzig]] |
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Wegen ihres historischen, kulturellen, ästhetischen, materiellen und wissenschaftlichen Wertes wurden und werden Globen von Liebhabern [[Sammeln|gesammelt]]. Historische Globen zeugen von vergangenem Weltverständnis und spiegeln den Stand des kartographischen Wissens ihrer Zeit wider und sind somit Geschichtsdokumente. Sie sind geografische Zeitzeugen vergangener Jahrhunderte, sie vermitteln das geografische Weltbild ihres jeweiligen Zeitalters. Auf den Erdgloben lässt sich die Geschichte der geografischen Entdeckungen nachvollziehen. Globensammlungen finden sich in Museen, Bibliotheken (Kartenabteilungen), Archiven, aber auch bei Privatsammlern. Ihnen geht es beim Sammeln von Globen vor allem um die Entwicklung der Kartografie. |
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In der österreichischen Nationalbibliothek in Wien gibt es seit dem 14. April 1956 ein [[Globenmuseum]]. Seit Dezember 2005 wird ein Teil der Sammlung im Palais Mollard ausgestellt. Die Sammlung besteht aus insgesamt über 700 Globen und globenverwandten Objekten. Damit ist die Sammlung die größte der Welt. Zusätzlich werden auch Objekte von insgesamt vier Privatsammlern präsentiert, die einen Teil ihrer Sammlung dem Globenmuseum zur Verfügung stellen. Unter den Objekten befindet sich auch ein Globus von Gemma Frisius, der auch der älteste in Österreich befindliche Globus ist.<ref> {{Webarchiv|text=Globensammlung der österreichischen Nationalbibliothek |url=http://www.onb.ac.at/sammlungen/globen/index.htm |wayback=20030804110421 |archiv-bot=2018-04-12 14:24:17 InternetArchiveBot }}</ref> |
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Das [[National Maritime Museum]] in [[Greenwich (London)|Greenwich]], [[London]], beherbergt unter anderem auch eine Globensammlung mit 240 Globen und 160 Globensegmenten. Der älteste Globus stammt aus dem Jahre 1537. Der kleinste Globus hat einen Durchmesser von 7 cm (Taschenglobus), der größte Globus einen Durchmesser von 1 m (Bibliotheksglobus von Coronelli). Zu sehen sind auch islamische Himmelgloben, einige Manuskriptgloben und sehr viele Globen der Globusmacher Gemma Frisius, Jodocus Hondius und Gerhard Mercator. |
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Die [[Royal Geographical Society]] in London hat eine Sammlung alter Karten und Globen (''map and globe collection''). |
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Die Sterling Memorial Library Map Collection der [[Yale University]] beherbergt 30 Globen in der ''Lanman Globe Collection''<ref>[http://www.library.yale.edu/MapColl/oldsite/map/globes.html The Lanman Globe Collection]</ref>. |
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Die Globensammlung der Kartenabteilung der [[Staatsbibliothek zu Berlin]] umfasst Globen aus dem deutschsprachigen Raum des Zeitraums von 1801 bis 1912. Schon ab 1661 befanden sich vier Globen im Bibliothekssaal der „Kurfürstlichen Bibliothek“ (später<!-- 18.Jh.gebaut --> [[Alte Bibliothek (Berlin)|Alte Bibliothek]]). |
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Die Globensammlung des [[Mathematisch-Physikalischer Salon|Mathematisch-Physikalischen Salons]] in [[Dresden]] umfasst 61 Globen aus 6 Jahrhunderten. |
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In der [[Schatzkammer der Stadtbibliothek Trier]] sind unter anderem Coronelli-Globen ausgestellt. |
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Die Globensammlung der [[Sternwarte Kremsmünster]] in [[Oberösterreich]] umfasst 49 Globen<ref>[http://www.klosterbibliotheken.at/globen/kremsmuenster.html Globenbestand Kremsmünster]</ref>. |
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1952 wurde in Wien die [[Internationale Coronelli-Gesellschaft für Globenkunde]] gegründet, die nach [[Vincenzo Coronelli]], dem berühmtesten Globenbauer, benannt ist. Sie widmet sich der [[Globenkunde]], der historischen Erforschung der Globen. Die Coronelli-Gesellschaft für Globenkunde gibt die Zeitschrift ''„Der Globusfreund: Wissenschaftliche Zeitschrift für Globographie und Instrumentenkunde“'' heraus, die sich mit der Globen- und Instrumentenkunde beschäftigt. |
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== Literatur == |
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* Christoph Sachße, [[Florian Tennstedt]]: ''Bettler, Gauner und Proleten. Armut und Armenfürsorge in der deutschen Geschichte. Ein Bild-Lesebuch''. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1983, ISBN 3-499-17777-3. |
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* Peter E. Allmayer- Beck, ''Modelle der Welt: Erd- und Himmels-globen. Kulturerbe aus österreichischen Sammlungen.'', ISBN 3-85447-733-3 |
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* Alois Fauser: ''Kulturgeschichte des Globus'', Schuler Verlagsgesellschaft 1967, Auflage: Vollmer Verlag, München 1973 |
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* Felix Lühning, ''Gottorf im Glanz des Barock IV, Der Gottorfer Globus…'', Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum, Schloss Gottorf, 1997 |
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* Andreas Riedl, ''Virtuelle Globen in der Geovisualisierung'', = Wiener Schriften zur Geographie und Kartographie, Band 13, Wien, 2000, ISBN 3-900830-41-X |
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* Ernst Schlee, ''Der Gottorfer Globus Herzog Friedrichs III.'', Boyens & Co. 1991, ISBN 3-8042-0524-0 |
|||
* Jürgen Schweikart, Jonas Pieper, Bennet Schulte, ''Virtuelle Globen: Entwicklungsgeschichte und Perspektiven'', Kartographische Nachrichten 03/2009, 59. Jahrgang, Kirschbaum Verlag, Bonn, {{ISSN|0022-9164}} |
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* Jan Mokre (Autor), Peter Allmayer Beck (Hrsg.): ''Rund um den Globus: Über Erd- und Himmelgloben und ihre Darstellungen.'' Verlag Bibliophile Edition, 2008, ISBN 978-3-9502052-3-7 |
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* Daniel Fenning: ''A new and easy guide to the use of the globes'', printed for S. Crowder (London), 1779 |
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* Peter van der Krogt: ''Globi Neerlandici. The production of globes in the Low Countries.'' HES Publishers, Utrecht, 1993, ISBN 978-90-6194-138-5 |
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* Elly Decker, Peter van der Krogt: ''Globes from the Western world.'' Zwemmer, London, 1993, ISBN 0-302-00618-4 |
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* National Maritime Museum: ''An inventory of the navigation and astronomy collections in the National Maritime Museum.'' 1970 Greenwich |
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* Oswald Muris, Gert Saarmann: ''Der Globus im Wandel der Zeiten.'' Berlin 1961, Columbus Verlag |
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* Wolfram Dolz, Esther Wipfler: ''[http://www.rdklabor.de/w/?oldid=95476 Globus]''. In: [[Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte|RDK]] Labor (2015). |
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* [[Wolfram Fischer]]: ''Armut in der Geschichte. Erscheinungsformen und Lösungsversuche der „Sozialen Frage“ in Europa seit dem Mittelalter''. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1982, ISBN 3-525-33465-6 (= ''Kleine Vandenhoeck-Reihe.'' 1476). |
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== Weblinks == |
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{{Commons|Globe|Globus}} |
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{{Wiktionary}} |
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* Frances Fox Piven, Richard A. Cloward: ''Regulating the Poor, the Functions of Public Welfare'', Aktualisierte Neuauflage: Vintage Books, 1993, ISBN 0-679-74516-5. |
|||
* [https://www.onb.ac.at/de/museen/globenmuseum/ Globenmuseum der Österreichischen Nationalbibliothek] |
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**''Regulierung der Armut: die Politik der öffentlichen Wohlfahrt'', Suhrkamp, Frankfurt am Main 1987, ISBN 3-518-10872-7 (Analyse der Verwaltung der Armut in den USA). |
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* [http://www.coronelli.org/gesellschaft/gesellschaft.html Die Internationale Coronelli-Gesellschaft für Globenkunde] ([[Internationale Coronelli-Gesellschaft für Globenkunde]]) |
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* [http://benneten.de/2009-04-21-virtuelle_globen/referat_virtuelle_globen_benneten.de.html Virtuelle Globen – Entwicklungsgeschichte und Perspektiven (Screenshots virtueller Globen).] |
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* [http://www.davidrumsey.com/luna/servlet/view/search?q=Pub_Type%3D%22Globe%22+OR+%22Globe+gores%22+LIMIT%3ARUMSEY~8~1%2C&sort=Pub_Date,Pub_List_No_InitialSort Bildergalerie von Globen in der David Rumsey Map Collection] |
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* {{Webarchiv | url=http://www.astro-mainz.de/mzimall/mzglobus.html | wayback=20051023065909 | text=Der Mainzer Himmelsglobus}} |
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* [http://www.henry-davis.com/MAPS/Ren/Ren1/311.html Martin Waldseemueller Globus 1507 mit Amerika] |
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* [http://www.monumente-online.de/08/05/sonderthema/10_Globen.php Eine kleine Kulturgeschichte der Globen] bei [http://www.monumente-online.de/ Monumente Online] |
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* {{Youtube|4RWcWSN4HhI|Globus-Herstellung (1955)}} |
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== Einzelnachweise == |
== Einzelnachweise == |
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[[Kategorie:Sozialgeschichte]] |
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[[Kategorie:Armut]] |
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Version vom 23. April 2019, 09:22 Uhr
Materielle Armut war je nach Zeit und Gesellschaftsform unterschiedlich geprägt. Das Verständnis der Armut und der Umgang mit dieser wird im Folgenden in vier Zeitepochen betrachztet werden:
- Die jungsteinzeitlichen stimmt nicht 😂 archaischen Gemeinschaften und die Gabe
- Die klassische Antike und die öffentlichen Leistungen
- Das Mittelalter und das Almosen,
- Der Industriekapitalismus und die Hilfe durch Organisationen.
Von der Jungsteinzeit bis zu den archaischen Gemeinschaften
Die Menschen der Urgesellschaft waren ständig mit Mangel konfrontiert, da sie existentiell von der Natur und ihren Früchten abhängig waren.
Es war wichtig in kleinen Gruppen zusammen zu leben, da die gegenseitige Hilfe zum Überleben unbedingt notwendig war. Hilfeleistungen waren also ‚selbstverständlich‘ und durch die kommunikative soziale Kontrolle innerhalb der Gruppe sichergestellt. War einer Gruppe gar keine Vorratsbildung möglich (Nahrungsmittel, Brennstoff u. a. m.), so lässt sie sich als „arm“ bezeichnen.
Demnach war eine „Gabe“ (nach Marcel Mauss) eine Form des Austausches unter Personen (sozialen Akteuren) und verpflichtete den Beschenkten. Individuelle Interessen standen hinter dem Wohl und der Verantwortung der Gemeinschaft zurück. Gelegentliche reiche Erträge (Jagdbeute, Herdenzuwachs, gute Ernten) wurden innerhalb der Gruppe verteilt, jedoch eher nicht egalitär.
Klassische Antike
Im Altertum wurde die Armut zumal im Sinn der absoluten Armut oft ganzen Gesellschaften attestiert und konnte Wanderungen oder Räuberwesen erklären.
Im Einzelfall waren Bettler auf die Almosen Reicherer angewiesen. Viele Sklaven waren desgleichen arm, jedenfalls dann, wenn sie selber armen Sklavenhaltern gehörten. Eine öffentliche Armenfürsorge existierte nicht.
Sehr wohl wurden aber Arme in religiöse Feste, vor allem von lokalen Gottheiten, einbezogen und nahmen an öffentlichen Vergnügungen und Speisungen teil. Aus den Gottesdiensten hat sich auch das griechische Theater entwickelt, das auch Armen zugänglich war. In vielen antiken Republiken (z. B. Athen, Syrakus, Rom) hatten arme Stadtbürger Bürgerrechte und nahmen – in der Spätzeit gelegentlich dafür besoldet – an Volksversammlungen und -gerichten teil.[1]
Im antiken Rom der Kaiserzeit waren sehr viele Staatsbürger (proletarii) arm und hatten nichts außer ihren Kindern (proles), behielten aber nominell als „Quiriten“ und faktisch als revoltefähige Masse politisches Gewicht. Kaiser konnten sie für sich gewinnen, wenn sie ihrem Verlangen nach „Brot und Zirkusspielen“ (panem et circenses) nachkamen.
Mittelalter
Im mittelalterlichen Feudalismus waren die Menschen selbstverständlich ungleich, in Europa galt die ständische Ordnung. Die Gesellschaft wurde hierarchisch gegliedert im Lehnswesen. Im Mittelalter galt die Person als arm, welche ihre Existenz nicht sichern konnte und weder über Schutz noch Macht verfügte. Die Armut wurde im Verhältnis zur Abhängigkeit gesehen. Hilfe für die Armen wurde anfangs durch die Familie übernommen, später in den Städten durch Zünfte, religiöse Bruderschaften und dergleichen. Durch die Mitgliedschaft wurde eine Unterstützung gewährleistet.
Ein Almosen an Arme wurde erbettelt und war nicht mehr ein wechselseitiges Geben und Nehmen auf gleicher Augenhöhe. Die Kirchen leisteten die größte Hilfe, motiviert durch ihren Auftrag der Nächstenliebe. Das Almosen wurde von den Besitzenden auch als Mittel zur Buße für Sünden gesehen. Durch die Armen konnten sich die Reichen ihr Seelenheil gewissermaßen erkaufen. Somit war in gewisser Weise doch eine Interdependenz vorhanden, jedoch ohne jegliche Gegenleistung. Des Weiteren war das Almosen religiös und freiwillig motiviert. Allerdings wurden die Armen so lediglich als Objekte gesehen, welche keinerlei Beziehungen zueinander hatten. Die Ständeordnung wurde als gottgegeben betrachtet. Somit war die Folge der Ausbeutung kein soziales Problem für die Menschen. Neu war in der Lebenslage Armut nun, dass sie nicht mehr reversibel war. Die Armen waren allerdings ein selbstverständlicher Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens. Vier Armutsgruppen können unterschieden werden:
- Die freiwilligen Armen, die anerkannt waren und in religiösen Vereinigungen lebten
- die ständischen Armen, die ihre Existenzgrundlage durch Unfälle, Tod des Ernährers, Krankheiten, Katastrophen verloren hatten, aber als ehrbare Menschen galten
- die abhängig Dienenden (das Gesinde in Land und Stadt), die keinen Besitz und kein Eigentum hatten und auf Lohnarbeit angewiesen waren
- Die Standlosen von Geburt, die keine Standeszugehörigkeit hatten (z. B. Bettler, Fahrendes Volk, Räuber)
Industriekapitalismus (Anfang 19. Jahrhundert)
Die Situation für die Armen änderte sich rasch mit dem Aufkommen des Industriekapitalismus. Bevölkerungsentwicklung und Produktionsentfaltung gingen immer weiter auseinander, was Massenelend zur Folge hatte; die „soziale Frage“ stellte sich. Die aus dem Mittelalter überkommenen Hilfeleistungen, vor allem durch die Kirchen und das Almosen, reichten nun nicht mehr aus, diesem neuen Phänomen entgegenzuwirken. Nachbarschaftliche Hilfe konnte nur gewährt werden, solange die Not noch überschaubar war. Neue gesellschaftliche Gruppen bündelten politische und wirtschaftliche Macht. Durch einen noch höheren Ausbeutungsdruck auf die Bauern ("Bauernlegen") begann eine Massenflucht in die Städte. Die Situation in den Städten war für diese Personenschicht allerdings alles andere als vorteilhaft. Neben dem Geld wurde nun auch die Arbeit als neuer Wertmaßstab gesetzt, da die Kapitalbesitzenden auf die Arbeitskraft der kapitalarmen Personen angewiesen waren. Es entstanden immer weitere Unterschiede in ökonomischer und rechtlicher Weise. Breite Bevölkerungsteile wurden an den Rand gestellt, wodurch auch die Beziehungen der Menschen untereinander immer anonymer wurden. So entstand eine Armut in noch unbekanntem Maße.[2] Vor allem Frauen waren von Armut betroffen, soweit sie nicht erwerbstätig waren bzw. sein durften. Zu Beginn des 19. Jh. wurden Arme als Parasiten (Schmarotzer) gesehen und die Armut als eine Geißel der Gesellschaft.[3] Armut wurde als Nicht-Arbeit gesehen, weswegen die Armen als arbeitsunwillige, arbeitsscheue Müßiggänger eingeordnet wurden. Die Armut wurde demnach verurteilt und als selbst verschuldet hingestellt. Kennzeichnend für sie sei eine unmoralische Haltung und ein unsittliches, faules Handeln. Somit schwand auch die Verantwortung für die Armen bei den Reichen, da der Zusammenhang von Barmherzigkeit, Armut und Seelenheil zu schwinden begann, was auch durch eine zunehmende Säkularisierung bedingt war. Das Almosen wurde dadurch entwertet.
Somit wuchs auch die Anonymität, weil die Bevölkerung nichts mehr mit den Armen zu tun hatte und Vorurteile gegenüber den Armen entstanden. Das neue Mittel gegen die Armut war Arbeit. Die „Erziehung zur Arbeit“ wurde zu einer Kulturmission im Kaiserreich, um Landstreicher, Bettler und Randgruppen zu disziplinieren. Diese Entwicklung fand in vier Stufen statt:
- Kommunalisierung. Die Armenfürsorge übernahm nun der städtische Rat und die Almosenvergabe unterlag strengen Reglementierungen.
- Rationalisierung. In diesem Schritt wurden Kriterien festgelegt, nach welchen die Armen Unterstützung erhielten. Die Vergabe sollte fortan objektiv bemessen werden.
- Bürokratisierung. Es entstanden Institutionen, welche die Überprüfung der Bedürftigkeit übernahmen. In diesen Institutionen arbeiteten immer mehr hauptberufliche Sozialarbeiter. Das Armutsproblem wurde verwaltet.
- Pädagogisierung. Aus der Sicht der Arbeitenden hatten die Armen ein Defizit, das der Arbeit. Folglich mussten die Armen hin zur Arbeit erzogen werden. Die Armen wurden zum besserungswürdigen Erziehungsobjekt. Hierfür dienten Arbeitshäuser.[4] Nun befand sich die Bekämpfung und der Umgang mit Armut ganz auf der Seite des Staates, was zur Folge hatte, dass sich die Bevölkerung aus der Verantwortung, der Selbstverpflichtung zur Hilfe und Solidarität entzog. Die Schuldfrage nach der Armut wurde zur Angelegenheit des Armen selbst. Die Hierarchisierung und Distanzierung zwischen Arm und Reich wurde immer stärker, und aus der christlich motivierten Hilfe wurde ein nüchterner Verwaltungsakt.
Die Armut wurde im 19. Jahrhundert auch zu einem Thema in der belletristischen Literatur, etwa beim Schweizer Dichterpfarrer Jonas Breitenstein, der in seinen Werken sowohl die traditionelle ländliche Armut als auch die Armut infolge der Industrialisierung mannigfach thematisierte.
Armut in der Bundesrepublik Deutschland seit 1950
In der Bundesrepublik herrschten in den späten 1940er-Jahren Hunger und Not durch den verlorenen Krieg. In den Städten herrschte große Wohnungsnot. Eine soziologische Studie von Hilde Thurnwald stellte fest, dass jede fünfte Berliner Familie nur einen einzigen Raum zum Wohnen hatte. Rund sieben Millionen Menschen waren obdachlos. Es mangelte an Gegenständen des täglichen Bedarfs, an Heizmittel und an Kleidung. Mütter mussten ihre Kinder im Winter zur Schule tragen, da diese keine Schuhe hatten.[5] Wie aus diesen Ausführungen hervorgeht, herrschte anfangs eine große Armut der gesamten Bevölkerung. Doch schon bald gab es eine Wende von der „Armut des Volkes“ zur „Armut des Einzelnen“. 1949 wurde das Soforthilfegesetz verabschiedet, 1952 wurde es durch das Lastenausgleichsgesetz abgelöst. Bereits 1953 ging es in der Sozialhilfedebatte um die unzureichende Versorgung der Sozialhilfeempfänger. Auch die Rentenreform 1957 sollte Armut bekämpfen.[6] 1962 trat das Bundessozialhilfegesetz (BSHG) in Kraft, das eine Mindestsicherung des soziokulturellen Lebensstandards sicherstellte. Durch das Wirtschaftswunder wurde die kollektive Armut des ganzen Volkes besiegt. 1970 wurden Novellen des BSHG vorgenommen. Armut wurde als Notlage von sozialen Randgruppen gesehen.[6]
In der zweiten Hälfte der 1970er Jahre jedoch wurden Anzeichen für eine Krise des Sozialstaates sichtbar. Man sprach von der „neuen sozialen Frage“. Diese wurde zunehmend politisch thematisiert.[7]
In den 1980er-Jahren nahm die Arbeitslosigkeit zu und „die neue Armut“ der Arbeitslosen wurde nun soziologisch erforscht und öffentlich diskutiert. Die „Armutsklientel“ änderte sich. So waren nun nicht mehr nur vereinzelte Arbeitslose von Armut betroffen, sondern ganze Familien. Der Anteil der Kinder an der Armutspopulation wuchs. Auch der Anteil der Alleinerziehenden unter den Armen nahm zu.[7] Man sprach von der „Zwei-Drittel-Gesellschaft“ (Glotz), der „Drei-Viertel-Gesellschaft“ (Leibfried/Tennstedt) oder auch der „Vier-Fünftel-Gesellschaft“ (Hauser/Becker). Die Situation hat sich bis in die Gegenwart kaum geändert. Hinzugekommen sind noch strukturelle Probleme durch die deutsche Einheit, sozialpolitische Kürzungen und die Folgen der langanhaltenden Massenarbeitslosigkeit. So kam es sogar noch zu einer Vergrößerung der Anzahl der Armen.[8] Teilweise wird behauptet, dass zwar der Wohlstand zunimmt, aber auch die soziale Ungleichheit zunimmt und die Anzahl der Armen wächst. Familien mit minderjährigen Kindern sind bei den Armen überrepräsentiert.[8] Umstritten sind auch die derzeit üblichen Armutsdefinitionen. Mit der Definition von Armut unterhalb eines gewissen Prozentsatzes vom Durchschnitts- oder Medianeinkommen verändert sich die Armutsquote nicht, wenn der Wohlstand der gesamten Bevölkerung stark aber gleichmäßig steigt.
Armut in der DDR seit 1950
In der DDR existierte Armut offiziell nicht. 1961 wurde noch beschlossen „sozial gefährdete“ zu unterstützen. In den 1970er Jahren wurden diese jedoch als „kriminell gefährdete“ oder als „arbeitsscheues Gesindel“ diskriminiert. Nach §249 des Strafgesetzbuches der DDR war eine „arbeitsscheue Lebensweise“ strafbar und man konnte mit dem Gesetz in Konflikt kommen, wenn man nicht arbeitete. Von 1961 bis 1984 sank die Fürsorgequote von 9,2 % auf 0,7 %. Minderjährige Kinder waren in der DDR seltener Fürsorgeempfänger als Erwachsene. Die sehr niedrigen Fürsorgequoten sind darauf zurückzuführen, dass ein Großteil der Sozialleistungen vom Staat und nicht den Betrieben geleistet wurde. Zum anderen tat die Kriminalisierung der Armut ihr Übriges. Obwohl es Armut in der DDR offiziell nicht gab und es auch einen garantierten Mindestbruttolohn gab, sahen sich Rentner und Personen mit geringem Einkommen oft gezwungen, einen Nebenjob zu suchen, wollten sie nicht unter das Existenzminimum geraten. Im Jahr 1970 waren 65 % der Rentner arm (Basis: äquivalenzgewichtetes Haushaltseinkommen). In den 1980er Jahren lebten 45 % der Rentner in Einkommensarmut.[9]
Armut/Reichtum in den Weltreligionen
Welchen Stellenwert Armut bzw. Reichtum im Buddhismus, Hinduismus, Islam, Judentum, Katholizismus und Protestantismus innehat, wird in dem Handbuch zur Ethik der Weltreligionen ausgeführt.[10]
Siehe auch
- Sozialdisziplinierung, Soziale Kontrolle, Soziale Arbeit
- Geschichte der Kinderarmut in Industrieländern
Literatur
- Andreas Gestrich (Hrsg.): Being poor in modern Europe. Historical perspectives 1800–1940. Lang, Oxford u. a. 2006, ISBN 978-3-03910-256-3 (Aufsatzband)
- Michael Klöcker, Udo Tworuschka (Hrsg.): Ethik der Weltreligionen. Ein Handbuch, Darmstadt 2005, ISBN 3-534-17253-1 (Armut/Reichtum: Frank Usarski: Buddhismus, S. 32–33; Lidia Guzy: Hinduismus, S. 33–35; Klaus Hock: Islam, S. 35–37; Heinz-Jürgen Loth: Judentum, S. 37–39; Josef Senft: Katholizismus, S. 39–42; Stephan Schleissing: Protestantismus, S. 42–45).
- Christoph Kühberger, Clemens Sedmak: Aktuelle Tendenzen der historischen Armutsforschung. Lit, Wien 2005, ISBN 3-8258-7713-2 (= Geschichte: Forschung und Wissenschaft. Band 10).
- Martin Rheinheimer: Arme, Bettler und Vaganten. Überleben in der Not 1450-1850. Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 2000, ISBN 3-596-60131-2
- Bronislaw Geremek: Geschichte der Armut. Elend und Barmherzigkeit in Europa. dtv, München 1991, ISBN 3-423-04558-2.
- Christoph Sachße, Florian Tennstedt: Bettler, Gauner und Proleten. Armut und Armenfürsorge in der deutschen Geschichte. Ein Bild-Lesebuch. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1983, ISBN 3-499-17777-3.
- Wolfram Fischer: Armut in der Geschichte. Erscheinungsformen und Lösungsversuche der „Sozialen Frage“ in Europa seit dem Mittelalter. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1982, ISBN 3-525-33465-6 (= Kleine Vandenhoeck-Reihe. 1476).
- Frances Fox Piven, Richard A. Cloward: Regulating the Poor, the Functions of Public Welfare, Aktualisierte Neuauflage: Vintage Books, 1993, ISBN 0-679-74516-5.
- Regulierung der Armut: die Politik der öffentlichen Wohlfahrt, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1987, ISBN 3-518-10872-7 (Analyse der Verwaltung der Armut in den USA).
Einzelnachweise
- ↑ Vgl. hierzu Thukydides und Xenophon zumal zu Athen, Polybios über das republikanische Rom.
- ↑ Vgl. Pauperismus
- ↑ Vgl. hier insbesondere Max Weber, Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus.
- ↑ Vgl. Wolfgang Ayaß: Das Arbeitshaus Breitenau. Bettler, Landstreicher, Prostituierte, Zuhälter und Fürsorgeempfänger in der Korrektions- und Landarmenanstalt Breitenau (1874–1949)., Kassel 1992.
- ↑ Lauterbach, Wolfgang Armut in Deutschland - mögliche Folgen für Familien und Kinder. Universität Oldenburg, Oldenburger Universitätsreden: ISBN 3-8142-1143-X, S. 14
- ↑ a b Lauterbach, Wolfgang Armut in Deutschland - mögliche Folgen für Familien und Kinder. Universität Oldenburg, Oldenburger Universitätsreden: ISBN 3-8142-1143-X, S. 15
- ↑ a b Lauterbach, Wolfgang Armut in Deutschland - mögliche Folgen für Familien und Kinder. Universität Oldenburg, Oldenburger Universitätsreden: ISBN 3-8142-1143-X, S. 15, 16
- ↑ a b Lauterbach, Wolfgang Armut in Deutschland - mögliche Folgen für Familien und Kinder. Universität Oldenburg, Oldenburger Universitätsreden: ISBN 3-8142-1143-X, S. 16, 17
- ↑ Lauterbach, Wolfgang Armut in Deutschland – mögliche Folgen für Familien und Kinder. Universität Oldenburg, Oldenburger Universitätsreden: ISBN 3-8142-1143-X, S. 18
- ↑ Michael Klöcker/Udo Tworuschka (Hrsg.): Ethik der Weltreligionen. Ein Handbuch, Darmstadt 2005, ISBN 3-534-17253-1, Armut/Reichtum, S. 32–45.