Wilhelm von Freeden und Gelatine: Unterschied zwischen den Seiten
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[[Datei:Gelatine.png|mini|hochkant=1.4|Gelatineplatten zum Kochen und Backen]] |
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'''Gelatine''' ist ein Stoffgemisch aus geschmacksneutralen tierischen [[Protein]]en. Hauptbestandteil ist [[Denaturierung (Biochemie)|denaturiertes]] bzw. [[Hydrolyse|hydrolysiertes]] [[Kollagen]], das aus dem [[Bindegewebe]] verschiedener Tierarten, vor allem Schweinen und Rindern, produziert wird. |
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'''Wilhelm Ihno Adolph von Freeden ''' (* [[12. Mai]] [[1822]] in [[Norden (Ostfriesland)|Norden]]; † [[11. Januar]] [[1894]] in [[Bonn]]) war ein deutscher [[Mathematiker]], [[Naturwissenschaftler]], Ozeanograph und Gründer der Norddeutschen Seewarte. |
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Gelatine fehlt die [[essentielle Aminosäure]] [[Tryptophan]], sie gilt nicht als vollwertiges Nahrungsprotein. In ungereinigter Form ist Gelatine auch als [[Glutinleim]] bekannt. |
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== Leben == |
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=== Beruflicher Werdegang === |
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Wilhelm von Freeden war der Sohn des Kapitäns und späteren Reeders Adolf Ihnen von Freeden (1786–1865) und dessen Ehefrau, der Juister Kapitänstochter Albertina geb. Visser (* 1787). Nach dem Besuch des Gymnasiums studierte er in [[Bonn]] und [[Göttingen]] Mathematik und Naturwissenschaften und wurde nach größeren Reisen 1845 Lehrer an den Gymnasien in [[Ulrichsgymnasium Norden|Norden]] und [[Jever]]. 1856 wurde er Lehrer, 1860 Rektor der [[Navigation]]sschule in [[Elsfleth]] (heute Fachbereich Seefahrt der [[Jade Hochschule]]). Er veröffentlichte in diesen Jahren mehrere nautische Lehrbücher und Rechentafeln. Daneben führte er jahrelang systematische meteorologische Beobachtungen und Messungen durch, die die Grundlage für seine späteren klimatologischen Veröffentlichungen bildeten. Zum 1. September 1867 schied er aus dem Staatsdienst aus und gründete 1867 in [[Hamburg]] das private Institut der ''Norddeutschen Seewarte''. Freeden war Leiter und Hauptbeschäftigter des Instituts, das von Seiten der Handelskammern von [[Handelskammer Hamburg|Hamburg]] und [[Handelskammer Bremen – IHK für Bremen und Bremerhaven|Bremen]] des [[Norddeutscher Bund|Norddeutschen Bundes]], mehrerer großer Reedereien und des Reiches subventioniert wurde.<ref>Walter Horn: ''Die Anfänge der Deutschen Seewarte. Zur 150. Wiederkehr des Geburtstages von Wilhelm Ihno Adolf von Freeden.'' In: ''Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte.'' Bd. 58, 1972, {{ISSN|0083-5587}}, S. 45–82, hier S. 57, [http://agora.sub.uni-hamburg.de/subhh/digbib/view?did=c1:9663&p=55 Digitalisat].</ref> Aufgabe der Seewarte war es, Schiffskapitänen unter Berücksichtigung der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse und gesammelter Beobachtungen genaue Vorschläge für die optimale Fahrtroutenbestimmung zu geben und dadurch die Reisezeit sowie die Kosten zu verringern. Freeden selbst verfasste selbst fast 800 dieser Fahrtanweisungen, die durch eingehende Befragung der Kapitäne und die systematische Auswertung der Schiffstagebücher stets auf dem neuesten Stand gehalten und erweitert wurden. Die Norddeutsche Seewarte wurde im Februar 1875 aufgelöst, ihr Aufgabengebiet wurde von der neugegründeten [[Deutsche Seewarte|Deutschen Seewarte]] übernommen. Hier entwickelte er eine ausgebreitete Tätigkeit nach allen Weltteilen in Bezug auf praktische Segelanweisungen, [[Ozeanographie]], Schifffahrtsstatistik, ozeanische [[Meteorologie]] und Sturmwarnungen. Im Deutschen Nordpolarverein bemühte er sich um die Förderung deutscher Nordfahrten. Bis 1891 gab er die Zeitschrift ''[[Hansa (Zeitschrift)|Hansa]]'' heraus, ein Zentralorgan verschiedener maritimer Gesellschaften, Vereine und Verbände, deren verantwortlicher Redakteur er bereits seit 1870 war. |
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== Eigenschaften == |
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Gelatine quillt in Wasser und löst sich beim Erwärmen ab etwa 50 °C auf. Sie ist ein [[Hydrokolloid]], bei dem das (beim Abkühlen) gebildete [[Gel]] beim Erwärmen wieder flüssig wird. Dieser Gel/[[Kolloid|Sol]]-Übergang (siehe auch: [[Sol-Gel-Prozess]]) ist thermoreversibel und ist auch verantwortlich dafür, dass [[Gummibär]]chen im Mund zergehen (und nicht kleben wie z. B. Stärkeprodukte). Gelatine ist temperaturempfindlich. Wird sie längere Zeit über 80 °C erhitzt, wird sie hydrolysiert und verliert damit mehr und mehr ihre Gelierkraft (gemessen in [[Bloomwert|Bloom]]). |
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Freeden war zeitweise auch politisch tätig. Bereits als junger Lehrer gab er zusammen mit seinem Kollegen [[Dagobert Böckel]]<ref>''Dagobert Böckel.'' In: Hans Friedl, Wolfgang Günther, Hilke Günther-Arndt und Heinrich Schmidt (Hrsg.): ''Biographisches Handbuch zur Geschichte des Landes Oldenburg.'' Isensee Verlag. Oldenburg. 1992. ISBN 3-89442-135-5. S. 76 ([http://www.lb-oldenburg.de/pdf/biohandb/b.pdf online])</ref> nach dem Ausbruch der [[Deutsche Revolution 1848/1849|Revolution von 1848]] in Jever bis 1850 die [[Linksliberalismus|linksliberal]]-[[Demokratie|demokratischen]] Zeitung ''Freie Blätter für das freie Volk'' heraus. In den 1860er Jahren schloss er sich dem [[Deutscher Nationalverein|Deutschen Nationalverein]] an. |
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Wie alle anderen [[Protein]]e besitzt auch Gelatine [[amphoter]]e Eigenschaften. Deshalb gibt es einen [[pH-Wert]], an dem die (positive) elektrische Ladung der [[Aminogruppe]]n so groß ist wie die (negative) Ladung der [[Carboxygruppe]]n. Dieser [[Zwitterion|isoelektrische Punkt]] der Gelatine ist von der Herstellungsart abhängig (saurer Aufschluss: pH-Wert 6,0 bis 9,5, alkalischer Aufschluss: pH-Wert 4,7 bis 5,6). Am isoelektrischen Punkt ist Gelatine am wenigsten löslich. Diese Eigenschaft kann beim Bestimmen des Punktes ausgenutzt werden. |
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Von 1871 bis 1877 gehörte er dem deutschen [[Reichstag (Deutsches Kaiserreich)|Reichstag]] als Abgeordneter für den Wahlkreis [[Provinz Hannover]] 1 (Emden - Norden - Leer) an, in welchem er sich der Fraktion der [[Nationalliberale Partei|nationalliberalen Partei]] anschloss, in der er zum linkem Flügel gehörte.<ref>Fritz Specht, Paul Schwabe: ''Die Reichstagswahlen von 1867 bis 1903. Eine Statistik der Reichstagswahlen nebst den Programmen der Parteien und einem Verzeichnis der gewählten Abgeordneten.'' 2. Auflage. Verlag Carl Heymann, Berlin 1904, S. 115.</ref> Seit 1877 lebte Wilhelm von Freeden in Bonn. |
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Da in Stoffgemischen im Lebensmittelbereich [[Hydroxyprolin]] nur in Gelatine in nennenswerten Mengen enthalten ist (ca. 13 %), lässt sich durch quantitative Bestimmung dieser Aminosäure die Menge der zugesetzten Gelatine gut abschätzen. Von der Gelatine abgegrenzt wird [[Kollagen-Hydrolysat]], das durch Enzyme hydrolysiert und als [[Nahrungsergänzungsmittel]] vertrieben wird. |
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Von Freeden war Mitglied der [[Corps]] ''[[Corps Guestphalia Bonn|Guestphalia Bonn]]'' (1842) und ''[[Erloschene Corps#Göttingen|Frisia Göttingen]]'' (1846).<ref>''Kösener Korps-Listen 1910.'' '''21''', {{ZDB|90022-9}}, 300; '''66''', 54.</ref> |
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== Herstellung == |
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Zur Gewinnung wird das zunächst unlösliche [[Bindegewebe]] von (vor allem) Haut und Knochen von Schweinen und Rindern, aber auch von Geflügel und Fischen einem Aufschlussverfahren ([[Hydrolyse]]) unterworfen, das die [[Peptid]]-Bindungen aufspaltet, sodass sich das so wasserlöslich gemachte [[Kollagen]] extrahieren lässt. Der Aufschluss kann durch Kochen (Herstellung einer [[Brühe|Bouillon]] in der Küche) oder durch Behandlung mit [[Säure]]n und [[Base (Chemie)|Basen]] und anschließende [[Extraktion (Verfahrenstechnik)|Extraktion]] (industrielle Herstellung) erfolgen. Gelatine kann 1–2 % [[Anorganische Chemie|anorganische Stoffe]] und bis zu 15 % Wasser enthalten. |
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Er heiratete am 12. Mai 1847 in Jever ''Amalie Sophie Dorothee Misch'' (* 26. Juni 1823; † 4. März 1859). Das Paar hatte drei Söhne, darunter: |
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* Ihno (* 3. September 1849; † 18. Juli 1941), Kapitän ∞ 1879 Helene von Holleuffer<ref>Gothaisches genealogisches Taschenbuch der adeligen Häuser auf das Jahr 1906, [http://digital.ub.uni-duesseldorf.de/ihd/periodical/pageview/8238805 S.319]</ref> |
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* Hermann Wilhelm Ludwig (* 26. August 1851; † 4. März 1926), Kapitän, dann Generalagent mehrerer Reedereien ∞ Mathilde Elisabeth von Holleuffer |
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* Richard (* 26. Juli 1853; † 13. Oktober 1911), Erfinder des rauchlosen Schießpulvers<ref>[https://patents.google.com/patent/US429516A/en amerikanische Patentschrift]</ref> |
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=== Rohstoffquellen === |
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Noch im Jahr 1859 heiratete er in Hannover ''Agnese Ehrentraut'' (1831–1897), eine Tochter des oldenburgischen Hofrats [[Heinrich Georg Ehrentraut]] (1798–1866). Das Paar hatte drei Töchter und vier Söhne: |
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Man erwartet, dass 2018 weltweit ca. 450.000 Tonnen Gelatine produziert werden.<ref>[https://web.archive.org/web/20160605124312/http://www.nutraceuticalsworld.com/contents/view_breaking-news/2013-07-15/global-gelatin-market-projected-to-reach-279-billion-in-2018 Global Gelatin Market Projected to Reach $2.79 Billion in 2018; The global gelatin market was worth $1.77 billion in 2011 and is expected to grow at a CAGR of 6.75% from 2012 to 2018]</ref> In Europa verwendete Speisegelatine wird zu etwa 70 % aus [[Schwarte (Lebensmittel)|Schweineschwarten]] hergestellt (ca. 5 kg Schweineschwarten ergeben 1 kg Gelatine). 18 % der Gelatine wird aus Tierknochen gewonnen, weitere 10 % aus Häuten. Für die Herstellung des restlichen Anteils (2 %) der Gelatine werden andere Rohstoffe verwendet.<ref>{{Webarchiv|text=Gelatinemarktdaten (Gelatine Manufacturer of Europe) |url=http://www.gelatine.org/fileadmin/user_upload/downloads/press/publications_downloads/GME_all_about_gelatine_dt.pdf |wayback=20131016100443 |archiv-bot=2018-04-11 18:16:43 InternetArchiveBot }} (PDF; 1,7 MB).</ref> |
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* Wilhelm (* 6. November 1860; † 30. März 1929) |
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* Karl (* 22. April 1862; † 14. Dezember 1940) |
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* Hedwig (* 14. August 1863; † 21. September 1929) |
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* Maximilian (* 20. Juni 1865; † 14. Oktober 1939), Kapitän und Vater des Kunsthistorikers [[Max Hermann von Freeden]] |
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* Heinrich (* 23. September 1866; † 11. Juni 1932) |
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* Agnes (* 4. April 1868; † 25. Dezember 1944) ∞ <!-- [[Waldemar von Riedel]] ? --> |
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* Ida (* 29. November 1869; † 27. Dezember 1871) |
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Wegen der [[BSE]]-Krankheit wurden im Jahr 1999 von der [[EU-Kommission]] Richtlinien für die Herstellung von Gelatine festgelegt. |
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== Schriften == |
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* ''Die Praxis der Methode der kleinsten Quadrate. Für die Bedürfnisse der Anfänger bearbeitet.'' Band 1<ref>Alles Erschienene.</ref>: ''Elementare Darstellung der Methode nebst Sammlung vollständig berechneter physikalischer, meteorologischer, geodätischer und astronomischer Aufgaben, welche auf lineare und transcendente Gleichungen führen.'' Vieweg, Braunschweig 1863. |
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* ''Handbuch der [[Nautik]] und ihrer Hülfswissenschaften.'' Schulze, Oldenburg 1864. |
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* ''Ueber die wissenschaftliche Ergebnisse der ersten deutschen Nordfahrt von 1868. Öffentlicher Vortrag, gehalten im Verein für Kunst und Wissenschaft zu Hamburg, nebst besonderen Ausführungen des Wetterbuches und einer Karte, den gesegelten Weg der „Grönland“, und die Strömungen, Isothermen, Isametralen und Isogonen des Nordmeeres enthaltend'' (= ''Mittheilungen aus der Norddeutschen Seewarte.'' Bd. 1, 1869, {{ZDB|1001305-2}}). Mauke, Hamburg 1869. |
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* ''Nordwestdeutscher Wetter-Kalender. Nach den zehnjährigen Beobachtungen auf der meteorologischen Station Elsfleth an der Weser in den Jahren 1858–67'' (= ''Mittheilungen aus der Norddeutschen Seewarte.'' Bd. 2, 1869). Mauke, Hamburg 1869. |
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* ''Ueber die Dampferwege zwischen dem Kanal und Newyork. Nach den Journal-Auszügen der Dampfer des Norddeutschen Lloyd in den Jahren 1860–1867. Nebst Wind und Wetter in derselben Zeit'' (= ''Mittheilungen aus der Norddeutschen Seewarte.'' Bd. 3, 1870). Friedrichsen, Hamburg 1870. |
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<!--, * ''Monatliche Wind-, Strom- und Temperaturkarten des [[Nordatlantik]].'' Hamburg 1874. .--> |
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* ''[[Barometer]]buch zum Gebrauch der Seeleute.'' Nach der neuesten Ausgabe der „Barometer Manual for the use of seamen“ der „Meteorological office“ zu London aus dem Englischen übersetzt. Schulze, Oldenburg 1885. |
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Fischgelatine wird aus dem in Fischhäuten enthaltenen Kollagen hergestellt, u. a. um damit jüdischen und islamischen Speisegesetzen zu entsprechen (siehe [[Jüdische Speisegesetze|koscher]] und [[halāl]]). <!-- Fischgelatine ist etwas billiger, wird aber trotzdem nicht vorwiegend verwendet, weil es stark [[allergen]] sein kann.(Siehe Diskussion Einschub muß mit Quellen belegt werden --> [[Allergische Reaktion]]en auf Fisch sind weit verbreitet. Andererseits liegen keine Berichte über klinische Reaktionen auf Gelatine in handelsüblichen Lebensmitteln vor. Es liegen keine ausreichenden Daten aus Provokationsstudien mit Personen vor, die eine Fischallergie haben und spezifisches [[IgE]] gegen Fischgelatine aufweisen beziehungsweise positiv auf einen [[Pricktest]] mit Fischkollagen oder Fischgelatine reagieren. Die [[Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit|EFSA]] bewertete 2004 die vom schweizerischen Duft- und Aromahersteller [[Givaudan]] vorgelegten Daten als unzureichend. Givaudan hatte einen Antrag auf Zulassung von Fischgelatine zur Verkapselung von Aromastoffen gestellt. Andererseits hieß es gleichzeitig, dass es nicht sehr wahrscheinlich sei, dass Fischgelatine unter den spezifizierten Verwendungsbedingungen eine schwere allergische Reaktion bei einer Mehrzahl der Personen mit Fischallergie auslösen würde. |
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1849 bis 1850 redigierte er mit Böckel die ''Freien Blätter'' in Jever und seit 1870 die ''Hansa, Zeitschrift für Seewesen''. |
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=== Industrieller Herstellungsprozess === |
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== Ehrungen == |
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{{Anker|ossein}} |
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Für Wilhelm von Freedens Verdienste um die Unterstützung der [[Erste Deutsche Arktisexpedition|Ersten Deutschen Arktisexpedition 1868]] unter der Leitung [[Carl Koldewey]]s wurden nach ihm benannt: die Freeden-Insel<ref>[http://www.franz-josef-land.info/index.php?id=693 www.franz-josef-land.info]</ref> im [[Franz-Josef-Land]] (Russisch: ''Ostrov Fredena''), das Kap Freeden<ref>[https://data.npolar.no/placename/aefad397-db67-50fb-ab8c-b0e3cdd04904 Kapp Freeden auf der Karte des norwegischen Polarinstituts]</ref> der Inselgruppe [[Spitzbergen (Inselgruppe)|Spitzbergen]], die Freeden-Bai<ref>[http://data.geus.dk/stednavnedb/#zoom=6.426486425589586&lat=8322614.11&lon=589546.18&filter=Freeden%20Bugt&additional_yn=y Freeden Bugt]. In: Anthony K. Higgins: ''Exploration history and place names of northern East Greenland.'' (= ''Geological Survey of Denmark and Greenland Bulletin'' 21, 2010). Kopenhagen 2010, ISBN 978-87-7871-292-9 (englisch), abgerufen am 19. Februar 2014</ref> im Süden der Insel [[Shannon (Insel)|Shannon]] an der Ostküste [[Grönland]]s, die Freeden-Bank<ref>{{gnis|17210|Freeden Bank|type=antarid}}</ref> in der [[Weddell-See]] in der [[Antarktis]] und der Freeden Seamount<ref>[http://www.marineregions.org/gazetteer.php?p=details&id=6020 Freeden Seamount] im Marine Gazetteer</ref> im [[Pazifischer Ozean|Südpazifik]]. |
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{{Anker|Ossein}} |
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Beschrieben wird das von den meisten Herstellern praktizierte Verfahren zur Herstellung von Gelatine wie folgt:<ref>Gelatine Manufacturers of Europe: [http://www.gelatine.org/en/about-gelatine/manufacturing.html The Manufacturing Process].</ref> Die Ausgangsmaterialien für die Gelatineherstellung sind Bindegewebe (Häute und Knochen, [[Rinderspalt]]) von Rindern, Schweinen, Fisch oder Geflügel. Zur Vorbehandlung werden Fett und anorganische Bestandteile vom Ausgangsmaterial grob entfernt und das Material zerkleinert (Knochen werden geschrotet, entfettet und während der [[Mazeration]] von [[Calciumcarbonat]], [[Calciumphosphat]] und [[Calciumfluorid]] befreit; diese entmineralisierte Substanz nennt man ''Ossein''). Abhängig vom Ausgangsmaterial wird eine von zwei Behandlungsmethoden gewählt: |
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* (A) Säurebehandlung: Das Material mit weniger quervernetztem Kollagen (z. B. aus Schweineschwarte) wird einen Tag lang mit Schwefel- oder Salzsäure behandelt und dann neutralisiert. Nach intensiver Auswaschung der Salze wird das Kollagen extrahiert. |
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* (B) Basische Behandlung: Das Material mit stark quervernetztem Kollagen (z. B. aus Rind) wird für einen Zeitraum von einigen Wochen bis mehrere Monate unter Bildung von [[Ammoniak]] mit [[Kalkmilch]] behandelt. |
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Das vorbehandelte Material ist nun in warmem Wasser löslich ([[Brühe|Bouillon]]) und wird über bis zu 5 Stufen mit steigender Temperatur extrahiert. Die Temperatur ist für die Gelierkraft ([[Bloomwert]]) bestimmend: Je niedriger sie ist, desto höher ist die Gelierkraft, die zuletzt mit höchster Temperatur gewonnenen Extraktionsfraktionen besitzen die niedrigsten Gelierkräfte. Zur Reinigung werden die Extrakte von verbliebenem Fett und Fasern separiert und filtriert. Zuletzt werden Calcium, Natrium, verbliebene Säurereste und andere Salze entfernt. |
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== Literatur == |
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* Helge Dvorak: ''Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft.'' Band I: ''Politiker.'' Teilband 2: ''F–H.'' Winter, Heidelberg 1999, ISBN 3-8253-0809-X, S. 66–67. |
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* {{NDB|5|388||Freeden, Wilhelm Ihno Adolf von|Walter Hansen|116748842}} |
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* Hans Friedl (Hrsg.): ''Biographisches Handbuch zur Geschichte des Landes Oldenburg'', Isensee Verlag, Oldenburg 1992, ISBN 3-89442-135-5, Seite 204–205. |
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* Biographisches Lexikon für Ostfriesland, Band IV, Aurich 2007, S. 158–162 (überarb. 2014) |
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In Vakuumtrocknern wird die dünnflüssige Gelatinelösung zu einer honigähnlichen Konsistenz eingedickt. Die hochkonzentrierte Gelatinelösung wird sterilisiert, abgekühlt und getrocknet, wobei sie gelieren und die gelierte Masse in Nudelform auf ein Trockenband [[Extrusion (Verfahrenstechnik)|extrudiert]] werden kann. Das Band durchläuft dann einen Trockentunnel, an dessen Ende die Gelatine bis auf einen Wassergehalt von 10–15 % getrocknet ist und noch zu Partikeln gewünschter Größe gemahlen wird. Zur Herstellung von Blattgelatine wird entsprechend nicht in Nudelform extrudiert, sondern ein Gelatinefilm erzeugt, für den als Trockenband ein weitmaschiges Netz dient. |
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== Weblinks == |
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* {{DNB-Portal|116748842}} |
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== Verwendung == |
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* {{ReichstagDB|116748842|von Freeden, Wilhelm Jhno Adolph}} |
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=== Lebensmittel === |
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* {{Biorabk|Wilhelm Ihno Adolph von Freeden|675}} |
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[[Datei:Sülzkotelett.jpg|mini|[[Sülzkotelett]]; Fleisch in [[Aspik]] aus Gelatine]] |
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Gelatine wird teilweise in Halbfettprodukten und Lightprodukten wie Halbfettmargarine, Halbfettbutter und fettreduzierten Käsesorten verarbeitet, außerdem als [[Gelieren (Chemie)|Geliermittel]] zur Herstellung von Süßwaren wie [[Gummibär]]chen, [[Gummibonbon|Weingummis]], Weich[[karamell]]en, [[Marshmallow]]s, Schaumwaffeln, [[Lakritz]] oder [[Schokokuss|Schokoküssen]]. Des Weiteren kann sie in Backwaren ([[Tortenguss]]) und Desserts (z. B. [[Errötendes Mädchen]], [[Götterspeise (Süßspeise)|Götterspeise]], [[Mädchenröte]], [[Schlagsahne]]), in Fleisch-, Fisch- und Wurstwaren wie zum Beispiel [[Sülze]] und [[Aspik]], Pfefferminzbonbons und Weihnachtskonfekt, aber auch als [[Schönung]]smittel in Getränken wie Wein, Apfelwein, Essig und allen nicht naturtrüben Fruchtsäften, sowie in manchen Ländern sogar im Bier zum Einsatz kommen. Zur Entfernung von [[Trübstoff]]en sowie zur Verringerung des [[Tannine|Gerbstoffanteils]] bei der Weinherstellung kommt Fischgelatine als Ersatz von [[Lysozym]] und [[Kasein]] besonders seit Auftreten von [[BSE]] sowie wegen der [[jüdische Speisegesetze|jüdischen Speisegesetze]] zum Einsatz. |
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Auch als Mittel zur Einkapselung von Vitaminzusätzen (z. B. in Lebensmitteln oder Brausetabletten) kann Gelatine zum Einsatz kommen. Die Vitamine werden somit wasserlöslich eingeschlossen und lösen sich bei Kontakt mit Flüssigkeit wieder. |
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=== Pharmazeutische Technologie === |
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[[Datei:Kapsel beredningsform.jpg|mini|[[Kapsel (Medikament)|Hartgelatinekapseln]]]] |
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Gelatine wird zur Herstellung von [[Kapsel (Medikament)|Hart- und Weichkapseln]] verwendet. In solche Gelatinekapseln wird der Arzneistoff, gegebenenfalls mit erforderlichen Hilfsstoffen verarbeitet, eingefüllt. Gelatine kann auch als [[Verdickungsmittel]] zur Viskositätserhöhung von flüssigen Arzneizubereitungen eingesetzt werden. Aus der Vielzahl der Gelatinetypen werden praktisch nur Gelatine A (durch sauren Aufschluss gewonnen) bzw. Gelatine B (durch alkalischen Aufschluss gewonnen) eingesetzt. In der [[Medizintechnik]] dient Gelatine unter anderem zur Beschichtung von [[Implantat]]en wie beispielsweise [[Gefäßprothese]]n. |
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Rindergelatine in Form von [[Polygelin]] als Stabilisator ist bzw. war in mehreren [[Impfstoff]]en enthalten, so in jenen gegen [[Frühsommer-Meningoenzephalitis|FSME]], [[Japanenzephalitis]], [[Tollwut]], [[Varizellen]] und im [[MMR-Impfstoff]]. Obwohl [[allergische Reaktion]]en auf Impfstoffe mit einer Häufigkeit von etwa 1 Reaktion zu 500.000 Impfdosen insgesamt selten sind, spielt die Allergie gegen Gelatine (in Kombination mit [[Thiomersal]]) als allergische Reaktion vom Soforttyp (bis hin zur [[Anaphylaxie]]) eine wichtige Rolle und gilt für etwa die Hälfte aller diesbezüglichen Komplikationen verantwortlich, sodass diese nun zunehmend aus Impfstoffen entfernt wird. |
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=== Medizin === |
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In der [[Notfallmedizin]] wird Gelatine als sogenannter [[Volumenersatz]] zur Behandlung eines [[Schock (Medizin)|Volumenmangelschocks]] verwendet. Ebenso dienen Schwämme aus Gelatine, die vom Körper resorbiert werden, zur [[Blutstillung]] während und nach Operationen. Sie können bis zum 45fachen Eigengewicht an Blut absorbieren, und dienen als zelluläres Gerüst für die [[Wundheilung]].<ref>Council on Pharmacy and Chemistry (1947): Absorbable Gelatin sponge – new and nonofficial remedies. [[Journal of the American Medical Association|JAMA]], 135:921.</ref> |
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=== Technische Anwendungen === |
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[[Datei:Agfa Agfachrome CT18 Diafilm 3.jpg|mini|Fotografischer Film]] |
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Schon in der Frühzeit der [[Fotografie]] wurde Gelatine beim sog. [[Trockenes Gelatineverfahren|trockenen Gelatineverfahren]] verwendet. |
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Gelatine ist auf den üblichen [[Fotografischer Film|fotografischen Filmen]] und [[Fotopapier]]en enthalten, in einigen fotografischen [[Edeldruckverfahren]] stellt sie den Träger der Pigment- bzw. Chemikalienschicht dar. Auch viele Foto-Druckpapiere für [[Tintenstrahldrucker|Inkjet]]-Druck haben eine Gelatine-Beschichtung und werden daher auch oft von Herstellern klassischer Fotopapiere hergestellt. |
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In der Maskenbildnerei in Film und Theater oder auch bei [[Rettungsübung]]en dient gefärbte Gelatine zur realistischen Wunddarstellung. Die Organe, wie man sie zum Beispiel in Krankenhausserien zu sehen bekommt, sind auch oft aus Gelatine gefertigt. Zudem wird sie bei der Sportart [[Paintball]] als Hülle für biologisch abbaubare Munition verwendet. Zur Bestimmung von Schusskanälen bzw. der [[Eindringtiefe]] eines [[Projektil]]s wird [[Ballistische Gelatine]] verwendet. |
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=== Geigenbau === |
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Gelatine wird im Geigenbau nach Erhitzung im Wasserbad als Grundierung direkt auf das Holz gegeben, um beim späteren Beizen eine gleichmäßige Tönung des Holzes zu gewährleisten. |
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=== Nebenprodukte === |
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Bei der Gelatineherstellung entstehen außer der Gelatine noch Nebenprodukte, die weiter genutzt werden: Fleischknochenmehl (zum Beispiel als [[Futtermittel|Tierfutter]] oder [[Dünger#Organische Dünger|Dünger]]), [[Fettgewebe|Knochenfett]] (zum Beispiel zur [[Seife]]nherstellung) und [[Calciumcarbonat]] (zum Beispiel für die [[Zahnpasta]]herstellung). Auch Metalle, Klebstoffe und besonders festes Papier können mit Hilfe von Gelatine hergestellt sein. |
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== Alternativen == |
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Tierkrankheiten wie [[Bovine spongiforme Enzephalopathie|BSE]] haben in der Vergangenheit dazu geführt, dass einige Verbraucher Gelatine (insbesondere als Nahrungsmittel) meiden. Zudem ist Gelatine nicht [[vegetarisch]]. |
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Die Ergebnisse der Ersatzverfahren schwanken in ihrer Vergleichbarkeit mit Gelatineprodukten sehr stark. |
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Pflanzliche Dickungs- und [[Geliermittel]] sind meistens [[Polysaccharide]], z. B. die aus verschiedenen [[Alge]]n isolierten [[Alginsäure|Alginate]], [[Carrageen]]ane und [[Agar]]-Agar, weiterhin auch [[Pektine|Pektin]] aus Früchten, [[Gummi arabicum]], [[Stärke]] verschiedenen Ursprungs, [[Guaran|Guarkernmehl]], [[Xanthan]] und [[Johannisbrotbaum|Johannisbrotkernmehl]]. |
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Alternative Verfahren zur Klärung von Flüssigkeiten arbeiten mit [[Tonminerale|Ton]], [[Tannine|Tannin]], [[Kieselgur]] oder [[Asbest]]. Statt Gelatine werden hier jedoch auch [[Casein]] (aus Milch), [[Chitin]] (aus der Fischerei-Abfallproduktion und der Biotechnik) und [[Hausenblase]] (Schwimmblase einer Störart) verwendet. Wenn Gelatine als Hilfsmittel bei der Herstellung benutzt wird, muss sie nicht als Inhaltsstoff deklariert werden. Ihre Verwendung lässt sich in diesen Fällen, wenn überhaupt, nur durch direkte Produktanfragen an den Hersteller klären. Bei Produkten der Pharmaindustrie und anderer Industrien kann zum Teil auf gelatinefreie Produkte zurückgegriffen werden. |
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== Literatur == |
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* W. Babel: ''Gelatine – ein vielseitiges Biopolymer.'' In: ''[[Chemie in unserer Zeit]].'' 30, 1996, S. 86–95; [[doi:10.1002/ciuz.19960300205]]. |
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* Jörg Florian Liesegang: ''Die Gelatine in der Medizin : Geschichtliches zu der Verwendung der Gelatine in der Medizin des ausgehenden 17. bis zu dem beginnenden 20. Jahrhundert.'' [[Dissertation]]. Universität Heidelberg, 2007. {{URN|nbn|de:bsz:16-opus-77577}} |
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* Reinhard Schrieber, Herbert Gareis: ''Gelatine Handbook. Theory and Industrial Practice''. Wiley-VCH, Weinheim 2007, ISBN 978-3-527-31548-2. |
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== Einzelnachweise == |
== Einzelnachweise == |
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<references /> |
<references /> |
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== Weblinks == |
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{{Normdaten|TYP=p|GND=116748842|LCCN=nr/96/4438|VIAF=13066721}} |
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{{Wiktionary}} |
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{{Commonscat|Gelatin|Gelatine}} |
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* {{Webarchiv | url=http://www.old.uni-bayreuth.de/departments/ddchemie/umat/gelatine/gelatine.htm | wayback=20080412113449 | text=Uni Bayreuth – Informationen}} |
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* [http://www.gelatine.org/de/ Webseite der Vereinigung der europäischen Gelatinehersteller] |
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{{Normdaten|TYP=s|GND=4156396-7}} |
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{{SORTIERUNG:Freeden, Wilhelm Von}} |
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[[Kategorie:Reichstagsabgeordneter (Deutsches Kaiserreich)]] |
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[[Kategorie:NLP-Mitglied]] |
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[[Kategorie:Mathematiker (19. Jahrhundert)]] |
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[[Kategorie:Ozeanograph]] |
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[[Kategorie:Mitglied der Naturforschenden Gesellschaft zu Emden]] |
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[[Kategorie:Corpsstudent (19. Jahrhundert)]] |
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[[Kategorie:Deutscher]] |
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[[Kategorie:Geboren 1822]] |
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|ALTERNATIVNAMEN=Freeden, Wilhelm Ihno Adolph von (vollständiger Name); Freeden, Wilhelm Ihno Adolf von; Freeden, W. v.; Freeden, Wilhelm van |
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|KURZBESCHREIBUNG=deutscher Mathematiker, Naturwissenschaftler, Ozeanograph, Gründer der Norddeutschen Seewarte und Politiker (NLP), MdR |
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|GEBURTSDATUM=12. Mai 1822 |
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|GEBURTSORT=[[Norden (Ostfriesland)|Norden]] |
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|STERBEDATUM=11. Januar 1894 |
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Version vom 16. Mai 2018, 22:12 Uhr

Gelatine ist ein Stoffgemisch aus geschmacksneutralen tierischen Proteinen. Hauptbestandteil ist denaturiertes bzw. hydrolysiertes Kollagen, das aus dem Bindegewebe verschiedener Tierarten, vor allem Schweinen und Rindern, produziert wird.
Gelatine fehlt die essentielle Aminosäure Tryptophan, sie gilt nicht als vollwertiges Nahrungsprotein. In ungereinigter Form ist Gelatine auch als Glutinleim bekannt.
Eigenschaften
Gelatine quillt in Wasser und löst sich beim Erwärmen ab etwa 50 °C auf. Sie ist ein Hydrokolloid, bei dem das (beim Abkühlen) gebildete Gel beim Erwärmen wieder flüssig wird. Dieser Gel/Sol-Übergang (siehe auch: Sol-Gel-Prozess) ist thermoreversibel und ist auch verantwortlich dafür, dass Gummibärchen im Mund zergehen (und nicht kleben wie z. B. Stärkeprodukte). Gelatine ist temperaturempfindlich. Wird sie längere Zeit über 80 °C erhitzt, wird sie hydrolysiert und verliert damit mehr und mehr ihre Gelierkraft (gemessen in Bloom).
Wie alle anderen Proteine besitzt auch Gelatine amphotere Eigenschaften. Deshalb gibt es einen pH-Wert, an dem die (positive) elektrische Ladung der Aminogruppen so groß ist wie die (negative) Ladung der Carboxygruppen. Dieser isoelektrische Punkt der Gelatine ist von der Herstellungsart abhängig (saurer Aufschluss: pH-Wert 6,0 bis 9,5, alkalischer Aufschluss: pH-Wert 4,7 bis 5,6). Am isoelektrischen Punkt ist Gelatine am wenigsten löslich. Diese Eigenschaft kann beim Bestimmen des Punktes ausgenutzt werden.
Da in Stoffgemischen im Lebensmittelbereich Hydroxyprolin nur in Gelatine in nennenswerten Mengen enthalten ist (ca. 13 %), lässt sich durch quantitative Bestimmung dieser Aminosäure die Menge der zugesetzten Gelatine gut abschätzen. Von der Gelatine abgegrenzt wird Kollagen-Hydrolysat, das durch Enzyme hydrolysiert und als Nahrungsergänzungsmittel vertrieben wird.
Herstellung
Zur Gewinnung wird das zunächst unlösliche Bindegewebe von (vor allem) Haut und Knochen von Schweinen und Rindern, aber auch von Geflügel und Fischen einem Aufschlussverfahren (Hydrolyse) unterworfen, das die Peptid-Bindungen aufspaltet, sodass sich das so wasserlöslich gemachte Kollagen extrahieren lässt. Der Aufschluss kann durch Kochen (Herstellung einer Bouillon in der Küche) oder durch Behandlung mit Säuren und Basen und anschließende Extraktion (industrielle Herstellung) erfolgen. Gelatine kann 1–2 % anorganische Stoffe und bis zu 15 % Wasser enthalten.
Rohstoffquellen
Man erwartet, dass 2018 weltweit ca. 450.000 Tonnen Gelatine produziert werden.[1] In Europa verwendete Speisegelatine wird zu etwa 70 % aus Schweineschwarten hergestellt (ca. 5 kg Schweineschwarten ergeben 1 kg Gelatine). 18 % der Gelatine wird aus Tierknochen gewonnen, weitere 10 % aus Häuten. Für die Herstellung des restlichen Anteils (2 %) der Gelatine werden andere Rohstoffe verwendet.[2]
Wegen der BSE-Krankheit wurden im Jahr 1999 von der EU-Kommission Richtlinien für die Herstellung von Gelatine festgelegt.
Fischgelatine wird aus dem in Fischhäuten enthaltenen Kollagen hergestellt, u. a. um damit jüdischen und islamischen Speisegesetzen zu entsprechen (siehe koscher und halāl). Allergische Reaktionen auf Fisch sind weit verbreitet. Andererseits liegen keine Berichte über klinische Reaktionen auf Gelatine in handelsüblichen Lebensmitteln vor. Es liegen keine ausreichenden Daten aus Provokationsstudien mit Personen vor, die eine Fischallergie haben und spezifisches IgE gegen Fischgelatine aufweisen beziehungsweise positiv auf einen Pricktest mit Fischkollagen oder Fischgelatine reagieren. Die EFSA bewertete 2004 die vom schweizerischen Duft- und Aromahersteller Givaudan vorgelegten Daten als unzureichend. Givaudan hatte einen Antrag auf Zulassung von Fischgelatine zur Verkapselung von Aromastoffen gestellt. Andererseits hieß es gleichzeitig, dass es nicht sehr wahrscheinlich sei, dass Fischgelatine unter den spezifizierten Verwendungsbedingungen eine schwere allergische Reaktion bei einer Mehrzahl der Personen mit Fischallergie auslösen würde.
Industrieller Herstellungsprozess
Beschrieben wird das von den meisten Herstellern praktizierte Verfahren zur Herstellung von Gelatine wie folgt:[3] Die Ausgangsmaterialien für die Gelatineherstellung sind Bindegewebe (Häute und Knochen, Rinderspalt) von Rindern, Schweinen, Fisch oder Geflügel. Zur Vorbehandlung werden Fett und anorganische Bestandteile vom Ausgangsmaterial grob entfernt und das Material zerkleinert (Knochen werden geschrotet, entfettet und während der Mazeration von Calciumcarbonat, Calciumphosphat und Calciumfluorid befreit; diese entmineralisierte Substanz nennt man Ossein). Abhängig vom Ausgangsmaterial wird eine von zwei Behandlungsmethoden gewählt:
- (A) Säurebehandlung: Das Material mit weniger quervernetztem Kollagen (z. B. aus Schweineschwarte) wird einen Tag lang mit Schwefel- oder Salzsäure behandelt und dann neutralisiert. Nach intensiver Auswaschung der Salze wird das Kollagen extrahiert.
- (B) Basische Behandlung: Das Material mit stark quervernetztem Kollagen (z. B. aus Rind) wird für einen Zeitraum von einigen Wochen bis mehrere Monate unter Bildung von Ammoniak mit Kalkmilch behandelt.
Das vorbehandelte Material ist nun in warmem Wasser löslich (Bouillon) und wird über bis zu 5 Stufen mit steigender Temperatur extrahiert. Die Temperatur ist für die Gelierkraft (Bloomwert) bestimmend: Je niedriger sie ist, desto höher ist die Gelierkraft, die zuletzt mit höchster Temperatur gewonnenen Extraktionsfraktionen besitzen die niedrigsten Gelierkräfte. Zur Reinigung werden die Extrakte von verbliebenem Fett und Fasern separiert und filtriert. Zuletzt werden Calcium, Natrium, verbliebene Säurereste und andere Salze entfernt.
In Vakuumtrocknern wird die dünnflüssige Gelatinelösung zu einer honigähnlichen Konsistenz eingedickt. Die hochkonzentrierte Gelatinelösung wird sterilisiert, abgekühlt und getrocknet, wobei sie gelieren und die gelierte Masse in Nudelform auf ein Trockenband extrudiert werden kann. Das Band durchläuft dann einen Trockentunnel, an dessen Ende die Gelatine bis auf einen Wassergehalt von 10–15 % getrocknet ist und noch zu Partikeln gewünschter Größe gemahlen wird. Zur Herstellung von Blattgelatine wird entsprechend nicht in Nudelform extrudiert, sondern ein Gelatinefilm erzeugt, für den als Trockenband ein weitmaschiges Netz dient.
Verwendung
Lebensmittel

Gelatine wird teilweise in Halbfettprodukten und Lightprodukten wie Halbfettmargarine, Halbfettbutter und fettreduzierten Käsesorten verarbeitet, außerdem als Geliermittel zur Herstellung von Süßwaren wie Gummibärchen, Weingummis, Weichkaramellen, Marshmallows, Schaumwaffeln, Lakritz oder Schokoküssen. Des Weiteren kann sie in Backwaren (Tortenguss) und Desserts (z. B. Errötendes Mädchen, Götterspeise, Mädchenröte, Schlagsahne), in Fleisch-, Fisch- und Wurstwaren wie zum Beispiel Sülze und Aspik, Pfefferminzbonbons und Weihnachtskonfekt, aber auch als Schönungsmittel in Getränken wie Wein, Apfelwein, Essig und allen nicht naturtrüben Fruchtsäften, sowie in manchen Ländern sogar im Bier zum Einsatz kommen. Zur Entfernung von Trübstoffen sowie zur Verringerung des Gerbstoffanteils bei der Weinherstellung kommt Fischgelatine als Ersatz von Lysozym und Kasein besonders seit Auftreten von BSE sowie wegen der jüdischen Speisegesetze zum Einsatz.
Auch als Mittel zur Einkapselung von Vitaminzusätzen (z. B. in Lebensmitteln oder Brausetabletten) kann Gelatine zum Einsatz kommen. Die Vitamine werden somit wasserlöslich eingeschlossen und lösen sich bei Kontakt mit Flüssigkeit wieder.
Pharmazeutische Technologie

Gelatine wird zur Herstellung von Hart- und Weichkapseln verwendet. In solche Gelatinekapseln wird der Arzneistoff, gegebenenfalls mit erforderlichen Hilfsstoffen verarbeitet, eingefüllt. Gelatine kann auch als Verdickungsmittel zur Viskositätserhöhung von flüssigen Arzneizubereitungen eingesetzt werden. Aus der Vielzahl der Gelatinetypen werden praktisch nur Gelatine A (durch sauren Aufschluss gewonnen) bzw. Gelatine B (durch alkalischen Aufschluss gewonnen) eingesetzt. In der Medizintechnik dient Gelatine unter anderem zur Beschichtung von Implantaten wie beispielsweise Gefäßprothesen.
Rindergelatine in Form von Polygelin als Stabilisator ist bzw. war in mehreren Impfstoffen enthalten, so in jenen gegen FSME, Japanenzephalitis, Tollwut, Varizellen und im MMR-Impfstoff. Obwohl allergische Reaktionen auf Impfstoffe mit einer Häufigkeit von etwa 1 Reaktion zu 500.000 Impfdosen insgesamt selten sind, spielt die Allergie gegen Gelatine (in Kombination mit Thiomersal) als allergische Reaktion vom Soforttyp (bis hin zur Anaphylaxie) eine wichtige Rolle und gilt für etwa die Hälfte aller diesbezüglichen Komplikationen verantwortlich, sodass diese nun zunehmend aus Impfstoffen entfernt wird.
Medizin
In der Notfallmedizin wird Gelatine als sogenannter Volumenersatz zur Behandlung eines Volumenmangelschocks verwendet. Ebenso dienen Schwämme aus Gelatine, die vom Körper resorbiert werden, zur Blutstillung während und nach Operationen. Sie können bis zum 45fachen Eigengewicht an Blut absorbieren, und dienen als zelluläres Gerüst für die Wundheilung.[4]
Technische Anwendungen

Schon in der Frühzeit der Fotografie wurde Gelatine beim sog. trockenen Gelatineverfahren verwendet. Gelatine ist auf den üblichen fotografischen Filmen und Fotopapieren enthalten, in einigen fotografischen Edeldruckverfahren stellt sie den Träger der Pigment- bzw. Chemikalienschicht dar. Auch viele Foto-Druckpapiere für Inkjet-Druck haben eine Gelatine-Beschichtung und werden daher auch oft von Herstellern klassischer Fotopapiere hergestellt.
In der Maskenbildnerei in Film und Theater oder auch bei Rettungsübungen dient gefärbte Gelatine zur realistischen Wunddarstellung. Die Organe, wie man sie zum Beispiel in Krankenhausserien zu sehen bekommt, sind auch oft aus Gelatine gefertigt. Zudem wird sie bei der Sportart Paintball als Hülle für biologisch abbaubare Munition verwendet. Zur Bestimmung von Schusskanälen bzw. der Eindringtiefe eines Projektils wird Ballistische Gelatine verwendet.
Geigenbau
Gelatine wird im Geigenbau nach Erhitzung im Wasserbad als Grundierung direkt auf das Holz gegeben, um beim späteren Beizen eine gleichmäßige Tönung des Holzes zu gewährleisten.
Nebenprodukte
Bei der Gelatineherstellung entstehen außer der Gelatine noch Nebenprodukte, die weiter genutzt werden: Fleischknochenmehl (zum Beispiel als Tierfutter oder Dünger), Knochenfett (zum Beispiel zur Seifenherstellung) und Calciumcarbonat (zum Beispiel für die Zahnpastaherstellung). Auch Metalle, Klebstoffe und besonders festes Papier können mit Hilfe von Gelatine hergestellt sein.
Alternativen
Tierkrankheiten wie BSE haben in der Vergangenheit dazu geführt, dass einige Verbraucher Gelatine (insbesondere als Nahrungsmittel) meiden. Zudem ist Gelatine nicht vegetarisch.
Die Ergebnisse der Ersatzverfahren schwanken in ihrer Vergleichbarkeit mit Gelatineprodukten sehr stark.
Pflanzliche Dickungs- und Geliermittel sind meistens Polysaccharide, z. B. die aus verschiedenen Algen isolierten Alginate, Carrageenane und Agar-Agar, weiterhin auch Pektin aus Früchten, Gummi arabicum, Stärke verschiedenen Ursprungs, Guarkernmehl, Xanthan und Johannisbrotkernmehl.
Alternative Verfahren zur Klärung von Flüssigkeiten arbeiten mit Ton, Tannin, Kieselgur oder Asbest. Statt Gelatine werden hier jedoch auch Casein (aus Milch), Chitin (aus der Fischerei-Abfallproduktion und der Biotechnik) und Hausenblase (Schwimmblase einer Störart) verwendet. Wenn Gelatine als Hilfsmittel bei der Herstellung benutzt wird, muss sie nicht als Inhaltsstoff deklariert werden. Ihre Verwendung lässt sich in diesen Fällen, wenn überhaupt, nur durch direkte Produktanfragen an den Hersteller klären. Bei Produkten der Pharmaindustrie und anderer Industrien kann zum Teil auf gelatinefreie Produkte zurückgegriffen werden.
Literatur
- W. Babel: Gelatine – ein vielseitiges Biopolymer. In: Chemie in unserer Zeit. 30, 1996, S. 86–95; doi:10.1002/ciuz.19960300205.
- Jörg Florian Liesegang: Die Gelatine in der Medizin : Geschichtliches zu der Verwendung der Gelatine in der Medizin des ausgehenden 17. bis zu dem beginnenden 20. Jahrhundert. Dissertation. Universität Heidelberg, 2007. urn:nbn:de:bsz:16-opus-77577
- Reinhard Schrieber, Herbert Gareis: Gelatine Handbook. Theory and Industrial Practice. Wiley-VCH, Weinheim 2007, ISBN 978-3-527-31548-2.
Einzelnachweise
- ↑ Global Gelatin Market Projected to Reach $2.79 Billion in 2018; The global gelatin market was worth $1.77 billion in 2011 and is expected to grow at a CAGR of 6.75% from 2012 to 2018
- ↑ Gelatinemarktdaten (Gelatine Manufacturer of Europe) ( des vom 16. Oktober 2013 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF; 1,7 MB).
- ↑ Gelatine Manufacturers of Europe: The Manufacturing Process.
- ↑ Council on Pharmacy and Chemistry (1947): Absorbable Gelatin sponge – new and nonofficial remedies. JAMA, 135:921.
Weblinks
- Uni Bayreuth – Informationen ( vom 12. April 2008 im Internet Archive)
- Webseite der Vereinigung der europäischen Gelatinehersteller