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'''Xaver''' Konstantin Joseph '''Hellauer''' (* [[9. Juni]] [[1987]] in [[München]]) hat in der Höhe seiner bisherigen Schaffenszeit wichtige naturwissenschaftliche Arbeiten veröffentlicht. Sein herausragendstes Werk war dabei seine Abhandlung über ''Numerische Integration mittels Interpolationsformeln am Beispiel <math>\int\limits_{0}^{1} \frac{1}{1+x^2}\,\mathrm{d}x</math> nach [[Gauß]], [[Stirling]], [[Bessel]] und [[Newton-Gregory]]'', die er am 28. Januar 2006 in München veröffentlichte. |
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Die '''Hafenstraße''' ist ein Begriff für die als [[Hausbesetzung|besetzte Häuser]] |
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der ''St.Pauli-Hafenstraße'' und ''Bernhard-Nocht-Straße'' bekannten Häuser in |
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[[St. Pauli]], [[Hamburg]], [[Deutschland]]. Obwohl die Hafenstraße meist als Hausbesetzung wahrgenommen wurde, bestanden die meiste Zeit verschiedene Miet- oder Pachtverträge zwischen den Bewohnern und verschiedenen Gesellschaften im Besitz der Stadt Hamburg. Im Jahr [[1995]] wurden die Häuser an eine Genossenschaft verkauft und danach saniert. Seit Beginn der Hausbesetzungen, vor allem in der Zeit zwischen [[1984]] und [[1990]], ist die Geschichte der ''Hafenstraße'' verbunden mit den Bedürfnissen von Menschen und den daraus resultierenden Konflikten in der Gesellschaft und mit dem Staat. Die Hafenstraße wurde für die einen zum Symbol des Widerstandes gegen staatliche Willkür und kapitalistische Interessen, für die anderen war es ein "rechtsfreier Raum" in dem Kriminelle und politisch motivierte Gewalttäter Zuflucht gefunden haben und sich dem Zugriff der Polizei entzogen. |
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== Geschichte == |
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Neben der [[Mathematik]] zählt er v.a. die [[Chemie]], in der er in München derzeit ebenfalls forschend tätig ist zu seinen hauptsächlichen Schaffensfeldern. |
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In seiner Freizeit gilt sein Interesse [[Fassbier|Faßbier]], [[Depeche Mode]], [[Double Chili Cheese Burger|Double Chili Cheese Burgern]], [[Kylie Minogue]], [[Holzfällerhemd]]en sowie dem [[Fußball]]. |
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Die betroffenen Häuser im Eigentum der [[Siedlungs-Aktiengesellschaft_Altona|SAGA]], einer Wohnungsgesellschaft der Stadt Hamburg, standen teilweise leer, teilweise waren noch Wohnungen vermietet. Ein Teil der Häuser sollte aufgrund eines Baugutachtens, welches die Unbewohnbarkeit der Gebäude feststellte, abgerissen werden, um die Grundstücke einer profitableren Verwendung zuzuführen. |
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== Ziele == |
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Dieses Vorhaben, sowie das Bedürfniss nach billigem Wohnraum, führte schließlich [[1981]] zu einer zunächst unbemerkten, 'schleichenden' Besetzung der Häuser durch Gegner einer solchen Praxis. |
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Im Frühjahr [[1982]] bemerkt die SAGA die teilweise Besetzung, es kommt zu den ersten Auseinandersetzungen, als die SAGA das Erdgeschoss eines der Häuser zumauern lässt und Bewohner im |
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Vorranginges Ziel von Xaver Hellauer ist es das Abitur, das für ihn am 12. Mai 2006 mit der Prüfung in der modernen Fremdsprache [[Französische Sprache|Französisch]] beginnt, zu bestehen. Des weiteren strebt er es an, sich auf [[Hawaii|Hawaiʻi]] an der University of [[Honolulu]] verschiedenen Studiengängen zu widmen. |
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Gegenzug den Eingang der SAGA-Verwaltung in Altona zumauern. Die Bewohner fordern Verhandlungen um |
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einen Nutzungsvertrag, es kommt zu einer Vereinbarung über eine Winterfestmachung und Baumassnahmen zur Gefahrenabwehr. |
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[[1983]] werden die Gelder bewilligt, es kommt es zu den ersten Krawallen und einer Durchsuchung einiger Häuser mit Festnahmen. Die Stadt Hamburg schreibt einen Architektenwettbewerb zur Neugestaltung des Hafenrandes aus und im Senat werden Forderungen nach "eindeutigen Rechtsverhältnissen" laut. Die Bewohner fordern einen Generalnutzungsvertrag für alle Häuser sowie die vor und zwischen den Häusern liegenden Freiflächen. Unter steigendem Räumungsdruck werden im November auf 3 Jahre befristete Mietverträge abgeschlossen. Die Bewohner beginnen mit Instandsetzungsarbeiten an den Häusern, um gegen die, im Baugutachten festgestellte, "Unbewohnbarkeit" vorzugehen. |
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Im darauf folgenden Jahr [[1983]] entsteht ein Wandbild, das für viele Jahre zum Symbol der Hafenstraße werden soll. Das [[Hamburger Abendblatt]] beschreibt es als ein "buntes Bild voll Horror". Beim Ausheben einer Grube für einen Gartenteich werden in Folge eines Polizeieinsatzes mehrere Personen vorläufig festgenommen. Die Zahlung bewilligter Instandsetzungsgelder wird eingestellt. Das Ergebniss des Architektenwettbewerbs wird vorgestellt, vorgesehen ist der Abriss einiger der Häuser und eine gewerbliche Grossbebauung. Einige Bewohner verweigern dem Bauprüfer und Mitarbeitern der SAGA im Rahmen einer Mängelüberprüfung den Zugang zu ihren Wohnungen. Ein Hungerstreik von Gefangenen der [[Rote Armee Fraktion|RAF]] und anderer Gefangener aus dem Widerstand beginnt. Zwischen Weihnachten und Silvester finden die ersten sogenannten "Silverstertage" statt, eine Mischung aus politischen Treffen und Veranstaltungen, abends finden Konzerte statt. In der Silvesternacht gibt es eine Demonstration zum Untersuchungsgefängniss Holstenglacis mit der Forderung nach Zusammenlegung aller politischer Gefangenen in grosse Gruppen. |
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Im Januar [[1985]] werden zur Unterstützung des Hungerstreiks brennende Barrikaden auf der Hafenrandstrasse errichtet. Verschiedene Vertreter des Bezirksamtes Hamburg Mitte, der Innen- und der Baubehörde beginnen an einem Plan zur Räumung der Häuser zu arbeiten. Im März wird die Begehung der Häuser unter Polizeischutz erzwungen, es wird ein Baugrüst beschlagnahmt und eine Wohnung geräumt. |
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Bausenator [[Eugen Wagner]] bekommt ein "Kriegsbeil" in seine Bürotür geschlagen. |
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Die Lage spitzt sich zu, die [[HEW]] kappen mehrere Stromanschlüsse wegen nicht bezahlter Rechnungen, die Polizei macht Durchsuchungen wegen angeblicher Teilnahme von Personen an kriminellen Handlungen. |
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Die Bewohner arbeiten weiter an einer Instandsetzung der Häuser. |
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Im Herbst beginnt dann in den Medien eine Kampagne gegen die Hafenstraße, in der behauptet wird, verschiedene Personen aus dem Umfeld der Roten Armee Fraktion würden in der Hafenstraße wohnen. Der Leiter des Hamburger Verfassungschutzes, [[Christian Lochte]], gibt der linken [[die_tageszeitung]] ein ausführliches Interview, worauf Autonome die Hamburger Redaktiontionsräume verwüsten. Kurz darauf soll wieder eine Begehung der Häuser stattfinden. Durch Aktendiebstahl aus der Innenbehörde wird belegt und öffentlich gemacht, das während der Begehung ein Vorwand für eine Eskalation geschaffen werden soll, in deren Verlauf die Häuser geräumt werden sollen. Die Aktion findet wegen der Bekanntmachung dieser Fakten, aber auch wegen der grossen Zahl gewaltbereiter Unterstützer vor den Häusern, nicht statt. |
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Im Jahre [[1986]] wird weiter versucht, der drohenden Räumung und dem Abriss entgegenzuwirken, es werden |
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die Dächer von 3 Häuser von den Bewohnern neu gedeckt und die Bewohner beschliessen sich Diskussionen mit verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen zu öffnen. Die Rechtstreitigkeiten um gekürzte oder nicht gezahlte Mieten nehmen ihren Lauf. Ein weiteres Haus wird besetzt und bald darauf wieder geräumt. In einem Grosseinsatz der Polizei werden mehrere Wohnungen durchsucht und geräumt, dabei wird das Mobiliar aus den Fenstern geworfen, nicht geräumte Wohnungen verwüstet und Sanitäre Anlagen zerstört. Teilweise werden Lebensmittel und Betten mit Reizgas besprüht. Es kommt zu einer Demonstration an der 2000 Menschen teilnehmen, sowie zu verschiedenen, teils militanten Aktionen im Stadtgebiet Hamburgs sowie in verschiedenen Städten Europas. Grosseinsätze der Polizei finden nun fast regelmässig statt, die darauf folgenden Demonstrationen werden von der Polizei in einem mehrreihigen Spalier begleitet und zeitweilig eingeschlossen. Am 20.12. findet eine Demonstration mit 12000 Menschen von der Hamburger Innenstadt zur Hafenstraße statt, auf dieser Demonstration kommt es zu schweren Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten, die erfolgreich versuchen das Spalier der Polizei zu zerschlagen. 100 Polizeibeamte werden verletzt. |
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Im Frühjahr [[1987]] kommt es zu mehreren koordinierten, teils militanten, Aktionen an verschiedenen Orten in Hamburg mit dem Ziel, die ständigen Polizeieiinsätze zu beenden, was auch gelingt. Danach kommt es im Sommer zu einer offiziellen Wiedebesetzung der geräumten Wohnungen. Die Befestigung der Häuser gegen die anstehende Räumung, sowie eine breite Öffentlichkeitarbeit für eine vertragliche Lösung bestimmen den Alltag in den Häusern. |
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Während einer Demonstration zur Unterstützung der Besetzung geht der [[Piratensender]] "Radio Hafenstrasse" auf Sendung, der Sender sendet Informationen und Musik fast unuterbrochen bis November. |
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Im November [[1987]] wird die Situation auf den Punkt gebracht. Als die laufenden Verhandlungen um einen neuen Vertrag zwischen Bewohnern und dem Senat der Freien und [[Hansestadt]] Hamburg beiderseitig als gescheitert angesehen wurden, errichteten die Bewohner und ihre Unterstützer Barrikaden um die Häuser, um eine drohende Räumung zu verhindern. Bürgerkriegsähnliche Verhältnisse im Falle einer Räumung drohten. Ein Kompromiss wurde schließlich erreicht: ein neuer Vertrag wurde unterzeichnet, die Barrikaden wurden abgebaut und es kam zu einer friedlichen Lösung. |
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Im Jahr 1990 kam es mit der Begründung, Personen aus dem Umfeld der [[Rote Armee Fraktion|Roten Armee Fraktion]] zu suchen, zu einer Durchsuchung aller Häuser durch Polizei und [[Generalbundesanwalt|Bundesanwaltschaft]]. |
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Gegenseitige Provokationen von Bewohnern, Behörden und der Polizei führten bis heute, wenn auch seltener geworden, immer wieder zu Krawallen und Polizeieinsätzen. Da die Verfolgung von Straftaten meist nur unter massivem Polizeieinsatz möglich war, wurde von Kritikern der Begriff des "rechtsfreien Raumes" geprägt. In der Folge solcher Ereignisse wurden von Stadt, Behörden und Polizei [[Planspiel]]e entworfen, um eine Räumung herbeizuführen. Das Interesse der Bewohner bestand darin, den Abriss der Häuser zu verhindern, billigen [[Wohnraum]] zu erhalten und in diesen Raum ein [[Selbstbestimmung|selbstbestimmtes]] Leben ohne [[Entfremdung]] zu führen. |
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Innerhalb des Konfliktes wurde immer wieder versucht, den Zusammenhang zu anderen sozialen Konflikten herzustellen, was sowohl die Stärke der Hafenstraße ausgemacht hat, als auch Grund für die staatliche Repression war. |
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Heute besteht die Hafenstraße aus 12 Häusern, die Eigentum einer [[Genossenschaft]] sind. Entscheidungsgremium ist nach wie vor das [[Plenum]], eine Versammlung aus Bewohnerinnen und Bewohnern, Anwohnern und (zur jeweiligen Sachlage) Betroffenen, entschieden wird nach dem [[Konsens]]prinzip. |
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Nah der Hafenstraße, am [[Pinnasberg]], befindet sich das [[Park Fiction]]-Projekt. |
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==Trivia== |
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Die Bewohner schreiben "Hafenstrasse" meist mit 2 "s". |
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Es gab einen [[Computervirus]] namens [http://agn-www.informatik.uni-hamburg.de/catalog/msdos/html/hafens2.htm Hafenstrasse], der die Meldung "Hafenstrasse bleibt !" in eine versteckte Datei schrieb. Der Virus trat im [[Oktober]] [[1991]] in Hamburg das erste Mal auf. |
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==Filme== |
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* ''Terrible Houses in Danger'', Winter 1984/85, ca. 45 min |
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* ''Zwischen Dachziegel und Pflasterstein'', 1985, ca. 45 min, Film über die Hausbesetzungen Hafenstraße, Chemnitzstraße, Jägerpassage und Pinnasberg |
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* ''Die Augen schließen um besser zu sehen'', 1986, ca. 20 min |
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* ''Irgendwie, irgendwo, irgendwann'', 1987/88, ca. 100 min, Wiederbesetzung und Barrikadentage |
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* ''Polizeiüberfall auf die Hafenstraße'', 1989, ca. 20 min, Räumung des großen Bauwagenplatzes |
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* ''Selbst das kleinste Licht durchbricht die Dunkelheit'', 1990, ca. 60 min, Film über die Durchsuchung der Häuser durch [[Bundeskriminalamt|BKA]] und [[Generalbundesanwalt|Bundesanwaltschaft]] und die darauf folgende Besetzung der [[Kantine]] des [[Stern (Zeitschrift)]] (Bezug über: MPZ – Medienpädagogisches Zentrum e.V., Susannenstraße 14 c,d, 20357 Hamburg) |
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* ''Die Hafentreppe'', Regie: Thomas Tode & Rasmus Gerlach. D 1991, 75 Min. |
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==Ton== |
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* ''10 Meter ohne Kopf'', Live Sampler von Konzerten mit Beiheft, Fishcore und Buback Tonträger, 1991 |
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* [http://home.wtal.de/ollmann/RUNDFUNKSITUATION/Ton8.wav Radio Hafenstras<!--sic!-->se Ansage, wav 640k] |
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* [http://home.wtal.de/ollmann/RUNDFUNKSITUATION/Ton8.mp3 Radio Hafenstras<!--sic!-->se Ansage, mp3 400k] |
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==Literatur== |
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* Hermann, Michael u.a., ''Hafenstraße'', 'Chronik und Analysen eines Konfliktes', Verlag am Galgenberg, ISBN 3-925387-34-X ,1987 |
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* Sigmund, Monika; ''Zu bunt...'', Wandbilder in der Hafenstraße, ISBN 300000713X, 1996 |
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* Mallet, Carl H; ''Die Leute von der Hafenstraße'', Über eine andere Art zu leben, ISBN 389401346X, 2000 |
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* Scheer; ''Hier spricht Radio Hafenstraße'', Sendetexte eines freien Radios in Hamburg; Schriftenreihe Politische Untergrundsender, 5, ISBN 3860712055, 1987 |
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* Kurzwellen-Pressedienst; [Ed.], ''Radio Hafenstraße'', Heiße Phase in Hamburg (November 1987), Radio von unten Tonstudio, ISBN 3860711296, 1987 |
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* Lehne, Werner; ''Der Konflikt um die Hafenstraße'', Kriminalitätsdiskurse im Kontext symbolischer Politik, Hamburger Studien zur Kriminologie, 18, ISBN 3890858937, 1994 |
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==Weblinks== |
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*[http://www.nadir.org/nadir/archiv/Haeuserkampf/Hafenstras<!--sic!-->se/doku.html Archiviertes zur Hafenstraße bei nadir.org] |
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{{Koordinate Artikel|53_32_47_N_9_57_34_E_type:landmark_region:DE|53° 32' 47" N, 9° 57' 34" O}} |
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[[Kategorie:Hamburg]] |
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[[Kategorie:Straße in Hamburg]] |
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[[Kategorie:Politik (Hamburg)]] |
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[[Kategorie:Autonome Bewegung]] |
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[[Kategorie:Gesellschaftskritik]] |
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[[Kategorie:Kapitalismuskritik]] |
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[[Kategorie:Politischer Widerstand]] |
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[[Kategorie:Soziale Bewegung]] |
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[[en:Hafenstraße]] |
Version vom 12. April 2006, 23:48 Uhr
Die Hafenstraße ist ein Begriff für die als besetzte Häuser der St.Pauli-Hafenstraße und Bernhard-Nocht-Straße bekannten Häuser in St. Pauli, Hamburg, Deutschland. Obwohl die Hafenstraße meist als Hausbesetzung wahrgenommen wurde, bestanden die meiste Zeit verschiedene Miet- oder Pachtverträge zwischen den Bewohnern und verschiedenen Gesellschaften im Besitz der Stadt Hamburg. Im Jahr 1995 wurden die Häuser an eine Genossenschaft verkauft und danach saniert. Seit Beginn der Hausbesetzungen, vor allem in der Zeit zwischen 1984 und 1990, ist die Geschichte der Hafenstraße verbunden mit den Bedürfnissen von Menschen und den daraus resultierenden Konflikten in der Gesellschaft und mit dem Staat. Die Hafenstraße wurde für die einen zum Symbol des Widerstandes gegen staatliche Willkür und kapitalistische Interessen, für die anderen war es ein "rechtsfreier Raum" in dem Kriminelle und politisch motivierte Gewalttäter Zuflucht gefunden haben und sich dem Zugriff der Polizei entzogen.
Geschichte
Die betroffenen Häuser im Eigentum der SAGA, einer Wohnungsgesellschaft der Stadt Hamburg, standen teilweise leer, teilweise waren noch Wohnungen vermietet. Ein Teil der Häuser sollte aufgrund eines Baugutachtens, welches die Unbewohnbarkeit der Gebäude feststellte, abgerissen werden, um die Grundstücke einer profitableren Verwendung zuzuführen. Dieses Vorhaben, sowie das Bedürfniss nach billigem Wohnraum, führte schließlich 1981 zu einer zunächst unbemerkten, 'schleichenden' Besetzung der Häuser durch Gegner einer solchen Praxis.
Im Frühjahr 1982 bemerkt die SAGA die teilweise Besetzung, es kommt zu den ersten Auseinandersetzungen, als die SAGA das Erdgeschoss eines der Häuser zumauern lässt und Bewohner im Gegenzug den Eingang der SAGA-Verwaltung in Altona zumauern. Die Bewohner fordern Verhandlungen um einen Nutzungsvertrag, es kommt zu einer Vereinbarung über eine Winterfestmachung und Baumassnahmen zur Gefahrenabwehr.
1983 werden die Gelder bewilligt, es kommt es zu den ersten Krawallen und einer Durchsuchung einiger Häuser mit Festnahmen. Die Stadt Hamburg schreibt einen Architektenwettbewerb zur Neugestaltung des Hafenrandes aus und im Senat werden Forderungen nach "eindeutigen Rechtsverhältnissen" laut. Die Bewohner fordern einen Generalnutzungsvertrag für alle Häuser sowie die vor und zwischen den Häusern liegenden Freiflächen. Unter steigendem Räumungsdruck werden im November auf 3 Jahre befristete Mietverträge abgeschlossen. Die Bewohner beginnen mit Instandsetzungsarbeiten an den Häusern, um gegen die, im Baugutachten festgestellte, "Unbewohnbarkeit" vorzugehen.
Im darauf folgenden Jahr 1983 entsteht ein Wandbild, das für viele Jahre zum Symbol der Hafenstraße werden soll. Das Hamburger Abendblatt beschreibt es als ein "buntes Bild voll Horror". Beim Ausheben einer Grube für einen Gartenteich werden in Folge eines Polizeieinsatzes mehrere Personen vorläufig festgenommen. Die Zahlung bewilligter Instandsetzungsgelder wird eingestellt. Das Ergebniss des Architektenwettbewerbs wird vorgestellt, vorgesehen ist der Abriss einiger der Häuser und eine gewerbliche Grossbebauung. Einige Bewohner verweigern dem Bauprüfer und Mitarbeitern der SAGA im Rahmen einer Mängelüberprüfung den Zugang zu ihren Wohnungen. Ein Hungerstreik von Gefangenen der RAF und anderer Gefangener aus dem Widerstand beginnt. Zwischen Weihnachten und Silvester finden die ersten sogenannten "Silverstertage" statt, eine Mischung aus politischen Treffen und Veranstaltungen, abends finden Konzerte statt. In der Silvesternacht gibt es eine Demonstration zum Untersuchungsgefängniss Holstenglacis mit der Forderung nach Zusammenlegung aller politischer Gefangenen in grosse Gruppen.
Im Januar 1985 werden zur Unterstützung des Hungerstreiks brennende Barrikaden auf der Hafenrandstrasse errichtet. Verschiedene Vertreter des Bezirksamtes Hamburg Mitte, der Innen- und der Baubehörde beginnen an einem Plan zur Räumung der Häuser zu arbeiten. Im März wird die Begehung der Häuser unter Polizeischutz erzwungen, es wird ein Baugrüst beschlagnahmt und eine Wohnung geräumt. Bausenator Eugen Wagner bekommt ein "Kriegsbeil" in seine Bürotür geschlagen. Die Lage spitzt sich zu, die HEW kappen mehrere Stromanschlüsse wegen nicht bezahlter Rechnungen, die Polizei macht Durchsuchungen wegen angeblicher Teilnahme von Personen an kriminellen Handlungen. Die Bewohner arbeiten weiter an einer Instandsetzung der Häuser. Im Herbst beginnt dann in den Medien eine Kampagne gegen die Hafenstraße, in der behauptet wird, verschiedene Personen aus dem Umfeld der Roten Armee Fraktion würden in der Hafenstraße wohnen. Der Leiter des Hamburger Verfassungschutzes, Christian Lochte, gibt der linken die_tageszeitung ein ausführliches Interview, worauf Autonome die Hamburger Redaktiontionsräume verwüsten. Kurz darauf soll wieder eine Begehung der Häuser stattfinden. Durch Aktendiebstahl aus der Innenbehörde wird belegt und öffentlich gemacht, das während der Begehung ein Vorwand für eine Eskalation geschaffen werden soll, in deren Verlauf die Häuser geräumt werden sollen. Die Aktion findet wegen der Bekanntmachung dieser Fakten, aber auch wegen der grossen Zahl gewaltbereiter Unterstützer vor den Häusern, nicht statt.
Im Jahre 1986 wird weiter versucht, der drohenden Räumung und dem Abriss entgegenzuwirken, es werden die Dächer von 3 Häuser von den Bewohnern neu gedeckt und die Bewohner beschliessen sich Diskussionen mit verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen zu öffnen. Die Rechtstreitigkeiten um gekürzte oder nicht gezahlte Mieten nehmen ihren Lauf. Ein weiteres Haus wird besetzt und bald darauf wieder geräumt. In einem Grosseinsatz der Polizei werden mehrere Wohnungen durchsucht und geräumt, dabei wird das Mobiliar aus den Fenstern geworfen, nicht geräumte Wohnungen verwüstet und Sanitäre Anlagen zerstört. Teilweise werden Lebensmittel und Betten mit Reizgas besprüht. Es kommt zu einer Demonstration an der 2000 Menschen teilnehmen, sowie zu verschiedenen, teils militanten Aktionen im Stadtgebiet Hamburgs sowie in verschiedenen Städten Europas. Grosseinsätze der Polizei finden nun fast regelmässig statt, die darauf folgenden Demonstrationen werden von der Polizei in einem mehrreihigen Spalier begleitet und zeitweilig eingeschlossen. Am 20.12. findet eine Demonstration mit 12000 Menschen von der Hamburger Innenstadt zur Hafenstraße statt, auf dieser Demonstration kommt es zu schweren Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten, die erfolgreich versuchen das Spalier der Polizei zu zerschlagen. 100 Polizeibeamte werden verletzt.
Im Frühjahr 1987 kommt es zu mehreren koordinierten, teils militanten, Aktionen an verschiedenen Orten in Hamburg mit dem Ziel, die ständigen Polizeieiinsätze zu beenden, was auch gelingt. Danach kommt es im Sommer zu einer offiziellen Wiedebesetzung der geräumten Wohnungen. Die Befestigung der Häuser gegen die anstehende Räumung, sowie eine breite Öffentlichkeitarbeit für eine vertragliche Lösung bestimmen den Alltag in den Häusern. Während einer Demonstration zur Unterstützung der Besetzung geht der Piratensender "Radio Hafenstrasse" auf Sendung, der Sender sendet Informationen und Musik fast unuterbrochen bis November.
Im November 1987 wird die Situation auf den Punkt gebracht. Als die laufenden Verhandlungen um einen neuen Vertrag zwischen Bewohnern und dem Senat der Freien und Hansestadt Hamburg beiderseitig als gescheitert angesehen wurden, errichteten die Bewohner und ihre Unterstützer Barrikaden um die Häuser, um eine drohende Räumung zu verhindern. Bürgerkriegsähnliche Verhältnisse im Falle einer Räumung drohten. Ein Kompromiss wurde schließlich erreicht: ein neuer Vertrag wurde unterzeichnet, die Barrikaden wurden abgebaut und es kam zu einer friedlichen Lösung.
Im Jahr 1990 kam es mit der Begründung, Personen aus dem Umfeld der Roten Armee Fraktion zu suchen, zu einer Durchsuchung aller Häuser durch Polizei und Bundesanwaltschaft.
Gegenseitige Provokationen von Bewohnern, Behörden und der Polizei führten bis heute, wenn auch seltener geworden, immer wieder zu Krawallen und Polizeieinsätzen. Da die Verfolgung von Straftaten meist nur unter massivem Polizeieinsatz möglich war, wurde von Kritikern der Begriff des "rechtsfreien Raumes" geprägt. In der Folge solcher Ereignisse wurden von Stadt, Behörden und Polizei Planspiele entworfen, um eine Räumung herbeizuführen. Das Interesse der Bewohner bestand darin, den Abriss der Häuser zu verhindern, billigen Wohnraum zu erhalten und in diesen Raum ein selbstbestimmtes Leben ohne Entfremdung zu führen.
Innerhalb des Konfliktes wurde immer wieder versucht, den Zusammenhang zu anderen sozialen Konflikten herzustellen, was sowohl die Stärke der Hafenstraße ausgemacht hat, als auch Grund für die staatliche Repression war.
Heute besteht die Hafenstraße aus 12 Häusern, die Eigentum einer Genossenschaft sind. Entscheidungsgremium ist nach wie vor das Plenum, eine Versammlung aus Bewohnerinnen und Bewohnern, Anwohnern und (zur jeweiligen Sachlage) Betroffenen, entschieden wird nach dem Konsensprinzip.
Nah der Hafenstraße, am Pinnasberg, befindet sich das Park Fiction-Projekt.
Trivia
Die Bewohner schreiben "Hafenstrasse" meist mit 2 "s". Es gab einen Computervirus namens Hafenstrasse, der die Meldung "Hafenstrasse bleibt !" in eine versteckte Datei schrieb. Der Virus trat im Oktober 1991 in Hamburg das erste Mal auf.
Filme
- Terrible Houses in Danger, Winter 1984/85, ca. 45 min
- Zwischen Dachziegel und Pflasterstein, 1985, ca. 45 min, Film über die Hausbesetzungen Hafenstraße, Chemnitzstraße, Jägerpassage und Pinnasberg
- Die Augen schließen um besser zu sehen, 1986, ca. 20 min
- Irgendwie, irgendwo, irgendwann, 1987/88, ca. 100 min, Wiederbesetzung und Barrikadentage
- Polizeiüberfall auf die Hafenstraße, 1989, ca. 20 min, Räumung des großen Bauwagenplatzes
- Selbst das kleinste Licht durchbricht die Dunkelheit, 1990, ca. 60 min, Film über die Durchsuchung der Häuser durch BKA und Bundesanwaltschaft und die darauf folgende Besetzung der Kantine des Stern (Zeitschrift) (Bezug über: MPZ – Medienpädagogisches Zentrum e.V., Susannenstraße 14 c,d, 20357 Hamburg)
- Die Hafentreppe, Regie: Thomas Tode & Rasmus Gerlach. D 1991, 75 Min.
Ton
- 10 Meter ohne Kopf, Live Sampler von Konzerten mit Beiheft, Fishcore und Buback Tonträger, 1991
- Radio Hafenstrasse Ansage, wav 640k
- Radio Hafenstrasse Ansage, mp3 400k
Literatur
- Hermann, Michael u.a., Hafenstraße, 'Chronik und Analysen eines Konfliktes', Verlag am Galgenberg, ISBN 3-925387-34-X ,1987
- Sigmund, Monika; Zu bunt..., Wandbilder in der Hafenstraße, ISBN 300000713X, 1996
- Mallet, Carl H; Die Leute von der Hafenstraße, Über eine andere Art zu leben, ISBN 389401346X, 2000
- Scheer; Hier spricht Radio Hafenstraße, Sendetexte eines freien Radios in Hamburg; Schriftenreihe Politische Untergrundsender, 5, ISBN 3860712055, 1987
- Kurzwellen-Pressedienst; [Ed.], Radio Hafenstraße, Heiße Phase in Hamburg (November 1987), Radio von unten Tonstudio, ISBN 3860711296, 1987
- Lehne, Werner; Der Konflikt um die Hafenstraße, Kriminalitätsdiskurse im Kontext symbolischer Politik, Hamburger Studien zur Kriminologie, 18, ISBN 3890858937, 1994