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Einheit der Rechtsordnung und Kuno Raeber: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Einheit der Rechtsordnung''' ist ein fachsprachlicher Ausdruck ([[Terminus]]) der [[Rechtswissenschaft]], der die jeweilige [[Rechtsordnung]] als Einheit beschreibt, die sich nicht widerspricht, bzw. besagt, dass sie sich nicht widersprechen soll. Die Vielheit der Rechtsnormen wird also als widerspruchsfreies System betrachtet.
<!--schweizbezogen-->
'''Kuno Raeber''' (* [[20. Mai]] [[1922]] in [[Klingnau]]; † [[28. Januar]] [[1992]] in [[Basel]]) war ein [[Schweiz]]er [[Schriftsteller]].


== Leben ==
„Die Einheit der Rechtsordnung kann soziologisch, normtheoretisch, als Begriffseinheit, als Wert- oder Prinzipieneinheit sowie als rechtspolitisches Postulat begründet sein.“<ref>Röhl, Klaus F.; Hans Christian Röhl: ''Allgemeine Rechtslehre.'' 3. Auflage. C. Heymanns, Köln u.a. 2008, § 56 I, S. 451</ref>
Kuno Raeber wuchs in [[Luzern]] auf. An den Universitäten in Zürich, Genf, Paris und Basel studierte er Philosophie, Geschichte sowie Literatur und promovierte 1950 über die „Geschichtsbibel“ von [[Sebastian Franck]]. Zunächst sehr religiös und kurz Novize in einem [[Jesuit]]en-Kloster, verlor er bald seinen christlichen Glauben und widmete sich intensiv den alten Mythen. Er war 1951–52 Direktor der Schweizer Schule in Rom, war anschließend am Tübinger [[Leibniz Kolleg]] und am [[Europa-Kolleg]] in Hamburg tätig, um dann ab 1958 als freier Schriftsteller zu leben. Er war Mitglied der [[Gruppe 47]], verbrachte längere Zeit in den USA und wurde 1978 als Mitglied im [[P.E.N.]]-Zentrum aufgenommen. Raeber hatte seinen Wohnsitz in München, lebte zeitweise in Rom und starb 1992 während eines Besuchs in Basel an den Folgen seiner [[AIDS]]-Erkrankung.


== Literarisches Schaffen und literarische Bedeutung ==
Es gilt „das rechtsstaatliche Gebot, die Einheit der Rechtsordnung zu wahren“.<ref>BAG, Urteil vom 5. März 1996 - 1 AZR 590/92 (A) u.a. - juris Rn. 58</ref>
{{Neutralität}}
Raebers literarisches Schaffen ist von Religion und früher Geschichte geprägt. Er fügt in seine in der Gegenwart handelnden Erzählstücke – ähnlich wie [[Jorge Luis Borges]] – religiöse, mythische und vergangene historische Welten ein: [[Mythos]] und Realität schieben sich bei ihm ineinander und vermischen sich. Seine Prosa ist deshalb nicht leicht zu lesen, sie ist verschlüsselt, sprachgewaltig, voller Zeitsprünge und zudem bis zum Extrem mit Sexualität, Gewalt und Mord bestückt.[[Datei:RomaPalatinoDalCircoMassimo.jpg|mini|Raebers Bezug zum antiken Rom ist in den meisten seiner Werke erkennbar.<br /> Bild: [[Circus Maximus]] auf dem [[Palatin (Rom)|Palatin]]]] [[Datei:Michelangelo's Pieta 5450 cropncleaned.jpg|mini|Im Roman ''Das Ei'' geht es um die Figur des Täters, der [[Michelangelo]]s ''„[[Pietà]]“'' 1972 zerstören wollte.]]Sehr oft ist sein Bezug zum alten [[Rom]] erkennbar; er fühlte sich in der Stadt zu Hause, hier spielen nicht nur viele Romane wie zum Beispiel ''Sacco di Roma'', hier interviewte er auch [[Max Frisch]], [[Uwe Johnson]] und seine Freundin [[Ingeborg Bachmann]],<ref>Kuno Raeber: ''Begegnungen mit Ingeborg Bachmann.'' In: ''Das Schönste. Monatszeitschrift für alle Freunde der Schönen Künste.'' München. Jg. 9, Heft 1, Januar 1963, S. 52–54.</ref> die ihn zu seinen Schreibexperimenten ermutigte.


=== Prosa ===
Auf Grund des [[Stufenbau der Rechtsordnung|Stufenbaus der Rechtsordnung]] sind alle Rechtsnormen auf eine Verfassung und/ oder [[Grundnorm]] zurückführbar.<ref>Röhl, Klaus F.; Hans Christian Röhl: ''Allgemeine Rechtslehre.'' 3. Auflage. C. Heymanns, Köln u.a. 2008, § 56 I, S. 451</ref> Inhaltlich sich widersprechende Rechtsnormen sind in einer einheitlichen Rechtsordnung ausgeschlossen.
Raeber schrieb Essays, Rezensionen, Hörspiele, Theaterstücke, Reisebücher und Erzählungen. Seine Romane sind sehr unterschiedlich angelegt. Sein umfangreicher und preisgekrönter Roman ''Alexius unter der Treppe oder Geständnisse vor einer Katze'' besteht zum Beispiel aus neunundsiebzig Prosastücken, die umrahmt sind von den „Geständnissen einer Katze“, Episoden einer Beichte jenes reichen Römers [[Alexius von Edessa|Alexius]], der nach der Legende Frau und Kinder verließ, viele Jahre als Bettler und Einsiedler lebte und später zurückkehrte und unerkannt unter der Treppe lebte und erst kurz vor dem Tod sich offenbarte. Doch zugleich ist dieser Alexius auch der Anführer einer New Yorker Rockerbande, und so inszeniert der Autor in diesem Roman phantasiereich immer weitere historische und mythische Begebenheiten. Beat Mazenauer bezeichnet den Autor als ''„eigenwilligen Geist“'', er wäre ''„ein wacher Traditionalist“'' gewesen, ''„der sich nicht in Nostalgie verkroch, sondern die große, vitale Tradition der Geschichte mit allen ihren Spielarten hochleben ließ. Rom, trotz allem, repräsentierte für ihn diese Tradition“''.<ref>Beat Mazenauer: ''Katholik, aber kein Christ.'' In: ''[[Der Bund]].'' 7. Februar 2005.</ref>


=== Der Roman ''Das Ei'' ===
Normtheoretisch hat die als ideal zu geltende Einheit der Rechtsordnung die Konsequenz, dass mit jedem Rechtssatz zugleich die gesamte Rechtsordnung angewendet wird.<ref>Peter Schwacke: ''Juristische Methodik.'' Kohlhammer, Stuttgart, 5. Aufl. 2011, S. 7: „Ist die Rechtsordnung in sich frei von Regelungs- und Wertungswidersprüchen, schließt die Anwendung eines Rechtssatzes letztlich die Anwendung der gesamten Rechtsordnung ein. Das wäre dann der Idealgrundriss einer Rechtsordnung.“</ref> Methodologisch bedeutet dies, dass: „Bei der Anwendung von Einzelnormen ist von der Begrenztheit und Unvollständigkeit ihrer jeweiligen Aussage auszugehen. Erst aus der ‚Zusammenschau‘ mehrerer Normen lässt sich über die Ermittlung ihres spezifischen Normzwecks der Anwendungsbereich der einzelnen Vorschrift feststellen. Eine sinnvolle Rechtsanwendung setzt die harmonisierende Interpretation der Einzelnormen voraus.“<ref>Bernd Rüthers; Christian Fischer: ''Rechtstheorie: Begriff, Geltung und Anwendung des Rechts.'' – 5., überarb. Aufl. – Beck, München 2010, Rn. 147a</ref>
Der einzige Schauplatz des wegen seiner pornographischen und [[Blasphemie|blasphemischen]] Passagen umstrittenen Romans ''Das Ei'' ist Rom. 1972 hatte ein Ungar, der sich für Christus hielt, mit einem Hammer auf die [[Pietà]] von [[Michelangelo]] eingeschlagen. Der Autor denkt sich in diese Figur hinein und lässt tiefenpsychologische Deutungen vom Aufstand der Söhne gegen die Mutter beziehungsweise Gottesmutter anklingen. Das oft sehr drastische Geschehen, manchmal an ''Notre-Dame-des-Fleurs'' von [[Jean Genet]] erinnernd, wirkt auf den Leser verstörend: Der Autor lässt den Täter sich in seinen Identitätswahnvorstellungen als Christus, als Kaiser [[Joseph II. (HRR)|Joseph II.]] oder als homosexuellen Papst austoben. Den Schlusspunkt seiner wütenden Abrechnung mit Kirche und Christentum setzt eine Bombe in Form eines Eis – das Ei ist ein christliches Auferstehungssymbol –, welche den [[Petersdom]] völlig zerstört. Das Werk fällt durch seine ungewöhnliche Wortgewalt und Drastik sowie seine befremdenden Phantasievorstellungen auf.


=== Lyrik ===
Die Einheit der Rechtsordnung wird in einem [[Verfassungsstaat]] letztlich durch die Verfassung gewährleistet.<ref>Bernd Rüthers; Christian Fischer: ''Rechtstheorie: Begriff, Geltung und Anwendung des Rechts.'' – 5., überarb. Aufl. – Beck, München 2010, Rn. 147</ref> In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ([[BVerfG]]) wird die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland, das [[Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland|Grundgesetz]], als „objektive Wertordnung“ gesehen:
Raeber widmete sich zunächst der Lyrik und schrieb Verse voller Sinn- und Deutungsbilder, beeinflusst durch Autoren wie Hölderlin, Rilke, George. Seit der 1957 erschienenen Gedichtsammlung ''Die verwandelten Schiffe'' steht Raebers Lyrik die Welt als ein unerschöpfliches Materialien-Arsenal (''„der größte Synkretismus“'', wie es im Klappentext heißt'')'' zur Verfügung. Ausgelotet wird das in den zwei weiteren Bändchen ''Gedichte'' (1961) und ''Flussufer'' (1963). Das Kontrastprogramm dazu bilden, nach 18-jähriger Pause, die ''Reduktionen'' (1981): 101 Gedichte, meist nur wenige Zeilen umfassend und ''„durch knappes lakonisches, ganz auf das Gewicht von Wort und Vers konzentriertes Sprechen geprägt“''.<ref>Ulrich Hohoff in: ''Handbuch der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur seit 1945.'' München 1990, S. 507.</ref> Völlig neue Bereiche eröffnet Raebers letzter Gedichtband ''Abgewandt Zugewandt'' (1985), vor allem durch die Abteilung der ''Alemannischen Gedichte'', deren experimenteller Charakter durch ein begleitendes ''Nachwort über das schweizerische Sprachdilemma'' kommentiert wird.


Die publizierten Gedichten sind lediglich Kristallisationspunkte eines lyrischen Gesamtwerks, das rund 1000 Gedichte in über 5000 Niederschriften umfasst, deren editorische Erschließung<ref>{{Internetquelle |url=http://www.kunoraeber.ch/lyrik |titel=Kuno Raeber Lyrik. Historisch-kritische Online-Edition |hrsg=Walter Morgenthaler und Thomas Binder |zugriff=2017-12-16}}</ref> detaillierte Einblicke in die Entstehungsweise moderner Lyrik erlaubt.
:„Ebenso richtig ist aber, daß das Grundgesetz, das keine wertneutrale Ordnung sein will&nbsp;…, in seinem Grundrechtsabschnitt auch eine objektive Wertordnung aufgerichtet hat und daß gerade hierin eine prinzipielle Verstärkung der Geltungskraft der Grundrechte zum Ausdruck kommt&nbsp;… Dieses Wertsystem, das seinen Mittelpunkt in der innerhalb der sozialen Gemeinschaft sich frei entfaltenden menschlichen Persönlichkeit und ihrer Würde findet, muß als verfassungsrechtliche Grundentscheidung für alle Bereiche des Rechts gelten; Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung empfangen von ihm Richtlinien und Impulse. So beeinflußt es selbstverständlich auch das bürgerliche Recht; keine bürgerlich-rechtliche Vorschrift darf in Widerspruch zu ihm stehen, jede muß in seinem Geiste ausgelegt werden.“<ref>BVerfG, Urteil vom 15. Januar 1958 - 1 BvR 400/51 – „Lüth-Urteil“ – juris Rn. 26 = BVerfGE 7, 198</ref>


== Auszeichnungen ==
Das Bestehen „eines einheitlichen Wertungsplanes des Gesetzgebers“ mag vielfach eine „ideale Wunschvision“<ref>Bernd Rüthers; Christian Fischer: ''Rechtstheorie: Begriff, Geltung und Anwendung des Rechts.'' – 5., überarb. Aufl. – Beck, München 2010, Rn. 145</ref> sein, zur Not wird sie durch die verbindliche Interpretation der Verfassung durch das BVerfG hergestellt.
* 1967/68: „[[Artist in Residence|poet in residence]]“ am [[Oberlin College]], USA
* 1969: Ehrengabe der [[Bayerische Akademie der Schönen Künste|Bayerischen Akademie der Schönen Künste]]
* 1973: [[Tukan-Preis]]
* 1973: Ehrengabe der Stiftung zur Förderung des Schrifttums (München)
* 1979: Luzerner Literaturpreis
* 1989: [[Preis der Schweizerischen Schillerstiftung]]
* 1991: Kunstpreis der Stadt Luzern


== Zitat ==
Die Einheit der Rechtsordnung ist ein „Gedanke“, eine „Idee“, ein „Prinzip“, ein [[Topos]], der vielfach ins Feld geführt wird, wenn eine Ungleichbehandlung für den Betroffenen nicht nachvollziehbar ist. In älteren Entscheidungen wird dann schon im Fall bloßer Ungleichbehandlung von einem Verstoß gegen die Einheit der Rechtsordnung gesprochen, auch wenn die Ungleichbehandlung gerechtfertigt ist, das heißt, im Ergebnis gerade das Prinzip der Einheit der Rechtsordnung nicht verletzt ist.<ref>BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 1969 – 1 BvR 457/6 – „Bilanzbündeltheorie“ – juris Orientierungssatz: „Die Abweichung ist jedoch, da hier nur die handelsrechtliche Grenzziehung zwischen einer Personengesellschaft und ihren Gesellschaftern durchbrochen wird, unbedenklich und trotz Durchbrechung der Einheit der Rechtsordnung mit GG Art 3 Abs 1 vereinbar.“</ref>
'''„Zikade“'''<br />
''„Einst bleibt / von mir nur noch die Stimme. / Du wirst mich in allen / Zimmern suchen, / auf den Treppen, in den langen / Fluren, in den Gärten, / du wirst mich suchen im Keller, / du wirst mich suchen unter den Treppen. / Einst wirst du mich suchen. / Und überall wirst du nur meine Stimme / hören, meine hoch monoton / singende Stimme. Überall wird / sie dich treffen, überall...“''<ref>''Werke in 5 Bänden''. Band 1: ''Lyrik''. München 2002.</ref>


== Werke ==
Ob gegen das Prinzip der Einheit der Rechtsordnung verstoßen wird, bedarf im Einzelnen der näheren rechtlichen Begründung.
* ''Studien zur Geschichtsbibel [[Sebastian Franck]]s''. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1952 (= Diss. Univ. Basel).
* ''Die verwandelten Schiffe''. Gedichte. Luchterhand, Darmstadt 1957.
* ''Gedichte''. Claassen, Hamburg 1960.
* ''Die Lügner sind ehrlich''. Roman. Claassen, Hamburg 1960. (auch: Ullstein, Frankfurt am Main 1983, ISBN 3-548-26080-2)
* ''Calabria''. Reiseskizzen. Biederstein, München 1961. (auch: Ullstein, Frankfurt am Main 1982, ISBN 3-548-26067-5)
* ''Die Bekehrung Salvador Dalís''. Radio-Essay. 1961.
* ''Flussufer''. Gedichte. Claassen, Hamburg 1963.
* ''Der Brand. Eine vulkanische Katastrophe.'' Hörspiel. 1965.
* ''Missverständnisse''. 33 Kapitel. Biederstein, München 1968. (auch: Ullstein, Frankfurt am Main 1981, ISBN 3-548-26057-8)
* ''Alexius unter der Treppe oder Geständnisse vor einer Katze''. Roman. Luchterhand. Darmstadt 1973, ISBN 3-472-86336-6.
* ''Das Ei''. Roman. Erb, Düsseldorf 1981, ISBN 3-88458-027-2.
* ''Reduktionen''. Gedichte. Ullstein, Frankfurt am Main 1981, ISBN 3-548-38529-X.
* ''Abgewandt zugewandt''. Neue Gedichte. Hochdeutsch und [[Alemannische Dialekte|Luzerner Alemannisch]]. Mit einem Nachwort über das schweizerische Sprachdilemma. Ammann, Zürich 1985, ISBN 3-250-10032-3.
* ''Bocksweg. Ein Mysterium in 12 Bildern.'' Mit Illustrationen von [[Fabius von Gugel]]. Scaneg, München 1989, ISBN 3-89235-305-0.
* ''Sacco di Roma''. Roman. Ammann, Zürich 1989, ISBN 3-250-10117-6.
* ''Vor Anker. Ein bürgerliches Trauerspiel in neunzehn Auftritten.'' Mit Illustrationen von Fabius von Gugel. scaneg, München 1992, ISBN 3-89235-307-7.
* ''Bilder Bilder''. Aus dem Nachlass hrsg. von Jörg Trobitius. Ammann, Zürich 1994, ISBN 3-250-10242-3.
* ''Werke in 7 Bänden''. Herausgegeben von Christiane Wyrwa und Matthias Klein:
** Band 1: ''Lyrik''. Nagel & Kimche, München 2002, ISBN 3-312-00299-0.
** Band 2: ''Erzählende Prosa''. Nagel & Kimche, München 2003, ISBN 3-312-00300-8.
** Band 3: ''Romane und Dramen I''. Nagel & Kimche, München 2002, ISBN 3-312-00295-8.
** Band 4: ''Romane und Dramen II''. Nagel & Kimche, München 2004, ISBN 3-312-00301-6.
** Band 5: ''Essays und kleine Schriften''. Nagel & Kimche, München 2004, ISBN 3-312-00302-4.
** Bände 6/7: ''Aus dem Nachlass''. Scaneg, München 2010, ISBN 978-3-89235-444-4.


=== Übersetzungen ===
''Einheit der Rechtsordnung'' bedeutet nicht, dass Gesetzesbegriffe in jedem Gesetz in gleichem Sinn verwendet werden müssen. Es gilt der allgemeine Grundsatz der Relativität der Rechtsbegriffe und die grundsätzliche Freiheit des Gesetzgebers für ein jeweiliges Gesetz, Gesetzesbegriffe zu verwenden, die von gleich oder ähnlich lautenden Gesetzesbegriffen abweichen.<ref>BVerfG, Beschluss vom 26. März 1969 – 1 BvR 512/66 – juris Rn. 16 = BVerfGE 25, 309: „Wegen der Eigenart des in erster Linie fiskalischen Zwecken dienenden Steuerrechts ist der Gesetzgeber nicht gehalten, bei der Regelung des Verlustabzuges durchgängig an die bürgerlich-rechtliche Ordnung anzuknüpfen (…). Es ist daher von der Verfassung her nicht geboten, daß die Finanzgerichte unter dem Gesichtspunkt der Einheit der Rechtsordnung und der Vorhersehbarkeit der Steuerbelastung die zur Anwendung kommenden steuerrechtlichen Begriffe und Institute stets und ausschließlich entsprechend ihrem bürgerlichrechtlichen Gehalt auslegen.“</ref>
* [[Yves Berger]]: ''Der Süden''. Roman. Hanser, München 1964.
* [[Michèle Perrein]]: ''Ein Mädchen mit Namen Odile''. Roman. Claassen, Hamburg 1958.


=== Film ===
Bei (wirklich) „gleicher“ Interessenlage folgt aus der Einheit der Rechtsordnung, dass die Auslegung verschiedener Gesetze auch gleich zu erfolgen hat.<ref>Vgl. z. B. BAG, urteil vom 18. September 2003 – 2 AZR 330/02 – juris Rn. 15 = NZA 2004, 319:
* ''Kuno Raeber''. Eine Produktion des Saarländischen Rundfunks/Fernsehen, Dok. 12', 1974. Buch und Regie: Klaus Peter Dencker.
„Im Interesse der Einheit der Rechtsordnung ist es deshalb geboten, den Einfluss von rechtlichen Unterbrechungen des Arbeitsverhältnisses sowohl bei der gesetzlichen Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG als auch bei der Berechnung der Kündigungsfrist nach § 622 Abs. 2 BGB gleich zu behandeln.“</ref> Auf Grund des Vorrangs des Gesichtspunktes der Einheit der Rechtsordnung haben dann auch äußerliche „rechtlich-systematische Unterschiede“ zurückzustehen.<ref>BAG, Urteil vom 30. April 1968 – 5 AZR 190/67 – juris Rn. 13 = NJW 1968, 1740:
„Dies wird durch den Gedanken der Einheit der Rechtsordnung erfordert, der höher Beachtung verdient als die rechtlich-systematischen Unterschiede innerhalb der Rechtsordnung.“</ref>

Die Wahrung der Einheit der Rechtsordnung ist ein tragender Gesichtspunkt des Rechtsmittelsystems und der Rechtsmittelfähigkeit. „Denn die Einheit der Rechtsordnung ist im Kern bedroht, wenn gleiches Recht ungleich gesprochen wird.“<ref>BVerfG, Beschluss vom 11. Juni 1980 – 1 PBvU 1/79 – „Nichtannahme einer Revision“ – juris Rn. 48</ref> So hat die Zulassung der Berufung wegen ''grundsätzlicher Bedeutung'' gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO unter anderem den Sinn, die Einheit der Rechtsordnung zu wahren. Dies ist jedoch nur einschlägig, „wenn die klärungsbedürftige Frage mit Auswirkungen über den Einzelfall hinaus in verallgemeinerungsfähiger Form beantwortet werden kann.“<ref>Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 24. Mai 2012 – 3 A 1532/11.Z – juris Rn. 13</ref> Entsprechend dient etwa auch die Vorlagepflicht nach § 45 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, wonach die Entscheidung des Großen Senats herbeizuführen ist, wenn in einer Rechtsfrage ein Senat von einer Entscheidung eines anderen Senats abweichen will, „der Sicherung der Einheit der Rechtsordnung.“<ref>BAG, Urteil vom 16. Januar 1991 – 4 AZR 341/90 – juris Rn. 28, unter der Voraussetzung: „Eine Vorlagepflicht besteht&nbsp;… dann nicht, wenn ein für eine Rechtsfrage unzuständiger Senat beiläufig eine Meinung im Zuständigkeitsbereich eines anderen Senats äußert.“</ref>

Zwar wird in der Rechtswissenschaft teilweise problematisiert, inwieweit der Gesichtspunkt der Einheit der Rechtsordnung auch für das [[Unionsrecht]] gilt.<ref>Das EU-Recht bilde „offensichtlich keine wertungsmäßig folgerichtige Ordnung“ und der EU-Gesetzgeber sei „gar nicht in der Lage, ein umfassendes und konsistentes Wertungsgefüge zu schaffen“, so
Bernd Rüthers; Christian Fischer: ''Rechtstheorie: Begriff, Geltung und Anwendung des Rechts.'' – 5., überarb. Aufl. – Beck, München 2010, Rn. 147, 147a – im Ergebnis, ebd., die Geltung des Einheitsgrundsatzes auch für das Unionsrecht bejahend.</ref> Das Bundesverfassungsgericht führt den Gesichtspunkt der Einheit der Rechtsordnung hingegen mehrfach im unionsrechtlichen Zusammenhang an und spricht von der ''Einheit der Gemeinschaftsrechtsordnung''.<ref>BVerfG, Beschluss vom 30. Juni 2009, 2 BvE 2/08 u.&nbsp;a. – ''Lissabon-Vertrag'' – Rn. 337 = BVerfGE 123, 267 = NJW 2009, 2267: „Der Integrationsauftrag des Grundgesetzes und das geltende europäische Vertragsrecht fordern mit der Idee einer unionsweiten Rechtsgemeinschaft die Beschränkung der Ausübung mitgliedstaatlicher Rechtsprechungsgewalt. Es sollen keine die Integration gefährdenden Wirkungen dadurch eintreten, dass die Einheit der Gemeinschaftsrechtsordnung durch unterschiedliche Anwendbarkeitsentscheidungen mitgliedstaatlicher Gerichte in Frage gestellt wird.“</ref>

Der Topos der ''Einheit der Rechtsordnung'' birgt auch die Gefahr des Missbrauchs, wenn ohne Anhalt in der Verfassung (im unionsrechtlichen Primärrecht) (oder über deren Änderung durch entsprechende Interpretation) unter Berufung auf ein Gebot der Einheit der Rechtsordnung durch die obersten Gerichte Rechtspolitik betrieben wird.<ref>Vgl. ähnlich die Problematisierung der Anwendung der Topoi „rechtsethisches Prinzip“, „Rechtsidee“, „Gerechtigkeit“, „Natur der Sache“ in Verbindung mit der Einheit der Rechtsordnung bei Bernd Rüthers; Christian Fischer: ''Rechtstheorie: Begriff, Geltung und Anwendung des Rechts.'' – 5., überarb. Aufl. – Beck, München 2010, Rn. 147a a.E.</ref>

== Siehe auch ==
* [[Rechtsordnung]]
* [[Stufenbau der Rechtsordnung]]
* [[Auslegung]]


== Literatur ==
== Literatur ==
* [[Gerhard J. Bellinger]], [[Brigitte Regler-Bellinger]]: ''Schwabings Ainmillerstrasse und ihre bedeutendsten Anwohner. Ein repräsentatives Beispiel der Münchner Stadtgeschichte von 1888 bis heute.'' Norderstedt 2003, ISBN 3-8330-0747-8, S. 118–119.
* [[Karl Engisch]]: ''Die Einheit der Rechtsordnung.'' Heidelberg 1935.
* [[Heinrich Detering]] (Hrsg.): ''Kuno Raeber.'' (= ''Text + Kritik Zeitschrift für Literatur.'' Heft 209). edition text + Kritik im Richard Boorberg Verlag, München 2016, ISBN 978-3-86916-464-9.
* Dagmar Felix: ''Einheit der Rechtsordnung: zur verfassungsrechtlichen Relevanz einer juristischen Argumentationsfigur.'' Tübingen 1998.
* Jürgen Egyptien: ''Ein einziges großes Weltgedicht.'' In: ''literaturkritik.de'', Nr. 7/2002.
* Bernd Rüthers; Christian Fischer: ''Rechtstheorie: Begriff, Geltung und Anwendung des Rechts.'' - 5., überarb. Aufl. - Beck, München 2010, Rn. 139-147.
* Jürgen Egyptien: ''Metamorphosen des Erzählens.'' In: ''literaturkritik.de'', Nr. 8/2003.
* Röhl, Klaus F.; [[Hans Christian Röhl]]: ''Allgemeine Rechtslehre.'' 3. Auflage. C. Heymanns, Köln u.a. 2008, § 56 I, S. 451-456; § 71 I, S. 562.
* Jürgen Egyptien: ''(Post-)Moderne Sprachwirbel im Dienste einer Ästhetik der Erlösung.'' In: ''literaturkritik.de'', Nr. 7/2005.
* Peter Schwacke: ''Juristische Methodik.'' Kohlhammer, Stuttgart, 5. Aufl. 2011, S. 7.
* Jürgen Egyptien: ''Der Künstler als Märtyrer und die Kathedrale der Kunst. Zum Prosawerk von Kuno Raeber.'' In: ''Flucht und Dissidenz. Aussenseiter und Neurotiker in der Deutschschweizer Literatur.'' Lang, Frankfurt am Main 1999, ISBN 3-631-35666-8, S. 69–91.
* Christoph Gellner: ''Kuno Raebers literarischer Katholizismus.'' In: ''Stimmen der Zeit.'' Jg. 138, 2013, S. 784–787.
* Ulrich Hohoff: ''Raeber, Kuno.'' In: ''Handbuch der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur seit 1945.'' Nymphenburger, München 1990, ISBN 3-485-03550-5.
* Richard A. Klein (Hrsg.): ''Der Dichter Kuno Raeber. Deutungen und Begegnungen.'' scaneg, München 1992, ISBN 3-89235-777-3.
* Franz Lennartz: ''Raeber, Kuno.'' In: ''Deutsche Schriftsteller des 20. Jahrhunderts im Spiegel der Kritik.'' Band 3, Kröner, Stuttgart 1983, ISBN 3-520-82101-X.
* Walter Morgenthaler: ''Papier fürs Archiv? Zu Kuno Raebers Gedichtnachlass.'' In: Irmgard M. Wirtz, Magnus Wieland (Hrsg.): ''Paperworks : Literarische und kulturelle Praktiken mit Schere, Leim, Papier.'' Chronos, Zürich 2017, ISBN 978-3-0340-1391-8, S. 209–225.
* Christiane Wyrwa: ''Kuno Raeber – sein Werk und sein literarischer Nachlass.'' In: ''Quarto. Zeitschrift des Schweizerischen Literaturarchivs.'' Nr. 12. 1999, S. 70–74, {{ISSN|1023-6341}}.
* {{NDB|21|104||Raeber, Kuno|Christiane Wyrwa|119037475}}.


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references />


== Weblinks ==
{{Rechtshinweis}}
* {{Helveticat}}
* {{Helveticarchives|id=165118}}
* {{DNB-Portal|119037475}}
* [http://www.viceversaliteratur.ch/author/14690 Über Raeber und sein Werk] auf ''viceversaliteratur.ch''
* [http://www.tetramorph.de/raeberlebenundwe.html Über Kuno Raeber, sein Leben und Werk] auf ''tetramorph.de''
* [http://www.kunoraeber.ch/lyrik Kuno Raeber Lyrik]. Historisch-kritische Online-Edition.

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{{Personendaten
[[Kategorie:Juristische Methodenlehre]]
|NAME=Raeber, Kuno
|ALTERNATIVNAMEN=
|KURZBESCHREIBUNG=Schweizer Schriftsteller
|GEBURTSDATUM=20. Mai 1922
|GEBURTSORT=[[Klingnau]]
|STERBEDATUM=28. Januar 1992
|STERBEORT=[[Basel]]
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Version vom 17. Dezember 2017, 16:00 Uhr

Kuno Raeber (* 20. Mai 1922 in Klingnau; † 28. Januar 1992 in Basel) war ein Schweizer Schriftsteller.

Leben

Kuno Raeber wuchs in Luzern auf. An den Universitäten in Zürich, Genf, Paris und Basel studierte er Philosophie, Geschichte sowie Literatur und promovierte 1950 über die „Geschichtsbibel“ von Sebastian Franck. Zunächst sehr religiös und kurz Novize in einem Jesuiten-Kloster, verlor er bald seinen christlichen Glauben und widmete sich intensiv den alten Mythen. Er war 1951–52 Direktor der Schweizer Schule in Rom, war anschließend am Tübinger Leibniz Kolleg und am Europa-Kolleg in Hamburg tätig, um dann ab 1958 als freier Schriftsteller zu leben. Er war Mitglied der Gruppe 47, verbrachte längere Zeit in den USA und wurde 1978 als Mitglied im P.E.N.-Zentrum aufgenommen. Raeber hatte seinen Wohnsitz in München, lebte zeitweise in Rom und starb 1992 während eines Besuchs in Basel an den Folgen seiner AIDS-Erkrankung.

Literarisches Schaffen und literarische Bedeutung

Raebers literarisches Schaffen ist von Religion und früher Geschichte geprägt. Er fügt in seine in der Gegenwart handelnden Erzählstücke – ähnlich wie Jorge Luis Borges – religiöse, mythische und vergangene historische Welten ein: Mythos und Realität schieben sich bei ihm ineinander und vermischen sich. Seine Prosa ist deshalb nicht leicht zu lesen, sie ist verschlüsselt, sprachgewaltig, voller Zeitsprünge und zudem bis zum Extrem mit Sexualität, Gewalt und Mord bestückt.

Raebers Bezug zum antiken Rom ist in den meisten seiner Werke erkennbar.
Bild: Circus Maximus auf dem Palatin
Im Roman Das Ei geht es um die Figur des Täters, der Michelangelos Pietà 1972 zerstören wollte.

Sehr oft ist sein Bezug zum alten Rom erkennbar; er fühlte sich in der Stadt zu Hause, hier spielen nicht nur viele Romane wie zum Beispiel Sacco di Roma, hier interviewte er auch Max Frisch, Uwe Johnson und seine Freundin Ingeborg Bachmann,[1] die ihn zu seinen Schreibexperimenten ermutigte.

Prosa

Raeber schrieb Essays, Rezensionen, Hörspiele, Theaterstücke, Reisebücher und Erzählungen. Seine Romane sind sehr unterschiedlich angelegt. Sein umfangreicher und preisgekrönter Roman Alexius unter der Treppe oder Geständnisse vor einer Katze besteht zum Beispiel aus neunundsiebzig Prosastücken, die umrahmt sind von den „Geständnissen einer Katze“, Episoden einer Beichte jenes reichen Römers Alexius, der nach der Legende Frau und Kinder verließ, viele Jahre als Bettler und Einsiedler lebte und später zurückkehrte und unerkannt unter der Treppe lebte und erst kurz vor dem Tod sich offenbarte. Doch zugleich ist dieser Alexius auch der Anführer einer New Yorker Rockerbande, und so inszeniert der Autor in diesem Roman phantasiereich immer weitere historische und mythische Begebenheiten. Beat Mazenauer bezeichnet den Autor als „eigenwilligen Geist“, er wäre „ein wacher Traditionalist“ gewesen, „der sich nicht in Nostalgie verkroch, sondern die große, vitale Tradition der Geschichte mit allen ihren Spielarten hochleben ließ. Rom, trotz allem, repräsentierte für ihn diese Tradition“.[2]

Der Roman Das Ei

Der einzige Schauplatz des wegen seiner pornographischen und blasphemischen Passagen umstrittenen Romans Das Ei ist Rom. 1972 hatte ein Ungar, der sich für Christus hielt, mit einem Hammer auf die Pietà von Michelangelo eingeschlagen. Der Autor denkt sich in diese Figur hinein und lässt tiefenpsychologische Deutungen vom Aufstand der Söhne gegen die Mutter beziehungsweise Gottesmutter anklingen. Das oft sehr drastische Geschehen, manchmal an Notre-Dame-des-Fleurs von Jean Genet erinnernd, wirkt auf den Leser verstörend: Der Autor lässt den Täter sich in seinen Identitätswahnvorstellungen als Christus, als Kaiser Joseph II. oder als homosexuellen Papst austoben. Den Schlusspunkt seiner wütenden Abrechnung mit Kirche und Christentum setzt eine Bombe in Form eines Eis – das Ei ist ein christliches Auferstehungssymbol –, welche den Petersdom völlig zerstört. Das Werk fällt durch seine ungewöhnliche Wortgewalt und Drastik sowie seine befremdenden Phantasievorstellungen auf.

Lyrik

Raeber widmete sich zunächst der Lyrik und schrieb Verse voller Sinn- und Deutungsbilder, beeinflusst durch Autoren wie Hölderlin, Rilke, George. Seit der 1957 erschienenen Gedichtsammlung Die verwandelten Schiffe steht Raebers Lyrik die Welt als ein unerschöpfliches Materialien-Arsenal („der größte Synkretismus“, wie es im Klappentext heißt) zur Verfügung. Ausgelotet wird das in den zwei weiteren Bändchen Gedichte (1961) und Flussufer (1963). Das Kontrastprogramm dazu bilden, nach 18-jähriger Pause, die Reduktionen (1981): 101 Gedichte, meist nur wenige Zeilen umfassend und „durch knappes lakonisches, ganz auf das Gewicht von Wort und Vers konzentriertes Sprechen geprägt“.[3] Völlig neue Bereiche eröffnet Raebers letzter Gedichtband Abgewandt Zugewandt (1985), vor allem durch die Abteilung der Alemannischen Gedichte, deren experimenteller Charakter durch ein begleitendes Nachwort über das schweizerische Sprachdilemma kommentiert wird.

Die publizierten Gedichten sind lediglich Kristallisationspunkte eines lyrischen Gesamtwerks, das rund 1000 Gedichte in über 5000 Niederschriften umfasst, deren editorische Erschließung[4] detaillierte Einblicke in die Entstehungsweise moderner Lyrik erlaubt.

Auszeichnungen

Zitat

„Zikade“
„Einst bleibt / von mir nur noch die Stimme. / Du wirst mich in allen / Zimmern suchen, / auf den Treppen, in den langen / Fluren, in den Gärten, / du wirst mich suchen im Keller, / du wirst mich suchen unter den Treppen. / Einst wirst du mich suchen. / Und überall wirst du nur meine Stimme / hören, meine hoch monoton / singende Stimme. Überall wird / sie dich treffen, überall...“[5]

Werke

  • Studien zur Geschichtsbibel Sebastian Francks. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1952 (= Diss. Univ. Basel).
  • Die verwandelten Schiffe. Gedichte. Luchterhand, Darmstadt 1957.
  • Gedichte. Claassen, Hamburg 1960.
  • Die Lügner sind ehrlich. Roman. Claassen, Hamburg 1960. (auch: Ullstein, Frankfurt am Main 1983, ISBN 3-548-26080-2)
  • Calabria. Reiseskizzen. Biederstein, München 1961. (auch: Ullstein, Frankfurt am Main 1982, ISBN 3-548-26067-5)
  • Die Bekehrung Salvador Dalís. Radio-Essay. 1961.
  • Flussufer. Gedichte. Claassen, Hamburg 1963.
  • Der Brand. Eine vulkanische Katastrophe. Hörspiel. 1965.
  • Missverständnisse. 33 Kapitel. Biederstein, München 1968. (auch: Ullstein, Frankfurt am Main 1981, ISBN 3-548-26057-8)
  • Alexius unter der Treppe oder Geständnisse vor einer Katze. Roman. Luchterhand. Darmstadt 1973, ISBN 3-472-86336-6.
  • Das Ei. Roman. Erb, Düsseldorf 1981, ISBN 3-88458-027-2.
  • Reduktionen. Gedichte. Ullstein, Frankfurt am Main 1981, ISBN 3-548-38529-X.
  • Abgewandt zugewandt. Neue Gedichte. Hochdeutsch und Luzerner Alemannisch. Mit einem Nachwort über das schweizerische Sprachdilemma. Ammann, Zürich 1985, ISBN 3-250-10032-3.
  • Bocksweg. Ein Mysterium in 12 Bildern. Mit Illustrationen von Fabius von Gugel. Scaneg, München 1989, ISBN 3-89235-305-0.
  • Sacco di Roma. Roman. Ammann, Zürich 1989, ISBN 3-250-10117-6.
  • Vor Anker. Ein bürgerliches Trauerspiel in neunzehn Auftritten. Mit Illustrationen von Fabius von Gugel. scaneg, München 1992, ISBN 3-89235-307-7.
  • Bilder Bilder. Aus dem Nachlass hrsg. von Jörg Trobitius. Ammann, Zürich 1994, ISBN 3-250-10242-3.
  • Werke in 7 Bänden. Herausgegeben von Christiane Wyrwa und Matthias Klein:

Übersetzungen

Film

  • Kuno Raeber. Eine Produktion des Saarländischen Rundfunks/Fernsehen, Dok. 12', 1974. Buch und Regie: Klaus Peter Dencker.

Literatur

  • Gerhard J. Bellinger, Brigitte Regler-Bellinger: Schwabings Ainmillerstrasse und ihre bedeutendsten Anwohner. Ein repräsentatives Beispiel der Münchner Stadtgeschichte von 1888 bis heute. Norderstedt 2003, ISBN 3-8330-0747-8, S. 118–119.
  • Heinrich Detering (Hrsg.): Kuno Raeber. (= Text + Kritik Zeitschrift für Literatur. Heft 209). edition text + Kritik im Richard Boorberg Verlag, München 2016, ISBN 978-3-86916-464-9.
  • Jürgen Egyptien: Ein einziges großes Weltgedicht. In: literaturkritik.de, Nr. 7/2002.
  • Jürgen Egyptien: Metamorphosen des Erzählens. In: literaturkritik.de, Nr. 8/2003.
  • Jürgen Egyptien: (Post-)Moderne Sprachwirbel im Dienste einer Ästhetik der Erlösung. In: literaturkritik.de, Nr. 7/2005.
  • Jürgen Egyptien: Der Künstler als Märtyrer und die Kathedrale der Kunst. Zum Prosawerk von Kuno Raeber. In: Flucht und Dissidenz. Aussenseiter und Neurotiker in der Deutschschweizer Literatur. Lang, Frankfurt am Main 1999, ISBN 3-631-35666-8, S. 69–91.
  • Christoph Gellner: Kuno Raebers literarischer Katholizismus. In: Stimmen der Zeit. Jg. 138, 2013, S. 784–787.
  • Ulrich Hohoff: Raeber, Kuno. In: Handbuch der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur seit 1945. Nymphenburger, München 1990, ISBN 3-485-03550-5.
  • Richard A. Klein (Hrsg.): Der Dichter Kuno Raeber. Deutungen und Begegnungen. scaneg, München 1992, ISBN 3-89235-777-3.
  • Franz Lennartz: Raeber, Kuno. In: Deutsche Schriftsteller des 20. Jahrhunderts im Spiegel der Kritik. Band 3, Kröner, Stuttgart 1983, ISBN 3-520-82101-X.
  • Walter Morgenthaler: Papier fürs Archiv? Zu Kuno Raebers Gedichtnachlass. In: Irmgard M. Wirtz, Magnus Wieland (Hrsg.): Paperworks : Literarische und kulturelle Praktiken mit Schere, Leim, Papier. Chronos, Zürich 2017, ISBN 978-3-0340-1391-8, S. 209–225.
  • Christiane Wyrwa: Kuno Raeber – sein Werk und sein literarischer Nachlass. In: Quarto. Zeitschrift des Schweizerischen Literaturarchivs. Nr. 12. 1999, S. 70–74, ISSN 1023-6341.
  • Christiane Wyrwa: Raeber, Kuno. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 21, Duncker & Humblot, Berlin 2003, ISBN 3-428-11202-4, S. 104 (Digitalisat)..

Einzelnachweise

  1. Kuno Raeber: Begegnungen mit Ingeborg Bachmann. In: Das Schönste. Monatszeitschrift für alle Freunde der Schönen Künste. München. Jg. 9, Heft 1, Januar 1963, S. 52–54.
  2. Beat Mazenauer: Katholik, aber kein Christ. In: Der Bund. 7. Februar 2005.
  3. Ulrich Hohoff in: Handbuch der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur seit 1945. München 1990, S. 507.
  4. Kuno Raeber Lyrik. Historisch-kritische Online-Edition. Walter Morgenthaler und Thomas Binder, abgerufen am 16. Dezember 2017.
  5. Werke in 5 Bänden. Band 1: Lyrik. München 2002.