Die Nachtwache und Jessen (Elster): Unterschied zwischen den Seiten
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{{Infobox Gemeinde in Deutschland |
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{{Dieser Artikel|beschreibt das Gemälde; für den deutschen Film aus dem Jahr 1949 siehe [[Nachtwache (1949)]].}} |
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|Art = Stadt |
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{{Infobox Gemälde |
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|Wappen = Wappen jessen.svg |
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| bilddatei=Rembrandt van Rijn-De Nachtwacht-1642.jpg |
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|Breitengrad = 51/47/30/N |
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| titel=Die Nachtwache |
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|Längengrad = 12/57/20/E |
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| künstler=Rembrandt van Rijn |
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|Lageplan = Jessen (Elster) in WB.svg |
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| jahr=1642 |
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|Bundesland = Sachsen-Anhalt |
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| technik=Öl auf Leinwand |
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|Landkreis = Wittenberg |
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| höhe=363 |
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|Höhe = 72 |
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| breite=437 |
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|PLZ = 06917 |
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| museum=[[Rijksmuseum Amsterdam]] |
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|Vorwahl = 03537, 035387, 035388, 035389 |
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|Gemeindeschlüssel = 15091145 |
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|Adresse = Schloßstraße 11<br />06917 Jessen (Elster) |
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|Website = [http://www.jessen.de/ www.jessen.de] |
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|Bürgermeister = Michael Jahn |
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|Partei = SPD |
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'''Die Nachtwache''' (eigentlich: Die Kompanie Kapitäns Frans Banning Cocq und Leutnant Willem van Ruytenburgh bereit für den Aufbruch zum Marsch, [[Niederländische Sprache|niederländisch]]: ''{{lang|nl|De Nachtwacht}}'') ist ein Gemälde des [[Niederlande|niederländischen]] [[Maler]]s [[Rembrandt van Rijn]]. |
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'''Jessen (Elster)''' ist eine [[Einheitsgemeinde]] mit historischem [[Stadtrecht]] an der [[Schwarze Elster|Schwarzen Elster]] und liegt im östlichen Teil von [[Sachsen-Anhalt]] im [[Landkreis Wittenberg]]. Nach ihrer Fläche ist Jessen die [[Liste der 100 flächengrößten Städte und Gemeinden Deutschlands|elftgrößte Gemeinde]] der Bundesrepublik Deutschland. |
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Das 1642 fertiggestellte Werk gehört zu den holländischen [[Gruppenbild]]nissen von [[Schützengilde]]n und hängt heute im [[Rijksmuseum Amsterdam|Rijksmuseum]] in [[Amsterdam]]. |
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Nach dem Klassifizierungsraster der [[KGSt]] ist Jessen als Gemeindetypus der Größenklasse 6 von 10.000 bis 20.000 Einwohnern zuzuordnen.<ref>https://www.kgst.de/groessenklassen Anhand von Benchmarks werden über die KGSt in Deutschland zentral gesteuert Soll-Bedarfe definiert, die für einwohnerbezeogene Einrichtungen im kommunalen Wirkbereich bindend sind, wie z.B. Mindestanzahl von Schülern. Die Klassifizierung lassen relative Aussagen zum Stand der Entwicklung einer Kommune in Deutschland zu. Dadurch können schlechter oder besser Bewertungen objektiviert werden. Die bewertenden Aussagen im Text stützen sich auf die Erfahrungen der KGSt und ihrer langjährig definierten Soll-Standards. </ref> Die Klassifizierung und Einordnung Jessens in den nachfolgenden Textabschnitten basieren auf Vergleichsringe der KGSt von Gemeinden dieser Größenordnung. |
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== Titel == |
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{{überarbeiten|[[Diskussion:Die_Nachtwache#Titel_des_Bildes.3F|Diskussion (Titel des Bildes)]]}} |
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Der offizielle Titel des Bildes lautet: ''Die Kompanie des [[Frans Banning Cocq]]'' (niederländisch: ''{{lang|nl|De compagnie van Frans Banning Cocq)}}''. |
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== Geographie == |
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Im Familienalbum des Hauptmannes Cocq hat das Bild den Titel ''Der Hauptmann gibt seinem Leutnant den Auftrag, die Bürgerwehr marschieren zu lassen''.<ref name="genie">Franken, Bahre, Kelch: ''Rembrandt. Genie auf der Suche''. DuMont 2006, ISBN 3-8321-7694-2.</ref> |
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[[Datei:Einheitsgemeinde Jessen.jpg|mini|Einheitsgemeinde Jessen im Landkreis Wittenberg]] |
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=== Lage === |
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Jessen liegt im Osten der [[Bundesrepublik Deutschland]] in den [[Die neuen Bundesländer|neuen Bundesländern]]. Der nördliche Teil des Gemeindegebiets gehört zum [[Fläming]], einer leicht welligen Endmoränenlandschaft, vergleichbar mit der [[Mecklenburgische Schweiz|Mecklenburgischen Schweiz.]] Der süd-westliche Gemeindeteil liegt im Elster-Elbeland. |
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Die nächst größere Gemeinde ist Wittenberg, das gleichzeitig Sitz der Kreisverwaltung des [[Landkreis Wittenberg]] ist, zu dem Jessen seit 1994 gehört. Im Osten grenzt das Gemeindegebiet an den brandenburgischen [[Landkreis Elbe-Elster]]. Im Norden der Einheitsgemeinde grenzt Jessen an den brandenburgischen Landkreis [[Teltow-Fläming]]. |
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== Bild == |
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Das Bild zeigt 34 Personen – davon 18 Schützen und 16 weitere Figuren. Im Vordergrund stehen der Hauptmann und sein Leutnant. Zwei hell erleuchtete Figuren in gelber Kleidung beherrschen den Bildaufbau: ein Mädchen im Mittelgrund und der Leutnant im Vordergrund. |
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Die süd-westlich von Jessen gelegenen Nachbargemeinden im Landkreis Wittenberg sind [[Annaburg]], die neu formierte Einheitsgemeinde [[Zahna-Elster]], [[Kemberg]] und [[Bad Schmiedeberg]]. |
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Das Gemälde ist sehr dunkel, manche Details im Hintergrund lassen sich kaum noch ausmachen. Die gängige Erklärung dafür ist, dass im Verlauf der Zeit die zahlreichen [[Firnis]]-Schichten natürlich nachgedunkelt sind.<ref name="tümpel">Christian Tümpel: ''Rembrandt in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten''. Reinbek bei Hamburg 1977, S. 80.</ref> Der Titel ''Nachtwache'' wurde dem Gemälde jedenfalls erst Ende des 18. Jahrhunderts verliehen.<ref name="tümpel" /> |
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=== Landschaftsbild === |
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[[Datei:Schwarze Elster.jpg|miniatur|links|Schwarze Elster]] |
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Im Mittelpunkt des Bildes steht eine [[Bürgerwehr]] aus der Zeit des 17. Jahrhunderts. Es gab ihrer viele, denn die Niederlande rangen damals im [[Achtzigjähriger Krieg|Achtzigjährigen Krieg]] um ihre Loslösung von der Herrschaft der [[Geschichte Spaniens|spanischen]] Krone, ein Unterfangen, das 1648, wenige Jahre nach Fertigstellung des Bildes, durch den [[Westfälischer Friede|Westfälischen Frieden]] von Erfolg gekrönt werden sollte. |
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[[Datei:Hirtenwiese A.jpg|miniatur|links|Hirtenwiese in den Arnsdorfer Bergen]] |
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Das Gebiet der Stadt Jessen umfasst etwa die Hälfte der Fläche des 1994 aufgelösten [[Kreis Jessen|Landkreises Jessen]]. Folglich ist der bebaute Anteil im Verhältnis zur naturalisierten Fläche geringer. Während es im Bereich der Schwarzen Elster und nördlich davon recht waldreich ist, wird das überwiegend ebene Gelände im Südwesten, das sich bis zur [[Elbe]] hinzieht, fast ausschließlich landwirtschaftlich genutzt. Der alte Ortskern wird von der Schwarzen Elster geprägt, die diesen zentral durchfließt. In Abständen von mehreren Jahren kommt es zu Hochwasserständen der Schwarzen Elster und zu Überflutungen von teils bebautem Gebiet. |
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Das nördliche und östliche Gebiet um den Kernort Jessen wird von einem [[Landschaftsschutzgebiet]] durchzogen, in denen die [[Arnsdorfer-Jessener-Schweinitzer Berge]] als Teil einer [[Moräne]] vorkommen. Das Schutzgebiet besteht aus der Landschaft ''[[Kuhlache und Elsteraue bei Jessen]]'' und zu 57 Prozent aus der [[Schwarze Elster-Kuhlache]] und gehört zu der Landschaftseinheit [[Südliches Fläming-Hügelland]].<ref>https://www.sachsen-anhalt.de/fileadmin/Bibliothek/Schulung/Musterdateien_Schulung/Dokumente/lsg1.pdf</ref> Die Bodenqualität ist allgemein gering und erreicht kaum mehr als 35 Bodenpunkte.<ref>http://www.landwirtschaftsunternehmen.de/lunex/y/k/downloads/nl05_2010_12.pdf S.2</ref> Es überwiegt [[Kiefernwald|Kiefer]]- und [[Birken]]bestand in den gemeindeeigenen Forstgebieten. Die Freiflächen sind allgemein landwirtschaftlich genutzt. [[Windpark|Windparks]] mit bis zu 200 Meter hohen Windrädern sind verbreitet und prägen das Landschaftsbild. |
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Der Hauptmann dieser Kompanie hieß [[Frans Banning Cocq]], der neben ihm stehende Leutnant Willem van Ruytenburgh. Die dargestellten Büchsenschützen gehörten der Kloveniers-Gilde an. Etliche weitere Mitglieder der Gilde hat Rembrandt ebenfalls auf dem Gemälde verewigt. Die Namen von 18 Personen sind auf einer Tafel vermerkt, die im Hintergrund zu erkennen ist, aber erst später hinzugefügt wurde. Die restlichen Personen werden in der Fachliteratur als [[Allegorie]]n gedeutet. |
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[[Datei:Weinpresse Jessen.JPG|miniatur|Denkmalgeschützte Weinpresse in Jessen]] |
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Die im Umkreis von Jessen liegenden [[Weinberge]] zählen zu den nördlichsten kommerziell bewirtschafteten Weinbauflächen in Deutschland und gehören zum Anbaugebiet [[Sachsen (Weinbaugebiet)|Sachsen]]. Die hier angebauten Sorten werden weinrechtlich als [[Sächsischer Landwein]] deklariert, obwohl es keine geografische Übereinstimmung mit dem Weinanbau entlang der Mittelelbe rund um Meißen bis Dresden gibt. <ref> http://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Landwirtschaft/Pflanze/Weinbau/ggA_Saechsischer.pdf?__blob=publicationFile S.15</ref> Auf dem [[Gorrenberg]] führte ein mildes [[Mikroklima]] zum Weinanbau. dieser erfolgt bereits seit dem Mittelalter. Die Weinregion in Jessen erlebte ihre Blütezeit im 15. und 16. Jahrhundert mit einer Anbaufläche von ca. 300 Hektar. Selbst [[Martin Luther]] trank Wein aus Jessen. Innerhalb der letzten zwei Jahrhunderte ging der Ertragsweinanbau zurück bis auf 1,25 Hektar, deren Nutzung fast nur noch für den Eigenbedarf ausreichte. Nach der Wende erfuhr der Weinanbau wieder einen Anwuchs und beträgt inzwischen rund 15 Hektar in Jessen entlang der Jessener Berge, einer wellenartigen Erhebung zwischen dem Ortsteil [[Schweinitz (Jessen)|Schweinitz]] und dem Ortsteil Jessen gelegen.<ref>http://www.mz-web.de/jessen/weinanbau-eimerweise-wein-geliefert-1735224</ref> |
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Historiker gehen davon aus, dass sich Rembrandt selbst, wie auf vielen seiner Bilder, ganz im Hintergrund dargestellt. |
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=== Stadtmorphologie === |
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[[Datei:Holzdorf83.jpg|miniatur|überwiegend verbreitete Bebauungsweise in allen Ortsteilen]] |
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Viele Experten haben im Verlauf der Zeit immer wieder versucht, in Amsterdam die Stelle ausfindig zu machen, an der sich die Bürgerwehr versammelt hat, ohne Erfolg. Rembrandt scheint die Kulisse nach seinen Vorstellungen selbst zusammengestellt zu haben. Lediglich die Fahne – sie enthält Anteile des Wappens von Amsterdam – ist ein Hinweis auf die Örtlichkeit. Gut dokumentiert ist, dass die Gilde der Büchsenschützen in den dreißiger Jahren des 17. Jahrhunderts in der Amsterdamer Nieuwe Doelenstraat ein neues Schützenhaus errichten ließ, dessen Portal mit Wappen und Emblemen der Gilde und dessen Festsaal zwischen 1638 und 1645 mit zahlreichen Gruppenporträts ihrer Mitglieder ausgeschmückt wurde.<ref>Tümpel, S. 81.</ref> Eines dieser Gruppenporträts ist Rembrandts berühmtes Gemälde. Es zeigt die Büchsenschützen nicht in der damals oft üblichen starren Porträt-Haltung, sondern in Aktion: Der Hauptmann erteilt seinem Leutnant den Marschbefehl. Jedoch ist die Marschordnung noch nicht vollständig hergestellt, was das relative Durcheinander innerhalb der Teilgruppen auf dem Bild erklärt. Der Rembrandt-Experte [[Christian Tümpel]] schreibt: |
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[[Datei:Eilenburg Platte Weidenweg.jpg|mini|Beispielhafte Bebauung im Neubaugebiet Jessen]] |
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<blockquote>„Dieser Idee der zu erreichenden Ordnung ist das Bildganze zugeordnet, auch die Komposition. Die beiden Offiziere gehen auf die Mitte zu. Viele Spieße und Gewehre lassen in ihrer rhombischen Anordnung schon das Ordnungsprinzip der militärischen Übungen ahnen, wie die Lehrbücher und Illustrationen der Zeit sie zeigen. Die Spannung zwischen dem ‚schon jetzt‘ und ‚noch nicht‘ macht den besonderen Reiz dieser Komposition aus.“<ref>Tümpel, S. 84.</ref></blockquote> |
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Aufgrund der großen Fläche im Vergleich zu einer kleinstädtischen Bevölkerungszahl ist der Charakter einer städtischen Siedlung kaum gegeben. |
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Auf dem Bild sind ferner einige Schützen bei Gewehrübungen dargestellt: Einer lädt das Gewehr, ein zweiter schießt, ein dritter bläst das Pulver ab. Der Fahnenträger, der eine Fahne mit dem Amsterdamer Wappen mit sich führt, verdeutlicht zusätzlich, dass es sich um eine Amsterdamer Schützenkompanie handelt, denn im Niederländischen ist das Wort für „Fahne“ und „Kompanie“ identisch. |
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In der [[Bebauungsweise]] dominieren in den ländlichen Orten einfache [[Kate (Hütte)|Bauernkaten]], die oftmals mehr als 100 Jahre alt sind. Regionaltypisch finden sich in den ländlichen Ortsteilen häufig auch größere [[Gehöft|Gehöfte]] mit einfachen roten [[Backstein|Backsteinfassaden]]. Die Bebauungshöhe erreicht selbst im Kerngebiet kaum mehr als drei Stockwerke. Die [[Fassade|Fassadengestaltung]] der Bebauung ist auf dem gesamten Gemeindegebiet schlicht und monoton im Stil der [[Neue Sachlichkeit (Architektur)|Neuen Sachlichkeit]] gehalten. Die Grundrisse der Hochbauten sind überwiegend einfach symmetrisch viereckig ohne irgendeine Formenvarianz, vergleichbar mit dem DDR-Einfamilienhaus vom Typ [[EW 58]]. Die Bebauungsdichte ist locker und lückenhaft. Der Flächeneinsatz im innerstädtischen Gebiet ist sehr hoch und die Flächenausdehnung der Orte einschließlich der [[Grünfläche|Grünflächen]]anteile hoch. Folglich gehört die Einheitsgemeinde Jessen zu den flächenmäßig größten Gemeinden Deutschlands bei einer vergleichsweise sehr geringen Bevölkerungszahl von weniger als 15.000 Einwohnern. |
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Die ländlicheren Ortsteile Jessens sind häufig [[Rundling]]s- oder [[Straßendorf|Straßendörfer]]. Der Ortsteil Jessen zerfällt dagegen in drei große Bebauungsgebiete, einem großen Gewerbegebiet Richtung Wittenberg, einem Neubaugebiet Richtung Schweinitz und der [[Altstadt]] Richtung Annaburg. Das östlich gelegene Neubaugebiet entstand im 20. Jahrhundert und weist einen hohen Anteil von Plattenbauten aus der Zeit der DDR auf. Der altstädtische Kern Jessens besteht aus historischer Bausubstanz ohne höhere Gestaltungsformen oder zeittypische Dekorelemente. Die Schwarze Elster durchfließt den Ort Jessen zentral. Die [[Bahnstrecke Dessau–Falkenberg/Elster]] durchquert den Ort ebenso zentral. Auch die [[B 187 |B187]] durchkreuzt den Ort Jessen zentral von Wittenberg nach Schweinitz. |
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Bei den für Rembrandt typischen Hell-Dunkel-Kontrasten fällt eine Person besonders auf: Es ist eine kleine Frau, die als solche der Bürgerwehr nicht angehört haben kann. Sie soll nach Meinung vieler Experten eine [[Marketender]]in darstellen, eine die Truppe betreuende und begleitende Händlerin. Nach „offizieller“ Interpretation des Rijksmuseums ist dieses Mädchen das Maskottchen der Truppe. Wie bei Rembrandt oft anzutreffen, ähneln ihre Gesichtszüge seiner Frau [[Saskia van Uylenburgh|Saskia]]. Am Gürtel trägt sie ein ungerupftes Huhn, die Klauen des Tieres sind besonders sorgfältig ausgearbeitet. Klauen waren ein Zeichen von Schützen-Gilden, das Wort ''Kloven'' leitet sich aus ''Klauw'' (Klaue) ab und steht für Gewehrkolben. Dieses Bilddetail ist also ein weiterer Hinweis darauf, dass auf dem Gemälde Porträts von Mitgliedern einer Büchsenschützengilde (niederländisch: Kloveniers-Gilde) verewigt worden sind. |
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=== Klima === |
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[[Datei:Klimadiagramm-deutsch-Jessen-Elster (ST)-Deutschland.png|mini|links|Klimadiagramm von Jessen (Elster)<ref>[http://www.dwd.de/bvbw/appmanager/bvbw/dwdwwwDesktop?_nfpb=true&_pageLabel=_dwdwww_klima_umwelt_klimadaten_deutschland Deutscher Wetterdienst, Normalperiode 1961-1990]</ref>]] Jessen liegt klimatisch in der [[Übergangsklima|Übergangszone]] zum kontinentalen Klima. |
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Die durchschnittliche Lufttemperatur in Jessen beträgt 9,2 °C, der jährliche Niederschlag 533 Millimeter. Der Regen fällt örtlich sehr unterschiedlich aus. Im Gemeindegebiet gibt es mehrere Wetterscheiden. Die nördlichen Gebiete erhalten eher weniger Niederschlagsmengen als die Näher zur Schwarzen Elster hin gelegenen. Im Februar ist mit dem geringsten Niederschlag im Jahr zu rechnen. Es fallen im Februar durchschnittlich 32 mm. Im Gegensatz dazu ist der Juni der niederschlagsreichste Monat des Jahres mit 66 mm Niederschlag. Im Winter fällt seit Jahren kaum noch Schneefall an. Langanhaltende Frostperioden sind in den letzten zwei Jahrzehnten kaum mehr aufgetreten. Das flache Land begünstigt einen durchgehenden Windeinfall. |
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=== Stadtteile === |
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Die Einheitsgemeinde Jessen hat 44 Ortsteile einschließlich der ehemaligen Stadt Jessen.<ref>[http://www.jessen.de/files/downloads/satzungen/10_1_.pdf Hauptsatzung der Stadt Jessen] (PDF; 42 kB)</ref> Der namensgebende Ort Jessen hat 6237 Einwohner im Jahr 2017.<ref>http://www.jessen.de/stadtportal/ortsteile/jessen.html</ref> Das sind 43,8 % Bevölkerungsanteil im Vergleich zur Gesamteinwohnerzahl der Einheitsgemeinde. Der namensgebende Ort der Einheitsgemeinde ist also kleiner als die eingegliederten Ortsteile. |
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Jessen als Kernort ist zentraler Anlaufpunkt für alle umliegenden Orte und bildet das eigentliche [[Grundzentrum]] mit einigen übertragenen Aufgaben eines [[Mittelzentrum|Mittelzentrums]]. Der Ort Jessen liegt mittig innerhalb des Gemeindegebiets, so dass eine Anfahrt per Auto vom äußersten entfernten Gemeindeteil bis ins Zentrum etwa 20 Minuten veranschlagt. Aufgrund der hohen Landschaftsanteile ist die [[Bevölkerungsdichte]] niedrig und liegt um ein Mehrfaches unterhalb des bundesdeutschen Durchschnitts. |
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Nach Jessen sind Schweinitz, Holzdorf, Seyda und Klöden die nächstgrößeren Orte, die zugleich noch über eine sehr einfache Basis-Infrastruktur verfügen. Schweinitz und Seyda sind als ehemalige eigenständige [[Städte]] fett markiert. |
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* [[Arnsdorf (Jessen)|Arnsdorf]] |
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* [[Battin (Jessen)|Battin]] |
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* [[Buschkuhnsdorf]] |
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* [[Dixförda]] |
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* [[Düßnitz]] |
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* [[Gentha]] |
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* [[Gerbisbach]] |
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* [[Glücksburg (Jessen)|Glücksburg]] |
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* [[Gorsdorf]] |
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* [[Grabo]] |
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* [[Großkorga]] |
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|width="200" valign="top"| |
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* [[Hemsendorf]] |
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* [[Holzdorf (Jessen)|Holzdorf]] |
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* Jessen (Elster) |
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* [[Kleindröben]] |
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* [[Kleinkorga]] |
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* [[Klöden]] |
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* [[Klossa]] |
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* [[Kremitz]] |
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* [[Leipa (Jessen)|Leipa]] |
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* [[Linda (Elster)]] |
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* [[Lindwerder (Jessen)|Lindwerder]] |
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* [[Lüttchenseyda]] |
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* Mark Friedersdorf |
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* [[Mark Zwuschen]] |
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* [[Mauken (Jessen)|Mauken]] |
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* [[Mellnitz (Jessen)|Mellnitz]] |
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* [[Mönchenhöfe]] |
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* [[Morxdorf]] |
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* [[Mügeln (Jessen)|Mügeln]] |
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* [[Naundorf bei Seyda]] |
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* [[Neuerstadt]] |
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* [[Rade (Jessen)]] |
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|width="200" valign="top"| |
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* Rehain |
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* [[Reicho]] |
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* [[Ruhlsdorf (Jessen)|Ruhlsdorf]] |
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* [[Rettig (Jessen)|Rettig]] |
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* [[Schadewalde]] |
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* [[Schöneicho]] |
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* [[Schützberg]] |
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* '''[[Schweinitz (Jessen)|Schweinitz]]''' |
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* '''[[Seyda]]''' |
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* [[Steinsdorf (Jessen)|Steinsdorf]] |
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* [[Zwuschen]] |
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== Bevölkerung == |
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=== Bevölkerungsentwicklung des namensgebenden Ortsteils der Einheitsgemeinde Jessen (Elster) === |
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{| class="wikitable" |
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|+ Stadtbevölkerung Ort Jessen<ref>http://www.verwaltungsgeschichte.de/schweinitz.html</ref> |
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! 1875 !! 1880 !! 1890 !! 1925 !! 1933 !! 1939!! 2017 |
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|- |
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| 2417 || 2591|| 2595 || 3157 || 3698 || 4156 || 6237 |
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Im Unterschied zu allen anderen Ortsteilen der Einheitsgemeinde Jessen, weist Jessen in der Langzeitbetrachtung einen signifikanten Anstieg der Bevölkerungszahlen auf. Dennoch ist die Bevölkerung im Ort Jessen seit 1990 nicht mehr signifikant gewachsen. |
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=== Historische Bevölkerungsentwicklung des Altkreis Jessen und der Einheitsgemeinde Jessen === |
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Die Zahl der Einwohner des ehemaligen [[Kreis Jessen]] weist seit 1955 einen kontinuierlichen Rückgang auf. Zu diesem Kreis gehörten zusätzlich die heutige Einheitsgemeinde Annaburg. Von der heutigen Einheitsgemeinde [[Zahna-Elster]] gehörten die ehemalige Gemeinde Elster, Listerfehrda, Gadegast, Zemnick zum Kreis Jessen. |
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Bevölkerungsentwicklung seit 1955: |
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{| class="wikitable" |
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|+ Bis 1990: Kreis Jessen<ref>http://www.verwaltungsgeschichte.de/schweinitz.html</ref><br> seit 1995: Einheitsgemeinde Jessen (Elster)<ref>https://www.citypopulation.de/php/germany-sachsenanhalt_d.php?cityid=15091145</ref> |
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! 1955 !! 1960 !! 1975 !! 1990 !! 1995 !! 2001 !! 2011 !! 2015 |
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|- |
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| 36.500 || 34.956 || 33.049 || 32.800|| 18.486|| 17.170 || 14.620 || 14.215 |
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|} |
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Rechnet man die gemeindebezogenen heutigen Einwohnerzahlen aller Gemeinden die auf dem Territorium des Altkreis Jessen liegen zusammen, ergeben sich folgende Bevölkerungszahlen für den Zeitraum 2012 bis 2015: |
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{| class="wikitable" |
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! Ort !! Einheitsgemeinde Jessen (Elster)!! Einheitsgemeinde Annaburg !! Ortsteil Elster !! Ortsteil Listerfehrda !! Ortsteil Gadegast !! Ortsteil Zemnick!! '''Gesamt''' |
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|- |
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| Jahr ||2015 || 2015 || 2012 || 2012 || 2012 || 2012|| '''2015/2012''' |
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|- |
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| Einwohner|| 14.215 || 6932 || 2362|| 316 || 204|| 102||'''24.131''' |
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|} |
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Ausgehend vom Höchststand der Einwohnerzahlen des Alt-Kreis Jessen von 1955 ist die Zahl der Einwohner auf dem Gebiet des Altkreis Jessen seitdem bis heute um 66 Prozent zurückgegangen. Statistisch bedeutet das 1955 auf dem Gebiet der heutigen Einheitsgemeinde Jessen 21.537 Einwohner lebten, und damit 7322 Menschen mehr als zum heutigen Zeitpunkt. Im Vergleich dazu ist die Gesamtbevölkerung Deutschlands in diesem Zeitraum sogar leicht gewachsen. Jessens Bevölkerungsentwicklung weicht damit statistisch signifikant vom Bundesdurchschnitt ab. Es gibt eine über 70 Jahre andauernde Bevölkerungsreduktion in der Gemeinde Jessen. |
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Die Ursachen für die langanhaltende [[Landflucht]] liegen in einem allgemeinen [[Urbanisierung]]strend. Die weggebrochenen Lebensmittelpunkte der Bewohner in Folge der Wendezeit haben die Mobilität der Bevölkerung seitdem noch ein mal erhöht. |
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Seit wenigen Jahren ist eine vermehrte Rücksiedelung ehemaliger Einwohner in das Gemeindegebiet zu verzeichnen.<ref>https://www.wegweiser-kommune.de/kommunale-berichte/demographiebericht/jessen-elster.pdf. S.4f</ref> |
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=== Aktuelle Bevölkerungsstatistiken der Einheitsgemeinde Jessen (Elster)=== |
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Das durchschnittliche [[Medianalter]] der Jessener Bevölkerung liegt bei 51,4 Jahren.<ref>https://www.wegweiser-kommune.de/kommunale-berichte/demographiebericht/jessen-elster.pdf.</ref> |
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Im Jahr 2011 waren 87 [[Ausländer]] in Jessen gemeldet. Von dieser kleinen Gruppe Ausländer stellten Polen und Russen die Meisten Angehörigen.<ref>https://www.citypopulation.de/php/germany-sachsenanhalt_d.php?cityid=15091145</ref> |
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[[Wittenberg]] bildet für die Jessener Bevölkerung das nächste [[Mittelstadt|mittelstädtische]] Zentrum. Die mittlere Güterversorgung wird von dort bezogen. Die Verflechtungen mit den angrenzenden brandenburgischen Gemeinden sind allgemein historisch bedingt niedrig. |
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== Geschichte == |
== Geschichte == |
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=== Zusammenfassung === |
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[[Datei:Nachtwacht-kopie-van-voor-1712.jpg|mini|Diese frühe Kopie zeigt, welche Teile abgeschnitten wurden]] |
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Historisch gehört das Elbe-Elster-Land zu einer [[Peripherie|peripheren]] und ärmlichen Region mit niedriger Bevölkerungsdichte, weitab von großstädtischen und pulsierenden Zentren wie [[Leipzig]] oder [[Berlin]]. Kulturhistorisch ist das Jessener Land ein Teil des preußisch geprägten [[Ostelbien]] gewesen, in der feudale Agrarstrukturen und ein konservatives [[Junkertum]] sich bis in das 20. Jahrhundert hinein als Kulturform halten konnten. |
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[[Datei:August Jernberg - Treppenhuis - Google Art Project.jpg|mini|Wiedergabe der ''Nachtwache'' durch [[August Jernberg]] in seinem Genrebild ''Die Besucher vor Rembrandts Nachtwache in Amsterdam'', 1885]] |
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''Die Nachtwache'' ist eines der bekanntesten und auch beliebtesten Gemälde Rembrandts. |
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Es war für den Festsaal der Amsterdamer Schützengilde bestimmt und blieb dort bis 1715. In diesem Jahr kam es ins Amsterdamer Rathaus und wurde an allen vier Seiten beschnitten, weil das ursprüngliche größere Format nicht zum neuen Standort passte. (Das Originalgemälde war 4,02 Meter hoch und 5,10 Meter breit.) Deutlich wird die Beschneidung vor allen Dingen auf der rechten Seite: Der Trommler ist in der Mitte durchgeschnitten. |
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Jessen blieb in seiner Geschichte bis zum [[Wiener Kongress]] 1815 ein unbedeutendes [[Ackerbürger|Ackerbürgerstädtchen]]. Das nächstgelegene Verwaltungszentrum bildete Schweinitz, das heute ein Ortsteil von Jessen ist. Ebenso hatte Seyda eine gewisse Bedeutung als Verwaltungssitz gehabt im kursächsischen Staatswesen. Die Bedeutung Jessens wuchs erst mit der Inkorporierung großer sächsischer Landesgbeiete in den preußischen Staat. In der Zeit der DDR wurde Jessen dann erstmalig [[Kreisstadt]] bis es 1994 als kreisangehörige Gemeinde in den Landkreis Wittenberg eingegliedert wurde. |
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In der Londoner Nationalgalerie hängt eine von [[Gerrit Lundens]] (1622–1683) im 17. Jahrhundert gemalte verkleinerte Kopie der ''Nachtwache'', die das Bild in seiner ursprünglichen, unbeschnittenen Fassung zeigt.<ref>[http://www.nationalgallery.org.uk/cgi-bin/WebObjects.dll/CollectionPublisher.woa/wa/work?workNumber=ng289 Nationalgalerie London]</ref> Ob zusätzlich Restauratoren im späteren 17. oder 18. Jahrhundert mit einem ergänzenden gelb-braunen Firnis dem Bild zu einem sogenannten „[[Galerieton]]“ verhalfen, ist nicht geklärt. |
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Kulturhistorisch entwickelte sich Jessen während der Zeit der DDR von 1949 bis 1989 zu einer geringer entwickelten und gesellschaftlich weniger ausdifferenzierten Arbeiter- und Bauernstadt, in der die [[Bürgerlich|bürgerliche Kultur]] unterdrückt und zurückgedrängt wurde. So kam es auch in Jessen zu Enteignungen in größerem Ausmaß, behördlichen Überwachungen und Drangsalierungen und einem allgemeinen Stillstand in der wirtschaftlichen Entwicklung. |
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Der Maler und Kunsthistoriker [[Samuel van Hoogstraten]] kritisierte seinen früheren Lehrmeister, indem er über die ''Nachtwache'' äußerte: |
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<blockquote> |
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„Doch hätte ich es besser gefunden, wenn er sie heller ausgeführt hätte.“<ref name="genie" /> |
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</blockquote> |
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Hoogstratens Anmerkungen trugen zu dem Mythos bei, dass das berühmte Gruppenporträt abgelehnt wurde und dass Rembrandt deshalb ruiniert worden sein soll. Tatsächlich beteiligten sich alle Mitglieder der Schützengilde, die auf dem Gemälde dargestellt sind, an der Bezahlung des Auftragsbildes, das später 4000 Brabanter oder Kronenthaler erzielte. |
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Seit 1990 erholt sich das gesellschaftliche Gefüge in Jessen langsam wieder. Bis heute konnte der Rückstand im Vergleich zum westlichen Teil der Bundesrepublik verringert werden. Das allgemeine Lebensniveau liegt aber immer noch deutlich unter dem Niveau gleichgroßer Gemeinden in den alten Bundesländern. |
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== Restaurierung im 19. Jahrhundert == |
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[[Günther Gensler]] (1803–1884) gab nach seinem Aufenthalt 1837 in Amsterdam an, dass der Maler und Bildreiniger Hogmann das Gemälde unter anderem auf eine neue Leinwand aufgezogen habe.<ref>[http://booksnow2.scholarsportal.info/ebooks/oca4/7/diegenslerdreiha00bruoft/diegenslerdreiha00bruoft.pdf Die Gensler, drei Hamburger Malerbrüder] (PDF; 11,9 MB) S. 16, ebooks, abgerufen am 18. Januar 2012</ref> |
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=== Allgemeine Geschichte === |
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== Vandalismus == |
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==== Mittelalter, Frühe Neuzeit ==== |
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{{Siehe auch|Herostratentum}} |
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Das Jessener Land gehörte im [[Frühmittelalter]] zum Siedlungsgebiet der [[Elbslawen]]. Im Rahmen der [[Deutsche Ostkolonisation|deutschen Ostkolonisation im Mittelalter]] setzte ab dem 12. Jahrhundert im heutigen Raum Jessen die Besiedelung durch deutsche Kolonisten ein. Die slawische Kultur und Lebensform wurde in den folgenden Jahrhunderten durch zum Teil kriegerische Feldzüge deutscher Heerführer sukszessive zurückgedrängt und die Jessener Gegend in den Verbund des [[Heiliges Römisches Reich|Heiligen Römischen Reichs]] eingegliedert. |
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Die Anfänge Jessens bildete das heutige [[Schloss Jessen (Elster)|Schloss Jessen]]. Gegen Ende des 12. Jahrhunderts wurde am heutigen Standort des Schlosses erstmals ein Turmhügel mit einem aus Holz bestehenden Wehrturm errichtet. 1216 wurde der Ort erstmals urkundlich als ''Jezzant'' erwähnt. Die Urkunde von Bischof [[Siegfried II. (Brandenburg)|Siegfrieds II.]] von Brandenburg wurde am 28. Dezember 1217 ausgestellt, da damals aber ein neues Jahr am 25. Dezember begann, war der Tag nach dem heutigen Kalender der 28. Dezember 1216. Der heutige Ort Jessen ohne die nördlicher gelegenen Gemeindeteile befand sich zu dieser Zeit auf dem Gebiet der [[Grafschaft Brehna]]; als die Grafen von Brehna im Familienstamm ausstarben, fiel das Gebiet an die Wittenberger [[Askanier]] und gehörte fortan zu [[Sachsen-Wittenberg]], eines der sieben [[Kurfürstentum|Kurfürstentümer]] des Heiligen Römischen Reiches, das vom nahegelegenen Wittenberg regiert wurde. Als Stadt mit eigenen Ratssiegel und Stadtwappen wurde Jessen seit 1358 erwähnt. 1422 starb die Familie der [[Askanier|Wittenberger Askanier]] aus. Die nachfolgende Herrschaftswürde ging an die [[Markgrafen von Meißen]]. Das [[Kurfürstentum Sachsen]] umfasste nun neben dem [[Kurkreis]], zu dem Jessen weiterhin gehörte auch die Markgrafschaft Meißen. Der Residenzsitz der Kurfürsten blieb aber zunächst im westlich von Jessen gelegenen [[Wittenberg]] oder dem weiter südlich gelegenen [[Torgau]]. Die sächsischen Kurfürsten hielten sich häufig auf dem heutigen Gemeindegebiet auf, um zum Beispiel in der [[Glücksburger Heide]] mit dem zugehörigen [[Jagdschloss Glücksburg]] Jagden durchzuführen. Auch im heute nicht mehr erhaltenen [[Schloss Schweinitz]] residierten häufiger sächsische Kurfürsten. Hier verstarb auch der Kurfürst [[Johann der Beständige]] am 16. August 1532. Das heute zu Jessen gehörende [[Schweinitz (Jessen)|Schweinitz]] bildete ebenso wie [[Amt Seyda|Seyda]] im Kurfürstentum Sachsen ein eigenes Amt. Der Ort Jessen wurde administrativ zum [[Amt Schweinitz]] zugeordnet. |
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Die ''Nachtwache'' war im 20. Jahrhundert dreimal Gegenstand von [[Vandalismus]]. |
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* Am 13. Januar 1911 stach ein arbeitslos gewordener Marinekoch mit einem Messer auf das Bild ein. Er wollte damit am Staat für seine Situation eine Art Vergeltung üben. |
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Der Gorn, ein Hauswein der Askanier, wurde seit dem späten Mittelalter von [[Schloss Lichtenburg|Lichtenburger]] [[Antoniter-Orden|Antonitermönchen]] auf dem Gorrenberg angebaut und prägt seither das städtische Selbstverständnis der Jessener Bevölkerung als Weinstadt. |
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* Am 14. September 1975<ref>Hijmans, Willem, Luitsen Kuiper, Annemarie Vels Heijn: ''Rembrandt’s Nightwatch. The history of a painting.'' Alphen aan den Rijn, A. W. Sijthoff, 1978</ref> attackierte ein arbeitsloser Lehrer Rembrandts Bild mit einem Küchenmesser und zerschnitt damit die Leinwand.<ref>{{Literatur|Autor=Ingeborg Ruthe|Titel=[http://www.berliner-zeitung.de/archiv/die-geschichte-der-kunstattentate--vor-25-jahren-zerschnitt-ein-mann-rembrandts--nachtwache--alle-stile-sollen-brennen,10810590,9830906.html Alle Stile sollen brennen] |Sammelwerk=Berliner Zeitung|Datum=6. September 2000}}</ref> Obwohl das Gemälde nach aufwendigen Restaurierungsarbeiten wieder gezeigt werden konnte, blieben leichte Spuren dieses folgenschwersten Attentats zurück. |
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Ende 1517 begann in Wittenberg die [[Reformation]] die sich europaweit ausbreitete. Bereits 1522 wurde durch den neu ernannten Pfarrer Urban Specher die veränderte Kirchendogmatik in Jessen eingeführt und mit der katholischen Lehrform gebrochen. Der Ort gehörte damit zum Kerngebiet der Reformation. [[Martin Luther]] hielt sich im Rahmen von [[Kirchenvisitation|Kirchenvisitationen]] mehrfach in Jessen Seyda und [[Schweinitz (Jessen)|Schweinitz]] auf und predigte 1533 in der Stadtkirche. |
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* Am 6. April 1990 versprühte eine psychisch kranke Person aus einer Flasche Schwefelsäure auf das Bild.<ref>[http://www.nytimes.com/1990/04/28/arts/vandalized-rembrandt-to-go-back-on-display.html ''Vandalized Rembrandt To Go Back on Display''] - AP, via The New York Times, 28. April 1990</ref> Dass die Säure aus der Pumpflasche lediglich die Lackschicht des Anstrichs angreifen konnte, lag zum einen daran, dass die Wachen in Geistesgegenwart Wasser auf das Gemälde spritzten; zum anderen an einer kurz nach dem Attentat 1975 vorsorglich aufgebrachten [[Firnis]]schicht, die vollständig wiederhergestellt werden konnte. |
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Sowohl im [[Schmalkaldischer Krieg|Schmalkaldischen Krieg]] als auch im [[Dreißigjähriger Krieg|Dreißigjährigen Krieg]] wurde Jessen stark beschädigt. |
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In der Nacht vom 20. zum 21. September 1729 vernichtete ein Brand große Teile der Stadt. |
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==== 19. Jahrhundert ==== |
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In den [[Befreiungskriege]]n war Jessen nahezu ständig von französischen, preußischen oder russischen Truppen besetzt. Im Oktober 1813 befand sich das Hauptquartier von [[Gebhard Leberecht von Blücher|Blücher]], [[Johann David Ludwig Graf Yorck von Wartenburg|Yorck]] und [[Bogislav Friedrich Emanuel von Tauentzien|Tauentzien]] im Jessener Schloss. Im Vorfeld der [[Schlacht bei Dennewitz]] wurden die nördlichen Gemeindeteile um Seyda Schauplatz von Gefechten. Nach jahrhundertelanger Zugehörigkeit zu Sachsen wurde der Ort 1816 infolge des [[Wiener Kongress]]es preußisch und Jessen zum [[Kreis Schweinitz]] zugeordnet. |
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1838 wurde das erste „Schulfest“ gefeiert, das auch heute noch stattfindet. Es bildet traditionell den kulturellen Jahreshöhepunkt in Jessen und wird als Anlass für Familientreffen und Rückkehrertreffen ehemaliger Einwohner genutzt. Die Festlichkeiten finden über zwei Wochen Anfang August jeden Jahres statt und werden von allen Vereinen des Ortes getragen.<ref>https://www.wochenspiegel-web.de/wisl_s-cms/_wochenspiegel/7459/Wittenberg/35164/_Jessen_schreibt_Geschichte_.html</ref> |
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Aufgrund der ländlichen Lage Jessens und seines Umlandes weitab von urbanen Zentren wie Leipzig oder Berlin wurde im Zeitalter des mitteleuropäischen Städtewachstums im 19. und 20. Jahrhunderts deren Siedlungs- und Wachstumsdynamik nicht auf das Jessener Umland übertragen. |
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In der Zeit der [[Industrialisierung]] nahm Jessen einen bescheidenen wirtschaftlichen Aufschwung. Der Stadtbürger [[Herrmann Fuhrmann]] gründete 1879 die ''Metallwarenfabrik G. Fuhrmann’s Sohn OHG'' und entwickelte sie zu einem Hersteller von verzinkten Haus- und Küchengeräten sowie Stanzteilen mit mehr als 200 Beschäftigten. Damit wurde in Jessen die mittelständische Metallbearbeitungsbranche heimisch, die sich am gleichen Standort bis heute unter den Namen ''Stanz- und LaserTechnik Jessen GmbH '' fortsetzt. |
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Am 15. Oktober 1875 wurde der Abschnitt Wittenberg–Falkenberg der [[Bahnstrecke Roßlau–Falkenberg/Elster]] durch die [[Berlin-Anhaltische Eisenbahn-Gesellschaft]] eröffnet und Jessen an das Eisenbahnnetz angeschlossen. Zuvor war bereits die Strecke Jüterbog Herzberg am 1. Juli 1848 als Teilstrecke der [[Bahnstrecke Jüterbog–Röderau]] durch die BAE in Betrieb genommen. Das zu Jessen gehörende [[Holzdorf (Jessen)|Holzdorf]] und [[Linda (Elster)|Linda]] erhielten dadurch Anschlüsse an das Bahnnetz. |
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==== 20. Jahrhundert ==== |
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Bei der [[Reichstagswahl 1933|Reichstagswahl vom 5. März 1933]] wählten im Landkreis Schweinitz, zu dem die heutige Einheitsgemeinde Jessen gehörte, bei einer Wahlbeteiligung von 87,3 Prozent 69,8 Prozent der Wähler die [[NSDAP]] und 14,1 Prozent die [[DNVP]]. Fast 84 Prozent der Bevölkerung des Wahlkreis Schweinitz unterstützten damit die demokratisch legitimierte Machtergreifung der NSDAP unter [[Adolf Hitler]]. Die stärkste demokratisch gesinnte Partei war die [[SPD]] die noch 9,4 Prozent der Stimmen erhielt. Das Wahlverhalten wich damit erheblich vom Reichsdurchschnitt ab. |
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Bis 1945 gehörte Jessen zum [[Landkreis Schweinitz]] in der preußischen [[Provinz Sachsen]], danach zu [[Sachsen-Anhalt]]. |
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Im April 1945 kam es auch auf dem Gemeindegebiet zu [[Todesmärsche von KZ-Häftlingen|Todesmärschen]] von KZ-Häftlingen aus dem [[KZ Langenstein-Zwieberge]]. Die Route verlief vom 19. April von [[Prettin]] in Richtung Jessen mit einer Übernachtung in der Kirche. 60 Häftlinge verloren auf dieser Strecke ihr Leben. In den Abendstunden des 20. Aprils schleppte sich der Zug durch [[Gentha]]. Auch hier wurden mehrere KZ-Häftlinge erschossen. Der Treck setzte sich weiter Richtung Seyda nach Genthin. |
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Ende April 1945 wurde das Jessener Land im Rahmen der [[Schlacht um Berlin]] von Truppen der 13. Armee und der 5. Garde-Armee der [[1. Ukrainische Front|1. Ukrainischen Front]] der [[Rote Armee|Roten Armee]] besetzt. Es kam in einigen Ortsteilen noch zu vereinzelten Kampfhandlungen oder Bombardierungen ohne das das Verlauf geändert worden wäre. Es kam teils zu Verschleppungen von Zivilpersonen durch sowjetische Soldaten ohne das deren Schicksal geklärt werden konnte. |
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Die [[Glücksburger Heide]] wurde fortan militärisches Sperrgebiet und Übungsgebiet für die Rote Armee. [[Rotarmist|Rotarmisten]] gehörten bis zu ihrem Abzug 1992 zu einem natürlichen Straßenbild in Jessen. Sie hielten das Areal um die Bahnhofstraße seit April 1945 als Garnison beschlagnahmt. Im Zuge der [[Bodenreform|Bodenreform 1945 bis 1946]] wurden die auf dem Jessener Land befindlichen [[Rittergut|Rittergutsbesitzer]] enteignet. Im Zuge der behördlichen [[Enteignung|Enteignungswellen]] von privaten Unternehmen wurden im Landkreis Schweinitz bis zum 28. Juni 1948 26 Unternehmen enteignet.<ref>Die Entwicklung der SED-Diktatur auf dem Lande: Die Landkreise Liebenwerda und Schweinitz in der Sowjetischen Besatzungszone 1945–1949, Vandenhoeck & Ruprecht, 2015, Kapitel 9 - Die Umgestaltung der Wirtschaftsordnung (S.319 - S.393), S.387</ref> Viele [[Umsiedler |Umsiedler]] und Flüchtlinge aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten fanden in den Jessener Ortschaften ein neues Zuhause. |
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1950 wurde der Landkreis Schweinitz in Landkreis Herzberg umbenannt. Nach der [[Bezirk (DDR)#Die Verwaltungsreform von 1952|Verwaltungsreform]] von 1952 wurde Jessen Kreisstadt des [[Kreis Jessen]] im DDR-[[Bezirk Cottbus]]. Beim Aufstand vom 17. Juni 1953 wurde auch in Jessen der Ausnahmezustand ausgerufen und sowjetische Panzer postiert.<ref>http://www.jessen.de/stadtportal/historisches/ereignisse-urkunden/a/aufstand-des-17-juni-1953.html</ref> Während der DDR-Zeit verfiel die Bausubstanz im Stadtgebiet. Zahlreiche Neubautgebiete im Stil der [[Plattenbauten]] prägten die städtischen Gebiete Jessens. Der Verfall der städtischen Bebauung und Infrastruktur einschließlich von Versorgungsengpässen prägten den Alltag des Lebens in Jessen in der Zeit der DDR. |
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====Zivilisatorischer Verfall in der DDR ==== |
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[[Datei:0629 1989 Halle Saale (28 dec) (14306819222).jpg|mini|Szenetypische Abbildung der Wendezeit in Jessen]] |
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[[Datei:0633 1989 Halle Saale (28 dec) (14306823252).jpg|mini|Bauzustand in der DDR]] |
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Für europäische Verhältnisse war das zivilisatorische Niveau das die [[DDR]] der Gesellschaft bot deutlich zu niedrig für ihre Bewohner. Kulturhistorisch waren ihre [[Ostdeutschland|Ostdeutschen]] Einwohner genauso an das höchste jeweils zeittypische Entwicklungsniveau gewöhnt wie andere [[Westeuropa|Westeuropäer]]. Dies war nach Gründung der DDR und des [[Warschauer Pakt|Warschauer Pakts]] und die folgende Ausrichtung an die Standards der [[Sowjetunion]] nicht mehr möglich und führte zum Verfall der zivilisatorischen Standards. |
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Um 1990 war der öffentliche und der private Raum Jessens neben dem allgemeinen Verfallsformen von einem hohen Dreckbefall gekennzeichnet. Müll und Unrat lagen auf Gehwegen, Sperrmüll wurde in die Landschaft entsorgt, selbst die legalen Mülldeponien im Umland wurden kaum reguliert. Funktionierende Mülltrennungsysteme waren nicht vorhanden, Fabriken und Autos verpesteten mit ungefilterten Abgasen die Luft. die Geruchsbelästigung war neben den Reizungen der Atemwege ein Dauerzustand. Die örtlichen [[Volkseigener Betrieb|VEB]]s waren vollkommen veraltet, ihre Produkte kaum verwendbar. |
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Die allgemeine Hygiene- und Reinigungsverhalten der Menschen war schlecht, es gab keine hoch entwickelte medizinische Pflegekultur, so dass viele ältere Menschen unbetreut und siechend zu Hause vor sich hin vegetierten. Offener Alkoholismus war ein Alltagsbild in Jessen. Es gab kaum Angebote in den örtlichen Kaufläden, die damaligen Menschen hatten sehr geringe Kleidungsstandards. Die Lebenserwartung war deutlich niedriger als in den Westländern. Es gab in Jessen kaum funktionierende Dienstleistungen die über ein primitives Grundversorgungsniveau hinausgingen. |
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Baulich waren eingefallene Dachwerke, herunterfallene Dachziegel, eingeschlagene Fenster, kaputtes Mauerwerk, bröckelnde Fassaden, kaputte Heizungen, kaputte Gehwege, große Schlaglöcher ein weit verbreitete Problem, das die öffentliche Hand nicht mehr bewältigen konnte. Es gab kein sauberes Trinkwasser, da es nur lokale Grundwasserversorgung gab, es gab kein zentrales Abwasserentsorgungssystem, es gab nur Kohleheizungen, die den atmosphärischen Dreckausstoß zusätzlich vergrößerten. |
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==== baulicher und wirtschaftlicher Aufschwung ==== |
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Der kollektive Abwärtsdruck der 1980er konnte binnen kurzer Zeit nach der [[Deutsche Einheit|Deutschen Einheit]] gestoppt werden. Der politische und ökonomische Strukturwandel nach der Wende hat nach einer Phase der Unsicherheit spürbare Verbesserungen in vielen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens gebracht. Getrieben wurde die Modernisierungsagenda vor allem von der [[Öffentliche Verwaltung|öffentlichen Verwaltung]]. Das Angebot und die Qualität von Waren und Dienstleistungen wurden wesentlich verbessert. Eine Vielzahl moderner Handelsketten zur Grundversorgung prägen den neustädtischen Bereich des Ortes Jessen. Es setzte eine umfangreiche Modernisierung der Wirtschaftsstruktur und der Bausubstanz ein. So entstand ein neues [[Gewerbegebiet]], ein neues Feuerwehrhaus, ein neues Gymnasium, ein neuer Busbahnhof und es erfolgte die Grundsanierung des verfallenen Schlosses im Ort Jessen zu einem modernen Verwaltungszentrum. In den 1990er Jahren entstand das Einkaufszentrum Elster-Center, das allerdings inzwischen leer steht. 2016 erfolgte der Bau eines großen [[Umspannwerk|Umspannwerks]] auf dem Gemeindegebiet.<ref>http://www.50hertz.com/de/Netzausbau/Leitungen-an-Land/Netzanschluss-Jessen-Nord</ref> |
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Allerdings wurden diese positiven Ergebnisse auch von negativen Erscheinungen begleitet. Die sozialen Verlierer der Wende litten unter [[Langzeitarbeitslose|Langzeitarbeitslosigkeit]] und konnten sich nicht an die neuen gesellschaftlichen Gegenbenheiten anpassen. Neue soziale Verhaltensformen die vorher nicht mehr bekannt waren kamen dagegen in dieser Schicht vermehrt zu Tage. Dazu gehörte ein latenter und teils offener gewalttätiger [[Rassismus]] und ausgeprägte Formen der [[Verwahrlosung]] die allerdings im Ansatz bereits aus der DDR-Zeit übernommen wurden. Dazu gehörte der Missbrauch von [[Tabakkonsum]], [[Alkoholsucht]] und der Konsum [[Harte Drogen|harter Drogen]]. Die [[Gewaltkriminalität]] ist teils präsenter und sichtbarer geworden. Die angestauten [[Soziale Probleme|sozialen Probleme]] und deren Abbauformen konzentrieren sich vor allem in den Plattensiedlungen Jessens und betreffen vor allem die niedriger gebildeten Schichten. |
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Im Jahr 2017 befindet sich die öffentliche Infrastruktur auf dem neuesten Stand und private Investitionen werden reger getätigt als noch vor zehn Jahren. Der [[Arbeitsmarkt]] ist dynamisch und belastbar. Im Jahr 1990 war die öffentliche Infrastruktur dagegen vollkommen verfallen, privates Unternehmertum war für die meisten Bewohner etwas unbekanntes und es lief eine Welle von betriebsbedingten Entlassungen. |
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==== Neue Strukturen in der BRD ==== |
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Nach Auflösung der DDR wurden die Länder neu gegründet und eine Bevölkerungsbefragung zur zukünftigen Länderzugehörigkeit in den grenznahen Gebieten unternommen. Eine Mehrheit der Jessener tendierte mehrheitlich zur Eingliederung in das neu gegründete Sachsen Anhalt und nicht zur Zugehörigkeit zu Brandenburg. <ref>Michael Richter: Die Bildung des Freistaates Sachsen: friedliche Revolution, Förderalisierung, deutsche Einheit 1989/90, Band 1, Vandenhoeck & Ruprecht, 2004, Kapitel 4.2.2, Entscheidung des Ministerrates für fünf Länder einschließlich Sachsen-Anhalts, S.288</ref> Mit der Kreisgebietsreform in Sachsen-Anhalt wurde der Kreis Jessen aufgelöst und Jessen kam am 1. August 1994 als kreisangehörige Stadt zum Landkreis Wittenberg. Seitdem folgten viele weitere Eingemeindungen die das Gemeindegebiet stetig vergrößerten, so dass dieses inzwischen einen größeren Teil des ehemaligen Kreis Jessen umfasst. |
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1992 erfolgte die Eingliederung der ehemaligen Gemeinden Grabo, Großkorga, Lindwerder, Schöneicho und Steinsdorf-Dixförda, 1993 der ehemaligen Gemeinden Gerbisbach, Mügeln und Schweinitz sowie 1994 der ehemaligen Gemeinden Battin, Düßnitz, Gorsdorf-Hemsendorf und Kleindröben.<ref>''Gemeinden 1994 und ihre Veränderungen seit 01.01.1948 in den neuen Ländern'', Verlag Metzler-Poeschel, Stuttgart, 1995, ISBN 3-8246-0321-7, Herausgeber: Statistisches Bundesamt</ref> Mit der Kreisgebietsreform wurden am 1. August 1994 Battin, Düßnitz und Kleindröben-Mauken eingemeindet. 1999 erfolgte die Eingliederung der ehemaligen Gemeinden Arnsdorf, Leipa und Ruhlsdorf.<ref>[https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/LaenderRegionen/Regionales/Gemeindeverzeichnis/NamensGrenzAenderung/NamensGrenzAenderung.html StBA: Änderungen bei den Gemeinden Deutschlands, siehe 1999]</ref> Am 1. März 2004 wurden Buschkuhnsdorf, Gentha, Holzdorf, Kleinkorga, Linda (Elster), Mellnitz, Mönchenhöfe, Morxdorf, Neuerstadt, Reicho und Seyda eingemeindet.<ref>[https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/LaenderRegionen/Regionales/Gemeindeverzeichnis/NamensGrenzAenderung/NamensGrenzAenderung.html StBA: Änderungen bei den Gemeinden Deutschlands, siehe 2004]</ref> Am 1. Januar 2010 folgte Naundorf bei Seyda<ref>[https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/LaenderRegionen/Regionales/Gemeindeverzeichnis/NamensGrenzAenderung/NamensGrenzAenderung.html StBA: Änderungen bei den Gemeinden Deutschlands, siehe 2010]</ref>, und am 1. Januar 2011 kamen die ehemaligen Gemeinden Klöden und Schützberg hinzu.<ref>[http://www.landesrecht.sachsen-anhalt.de/jportal/portal/t/gr0/page/bssahprod.psml/screen/JWPDFScreen/filename/jlr-WittbergGemNeuglGSTrahmen.pdf GemNeuglG WB]</ref> |
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{|width="65%" class="wikitable" |
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! width="24%" style="background:#E4E0E4"|Ehemalige Gemeinde |
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! width="18%" style="background:#E4E0E4"|Datum |
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! width="58%" style="background:#E4E0E4"|Anmerkung |
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|Arnsdorf||align="center"|1. Januar 1999|| |
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|Battin||align="center"|1. Juni 1994|| |
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|Buschkuhnsdorf||align="center"|1. März 2004|| |
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|Dixförda||align="center"|1. Mai 1974||Zusammenschluss mit Steinsdorf zu Steinsdorf-Dixförda |
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|Düßnitz||align="center"|1. Juni 1994|| |
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|Gentha||align="center"|1. März 2004|| |
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|Gerbisbach||align="center"|1. November 1993|| |
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|Glücksburg||align="center"|1. Mai 1974||Eingemeindung nach Mügeln |
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|Gorsdorf||align="center"|1. Januar 1974||Zusammenschluss mit Hemsendorf zu Gorsdorf-Hemsendorf |
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|Gorsdorf-Hemsendorf||align="center"|1. Januar 1994|| |
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|Grabo||align="center"|1. Januar 1992|| |
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|- |
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|Großkorga||align="center"|1. Januar 1992|| |
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|Hemsendorf||align="center"|1. Januar 1974||Zusammenschluss mit Gorsdorf zu Gorsdorf-Hemsendorf |
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|Holzdorf||align="center"|1. März 2004|| |
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|- |
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|Kleindröben||align="center"|1. Juni 1994|| |
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|- |
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|Kleinkorga||align="center"|1. März 2004|| |
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|Klöden||align="center"|1. Januar 2011|| |
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|Klossa||align="center"|1. Januar 1978||Eingemeindung nach Schweinitz (Elster) |
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|Kremitz||align="center"|1. Januar 1992||Eingemeindung nach Holzdorf |
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|Leipa||align="center"|1. Januar 1999|| |
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|Linda (Elster)||align="center"|1. März 2004|| |
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|- |
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|Lindwerder||align="center"|1. Januar 1992|| |
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|- |
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|Lüttchenseyda||align="center"|1. Juli 1950||Eingemeindung nach Gentha |
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|Mellnitz||align="center"|1. März 2004|| |
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|- |
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|Mönchenhöfe||align="center"|1. März 2004|| |
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|- |
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|Morxdorf||align="center"|1. März 2004|| |
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|Mügeln||align="center"|1. Januar 1993|| |
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|- |
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|Naundorf bei Seyda||align="center"|1. Januar 2010|| |
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|Neuerstadt||align="center"|1. März 2004|| |
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|Rade||align="center"|1. März 2004|| |
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|Rehain||align="center"|1. Juli 1977||Eingemeindung nach Ruhlsdorf |
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|Reicho||align="center"|1. März 2004|| |
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|- |
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|Ruhlsdorf||align="center"|1. Januar 1999|| |
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|- |
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|Schadewalde||align="center"|1. Mai 1974||Eingemeindung nach Seyda |
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|- |
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|Schöneicho||align="center"|1. Januar 1992|| |
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|Schützberg||align="center"|1. Januar 2011||Ortsteil von Klöden vom 1. Mai 1974 bis zum 14. März 1990 |
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|Schweinitz (Elster)||align="center"|1. Januar 1993|| |
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|- |
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|Seyda||align="center"|1. März 2004|| |
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|Steinsdorf||align="center"|1. Mai 1974||Zusammenschluss mit Dixförda zu Steinsdorf-Dixförda |
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|Steinsdorf-Dixförda||align="center"|1. Januar 1992||Eingemeindung nach Schweinitz (Elster) |
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|''Zwiesigko''||align="center"|''1937''||''Namensänderung in Gerbisbach'' |
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|} |
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== Politik == |
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=== Stadtrat === |
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Der [[Stadtrat]] von Jessen besteht aus 28 Stadtverordneten und setzt sich seit der [[Kommunalwahl]] am 25. Mai 2014 (Wahlbeteiligung 49,1 %) wie folgt zusammen<ref>[http://www.stala.sachsen-anhalt.de/wahlen/gw14/erg/gem/gw.15091145.ergtab.frametab.html Ergebnis der Kommunalwahl am 25. Mai 2014]</ref><ref>[http://www.mz-web.de/extern1/wahl/kommunalwahl2014/ergebnisse.php?gr&nr=15091145 Ergebnisse der Gemeinderatswahl in der Stadt Jessen (Elster)]. In: [[Mitteldeutsche Zeitung]], 25. Mai 2014</ref>: |
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{|class="wikitable" width="320" |
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|- class="hintergrundfarbe8" |
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|'''Partei / Wählergruppe''' |
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! Sitze |
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|[[Christlich Demokratische Union Deutschlands|CDU]] |
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|style="text-align:center"|12 |
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|- |
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|[[Die Linke]] |
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|style="text-align:center"|5 |
|||
|- |
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|Bürger bewegen Probleme-Bürgerinitiative (BBP-BI) Jessen |
|||
|style="text-align:center"|3 |
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|- |
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|[[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]] |
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|style="text-align:center"|3 |
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|- |
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|[[Freie Demokratische Partei|FDP]] |
|||
|style="text-align:center"|2 |
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|- |
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|Einzelbewerber Dieter Schubert |
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|style="text-align:center"|1 |
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|- |
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|Einzelbewerberin Romy Harnapp |
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|style="text-align:center"|1 |
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|- |
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|Einzelbewerber Jens Freydank |
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|style="text-align:center"|1 |
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|- |
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|'''Gesamt''' |
|||
|style="text-align:center"|'''28''' |
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|- |
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|} |
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Zusätzliches Mitglied des Stadtrats ist der Bürgermeister. |
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=== Bürgermeister === |
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Michael Jahn (SPD) wurde am 9. November 2014 mit 68,4 Prozent der gültigen Stimmen für eine Amtsperiode von sieben Jahren gewählt.<ref>[http://www.stala.sachsen-anhalt.de/wahlen/bmbm/erg/gem/bm.15091145.ergtab.frametab.html Ergebnis der Bürgermeisterwahl am 9. November 2014]</ref> |
|||
=== Stadtverwaltung === |
|||
Die [[Stadtverwaltung]] Jessen besteht aus vier [[Fachbereich|Fachbereichen]]: [[Hauptamt]], [[Ordnungsamt]], [[Bauamt]] und [[Kämmerer|Amt Finanzen]] und beschäftigt mit Stand: Dezember 2017 insgesamt 63 Mitarbeiter in Voll- und [[Teilzeit]] ohne die nachgeordneten Einrichtungen oder [[Eigenbetrieb|Eigenbetriebe]]. Der Bereich Schule, Jugend und Sport ist organisatorisch dem Hauptamt zugeordnet. Die Stadt unterhält neben dem pflichtgemäßen [[Stadtrat]] und [[Hauptausschuss]], einen Bau- und Vergabeausschuss, einen Finanzausschuss und einen Sozialausschuss. |
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=== Wappen === |
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Das Wappen wurde am 17. Dezember 1993 durch das Regierungspräsidium Dessau genehmigt und im Landeshauptarchiv Magdeburg unter der Wappenrollennummer 63/1993 registriert. |
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[[Blasonierung]]: „In Rot hinter einer durchgehenden runden schwarz gefugten silbernen Zinnemauer eine silberne Kirche; die Türme mit blauen, an den Seiten jeweils mit einer gestielten goldenen Kugel besetzten Spitzdächern und schwarzen Bogenfenstern (2:1); zwischen den Türmen ein schwarzes Tor unter spitzem Dach, darüber ein mit einem goldenen Kreuz gekrönter gewölbter Giebel mit zwei schwarzen Bogenfenstern und einer dreiblättrigen schwarzen Rosette; zu beiden Seiten der Kirche hinter der Mauer je eine silberne Pappel.“ |
|||
Die Stadtfarben zeigen Schwarz-Gold (Gelb). |
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Das Wappen wird in dieser Form seit 1968 wieder verwendet und geht auf einen historischen Siegelabdruck aus dem 14. Jahrhundert zurück. Die erste bekannte Urkunde, die dieses Siegel trägt, ist aus dem Jahre 1358, in der ein Schutzbündnis zwischen [[Rudolf II. (Sachsen-Wittenberg)|Rudolf II.]] und seinen Städten [[Lutherstadt Wittenberg|Wittenberg]], [[Aken (Elbe)|Aken]], [[Herzberg (Elster)|Herzberg]], [[Stadt Prettin|Prettin]], Jessen, [[Kemberg]], [[Bad Schmiedeberg|Schmiedeberg]], [[Bad Belzig|Belzig]] und [[Niemegk]] gegen Raubritter und Diebesbanden abgeschlossen wurde. |
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=== Flagge === |
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Die Flagge wurde am 13. Mai 1998 durch das Regierungspräsidium Dessau genehmigt. Sie ist schwarz-gelb gestreift. Das Stadtwappen ist mittig auf die Flagge aufgelegt. |
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=== Städtebund und Städtepartnerschaften === |
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Jessen gehört zum länderübergreifenden Städtebund ''Elbe-Elsteraue''. Zu diesem gehören [[Herzberg (Elster)|Herzberg]], [[Annaburg]], [[Schönewalde]], [[Schlieben]], [[Jüterbog]] und [[Torgau]]. Dieser hat das Ziel kommunal übergreifend an der weiteren qualifizierten Entwicklung der touristischen Infrastruktur in der Region zu arbeiten. |
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Jessen unterhält eine Städtepartnerschaft mit [[Senden (Westfalen)|Senden]] in [[Nordrhein-Westfalen]]. |
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== Bildung, Gesundheit, Religion und Soziales == |
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Die Einheitsgemeinde Jessen verfügt über eine Außenstelle der [[Arbeitsagentur]] Wittenberg einschließlich einer Außenstelle des [[Jobcenter|Jobcenters]] Wittenberg. Es gibt ein medizinisches Versorgungszentrum [[Poliklinik]] Jessen. Zur Gesundheitserhaltung gibt es zwei [[Fitnesscenter]] im Ort Jessen. Ein weitergehendes Wellness- und Gesundheitsangebot ist nur im Ansatz vorhanden. Für die Betreuung von Senioren gibt es ein [[Pflegeheim|Pflegewohnheim]] in Jessen. Die Einheitsgemeinde verfügt über zwei gut ausgebaute Einrichtungen zur Betreuung von behinderten Menschen. Neben den evangelischen Gemeinden der Landeskirche in den Ortsteilen gibt es im Ortsteil Jessen eine [[Neuapostolische Kirche|Neuapostolische Kirchengemeinde]]. |
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Das [[Gymnasium]] Jessen ist die zentrale höhere Bildungsstätte der Einheitsgemeinde. Es verfügt über einen modernen Schulbau und eine moderne Multifunktionshalle und ist für mehr als 1000 Schüler ausgelegt. Eine [[Sekundarschule]] und vier [[Grundschule|Grundschulen]] komplettieren die Bildungsinfrastruktur der Einheitsgemeinde. |
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Als gesonderte Bildungsstätten verfügt die [[Gemeinde]] über eine [[Sonderschulpädagogik|Sonderschule]], eine Außenstelle der [[Volkshochschule|Kreisvolkshochschule]] Wittenberg und der [[Musikschule|Kreismusikschule]]. [[Museum|Museale]] Einrichtungen oder [[Ausstellung|Ausstellungen]] die sich mit Themenstellungen außerhalb der Rezeption der vormaligen im Jessner Umland verbreiteten Bauernkultur beschäftigen, haben sich bisher auf dem Gemeindegebiet nicht entwickelt. |
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In der Breitenbildung gibt es eine rudimentäre Stadtbibliothek Jessen mit insgesamt drei sanierungsbedürftigen Einrichtungen mit einfachem Medienangebot und eingeschränkter Erreichbarkeit. |
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Im Bereich der [[Kinderbetreuung]] verfügt der Ort über acht [[Kindergarten|Kitas]] in kommunaler Trägerschaft und zwei Kitas in freier Trägerschaft. Es ist damit eine flächendeckende Kinderbetreuung gewährleistet. |
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== Tourismus == |
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Der seit 1997 bestehende Verein „Eigenständige Regionalentwicklung im Jessener Land e.V.“ entwickelt als unabhängiger nichtstaatlicher Akteur vor Ort touristische Angebote. Ein Interessenfokus des Vereins ist die Entwicklung von Rad- und Wandertouren in den Ortsteilen der Stadt Jessen. |
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== Wirtschaft und Finanzsektor == |
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[[Datei:Jessen town hall.jpg|miniatur|Ehemaliges Rathaus, im Besitz der Stadt Jessen, während andere Städte aufwendige Rathäuser errichteten, besaß Jessen bis zum Umzug in das Schloss nur ein schlichtes mit einfacher Fassade.]] |
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Jessen ist regional für seinen intakten und modernen Gewerbe- und Industriekern bekannt<ref>Von 7500 Beschäftigen im Ort sind 2500 im produzierenden Gewerbe beschäftigt, das aus zukunftsweisenden Technologien besteht und neu entstanden ist bzw. modernisiert wurde. 33% Anteil der Beschäftigung im Produktionsgewerbe im Verhältnis zur Gesamtbeschäftigung liegen über den Bundesdurchschnitt.</ref> und ist [[energieautark]], da es seinen Energiebedarf aus eigener Produktion vollständig decken könnte. |
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Die Stadt ist seit 1990 zu einem regionalen Zentrum für [[Gewerbe]] mit Branchenschwerpunkte in der Lebensmittelverarbeitung und den [[Metallbau|Metall-]] und [[Maschinenbau]] geworden. Jessen hat mit deutlich mehr als 2630 Arbeitsplätzen (von 7610) im produzierenden Gewerbe im Verhältnis zu seiner Einwohnerzahl einen sehr hohen Beschäftigungsanteil im [[Sekundärsektor]] aufzuweisen.<ref>https://www.statistik.sachsen-anhalt.de/Internet/Home/Auf_einen_Blick/zensus/EZG/B/test_ver__ff/150910145145_Jessen_Elster_Stadt_Bev.pdf S.18</ref> Auch die [[Landwirtschaft]] hat bedingt durch die großen landwirtschaftlich genutzten Flächenanteile auf dem Gemeindegebiet mit 580 Beschäftigten einen erhöhten Anteil an der Wertschöpfung aufzuweisen. Die landwirtschaftliche [[Energieproduktion]] spielt inzwischen eine erhebliche Rolle. Allein der größte Agrarproduzent des Ortes ist inzwischen in der Lage etwa 1100 Haushalte, bei einer angenommenen durchschnittlichen Größe von vier Personen je Haushalt, wären das etwa 4400 Personen mit Energie zu versorgen.<ref>https://www.seydaland.net/erneuerbare-energien/biogas/</ref> Dazu kommen sehr viele [[Windkraftanlage|Windräder]], die im Gemeindegebiet ebenfalls einen großen Anteil des Energiebedarfs decken können. Einzelne [[Solarpark|Solarparks]] ergänzen das Produktionsangebot. Rein rechnerisch wäre Jessen damit eine vollständig [[Energieautarkie|energieautarke]] Gemeinde und bräuchte keine Anbindung an das Stromnetz. Das 2016 auf Gemeindegebiet errichtete groß angelegte [[Umspannwerk]] sorgt ebenso für eine lokale Energieeinspeisung und Verteilung. |
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Vor allem kleine und mittelständische Betriebe der Nahrungs- und Genussmittelindustrie, Metallverarbeitung und des Bauwesens sind in Jessen ansässig. Des Weiteren ist der Bundeswehrstandort [[Fliegerhorst Holzdorf|Holzdorf-Ost]] (Luftwaffe) einer der wichtigsten Arbeitgeber der Region. Wichtigster Zweig der Nahrungsmittelindustrie ist die Mineralwasserproduktion, die durch die Erweiterung der Produktionsanlagen seit 2009 eine deutliche Absatzsteigerung erfahren hat. Himmelsberger Mineralbrunnen gehört zur [[Mitteldeutsche Erfrischungsgetränke|MEG]], die als Tochter der Schwarz-Gruppe Lidl und Kaufland beliefert; Troy Aqua, 2008 in Insolvenz gegangen, wurde 2015/2016 durch [[Edeka]] erworben zwecks Aufbau einer eigenen Abfüllanlage.<ref>[http://www.mdr.de/sachsen-anhalt/dessau/edeka-investition-jessen100.html Groß-Investition von Edeka in Jessen], MDR vom 19. Januar 2016</ref> |
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Weitere Bereiche sind die Käseherstellung (die Elsterland Molkerei ist eine Betriebsstätte der [[Bayerische Milchindustrie]] eG), seit 2007 die Kaviarproduktion (Aqua Orbis), der Weinanbau (seit dem 13. Jahrhundert, das nördlichste anerkannte Weinanbaugebiet Deutschlands), der Anbau von Obst und Gemüse (Äpfel, Erdbeeren, Kirschen, Spargel) sowie die Tiefkühlkostbereitung aus Obst, Gemüse und Fertiggerichten (die Jütro Tiefkühlkost ist eine Tochter der Hamburger I. Schroeder KG). Zudem ist die Brennerei Icking KG im Stadtteil Seyda zu nennen, in der [[Bioethanol]] produziert wird. Daneben gibt es in den äußeren ländlich geprägten Stadtteilen größere landwirtschaftliche Betriebe. Zu den metallverarbeitenden Betrieben zählen Stanz- und LaserTechnik Jessen GmbH, Profil Metallbau, Preuss Metallverarbeitung sowie die Blech- und Technologiezentrum Linda GmbH. Die wichtigsten Baubetriebe sind zbo Bau GmbH sowie Thiele Bauträger GmbH. |
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Bedeutender Wirtschaftsakteuer ist auch die Stadt Jessen, in deren Besitz 300 kommunale Gebäude gehören, die erhalten und bewirtschaftet werden müssen. Die Art der kommunalen Besitzstände ist zweckmäßiger Natur und reicht von Garagen, Werkstätten, Schulen, Turnhallen, Feuerwehrhäuser oder Gemeindehäuser. Das Niveau der öffentlichen bewirtschafteten Gebäude ist durchmischt. Es gibt vereinzelt hochwertige neue und historische Gebäudestrukturen und eine überwiegend einfache und billige Bauart aus sozialistischer Zeit. |
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Im Tourismusbereich sind auf dem Gemeindegebiet 18 [[Gaststätte|Gaststätten]] und acht [[Hotel|Hotels]] und [[Pension (Unterkunft)|Pensionen]] verzeichnet. Die Zahl der gastronomischen Einrichtungen ist ausreichend, das Niveau allerdings begrenzt. |
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Auf dem Gemeindegebiet gibt es vier Filialen der [[Sparkasse]] Wittenberg. Die [[Volksbank Gruppe|Volksbank]] ist mit zwei Filialen präsent. Die Flächendeckung ist damit ordentlich gewährleistet. |
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! Firma !! Beschreibung !!Gründungsjahr !! Mitarbeiterklasse <ref>https://de.kompass.com/d/landkreis-wittenberg/de_15_15091/</ref>!! Umsatzklasse |
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|Agrodienst eG Jessen||Handel mit Agrarprodukten und landwirtschaftlichen Betriebsmitteln, Baustoffen, Hausartikeln, Hofartikeln und Gartenartikeln, Heizöl, Diesel, festen Brennstoffen, Sand, Kies und Erden||1990||Von 100 bis 249 Beschäftigte||2014: 25 - 50 Millionen EUR |
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|Edelstahlgießerei Zentara GmbH||Form- und Schleuderguß in hitze-, rost- und säurebeständigen Werkstoffen||1995||Von 50 bis 99 Beschäftigte||2014: 5 - 10 Millionen EUR |
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|Jütro Tiefkühlkost GmbH & Co KG||Tiefgefrorenes Obst und Gemüse||1996||Von 100 bis 249 Beschäftigte||2014: 50 - 100 Millionen EUR |
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|TROY Aqua GmbH Mineralbrunnen||Abfüllung von Mineralwasser||2002||Von 100 bis 249 Beschäftigte||2014: 25 - 50 Millionen EUR |
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|Bayerische Milchindustrie eG||Produktion und Vertrieb von Käse||2001||2017: 200 Beschäftigte||2014: 25 - 50 Millionen EUR |
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|SCHADE Logistic GmbH||Spezialtransporte für die Glasindustrie, Glastransporte, Flachglastransporte, Abfalltransporte, Schüttguttransporte, Fahrzeugvermietung, Grossraumtransporte||1990||Von 100 bis 249 Beschäftigte||k.A. |
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|Blech- und Technologiezentrum Linda GmbH||Blecharbeiten, Schweißen von Metallteilen, Schneiden von Metall, Biegen von Metall||1998||Von 100 bis 249 Beschäftigte||k.A. |
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|Agrargenossenschaft Holzdorf eG||Veterinärdienste und Tierzuchtdienste, Getreide und Pseudogetreide, Pflanzen und Feldfrüchte für die Industrie, Ölpflanzen und Ölsaaten, Faserpflanzen, Dienstleistungen für die Landwirtschaft und den Gartenbau, Erntedienste, Vermietung von landwirtschaftlichen Maschinen und Ausrüstungen||1990||100 Mitarbeiter||2014: 10 - 25 Millionen EUR |
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|Stanz- und Lasertechnik Jessen GmbH||Maschinelle Bearbeitung von Metall||2012||Von 250 bis 499 Beschäftigte||k.A. |
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|zbo Bau GmbH Jessen Hoch- und Tiefbauleistungen aller Art Spezialbetrieb für Schal- und Zimmererarbeiten||Holzbau und Zimmerarbeiten, Sonstige Bautischlerarbeiten, Bauunternehmen, Bauindustrie, Unternehmen / Bauindustrieunternehmen, Dachdeckerei und Wandverkleidung||1990||60 Mitarbeiter|| |
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|Himmelsberger Mineralbrunnen GmbH||Gewinnung, Herstellung und Vertrieb von Mineralwasser||1990||Von 100 bis 249 Beschäftigte||2014: 25 - 50 Millionen EUR |
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|Seydaland Vereinigte Agrarbetriebe GmbH & Co.KG||Agrarwirtschaft, Viehzucht, Energieproduktion||1990||165 Mitarbeiter||k.A. |
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== Verkehr == |
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=== Schienenverkehr === |
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[[Datei:Bahnhof Jessen.jpg|miniatur|Das Bahnhofsgebäude steht leer und die Gleisanlage entspricht nicht mehr den technischen Anforderungen]] |
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* Der [[Bahnhof]] Jessen liegt an der [[Bahnstrecke Węgliniec–Roßlau]] und wird von Regionalbahnen der [[DB Regio]] fahrplanmäßig angefahren. |
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* Weitere [[Haltepunkt]]e im Stadtgebiet von Jessen sind Linda (Elster) und Holzdorf (Elster) an der [[Bahnstrecke Jüterbog–Röderau]]. Sie werden von Zügen der DB Regio auf der Linie Stralsund – Berlin – Jüterbog – Falkenberg (Elster) angefahren. |
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=== Straßenverkehr === |
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Jessen liegt unmittelbar an der [[Bundesstraße 187]], die eine direkte Anbindung Richtung [[Lutherstadt Wittenberg]] bietet und die Haupt-Ost-West Verbindung im östlichen [[Sachsen-Anhalt]] darstellt. Die A 9 ist 40 km entfernt (Anschlussstelle Coswig). |
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Über die [[Bundesstraße 187]] in östlicher Richtung erreicht man die [[Bundesstraße 101]]. Über diese ist eine Anbindung an den Großraum [[Berlin]] gegeben. |
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=== Busverkehr === |
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Es gibt auf dem gesamten Gemeindegebiet ein [[Buslinie|Busliniennetz]] mit einem ausgedünnten Linienbetrieb. |
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Es überwiegt das [[Anrufbus|Anrufbussystem]] mit niedriger Frequenz im Nutzungsverhalten durch die ortsansässige Bevölkerung. Reguläre Taxistellplätze sind nicht vorhanden. |
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Die Abhängigkeit zum Auto ist hoch. Das Liniennetz der Bahn reicht nicht für eine deckende Erschließung des Gemeindegebiets. |
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=== Fähre === |
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Vom an der Elbe gelegenen Ortsteil Mauken führt eine [[Gierseilfähre]] nach [[Pretzsch (Elbe)|Pretzsch]]. |
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== Kultur und Sehenswertes == |
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→ Siehe auch: [[Liste der Kulturdenkmale in Jessen (Elster)]] |
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=== Sport und Freizeit === |
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In Jessen gibt es ein sehr ausgeprägtes Vereinswesen auf allen gesellschaftlichen Feldern. Bekanntester Sportverein ist ''SV Allemania 08 Jessen'' für die Sparten Fußball, Volleyball, Tischtennis, Gymnastik und Eltern-Kind Turnen. Zweiter wichtiger Sportverein ist der ''Jessener SV 53''. Dieser bietet Abteilungen im Handball, Leichtathletik, Bowling und Freizeitsport. |
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Es gibt zwei größere und moderne Sport- und Mehrzweckhallen und ein Mehrzweckstadion mit kleiner [[Tribüne (Architektur)|Tribüne]]. |
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=== Bauwerke === |
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[[Datei:Fabrikantenvilla Jessen.JPG|miniatur|sogenannte Fabrikantenvilla, ein positives architektonisches Gegenbeispiel für die Abschnittsbezogenen Aussagen]] |
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[[Datei:Fabrikantenvilla in Jessen.JPG|miniatur|Rare Villa in Jessen. Bauernkaten dominieren die Bebauung in Jessen bis heute]] |
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Eine zusammenhängende [[Fußgängerzone]] mit Einkaufs- und [[Flanierzone|Flaniermeile]] innerhalb der [[Altstadt]] hat sich in Jessen nicht entwickelt. Es gibt einen Ortskern, der aber keine alten Gebäudestrukturen aufweist. Der historische Marktplatz in Jessen ist daher vor allem als funktionale Ansammlung von Geschäften zu sehen. |
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Die nachfolgende Auflistung von Gebäuden ist eine Zusammenstellung der historisch bedeutenden Gebäude in Jessen. Es gibt noch vereinzelte historische [[Villa|Villen]], die im Ansatz eine opulentere [[Architektur]] vertreten, aber im Verhältnis zur ortstypischen anspruchslosen Massenbebauung nicht weiter hervortreten. Die DDR-Zeit hat im städtischen Gesamtbild einen prägenden Charakter hinterlassen, der immer noch stark vorhanden ist. Auch die historischen Gebäude, die hier in der Gesamtzahl aufgeführt sind, weisen städtebaulich gesehen nur einen Einzelcharakter auf und erzeugen kein straßenbezogenes Gesamtensemble. |
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* Pfarrkirche [[St. Nicolaikirche Jessen (Elster)|St. Nicolai]] in Jessen mit dem bedeutenden barocken Kanzelaltar (1696) aus [[Groß Quenstedt]] von [[Valentin Kühne]], Renovierung der Kirche 1979–1994 |
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* [[Schloss Jessen (Elster)|Schloss Jessen]]: 1862 von den Gebrüdern Carl und Fritz Raschig erworben, die eine Tuchfabrik dort einrichteten; seit 1999 Sitz der Stadtverwaltung. |
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* Pfarrkirche St. Marien in Schweinitz |
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* Amtshaus Schweinitz |
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* [[Amtshaus Seyda]] |
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* Dorfkirche Gorsdorf |
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* Dorfkirche Kleindröben |
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* Das [[Schloss Hemsendorf|''Wasserschloss Hemsendorf'']] mit Parkanlage ist ein durch [[August I. (Sachsen)|August I.]] verliehenes ehemaliges Rittergut des 16. Jahrhunderts.<ref>{{Webarchiv | url=http://www.wasserschloss-hemsendorf.de/unser_schloss_1.html | wayback=20140413132813 | text=Geschichte des Wasserschlosses Hemsendorf}}</ref> |
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Jessen church.jpg|50px|Markt und Kirche St. Nicolai |
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Jessen castle.jpg|50px|Jessener Schloss und Rathaus |
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Seyda Amtshaus.jpg|50px|hochkant|Amtshaus Seyda |
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Schloss Hemsendorf.jpg|50px|Wasserschloss Hemsendorf |
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Amtshaus Schweinitz.jpg|50px|Amtshaus Schweinitz |
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=== Parks und Erholung === |
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* Baderhag Jessen-Altstadt |
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* Tierpark Jessen-Süd |
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* Jessener Freibad |
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* Schlosspark Hemsendorf (16. Jh.) |
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=== Landschaften === |
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* Die ''Arnsdorfer Berge'' (auch ''Jessen-Schweinitzer Berge'') mit Wanderwegen und Schutzhütten befinden sich unmittelbar nördlich der Stadt. Wichtigste Sehenswürdigkeiten sind unter anderen der ''Himmelsberg'' (133 m), die ''Hirtenwiese'' und der ehemalige ''Kohleschacht'' (19. Jahrhundert). |
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* Die [[Glücksburger Heide]] ist ein knapp 7000 Hektar großes Naherholungs- und Landschaftsschutzgebiet im Norden des Stadtgebietes. |
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=== Regelmäßige Veranstaltungen === |
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* Jedes Jahr findet am zweiten Sonntag im August das über die Stadtgrenzen hinaus bekannte Schul- und Heimatfest statt. Für diesen Anlass dichtete Oberpfarrer Hosch zum 75-jährigen Schulfestjubiläum das Jessener Heimatlied. |
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* Am Dienstag vor dem Heimatfestwochenende findet das Weinfest auf den Schlosswiesen statt. Zu diesem Anlass wird am Ende eines mit Tanz und Gesang gestalteten Bühnenprogramms die Jessener Weinprinzessin gekürt. Dabei wird besonders Wein aus den ansässigen Winzerbetrieben ausgeschenkt. |
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* Das erste Dezemberwochenende ist jährlich der Termin für den Jessener Weihnachtsmarkt. |
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=== Geplante World Radiosport Team Championship 2018 === |
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Die Amateurfunk Weltmeisterschaft „World Radiosport Team Championship“, WRTC, soll 2018 in Jessen stattfinden. Bei diesem Wettkampf treten Teams |
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von Funkamateuren in einem Wettbewerb gegeneinander an. Dieses vermeldet der [[Deutscher Amateur-Radio-Club|DARC]] in einer Mitteilung <ref>[http://www.darc.de/aktuelles/details/article/amateurfunk-weltmeisterschaft-kommt-2018-nach-jessen/ Mitteilung des DARC zum WRTC 2018]</ref> und auch der Verein WRTC2018 e. V. in einer Pressemitteilung <ref>[http://www.wrtc2018.de/index.php/presse/pressemitteilungen/5-deutschland-erhaelt-zuschlag-fuer-ausrichtung-der-wrtc-2018 Pressemitteilung des WRTC2018 e. V.]</ref> Informationen zu {{Webarchiv | url=http://www.wrtc2018.de/index.php/presse/pressemitteilungen/7-was-ist-die-wrtc | wayback=20150701144232 | text=Art und zum Ablauf eines solchen Wettbewerbes}} stellt der Verein auch zur Verfügung. Am 01. Oktober 2017 wurden die 63 teilnehmenden Teams nominiert<ref>http://wrtc2018.de/index.php/wettbewerb/teilnehmer</ref>. |
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== Persönlichkeiten == |
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[[Datei:Karl Lamprecht.jpg|mini|hochkant|Karl Lamprecht]] |
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[[Datei:Gottfried-Meisner.jpg|mini|hochkant|Gottfried Meisner]] |
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* [[Michael Stifel]] (um 1487–1567), Theologe, Mathematiker und Reformator, Weggefährte Martin Luthers, 1541 bis 1547 in Holzdorf als Pfarrer tätig |
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* [[Gottfried Meisner]] (1618–1690), evangelischer Theologe, Superintendent in Jessen |
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* [[Friedrich Wilhelm Jahr]] (1707–1755), Professor für Theologie an der Universität Wittenberg, in Jessen [[Stellvertreter|Substitut]], Oberpfarrer und [[Superintendent]] |
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* [[Friedrich Müller (Theologe)|Friedrich Müller]] (1714–1750), evangelischer Theologe, geboren in Jessen |
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* [[Johann Bücher]] (1721–1785), evangelischer Theologe und Philosoph, Superintendent in Jessen |
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* [[August Wilhelm Heffter]] (1796–1880), Rechtsgelehrter, Professor und Verfasser zahlreicher juristischer Werke, geboren und aufgewachsen in Schweinitz |
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* [[Karl Lamprecht]] (1856–1915), Professor für Geschichte an der [[Universität Leipzig]], heute vor allem bekannt durch seine Rolle im Methodenstreit der Geschichtswissenschaft, geboren in Jessen |
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* [[Bruno Müller (Theologe)|Bruno Müller]] (1859–1921), evangelischer Theologe, geboren in Seyda |
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* [[Ludwig Hosch]] (1859–1930), evangelischer Theologe, Superintendent in Jessen |
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* [[August Berger (Politiker)|August Berger]] (1892–1945), sozialdemokratischer Kommunalpolitiker, lebte nach seiner Vertreibung aus Apolda zurückgezogen in Jessen, 1944 vom NS-Regime im [[KZ Sachsenhausen]] interniert, dort im Februar 1945 ums Leben gekommen |
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* [[Walther Siegmund-Schultze]] (1916–1993), Musikwissenschaftler, Professor und Hochschullehrer, geboren und aufgewachsen in Schweinitz |
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== Musik == |
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Der Jessener Pfarrer Ludwig Hosch (1859–1930) dichtete das „Jess´ner Heimatlied“, dessen Text auf die Melodie des aus dem 19. Jahrhundert stammenden Studentenliedes „[[O alte Burschenherrlichkeit]]“ gesungen wird und welches nachweislich zum dritten Schulfesttag am 12. August 1913 gesungen wurde.<ref>[http://www.kirche-jessen.de/Jessen.htm Internetauftritt des GKR Kirchspiels Jessen], abgerufen am 18. November 2015</ref> |
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== Literatur == |
== Literatur == |
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* Klaus Däumichen: ''Streifzüge durch die Geschichte der Elbaue. Torgau, Prettin, Axien, Plossig, Dautzschen, Jessen (Elster), Mauken, Lutherstadt Wittenberg.'' Drei-Kastanien-Verlag, Lutherstadt Wittenberg 2001, ISBN 978-3-933028-40-2. |
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* Michiel Franken, Kristin Bahre, [[Jan Kelch]]: ''Rembrandt. Genie auf der Suche''. DuMont Literatur und Kunst Verlag, Köln 2006, ISBN 3-8321-7694-2. |
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* Jörg Moser: ''Die älteren Bauteile des Schlosses Jessen/Elster als Beispiel früher Backsteinbauten im Elbe-Elster-Gebiet'', in: G. Ulrich Großmann (Red.): ''Burgenbau im 13. Jahrhundert'', Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 2002, ISBN 978-3-422-06361-7, S. 153ff. |
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* Rainer Hagen, Rose-Marie Hagen: ''Meisterwerke im Detail''. Band 2. Taschen Verlag, Köln 2003, ISBN 3-8228-1371-0. |
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* Christian Tümpel: ''Die Nachtwache – Legende und Wirklichkeit''. In: ''Rembrandt in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten''. rororo, Reinbek bei Hamburg 1977, S. 80–87. |
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* [[Manfred Wundram]]: ''Die berühmtesten Gemälde der Welt''. Imprimatur Druck- und Verlagsgesellschaft, Bergisch Gladbach 1976. |
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== Weblinks == |
== Weblinks == |
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{{Commonscat |
{{Commonscat}} |
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{{Wikisource|Topographia Superioris Saxoniae: Jessen|Jessen in der Topographia Superioris Saxoniae (Matthäus Merian)}} |
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* {{DNB-Portal|4445488-0|TYP=Werke über}} |
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{{Wikivoyage|Jessen}} |
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* [http://www.googleartproject.com/de/collection/rijksmuseum/artwork/officers-and-other-civic-guardsmen-of-district-ii-of-amsterdam-under-the-command-of-captain-frans-banninck-cocq-andlieutenant-willem-van-ruytenburch-known-as-the-night-watch-rembrandt-harmensz-van-rijn/326424/ Officers and other civic guardsmen of District II …] ''Die Nachtwache'' in Gigapixel-Auflösung im [[Google Art Project]] |
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* [http://www.jessen.de/ Stadt Jessen (Elster)] |
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* [http://www.zeit.de/2006/01/Rembrandt-Greenaway „Rembrandt war kein Maler“] Interview mit [[Peter Greenaway]], [[Die Zeit]] 1/2006 |
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* {{Webarchiv | url=http://www.brightok.net/~bridges/rembrand.html | wayback=20080820015727 | text="The Night Watch"}} Artikel über die drei Attentate |
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== Einzelnachweise == |
== Einzelnachweise == |
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<references /> |
<references /> |
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{{Navigationsleiste Städte und Gemeinden im Landkreis Wittenberg}} |
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{{Normdaten|TYP=w|GND=4445488-0|VIAF=177124540}} |
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{{Normdaten|TYP=g|GND=4324986-3}} |
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[[Kategorie:Ort im Landkreis Wittenberg]] |
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{{SORTIERUNG:Nachtwache #Die}} |
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[[Kategorie: |
[[Kategorie:Ort an der Schwarzen Elster]] |
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[[Kategorie: |
[[Kategorie:Ehemalige Kreisstadt in Sachsen-Anhalt]] |
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[[Kategorie: |
[[Kategorie:Ersterwähnung 1216]] |
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[[Kategorie:Gruppenbildnis]] |
Version vom 14. Dezember 2017, 19:52 Uhr
Wappen | Deutschlandkarte | |
---|---|---|
![]() |
| |
Basisdaten | ||
Koordinaten: | 51° 48′ N, 12° 57′ O | |
Bundesland: | Sachsen-Anhalt | |
Landkreis: | Wittenberg | |
Höhe: | 72 m ü. NHN | |
Fläche: | 352,15 km2 | |
Einwohner: | 13.694 (31. Dez. 2023)[1] | |
Bevölkerungsdichte: | 39 Einwohner je km2 | |
Postleitzahl: | 06917 | |
Vorwahlen: | 03537, 035387, 035388, 035389 | |
Kfz-Kennzeichen: | WB, GHC, JE | |
Gemeindeschlüssel: | 15 0 91 145 | |
Adresse der Stadtverwaltung: |
Schloßstraße 11 06917 Jessen (Elster) | |
Website: | www.jessen.de | |
Bürgermeister: | Michael Jahn (SPD) | |
Lage der Stadt Jessen (Elster) im Landkreis Wittenberg | ||
![]() |
Jessen (Elster) ist eine Einheitsgemeinde mit historischem Stadtrecht an der Schwarzen Elster und liegt im östlichen Teil von Sachsen-Anhalt im Landkreis Wittenberg. Nach ihrer Fläche ist Jessen die elftgrößte Gemeinde der Bundesrepublik Deutschland.
Nach dem Klassifizierungsraster der KGSt ist Jessen als Gemeindetypus der Größenklasse 6 von 10.000 bis 20.000 Einwohnern zuzuordnen.[2] Die Klassifizierung und Einordnung Jessens in den nachfolgenden Textabschnitten basieren auf Vergleichsringe der KGSt von Gemeinden dieser Größenordnung.
Geographie
Lage
Jessen liegt im Osten der Bundesrepublik Deutschland in den neuen Bundesländern. Der nördliche Teil des Gemeindegebiets gehört zum Fläming, einer leicht welligen Endmoränenlandschaft, vergleichbar mit der Mecklenburgischen Schweiz. Der süd-westliche Gemeindeteil liegt im Elster-Elbeland.
Die nächst größere Gemeinde ist Wittenberg, das gleichzeitig Sitz der Kreisverwaltung des Landkreis Wittenberg ist, zu dem Jessen seit 1994 gehört. Im Osten grenzt das Gemeindegebiet an den brandenburgischen Landkreis Elbe-Elster. Im Norden der Einheitsgemeinde grenzt Jessen an den brandenburgischen Landkreis Teltow-Fläming.
Die süd-westlich von Jessen gelegenen Nachbargemeinden im Landkreis Wittenberg sind Annaburg, die neu formierte Einheitsgemeinde Zahna-Elster, Kemberg und Bad Schmiedeberg.
Landschaftsbild


Das Gebiet der Stadt Jessen umfasst etwa die Hälfte der Fläche des 1994 aufgelösten Landkreises Jessen. Folglich ist der bebaute Anteil im Verhältnis zur naturalisierten Fläche geringer. Während es im Bereich der Schwarzen Elster und nördlich davon recht waldreich ist, wird das überwiegend ebene Gelände im Südwesten, das sich bis zur Elbe hinzieht, fast ausschließlich landwirtschaftlich genutzt. Der alte Ortskern wird von der Schwarzen Elster geprägt, die diesen zentral durchfließt. In Abständen von mehreren Jahren kommt es zu Hochwasserständen der Schwarzen Elster und zu Überflutungen von teils bebautem Gebiet.
Das nördliche und östliche Gebiet um den Kernort Jessen wird von einem Landschaftsschutzgebiet durchzogen, in denen die Arnsdorfer-Jessener-Schweinitzer Berge als Teil einer Moräne vorkommen. Das Schutzgebiet besteht aus der Landschaft Kuhlache und Elsteraue bei Jessen und zu 57 Prozent aus der Schwarze Elster-Kuhlache und gehört zu der Landschaftseinheit Südliches Fläming-Hügelland.[3] Die Bodenqualität ist allgemein gering und erreicht kaum mehr als 35 Bodenpunkte.[4] Es überwiegt Kiefer- und Birkenbestand in den gemeindeeigenen Forstgebieten. Die Freiflächen sind allgemein landwirtschaftlich genutzt. Windparks mit bis zu 200 Meter hohen Windrädern sind verbreitet und prägen das Landschaftsbild.
Die im Umkreis von Jessen liegenden Weinberge zählen zu den nördlichsten kommerziell bewirtschafteten Weinbauflächen in Deutschland und gehören zum Anbaugebiet Sachsen. Die hier angebauten Sorten werden weinrechtlich als Sächsischer Landwein deklariert, obwohl es keine geografische Übereinstimmung mit dem Weinanbau entlang der Mittelelbe rund um Meißen bis Dresden gibt. [5] Auf dem Gorrenberg führte ein mildes Mikroklima zum Weinanbau. dieser erfolgt bereits seit dem Mittelalter. Die Weinregion in Jessen erlebte ihre Blütezeit im 15. und 16. Jahrhundert mit einer Anbaufläche von ca. 300 Hektar. Selbst Martin Luther trank Wein aus Jessen. Innerhalb der letzten zwei Jahrhunderte ging der Ertragsweinanbau zurück bis auf 1,25 Hektar, deren Nutzung fast nur noch für den Eigenbedarf ausreichte. Nach der Wende erfuhr der Weinanbau wieder einen Anwuchs und beträgt inzwischen rund 15 Hektar in Jessen entlang der Jessener Berge, einer wellenartigen Erhebung zwischen dem Ortsteil Schweinitz und dem Ortsteil Jessen gelegen.[6]
Stadtmorphologie


Aufgrund der großen Fläche im Vergleich zu einer kleinstädtischen Bevölkerungszahl ist der Charakter einer städtischen Siedlung kaum gegeben. In der Bebauungsweise dominieren in den ländlichen Orten einfache Bauernkaten, die oftmals mehr als 100 Jahre alt sind. Regionaltypisch finden sich in den ländlichen Ortsteilen häufig auch größere Gehöfte mit einfachen roten Backsteinfassaden. Die Bebauungshöhe erreicht selbst im Kerngebiet kaum mehr als drei Stockwerke. Die Fassadengestaltung der Bebauung ist auf dem gesamten Gemeindegebiet schlicht und monoton im Stil der Neuen Sachlichkeit gehalten. Die Grundrisse der Hochbauten sind überwiegend einfach symmetrisch viereckig ohne irgendeine Formenvarianz, vergleichbar mit dem DDR-Einfamilienhaus vom Typ EW 58. Die Bebauungsdichte ist locker und lückenhaft. Der Flächeneinsatz im innerstädtischen Gebiet ist sehr hoch und die Flächenausdehnung der Orte einschließlich der Grünflächenanteile hoch. Folglich gehört die Einheitsgemeinde Jessen zu den flächenmäßig größten Gemeinden Deutschlands bei einer vergleichsweise sehr geringen Bevölkerungszahl von weniger als 15.000 Einwohnern.
Die ländlicheren Ortsteile Jessens sind häufig Rundlings- oder Straßendörfer. Der Ortsteil Jessen zerfällt dagegen in drei große Bebauungsgebiete, einem großen Gewerbegebiet Richtung Wittenberg, einem Neubaugebiet Richtung Schweinitz und der Altstadt Richtung Annaburg. Das östlich gelegene Neubaugebiet entstand im 20. Jahrhundert und weist einen hohen Anteil von Plattenbauten aus der Zeit der DDR auf. Der altstädtische Kern Jessens besteht aus historischer Bausubstanz ohne höhere Gestaltungsformen oder zeittypische Dekorelemente. Die Schwarze Elster durchfließt den Ort Jessen zentral. Die Bahnstrecke Dessau–Falkenberg/Elster durchquert den Ort ebenso zentral. Auch die B187 durchkreuzt den Ort Jessen zentral von Wittenberg nach Schweinitz.
Klima

Jessen liegt klimatisch in der Übergangszone zum kontinentalen Klima.
Die durchschnittliche Lufttemperatur in Jessen beträgt 9,2 °C, der jährliche Niederschlag 533 Millimeter. Der Regen fällt örtlich sehr unterschiedlich aus. Im Gemeindegebiet gibt es mehrere Wetterscheiden. Die nördlichen Gebiete erhalten eher weniger Niederschlagsmengen als die Näher zur Schwarzen Elster hin gelegenen. Im Februar ist mit dem geringsten Niederschlag im Jahr zu rechnen. Es fallen im Februar durchschnittlich 32 mm. Im Gegensatz dazu ist der Juni der niederschlagsreichste Monat des Jahres mit 66 mm Niederschlag. Im Winter fällt seit Jahren kaum noch Schneefall an. Langanhaltende Frostperioden sind in den letzten zwei Jahrzehnten kaum mehr aufgetreten. Das flache Land begünstigt einen durchgehenden Windeinfall.
Stadtteile
Die Einheitsgemeinde Jessen hat 44 Ortsteile einschließlich der ehemaligen Stadt Jessen.[8] Der namensgebende Ort Jessen hat 6237 Einwohner im Jahr 2017.[9] Das sind 43,8 % Bevölkerungsanteil im Vergleich zur Gesamteinwohnerzahl der Einheitsgemeinde. Der namensgebende Ort der Einheitsgemeinde ist also kleiner als die eingegliederten Ortsteile.
Jessen als Kernort ist zentraler Anlaufpunkt für alle umliegenden Orte und bildet das eigentliche Grundzentrum mit einigen übertragenen Aufgaben eines Mittelzentrums. Der Ort Jessen liegt mittig innerhalb des Gemeindegebiets, so dass eine Anfahrt per Auto vom äußersten entfernten Gemeindeteil bis ins Zentrum etwa 20 Minuten veranschlagt. Aufgrund der hohen Landschaftsanteile ist die Bevölkerungsdichte niedrig und liegt um ein Mehrfaches unterhalb des bundesdeutschen Durchschnitts.
Nach Jessen sind Schweinitz, Holzdorf, Seyda und Klöden die nächstgrößeren Orte, die zugleich noch über eine sehr einfache Basis-Infrastruktur verfügen. Schweinitz und Seyda sind als ehemalige eigenständige Städte fett markiert.
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Bevölkerung
Bevölkerungsentwicklung des namensgebenden Ortsteils der Einheitsgemeinde Jessen (Elster)
1875 | 1880 | 1890 | 1925 | 1933 | 1939 | 2017 |
---|---|---|---|---|---|---|
2417 | 2591 | 2595 | 3157 | 3698 | 4156 | 6237 |
Im Unterschied zu allen anderen Ortsteilen der Einheitsgemeinde Jessen, weist Jessen in der Langzeitbetrachtung einen signifikanten Anstieg der Bevölkerungszahlen auf. Dennoch ist die Bevölkerung im Ort Jessen seit 1990 nicht mehr signifikant gewachsen.
Historische Bevölkerungsentwicklung des Altkreis Jessen und der Einheitsgemeinde Jessen
Die Zahl der Einwohner des ehemaligen Kreis Jessen weist seit 1955 einen kontinuierlichen Rückgang auf. Zu diesem Kreis gehörten zusätzlich die heutige Einheitsgemeinde Annaburg. Von der heutigen Einheitsgemeinde Zahna-Elster gehörten die ehemalige Gemeinde Elster, Listerfehrda, Gadegast, Zemnick zum Kreis Jessen.
Bevölkerungsentwicklung seit 1955:
1955 | 1960 | 1975 | 1990 | 1995 | 2001 | 2011 | 2015 |
---|---|---|---|---|---|---|---|
36.500 | 34.956 | 33.049 | 32.800 | 18.486 | 17.170 | 14.620 | 14.215 |
Rechnet man die gemeindebezogenen heutigen Einwohnerzahlen aller Gemeinden die auf dem Territorium des Altkreis Jessen liegen zusammen, ergeben sich folgende Bevölkerungszahlen für den Zeitraum 2012 bis 2015:
Ort | Einheitsgemeinde Jessen (Elster) | Einheitsgemeinde Annaburg | Ortsteil Elster | Ortsteil Listerfehrda | Ortsteil Gadegast | Ortsteil Zemnick | Gesamt |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Jahr | 2015 | 2015 | 2012 | 2012 | 2012 | 2012 | 2015/2012 |
Einwohner | 14.215 | 6932 | 2362 | 316 | 204 | 102 | 24.131 |
Ausgehend vom Höchststand der Einwohnerzahlen des Alt-Kreis Jessen von 1955 ist die Zahl der Einwohner auf dem Gebiet des Altkreis Jessen seitdem bis heute um 66 Prozent zurückgegangen. Statistisch bedeutet das 1955 auf dem Gebiet der heutigen Einheitsgemeinde Jessen 21.537 Einwohner lebten, und damit 7322 Menschen mehr als zum heutigen Zeitpunkt. Im Vergleich dazu ist die Gesamtbevölkerung Deutschlands in diesem Zeitraum sogar leicht gewachsen. Jessens Bevölkerungsentwicklung weicht damit statistisch signifikant vom Bundesdurchschnitt ab. Es gibt eine über 70 Jahre andauernde Bevölkerungsreduktion in der Gemeinde Jessen.
Die Ursachen für die langanhaltende Landflucht liegen in einem allgemeinen Urbanisierungstrend. Die weggebrochenen Lebensmittelpunkte der Bewohner in Folge der Wendezeit haben die Mobilität der Bevölkerung seitdem noch ein mal erhöht.
Seit wenigen Jahren ist eine vermehrte Rücksiedelung ehemaliger Einwohner in das Gemeindegebiet zu verzeichnen.[13]
Aktuelle Bevölkerungsstatistiken der Einheitsgemeinde Jessen (Elster)
Das durchschnittliche Medianalter der Jessener Bevölkerung liegt bei 51,4 Jahren.[14]
Im Jahr 2011 waren 87 Ausländer in Jessen gemeldet. Von dieser kleinen Gruppe Ausländer stellten Polen und Russen die Meisten Angehörigen.[15]
Wittenberg bildet für die Jessener Bevölkerung das nächste mittelstädtische Zentrum. Die mittlere Güterversorgung wird von dort bezogen. Die Verflechtungen mit den angrenzenden brandenburgischen Gemeinden sind allgemein historisch bedingt niedrig.
Geschichte
Zusammenfassung
Historisch gehört das Elbe-Elster-Land zu einer peripheren und ärmlichen Region mit niedriger Bevölkerungsdichte, weitab von großstädtischen und pulsierenden Zentren wie Leipzig oder Berlin. Kulturhistorisch ist das Jessener Land ein Teil des preußisch geprägten Ostelbien gewesen, in der feudale Agrarstrukturen und ein konservatives Junkertum sich bis in das 20. Jahrhundert hinein als Kulturform halten konnten.
Jessen blieb in seiner Geschichte bis zum Wiener Kongress 1815 ein unbedeutendes Ackerbürgerstädtchen. Das nächstgelegene Verwaltungszentrum bildete Schweinitz, das heute ein Ortsteil von Jessen ist. Ebenso hatte Seyda eine gewisse Bedeutung als Verwaltungssitz gehabt im kursächsischen Staatswesen. Die Bedeutung Jessens wuchs erst mit der Inkorporierung großer sächsischer Landesgbeiete in den preußischen Staat. In der Zeit der DDR wurde Jessen dann erstmalig Kreisstadt bis es 1994 als kreisangehörige Gemeinde in den Landkreis Wittenberg eingegliedert wurde.
Kulturhistorisch entwickelte sich Jessen während der Zeit der DDR von 1949 bis 1989 zu einer geringer entwickelten und gesellschaftlich weniger ausdifferenzierten Arbeiter- und Bauernstadt, in der die bürgerliche Kultur unterdrückt und zurückgedrängt wurde. So kam es auch in Jessen zu Enteignungen in größerem Ausmaß, behördlichen Überwachungen und Drangsalierungen und einem allgemeinen Stillstand in der wirtschaftlichen Entwicklung.
Seit 1990 erholt sich das gesellschaftliche Gefüge in Jessen langsam wieder. Bis heute konnte der Rückstand im Vergleich zum westlichen Teil der Bundesrepublik verringert werden. Das allgemeine Lebensniveau liegt aber immer noch deutlich unter dem Niveau gleichgroßer Gemeinden in den alten Bundesländern.
Allgemeine Geschichte
Mittelalter, Frühe Neuzeit
Das Jessener Land gehörte im Frühmittelalter zum Siedlungsgebiet der Elbslawen. Im Rahmen der deutschen Ostkolonisation im Mittelalter setzte ab dem 12. Jahrhundert im heutigen Raum Jessen die Besiedelung durch deutsche Kolonisten ein. Die slawische Kultur und Lebensform wurde in den folgenden Jahrhunderten durch zum Teil kriegerische Feldzüge deutscher Heerführer sukszessive zurückgedrängt und die Jessener Gegend in den Verbund des Heiligen Römischen Reichs eingegliedert.
Die Anfänge Jessens bildete das heutige Schloss Jessen. Gegen Ende des 12. Jahrhunderts wurde am heutigen Standort des Schlosses erstmals ein Turmhügel mit einem aus Holz bestehenden Wehrturm errichtet. 1216 wurde der Ort erstmals urkundlich als Jezzant erwähnt. Die Urkunde von Bischof Siegfrieds II. von Brandenburg wurde am 28. Dezember 1217 ausgestellt, da damals aber ein neues Jahr am 25. Dezember begann, war der Tag nach dem heutigen Kalender der 28. Dezember 1216. Der heutige Ort Jessen ohne die nördlicher gelegenen Gemeindeteile befand sich zu dieser Zeit auf dem Gebiet der Grafschaft Brehna; als die Grafen von Brehna im Familienstamm ausstarben, fiel das Gebiet an die Wittenberger Askanier und gehörte fortan zu Sachsen-Wittenberg, eines der sieben Kurfürstentümer des Heiligen Römischen Reiches, das vom nahegelegenen Wittenberg regiert wurde. Als Stadt mit eigenen Ratssiegel und Stadtwappen wurde Jessen seit 1358 erwähnt. 1422 starb die Familie der Wittenberger Askanier aus. Die nachfolgende Herrschaftswürde ging an die Markgrafen von Meißen. Das Kurfürstentum Sachsen umfasste nun neben dem Kurkreis, zu dem Jessen weiterhin gehörte auch die Markgrafschaft Meißen. Der Residenzsitz der Kurfürsten blieb aber zunächst im westlich von Jessen gelegenen Wittenberg oder dem weiter südlich gelegenen Torgau. Die sächsischen Kurfürsten hielten sich häufig auf dem heutigen Gemeindegebiet auf, um zum Beispiel in der Glücksburger Heide mit dem zugehörigen Jagdschloss Glücksburg Jagden durchzuführen. Auch im heute nicht mehr erhaltenen Schloss Schweinitz residierten häufiger sächsische Kurfürsten. Hier verstarb auch der Kurfürst Johann der Beständige am 16. August 1532. Das heute zu Jessen gehörende Schweinitz bildete ebenso wie Seyda im Kurfürstentum Sachsen ein eigenes Amt. Der Ort Jessen wurde administrativ zum Amt Schweinitz zugeordnet.
Der Gorn, ein Hauswein der Askanier, wurde seit dem späten Mittelalter von Lichtenburger Antonitermönchen auf dem Gorrenberg angebaut und prägt seither das städtische Selbstverständnis der Jessener Bevölkerung als Weinstadt. Ende 1517 begann in Wittenberg die Reformation die sich europaweit ausbreitete. Bereits 1522 wurde durch den neu ernannten Pfarrer Urban Specher die veränderte Kirchendogmatik in Jessen eingeführt und mit der katholischen Lehrform gebrochen. Der Ort gehörte damit zum Kerngebiet der Reformation. Martin Luther hielt sich im Rahmen von Kirchenvisitationen mehrfach in Jessen Seyda und Schweinitz auf und predigte 1533 in der Stadtkirche.
Sowohl im Schmalkaldischen Krieg als auch im Dreißigjährigen Krieg wurde Jessen stark beschädigt.
In der Nacht vom 20. zum 21. September 1729 vernichtete ein Brand große Teile der Stadt.
19. Jahrhundert
In den Befreiungskriegen war Jessen nahezu ständig von französischen, preußischen oder russischen Truppen besetzt. Im Oktober 1813 befand sich das Hauptquartier von Blücher, Yorck und Tauentzien im Jessener Schloss. Im Vorfeld der Schlacht bei Dennewitz wurden die nördlichen Gemeindeteile um Seyda Schauplatz von Gefechten. Nach jahrhundertelanger Zugehörigkeit zu Sachsen wurde der Ort 1816 infolge des Wiener Kongresses preußisch und Jessen zum Kreis Schweinitz zugeordnet.
1838 wurde das erste „Schulfest“ gefeiert, das auch heute noch stattfindet. Es bildet traditionell den kulturellen Jahreshöhepunkt in Jessen und wird als Anlass für Familientreffen und Rückkehrertreffen ehemaliger Einwohner genutzt. Die Festlichkeiten finden über zwei Wochen Anfang August jeden Jahres statt und werden von allen Vereinen des Ortes getragen.[16]
Aufgrund der ländlichen Lage Jessens und seines Umlandes weitab von urbanen Zentren wie Leipzig oder Berlin wurde im Zeitalter des mitteleuropäischen Städtewachstums im 19. und 20. Jahrhunderts deren Siedlungs- und Wachstumsdynamik nicht auf das Jessener Umland übertragen.
In der Zeit der Industrialisierung nahm Jessen einen bescheidenen wirtschaftlichen Aufschwung. Der Stadtbürger Herrmann Fuhrmann gründete 1879 die Metallwarenfabrik G. Fuhrmann’s Sohn OHG und entwickelte sie zu einem Hersteller von verzinkten Haus- und Küchengeräten sowie Stanzteilen mit mehr als 200 Beschäftigten. Damit wurde in Jessen die mittelständische Metallbearbeitungsbranche heimisch, die sich am gleichen Standort bis heute unter den Namen Stanz- und LaserTechnik Jessen GmbH fortsetzt.
Am 15. Oktober 1875 wurde der Abschnitt Wittenberg–Falkenberg der Bahnstrecke Roßlau–Falkenberg/Elster durch die Berlin-Anhaltische Eisenbahn-Gesellschaft eröffnet und Jessen an das Eisenbahnnetz angeschlossen. Zuvor war bereits die Strecke Jüterbog Herzberg am 1. Juli 1848 als Teilstrecke der Bahnstrecke Jüterbog–Röderau durch die BAE in Betrieb genommen. Das zu Jessen gehörende Holzdorf und Linda erhielten dadurch Anschlüsse an das Bahnnetz.
20. Jahrhundert
Bei der Reichstagswahl vom 5. März 1933 wählten im Landkreis Schweinitz, zu dem die heutige Einheitsgemeinde Jessen gehörte, bei einer Wahlbeteiligung von 87,3 Prozent 69,8 Prozent der Wähler die NSDAP und 14,1 Prozent die DNVP. Fast 84 Prozent der Bevölkerung des Wahlkreis Schweinitz unterstützten damit die demokratisch legitimierte Machtergreifung der NSDAP unter Adolf Hitler. Die stärkste demokratisch gesinnte Partei war die SPD die noch 9,4 Prozent der Stimmen erhielt. Das Wahlverhalten wich damit erheblich vom Reichsdurchschnitt ab.
Bis 1945 gehörte Jessen zum Landkreis Schweinitz in der preußischen Provinz Sachsen, danach zu Sachsen-Anhalt. Im April 1945 kam es auch auf dem Gemeindegebiet zu Todesmärschen von KZ-Häftlingen aus dem KZ Langenstein-Zwieberge. Die Route verlief vom 19. April von Prettin in Richtung Jessen mit einer Übernachtung in der Kirche. 60 Häftlinge verloren auf dieser Strecke ihr Leben. In den Abendstunden des 20. Aprils schleppte sich der Zug durch Gentha. Auch hier wurden mehrere KZ-Häftlinge erschossen. Der Treck setzte sich weiter Richtung Seyda nach Genthin.
Ende April 1945 wurde das Jessener Land im Rahmen der Schlacht um Berlin von Truppen der 13. Armee und der 5. Garde-Armee der 1. Ukrainischen Front der Roten Armee besetzt. Es kam in einigen Ortsteilen noch zu vereinzelten Kampfhandlungen oder Bombardierungen ohne das das Verlauf geändert worden wäre. Es kam teils zu Verschleppungen von Zivilpersonen durch sowjetische Soldaten ohne das deren Schicksal geklärt werden konnte.
Die Glücksburger Heide wurde fortan militärisches Sperrgebiet und Übungsgebiet für die Rote Armee. Rotarmisten gehörten bis zu ihrem Abzug 1992 zu einem natürlichen Straßenbild in Jessen. Sie hielten das Areal um die Bahnhofstraße seit April 1945 als Garnison beschlagnahmt. Im Zuge der Bodenreform 1945 bis 1946 wurden die auf dem Jessener Land befindlichen Rittergutsbesitzer enteignet. Im Zuge der behördlichen Enteignungswellen von privaten Unternehmen wurden im Landkreis Schweinitz bis zum 28. Juni 1948 26 Unternehmen enteignet.[17] Viele Umsiedler und Flüchtlinge aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten fanden in den Jessener Ortschaften ein neues Zuhause.
1950 wurde der Landkreis Schweinitz in Landkreis Herzberg umbenannt. Nach der Verwaltungsreform von 1952 wurde Jessen Kreisstadt des Kreis Jessen im DDR-Bezirk Cottbus. Beim Aufstand vom 17. Juni 1953 wurde auch in Jessen der Ausnahmezustand ausgerufen und sowjetische Panzer postiert.[18] Während der DDR-Zeit verfiel die Bausubstanz im Stadtgebiet. Zahlreiche Neubautgebiete im Stil der Plattenbauten prägten die städtischen Gebiete Jessens. Der Verfall der städtischen Bebauung und Infrastruktur einschließlich von Versorgungsengpässen prägten den Alltag des Lebens in Jessen in der Zeit der DDR.
Zivilisatorischer Verfall in der DDR


Für europäische Verhältnisse war das zivilisatorische Niveau das die DDR der Gesellschaft bot deutlich zu niedrig für ihre Bewohner. Kulturhistorisch waren ihre Ostdeutschen Einwohner genauso an das höchste jeweils zeittypische Entwicklungsniveau gewöhnt wie andere Westeuropäer. Dies war nach Gründung der DDR und des Warschauer Pakts und die folgende Ausrichtung an die Standards der Sowjetunion nicht mehr möglich und führte zum Verfall der zivilisatorischen Standards.
Um 1990 war der öffentliche und der private Raum Jessens neben dem allgemeinen Verfallsformen von einem hohen Dreckbefall gekennzeichnet. Müll und Unrat lagen auf Gehwegen, Sperrmüll wurde in die Landschaft entsorgt, selbst die legalen Mülldeponien im Umland wurden kaum reguliert. Funktionierende Mülltrennungsysteme waren nicht vorhanden, Fabriken und Autos verpesteten mit ungefilterten Abgasen die Luft. die Geruchsbelästigung war neben den Reizungen der Atemwege ein Dauerzustand. Die örtlichen VEBs waren vollkommen veraltet, ihre Produkte kaum verwendbar.
Die allgemeine Hygiene- und Reinigungsverhalten der Menschen war schlecht, es gab keine hoch entwickelte medizinische Pflegekultur, so dass viele ältere Menschen unbetreut und siechend zu Hause vor sich hin vegetierten. Offener Alkoholismus war ein Alltagsbild in Jessen. Es gab kaum Angebote in den örtlichen Kaufläden, die damaligen Menschen hatten sehr geringe Kleidungsstandards. Die Lebenserwartung war deutlich niedriger als in den Westländern. Es gab in Jessen kaum funktionierende Dienstleistungen die über ein primitives Grundversorgungsniveau hinausgingen.
Baulich waren eingefallene Dachwerke, herunterfallene Dachziegel, eingeschlagene Fenster, kaputtes Mauerwerk, bröckelnde Fassaden, kaputte Heizungen, kaputte Gehwege, große Schlaglöcher ein weit verbreitete Problem, das die öffentliche Hand nicht mehr bewältigen konnte. Es gab kein sauberes Trinkwasser, da es nur lokale Grundwasserversorgung gab, es gab kein zentrales Abwasserentsorgungssystem, es gab nur Kohleheizungen, die den atmosphärischen Dreckausstoß zusätzlich vergrößerten.
baulicher und wirtschaftlicher Aufschwung
Der kollektive Abwärtsdruck der 1980er konnte binnen kurzer Zeit nach der Deutschen Einheit gestoppt werden. Der politische und ökonomische Strukturwandel nach der Wende hat nach einer Phase der Unsicherheit spürbare Verbesserungen in vielen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens gebracht. Getrieben wurde die Modernisierungsagenda vor allem von der öffentlichen Verwaltung. Das Angebot und die Qualität von Waren und Dienstleistungen wurden wesentlich verbessert. Eine Vielzahl moderner Handelsketten zur Grundversorgung prägen den neustädtischen Bereich des Ortes Jessen. Es setzte eine umfangreiche Modernisierung der Wirtschaftsstruktur und der Bausubstanz ein. So entstand ein neues Gewerbegebiet, ein neues Feuerwehrhaus, ein neues Gymnasium, ein neuer Busbahnhof und es erfolgte die Grundsanierung des verfallenen Schlosses im Ort Jessen zu einem modernen Verwaltungszentrum. In den 1990er Jahren entstand das Einkaufszentrum Elster-Center, das allerdings inzwischen leer steht. 2016 erfolgte der Bau eines großen Umspannwerks auf dem Gemeindegebiet.[19]
Allerdings wurden diese positiven Ergebnisse auch von negativen Erscheinungen begleitet. Die sozialen Verlierer der Wende litten unter Langzeitarbeitslosigkeit und konnten sich nicht an die neuen gesellschaftlichen Gegenbenheiten anpassen. Neue soziale Verhaltensformen die vorher nicht mehr bekannt waren kamen dagegen in dieser Schicht vermehrt zu Tage. Dazu gehörte ein latenter und teils offener gewalttätiger Rassismus und ausgeprägte Formen der Verwahrlosung die allerdings im Ansatz bereits aus der DDR-Zeit übernommen wurden. Dazu gehörte der Missbrauch von Tabakkonsum, Alkoholsucht und der Konsum harter Drogen. Die Gewaltkriminalität ist teils präsenter und sichtbarer geworden. Die angestauten sozialen Probleme und deren Abbauformen konzentrieren sich vor allem in den Plattensiedlungen Jessens und betreffen vor allem die niedriger gebildeten Schichten.
Im Jahr 2017 befindet sich die öffentliche Infrastruktur auf dem neuesten Stand und private Investitionen werden reger getätigt als noch vor zehn Jahren. Der Arbeitsmarkt ist dynamisch und belastbar. Im Jahr 1990 war die öffentliche Infrastruktur dagegen vollkommen verfallen, privates Unternehmertum war für die meisten Bewohner etwas unbekanntes und es lief eine Welle von betriebsbedingten Entlassungen.
Neue Strukturen in der BRD
Nach Auflösung der DDR wurden die Länder neu gegründet und eine Bevölkerungsbefragung zur zukünftigen Länderzugehörigkeit in den grenznahen Gebieten unternommen. Eine Mehrheit der Jessener tendierte mehrheitlich zur Eingliederung in das neu gegründete Sachsen Anhalt und nicht zur Zugehörigkeit zu Brandenburg. [20] Mit der Kreisgebietsreform in Sachsen-Anhalt wurde der Kreis Jessen aufgelöst und Jessen kam am 1. August 1994 als kreisangehörige Stadt zum Landkreis Wittenberg. Seitdem folgten viele weitere Eingemeindungen die das Gemeindegebiet stetig vergrößerten, so dass dieses inzwischen einen größeren Teil des ehemaligen Kreis Jessen umfasst.
1992 erfolgte die Eingliederung der ehemaligen Gemeinden Grabo, Großkorga, Lindwerder, Schöneicho und Steinsdorf-Dixförda, 1993 der ehemaligen Gemeinden Gerbisbach, Mügeln und Schweinitz sowie 1994 der ehemaligen Gemeinden Battin, Düßnitz, Gorsdorf-Hemsendorf und Kleindröben.[21] Mit der Kreisgebietsreform wurden am 1. August 1994 Battin, Düßnitz und Kleindröben-Mauken eingemeindet. 1999 erfolgte die Eingliederung der ehemaligen Gemeinden Arnsdorf, Leipa und Ruhlsdorf.[22] Am 1. März 2004 wurden Buschkuhnsdorf, Gentha, Holzdorf, Kleinkorga, Linda (Elster), Mellnitz, Mönchenhöfe, Morxdorf, Neuerstadt, Reicho und Seyda eingemeindet.[23] Am 1. Januar 2010 folgte Naundorf bei Seyda[24], und am 1. Januar 2011 kamen die ehemaligen Gemeinden Klöden und Schützberg hinzu.[25]
Ehemalige Gemeinde | Datum | Anmerkung |
---|---|---|
Arnsdorf | 1. Januar 1999 | |
Battin | 1. Juni 1994 | |
Buschkuhnsdorf | 1. März 2004 | |
Dixförda | 1. Mai 1974 | Zusammenschluss mit Steinsdorf zu Steinsdorf-Dixförda |
Düßnitz | 1. Juni 1994 | |
Gentha | 1. März 2004 | |
Gerbisbach | 1. November 1993 | |
Glücksburg | 1. Mai 1974 | Eingemeindung nach Mügeln |
Gorsdorf | 1. Januar 1974 | Zusammenschluss mit Hemsendorf zu Gorsdorf-Hemsendorf |
Gorsdorf-Hemsendorf | 1. Januar 1994 | |
Grabo | 1. Januar 1992 | |
Großkorga | 1. Januar 1992 | |
Hemsendorf | 1. Januar 1974 | Zusammenschluss mit Gorsdorf zu Gorsdorf-Hemsendorf |
Holzdorf | 1. März 2004 | |
Kleindröben | 1. Juni 1994 | |
Kleinkorga | 1. März 2004 | |
Klöden | 1. Januar 2011 | |
Klossa | 1. Januar 1978 | Eingemeindung nach Schweinitz (Elster) |
Kremitz | 1. Januar 1992 | Eingemeindung nach Holzdorf |
Leipa | 1. Januar 1999 | |
Linda (Elster) | 1. März 2004 | |
Lindwerder | 1. Januar 1992 | |
Lüttchenseyda | 1. Juli 1950 | Eingemeindung nach Gentha |
Mellnitz | 1. März 2004 | |
Mönchenhöfe | 1. März 2004 | |
Morxdorf | 1. März 2004 | |
Mügeln | 1. Januar 1993 | |
Naundorf bei Seyda | 1. Januar 2010 | |
Neuerstadt | 1. März 2004 | |
Rade | 1. März 2004 | |
Rehain | 1. Juli 1977 | Eingemeindung nach Ruhlsdorf |
Reicho | 1. März 2004 | |
Ruhlsdorf | 1. Januar 1999 | |
Schadewalde | 1. Mai 1974 | Eingemeindung nach Seyda |
Schöneicho | 1. Januar 1992 | |
Schützberg | 1. Januar 2011 | Ortsteil von Klöden vom 1. Mai 1974 bis zum 14. März 1990 |
Schweinitz (Elster) | 1. Januar 1993 | |
Seyda | 1. März 2004 | |
Steinsdorf | 1. Mai 1974 | Zusammenschluss mit Dixförda zu Steinsdorf-Dixförda |
Steinsdorf-Dixförda | 1. Januar 1992 | Eingemeindung nach Schweinitz (Elster) |
Zwiesigko | 1937 | Namensänderung in Gerbisbach |
Politik
Stadtrat
Der Stadtrat von Jessen besteht aus 28 Stadtverordneten und setzt sich seit der Kommunalwahl am 25. Mai 2014 (Wahlbeteiligung 49,1 %) wie folgt zusammen[26][27]:
Partei / Wählergruppe | Sitze |
---|---|
CDU | 12 |
Die Linke | 5 |
Bürger bewegen Probleme-Bürgerinitiative (BBP-BI) Jessen | 3 |
SPD | 3 |
FDP | 2 |
Einzelbewerber Dieter Schubert | 1 |
Einzelbewerberin Romy Harnapp | 1 |
Einzelbewerber Jens Freydank | 1 |
Gesamt | 28 |
Zusätzliches Mitglied des Stadtrats ist der Bürgermeister.
Bürgermeister
Michael Jahn (SPD) wurde am 9. November 2014 mit 68,4 Prozent der gültigen Stimmen für eine Amtsperiode von sieben Jahren gewählt.[28]
Stadtverwaltung
Die Stadtverwaltung Jessen besteht aus vier Fachbereichen: Hauptamt, Ordnungsamt, Bauamt und Amt Finanzen und beschäftigt mit Stand: Dezember 2017 insgesamt 63 Mitarbeiter in Voll- und Teilzeit ohne die nachgeordneten Einrichtungen oder Eigenbetriebe. Der Bereich Schule, Jugend und Sport ist organisatorisch dem Hauptamt zugeordnet. Die Stadt unterhält neben dem pflichtgemäßen Stadtrat und Hauptausschuss, einen Bau- und Vergabeausschuss, einen Finanzausschuss und einen Sozialausschuss.
Wappen
Das Wappen wurde am 17. Dezember 1993 durch das Regierungspräsidium Dessau genehmigt und im Landeshauptarchiv Magdeburg unter der Wappenrollennummer 63/1993 registriert.
Blasonierung: „In Rot hinter einer durchgehenden runden schwarz gefugten silbernen Zinnemauer eine silberne Kirche; die Türme mit blauen, an den Seiten jeweils mit einer gestielten goldenen Kugel besetzten Spitzdächern und schwarzen Bogenfenstern (2:1); zwischen den Türmen ein schwarzes Tor unter spitzem Dach, darüber ein mit einem goldenen Kreuz gekrönter gewölbter Giebel mit zwei schwarzen Bogenfenstern und einer dreiblättrigen schwarzen Rosette; zu beiden Seiten der Kirche hinter der Mauer je eine silberne Pappel.“
Die Stadtfarben zeigen Schwarz-Gold (Gelb).
Das Wappen wird in dieser Form seit 1968 wieder verwendet und geht auf einen historischen Siegelabdruck aus dem 14. Jahrhundert zurück. Die erste bekannte Urkunde, die dieses Siegel trägt, ist aus dem Jahre 1358, in der ein Schutzbündnis zwischen Rudolf II. und seinen Städten Wittenberg, Aken, Herzberg, Prettin, Jessen, Kemberg, Schmiedeberg, Belzig und Niemegk gegen Raubritter und Diebesbanden abgeschlossen wurde.
Flagge
Die Flagge wurde am 13. Mai 1998 durch das Regierungspräsidium Dessau genehmigt. Sie ist schwarz-gelb gestreift. Das Stadtwappen ist mittig auf die Flagge aufgelegt.
Städtebund und Städtepartnerschaften
Jessen gehört zum länderübergreifenden Städtebund Elbe-Elsteraue. Zu diesem gehören Herzberg, Annaburg, Schönewalde, Schlieben, Jüterbog und Torgau. Dieser hat das Ziel kommunal übergreifend an der weiteren qualifizierten Entwicklung der touristischen Infrastruktur in der Region zu arbeiten.
Jessen unterhält eine Städtepartnerschaft mit Senden in Nordrhein-Westfalen.
Bildung, Gesundheit, Religion und Soziales
Die Einheitsgemeinde Jessen verfügt über eine Außenstelle der Arbeitsagentur Wittenberg einschließlich einer Außenstelle des Jobcenters Wittenberg. Es gibt ein medizinisches Versorgungszentrum Poliklinik Jessen. Zur Gesundheitserhaltung gibt es zwei Fitnesscenter im Ort Jessen. Ein weitergehendes Wellness- und Gesundheitsangebot ist nur im Ansatz vorhanden. Für die Betreuung von Senioren gibt es ein Pflegewohnheim in Jessen. Die Einheitsgemeinde verfügt über zwei gut ausgebaute Einrichtungen zur Betreuung von behinderten Menschen. Neben den evangelischen Gemeinden der Landeskirche in den Ortsteilen gibt es im Ortsteil Jessen eine Neuapostolische Kirchengemeinde.
Das Gymnasium Jessen ist die zentrale höhere Bildungsstätte der Einheitsgemeinde. Es verfügt über einen modernen Schulbau und eine moderne Multifunktionshalle und ist für mehr als 1000 Schüler ausgelegt. Eine Sekundarschule und vier Grundschulen komplettieren die Bildungsinfrastruktur der Einheitsgemeinde.
Als gesonderte Bildungsstätten verfügt die Gemeinde über eine Sonderschule, eine Außenstelle der Kreisvolkshochschule Wittenberg und der Kreismusikschule. Museale Einrichtungen oder Ausstellungen die sich mit Themenstellungen außerhalb der Rezeption der vormaligen im Jessner Umland verbreiteten Bauernkultur beschäftigen, haben sich bisher auf dem Gemeindegebiet nicht entwickelt.
In der Breitenbildung gibt es eine rudimentäre Stadtbibliothek Jessen mit insgesamt drei sanierungsbedürftigen Einrichtungen mit einfachem Medienangebot und eingeschränkter Erreichbarkeit.
Im Bereich der Kinderbetreuung verfügt der Ort über acht Kitas in kommunaler Trägerschaft und zwei Kitas in freier Trägerschaft. Es ist damit eine flächendeckende Kinderbetreuung gewährleistet.
Tourismus
Der seit 1997 bestehende Verein „Eigenständige Regionalentwicklung im Jessener Land e.V.“ entwickelt als unabhängiger nichtstaatlicher Akteur vor Ort touristische Angebote. Ein Interessenfokus des Vereins ist die Entwicklung von Rad- und Wandertouren in den Ortsteilen der Stadt Jessen.
Wirtschaft und Finanzsektor

Jessen ist regional für seinen intakten und modernen Gewerbe- und Industriekern bekannt[29] und ist energieautark, da es seinen Energiebedarf aus eigener Produktion vollständig decken könnte.
Die Stadt ist seit 1990 zu einem regionalen Zentrum für Gewerbe mit Branchenschwerpunkte in der Lebensmittelverarbeitung und den Metall- und Maschinenbau geworden. Jessen hat mit deutlich mehr als 2630 Arbeitsplätzen (von 7610) im produzierenden Gewerbe im Verhältnis zu seiner Einwohnerzahl einen sehr hohen Beschäftigungsanteil im Sekundärsektor aufzuweisen.[30] Auch die Landwirtschaft hat bedingt durch die großen landwirtschaftlich genutzten Flächenanteile auf dem Gemeindegebiet mit 580 Beschäftigten einen erhöhten Anteil an der Wertschöpfung aufzuweisen. Die landwirtschaftliche Energieproduktion spielt inzwischen eine erhebliche Rolle. Allein der größte Agrarproduzent des Ortes ist inzwischen in der Lage etwa 1100 Haushalte, bei einer angenommenen durchschnittlichen Größe von vier Personen je Haushalt, wären das etwa 4400 Personen mit Energie zu versorgen.[31] Dazu kommen sehr viele Windräder, die im Gemeindegebiet ebenfalls einen großen Anteil des Energiebedarfs decken können. Einzelne Solarparks ergänzen das Produktionsangebot. Rein rechnerisch wäre Jessen damit eine vollständig energieautarke Gemeinde und bräuchte keine Anbindung an das Stromnetz. Das 2016 auf Gemeindegebiet errichtete groß angelegte Umspannwerk sorgt ebenso für eine lokale Energieeinspeisung und Verteilung.
Vor allem kleine und mittelständische Betriebe der Nahrungs- und Genussmittelindustrie, Metallverarbeitung und des Bauwesens sind in Jessen ansässig. Des Weiteren ist der Bundeswehrstandort Holzdorf-Ost (Luftwaffe) einer der wichtigsten Arbeitgeber der Region. Wichtigster Zweig der Nahrungsmittelindustrie ist die Mineralwasserproduktion, die durch die Erweiterung der Produktionsanlagen seit 2009 eine deutliche Absatzsteigerung erfahren hat. Himmelsberger Mineralbrunnen gehört zur MEG, die als Tochter der Schwarz-Gruppe Lidl und Kaufland beliefert; Troy Aqua, 2008 in Insolvenz gegangen, wurde 2015/2016 durch Edeka erworben zwecks Aufbau einer eigenen Abfüllanlage.[32]
Weitere Bereiche sind die Käseherstellung (die Elsterland Molkerei ist eine Betriebsstätte der Bayerische Milchindustrie eG), seit 2007 die Kaviarproduktion (Aqua Orbis), der Weinanbau (seit dem 13. Jahrhundert, das nördlichste anerkannte Weinanbaugebiet Deutschlands), der Anbau von Obst und Gemüse (Äpfel, Erdbeeren, Kirschen, Spargel) sowie die Tiefkühlkostbereitung aus Obst, Gemüse und Fertiggerichten (die Jütro Tiefkühlkost ist eine Tochter der Hamburger I. Schroeder KG). Zudem ist die Brennerei Icking KG im Stadtteil Seyda zu nennen, in der Bioethanol produziert wird. Daneben gibt es in den äußeren ländlich geprägten Stadtteilen größere landwirtschaftliche Betriebe. Zu den metallverarbeitenden Betrieben zählen Stanz- und LaserTechnik Jessen GmbH, Profil Metallbau, Preuss Metallverarbeitung sowie die Blech- und Technologiezentrum Linda GmbH. Die wichtigsten Baubetriebe sind zbo Bau GmbH sowie Thiele Bauträger GmbH.
Bedeutender Wirtschaftsakteuer ist auch die Stadt Jessen, in deren Besitz 300 kommunale Gebäude gehören, die erhalten und bewirtschaftet werden müssen. Die Art der kommunalen Besitzstände ist zweckmäßiger Natur und reicht von Garagen, Werkstätten, Schulen, Turnhallen, Feuerwehrhäuser oder Gemeindehäuser. Das Niveau der öffentlichen bewirtschafteten Gebäude ist durchmischt. Es gibt vereinzelt hochwertige neue und historische Gebäudestrukturen und eine überwiegend einfache und billige Bauart aus sozialistischer Zeit.
Im Tourismusbereich sind auf dem Gemeindegebiet 18 Gaststätten und acht Hotels und Pensionen verzeichnet. Die Zahl der gastronomischen Einrichtungen ist ausreichend, das Niveau allerdings begrenzt.
Auf dem Gemeindegebiet gibt es vier Filialen der Sparkasse Wittenberg. Die Volksbank ist mit zwei Filialen präsent. Die Flächendeckung ist damit ordentlich gewährleistet.
Firma | Beschreibung | Gründungsjahr | Mitarbeiterklasse [33] | Umsatzklasse |
---|---|---|---|---|
Agrodienst eG Jessen | Handel mit Agrarprodukten und landwirtschaftlichen Betriebsmitteln, Baustoffen, Hausartikeln, Hofartikeln und Gartenartikeln, Heizöl, Diesel, festen Brennstoffen, Sand, Kies und Erden | 1990 | Von 100 bis 249 Beschäftigte | 2014: 25 - 50 Millionen EUR |
Edelstahlgießerei Zentara GmbH | Form- und Schleuderguß in hitze-, rost- und säurebeständigen Werkstoffen | 1995 | Von 50 bis 99 Beschäftigte | 2014: 5 - 10 Millionen EUR |
Jütro Tiefkühlkost GmbH & Co KG | Tiefgefrorenes Obst und Gemüse | 1996 | Von 100 bis 249 Beschäftigte | 2014: 50 - 100 Millionen EUR |
TROY Aqua GmbH Mineralbrunnen | Abfüllung von Mineralwasser | 2002 | Von 100 bis 249 Beschäftigte | 2014: 25 - 50 Millionen EUR |
Bayerische Milchindustrie eG | Produktion und Vertrieb von Käse | 2001 | 2017: 200 Beschäftigte | 2014: 25 - 50 Millionen EUR |
SCHADE Logistic GmbH | Spezialtransporte für die Glasindustrie, Glastransporte, Flachglastransporte, Abfalltransporte, Schüttguttransporte, Fahrzeugvermietung, Grossraumtransporte | 1990 | Von 100 bis 249 Beschäftigte | k.A. |
Blech- und Technologiezentrum Linda GmbH | Blecharbeiten, Schweißen von Metallteilen, Schneiden von Metall, Biegen von Metall | 1998 | Von 100 bis 249 Beschäftigte | k.A. |
Agrargenossenschaft Holzdorf eG | Veterinärdienste und Tierzuchtdienste, Getreide und Pseudogetreide, Pflanzen und Feldfrüchte für die Industrie, Ölpflanzen und Ölsaaten, Faserpflanzen, Dienstleistungen für die Landwirtschaft und den Gartenbau, Erntedienste, Vermietung von landwirtschaftlichen Maschinen und Ausrüstungen | 1990 | 100 Mitarbeiter | 2014: 10 - 25 Millionen EUR |
Stanz- und Lasertechnik Jessen GmbH | Maschinelle Bearbeitung von Metall | 2012 | Von 250 bis 499 Beschäftigte | k.A. |
zbo Bau GmbH Jessen Hoch- und Tiefbauleistungen aller Art Spezialbetrieb für Schal- und Zimmererarbeiten | Holzbau und Zimmerarbeiten, Sonstige Bautischlerarbeiten, Bauunternehmen, Bauindustrie, Unternehmen / Bauindustrieunternehmen, Dachdeckerei und Wandverkleidung | 1990 | 60 Mitarbeiter | |
Himmelsberger Mineralbrunnen GmbH | Gewinnung, Herstellung und Vertrieb von Mineralwasser | 1990 | Von 100 bis 249 Beschäftigte | 2014: 25 - 50 Millionen EUR |
Seydaland Vereinigte Agrarbetriebe GmbH & Co.KG | Agrarwirtschaft, Viehzucht, Energieproduktion | 1990 | 165 Mitarbeiter | k.A. |
Verkehr
Schienenverkehr

- Der Bahnhof Jessen liegt an der Bahnstrecke Węgliniec–Roßlau und wird von Regionalbahnen der DB Regio fahrplanmäßig angefahren.
- Weitere Haltepunkte im Stadtgebiet von Jessen sind Linda (Elster) und Holzdorf (Elster) an der Bahnstrecke Jüterbog–Röderau. Sie werden von Zügen der DB Regio auf der Linie Stralsund – Berlin – Jüterbog – Falkenberg (Elster) angefahren.
Straßenverkehr
Jessen liegt unmittelbar an der Bundesstraße 187, die eine direkte Anbindung Richtung Lutherstadt Wittenberg bietet und die Haupt-Ost-West Verbindung im östlichen Sachsen-Anhalt darstellt. Die A 9 ist 40 km entfernt (Anschlussstelle Coswig).
Über die Bundesstraße 187 in östlicher Richtung erreicht man die Bundesstraße 101. Über diese ist eine Anbindung an den Großraum Berlin gegeben.
Busverkehr
Es gibt auf dem gesamten Gemeindegebiet ein Busliniennetz mit einem ausgedünnten Linienbetrieb. Es überwiegt das Anrufbussystem mit niedriger Frequenz im Nutzungsverhalten durch die ortsansässige Bevölkerung. Reguläre Taxistellplätze sind nicht vorhanden.
Die Abhängigkeit zum Auto ist hoch. Das Liniennetz der Bahn reicht nicht für eine deckende Erschließung des Gemeindegebiets.
Fähre
Vom an der Elbe gelegenen Ortsteil Mauken führt eine Gierseilfähre nach Pretzsch.
Kultur und Sehenswertes
→ Siehe auch: Liste der Kulturdenkmale in Jessen (Elster)
Sport und Freizeit
In Jessen gibt es ein sehr ausgeprägtes Vereinswesen auf allen gesellschaftlichen Feldern. Bekanntester Sportverein ist SV Allemania 08 Jessen für die Sparten Fußball, Volleyball, Tischtennis, Gymnastik und Eltern-Kind Turnen. Zweiter wichtiger Sportverein ist der Jessener SV 53. Dieser bietet Abteilungen im Handball, Leichtathletik, Bowling und Freizeitsport.
Es gibt zwei größere und moderne Sport- und Mehrzweckhallen und ein Mehrzweckstadion mit kleiner Tribüne.
Bauwerke
Eine zusammenhängende Fußgängerzone mit Einkaufs- und Flaniermeile innerhalb der Altstadt hat sich in Jessen nicht entwickelt. Es gibt einen Ortskern, der aber keine alten Gebäudestrukturen aufweist. Der historische Marktplatz in Jessen ist daher vor allem als funktionale Ansammlung von Geschäften zu sehen.
Die nachfolgende Auflistung von Gebäuden ist eine Zusammenstellung der historisch bedeutenden Gebäude in Jessen. Es gibt noch vereinzelte historische Villen, die im Ansatz eine opulentere Architektur vertreten, aber im Verhältnis zur ortstypischen anspruchslosen Massenbebauung nicht weiter hervortreten. Die DDR-Zeit hat im städtischen Gesamtbild einen prägenden Charakter hinterlassen, der immer noch stark vorhanden ist. Auch die historischen Gebäude, die hier in der Gesamtzahl aufgeführt sind, weisen städtebaulich gesehen nur einen Einzelcharakter auf und erzeugen kein straßenbezogenes Gesamtensemble.
- Pfarrkirche St. Nicolai in Jessen mit dem bedeutenden barocken Kanzelaltar (1696) aus Groß Quenstedt von Valentin Kühne, Renovierung der Kirche 1979–1994
- Schloss Jessen: 1862 von den Gebrüdern Carl und Fritz Raschig erworben, die eine Tuchfabrik dort einrichteten; seit 1999 Sitz der Stadtverwaltung.
- Pfarrkirche St. Marien in Schweinitz
- Amtshaus Schweinitz
- Amtshaus Seyda
- Dorfkirche Gorsdorf
- Dorfkirche Kleindröben
- Das Wasserschloss Hemsendorf mit Parkanlage ist ein durch August I. verliehenes ehemaliges Rittergut des 16. Jahrhunderts.[34]
-
Markt und Kirche St. Nicolai
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Jessener Schloss und Rathaus
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Amtshaus Seyda
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Wasserschloss Hemsendorf
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Amtshaus Schweinitz
Parks und Erholung
- Baderhag Jessen-Altstadt
- Tierpark Jessen-Süd
- Jessener Freibad
- Schlosspark Hemsendorf (16. Jh.)
Landschaften
- Die Arnsdorfer Berge (auch Jessen-Schweinitzer Berge) mit Wanderwegen und Schutzhütten befinden sich unmittelbar nördlich der Stadt. Wichtigste Sehenswürdigkeiten sind unter anderen der Himmelsberg (133 m), die Hirtenwiese und der ehemalige Kohleschacht (19. Jahrhundert).
- Die Glücksburger Heide ist ein knapp 7000 Hektar großes Naherholungs- und Landschaftsschutzgebiet im Norden des Stadtgebietes.
Regelmäßige Veranstaltungen
- Jedes Jahr findet am zweiten Sonntag im August das über die Stadtgrenzen hinaus bekannte Schul- und Heimatfest statt. Für diesen Anlass dichtete Oberpfarrer Hosch zum 75-jährigen Schulfestjubiläum das Jessener Heimatlied.
- Am Dienstag vor dem Heimatfestwochenende findet das Weinfest auf den Schlosswiesen statt. Zu diesem Anlass wird am Ende eines mit Tanz und Gesang gestalteten Bühnenprogramms die Jessener Weinprinzessin gekürt. Dabei wird besonders Wein aus den ansässigen Winzerbetrieben ausgeschenkt.
- Das erste Dezemberwochenende ist jährlich der Termin für den Jessener Weihnachtsmarkt.
Geplante World Radiosport Team Championship 2018
Die Amateurfunk Weltmeisterschaft „World Radiosport Team Championship“, WRTC, soll 2018 in Jessen stattfinden. Bei diesem Wettkampf treten Teams von Funkamateuren in einem Wettbewerb gegeneinander an. Dieses vermeldet der DARC in einer Mitteilung [35] und auch der Verein WRTC2018 e. V. in einer Pressemitteilung [36] Informationen zu Art und zum Ablauf eines solchen Wettbewerbes ( vom 1. Juli 2015 im Internet Archive) stellt der Verein auch zur Verfügung. Am 01. Oktober 2017 wurden die 63 teilnehmenden Teams nominiert[37].
Persönlichkeiten


- Michael Stifel (um 1487–1567), Theologe, Mathematiker und Reformator, Weggefährte Martin Luthers, 1541 bis 1547 in Holzdorf als Pfarrer tätig
- Gottfried Meisner (1618–1690), evangelischer Theologe, Superintendent in Jessen
- Friedrich Wilhelm Jahr (1707–1755), Professor für Theologie an der Universität Wittenberg, in Jessen Substitut, Oberpfarrer und Superintendent
- Friedrich Müller (1714–1750), evangelischer Theologe, geboren in Jessen
- Johann Bücher (1721–1785), evangelischer Theologe und Philosoph, Superintendent in Jessen
- August Wilhelm Heffter (1796–1880), Rechtsgelehrter, Professor und Verfasser zahlreicher juristischer Werke, geboren und aufgewachsen in Schweinitz
- Karl Lamprecht (1856–1915), Professor für Geschichte an der Universität Leipzig, heute vor allem bekannt durch seine Rolle im Methodenstreit der Geschichtswissenschaft, geboren in Jessen
- Bruno Müller (1859–1921), evangelischer Theologe, geboren in Seyda
- Ludwig Hosch (1859–1930), evangelischer Theologe, Superintendent in Jessen
- August Berger (1892–1945), sozialdemokratischer Kommunalpolitiker, lebte nach seiner Vertreibung aus Apolda zurückgezogen in Jessen, 1944 vom NS-Regime im KZ Sachsenhausen interniert, dort im Februar 1945 ums Leben gekommen
- Walther Siegmund-Schultze (1916–1993), Musikwissenschaftler, Professor und Hochschullehrer, geboren und aufgewachsen in Schweinitz
Musik
Der Jessener Pfarrer Ludwig Hosch (1859–1930) dichtete das „Jess´ner Heimatlied“, dessen Text auf die Melodie des aus dem 19. Jahrhundert stammenden Studentenliedes „O alte Burschenherrlichkeit“ gesungen wird und welches nachweislich zum dritten Schulfesttag am 12. August 1913 gesungen wurde.[38]
Literatur
- Klaus Däumichen: Streifzüge durch die Geschichte der Elbaue. Torgau, Prettin, Axien, Plossig, Dautzschen, Jessen (Elster), Mauken, Lutherstadt Wittenberg. Drei-Kastanien-Verlag, Lutherstadt Wittenberg 2001, ISBN 978-3-933028-40-2.
- Jörg Moser: Die älteren Bauteile des Schlosses Jessen/Elster als Beispiel früher Backsteinbauten im Elbe-Elster-Gebiet, in: G. Ulrich Großmann (Red.): Burgenbau im 13. Jahrhundert, Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 2002, ISBN 978-3-422-06361-7, S. 153ff.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt, Bevölkerung der Gemeinden – Stand: 31. Dezember 2023 (Fortschreibung auf Basis des Zensus 2022) (Hilfe dazu).
- ↑ https://www.kgst.de/groessenklassen Anhand von Benchmarks werden über die KGSt in Deutschland zentral gesteuert Soll-Bedarfe definiert, die für einwohnerbezeogene Einrichtungen im kommunalen Wirkbereich bindend sind, wie z.B. Mindestanzahl von Schülern. Die Klassifizierung lassen relative Aussagen zum Stand der Entwicklung einer Kommune in Deutschland zu. Dadurch können schlechter oder besser Bewertungen objektiviert werden. Die bewertenden Aussagen im Text stützen sich auf die Erfahrungen der KGSt und ihrer langjährig definierten Soll-Standards.
- ↑ https://www.sachsen-anhalt.de/fileadmin/Bibliothek/Schulung/Musterdateien_Schulung/Dokumente/lsg1.pdf
- ↑ http://www.landwirtschaftsunternehmen.de/lunex/y/k/downloads/nl05_2010_12.pdf S.2
- ↑ http://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Landwirtschaft/Pflanze/Weinbau/ggA_Saechsischer.pdf?__blob=publicationFile S.15
- ↑ http://www.mz-web.de/jessen/weinanbau-eimerweise-wein-geliefert-1735224
- ↑ Deutscher Wetterdienst, Normalperiode 1961-1990
- ↑ Hauptsatzung der Stadt Jessen (PDF; 42 kB)
- ↑ http://www.jessen.de/stadtportal/ortsteile/jessen.html
- ↑ http://www.verwaltungsgeschichte.de/schweinitz.html
- ↑ http://www.verwaltungsgeschichte.de/schweinitz.html
- ↑ https://www.citypopulation.de/php/germany-sachsenanhalt_d.php?cityid=15091145
- ↑ https://www.wegweiser-kommune.de/kommunale-berichte/demographiebericht/jessen-elster.pdf. S.4f
- ↑ https://www.wegweiser-kommune.de/kommunale-berichte/demographiebericht/jessen-elster.pdf.
- ↑ https://www.citypopulation.de/php/germany-sachsenanhalt_d.php?cityid=15091145
- ↑ https://www.wochenspiegel-web.de/wisl_s-cms/_wochenspiegel/7459/Wittenberg/35164/_Jessen_schreibt_Geschichte_.html
- ↑ Die Entwicklung der SED-Diktatur auf dem Lande: Die Landkreise Liebenwerda und Schweinitz in der Sowjetischen Besatzungszone 1945–1949, Vandenhoeck & Ruprecht, 2015, Kapitel 9 - Die Umgestaltung der Wirtschaftsordnung (S.319 - S.393), S.387
- ↑ http://www.jessen.de/stadtportal/historisches/ereignisse-urkunden/a/aufstand-des-17-juni-1953.html
- ↑ http://www.50hertz.com/de/Netzausbau/Leitungen-an-Land/Netzanschluss-Jessen-Nord
- ↑ Michael Richter: Die Bildung des Freistaates Sachsen: friedliche Revolution, Förderalisierung, deutsche Einheit 1989/90, Band 1, Vandenhoeck & Ruprecht, 2004, Kapitel 4.2.2, Entscheidung des Ministerrates für fünf Länder einschließlich Sachsen-Anhalts, S.288
- ↑ Gemeinden 1994 und ihre Veränderungen seit 01.01.1948 in den neuen Ländern, Verlag Metzler-Poeschel, Stuttgart, 1995, ISBN 3-8246-0321-7, Herausgeber: Statistisches Bundesamt
- ↑ StBA: Änderungen bei den Gemeinden Deutschlands, siehe 1999
- ↑ StBA: Änderungen bei den Gemeinden Deutschlands, siehe 2004
- ↑ StBA: Änderungen bei den Gemeinden Deutschlands, siehe 2010
- ↑ GemNeuglG WB
- ↑ Ergebnis der Kommunalwahl am 25. Mai 2014
- ↑ Ergebnisse der Gemeinderatswahl in der Stadt Jessen (Elster). In: Mitteldeutsche Zeitung, 25. Mai 2014
- ↑ Ergebnis der Bürgermeisterwahl am 9. November 2014
- ↑ Von 7500 Beschäftigen im Ort sind 2500 im produzierenden Gewerbe beschäftigt, das aus zukunftsweisenden Technologien besteht und neu entstanden ist bzw. modernisiert wurde. 33% Anteil der Beschäftigung im Produktionsgewerbe im Verhältnis zur Gesamtbeschäftigung liegen über den Bundesdurchschnitt.
- ↑ https://www.statistik.sachsen-anhalt.de/Internet/Home/Auf_einen_Blick/zensus/EZG/B/test_ver__ff/150910145145_Jessen_Elster_Stadt_Bev.pdf S.18
- ↑ https://www.seydaland.net/erneuerbare-energien/biogas/
- ↑ Groß-Investition von Edeka in Jessen, MDR vom 19. Januar 2016
- ↑ https://de.kompass.com/d/landkreis-wittenberg/de_15_15091/
- ↑ Geschichte des Wasserschlosses Hemsendorf ( vom 13. April 2014 im Internet Archive)
- ↑ Mitteilung des DARC zum WRTC 2018
- ↑ Pressemitteilung des WRTC2018 e. V.
- ↑ http://wrtc2018.de/index.php/wettbewerb/teilnehmer
- ↑ Internetauftritt des GKR Kirchspiels Jessen, abgerufen am 18. November 2015