Geschichte der Juden in Japan und Ferdinand Hasenclever: Unterschied zwischen den Seiten
+Bilder |
K Link auf Karl_von_Flemming präzisiert (wahrscheinlich BKL oder Verschiebung) |
||
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
'''Ferdinand Hasenclever''' (* [[2. März]] [[1769]] in [[Remscheid]]; † [[30. Mai]] [[1831]] in [[Arnsberg]]) war evangelischer Pfarrer und [[Konsistorium|Konsistorialrat]] bei der Kirchen- und Schulabteilung der [[Regierungsbezirk Arnsberg|Regierung in Arnsberg]]. Er tat sich insbesondere als Bildungsreformer hervor. |
|||
Die '''Geschichte der Juden in Japan''' beginnt im Jahre 1861, als die ersten jüdischen Familien in [[Yokohama]] sesshaft wurden. Während des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]] war Japan Zufluchtsstätte für tausende [[Juden]] durch die Hilfe [[Chiune Sugihara]]s, dem Konsul des [[Japanisches Kaiserreich|japanischen Kaiserreiches]], der ihnen in [[Litauen]] Transitvisa nach [[Japan]] ausstellte, wodurch sie im japanisch besetzten [[Shanghaier Ghetto]] überlebten. Juden stellen heutzutage eine kleine ethnische und religiöse Minderheit in Japan dar, die derzeit nur aus etwa 2000 Personen besteht, was etwa 0,0016% der Gesamtbevölkerung Japans entspricht. |
|||
[[Datei:Ferdinand Hasenclever.JPG|miniatur|Ferdinand Hasenclever]] |
|||
== Frühe Jahre == |
|||
Er war Sohn des Arztes Johann Hasenclever und der Mutter Anna Magdalena (geb. Grund). Schon als Kind verlor er seinen Vater. Nachdem er zunächst von der Mutter erzogen worden war, kam er in die Familie von Pfarrer Heinrich Natorp in [[Gahlen (Schermbeck)|Gahlen]]. Er wuchs dort zusammen mit [[Bernhard Christoph Ludwig Natorp]] auf und wurde von einem Privatlehrer unterrichtet, ehe er das Gymnasium in [[Duisburg]] besuchte. Seit 1787 studierte er [[Theologie]] an der [[Universität Jena]]. Geistig beeinflusst wurde er wohl von [[Christian Gotthilf Salzmann]] und [[Carl Leonhard Reinhold]]. |
|||
Nach Abschluss des Studiums wurde er 1790 zunächst Hilfsprediger in [[Remscheid]]. Seit 1796 war er Pfarrer in [[Gevelsberg]]. Er heiratete 1798 Dorothea Schimmel (1778–1823), Tochter des Pfarrers Johann Dietrich Andreas Schimmel. Mit dieser hatte er insgesamt 16 Kindern, von denen acht früh verstorben sind. Der Sohn [[Friedrich Wilhelm Hasenclever]] wurde ein bekannter Apotheker in [[Burtscheid]] bei [[Aachen]] und Gründer der Chemischen Fabrik Rhenania im benachbarten [[Stolberg (Rheinland)|Stolberg]]. |
|||
== Ursprung == |
|||
[[Datei:V09p141001 Nagasaki.jpg|mini|Die erste Synagoge in Nagasaki]] |
|||
[[Datei:V09p141002 Nagasaki.jpg|mini|Jüdischer Friedhofsteil im ''Internationalen Friedhof Sakamoto'' in Nagasaki]] |
|||
[[Datei:Jewis Community Center of Japan.jpg|mini|Jüdisches Gemeindezentrum und Synagoge in Tokio]] |
|||
Am 31. März 1854 wurde der [[Vertrag von Kanagawa]] ([[Japanische Schrift|jap.]] 神奈川条約 ''Kanagawa Jōyaku'', oder 日米和親条約 ''Nichibei Washin Jōyaku'') von Commodore [[Matthew Calbraith Perry|Matthew Perry]] von der [[United States Navy|US Navy]] dazu genutzt, um die Öffnung der japanischen Häfen [[Shimoda]] und [[Hakodate]] für den Handel mit den [[Vereinigte Staaten|USA]] zu erzwingen. Damit endete Japans 200 Jahre währende [[Abschließung Japans|Isolationspolitik]] (''sakoku''). |
|||
Ferdinand Hasenclever ist nicht näher verwandt mit der ebenfalls nach Arnsberg zugewanderten Familie von [[Wilhelm Hasenclever]]. |
|||
Die ersten Juden in Japan waren Alexander Marks und sein Bruder, die sich in Yokohama im Jahre 1861 niedergelassen haben. Sie folgten dem amerikanischen Geschäftsmann Raphael Schover. Schover beschäftigte sich vor allem mit Handel, wurde aber auch zum Herausgeber des ''Japan Express'', der ersten fremdsprachigen Zeitung in Japan. Die ersten Juden, die nach Japan einwandern, kamen hauptsächlich aus [[Polen]], den [[Vereinigte Staaten|Vereinigten Staaten]] und [[England]] nach [[Yokohama]]. Im Jahre 1895 eröffnete dort die kleine Gemeinde, die bis dahin aus etwa 50 Familien bestand, die erste [[Synagoge]] in Japan.<ref>Daniel Ari Kapner, Stephen Levine, [http://www.jcpa.org/jl/jl425.htm „The Jews of Japan,“ ''Jerusalem Letter,'' Nr. 425], 1. März 2000, Jerusalem Center for Public Affairs.</ref> Ein Teil dieser Gemeinde zog nach dem [[Großes Kantō-Erdbeben 1923|großen Kantō-Erdbeben 1923]] nach [[Kōbe]]. Trotzdem ist auch heute noch Yokohama eine wichtige Drehscheibe des japanischen jüdischen Lebens. Eine weitere jüdische Ansiedlung entstand in den 1880er Jahren in [[Nagasaki]]. Diese Gemeinde bestand aus mehr als 100 Familien, hauptsächlich russischen Ursprungs, die vor den[[Geschichte der Juden in Russland#Alexander III.|russischen Pogromen]] geflüchtet waren. Sie kamen nach Nagasaki, weil der Ort seit langem von der russischen fernöstlichen Flotte als Erholungsbasis genutzt wurde. In Nagasaki wurde die [[Beth Israel Synagogue (Nagasaki)|Beth Israel Synagogue]] im Jahre 1894 erbaut. Die Gemeinde bestand bis in das frühe 20. Jahrhundert, als sie während des [[Russisch-Japanischer Krieg|russisch-japanischen Krieges]] (1904–1905) aufgelöst wurde. Die [[Tora]]-Rolle der Gemeinde wurde der jüdischen Gemeinde in Kōbe übergeben.<ref name="virtual">[http://www.jewishvirtuallibrary.org/japan-virtual-jewish-history-tour Japan Virtual Jewish History Tour], Jewish virtual library. Abgerufen am 14. Mai 2017.</ref> |
|||
In Gevelsberg ist eine Schule nach ihm benannt. |
|||
Nach dem [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] gab es nur wenige tausend Juden in Japan. Der Großteil der japanischen Bevölkerung wusste nichts über die Juden. Viele haben das Judentum als christliche Sekte wahrgenommen. In den 1920er Jahren tauchten erstmals antisemitische Tendenzen auf. Dieser Hass hatte seinen Ursprung bei den japanischen Soldaten, die ein Teil der [[Sibirische Intervention|sibirischen Intervention]] (1918–1922) waren. Diese Soldaten waren mit antijüdischen Gedanken von der extrem antisemitischen [[Weiße Armee|Weißen Armee]] infiziert worden. Obwohl daraufhin Vorurteile entstanden, waren sie jedoch nicht weit verbreitet.<ref name="virtual" /> |
|||
== Schulreform im Märkischen == |
|||
Seit Mitte der 1920er Jahre bis in die 1950er Jahre war die jüdische Gemeinde Kōbe die größte jüdische Gemeinde in Japan. Sie bestand aus emigrierten Juden aus Russland, vor allem aus der [[Mandschurei|mandschurischen]] Stadt [[Harbin]]). [[Higuchi Kiichirō]] hat während seiner Stationierung in Harbin, während der er zum [[Generalmajor]] befördert worden war, etwa 5000 an der mandschurisch-sowjetischen Grenze wartenden Juden im Rahmen des [[Fugu-Plan]]s (s. u.) die Einreise nach [[Mandschukuo]] gewährt.<ref>Martin Kaneko: ''Der „Zwischenfall von Otpor“ -- eine Fiktion.'' In: ''Die Judenpolitik der japanischen Kriegsregierung.'' Metropol Verlag, Berlin 2008, S. 66–80.</ref> Ferner immigrierten Juden aus dem [[Naher Osten|Nahen Osten]] (vor allem aus dem [[Irak]] und [[Syrien]]) und aus mittel- und osteuropäischen Ländern, darunter Deutschland. Es wurde sowohl eine [[Aschkenasim|aschkenasische]] als auch eine [[Sephardim|sephardische]] Synagoge errichtet.<ref>[http://historyofjewishkobejapan.blogspot.sg/ History of Jews in Kobe]</ref> Gleichzeitig wuchs die jüdische Gemeinde [[Tokio]]s langsam durch die Ankunft von Juden aus den Vereinigten Staaten, Westeuropa und Russland und entwickelte sich zu Japans größter jüdischer Gemeinde. |
|||
Im Jahr 1804 wurde er von der [[Märkische Kriegs- und Domänenkammer|märkischen Kriegs- und Domänenkammer]] zum Schulkommissar für den Bereich [[Schwelm]] ernannt. Er stellte erhebliche Mängel in den Schulen der [[Grafschaft Mark]] fest und suchte nach Lösungen. Der Schulbesuch war vielfach unregelmäßig und die Lehrer schlecht ausgebildet. Dazu verfasste er ausführliche Visitationsberichte. Er war von der Pädagogik der [[Aufklärung]] geprägt. Sein Ziel war: „''Kinder sollen in den Schulen zu verständigen und sittlichen Menschen und zu brauchbaren und glücklichen Bürgern gebildet werden''“. Dazu müssten „''die schlummernden Kräfte und Fähigkeiten ihrer Seele (der Kinder) in der Schule vom Lehrer geweckt und durch zweckmäßige Übungen immer mehr gestärkt, der Verstand muß zum Aufmerken und Nachdenken, das Gedächtnis zum leichten und treuen Behalten, das Herz zum lebhaften Gehülfen für das Gute und Heilige und der Wille zum steten Rechttun gewöhnt werden.''“ (…) „''Für jeden Stand müssen die Kenntnisse der Religions- und Tugendlehre, der Gesundheitslehre und das Gemeinnützigste aus der Natur-, Erd- und Vaterlandskunde mitgeteilt werden“''. (…) „''Die zum Fortkommen in der Welt wichtigen Fähigkeiten wie Lesen, Schreiben, Rechnen müssen vermittelt werden''“. |
|||
Wichtig war dafür vor allem die Schaffung einer qualifizierten Lehrerschaft. Dabei spielte für Hasenclever auch eine bessere Besoldung eine Rolle. So plädierte er vergeblich für eine allgemeine Schulsteuer. Er führte in seinem Bezirk regelmäßige Prüfungen des Bildungsstandes der Lehrer durch. Er machte in Fachzeitschriften Vorschläge zu einer verbindlichen Lehrerprüfung. Für Schwelm, wo mehrere Elementar- und weiterführende Schulen nebeneinander bestanden, schlug er eine „Gesamtschule“ vor, die die niedere und höhere Bürgerschule umfassen sollte. Unterstellt wurde die Schule einem Schulvorstand und nicht mehr dem Ortspfarrer. |
|||
== Juden im Kaiserlichen Japan == |
|||
Einige japanische Führungspersönlichkeiten, wie die Offiziere [[Inuzuka Koreshige]] (犬 塚 惟 重), [[Yasue Norihiro]] (安 江 仙 弘) und der Industrielle [[Aikawa Yoshisuke]] (鮎 川 義 介), glaubten, dass Japan die Gunst der Vereinigten Staaten durch den Einfluss des amerikanischen Judentums erlangen könnte und die wirtschaftliche und politische Macht Japans durch kontrollierte [[Einwanderung]] von Juden gesteigert werden könnte. Es wurde der sogenannte [[Fugu-Plan]] ([[Japanische Schrift|jap.]] {{lang|ja-Hani|河豚計画}}, ''[[Fugu]] keikaku'') im [[Japanisches Kaiserreich|Japanischen Kaiserreich]] zur Aufnahme [[Geschichte der Juden in Deutschland|jüdischer Flüchtlinge]] aus dem [[Deutsches Reich 1933 bis 1945|Deutschen Reichsgebiet]] während der 1930er Jahre entwickelt. Das Potential der jüdischen [[Intelligenzija|Intellektuellen]] für den ökonomischen, technologischen und wissenschaftlichen Aufschwung des japanischen Imperiums sollte genutzt sowie Kontakte zu wohlhabenden jüdischen Geschäftsleuten in der westlichen Welt geschaffen werden. Die Initiatoren dieses Plans hatten während ihrer [[Sibirische Intervention|Teilnahme]] am [[Russischer Bürgerkrieg|Russischen Bürgerkrieg]] von den so genannten ''[[Protokolle der Weisen von Zion|Protokollen der Weisen von Zion]]'' gehört und waren von der angeblichen Macht der jüdischen Kreise fasziniert. Anfang der dreißiger Jahre wurde der Fugu-Plan zum ersten Mal ernsthaft von der japanischen Regierung in Erwägung gezogen, als man die [[Mandschurei-Krise|Invasion der Mandschurei]] durchführte. Die Umsetzung fand aber mangels Erfolgsaussichten nicht statt, als Repressionen der [[Kaiserlich Japanische Armee|Kaiserlich Japanischen Armee]] gegen die jüdischen Bewohner in [[Harbin]] bekannt wurden. zudem wurde er nach der Unterzeichnung des [[Dreimächtepakt|Dreimächtepakts]] 1940 vollkommen unrealistisch, da man Deutschland nicht provozieren und die Allianz nicht aufs Spiel setzen wollte.<ref>{{Literatur |Autor=Marvin Tokaye, Mary Swartz |Titel=Fugu Plan: The Untold Story of the Japanese and the Jews During World War Two |Verlag=Diane Pub Co |Datum=1979 |ISBN=0-7567-5101-2}}</ref> |
|||
Darüber hinaus war er auch als Autor tätig. Erstmals erschien 1796 ein von ihm verfasstes Religionsbuch mit dem Titel ''Anleitung zum wahren Christenthum für Christenkinder zum Gebrauch beim Unterricht in evangelischen Kinder und Schulen.'' Das Werk wurde vielfach neu aufgelegt und wurde bis zur Abschaffung 1843 durch die westfälische Provinzialsynode vielerorts in der Grafschaft Mark und im [[Siegerland]] unter anderem für den Konfirmandenunterricht genutzt. |
|||
Am 6. Dezember 1938 beschloss jedoch der oberste Ministerrat, der sich aus dem Ministerpräsidenten [[Konoe Fumimaro]], dem Heeresminister [[Itagaki Seishirō]], dem Marineminister [[Yonai Mitsumasa]], dem Außenminister [[Arita Hachirō]] und dem Finanzminister [[Shigeaki Ikeda]] zusammensetzte, ein Verbot, Juden aus Japan auszuweisen.<ref name="mof">{{cite web | title=Question 戦前の日本における対ユダヤ人政策の基本をなしたと言われる「ユダヤ人対策要綱」に関する史料はありますか。また、同要綱に関する説明文はありますか. | publisher = Ministry of Foreign Affairs of Japan | url = http://www.mofa.go.jp/mofaj/annai/honsho/shiryo/qa/senzen_03.html}}</ref><ref name="gosho">{{cite web|title=猶太人対策要綱 |work=Five ministers council |publisher=[[Nationalarchiv (Japan)|Japan Center for Asian Historical Record]] |url=https://www.jacar.go.jp/english/index.html |page=36/42 |date=1938-12-06}}</ref> |
|||
== |
== Konsistorialrat == |
||
Nach der Gründung des Regierungsbezirk Arnsberg im Jahr 1816 wurde Hasenclever zum Regierungs- und Konsistorialrat in die Kirchen- und Schulabteilung berufen. Er lebte in Arnsberg zunächst im [[Dückerscher Hof|Dückerschen Hof]] und später in der Königsstraße. Im [[Westfälischer Anzeiger (Mallinckrodt)|Rheinisch-Westfälischen Anzeiger]] hieß es 1817 zum Amtsantritt Hasenclevers „''Wie in vielem, so wird Preußen auch in der Verbesserung des Schulwesens als Muster dastehen wollen; dafür bürgen die ausgebreiteten Schulkenntnisse der an der Spitze stehenden Männer, dafür ihre Ansichten und ihre Rechtlichkeit.''“ |
|||
[[Datei:Ohel Moishe Synagogue Shanghai.jpg|mini|Ohel Moishe Synagoge im jüdischen Ghetto in Shanghai]] |
|||
[[Datei:Old Jewish ghetto Shanghai.jpg|mini|Shanghaier Ghetto]] |
|||
[[Datei:Sugihara visa.jpg|mini|Ein von Sugihara ausgestelltes Transitvisum für einen tschechischen Juden nach Japan mit dem Ziel Suriname.]] |
|||
Während des Zweiten Weltkriegs erwies sich Japan als eine relativ sichere Zufluchtsstätte für Juden, die dem [[Holocaust]] entfliehen wollten, obwohl Japan ein Verbündeter von Nazi-Deutschland war. |
|||
Hasenclever arbeitete eng mit seinem katholischen Kollegen [[Friedrich Adolf Sauer]] zusammen. Beiden gemein war der Willen nach Schulreformen im Sinn der Aufklärung. Beide unterhielten auch gute persönliche Beziehungen, und Sauer war sogar Pate einer Tochter Hasenclevers. |
|||
{{Hauptartikel|Shanghaier Ghetto}} |
|||
Bereits seit dem späten 19. Jahrhundert existierte in [[Shanghai]] eine jüdische Gemeinde, die besonderen Zulauf von russischen Juden in den 1920er und 1930er Jahren erhielt. Nach dem Scheitern der [[Konferenz von Évian]] flohen ab 1938 etwa 20.000 Juden aus Deutschland und Europa nach Shanghai, da die Stadt neben den [[Komoren]] der einzige Zufluchtsort war, der jüdische Flüchtlinge aufnahm. Shanghai war zu dieser Zeit eine geteilte Stadt unter chinesischer, japanischer, britischer, französischer und US-amerikanischer Besatzung. Ab 1941 übernahm während des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieges]] Japan vollständig die Kontrolle und etablierte im Stadtteil [[Hongkou]] das [[Shanghaier Ghetto]]. |
|||
Die Reform des niederen Schulwesens war wichtigste Aufgabe Sauers und Hasenclevers. Hasenclever war für die Grafschaft Mark, das Siegerland und [[Wittgensteiner Land|Wittgenstein]] zuständig. In seine Amtszeit fielen unter anderem die Abgrenzung der Schulbezirke und der Schulinspektionskreise. Es wurden zahlreiche neue Schulen und Lehrerwohnungen erbaut. Er setzte sich für eine bessere Besoldung und die Zusammenlegung von zu kleinen Schulen ein. Besonders bemühte er sich auch in Zusammenarbeit mit [[Adolf Diesterweg]] um die Abschaffung der Kinderarbeit in der entstehenden Industrie. Allerdings gelang dies nicht, wie eine Verfügung für die in den Fabriken arbeitenden Kinder zeigt. In dieser wurde zwar an die allgemeine Schulpflicht erinnert und gemahnt, dass die Kinder nicht zu früh und zu lange arbeiten sollten. Abgeschafft wurde damit die Kinderarbeit aber nicht. In Hinblick auf die Verbesserung des Schulwesens arbeitete er eng mit dem Oberpräsidenten [[Ludwig von Vincke]], mit Ludwig Natorp und [[Bernhard Overberg]] zusammen. Es liegt ein Bericht über die Entwicklung des Volksschulwesens zwischen 1816 und 1826 vor. Zwar ist die Schrift vom Regierungspräsidenten [[Karl von Flemming (Beamter)|Karl von Flemming]] unterzeichnet, sie dürfte aber von Hasenclever maßgeblich verfasst worden sein. Es wurden danach 82 Zwergschulen zu leistungsfähigeren Einrichtungen zusammengelegt, und 81 Schulen wurden neu gebaut. |
|||
[[Chiune Sugihara]], der Konsul des [[Japanisches Kaiserreich|japanischen Kaiserreiches]] in Litauen, sollte im Rahmen eines größeren japanisch-polnischen Kooperationsplans mit dem polnischen Geheimdienst zusammenarbeiten.<ref>Palasz-Rutkowska, Ewa. 1995 lecture at Asiatic Society of Japan, Tokyo; [http://www.tiu.ac.jp/~bduell/ASJ/3-95_lecture_summary.html "Polish-Japanese Secret Cooperation During World War II: Sugihara Chiune and Polish Intelligence,"] ''The Asiatic Society of Japan Bulletin,'' March–April 1995.</ref> Er trug dem stellvertretenden [[Volkskommissar]] für Auswärtige Beziehungen, [[Wladimir Georgijewitsch Dekanosow|Wladimir Dekanosow]], der als Beauftragter der Moskauer Parteiführung für die [[Stalinisierung|Sowjetisierung]] Litauens zuständig war, den Plan vor, die jüdischen Antragsteller mit der [[Transsibirische Eisenbahn|Transsibirischen Eisenbahn]] bis an die Pazifikküste zu schicken und von dort nach Japan ausreisen zu lassen. [[Josef Stalin|Stalin]] und Volkskommissar [[Wjatscheslaw Michailowitsch Molotow|Molotow]] genehmigten den Plan, am 12. Dezember 1940 fasste das [[Politbüro]] einen entsprechenden Beschluss, der sich zunächst auf 1991 Personen erstreckte. Nach den sowjetischen Akten reisten letztlich bis August 1941 von Litauen über Sibirien rund 3500 Personen aus, um mit dem Schiff nach [[Kōbe]] in Japan überzusetzen..<ref>Gennadij Kostyrčenko: ''Tajnaja politika Stalina. Vlast' i antisemitizm. Novaja versija.'' Čast' I. Moskau 2015, S. 304-306.</ref> Etwa 5000 der Flüchtlinge erhielten ein japanisches Visum von Chiune Sugihara, mit dem sie zu den [[Niederländische Antillen|Niederländischen Antillen]] reisen sollten. Das japanische Außenministerium verfügte, dass ausnahmslos jeder, der ein Visum bekommen sollte, ein Visum eines Drittlandes zur Ausreise aus Japan besitzen müsse. Der [[Niederlande|niederländische]] Konsul Jan Zwartendijk hatte einige von ihnen mit einem offiziellen Zielland [[Curaçao]], einer karibischen Insel, die kein Einreisevisum forderte, oder mit Papieren für [[Niederländisch-Guayana]] (heute [[Suriname]]) versehen. Für die übrigen Juden ignorierte Sugihara jedoch diesen Befehl und erteilte Tausenden von Juden ein Einreisevisum und nicht nur ein Transitvisum nach Japan, womit er zwar seine Karriere aufs Spiel gesetzt, aber dadurch diesen Juden das Leben gerettet hat. |
|||
Zuständig war er auch für die Aufsicht über die evangelischen Kirchen in den 11 Kirchenkreisen seines Bezirks. Von Amts wegen gehörte er als Kommissar der märkischen Gesamtsynode an. Er stand dem preußischen Zentralismus skeptisch gegenüber und stand auf der Seite der Synode, die ihre alten Rechte verteidigte. |
|||
Die meisten eingewanderten Juden wurden von Japan zwangsweise in das Shanghaier Ghetto [[Deportation|deportiert]]. Die große Zahl der Einwanderer traf die japanischen Behörden unvorbereitet, daher trafen die Ankommenden auf desaströse Lebensbedingungen: 10 Menschen mussten in einem Raum leben, ständiges Hungerleiden, katastrophale hygienische Verhältnisse, sowie kaum Gelegenheit, den eigenen Lebensunterhalt mit Arbeit zu bestreiten. |
|||
[[Datei:Tadeusz Romer.jpg|mini|links|Tadeusz Romer]] |
|||
[[Tadeusz Romer]], der polnische Botschafter in Tokio, hatte es wiederum geschafft, Transitvisa in Japan zu beschaffen, darunter [[Asyl]]visa nach [[Kanada]], [[Australien]], [[Neuseeland]] und [[Myanmar|Burma]], Einwanderungsbescheinigungen nach [[Palästina (Region)|Palästina]], Einwanderungsvisa in die Vereinigten Staaten und einige lateinamerikanische Länder. Schließlich kam Tadeusz Romer am 1. November 1941 in Shanghai an, um die Rettungsaktion für jüdische Flüchtlinge fortzusetzen.<ref>[https://sprawiedliwi.org.pl/pl/historie-pomocy/historia-pomocy-romer-tadeusz Chiune Sugihara i Romer Tadeusz], Muzeum Historii Żydów Polskich POLIN (polnisch)</ref> |
|||
== Pfarrer in Arnsberg == |
|||
Unter jenen, die im Shanghai-Ghetto gerettet wurden, waren Rabbiner und Studenten der [[Mir Jeschiwa]], der einzigen europäischen [[Jeschiwa]] , die den Holocaust überstand. Bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs 1939 flogen etwa 400 an der Zahl von [[Mir (Weißrussland)|Mir]] nach [[Vilnius]] und später nach [[Kėdainiai]], Litauen. Ende 1940 erhielten sie Visa von Chiune Sugihara, um von Kėdainiai (damals litauische SSR) über [[Sibirien]] und [[Wladiwostok]] nach Kōbe zu reisen.<ref name="chinajewish">[http://www.chinajewish.org/JewishHistory.htm Shanghai Jewish History]</ref> Am 15. November 1942 wurde beschlossen, die Juden endgültig zu ghettoisieren und verbrachte diese Gruppe und die meisten anderen Juden in das Shanghaier Ghetto, um die Juden besser unter Kontrolle zu halten.<ref name="chinajewish" />. Am 18. Februar 1943 erklärten die Japaner, dass bis zum 15. Mai alle Juden, die nach 1937 eingetroffen waren, fortan ihre Wohnungen und Geschäfte in den „ausgewiesenen Bezirk“ zu verlegen hatten. Das Ghetto wurde offiziell am 3. September 1945 befreit. Mit der Gründung des Staates Israel 1948 und dem Ende [[Chiang Kai-shek]]s 1949 verließen beinahe alle Juden Shanghai. |
|||
Er war zugleich Pfarrer in der evangelischen Kirchengemeinde in Arnsberg. Diese war erst 1804 mit dem Übergang des [[Herzogtum Westfalen|Herzogtums Westfalens]] an [[Landgrafschaft Hessen-Darmstadt|Hessen-Darmstadt]] und dem Zuzug protestantischer Beamter und Militärs entstanden. Seit 1815 war die Pfarrstelle vakant. |
|||
Hasenclever baute die Gemeinde neu auf. Er hat sich energisch für den Bau einer eigenen Kirche eingesetzt. Die [[Auferstehungskirche (Arnsberg)|Auferstehungskirche]] im klassizistischen Stil wurde schließlich 1825 eingeweiht. Er hat großes Augenmerk auch auf die evangelische Schule in der Stadt gelegt. Dieser erlebte in der Folge einen großen Aufschwung. Sie war so angesehen, dass sie auch zeitweise katholische Schüler unterrichtet, bis diese aus Kapazitätsmangel abgewiesen werden mussten. Es gelang Hasenclever aber nicht, die Elementarschule mit einem weiterführenden Zweig zu verknüpfen. |
|||
Auch der Sekretär der Gesandtschaft der [[Mandschurei]] in [[Berlin]], [[Wang Tifu]] (王, 替 夫 1911-), stellte von 1939 bis Mai 1940 Visa an 12.000 Flüchtlinge aus, darunter auch zahlreiche Juden.<ref>Wen Wei Po, [http://paper.wenweipo.com/2005/11/23/WH0511230001.htm 歷史與空間:中國的「舒特拉」], 23. November 2005</ref><ref>Abe, Yoshio |
|||
[http://catalog.lib.kyushu-u.ac.jp/opac/repository/100000/handle/2324/5463/slc016p001.pdf 戦前の日本における対ユダヤ人政策の転回点], [[Universität Kyūshū]], Studies in Languages and Cultures, Nr. 16, 2002.</ref> |
|||
Er hat maßgeblich dazu beigetragen, dass die Gemeinde in Arnsberg [[Unierte Kirchen (evangelisch)|uniert]] wurde, also lutherische und reformierte Mitglieder vereinte. Hasenclever drängte auf den Anschluss der Gemeinde an die Synode in [[Iserlohn]]. Er sorgte auch für die Einsetzung eines Kirchen- und Schulvorstandes. In einem langen Streit um die von König [[Friedrich Wilhelm III. (Preußen)|Friedrich Wilhelm III.]] selbst entworfene Agende stand er auf Seiten der Gegner. Der [[Agendenstreit]] führte auch zu Konflikten innerhalb der Gemeinde. |
|||
Während der gesamten Kriegsdauer lehnte die japanische Regierung die Forderung des Deutschen Reichs ab, [[Antisemitismus (bis 1945)|antisemitische]] Bestimmungen nach deutschem Muster zu erlassen. Als Japan eine engere Beziehung zu Nazi-Deutschland entwickelte, wurde in Japan auch antisemitische Literatur eingeführt. Nach 1937 wurden viele antisemitische Werke ins Englische übersetzt. Diese Bücher fanden jedoch nur eine begrenzte Verbreitung und Resonanz.<ref name="virtual" /> |
|||
== Literatur == |
|||
Gegen Ende des Krieges forderten die Nazis, dass die japanische Armee einen Plan zur Ausrottung der jüdischen Bevölkerung in Shanghai entwickelt, dem jedoch die Japaner nicht nachkamen. Eine orthodoxe jüdische Institution, die auf diese Weise gerettet wurde, war die erwähnte litauische Haredi Mir Yeshiva. |
|||
* Werner Philipps: ''Geschichte der Evangelischen Kirchengemeinde Arnsberg.'' Arnsberg 1975. |
|||
* Werner Philipps: ''Zu Unrecht vergessen: Ferdinand Hasenklever (1769 - 1831) Schulmann und Pfarrer.”'' In: ''Heimatblätter.'' Zeitschrift des Arnsberger Heimatbundes, Heft 9, 1988, S. 23 ff. |
|||
* Dorothea Stupperich: ''Ferdinand Hasenklever und die Schulreform in Schwelm (1804 - 1814).'' In: ''Jahrbuch des Vereins für Westfälische Kirchengeschichte.'' Band 63, 1970, S. 81 ff. |
|||
* [[Günter Cronau]]: ''Ferdinand Hasenclever, Pfarrer in Arnsberg von 1817 bis 1831.'' [http://www.kaffeestuebchen.eu/ArnsbergerLebensbilderCronau.pdf Onlineversion] (PDF; 174 kB) |
|||
{{SORTIERUNG:Hasenclever, Ferdinand}} |
|||
Nach Beendigung des Krieges emigrierte etwa die Hälfte der dortigen Juden in die Vereinigten Staaten und nach Kanada. Andere wanderten in andere Länder aus, bevorzugt nach [[Israel]]. |
|||
[[Kategorie:Evangelischer Geistlicher (19. Jahrhundert)]] |
|||
[[Kategorie:Evangelischer Geistlicher (18. Jahrhundert)]] |
|||
⚫ | |||
⚫ | |||
[[Kategorie:Person (Gevelsberg)]] |
|||
[[Kategorie:Person (Schwelm)]] |
|||
[[Kategorie:Mann]] |
|||
[[Kategorie:Geboren 1769]] |
|||
[[Kategorie:Gestorben 1831]] |
|||
{{Personendaten |
|||
== Juden und Judentum im modernen Japan == |
|||
| NAME=Hasenclever, Ferdinand |
|||
[[Datei:Sugihara Chiune Memorial Museum2006-1.jpg|mini|Sugihara Chiune Memorial Museum]] |
|||
|ALTERNATIVNAMEN= |
|||
[[Datei:Holocaust Education Center in Fukuyama Hiroshima 01.jpg|mini|Holocaust Education Center in Fukuyama]] |
|||
|KURZBESCHREIBUNG=Schulreformer und Pfarrer |
|||
Nach dem Zweiten Weltkrieg verblieb nur ein kleiner Teil der Juden in Japan, vor allem diejenigen, die Einheimische geheiratet und sich [[Assimilation (Soziologie)|assimiliert]] haben. Juden stellen eine kleine ethnische und religiöse Minderheit in [[Japan]] dar, die derzeit nur aus etwa 2000 Personen besteht, was etwa 0,0016% der Gesamtbevölkerung Japans entspricht. Das Jüdische Gemeindezentrum von Japan, das sich in Tokio befindet, beherbergt die einzige Synagoge der Stadt. Gegenwärtig leben mehrere hundert jüdische Familien in Tokio.<ref>{{cite web|url=http://www.jccjapan.or.jp/|title=Jewish Community of Japan}}</ref>. Die einzige andere organisierte jüdische Gemeinde befindet sich in Kōbe, die aus etwa 35 jüdischen Familien in Kobe und etwa 35 Familien in anderen Teilen der Kansai-Region ([[Kyōto]] und [[Osaka]]) besteht.<ref>{{cite web|url=http://www.jcckobe.org/|title=Jewish Community of Kansai}}</ref> Etwa 100 bis 200 Juden sind Mitglieder der [[Streitkräfte der Vereinigten Staaten]], die in Japan stationiert sind. Sie werden von zwei Militärrabbinern betreut. Ein [[Rabbiner]] ist in der [[Yokosuka]] Naval Base außerhalb Tokios stationiert, der andere in [[Präfektur Okinawa|Okinawa]]. Hinzu kommen einige wenige Personen aus dem Ausland, die vorübergehend für japanische Unternehmen tätig sind oder in Forschungseinrichtungen arbeiten.<ref>[http://www.jewishvirtuallibrary.org/japan Japan], Jewish virtual library. Abgerufen am 14. Mai 2017.</ref> |
|||
|GEBURTSDATUM=2. März 1769 |
|||
|GEBURTSORT=[[Remscheid]] |
|||
Das ''Holocaust Education Center'' wurde 1995 von Makoto Ōtsuka in [[Fukuyama]] gegründet, einem Geistlichen, der 1971 [[Otto Heinrich Frank|Anne Franks Vater]] persönlich kennengelernt hatte. Es ist die einzige Bildungseinrichtung in Japan, die sich auf das Thema der [[Judenfeindlichkeit|Judenverfolgung]] in den Jahren 1933 bis 1945 spezialisiert hat. Neben einer umfangreichen Sammlung enthält es eine [[Anne Frank]] gewidmete Abteilung. Am [[Internationaler Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust|Internationalen Holocaust-Gedenktag]] 2011 wurde ein Ableger des Kastanienbaums, der vor Anne Franks Versteck wuchs, im Garten des Centers gepflanzt.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.dw.de/japan-faszination-f%C3%BCr-anne-frank/a-18289610 |titel=Japan: Faszination für Anne Frank |werk=Deutsche Welle |datum=2015-03-02 |zugriff=2016-08-23}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=http://en.japantravel.com/view/holocaust-education-center-fukuyama |titel=Holocaust Education in Fukuyama |werk=Japan Travel K.K. |datum=2013-10-01 |sprache=en |zugriff=2016-08-23}}</ref> |
|||
|STERBEDATUM=30. Mai 1831 |
|||
|STERBEORT=[[Arnsberg]] |
|||
Viele Juden besuchen jedes Jahr das [[Chiune Sugihara Memorial Museum]] in [[Yaotsu]] ([[Präfektur Gifu]]), um Sugihara zu ehren, der so viel zur Rettung von 6000 Juden beigetragen hat. <ref>[http://japanvisitor.blogspot.jp/2013/03/chiune-sugihara-memorial-museum.html Chiune-Sugihara-Memorial-Museum]</ref> Er wurde als „Japanischer [[Oskar Schindler]]“ bekannt. |
|||
}} |
|||
== Siehe auch == |
|||
{{Portal|Judentum}} |
|||
{{Portal|Japan}} |
|||
* [[Religion in Japan]] |
|||
== Weblinks == |
|||
* [http://xenon.stanford.edu/~tamar/Kobe/Kobe.html The Jews of Kobe] |
|||
* David G. Goodman, Miyazawa Masanori, [http://www.firstthings.com/ftissues/ft9512/reviews/japanese.html Jews in the Japanese Mind] |
|||
== Einzelnachweise == |
|||
<references /> |
|||
[[Kategorie:Jüdische Geschichte nach Staat]] |
|||
⚫ | |||
⚫ |
Version vom 3. November 2017, 11:47 Uhr
Ferdinand Hasenclever (* 2. März 1769 in Remscheid; † 30. Mai 1831 in Arnsberg) war evangelischer Pfarrer und Konsistorialrat bei der Kirchen- und Schulabteilung der Regierung in Arnsberg. Er tat sich insbesondere als Bildungsreformer hervor.
Frühe Jahre
Er war Sohn des Arztes Johann Hasenclever und der Mutter Anna Magdalena (geb. Grund). Schon als Kind verlor er seinen Vater. Nachdem er zunächst von der Mutter erzogen worden war, kam er in die Familie von Pfarrer Heinrich Natorp in Gahlen. Er wuchs dort zusammen mit Bernhard Christoph Ludwig Natorp auf und wurde von einem Privatlehrer unterrichtet, ehe er das Gymnasium in Duisburg besuchte. Seit 1787 studierte er Theologie an der Universität Jena. Geistig beeinflusst wurde er wohl von Christian Gotthilf Salzmann und Carl Leonhard Reinhold.
Nach Abschluss des Studiums wurde er 1790 zunächst Hilfsprediger in Remscheid. Seit 1796 war er Pfarrer in Gevelsberg. Er heiratete 1798 Dorothea Schimmel (1778–1823), Tochter des Pfarrers Johann Dietrich Andreas Schimmel. Mit dieser hatte er insgesamt 16 Kindern, von denen acht früh verstorben sind. Der Sohn Friedrich Wilhelm Hasenclever wurde ein bekannter Apotheker in Burtscheid bei Aachen und Gründer der Chemischen Fabrik Rhenania im benachbarten Stolberg.
Ferdinand Hasenclever ist nicht näher verwandt mit der ebenfalls nach Arnsberg zugewanderten Familie von Wilhelm Hasenclever.
In Gevelsberg ist eine Schule nach ihm benannt.
Schulreform im Märkischen
Im Jahr 1804 wurde er von der märkischen Kriegs- und Domänenkammer zum Schulkommissar für den Bereich Schwelm ernannt. Er stellte erhebliche Mängel in den Schulen der Grafschaft Mark fest und suchte nach Lösungen. Der Schulbesuch war vielfach unregelmäßig und die Lehrer schlecht ausgebildet. Dazu verfasste er ausführliche Visitationsberichte. Er war von der Pädagogik der Aufklärung geprägt. Sein Ziel war: „Kinder sollen in den Schulen zu verständigen und sittlichen Menschen und zu brauchbaren und glücklichen Bürgern gebildet werden“. Dazu müssten „die schlummernden Kräfte und Fähigkeiten ihrer Seele (der Kinder) in der Schule vom Lehrer geweckt und durch zweckmäßige Übungen immer mehr gestärkt, der Verstand muß zum Aufmerken und Nachdenken, das Gedächtnis zum leichten und treuen Behalten, das Herz zum lebhaften Gehülfen für das Gute und Heilige und der Wille zum steten Rechttun gewöhnt werden.“ (…) „Für jeden Stand müssen die Kenntnisse der Religions- und Tugendlehre, der Gesundheitslehre und das Gemeinnützigste aus der Natur-, Erd- und Vaterlandskunde mitgeteilt werden“. (…) „Die zum Fortkommen in der Welt wichtigen Fähigkeiten wie Lesen, Schreiben, Rechnen müssen vermittelt werden“.
Wichtig war dafür vor allem die Schaffung einer qualifizierten Lehrerschaft. Dabei spielte für Hasenclever auch eine bessere Besoldung eine Rolle. So plädierte er vergeblich für eine allgemeine Schulsteuer. Er führte in seinem Bezirk regelmäßige Prüfungen des Bildungsstandes der Lehrer durch. Er machte in Fachzeitschriften Vorschläge zu einer verbindlichen Lehrerprüfung. Für Schwelm, wo mehrere Elementar- und weiterführende Schulen nebeneinander bestanden, schlug er eine „Gesamtschule“ vor, die die niedere und höhere Bürgerschule umfassen sollte. Unterstellt wurde die Schule einem Schulvorstand und nicht mehr dem Ortspfarrer.
Darüber hinaus war er auch als Autor tätig. Erstmals erschien 1796 ein von ihm verfasstes Religionsbuch mit dem Titel Anleitung zum wahren Christenthum für Christenkinder zum Gebrauch beim Unterricht in evangelischen Kinder und Schulen. Das Werk wurde vielfach neu aufgelegt und wurde bis zur Abschaffung 1843 durch die westfälische Provinzialsynode vielerorts in der Grafschaft Mark und im Siegerland unter anderem für den Konfirmandenunterricht genutzt.
Konsistorialrat
Nach der Gründung des Regierungsbezirk Arnsberg im Jahr 1816 wurde Hasenclever zum Regierungs- und Konsistorialrat in die Kirchen- und Schulabteilung berufen. Er lebte in Arnsberg zunächst im Dückerschen Hof und später in der Königsstraße. Im Rheinisch-Westfälischen Anzeiger hieß es 1817 zum Amtsantritt Hasenclevers „Wie in vielem, so wird Preußen auch in der Verbesserung des Schulwesens als Muster dastehen wollen; dafür bürgen die ausgebreiteten Schulkenntnisse der an der Spitze stehenden Männer, dafür ihre Ansichten und ihre Rechtlichkeit.“
Hasenclever arbeitete eng mit seinem katholischen Kollegen Friedrich Adolf Sauer zusammen. Beiden gemein war der Willen nach Schulreformen im Sinn der Aufklärung. Beide unterhielten auch gute persönliche Beziehungen, und Sauer war sogar Pate einer Tochter Hasenclevers.
Die Reform des niederen Schulwesens war wichtigste Aufgabe Sauers und Hasenclevers. Hasenclever war für die Grafschaft Mark, das Siegerland und Wittgenstein zuständig. In seine Amtszeit fielen unter anderem die Abgrenzung der Schulbezirke und der Schulinspektionskreise. Es wurden zahlreiche neue Schulen und Lehrerwohnungen erbaut. Er setzte sich für eine bessere Besoldung und die Zusammenlegung von zu kleinen Schulen ein. Besonders bemühte er sich auch in Zusammenarbeit mit Adolf Diesterweg um die Abschaffung der Kinderarbeit in der entstehenden Industrie. Allerdings gelang dies nicht, wie eine Verfügung für die in den Fabriken arbeitenden Kinder zeigt. In dieser wurde zwar an die allgemeine Schulpflicht erinnert und gemahnt, dass die Kinder nicht zu früh und zu lange arbeiten sollten. Abgeschafft wurde damit die Kinderarbeit aber nicht. In Hinblick auf die Verbesserung des Schulwesens arbeitete er eng mit dem Oberpräsidenten Ludwig von Vincke, mit Ludwig Natorp und Bernhard Overberg zusammen. Es liegt ein Bericht über die Entwicklung des Volksschulwesens zwischen 1816 und 1826 vor. Zwar ist die Schrift vom Regierungspräsidenten Karl von Flemming unterzeichnet, sie dürfte aber von Hasenclever maßgeblich verfasst worden sein. Es wurden danach 82 Zwergschulen zu leistungsfähigeren Einrichtungen zusammengelegt, und 81 Schulen wurden neu gebaut.
Zuständig war er auch für die Aufsicht über die evangelischen Kirchen in den 11 Kirchenkreisen seines Bezirks. Von Amts wegen gehörte er als Kommissar der märkischen Gesamtsynode an. Er stand dem preußischen Zentralismus skeptisch gegenüber und stand auf der Seite der Synode, die ihre alten Rechte verteidigte.
Pfarrer in Arnsberg
Er war zugleich Pfarrer in der evangelischen Kirchengemeinde in Arnsberg. Diese war erst 1804 mit dem Übergang des Herzogtums Westfalens an Hessen-Darmstadt und dem Zuzug protestantischer Beamter und Militärs entstanden. Seit 1815 war die Pfarrstelle vakant.
Hasenclever baute die Gemeinde neu auf. Er hat sich energisch für den Bau einer eigenen Kirche eingesetzt. Die Auferstehungskirche im klassizistischen Stil wurde schließlich 1825 eingeweiht. Er hat großes Augenmerk auch auf die evangelische Schule in der Stadt gelegt. Dieser erlebte in der Folge einen großen Aufschwung. Sie war so angesehen, dass sie auch zeitweise katholische Schüler unterrichtet, bis diese aus Kapazitätsmangel abgewiesen werden mussten. Es gelang Hasenclever aber nicht, die Elementarschule mit einem weiterführenden Zweig zu verknüpfen.
Er hat maßgeblich dazu beigetragen, dass die Gemeinde in Arnsberg uniert wurde, also lutherische und reformierte Mitglieder vereinte. Hasenclever drängte auf den Anschluss der Gemeinde an die Synode in Iserlohn. Er sorgte auch für die Einsetzung eines Kirchen- und Schulvorstandes. In einem langen Streit um die von König Friedrich Wilhelm III. selbst entworfene Agende stand er auf Seiten der Gegner. Der Agendenstreit führte auch zu Konflikten innerhalb der Gemeinde.
Literatur
- Werner Philipps: Geschichte der Evangelischen Kirchengemeinde Arnsberg. Arnsberg 1975.
- Werner Philipps: Zu Unrecht vergessen: Ferdinand Hasenklever (1769 - 1831) Schulmann und Pfarrer.” In: Heimatblätter. Zeitschrift des Arnsberger Heimatbundes, Heft 9, 1988, S. 23 ff.
- Dorothea Stupperich: Ferdinand Hasenklever und die Schulreform in Schwelm (1804 - 1814). In: Jahrbuch des Vereins für Westfälische Kirchengeschichte. Band 63, 1970, S. 81 ff.
- Günter Cronau: Ferdinand Hasenclever, Pfarrer in Arnsberg von 1817 bis 1831. Onlineversion (PDF; 174 kB)
Personendaten | |
---|---|
NAME | Hasenclever, Ferdinand |
KURZBESCHREIBUNG | Schulreformer und Pfarrer |
GEBURTSDATUM | 2. März 1769 |
GEBURTSORT | Remscheid |
STERBEDATUM | 30. Mai 1831 |
STERBEORT | Arnsberg |