Benno Ohnesorg und Unister: Unterschied zwischen den Seiten
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'''Benno Ohnesorg''' (* [[15. Oktober]] [[1940]] in [[Hannover]]; † [[2. Juni]] [[1967]] in [[Berlin]]) war ein [[West-Berlin]]er Student. Durch seinen gewaltsamen Tod während einer [[Demonstration]] gegen den [[Schah-Besuch 1967|Besuch des Schahs von Persien]] wurde er deutschlandweit bekannt. |
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| Name = Unister Holding GmbH |
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| Logo = [[Datei:Unister-Logo-new.svg|180px|Logo der Unister GmbH]] |
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| Unternehmensform = [[Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Deutschland)|GmbH]] |
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| Gründungsdatum = Juli 2002 (als Unister GmbH) |
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| Sitz = [[Leipzig]], [[Deutschland]] |
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| Leitung = Peter Zimmermann (CEO), Andreas Prokop (COO), Thomas Wagner (Gründer und CMO) |
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| Mitarbeiterzahl = 1670 (2012)<ref>{{Internetquelle|url=http://www.welt.de/newsticker/dpa_nt/infoline_nt/computer_nt/article108293092/Unister-Chef-Wagner-weist-Abzock-Vorwuerfe-zurueck.html|titel=Unister-Chef Wagner weist Abzock-Vorwürfe zurück|zugriff=2012-07-23}}</ref> |
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| Umsatz = 307 Mio. (2011)<ref name="Bundesanzeiger">[https://www.bundesanzeiger.de/ebanzwww/wexsservlet Bundesanzeiger]</ref> |
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| Branche = [[E-Business]] |
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| Homepage = [http://www.unister.de/ www.unister.de] |
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Die '''Unister [[Holding]] GmbH''', kurz '''Unister''', ist ein deutsches [[Unternehmen]] mit Hauptsitz in [[Leipzig]], das [[Website|Webportale]] betreibt und vermarktet. |
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Der West-Berliner Polizist [[Karl-Heinz Kurras]] traf den 26-jährigen mit einem Pistolenschuss aus kurzer Distanz tödlich in den Hinterkopf. Ohnesorgs Erschießung trug zur Ausbreitung und Radikalisierung der [[Deutsche Studentenbewegung der 1960er-Jahre|westdeutschen Studentenbewegung der 1960er Jahre]] bei. Sein Todestag gilt als Einschnitt der deutschen Nachkriegsgeschichte mit weitreichenden gesellschaftspolitischen Folgen. |
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== Überblick == |
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Nachdem 2009 bekannt wurde, dass Kurras 1967 [[inoffizieller Mitarbeiter]] des [[Ministerium für Staatssicherheit|DDR-Ministeriums für Staatssicherheit]] gewesen war, wurden neue Ermittlungen durchgeführt. Sie ergaben 2011, dass er auf Ohnesorg ohne Auftrag, unbedrängt und wahrscheinlich gezielt geschossen hatte. Er wurde dennoch nicht erneut angeklagt. |
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Unister wurde im Juli 2002 von dem damals 23-Jährigen Leipziger BWL-Studenten und einem der heutigen Geschäftsführer Thomas Wagner gegründet. Im Oktober 2002 ging eine Studententauschbörse, unister-netz.de, unter der Adresse unister.de online. Seitdem hat sich die Zahl der eigenen Internetseiten auf über 40 erhöht, zum Teil durch Neugründungen, zum Teil durch Zukäufe. Das Unternehmen ist vor allem in den Geschäftsbereichen Reise, Finanzen, Automobile, Medien, Immobilien und Social Media tätig. |
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Im Februar 2008 wurde die ''Unister Media GmbH'' gegründet, welche sich auf die Vermarktung von Online-Portalen spezialisiert hat. Außerdem gründete das Unternehmen ein Marktforschungsunternehmen ''UMA Unister Market Research & Analysis''. |
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[[Datei:Tod des Demonstranten 2.jpg|miniatur|hochkant|[[Alfred Hrdlicka]]: ''Der Tod des Demonstranten'', Relief vor der Deutschen Oper, Berlin]] |
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Das Unternehmen hat etwa 1850 Angestellte und verfügt über Niederlassungen in Leipzig (Zentrale), Berlin, Hamburg, Düsseldorf, Dresden, Stralsund, Magdeburg, Jena und Chemnitz.<ref>[http://www.unister.de/firma/standort.html www.unister.de/firma/standort.html], abgerufen am 1. April 2010</ref> Die Unister Holding erzielte im Geschäftsjahr 2010 einen Umsatz von rund 227 Millionen Euro, musste jedoch einen Fehlbetrag von über zwei Millionen ausweisen. Unister gehört zu den größten deutschen selbständigen Internetunternehmen und verzeichnet mehr als 10 Mio. Seitennutzer im Monat (Unique User) laut AGOF (Arbeitsgemeinschaft Onlinewerbung).<ref>[http://www.agof.de/aktuelle-rankings.586.de.html Vermarkterranking AGOF – Arbeitsgemeinschaft Onlinewerbung] vom 26. Dezember 2012</ref> Hauptgesellschafter bei Unister ist Thomas Wagner. |
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== Leben == |
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Benno Ohnesorg war der zweite von drei Söhnen. Seine Mutter starb, als er neun Jahre alt war. Er wuchs bei seinem Vater auf, der inzwischen wieder geheiratet hatte. Nach der [[Mittlere Reife|mittleren Reife]] absolvierte er eine Lehre als [[Schauwerbegestalter|Schaufenster-Dekorateur]]. |
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== Massenentlassungen == |
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Im Juli 2015 kündigt Unister den Abbau von insgesamt 250 Stellen an. Iim Vorjahr waren bereits 200 Mitarbeiter entlassen worden. |
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Anfang 1960 bewarb sich Ohnesorg beim [[Braunschweig-Kolleg]], um dort das Abitur nachzuholen. In seiner Bewerbung gab er [[Kunstpädagogik|Kunsterzieher]] als Berufswunsch an und nannte als Interessengebiete moderne Malerei und [[Lyrik]], klassische griechische und zeitgenössische [[Drama|Dramen]] sowie [[Kammermusik]]. Er erstelle Plastiken und Linolschnitte, besuche regelmäßig Klavierkonzerte und informiere sich regelmäßig über alle aktuellen Tendenzen der [[Moderne Kunst|modernen Kunst]].<ref>Uwe Timm: ''Der Freund und der Fremde''. dtv, 2007, S. 16f.</ref> |
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== Geschäftsmodell == |
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Die Psychologin des Kollegs, [[Elisabeth Müller-Luckmann]], bescheinigte ihm Sensibilität, Intelligenz, musisches Talent, Eigensinn und große Aufnahmefähigkeit. Er sei introvertiert und eher nachdenklich als tonangebend, habe aber „durchaus Ansätze, jemand zu werden, der nicht ganz alltäglich ist“. Er wurde als einer von vierzig aus vierhundert Bewerbern für 1961 zugelassen. Im Oktober 1960 präzisierte er seine Interessen in einem Brief an seinen künftigen Schuldirektor: Er wolle Hirnphysiologie und Kunst studieren.<ref>Uwe Timm: ''Der Freund und der Fremde'', S. 18f</ref> |
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Das Unternehmen gehört zu den großen deutschen [[E-Commerce]]-Anbietern. Unister entwickelt und vermarktet Internetportale. Besonders erfolgreich ist das Unternehmen im Reisemarkt und in der Vermittlung von Versicherungen und Krediten. Jedoch gibt es seit längerer Zeit Kritik im Hinblick auf Verbraucherfreundlichkeit und den Umgang mit Wettbewerbern.<ref>Christian Schlesinger: [http://www.wiwo.de/unternehmen/unister-die-dubiosen-methoden-des-reiseriesen/5212200-all.html ''Unister: Die dubiosen Methoden des Reiseriesen.''] In: ''[[Wirtschaftswoche]]'', 15. September 2011, abgerufen am 9. Juni 2012.</ref> |
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So warnte zum Beispiel die Verbraucherzentrale Sachsen mit den Worten „man müsse genau hinschauen, bevor man buche“ im Februar 2012 vor einer Nutzung des Portals fluege.de.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.focus.de/reisen/flug/verbraucherzentrale-sachsen-warnt-verbraucherzentrale-warnt-vor-reiseportal-fluege-de_aid_760847.html |titel=Verbraucherzentrale warnt vor Reiseportal fluege.de |datum=2012-06-01 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20131005133841/http://www.focus.de/reisen/flug/verbraucherzentrale-sachsen-warnt-verbraucherzentrale-warnt-vor-reiseportal-fluege-de_aid_760847.html |archiv-datum=2013-10-05 |zugriff=2013-11-28}}</ref> Der Hintergrund bestand in den Beschwerden von Verbrauchern, die eine Buchung abgebrochen hatten, etwa weil sie eine der angebotenen Zahlungsmethoden von Unister nicht anwenden wollten, und daraufhin vom Unternehmen gemahnt wurden, den vollen Reisepreis zu zahlen. |
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Im Abiturlehrgang galt Ohnesorg als nicht politisch, aber vielseitig literarisch und musikalisch interessiert. Nach seinem damaligen Freund, dem späteren Schriftsteller [[Uwe Timm]], las Ohnesorg Werke französischer Dichter seit [[François Villon]] sowie deutsche Nachkriegsautoren. Mit Timm zusammen las und diskutierte er Werke von [[Albert Camus]] (''Der Fremde''), [[Jean-Paul Sartre]], [[Samuel Beckett]] (''Molloy''), [[Ernst Bloch]] (''Spuren''), [[Friedrich Nietzsche]] (''Menschliches, Allzumenschliches''). Er schrieb Gedichte, veröffentlichte aber nur eines davon unter dem [[Pseudonym|Kryptonym]] ''O’Neso'' in der einzigen Ausgabe einer von ihm und Uwe Timm herausgegebenen Literaturzeitschrift mit dem Namen ''teils-teils''.<ref>Uwe Timm: ''Der Freund und der Fremde'', S. 151f</ref> |
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Der Bundesgerichtshof hatte Unister bereits zuvor im Jahr 2011 zur Umsetzung einer EU-Richtlinie verurteilt und damit ein vorinstanzliches Urteil bestätigt. Nach dieser Richtlinie muss der jeweilige Endpreis bei Flugbuchungen in transparenter Weise im Vorfeld ausgewiesen werden. Eine Endpreisangabe erst zum Abschluss der Buchung soll damit unterbunden werden. Unister hatte sich geweigert, im Rahmen einer Selbstverpflichtung in der Reisebranche, diese Bestimmungen umzusetzen. Bei den kritisierten Buchungsabläufen wurden zumindest bis Sommer 2012 Zusatzleistungen in das ausgewählte Reise-Paket des Buchenden bereits voreingestellt eingebunden. Der Interessent war daher angehalten, Zusatzleistungen als solche zu erkennen und diese vor abschließender Buchung abzuwählen. |
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Ohnesorg nutzte seine Schulferien für Auslands- und Bildungsreisen, etwa nach [[London]], und schloss Brieffreundschaften. Seit 1961 studierte er englische Dichtung, interessierte sich für [[Kalligraphie]] und lernte dafür [[Hochchinesisch|Chinesisch]]. 1962 begann er nach einer [[Marokko]]reise [[Arabische Sprache|Arabisch]] zu lernen. 1963 bestand er sein Abitur.<ref>Uwe Soukup: ''Wie starb Benno Ohnesorg?'' S. 138ff</ref> |
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Allerdings teilte Unister mit, man habe diese Voreinstellungen nun besonders im Bereich der Reiserücktrittversicherung beendet.<ref>[http://hottelling.net/2012/07/10/unister-verbessert-reiseportal-ab-in-den-urlaub-de-vorreiter-bei-opt-in/ (Quelle)]</ref><ref>[http://www.bild.de/reise/fluege/abzocke/verbraucherzentrale-warnt-vor-reiseportal-fluege-de-24423444.bild.html ''Verbraucherschützer warnen vor Abzocke. Versteckte Gebühren beim Reiseportal „fluege.de“''.] [[bild.de]], abgerufen am 12. Juni 2012.</ref> Der Unister-Sprecher Konstantin Korosides bezeichnet die Vorhalte der Verbraucherzentrale als branchenübliches Vorgehen. Fluege.de gehe nicht anders vor als andere große Buchungsportale auch. Die sogenannte Opt-out-Funktion, bei der man Versicherungen abwählen muss, gebe es bei vielen großen Portalen. |
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=== Studienzeit === |
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Anschließend bewarb sich Ohnesorg an der [[Universität der Künste Berlin|Staatlichen Hochschule der Bildenden Künste]] in West-Berlin, wurde dort aber abgelehnt. 1964 begann er an der [[Freie Universität Berlin|Freien Universität]] in West-Berlin [[Romanistik]] und [[Germanistik]] zu studieren mit dem Ziel, Gymnasiallehrer zu werden. 1965 arbeitete er als Lehrer ein Jahr lang in [[Paris]]. Am 27. April 1967 heiratete er seine schwangere Freundin Christa und wohnte mit ihr in der Prinzregentenstraße in [[Berlin-Wilmersdorf]]. |
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Außerdem hatte Unister ein Siegel vom VBS Verbraucherschutz e. V. (verbraucherschutz.de) erhalten, welches aber vom Oberlandesgericht Dresden am 3. Juli 2012 für die Nutzung auf der Website fluege.de unter Androhung einer Ordnungsstrafe in Höhe von bis zu 250.000 Euro untersagt wurde.<ref>{{Internetquelle|titel=Unister darf nicht mit Verbraucherschutz-Siegel werben|url=http://www.mdr.de/nachrichten/verbraucherschutz114.html|archiv-url=https://web.archive.org/web/20121021203837/http://www.mdr.de/nachrichten/verbraucherschutz114.html|archiv-datum=2012-10-21|autor=[[Mitteldeutscher Rundfunk]]|zugriff=3. Juli 2012}}</ref> Bei Verbrauchern kam der Eindruck auf, es handele sich bei dem Siegel um eine unabhängige Prüfinstanz. Die Dienste von ''verbraucherschutz.de'' haben jedoch nichts mit den [[Verbraucherzentrale]]n zu tun, sondern werden Unternehmen gegen Zahlung eines Entgelts angeboten. |
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Ohnesorg war politisch interessiert, aber kaum aktiv. Er war [[Pazifismus|Pazifist]] und Mitglied einer [[Evangelische Studentengemeinde|evangelischen Studentengemeinde]].<ref>{{Der Spiegel|ID=46394375|Titel=Knüppel frei|Jahr=1967|Nr=25|Seiten=41}}</ref> Er nahm 1964 am [[Deutschlandtreffen der Jugend]] in [[Ost-Berlin]] teil, war Mitglied im damaligen Diskussionsclub ''Argument'', unterschrieb einmal eine Petition der ''Kampagne für Abrüstung'' der [[Ostermarsch]]-Bewegung und ging ein anderes Mal zu einer Demonstration gegen die Bildungspolitik des West-Berliner Senats. Er las die damals unter linksgerichteten Studenten beliebte Zeitschrift ''[[Berliner Extra-Dienst]]''.<ref>Uwe Soukup: ''Wie starb Benno Ohnesorg?'' S. 138 und 141f.</ref> |
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Im September 2011 verließen eine Reihe der leitenden Mitarbeiter, vor allem aus dem Touristikbereich, das Unternehmen. Die ''[[Wirtschaftswoche]]'' vermutete dahinter teilweise moralische Gründe. Unister genieße in der Reisebranche einen zweifelhaften Ruf, so die Zeitschrift.<ref>[http://www.wiwo.de/unternehmen/reiseportale-alarmzeichen-fuer-unister-chef-wagner/5155480.html ''Alarmzeichen für Unister-Chef Wagner''.] In: ''[[Wirtschaftswoche]]'', abgerufen am 12. Juni 2012.</ref> |
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== Todesumstände == |
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=== Polizeistrategie === |
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Die Bereitschaftspolizei West-Berlins hatte bis 1970 auch [[paramilitär]]ische Aufgaben und galt als Reserve der [[alliierte]]n Truppen. Das Personal bestand zu über 50 Prozent aus ehemaligen Offizieren der [[Wehrmacht]].<ref>Klaus Hübner: ''Erinnerungen des Berliner Polizeipräsidenten. 1969–1987.'' Berlin 1997, S. 49f.</ref> Die Ausbildung war damals noch stark militärisch geprägt. Ideologisch und organisatorisch war die Polizei vor allem auf die Abwehr einer vermuteten Gefahr aus dem [[Ostsektor]] Berlins und durch kommunistische Verbündete im Inneren ausgerichtet.<ref>Bernhard Frevel, Hermann Groß, Carsten Dams (Hrsg.): ''Handbuch der Polizeien Deutschlands''. Wiesbaden 2007, ISBN 3-531-15709-4, S. 95</ref> Rechtsmaßstäbe und Einsatzkonzepte stammten weitgehend aus der Zeit der [[Weimarer Republik]]. Bei Definition und Behandlung von [[Notwehr]]-Situationen bestand ein großer Ermessensspielraum. |
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Im Juli 2012 wurde in der Zeitschrift ''[[Computer Bild]]'' ein achtseitiger Artikel über die Methoden der Unister-Gruppe veröffentlicht.<ref>''[http://www.computerbild.de/artikel/cb-Aktuell-Internet-Unister-Tricks-Abzocke-7596893.html Unister: COMPUTER BILD deckt Abzocke auf].'' Artikel bei computerbild.de als e-paper, abgerufen am 2. Juli 2012.</ref> Unister reagierte mit einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung und wirft der Zeitschrift unrichtige Tatsachenbehauptungen vor. Gerichte gaben Unister hier auch in einigen Bereichen Recht, jedoch rückte Computer-Bild in den meisten Punkten von der Darstellung nicht ab.<ref>{{Internetquelle|url=http://www.heise.de/newsticker/meldung/Neue-Vorwuerfe-gegen-Reiseportalbetreiber-Unister-2-Update-1629861.html|titel=Neue Vorwürfe gegen Reiseportalbetreiber Unister|zugriff=3. Juli 2012|autor=[[heise online]]}}</ref> Unister lässt Blogger abmahnen, die auf die entsprechende kritische Berichterstattung verweisen.<ref>''[http://www.legal-webhosting.com/1/post/2013/04/vorsicht-blogger-unister-lsst-abmahnungen-wegen-kritischer-blog-artikel-versenden.html Unister lässt Abmahnungen wegen kritischer Blog-Artikel versenden].''</ref> |
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Die Polizei West-Berlins verschärfte ihr Vorgehen gegen Studenten seit 1966. Bei einer „Spaziergangsdemonstration“ am 17. Dezember 1966 setzte sie erstmals in Zivil gekleidete „Greiftrupps“ ein, die während eines Schlagstockeinsatzes einzelne vermutete [[Rädelsführer]] aus der Menge griffen und diese der uniformierten Polizei übergaben. 80 Personen wurden festgenommen, darunter auch Kinder. Über 40 davon war keine Beteiligung nachzuweisen.<ref>Fritz Sack: ''Die Reaktion von Gesellschaft, Politik und Staat auf die Studentenbewegung''. In: Bundesminister des Innern (Hrsg.): ''Protest und Reaktion.'' Opladen 1984, S. 117</ref> Vor dem Staatsbesuch von [[Hubert Humphrey]], dem damaligen US-Vizepräsidenten, nahm die Polizei am 5. April 1967 elf Mitglieder der [[Kommune I|Kommune I]] wegen eines angeblich geplanten Bombenattentats fest. Sie wurden mangels Indizien am Folgetag aus der Untersuchungshaft entlassen.<ref>Uwe Bergmann u. a. (Hrsg.): ''Rebellion der Studenten'', rororo aktuell, Reinbek 1968, S. 27</ref> |
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In einem ausführlichen Interview mit der ''[[Frankfurter Allgemeine Zeitung|Frankfurter Allgemeinen Zeitung]]'' im Dezember 2012 antwortete der Unister-Gründer Thomas Wagner auf die Frage, warum Unister auch nach zehn Jahren am Markt immer wieder den Eindruck erwecke, „nicht auf der Höhe der Zeit zu sein“, man habe „in der Vergangenheit viele Projekte parallel aufgebaut. Natürlich kommt es dabei auch zu Fehlern. Wir lernen daraus und verbessern uns stetig.“<ref>Martin Gropp: [http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/netzwirtschaft/nach-ermittlungen-unister-geschaeftsfuehrer-vorwuerfe-unbegruendet-12001529.html ''Unister-Geschäftsführer: Vorwürfe unbegründet''.] In: ''Frankfurter Allgemeine Zeitung'', 21. Dezember 2012, abgerufen am 18. Februar 2015.</ref> |
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In einem Brief an Innensenator [[Wolfgang Büsch]] sprach Polizeipräsident [[Erich Duensing]] am 13. April 1967 von einem „Studentenkrieg“, der nicht mit Polizei, sondern nur mit Staatsanwälten und Gerichten zu bewältigen sei. In seiner Antwort am 8. Mai erwartete Büsch dagegen verschärfte Konfrontation, die größere Polizeiaufgebote notwendig machen würde. Dazu schrieb er:<ref>zitiert in: Peter Damerow u. a. (Hrsg.): ''Der nicht erklärte Notstand''. In: [[Hans Magnus Enzensberger]] (Hrsg.): ''[[Kursbuch (Zeitschrift)|Kursbuch]]'' 12. Frankfurt/Main 1968, S. 29</ref> |
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{{Zitat|Diesen Anforderungen werden die eingesetzten Polizeibeamten nur dann genügen können, wenn sie stets die Gewissheit haben, dass ihre Vorgesetzten auch dann für sie eintreten, wenn sich bei der nachträglichen taktischen und rechtlichen Prüfung Fehler herausstellen sollten. Das setzt allerdings voraus, dass diese Fehler nicht als Dienstpflichtverletzungen angesehen werden müssen.}} |
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Büsch lehnte Deeskalationsmaßnahmen damit ab und wollte den studentischen Protesten durch verstärkten Gewalteinsatz begegnen, ohne dass die eingesetzten Polizeibeamten strafrechtliche Verfolgung befürchten müssten.<ref>Heiko Drescher: [http://d-nb.info/975962833/34 ''Genese und Hintergründe der Demonstrationsstrafrechtsreform von 1970 unter Berücksichtigung des geschichtlichen Wandels der Demonstrationsformen''] (PDF) S. 88</ref> |
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== Kontroverse um neuen Unternehmenssitz == |
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=== Vorbereitung auf den Schahbesuch === |
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Unister plant die Errichtung eines neuen Unternehmenssitzes in der Leipziger Innenstadt. Seit September 2011 liegt die Baugenehmigung vor. Dieser waren umfangreiche öffentliche Diskussionen vorausgegangen, in die zahlreiche Medien involviert waren, darunter die ZDF-Sendungen ''[[WISO (Fernsehsendung)|WISO]]'' und ''[[Volle Kanne]]''. Streitpunkt war eine zusätzliche Etage, die im Entwurf von 2009 nicht berücksichtigt worden war. Nach ursprünglichem Standpunkt der Stadt würde der Unister-Neubau die übrigen Gebäude überragen, Geschäftsführer Thomas Wagner kritisierte in einem Interview der ''[[Leipziger Volkszeitung]]'' Oberbürgermeister [[Burkhard Jung]] und den Baubürgermeister Martin zur Nedden.<ref>[http://nachrichten.lvz-online.de/leipzig/citynews/unister-chef-wagner-200-arbeitsplaetze--das-interessiert-bei-der-stadt-niemanden/r-citynews-a-16250.html Unister-Chef Wagner: „200 Arbeitsplätze – das interessiert bei der Stadt niemanden“], [[Leipziger Volkszeitung|lvz-online.de]], 15. Februar 2010</ref> |
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Der [[Sozialistischer Deutscher Studentenbund|Sozialistische Deutsche Studentenbund]] (SDS) protestierte seit 24. Mai 1967 mit der „[[Parviz Nikkhah#Die Konföderation Iranischer Studenten|Konföderation iranischer Studenten]]“ und der Gruppe „Freunde der Publizistik“ gegen den Staatsbesuch von Schah [[Mohammad Reza Pahlavi]] und versuchte, die FU-Studenten und Berliner Bevölkerung über dessen diktatorische Politik in [[Iran|Persien]] aufzuklären. Am 1. Juni 1967 rief der SDS für den Folgetag zu Demonstrationen vor dem [[Schöneberger Rathaus]] und der [[Deutsche Oper Berlin|Deutschen Oper]] auf. Der [[Allgemeiner Studentenausschuss|AStA]] der FU meldete die abendliche Demonstration an.<ref>[http://www.tagesspiegel.de/berlin/art270,2812370 ''Anmelder der Demo vom 2. Juni 1967''.] In: ''[[Der Tagesspiegel|Tagesspiegel]]'', 2. Juni 2009</ref> |
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Daraufhin wurde überlegt, den Sitz zu verlagern, woraufhin sich [[Magdeburg]] und [[Schweinfurt]] als mögliche Standorte bewarben.<ref>[http://www.swex.de/news/detail.php?nr=5336 Internetunternehmen Unister Holding GmbH gründet in Magdeburg einen neuen Standort – Schweinfurt aber ist noch nicht aus dem Rennen für den neuen Hauptsitz], schwex.de, 21. Februar 2010</ref> Im März 2010 berichteten Medien von einer Einigung im Streit um den Neubau. Demnach wurde ein Entwurf präsentiert, der von beiden Seiten angenommen wurde. Laut zur Nedden „steht der Bearbeitung zügigen Baugenehmigung nichts mehr im Wege“.<ref>Jens Rometsch: [http://nachrichten.lvz-online.de/leipzig/citynews/unister-chef-wagner-200-arbeitsplaetze--das-interessiert-bei-der-stadt-niemanden/r-citynews-a-16250.html ''Unister-Streit: Leipzig signalisiert Zustimmung zu neuen Bauentwürfen''.] In: ''[[Leipziger Volkszeitung]]'', 10. März 2010, abgerufen am 18. Februar 2015.</ref><ref>[http://www.l-iz.de/Politik/Brennpunkt/2010/03/Unister-meldet-Kompromiss-im-Neubau-geglueckt.html Unister meldet: Kompromiss im Neubau geglückt], l-iz.de, 24. März 2010</ref> Die ''Immobilien Zeitung'' schrieb beispielsweise im März 2010 zu dem sich andeutenden Kompromiss zwischen Unister und der Stadt Leipzig: „Öffentlich Schimpfen hilft“.<ref>[http://www.immobilien-zeitung.de/94645/oeffentlich-schimpfen-hilft ''Öffentlich Schimpfen hilft''.] In: ''[[Immobilien Zeitung]]'', 4. März 2010, Ausgabe 09/2010, S. 29. Abgerufen am 26. Dezember 2012.</ref> |
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Am Nachmittag beschrieb der Exilperser [[Bahman Nirumand]] im vollbesetzten Audimax der FU die undemokratischen Zustände in seiner Heimat. Diesen Vortrag hörte auch Ohnesorg und beschloss, am Folgetag an Protesten teilzunehmen. Sein Interesse hatte schon Nirumands Buch ''Persien. Modell eines Entwicklungslandes oder Die Diktatur der freien Welt'' geweckt.<ref>[http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/kulturinterview/631240/ ''Freundschaft unter Literaten. Uwe Timm zum 40. Todestag Benno Ohnesorgs''] Deutschlandradio Kultur</ref> |
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Im Genehmigungsverfahren waren neben der Bauhöhe weitere Probleme aufgetaucht. So berichtete beispielsweise die ''Leipziger Volkszeitung,'' dass durch die neungeschossige Rückwand des geplanten Unister-Neubaus „die Arbeits- und Lebensbedingungen in den Räumen hinter den Fenstern beeinträchtigt“ würden. Unister wandte ein, dass die betroffenen Räume seit Jahren leer stünden und sie laut Bauakten der Siebzigerjahre in eine Brandmauer eingebaut wurden, die Unister erworben hätte. „Wir gehen davon aus, dass Oberbürgermeister Jung persönlich und die oberen Stadt-Verantwortlichen zu ihrem Wort stehen und Unister die Baugenehmigung künftig erteilt wird“, so der Sprecher des Unternehmens, Konstantin Korosides.<ref>[http://nachrichten.lvz-online.de/leipzig/wirtschaft/neuer-aerger-um-unister-vorhaben/r-wirtschaft-a-40841.html Neuer Ärger um Unister-Vorhaben], lvz-online.de, 23. Juli 2010.</ref> |
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Am Abend trafen etwa 150 sogenannte „[[Jubelperser]]“<ref>Peter Graf von Kielmannsegg: ''Nach der Katastrophe. Eine Geschichte des geteilten Deutschland''. Berlin 2000, ISBN 3-88680-329-5, S. 327</ref> mit Sonderflügen in West-Berlin ein.<ref name="Albertz245">Heinrich Albertz: ''Blumen für Stukenbrock''. Radius, Stuttgart 1981, ISBN 3-87173-595-7, S. 245</ref> |
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Im Mai 2011 startete Unister mit Verhandlungen mit mehreren Generalunternehmern, um mit den Bauarbeiten zu beginnen. Der Zeitplan ging von einem Baubeginn im Herbst 2012 aus. Innerhalb von 24 Monaten solle das neue Gebäude errichtet werden und Platz für 1400 Mitarbeiter bieten.<ref>[http://nachrichten.lvz-online.de/leipzig/citynews/unister-neubau-in-der-leipziger-city-soll-im-herbst-starten/r-citynews-a-86145.html Unister-Neubau in der Leipziger City soll im Herbst starten], lvz-online.de, 29. April 2011.</ref> |
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=== Am Schöneberger Rathaus === |
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Am 2. Juni 1967 besuchte der Schah West-Berlin für einen Tag. Im Schöneberger Rathaus sollte er sich in das [[Goldenes Buch|Goldene Buch]] der Stadt eintragen. Bei seiner Ankunft demonstrierten dort zwischen 400 und 1000 Schahgegner, riefen „Mörder, Mörder“ und forderten Amnestie für politische Gefangene in Persien. |
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== Ermittlungen == |
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Die Polizei hatte den Schahanhängern einen mit Sperrgeländern abgeteilten Streifen zwischen Rathaus und Demonstranten zugewiesen. Nach dem Eintritt des Schahs in das Rathaus griffen die Schahanhänger die Demonstranten mit Holzlatten, Knüppeln und Stahlrohren an und verletzten Dutzende von ihnen, einige schwer. Polizisten schauten zu, ohne einzugreifen und Schläger festzunehmen; sie nahmen jedoch nach etwa fünf Minuten Demonstranten fest, noch während diese verprügelt wurden.<ref>Kai Hermann: [http://www.zeit.de/1967/23/die-polizeischlacht-von-berlin ''Die Polizeischlacht von Berlin''.] In: ''[[Die Zeit]]'', Nr. 23/1967</ref> Dem Regierenden Bürgermeister [[Heinrich Albertz]] versprach die Polizei danach, die Schahanhänger abends von den Studenten fernzuhalten. Unter diesen „Jubelpersern“ wurden auch Agenten des persischen Geheimdienstes [[SAVAK]] vermutet. Albertz war im Nachhinein von dessen Mitverantwortung für die Gewalttaten überzeugt und hielt es für möglich, dass das [[Auswärtiges Amt|Auswärtige Amt]] und der [[Bundesnachrichtendienst]] von der Einreise der „Schlägertruppen“ wusste.<ref name="Albertz245" /> |
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Ermittler des Landeskriminalamts Sachsen durchsuchten am 11. Dezember 2012 die Unister-Zentrale in Leipzig. Nach Angaben der Behörde beschlagnahmten Mitarbeiter der Integrierten Ermittlungseinheit Sachsen (INES) Computer und Akten. Dabei wurden zwei Manager des Portals ''fluege.de'' vorübergehend für etwa eine Woche in U-Haft genommen. Weder die Staatsanwaltschaft noch Unister haben sich zu den Namen der betroffenen Personen geäußert. Drei Tage später wurde ein weiterer Manager des Unternehmens in Untersuchungshaft genommen.<ref>[http://www.heise.de/newsticker/meldung/Razzia-bei-Unister-1766435.html ''Razzia bei Unister''], [[heise online]], 11. Dezember 2012, abgerufen am 11. Dezember 2012</ref> |
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Die Staatsanwaltschaft Dresden warf Unister 2012 vor, über seine Online-Portale ohne Erlaubnis Versicherungsprodukte vertrieben zu haben, wodurch ein Steuerschaden in Höhe von etwa einer Million Euro entstanden sei, da die [[Versicherungsteuer (Deutschland)|Versicherungssteuer]] nicht abgeführt worden sei.<ref>[http://www.wiwo.de/unternehmen/dienstleister/verdacht-auf-steuerbetrug-unister-manager-bei-razzia-verhaftet/7508406.html ''Unister-Manager bei Razzia verhaftet''] Wirtschaftswoche online, 11. Dezember 2012, abgerufen am 21. Dezember 2012</ref> Der Reiseveranstalter [[TUI]] kündigte daraufhin fristlos den Agenturvertrag mit Unister.<ref>touristik aktuell: ''[http://www.touristik-aktuell.de/nachrichten/veranstalter/news/datum/2012/12/19/unister-bedauert-absage-von-tui/ Unister bedauert Absage von TUI]''. 19. Dezember 2012, Zugriff am 21. Dezember 2012.</ref> Unister-Geschäftsführer Thomas Wagner sagte dazu in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung am 21. Dezember 2012: „Wir haben einen Bescheid aus dem Jahr 2002 des damaligen Bundesaufsichtsamtes für Versicherungswesen, aus dem […] hervorgeht, dass der Stornoschutz kein genehmigungspflichtiges Versicherungsgeschäft sei und demnach auch keine Versicherungssteuer zu bezahlen sei. Daraufhin wurde dieser Stornoschutz auf unserem Portal zehn Jahre lang bis zum Tag der Razzia zu Reisebuchungen angeboten. […] Deshalb können wir das drastische Vorgehen der Behörden in Sachsen […] absolut nicht nachvollziehen.“<ref>[http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/netzwirtschaft/nach-ermittlungen-unister-geschaeftsfuehrer-vorwuerfe-unbegruendet-12001529.html ''Unister-Geschäftsführer: Vorwürfe unbegründet''.] In: ''Frankfurter Allgemeine Zeitung'', 21. Dezember 2012, abgerufen am 25. Dezember 2012.</ref> |
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Wegen dieser Vorfälle, über die der Rundfunksender [[RIAS]] direkt berichtete, beschlossen viele, abends erneut gegen den Schah zu demonstrieren. Darunter waren Christa und Benno Ohnesorg, die ein Spruchband mit der Aufschrift „Autonomie für die [[Universität Teheran|Teheraner Universität]]“ anfertigten.<ref>Uwe Soukup: ''Wie starb Benno Ohnesorg?'' S. 24</ref> |
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Außerdem gibt es den Verdacht, dass in den Jahren 2010 und 2011 auf ''Partnersuche.de'' mit erfundenen Profilen automatisiert Kontaktanfragen vorgetäuscht und so Kunden in Abonnements gelockt worden sein könnten.<ref>[http://www.stern.de/wirtschaft/news/unister-chef-wagner-unter-verdacht-internetriese-soll-kunden-betrogen-haben-1944029.html ''Internetriese soll Kunden betrogen haben''.] Stern.de, 19. Dezember 2012, abgerufen am 2. Dezember 2012.</ref> |
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=== Vor der Deutschen Oper === |
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Am Abend des 2. Juni besuchte das Schahehepaar eine Galaaufführung der „[[Die Zauberflöte|Zauberflöte]]“ in der Deutschen Oper. Die Polizei hatte davor Absperrgitter postiert, die den südlichen Bürgersteig der Bismarckstraße frei ließen. Ein Bauzaun begrenzte diesen Korridor auf der Rückseite. Dazwischen sammelten sich etwa 2000 Demonstranten und Schaulustige. |
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2013 gab Unister bekannt, dass Peter Zimmermann ab September Geschäftsführer werden solle. Er war seit 2009 Regierungssprecher in Thüringen unter Ministerpräsidentin [[Christine Lieberknecht]], die ihn nun in den einstweiligen Ruhestand versetzte.<ref>http://www.freiepresse.de/NACHRICHTEN/SACHSEN/Thueringens-Regierungssprecher-Zimmermann-wird-Unister-Chef-artikel8428755.php</ref> Dadurch würde Zimmermann zusätzlich zu seinem künftigen Gehalt auch weiterhin noch Bezüge vom Land erhalten.<ref>[http://www.mz-web.de/mitteldeutschland/thueringen-lieberknecht-in-bedraengnis,20641266,23860790.html Lieberknecht in Bedrängnis]</ref> |
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Duensings Räumungsbefehl von 18:30 Uhr erreichte den Einsatzleiter vor der Oper erst um 19:00 Uhr und wurde nicht umgesetzt, weil die Menge inzwischen zu groß geworden war und nicht mehr bis zum Eintreffen der Staatsgäste aufgelöst werden konnte. Daraufhin befahl er dem Einsatzleiter um 19:50 Uhr die Räumung des Opernvorplatzes während der dreieinhalbstündigen Opernvorstellung.<ref name="US68">Uwe Soukup: ''Wie starb Benno Ohnesorg?'' S. 68</ref> Albertz vermutete irrtümlich noch 1981, er selbst habe die Polizei zur gewaltsamen Auflösung der Demonstration veranlasst, indem er beim Eintritt in die Oper sagte:<ref>Heinrich Albertz: ''Blumen für Stukenbrock''. 5. Auflage, Stuttgart 1981, S. 246f</ref> |
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{{Zitat|Ich hoffe, dass sich bei der Abfahrt dieses Schauspiel nicht wiederholt.}} |
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== Portfolio == |
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Gegen 20:00 Uhr trafen die Wagenkolonne des Schahs und zwei städtische Busse mit persischen Schahanhängern ein. Sie wurden seitlich zwischen Polizeigürtel und Demonstranten postiert. Diese riefen, als die Staatsgäste die Oper betraten, in Sprechchören „Schah, Schah, Scharlatan“, „Schah-SA-SS“ und „Mo, Mo, [[Mohammad Mossadegh|Mossadegh]]“, um an den vom Schah gestürzten und arrestierten ehemaligen persischen Regierungschef zu erinnern. Einige warfen [[Farbbeutel]], Mehltüten, Eier, Tomaten und Rauchkerzen, die die 40 m entfernten Opernbesucher jedoch nicht trafen. Steine wurden nach späteren Aussagen mehrerer direkter Augenzeugen nicht geworfen.<ref>Knut Nevermann: ''Der 2. Juni 1967''. Köln 1967, S. 17ff</ref> |
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Nach dem Eintritt des Schah und seiner prominenten Begleiter, darunter des Bundespräsidenten, in die Oper wollten die Demonstranten den Platz verlassen. Christa und Benno Ohnesorg standen mit ihrem Bekannten [[Dietz Bering]] auf dem südlichen Gehweg und bewegten sich zum östlichen Ende der Absperrung an der Ecke ''Krumme Straße''-''[[Bismarckstraße (Berlin-Charlottenburg)|Bismarckstraße]]''.<ref name="DB">[[Dietz Bering]]: [http://www.ksta.de/html/artikel/1179819731767.shtml ''Man hatte es für unmöglich gehalten''.] In: ''[[Kölner Stadt-Anzeiger]]'', 1. Juni 2007</ref> Zugleich formierten sich die Polizeibeamten in Höhe des Operneingangs mit gezogenen Schlagstöcken zu drei Zweierreihen. |
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Die Schahanhänger schlugen erneut mit Dachlatten, Holzknüppeln, Schlagringen und Eisenstangen auf die Demonstranten ein. Da keine Flucht möglich war, brach Panik aus. Erneut wurden viele Beobachter verletzt, ohne dass die Polizei eingriff. Sie ließ die Schläger nach einer Weile durch eine nahegelegene U-Bahn-Station abziehen und blockierte dann diesen Ausgang für die Demonstranten.<ref>Gretchen Dutschke-Klotz: ''Rudi Dutschke. Eine Biographie'', S. 127</ref> |
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Nach Zeugenaussagen erfolgte über einen Lautsprecherwagen etwa um 20:05 Uhr die Durchsage, Demonstranten hätten einen Polizisten erstochen. Andere Polizisten kündigten Studenten vor dem Schlagstockeinsatz entsprechende Behandlung an. Nach dem offiziellen Untersuchungsbericht erging die Durchsage erst danach ab 21:00 Uhr. Sie wurde bis 23:00 Uhr auf dem Kurfürstendamm verbreitet.<ref>Uwe Soukup: ''Wie starb Benno Ohnesorg?'' S. 42f und 46</ref> |
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! Segment !! Portal !! Online seit !! [[Unique User]]<ref name="agof">[http://www.agof.de/aktuelle-studie.583.de.html AGOF internet facts 2010-II]</ref> !! [[Seitenabruf]]e<ref name="IVW 09-2010">[http://ausweisung.ivw-online.de/ IVW 09-2010]</ref> !! [[Unique Visit|Visits]]<ref name="IVW 09-2010" /> |
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Die Demonstranten im mittleren Bereich setzten sich spontan auf die Straße, wurden aber nun von allen Seiten geschlagen. Vielen Anwesenden zufolge forderte die Polizei erst gegen 20:25 Uhr zum Verlassen des Platzes auf. Da sie auch das Gelände hinter dem Bauzaun besetzt hatte und Fliehende mit Polizeihunden wieder in den Kessel zurückdrängte, war ein Ausweichen kaum möglich. Studenten, die über die Sperrgitter kletterten, wurden zurückgeworfen und -geprügelt, zur Anwendung kam hier die sogenannte [[Leberwursttaktik]]. Weitere Beamte schlugen die Fliehenden am Rande des Kessels, setzten [[Wasserwerfer]] und [[Tränengas]] gegen sie ein.<ref>Uwe Soukup: ''Wie starb Benno Ohnesorg?'' S. 48–56. Jürgen Zimmer: [http://www.zeit.de/1967/23/fuechsejagen-in-der-bismarckstrasse ''Füchsejagen in der Bismarckstraße. Was die Berliner Polizei unter „weicher Welle“ versteht – Ein Augenzeugenberieht''.] In: ''[[Die Zeit]]'', Nr. 23/1967; abgedruckt in: Carsten Seibold (Hrsg.): ''Die 68er. Das Fest der Rebellion.'' Knaur, München 1988, ISBN 3-426-03927-3, S. 140–143</ref> |
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=== Tödlicher Schuss === |
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Zur Festnahme vermeintlicher Rädelsführer, von der Polizei „Fuchsjagd“ genannt, verfolgten Greiftrupps in Zivilkleidung fliehende Demonstranten bis in Nebenstraßen und Häusereingänge hinein. Zu einem solchen Trupp gehörte [[Karl-Heinz Kurras]], der sich zuvor unter die Demonstranten gemischt hatte. |
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| urlaubstours.de || style="text-align:right" | 2006 || style="text-align:right" | 0,09 || style="text-align:right" | 0,24 || style="text-align:right" | 0,11 |
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Ohnesorg trug an diesem Abend ein hellrotes Hemd und Sandalen, woran Zeugen ihn später identifizierten.<ref>[http://www.faz.net/aktuell/politik/benno-ohnesorg-dieser-tag-hat-die-republik-veraendert-1435411.html Markus Wehner: ''Dieser Tag hat die Republik verändert''.] In: ''[[Frankfurter Allgemeine Zeitung|FAZ]]'', 1. Juni 2007</ref> Er sah, wie mehrere Zivilbeamte einen Mann in der Krummen Straße Nr. 66/67 (300 Meter von der Oper entfernt, heute Schillerstraße 29) in einen Innenhof zerrten. Um zu beobachten, was dort mit ihm geschah, folgte er ihnen und trennte sich an der Kreuzung ''Krumme Straße''/''Schillerstraße'' von seinen Begleitern.<ref>Uwe Soukup: ''Wie starb Benno Ohnesorg?'', S. 94</ref> |
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| fluege.de || style="text-align:right" | 2008 || style="text-align:right" | 1,80 || style="text-align:right" | 21,16 || style="text-align:right" | 4,02 |
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Im Hinterhof stellten mindestens zehn zivile und uniformierte Polizisten etwa zehn Personen und begannen auf sie einzuschlagen. Ein Student wurde am Boden liegend von drei Beamten verprügelt und getreten. Die übrigen Studenten versuchten, wieder aus dem Innenhof zu fliehen. Ohnesorg stand wenige Meter entfernt und schaute zu. Nach Aussage eines Zeugen, der die Szene auf einer Mülltonne am Hofrand stehend beobachtete, trieb die Polizei dann alle Umstehenden hinaus; nur Ohnesorg habe sich noch im Hof befunden. Der Vorgesetzte von Kurras bezeugte, Ohnesorg habe zu fliehen versucht, worauf Polizisten ihm den Weg abgeschnitten hätten. Einer davon sagte zunächst aus, Ohnesorg sei dann von drei Beamten im Griff gehalten worden. Eine Frau sah, dass drei Polizisten ihn verprügelten. Darauf habe er seine Hände halb erhoben: Sie habe dies als Zeichen der Ergebung und Beschwichtigung gedeutet. |
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| hotelreservierung.de || style="text-align:right" | 2008 || style="text-align:right" | 0,69 || style="text-align:right" | 13,33 || style="text-align:right" | 1,88 |
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Etwa um 20:30 Uhr fiel ein Schuss, der Ohnesorg aus etwa eineinhalb Metern Entfernung in den Hinterkopf traf. Ein Student sagte später aus, er habe das Mündungsfeuer einer Pistole „ungefähr in Kopfhöhe“ und gleich darauf den Fall des Getroffenen gesehen.<ref>Spiegel Spezial, ''Die wilden 68er'', Juni 1988, S. 18</ref> Andere Zeugen bestätigten dies. Einige hörten Ohnesorg zuvor schreien, andere hörten den entsetzten Ausruf:<ref>[[Klaus Rainer Röhl]]: ''Kesselschlacht. Die Notstandsübung von Berlin.'' In: ''[[konkret (Zeitschrift)|konkret]]'', Nr. 7, Juli 1967</ref> ''Bitte, bitte, nicht schießen!'' Eine Krankenschwester hörte von der Straße aus den Ruf „nicht schießen“. Dies könnte auch ein Polizist nach dem Schuss gesagt haben, da andere Zeugen einen Wortwechsel zwischen einem Polizeibeamten (Horst Geier) und Kurras hörten: |
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| reisen.de || style="text-align:right" | 2008 || style="text-align:right" | 1,12 || style="text-align:right" | 17,46 || style="text-align:right" | 2,28 |
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{{Zitat|Bist du denn wahnsinnig, hier zu schießen? – Die ist mir losgegangen.}} |
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Ein Tonband, aufgenommen von einem Toningenieur des [[Süddeutscher Rundfunk|Süddeutschen Rundfunks]], dokumentiert ein Schussgeräusch, gleich darauf einsetzende „Mörder, Mörder!“-Rufe in der ''Krummen Straße'' und den Befehl einer männlichen Person: |
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| kurz-mal-weg.de || style="text-align:right" | 2011 || style="text-align:right" | - || style="text-align:right" | - || style="text-align:right" | - |
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{{Zitat|Kurras, gleich nach hinten! Los, schnell weg!}} |
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Drei Journalisten fotografierten die Vorgänge im Hof in diesen Minuten. Auf zwei dieser Fotos, wahrscheinlich Sekunden nach dem Schuss aufgenommen, ist Kurras allein stehend und unbedrängt im sauberen Anzug zu sehen. Die Polizisten – darunter der herbeigeeilte Einsatzleiter – drängten die Fotografen ab und brachten Kurras ins Polizeipräsidium.<ref>Uwe Soukup: ''Wie starb Benno Ohnesorg?'' S. 96–130</ref> Eine 2009 von der Bundesanwaltschaft veranlasste Überprüfung von damaligem Foto- und Filmmaterial, darunter einer bisher unausgewerteten Filmsequenz, erhärtete den Verdacht, dass Kurras unbedrängt und gezielt auf Ohnesorg schoss und dies von Polizeikollegen, darunter dem Einsatzleiter Helmut Starke, aus nächster Nähe beobachtet wurde.<ref name="Spiegel-Online.2012-01-22">[http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,810583,00.html ''Schüsse auf Studenten – Berliner Polizei vertuschte Hintergründe des Ohnesorg-Todes''.] In: ''[[Spiegel Online]]'', 22. Januar 2012</ref> |
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| holidayreporter.com || style="text-align:right" | 2012 || style="text-align:right" | - || style="text-align:right" | - || style="text-align:right" | - |
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=== Tod im Krankenwagen === |
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| rowspan="3" | Medien || [[news.de]] || style="text-align:right" | 2008 || style="text-align:right" | 6,41 || style="text-align:right" | 25,84 || style="text-align:right" | 15,32 |
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Die Studentin Erika S. hatte den Knall gehört, aber nicht als Pistolenschuss gedeutet. Sie erreichte, dass die prügelnden Polizisten von dem Schwerverletzten abließen.<ref>Uwe Soukup: ''Wie starb Benno Ohnesorg?'', S. 127 und 130</ref> [[Friederike Hausmann|Friederike Dollinger]] und eine weitere Frau drehten Ohnesorg auf den Rücken und stützten seinen blutenden Kopf, wie ein berühmt gewordenes Foto zeigt.<ref>[http://www.sueddeutsche.de/politik/979/396766/text/ ''Tod Benno Ohnesorgs: „Die Polizisten haben geprügelt wie blöd“''.] In: ''[[Süddeutsche Zeitung]]'', 30. Mai 2007</ref><ref>[http://www.berliner-zeitung.de/archiv/der-fotograf-juergen-henschel-fotografierte-am-2--juni-1967-den-sterbenden-benno-ohnesorg--und-schrieb-mit-diesem-bild-geschichte-ein-toedlicher-moment,10810590,10480684.html Holger Schmale: ''Ein tödlicher Moment. Der Fotograf Jürgen Henschel fotografierte am 2. Juni 1967 den sterbenden Benno Ohnesorg''.] In: ''[[Berliner Zeitung]]'', 1. Juni 2007</ref> |
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| börsennews.de || style="text-align:right" | 2009 || style="text-align:right" | 0,43 || style="text-align:right" | 1,19 || style="text-align:right" | 0,57 |
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Anwesende Polizisten weigerten sich zunächst, einen Krankenwagen zu holen. Sie hinderten einen herbeigeeilten norwegischen Schiffsarzt daran, dem Verletzten [[Erste Hilfe]] zu leisten. Der zehnminütige Wortwechsel endete damit, dass der Arzt wegen eines Abzeichens der [[Résistance]] und seiner Bemerkung, er habe in Ost-Berlin als Arzt arbeiten dürfen, als Kommunist verdächtigt wurde. Gegen 20:50 Uhr traf der Krankenwagen ein. Die Fahrt ins Krankenhaus dauerte geschätzte 45 Minuten, da das zunächst angefahrene Albrecht-Achilles-Krankenhaus und die Westendklinik angaben, keine Betten für Verletzte mehr frei zu haben. Die Begleiter, ein Sanitäter und eine selbst verletzte Krankenschwester, versuchten während der Fahrt Ohnesorgs Leben zu retten. Nach Aussage der Schwester starb er in ihrem Beisein auf dem Transport. Gegen 21:35 Uhr erreichte der Wagen das [[Krankenhaus Moabit]]. Ein Arzt untersuchte Ohnesorg kurz und schrie die Sanitäter an, weshalb sie ihm einen Toten gebracht hätten. Laut Krankenhausakte trat Ohnesorgs Tod jedoch erst um 22:55 Uhr ein; als Todesursache wurde „[[Schädelbasisbruch]]“ angegeben.<ref>Uwe Soukup: ''Wie starb Benno Ohnesorg?'' S. 134–137</ref> |
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| webmail.de (2013 eingestellt) || style="text-align:right" | 2009 || style="text-align:right" | 0,11 || style="text-align:right" | 19,22 || style="text-align:right" | 2,85 |
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Kurras durfte den Leichnam Ohnesorgs noch in der Nacht zum 3. Juni besichtigen. Ein weiterer Polizist behauptete dabei, der Tote sei „zu seinen Lebzeiten“ einer der „größten Krakeeler“ am Vorabend gewesen.<ref>[http://www.stern.de/politik/historie/:Kurras-80-Der-Mann,-Benno-Ohnesorg/604175.html Uwe Soukup: '' Kurras wird 80: Der Mann, der Benno Ohnesorg erschoss''.] Stern, 1. Dezember 2007</ref> |
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| rowspan="2" | Social Web || webcity.de (2013 eingestellt) || style="text-align:right" | 2006 || style="text-align:right" data-sort-value="0,14" | <ref name="agof1">AGOF internet facts 2009-IV</ref>0,14 || style="text-align:right" data-sort-value="31,99" | <ref name="ivw1">IVW 02-2010</ref>31,99 || style="text-align:right" data-sort-value="0,94" | <ref name="ivw1" />0,94 |
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=== Obduktion === |
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Innensenator Büsch ordnete an, die zunächst für den 5. Juni angesetzte [[Obduktion]] vormittags am 3. Juni durchzuführen. Der obduzierende Arzt fand Prellungen und Hämatome am ganzen Körper.<ref>Uwe Soukup: ''Wie starb Benno Ohnesorg?'' S. 97</ref> Als Todesursache stellte er einen „Gehirnsteckschuss“ fest. Ein sechs mal vier Zentimeter großes Knochenstück der Schädeldecke mit dem Einschussloch war herausgesägt und die Kopfhaut darüber zugenäht worden. Der anwesende Rechtsanwalt [[Horst Mahler]], damals SDS-Mitglied, deutete diesen Befund als Versuche, die Todesursache zu vertuschen. [[Uwe Soukup]] fasste die offenen Fragen 2007 dazu zusammen:<ref>Uwe Soukup: ''Wie starb Benno Ohnesorg?'' S. 137 und 159f</ref> |
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| partnersuche.de || style="text-align:right" | 2009 || style="text-align:right" | - || style="text-align:right" | - || style="text-align:right" | - |
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{{Zitat|Warum wurde an einem Toten herumoperiert? Welchen medizinischen Sinn soll es haben, den Teil des Schädelknochens herauszusägen, in dem sich die Einschussstelle befindet? … Wurde der Todeszeitpunkt auf 22:55 festgelegt, um die merkwürdige Behandlung des bereits Verstorbenen zu legitimieren, indem man sie als Rettungsversuch ausgibt? …Obwohl die Einschussstelle freigelegt und daran herumoperiert worden war, will tatsächlich niemand die Schussverletzung bemerkt haben?}} |
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| rowspan="2" | Shopping || auvito.de (2014 eingestellt) || style="text-align:right" | 2006 || style="text-align:right" | 1,21 || style="text-align:right" | 4,54 || style="text-align:right" | 2,06 |
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Eine sofort angeordnete polizeiliche Suche nach dem Knochenstück blieb ergebnislos. Beteiligte Ärzte und Schwestern verwahrten sich gegen Verdächtigungen. Im späteren Freispruch für Kurras wurde bestätigt, Ohnesorg sei sehr wahrscheinlich noch nach dem Schuss verprügelt worden. Der behandelnde Arzt habe Einschuss, Schusskanal und Projektil im Gehirn nicht erkannt.<ref>Uwe Soukup: ''Wie starb Benno Ohnesorg?'' S. 97 und 137</ref> |
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| shopping.de || style="text-align:right" | 2009 || style="text-align:right" | 0,81 || style="text-align:right" | 5,00 || style="text-align:right" | 2,52 |
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Ein damals beteiligter Assistenzarzt, der aus einer mit dem Schah befreundeten persischen Familie stammt, erklärte 2009, er habe Ohnesorgs Totenschein auf Anweisung seiner Vorgesetzten mit falschem Todeszeitpunkt ausgefüllt.<ref>Uwe Soukup: [http://www.tagesspiegel.de/politik/2-juni-1967-die-stunde-der-zeugen/1526222.html ''2. Juni 1967: Die Stunde der Zeugen''.] In: ''[[Der Tagesspiegel|Tagesspiegel]]'', 2. Juni 2009</ref> Nach einem Medienbericht von Januar 2012 erklärte der Arzt, der den Totenschein ausstellte, er habe auf Anweisung seines Chefarztes, nicht aufgrund eigener Untersuchung „Schädelverletzung durch stumpfe Gewalteinwirkung“ als Todesursache eingetragen.<ref name="Spiegel-Online.2012-01-22" /> |
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| Automobile || auto.de || style="text-align:right" | 2006 || style="text-align:right" | 0,81 || style="text-align:right" | 16,56 || style="text-align:right" | 1,99 |
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=== Überführung und Beerdigung === |
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[[Datei:Ohnesorg Grab Hann.jpg|miniatur|Grabstelle von Benno und Christa Ohnesorg auf dem Stadtteilfriedhof Hannover-Bothfeld, Foto von 2008]] |
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| rowspan="4" | Finanzen || aktienchancen.de || style="text-align:right" | 2010 || style="text-align:right" | - || style="text-align:right" | - || style="text-align:right" | - |
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Am 8. Juni, nach einer Trauerfeier im [[Henry-Ford-Bau]] der FU Berlin, wurde der tote Benno Ohnesorg nach Hannover überführt. Etwa 15.000 Menschen versammelten sich trotz eines vom West-Berliner Senat erlassenen Demonstrationsverbots am Grenzübergang [[Dreilinden]], um ihn zu verabschieden.<ref>Thomas-Dietrich Lehmann: ''Was geschah um den 2. Juni 1967?'' In: ''[[Contraste]] – Monatszeitung für Selbstorganisation.'' Heidelberg, 24. Jg. Nr. 272, Mai 2007, {{ISSN|0178-5737}}, S.8</ref> Der Berliner Theologe [[Helmut Gollwitzer]] erinnerte in seiner Ansprache an die Todesopfer des [[Vietnamkrieg]]s und [[Nahostkonflikt]]s im selben Monat, und fuhr fort:<ref>zitiert nach Gretchen Dutschke Klotz: ''Rudi Dutschke'', S. 132</ref> |
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{{Zitat|Benno Ohnesorgs Leidenschaft galt dem Frieden… Als er sich dort von seiner Frau an der Straßenecke in der Schillerstraße trennte und hinüber zur Krummen Straße ging, …war es vielleicht sein Impuls, einem Misshandelten zu helfen, der ihn sein Leben kostete… Nehmt diesen ersten unkontrollierten Konvoi seit Kriegsende als Zeichen der Verheißung für ein künftiges friedliches Deutschland…, in dem man wieder, ungehindert durch Autobahngebühren, Stacheldrähte und Mauern, frei hin und herfahren kann.}} |
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| geld.de || style="text-align:right" | 2004 || style="text-align:right" | 0,21 || style="text-align:right" | 1,21 || style="text-align:right" | 0,48 |
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Christa Ohnesorg hatte gegen den Wunsch des Senates, der ihr eine Überführung per Flugzeug nahelegte und finanziert hätte, eine Überführung Ohnesorgs auf dem Landweg durchgesetzt. Hunderte Pkw begleiteten Ohnesorgs Sarg dann auf der Transitstrecke durch die DDR. Deren Behörden nutzten dies propagandistisch aus, indem sie an beiden Grenzübergängen auf die üblichen Kontrollen und Transitgebühren verzichteten sowie [[Freie Deutsche Jugend|FDJ]]-Gruppen und Betriebsdelegationen als grüßende Menge aufboten. Die Sperrung der Transitstrecke für sonstigen Verkehr löste Unmut bei vielen westdeutschen LKW-Fahrern aus. Die Braunschweiger Polizei schützte den Konvoi jedoch vor deren Angriffen. |
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| kredit.de || style="text-align:right" | 2008 || style="text-align:right" | 0,02 || style="text-align:right" |0,06 || style="text-align:right" | 0,03 |
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Am Folgetag, den 9. Juni 1967, wurde Ohnesorg auf dem [[Stadtteilfriedhof Bothfeld]] in [[Hannover-Bothfeld]] beerdigt, begleitet von einem Schweigemarsch von rund 7.000 Studenten durch die hannoversche Innenstadt.<ref>Klaus Mlynek: ''Studentenproteste''. In: ''[[Stadtlexikon Hannover]]'', S. 611f.</ref> In der ganzen Bundesrepublik demonstrierten vom 3. bis 9. Juni 1967 Hunderttausende, darunter etwa 40 Prozent aller Studenten, gegen das Vorgehen der Berliner Polizei.<ref>Uwe Soukup: ''Wie starb Benno Ohnesorg?'' S. 179</ref> |
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| versicherungen.de || style="text-align:right" | 2003 || style="text-align:right" | 0,08 || style="text-align:right" | 0,23 || style="text-align:right" | 0,11 |
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Im November 1967 gebar Christa Ohnesorg den gemeinsamen Sohn Lukas, dessen [[Patenschaft]] Helmut Gollwitzer übernahm. Sie befreundete sich mit [[Gretchen Dutschke-Klotz]], der Ehefrau des Studentenführers [[Rudi Dutschke]]. Sie lebte in Hannover und arbeitete als Studienrätin an der [[Herschelschule Hannover|Herschelschule]]. Nach ihrem Tod im Jahr 2000 wurde sie neben ihrem Mann beerdigt.<ref>[http://www.knerger.de/html/ohnesorgsonstige_24.html Foto der gemeinsamen Grabstelle in Hannover]</ref> |
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| Immobilien || myimmo.de || style="text-align:right" | 2009 || style="text-align:right" | - || style="text-align:right" | - || style="text-align:right" | - |
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== Reaktionen und Folgen == |
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=== Regierender Bürgermeister === |
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Heinrich Albertz (SPD) hörte während der Opernvorstellung als Gerücht, ein Student, dann, ein Polizist seien zu Tode gekommen. Er fuhr danach nach Hause. Durch Radionachrichten um 0:00 Uhr am 3. Juni erfuhr er vom Tod Ohnesorgs, nicht aber von dessen Ursache.<ref>Heinrich Albertz: ''Blumen für Stukenbrock''. 1981, S. 147</ref> Gegen 1:00 Uhr gab er eine vom Senats-Pressechef [[Hanns-Peter Herz]] vorbereitete Erklärung ab:<ref>Knut Nevermann: ''Der 2. Juni 1967'', Köln 1967, S. 141</ref> |
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{{Zitat|Die Geduld der Stadt ist am Ende. Einige Dutzend Demonstranten, darunter auch Studenten, haben sich das traurige Verdienst erworben, nicht nur einen Gast der Bundesrepublik Deutschland in der deutschen Hauptstadt beschimpft zu haben, sondern auf ihr Konto gehen auch ein Toter und zahlreiche Verletzte – Polizeibeamte und Demonstranten. Die Polizei, durch Rowdies provoziert, war gezwungen, scharf vorzugehen und von ihren Schlagstöcken Gebrauch zu machen. Ich sage ausdrücklich und mit Nachdruck, dass ich das Verhalten der Polizei billige und dass ich mich durch eigenen Augenschein davon überzeugt habe, dass sich die Polizei bis an die Grenzen der Zumutbarkeit zurückgehalten hat.}} |
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Er gab also den Demonstranten die Schuld am Polizeieinsatz und Tod Ohnesorgs. Für dessen Angehörige fand er auch in den Folgetagen kein Wort. Am 8. Juni erklärte er vor dem Abgeordnetenhaus:<ref>Volkmar Deile, Reinhard Henkys u. a. (Hrsg.): ''Und niemandem untertan. Heinrich Albertz zum 70. Geburtstag''. Rowohlt TB, Hamburg 1985, ISBN 3-499-15536-2, S. 22f</ref> |
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{{Zitat|Der tote Student ist das hoffentlich letzte Opfer einer Entwicklung, die von einer extremistischen Minderheit ausgelöst worden ist, die die Freiheit missbraucht, um zu ihrem Endziel, der Auflösung unserer demokratischen Grundordnung, zu gelangen. Ich stelle hier mit Leidenschaft fest: Wer Ursache und Wirkung verwechselt, macht sich bereits mitschuldig.}} |
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In den Folgemonaten rückte Albertz von seinem bedingungslosen Rückhalt für die Polizei ab. Dazu trugen intensive Gespräche mit Helmut Gollwitzer und Bischof [[Kurt Scharf]], der den Studenten Kirchenräume für Diskussionstreffen zur Verfügung stellte, bei. In seiner Rundfunkrede am 3. September 1967 erinnerte er an die Erfahrungen der Weimarer Republik:<ref>Heinz Grossmann, Oskar Negt: ''Die Auferstehung der Gewalt. Springerblockade und politische Reaktion in der Bundesrepublik'', Frankfurt 1968, S. 15</ref>{{Zitat|Freiheiten dieser Art führen zu nichts anderem als zu faschistischem Gegendruck und zur Bildung autoritärer Staatsformen. Das haben wir vor 1933 bitter genug gelernt.}} |
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Am 15. September 1967 im Abgeordnetenhaus führte Albertz den Polizeieinsatz auf falsche Ost-West-Front-Denkmuster zurück. Auf Vorwürfe, er habe eine zu weiche Haltung gegenüber den Studenten eingenommen, antwortete er:<ref>Volkmar Deile u. a. (Hrsg.): ''Und niemandem untertan'' S. 23f</ref> |
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{{Zitat|Hier liegen tiefe Versäumnisse von uns allen: dass wir nicht früher, häufiger und deutlicher gerade mit jungen Menschen über die Möglichkeiten und Unmöglichkeiten unserer Politik gesprochen haben. […] Ich glaube nun, dass wichtiger als alles, was Ordnungsorgane in unserer Stadt gegenüber extremen Minderheiten oder sonst zu tun haben, politische Antworten sind, die wir zu geben haben. […] Ich war am schwächsten, als ich am härtesten war, in jener Nacht des 2. Juni, weil ich dort objektiv das Falsche tat.}} |
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Dies bezog sich auf seine nächtliche Rechtfertigung des Polizeieinsatzes und Schuldzuweisung an die Studenten. Wegen Intrigen des rechten Parteiflügels, der ihn seit seinem Amtsantritt im April 1967 stürzen wollte, fand eine Neubesetzung des Innenressorts keine Mehrheit. Daraufhin trat Albertz am 26. September 1967 zurück.<ref>Heinrich Albertz: ''Blumen für Stukenbrock''. S. 246</ref> |
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=== West-Berliner Senat === |
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Der SPD-geführte Senat beschloss am Nachmittag des 3. Juni eine 14-tägige „Nichtgenehmigung von Demonstrationen“, obwohl West-Berlins Verfassung kein generelles Versammlungsverbot erlaubte.<ref>Karl A. Otto: ''APO''. Köln 1989, S. 239</ref> Ferner forderte Jugendsenator [[Kurt Neubauer (SPD)]], alle als „Rädelsführer“ Festgenommenen aus Berlin abzuschieben und sich dafür eine entsprechende Anordnung der Alliierten zu besorgen. Andere wollten Demonstranten psychiatrisch begutachten lassen. Dem Vorschlag von Justizsenator [[Hans-Günter Hoppe]] (FDP) folgend richtete der Senat Schnellgerichte für die Festgenommenen ein.<ref>Uwe Soukup: ''Wie starb Benno Ohnesorg?'' S. 162</ref> |
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Die SPD-Abgeordneten [[Gerd Löffler (SPD)|Gerd Löffler]] und [[Dietrich Stobbe]], die am 2. Juni in der Krummen Straße nahe dem Tatort gewesen waren, wiesen in der Senatssitzung darauf hin, erst die Räumung des Opernvorplatzes habe die Gewalteskalation beider Seiten bewirkt. |
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Das Demonstrationsverbot wurde am 12. Juni aufgehoben, um Zusammenstöße bei einer Studentendemonstration jenes Tages zu vermeiden. |
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=== Polizei === |
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Polizeipräsident Erich Duensing (SPD) war spätestens gegen 1:00 Uhr am 3. Juni über Ohnesorgs Erschießung durch einen Polizisten informiert. Er berichtete Albertz am folgenden Vormittag von einem „Querschläger“, der Ohnesorg versehentlich getroffen habe. Der Senatssprecher erklärte diese Version auf einer Pressekonferenz, wurde dort aber bereits mit widersprechenden Zeugenaussagen konfrontiert. |
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Nach damaligen studentischen Recherchen waren 20,<ref>Gretchen Dutschke-Klotz: ''Rudi Dutschke. Eine Biographie''. 4. Auflage, Köln 1996, S. 129</ref> nach anderen Angaben 28 Polizeibeamte am 2. Juni leicht verletzt, 27 davon ambulant behandelt worden.<ref>Hans Joas: ''Lehrbuch der Soziologie''. 2. Auflage. campus, 2001, S. 628</ref> Von einer unbekannten Zahl verletzter Demonstranten wurden etwa 45 in Krankenhäuser eingeliefert. Über sie verhängte die Polizei eine tagelange Nachrichtensperre, so dass Angehörige zunächst weder ihren Aufenthaltsort noch Verletzungsarten und -grade erfuhren. Auch Schwerverletzten, die ihre Personalien nicht nennen wollten, darunter der Frau, die Ohnesorgs Transport begleitet hatte, wurde die Behandlung verweigert.<ref>Uwe Soukup: ''Wie starb Benno Ohnesorg? Der 2. Juni 1967''. S. 134f</ref> |
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Die Berliner Polizeigewerkschaft verlangte am 3. Juni schärfere Maßnahmen gegen das „zügellose Treiben dieses Mobs“ und ein Abgehen vom Kurs der „weichen Welle“ bei der „Behandlung dieser Kriminellen.“ Die Polizei verhinderte weitere Demonstrationen mit Straßensperren und massiver Präsenz und riegelte auch den Campus der FU ab. Ein Polizeiplakat erklärte das Demonstrationsverbot wie folgt:<ref>Fritz Sack: ''Die Reaktion von Gesellschaft, Politik und Staat auf die Studentenbewegung''. In: Bundesminister des Innern (Hrsg.): ''Protest und Reaktion''. Opladen 1984, S. 164f</ref> |
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{{Zitat|Wer mit Gewalt die Rechtsordnung unseres Landes untergraben und unsere Gesellschaftsordnung beseitigen will, hat das Recht verwirkt, sich auf demokratische Freiheiten zu berufen. […] Treten wir daher gemeinsam entschieden jenen Kräften entgegen, die das Maß der freien Meinungsäußerung und der Demonstrationsfreiheit bei weitem überschreiten.}} |
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Eine Spurensicherung am Tatort war unterblieben. Nach dem Polizeibericht, der sich ausschließlich auf Aussagen der anwesenden Polizisten stützte, sollte Kurras in Notwehr geschossen haben. Dieser hatte das Magazin seiner Dienstwaffe noch am Tatabend ausgetauscht und seine Kleidung am Folgetag in die Reinigung gebracht. Er gab in den Folgetagen drei verschiedene Versionen des Tathergangs an, die nur im ersten Punkt übereinstimmten: Er habe sich von den Demonstranten bedroht gefühlt, daraufhin seine Waffe gezogen und entsichert. |
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* Dann habe er einen oder zwei Warnschüsse abgegeben, von denen einer als Querschläger Ohnesorg getroffen habe. |
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* Im Handgemenge sei seine Waffe versehentlich losgegangen. |
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* Zwei Männer mit „blitzenden Messern“ hätten ihn, als er am Boden lag, angegriffen, und er habe sich durch Gebrauch der Schusswaffe schützen wollen.<ref name="mp070530">{{Webarchiv | url=http://www.morgenpost.de/content/2007/05/30/berlin/902451.html | wayback=20070602125551 | text=Sven Felix Kellerhoff: ''Berlin, 2. Juni 1967: Um 20.30 Uhr fällt der Schuss, der Deutschland verändert''.}} In: ''[[Berliner Morgenpost]]'', 30. Mai 2007</ref> |
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Die dritte Version vertrat er – ohne Widerspruch seitens der Behörden – monatelang in der Presse und später auch in seinem Prozess. |
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Duensing beschrieb das Polizeivorgehen gegenüber Journalisten am 5. Juni so:<ref>zitiert nach Katja Apelt: ''Der Tag, an dem die Demokratie erschossen wurde''. In: ''[[Berliner Kurier]]'', 2. Juni 2007</ref> |
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{{Zitat|Nehmen wir die Demonstranten wie eine Leberwurst, nicht wahr, dann müssen wir in die Mitte hineinstechen, damit sie an den Enden auseinanderplatzt.}} |
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Am 7. Juni wurde Duensing auf eigenen Wunsch beurlaubt und am 22. September vorzeitig in Pension geschickt. |
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=== Parlamentarische Untersuchung === |
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Ein am 7. Juni vom West-Berliner Abgeordnetenhaus eingesetzter Untersuchungsausschuss sollte das Verhalten von Demonstranten und Polizei beim Schahbesuch „unter Hinzuziehung staatsanwaltlicher Ermittlungsergebnisse“ untersuchen und Verursacher von „Zwischenfällen und Unruhen“ an der FU und in der Stadt feststellen. Er tagte unter dem Vorsitz von [[Gerd Löffler (SPD)|Gerd Löffler]] (SPD) vom 23. Juni bis September 1967. |
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Der Ausschuss stellte fest, dass Innensenator [[Wolfgang Büsch]] (SPD) und der Kommandeur der Schutzpolizei [[Hans-Ulrich Werner]] die Freigabe des südlichen Gehwegs vor der Oper am 30. Mai geplant hatten, um „die Störer auf einem Haufen zu haben“. Der stellvertretende Polizeipräsident Georg Moch (CDU) hatte diesen Plan abgelehnt. Albertz und Staatssekretär [[Ernst Benda]] (CDU) vom [[Bundesinnenministerium]] hatten mit dem Protokollchef des Senats und dem Bundespräsidenten [[Heinrich Lübke]] verabredet, den Vorplatz der Oper weiträumig sperren zu lassen. Albertz ließ dies der Senatsinnenverwaltung mündlich und schriftlich mitteilen. Doch der zuständige Senatsrat [[Hans-Joachim Prill]] (SPD) informierte den Polizeipräsidenten nicht darüber, da der Regierende Bürgermeister kein direktes Weisungsrecht gegenüber der Polizei gehabt habe. Auch über ein Urteil des [[Bundesverwaltungsgericht (Deutschland)|Bundesverwaltungsgerichts]] vom Februar 1967, das die [[Verhältnismäßigkeitsprinzip (Deutschland)|Verhältnismäßigkeit]] der Mittel auch im Fall von Krawallen anmahnte, hatte er die Polizeiführung nicht informiert. |
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Duensing erklärte vor dem Ausschuss, das Bürgermeisteramt habe ihn nicht über die gewünschte weiträumige Absperrung unterrichtet. Auch von den „Jubelpersern“ habe er erst am 1. Juni erfahren, nicht aber von deren Auftraggebern. Er habe angeordnet, sie „gut verpackt“ am Rand hinter dem Polizeigürtel zu postieren. Ein Kriminaloberst hatte vormittags am 2. Juni vergeblich auf die Gefahr aufmerksam gemacht, die von den direkt vor den Studenten postierten Persern ausgehe. Wer Duensings Befehl missachtet hatte, blieb ebenso ungeklärt wie die Fragen, warum Pflastersteine und Hartgummiringe auf dem von der Polizei besetzten Bauplatz südlich des Gehwegs zugänglich geblieben waren und wer über 100 Krankenwagen an den Ort der erwarteten Proteste bestellt hatte.<ref>Uwe Soukup: ''Wie starb Benno Ohnesorg?'' S. 24–36 und S. 235–245</ref> |
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Der Ausschuss verhörte einige der festgenommenen Studenten und warf ihnen Beleidigung, Körperverletzung, Sachbeschädigung, Landfriedensbruch, Strafbegünstigung und Widerstand gegen die Staatsgewalt vor, auch wenn sie dieses bestritten und andere Augenzeugen von widerstandslosem Verhalten berichteten. Der Abschlussbericht billigte das Vorgehen der Einsatzkräfte als rechtmäßig, wenn auch nicht immer verhältnismäßig, und rügte nur unterbliebene Ermittlungen gegen die Schahanhänger und das Verhalten einzelner Polizeibeamter. Er empfahl, den Einsatzleiter der Abteilung III in der Senatsverwaltung für Inneres zu entlassen und den Polizeipräsidenten vorzeitig zu pensionieren. Damit räumte er deren Mitverantwortung ein. Weitere Konsequenzen forderte er nicht. |
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Der Untersuchungsbericht des AStA, dort gesammelte studentische Zeugenaussagen und daraus abgeleitete weitergehende Forderungen blieben unberücksichtigt. Das Abgeordnetenhaus überging die Kritik des AStA, der Ausschuss habe seine wichtigsten Thesen nicht bewiesen, und nahm dessen Bericht ohne Einwände an.<ref>Ludwig von Friedeburg: ''Freie Universität und politisches Potential der Studenten.'' Neuwied / Berlin 1968, S. 430f</ref> Kurz darauf, am 19. September 1967, trat Büsch, der seinen Amtsverzicht zuvor zweimal angeboten hatte, als für den Polizeieinsatz am 2. Juni Verantwortlicher zurück. |
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=== Justiz === |
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Gegen Karl-Heinz Kurras wurde ein Verfahren wegen Verdachts auf [[fahrlässige Tötung]] eingeleitet; eine Anklage wegen [[Totschlag (Deutschland)|Totschlags]] wurde nicht zugelassen. Er wurde für die Prozessdauer vom Polizeidienst beurlaubt. In der Hauptverhandlung im November 1967 behauptete er, eine Gruppe von bis zu zehn Personen habe ihn in der Krummen Straße umringt, verprügelt und mit Messern angegriffen. Deshalb habe er ein oder zwei Warnschüsse abgegeben; der zweite Schuss habe sich im Handgemenge gelöst und Ohnesorg versehentlich getroffen. Nur einer von 80 vernommenen Zeugen bestätigte diesen Tathergang. Ein Gutachten bescheinigte Kurras eingeschränkte Wahrnehmungs- und Urteilsfähigkeit. Dem folgte der Richter und sprach ihn frei, obwohl er von wahrheitswidrigen Einlassungen des Angeklagten ausging. |
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[[Otto Schily]] legte als Vertreter eines der Nebenkläger, Ohnesorgs Vater, erfolgreich [[Revision (Recht)|Revision]] gegen das Urteil ein. In der neuen Hauptverhandlung vor dem Landgericht Berlin 1970 wurde Kurras erneut freigesprochen, weil man ihm kein „schuldhaftes Handeln“ nachweisen könne.<ref>{{Der Spiegel|ID=65489959|Titel=Verrat vor dem Schuss|Jahr=2009|Nr=22|Seiten=49}}</ref> |
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Nach einem Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts gab es für den Schlagstockeinsatz vor der Oper keine Rechtsgrundlage. Auch der Einsatz von Greiftrupps sei von vornherein nur zur Konflikteskalation geeignet gewesen. Dennoch wurden nur 13 von 200 angezeigten beteiligten Polizeibeamten angeklagt. Drei Polizeihauptwachtmeister wurden wegen [[Körperverletzung (Deutschland)|Körperverletzung]] im Amt zu je sechs Wochen Gefängnis verurteilt. Die übrigen Verfahren wurden eingestellt: darunter die gegen die drei Polizisten, die Ohnesorg und andere im Innenhof verprügelt hatten.<ref>{{Webarchiv | url=http://www.hammerhart.de/bambule/ohnesorg-pics.html | wayback=20090308191347 | text=Hammerhart: Abbildungen vom 2. Juni 1967}}</ref> Die Zeugenaussagen dazu wurden bei der Beweisaufnahme nicht berücksichtigt.<ref>Heiko Drescher: [http://d-nb.info/975962833/34 ''Genese und Hintergründe der Demonstrationsstrafrechtsreform von 1970 unter Berücksichtigung des geschichtlichen Wandels der Demonstrationsformen''.] (PDF) S. 90ff</ref> Drei von sechs angeklagten persischen Geheimdienstbeamten wurden wegen Körperverletzung bestraft. Die übrigen Anzeigen gegen sie, darunter eine wegen [[Landfriedensbruch]]s, wurden niedergeschlagen. |
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45 am 2. Juni festgenommene Studenten wurden meist nach wenigen Tagen wieder auf freien Fuß gesetzt. Einige Studenten, die in den Folgetagen wegen Verstößen gegen das Versammlungsverbot festgenommen worden waren, wurden – weitgehend unbeachtet von den Medien – ohne Gerichtsverhandlung zu jeweils drei Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. Als Tatbeweis diente ein bei ihnen gefundenes Flugblatt, das den Generalstaatsanwalt zeigte und gegen seinen ungleichen Umgang mit Kurras und dem Studenten [[Fritz Teufel]] protestierte.<ref>Uwe Bergmann: ''Der 2. Juni 1967.'' In: Bergmann, Dutschke, Lefèvre, Rabehl (Hrsg.): ''Rebellion der Studenten'', 1. Auflage 1968, S. 32</ref> Dieser war als angeblicher Steinewerfer festgenommen worden, wurde wegen Landfriedensbruchs angeklagt und blieb fast sechs Monate lang inhaftiert. In seinem am 27. November eröffneten Prozess konnte sein Anwalt die Vorwürfe widerlegen, so dass er am 22. Dezember 1967 freigesprochen wurde. |
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=== Medien === |
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Die Zeitungen des Verlages [[Axel Springer AG]] hatten damals 66,5 Prozent Anteil am West-Berliner Zeitungsmarkt. Sie hatten sich im Vorfeld gegen demonstrierende Studenten positioniert. Die Berliner [[Bild (Zeitung)|Bild-Zeitung]] rief die Bevölkerung am 2. Juni 1967 auf: ''Helft der Polizei, die Störer zu finden und auszuschalten!''<ref>zitiert nach [http://www.60-jahre-deutschland.de/index.php?idcatside=30&sid=6d1f43f2f4acdc988ce54bff752b78a1 ''60 Jahre Deutschland: Die erschossene Revolution''] (online-Projekt der Universität Darmstadt)</ref> Am 3. Juni berichteten sie nichts von einem Erschossenen, obwohl sechs Journalisten zur Tatzeit am Tatort waren. In einer Teilauflage der [[Berliner Morgenpost]] hieß es, gegen Mitternacht sei ein Student im Krankenhaus an den Folgen eines Schädelbruchs gestorben. Der Reporter gab später an, am Vorabend vor Ort nichts von einem Schuss erfahren zu haben.<ref name="mp070530" /> |
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Die Bildzeitung schrieb unter dem Titel „Blutige Krawalle: 1 Toter“:<ref>zitiert nach Uwe Soukup: ''Wie starb Benno Ohnesorg'', S. 157</ref> |
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{{Zitat|Gestern haben in Berlin Krawallmacher zugeschlagen, die sich für Demonstranten halten. Ihnen genügte der Krach nicht mehr. Sie müssen Blut sehen. Sie schwenken die rote Fahne und sie meinen die rote Fahne. Hier hören der Spaß und die demokratische Toleranz auf. Wir haben etwas gegen SA-Methoden. … Wer bei uns demonstrieren will, soll es friedlich tun. Und wer nicht friedlich demonstrieren kann, der gehört ins Gefängnis.}} |
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Ein Foto dazu zeigte einen blutenden Polizisten. |
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Der [[B.Z.]]-Leitartikel erwähnte ein Todesopfer, aber keine Todesursache. Er schilderte eine „Straßenschlacht“: „Linksradikale Demonstranten“ seien „mit Rauchbomben, Steinen und Eiern gegen die Polizei vorgegangen.“ Ein Foto dazu zeigte eine nachweislich durch Polizeiknüppel am Kopf verletzte Studentin, die von Polizisten abgeführt wird, mit der Bildzeile: ''Eine blutüberströmte Frau wird in Sicherheit gebracht.'' Der Kommentator schrieb:<ref name="Soukup155f">Uwe Soukup: ''Wie starb Benno Ohnesorg'', S. 155f</ref> |
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{{Zitat|Die Berliner haben keinen Sinn und kein Verständnis dafür, dass ihre Stadt zur Zirkusarena unreifer Ignoranten gemacht wird, die ihre Gegner mit Farbbeuteln und faulen Eiern bewerfen… Wer Terror produziert, muss Härte in Kauf nehmen.}} |
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Am 4. Juni kommentierte die Berliner Morgenpost den nun bekannt gewordenen tödlichen Schuss: Die Polizei sei daran schuldlos, „Krawallradikale“ hätten die Zusammenstöße provoziert. Der Schuss sei „nach menschlichem Ermessen in Notwehr abgegeben“ worden:<ref name="Soukup155f" /> |
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{{Zitat|Benno Ohnesorg ist nicht der Märtyrer der FU-Chinesen, sondern ihr Opfer … Einige Lümmel forderten den Rücktritt von Polizeipräsident Duensing … Das Maß ist nun voll. Die Geduld der Berliner Bevölkerung ist erschöpft. Wir sind es endgültig leid, uns von einer halberwachsenen Minderheit, die noch meist Gastrecht bei uns genießt, terrorisieren zu lassen.}} |
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Alle Zeitungen des Springerverlags stellten den Tathergang ebenso wie Kurras dar: Er sei „von den Demonstranten in einen Hof abgedrängt, dort festgehalten und mit Messern bedroht worden.“<ref>''[[Welt am Sonntag]]'', 4. Juni 1967; nach ''Spiegel'' 26/1967, S. 62</ref> Am 5. Juni schrieb die Bildzeitung unter der Schlagzeile „Studenten drohen: Wir schießen zurück“:<ref>[http://web.fu-berlin.de/APO-archiv/Online/Chronologieweb.htm APO-Archiv: Kleine Chronologie]</ref> |
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{{Zitat|Wenn die Polizei noch einmal auf uns schießt, werden wir zurückfeuern. Wir sind schon dabei, uns zunächst Gaspistolen zu beschaffen.}} |
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Der Autor des Artikels erklärte, Überschrift und angebliches Zitat seien dem Text ohne sein Wissen hinzugefügt worden. |
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Etwas später kritisierten einige bundesdeutsche Kommentatoren den Polizeieinsatz in West-Berlin. So schrieb [[Karl Heinz Bohrer]] in der [[Frankfurter Allgemeine Zeitung|FAZ]] am 12. Juni 1967:<ref>Peter Carstens: [http://www.faz.net/aktuell/politik/der-fall-ohnesorg-wendepunkt-fuer-otto-schily-1436565.html ''Der Fall Ohnesorg. Wendepunkt für Otto Schily''.] In: ''[[Frankfurter Allgemeine Zeitung|FAZ]]'', 2. Juni 2007, S. 8</ref> Die Polizei habe<ref name="US68" /> |
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{{Zitat|… ohne gravierende Notwendigkeit, mit Planung, einer Brutalität Lauf gelassen, wie sie bisher nur aus Zeitungsberichten über faschistische oder halbfaschistische Länder bekannt wurde… Dieselbe Polizei, die am Nachmittag einer […] persischen Prügelgarde zusah, wie sie mit Latten und Totschlägern deutsche Demonstranten anging, sah am gleichen Abend offensichtlich die Stunde gekommen, ihr Mütchen an jenen zu kühlen, die nicht aufhören wollten, den hohen Staatsgästen ihre unroyalistischen Ansichten zu zeigen.<br /> Was der Einsatzleiter befohlen hatte, kommt dem gleich, in einem Kino ein Feuer anzuzünden und die Ausgänge zu verschließen.}} |
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[[Heinz Grossmann]] kommentierte am 26. Juni 1967 in der [[Die Zeit|Zeit]]:<ref>[http://www.zeit.de/1967/26/die-jubelperser ''Die Jubelperser''.] In: ''[[Die Zeit]]'', Nr. 26/1967</ref> |
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{{Zitat|Man wird sich daran zu gewöhnen haben, dass der Geheimpolizei irgendeines demokratischen Musterlandes – Persiens, Spaniens oder Griechenlands – bei uns die Funktion einer Hilfspolizei zugebilligt wird.}} |
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Im [[Stern (Zeitschrift)|Stern]] kommentierte [[Sebastian Haffner]] die Vorgänge:<ref>[http://www.glasnost.de/hist/apo/haf2Juni.html Sebastian Haffner: ''Nacht der langen Knüppel. Der 2. Juni 1967 – ein geplanter Pogrom'' (Stern 26, 1967)]</ref> |
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{{Zitat|Es war ein systematischer, kaltblütig geplanter [[Pogrom]], begangen von der Berliner Polizei an Berliner Studenten. […] Sie hat sie abgeschnitten, eingekesselt, zusammengedrängt und dann auf die Wehrlosen, übereinander Stolpernden, Stürzenden mit hemmungsloser Bestialität eingeknüppelt und eingetrampelt.}} |
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Nur wenige Journalisten stellten eigene Recherchen zum Tathergang an. Die Zeitschrift ''[[Konkret (Zeitschrift)|konkret]]'' veröffentlichte am 7. Juli 1967 unter der Überschrift „Bitte, bitte, nicht schießen!“ Eindrücke von etwa 12 Zeugen der Vorgänge im Hinterhof Krumme Straße 67, die Christa Ohnesorgs Anwalt [[Horst Mahler]] gesammelt hatte. Auch der [[Der Spiegel|Spiegel]], die [[Die Zeit|Zeit]] und die [[Frankfurter Rundschau]] sammelten Zeugenaussagen zum Demonstrationsverlauf. Erst ihre Sonderausgaben machten die studentischen Forderungen in den Folgetagen öffentlich.<ref>Gretchen Dutschke-Klotz: ''Rudi Dutschke'', S. 131f; Sonderberichte zum Teil wiederaufgelegt in ''Der Spiegel spezial, Juni 1988'' und ''[[Die Zeit|Zeit]] magazin'' Nr. 25/1992</ref> |
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[[Ost-Berlin]]er Zeitungen stellten das Ereignis als vom Senat gewolltes und gedecktes Verbrechen der gesamten Westberliner Polizei dar. So schrieb das SED-Zentralorgan ''[[Neues Deutschland]]'' auf der Titelseite am 4. Juni, diese habe ein „fürchterliches Blutbad“ unter den Demonstranten angerichtet. Der Folgesatz nannte nur Ohnesorg als Opfer. Die ''[[Junge Welt]]'' behauptete am 5. Juni, er sei von „der Westberliner Polizei… hinterrücks erschossen“ worden, und sprach von einem „Polizeimassaker“. Die SED-Agitationsabteilung wies alle DDR-Presseorgane am 6. Juni an, Ohnesorg als Opfer eines „Komplotts“ zur „[[Gleichschaltung]] Westberlins mit dem verschärften Rechtskurs der Regierung [[Kurt Georg Kiesinger|Kiesinger]]/[[Franz Josef Strauß|Strauß]]“ darzustellen. Man solle alle Details der „ungeheuerlichen Verbrechen in Westberlin“ in Wort und Bild zeigen und dazu ausführlich westliche Quellen zitieren. Das Polizeivorgehen trage „alle Merkmale einer von langer Hand vorbereiteten Eskalation des Terrors“, der außer den Studenten auch „die Werktätigen“ einschüchtern solle. Dieser Maßgabe kamen die DDR-Zeitungen in den Folgetagen nach, indem sie die Brutalität der Westberliner Polizei anhand ausgewählter Zeugenaussagen aus westlichen Zeitungen betonten. Dabei übernahmen sie von den rebellierenden Studenten in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin die These einer „[[Notstandsgesetze|Notstandsübung]]“, der der Polizeieinsatz gedient und die die „Meinungsfabrik Springer“ mit vorbereitet habe.<ref>Mareike Witkowski: ''Die SED und die APO. Rezeption der Studentenbewegung in der Presse der DDR.'' BIS-Verlag der Carl-von-Ossietzky-Universität, Oldenburg 2008, ISBN 978-3-8142-2116-8, S. 53–57</ref> |
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=== West-Berliner Studenten === |
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Am 3. Juni vormittags fanden Studenten die FU-Gebäude verschlossen vor. Einen spontanen Trauerzug Hunderter durch die Innenstadt löste die Polizei mit Hinweis auf das generelle Versammlungsverbot auf. Bis 16:00 Uhr versammelten sich über 6000 Studenten auf dem FU-Gelände. Als starke Polizeikräfte sie umstellten und die gewaltsame Räumung androhten, reagierten sie mit einem [[Sit-in|Sitzstreik]]. Daraufhin öffnete Wolfgang Wetzel, der Dekan der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät, den Studenten die Hörsäle;<ref>[http://www.stat-econ.uni-kiel.de/team/Ehemalige/wetzelnachruf.shtml Institut für Statistik und Ökonometrie an der Universität Kiel: ''Prof. Dr. Dr. h. c. Wolfgang Wetzel: Nachruf'']</ref> Albertz zog den Räumungsbefehl zurück. |
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[[Rudi Dutschke]] verlangte dann den Rücktritt von Albertz, Duensing und Büsch, eine „Entfaschisierung“ der West-Berliner Polizei und die Löschung aller behördlichen „schwarzen Listen“ über potentielle politische Oppositionelle. Hintergrund war, dass die Berliner Polizei 1966 dem FU-Rektorat wiederholt Listen mit Personaldaten festgenommener Studenten übergeben hatte, die daraufhin disziplinarisch bestraft und teilweise exmatrikuliert wurden, um die FU zu „befrieden“.<ref>Wolfgang Lefévre: ''Reichtum und Knappheit. Studienreform als Zerstörung gesellschaftlichen Reichtums''. In: Uwe Bergmann u. a. (Hrsg.): ''Rebellion der Studenten'', 1968, S. 146</ref> [[Klaus Meschkat]] forderte die Enteignung des Springerkonzerns aufgrund verfassungsrechtlicher Bestimmungen West-Berlins und des [[Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland|Grundgesetzes]]. Ohnesorgs Mörder müsse bestraft, Staatsempfänge für Diktatoren müssten verboten werden. |
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Die Versammelten, darunter einige Prominente und Professoren, stimmten diesen Forderungen zu. Zudem erging ein Appell an alle FU-Angehörigen, für mindestens eine Woche über die „Verschleierung der Tatsachen durch Politiker, Polizei und Presse“, den „faktischen Ausnahmezustand“, „Tendenzen einer bürokratischen Aufhebung der Demokratie“, von den Exekutivorganen „ausgeübten Terror“ und universitäre Möglichkeiten, „die Demokratie in Berlin wiederherzustellen, zu verteidigen und zu entwickeln“, zu diskutieren. Dem stimmten fast alle FU-Fakultäten zu. Aus dem von Studenten geleiteten Lehrbetrieb zu diesen Themen entstand der Plan zur selbstverwalteten „kritischen Universität“, die im folgenden Herbst eingerichtet wurde.<ref>Uwe Bergmann: ''Der 2. Juni 1967.'' In: Bergmann, Dutschke, Leféfre, Rabehl (Hrsg.): ''Rebellion der Studenten''. rororo aktuell 1043, 1. Auflage, Reinbek bei Hamburg 1968, S. 31; Konventsbeschluss zitiert in [http://www.akweb.de/ak_s/ak517/11.htm: ''Macht und Ohnmacht der Bewegung. 40 Jahre danach: ein Rückblick auf den 2. Juni 1967''.] In: '' analyse & kritik – zeitung für linke Debatte und Praxis'', Nr. 517, 18. Mai 2007</ref> |
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Am 4. Juni gab der AStA der FU eine eigene Presseerklärung heraus:<ref>[[Siegward Lönnendonker]] u. a. (Hrsg.): ''Freie Universität Berlin 1948–1973. Hochschule im Umbruch'', Teil V, Dokument 727, S. 178</ref> |
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{{Zitat|Wir stehen fassungslos vor der Lüge der Polizei, die den Mord als Notwehr bezeichnet… Wir stellen unsere Ohnmacht fest, in Anbetracht der meisten Berichte in den Kommunikationsmitteln Berlins. Wir hoffen, daß endlich Journalisten die Wahrheit berichten.}} |
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Am 5. Juni 1967 bildete die FU-Vollversammlung einen „Ermittlungsausschuss“ für die Ursachen, Tatbestände und Konsequenzen der Vorfälle. Dieser bat Zeugen, sich nur bei ihm zu melden und weder bei der Polizei noch vor anderen offiziellen Gremien auszusagen, da man Manipulationen und Strafverfolgung befürchtete. Etwa 600 Personen folgten dem Aufruf. Fast alle widersprachen der polizeilichen Darstellung des Tathergangs. Sie versuchten zudem, Polizisten, die Übergriffe begangen hatten, anhand von Fotos und Wiedererkennung namhaft zu machen und anzuzeigen. Zudem bildeten die FU-Studenten ein „Komitee zur Aufklärung der Bevölkerung“, das Falschdarstellungen von Behörden und Medien zurückwies und eine Gegenöffentlichkeit dazu herzustellen versuchte. Mit in allen Stadtteilen verteilten Flugblättern,<ref>Jürgen Miermeister, Jochen Staadt: ''Provokationen. Die Studenten- und Jugendrevolte in ihren Flugblättern 1965–1971.'' Luchterhand, Darmstadt/Neuwied 1980, ISBN 3-472-61322-X, S. 97–111</ref> Straßenständen und öffentlichen Diskussionen gelang dies zum Teil. Ein „Aktionskomitee zur Organisierung der Trauerfeierlichkeiten“ bereitete mit Christa Ohnesorg zusammen die Überführung und Beerdigung ihres Mannes vor.<ref>Tilman Fichter, Siegward Lönnendonker: [http://web.fu-berlin.de/APO-archiv/Online/BlnHauptRev.htm ''Berlin: Hauptstadt der Revolte''] (Archiv „APO und soziale Bewegungen“)</ref> |
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=== Bundesdeutsche Studenten- und Schülerbewegung === |
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Ohnesorgs Erschießung markiert eine [[Zäsur (Geschichte)|Zäsur]] in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Seitdem verbreitete sich die Studentenbewegung auch an den westdeutschen Universitäten.<ref>Karl A. Otto: ''Vom Ostermarsch zur APO. Geschichte der 1960–1970.'' Frankfurt am Main / New York 1977, S. 161ff. Gerd Langguth: ''Die Protestbewegung in der Bundesrepublik Deutschland 1968–1976.'' Verlag Wissenschaft und Politik, Köln 1976, ISBN 3-8046-8520-X, S. 43ff.</ref> Zudem verbreitete sich nun auch eine bundesweite Schülerbewegung: Am 18. Juni 1967 schlossen sich zunächst 29 an westdeutschen Oberschulen entstandene sozialistische Schülergruppen bei ihrem ersten Bundeskongress in Frankfurt am Main zum „Aktionszentrum unabhängiger und sozialistischer Schüler“ (AUSS) zusammen.<ref>Hans Joachim Winkler (Hrsg.): ''Das Establishment antwortet der APO.'' C.W. Leske Verlag, 2. Auflage, Opladen 1968, Zeittafel, S. 165</ref> Der Berliner SDS verfünffachte mit 800 Beitritten seine Mitgliedszahl. Viele westdeutsche Studentengruppen, Jugendorganisationen und Professoren solidarisierten sich mit den Berliner FU-Studenten, gründeten Aktionsgruppen zu den Ursachen und Folgen von Ohnesorgs Tod und protestierten gegen das Verhalten der Berliner Behörden und der Springerpresse. Die Kritik an undemokratischen Tendenzen in der Exekutive und Justiz nahm zu. Als moralischer Protest gewann die antiautoritäre Revolte an Plausibität.<ref>Pavel A. Richter: ''Die Außerparlamentarische Opposition in der Bundesrepublik Deutschland 1966–1968''. In: Ingrid Gilcher-Holthey (Hrsg.): ''1968. Vom Ereignis zum Gegenstand der Geschichtswissenschaft.'' Göttingen 1998, S. 46ff. Tilman Fichter, Siegward Lönnendonker: ''Kleine Geschichte des SDS''. 4. Auflage 2007, S. 159ff.</ref> |
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Für viele damalige Studenten war Ohnesorgs Erschießung keine Einzeltat, sondern Ergebnis und vorläufiger Höhepunkt einer zunehmenden [[Gewalt]]bereitschaft staatlicher Behörden zur Unterdrückung von Protest für [[Menschenrecht]]e und Demokratisierung. Sie deuteten die Ereignisse am 2. Juni 1967 als „Notstandsübung“ des Staates gegen kritische Minderheiten:<ref>Gemeinsame Erklärung zahlreicher Hochschulgruppen vom 8. Juni 1967, zitiert nach Knut Nevermann: ''Der 2. Juni 1967: Studenten zwischen Notstand und Demokratie'', Köln 1967, S. 108f. Insgesamt: ''der nicht erklaerte notstand. dokumentation und analyse eines berliner sommers.'' In: [[Hans Magnus Enzensberger]] (Hrsg.): ''kursbuch'' 12. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1968</ref> |
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{{Zitat|Die Polizeimaßnahmen während des Schahbesuchs […] machen deutlich, was uns mit den vorgesehenen [[Deutsche Notstandsgesetze|Notstandsgesetzen]] droht.}} |
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Die in den Vorjahren eingeleiteten Kampagnen dagegen und gegen den Axel-Springer-Konzern erhielten starke Unterstützung.<ref>Beispiele bei Karl A. Otto: ''APO'', S. 238f</ref> |
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Auf einem Kongress der FU Berlin diskutierten am Abend des 9. Juni in Hannover nach einem Trauermarsch ein Teil seiner Teilnehmer, etwa 5.000, über „Hochschule und Demokratie – Bedingungen und Organisation des Widerstands“, auch über Folgerungen aus Ohnesorgs Tötung und dem Umgang der Behörden und Medien damit. Dort rief Dutschke zur Bildung von Aktionszentren in allen Universitätsstädten auf, die beispielsweise Sitzstreiks gegen Demonstrationsverbote organisieren sollten.<ref>[[Bernward Vesper]] (Hrsg.): ''Bedingungen und Organisation des Widerstandes. Der Kongreß in Hannover. Protokolle, Flugblätter, Resolutionen.'' Voltaire Verlag (Reihe: Voltaire Flugschrift 12), 1. Auflage, Berlin 1967; 2. Auflage, Frankfurt am Main 1968</ref> |
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In der Bundesrepublik kam es nun häufiger zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizei, so bereits beim Schah-Besuch in Hamburg am 3. Juni 1967. Zugleich nahmen die Aufklärungs- und Reformversuche an den Hochschulen zu. Erstmals gerieten auch die Polizeiausbildung und die von ihr angewandten Methoden in die öffentliche Kritik. 1970 ging daraus eine Reform des [[Versammlungsgesetz (Deutschland)|Versammlungsgesetzes]] und der Polizeiausbildung hervor.<ref>[http://d-nb.info/975962833/34 Heiko Drescher: ''Genese und Hintergründe der Demonstrationsstrafrechtsreform von 1970 unter Berücksichtigung des geschichtlichen Wandels der Demonstrationsformen''] (PDF)</ref> |
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Der Todestag Ohnesorgs wurde auch zu einem Bezugspunkt des westdeutschen [[Terrorismus]] der 1970er Jahre. So erklärt [[Ralf Reinders]] die Namensgebung der im Januar 1972 gegründeten [[Bewegung 2. Juni]] wie folgt:<ref>Ralf Reinders, Ronald Fritzsch: ''Die Bewegung 2. Juni. Gespräche über Haschrebellen, Lorenz-Entführung, Knast.'' Edition ID-Archiv, Berlin und Amsterdam 1995, S. 39</ref> |
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{{Zitat|Alle wußten, was der 2. Juni bedeutet… Mit diesem Datum im Namen wird immer drauf hingewiesen, daß sie zuerst geschossen haben!}} |
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Des Weiteren bekannte sich das „Kommando 2. Juni“ zu dem [[Mai-Offensive der Rote Armee Fraktion#Kommando 2. Juni|Sprengstoffanschlag auf das Verlagshaus der Axel Springer AG]] in Hamburg. |
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=== Neue Ermittlungen ab 2009 === |
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Am 21. Mai 2009 gaben Mitarbeiter der [[BStU|Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen]] Aktenfunde bekannt, wonach Kurras 1967 [[Sozialistische Einheitspartei Deutschlands|SED]]-Mitglied und „Inoffizieller Mitarbeiter“ des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR gewesen war.<ref>[http://www.faz.net/aktuell/politik/aktenfund-in-der-birthler-behoerde-stasi-mitarbeiter-erschoss-benno-ohnesorg-1797216.html Mechthild Küpper (FAZ, 21. Mai 2009): ''Stasi-Mitarbeiter erschoss Benno Ohnesorg.'']</ref> Die an der Aktenauswertung beteiligten Wissenschaftler hielten einen Stasi-Auftrag für den Todesschuss aber für „wenig wahrscheinlich“.<ref>[http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,626194,00.html ''Neue Recherchen: Ohnesorgs Todesschütze soll Stasi-Spion gewesen sein.''] In: ''[[Spiegel Online]]'', 21. Mai 2009</ref> |
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Kurras gab seine bis 1967 dokumentierte IM-Tätigkeit zu.<ref>Sven Röbel, Peter Wensierski: {{Webarchiv | url=http://www.spiegel.de/panorama/zeitgeschichte/0,1518,627485,00.html | wayback=20090602193534 | text=''DDR-SPION. Neue Stasi-Akte von Todesschütze Kurras entdeckt.''}} In: ''[[Spiegel Online]]'', 30. Mai 2009</ref> Diese löste eine neue Debatte um die Rezeption des Todesschusses aus. [[Peter Schneider (Schriftsteller)|Peter Schneider]] zum Beispiel fragte, „ob die Geschichte der Bundesrepublik nach dem 2. Juni anders verlaufen wäre, wenn die Stasi-Identität von Kurras damals […] bekannt geworden wäre. Ich bejahe diese Frage, aber ich kann sie nur durch Spekulationen stützen.“<ref>{{Der Spiegel|ID=65489961|Autor=Peter Schneider|Titel=Ein armer, aggressiver Tropf|Jahr=2009|Nr=22}}</ref> |
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Eine vom Berliner Polizeipräsidenten [[Dieter Glietsch]] in Auftrag gegebene Universitätsstudie ergab im März 2011, dass Kurras und andere Stasispitzel keinen Einfluss auf Entscheidungen der West-Berliner Polizei gehabt hatten.<ref>[http://www.bz-berlin.de/aktuell/berlin/neue-studie-kurras-war-ein-einzelfall-article1148020.html ''Neue Studie: Kurras war ein Einzelfall''.] In: ''[[B.Z.]]'', 24. März 2011</ref> Eine im Oktober 2009 eingeleitete Ermittlung der Bundesanwaltschaft fand bis August 2011 keine Anhaltspunkte für einen Mordauftrag der Stasi. Die Ermittler widerlegten nochmals die von Kurras behauptete Notwehr, da er nach zuvor unbeachteten Zeugenaussagen und überprüftem Filmmaterial unbedrängt die Waffe gezogen und auf Ohnesorg geschossen hatte.<ref>[[Hans Leyendecker]]: [http://www.sueddeutsche.de/politik/ermittlungen-zum-tod-von-benno-ohnesorg-das-neue-bild-vom-eiskalten-killer-1.1126538-2 ''Ermittlungen zum Tod von Benno Ohnesorg: Das neue Bild vom eiskalten Killer''.] In: ''[[Süddeutsche Zeitung]]'', 1. August 2011</ref> Im November 2011 stellte die Berliner Generalstaatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen Kurras ein: Die Beweislage reiche nicht zur Neueröffnung eines Verfahrens wegen vorsätzlicher oder fahrlässiger Tötung Ohnesorgs aus.<ref>[http://www.fr-online.de/politik/verfahren-gegen-kurras-eingestellt-fall-ohnesorg-zu-den-akten-gelegt,1472596,11092786.html ''Verfahren gegen Kurras eingestellt: Fall Ohnesorg zu den Akten gelegt''.] In: ''[[Frankfurter Rundschau]] online'', 22. November 2011</ref> Vermutungen, Ohnesorg sei im Stasiauftrag erschossen worden, um die Studentenbewegung zu radikalisieren, halten Medienkommentatoren aufgrund neuer Indizien für seine „gezielte Exekution“ und deren Vertuschung durch West-Berliner Polizisten seit Januar 2012 für obsolet.<ref>[http://www.bz-berlin.de/aktuell/berlin/ohnesorg-tod-wahrheit-vertuscht-article1368915.html ''Fall Kurras: Ohnesorg-Tod: Wahrheit vertuscht?''] In: ''[[B.Z.]]'', 22. Januar 2012. [http://taz.de/Wie-Benno-Ohnesorg-starb-/!86119/ ''Wie Benno Ohnesorg starb: Eine gezielte Exekution''.] In: ''[[die tageszeitung|taz]]'', 22. Januar 2012</ref> |
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=== Gedenken === |
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[[Datei:Gedenktafel Ohnesorg.jpg|miniatur|Gedenktafel der Skulptur von Alfred Hrdlicka]] |
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Am 8. Juni 1967 stellten Studenten vor der Oper ein Holzkreuz zum Gedenken an Ohnesorg auf, das die Polizei entfernte. In der Nacht des 17. Juni 1967 benannten einige SDS-Mitglieder, darunter Rudi Dutschke, die [[Straße des 17. Juni]] vorübergehend in „Straße des 2. Juni“ um. |
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1971 schuf der Bildhauer [[Alfred Hrdlicka]] das Bronzerelief „Der Tod des Demonstranten“, das erst 1990 vor der Deutschen Oper aufgestellt werden durfte. Auf der im Sockel eingelassenen Gedenktafel in der [[Bismarckstraße (Berlin-Charlottenburg)|Bismarckstraße 35]] steht:<ref>[http://www.berlin.de/ba-charlottenburg-wilmersdorf/presse/archiv/20070525.0840.78489.html''Kranzniederlegung am 2. Juni für Benno Ohnesorg''.] Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf, Pressemitteilung 25. Mai 2007</ref> |
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{{Zitat|Am 2. Juni 1967 wurde der Student Benno Ohnesorg im Hof des Hauses Krumme Straße 66 während einer Demonstration gegen den tyrannischen Schah des Iran von einem Polizisten erschossen. Sein Tod war ein Signal für die beginnende studentische und außerparlamentarische Bewegung, die ihren Protest gegen Ausbeutung und Unterdrückung besonders in den Ländern der Dritten Welt mit dem Kampf um radikale Demokratisierung im eigenen Land verband. Unter diesem Eindruck schuf Alfred Hrdlicka 1971 das Relief 'Der Tod des Demonstranten' Dezember 1990}} |
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[[Wiglaf Droste]] und [[Michael Stein (Autor)|Michael Stein]] gründeten 1991 das ''Benno-Ohnesorg-Theater'' für [[Satire|satirische]] Lese- und Liederabende. In [[Hannover-Linden-Mitte]] erinnert seit 1992 die ''[[Benno-Ohnesorg-Brücke]]'' über die [[Ihme]] an den Studenten. |
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[[Datei:Benno-Ohnesorg-Brücke 2.jpg|miniatur|Die [[Benno-Ohnesorg-Brücke]] in Hannover-Linden]] |
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Zum 30. Todestag Ohnesorgs 1997 widmete sich ein dreitägiger ''Ohnesorg-Kongress'' in der TU Berlin dem Rückblick auf Entwicklung und Wirkung der Studentenbewegung.<ref>[http://www.infopartisan.net/archive/bok/bokdeb.html Ohnesorg-Kongress 30. Mai−1. Juni 1997]</ref> |
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Der Schriftsteller Uwe Timm setzte seinem ehemaligen Braunschweiger Mitschüler 2005 mit der Erzählung ''[[Der Freund und der Fremde]]'' ein literarisches Denkmal.<ref>Uwe Timm: ''Der Freund und der Fremde.'' Kiepenheuer & Witsch, Köln 2005, ISBN 3-462-03609-2</ref> |
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Zum 40. Todestag Ohnesorgs veröffentlichte Uwe Soukup ein Buch zum 2. Juni 1967, für das er fünf Jahre lang den Tathergang recherchiert, Zeugen befragt, Bild-, Ton- und Schriftdokumente gesammelt und ausgewertet hatte. In vielen Medien erschienen Rückblicke, verbunden mit Warnungen vor ähnlicher Gewalteskalation bei Demonstrationen zum [[G8-Gipfel in Heiligendamm 2007]]. Die Berliner Polizei ehrte Ohnesorg am 2. Juni 2007 erstmals bei einer Gedenkfeier an der Deutschen Oper mit einem Kranz.<ref>[http://www.sueddeutsche.de/politik/spaetes-bedauern-in-berlin-polizeipraesident-legt-kranz-fuer-ohnesorg-nieder-1.427836 ''Spätes Bedauern in Berlin. Polizeipräsident legt Kranz für Ohnesorg nieder''.] In: ''[[Süddeutsche Zeitung]]'', 2. Juni 2007</ref> |
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Die Bezirksverordnetenversammlung von [[Charlottenburg-Wilmersdorf]] forderte die Bezirksverwaltung zweimal mehrheitlich auf, den Platz am nordöstlichen Eingang des [[U-Bahnhof Deutsche Oper|U-Bahnhofs ''Deutsche Oper'']] (Ecke Krumme Straße/Bismarckstraße) ''Benno-Ohnesorg-Platz'' zu nennen. Der CDU-Baustadtrat [[Klaus-Dieter Gröhler]] verweigerte dies zusammen mit dem Stiftungsrat der Oper, die Eigentümerin des Platzes ist, und der Kulturverwaltung im Roten Rathaus bisher.<ref>[http://www.tagesspiegel.de/meinung/kommentare/Kommentare;art141,1793166 ''Mein 2. Juni 1967''.] In: ''[[Der Tagesspiegel|Tagesspiegel]]'', 30. Mai 2007</ref><ref>[http://www.taz.de/dx/2007/06/04/a0209.1/text.ges,1 ''Krach um Ohnesorg – Bezirk will den Platz vor Deutscher Oper nach dem erschossenen Studenten umbenennen. Oper dagegen''.] In: ''[[die tageszeitung|taz]]'', Berlin-lokal 4. Juni 2007</ref> |
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Am Ort des Todesschusses fehlte über 40 Jahre lang jeder Hinweis auf das Ereignis.<ref>Nina Apin: [http://www.taz.de/dx/2007/06/01/a0204.1/text.ges,1 ''Fassaden des Schweigens''.] In: ''[[die tageszeitung|taz]]'', 1. Juni 2007</ref> Am 12. Dezember 2008 enthüllten Vertreter der Stadt Berlin und Charlottenburgs eine Informationstafel vor dem Haus in der Krummen Straße.<ref>[http://www.berlin.de/ba-charlottenburg-wilmersdorf/bezirk/gedenktafeln/ohnesorg.html ''Gedenktafeln für Benno Ohnesorg''] und [http://www.berlin.de/imperia/md/content/bacharlottenburg-wilmersdorf/bezirk/bennoohnesorginfotafel.pdf Gedenktext 2. Juni 1967] (PDF; 2,5 MB) auf Berlin.de</ref> |
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== Literatur == |
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'''Studentische Recherchen und Dokumentationen zu den Todesumständen''' |
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* AStA der Freien Universität Berlin (Hrsg.): ''Dokumente des 2. Juni 1967 und der Zeit danach. Stellungnahmen, Resolutionen, Erklärungen, Beschlüsse, Flugblätter, Reden, Zeitungsberichte, Kommentare.'' Berlin 1967, 62 S. (Hektographie). |
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* ''FU SPIEGEL'' 58, 13. Jg., Sonderdruck Juni 1967 |
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* ''FU SPIEGEL'' 59, 13. Jg., Juli 1967 |
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* ''Anrisse – Studentenzeitschrift der Technischen Universität Berlin'', Nr. 59, Juli 1967: ''Der 2. Juni in Zeugenaussagen.'' (S. 17–20) |
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* [[Knut Nevermann]]: ''Der 2. Juni 1967. Studenten zwischen Notstand und Demokratie. Dokumente zu den Ereignissen anläßlich des Schah-Besuchs.'' Herausgegeben vom [[Verband Deutscher Studentenschaften]] (vds), Pahl-Rugenstein, Köln 1967. |
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'''Journalistische Recherchen zu den Todesumständen''' |
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* Die Abendzeitung, Berlin, Sonderdruck vom 7. Juni 1967 |
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* Kai Hermann: [http://www.zeit.de/1967/23/die-polizeischlacht-von-berlin ''Die Polizeischlacht von Berlin.''.] In: ''[[Die Zeit]]'', Nr. 23/1967 (siehe daraus Jürgen Zimmer, Ref. 22); Nachdruck: ''Zeit magazin'', Nr. 25/1992. |
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* [[Klaus Rainer Röhl]]: ''Kesselschlacht. Die Notstandsübung von Berlin.'' In: ''[[konkret (Zeitschrift)|konkret]]'', Nr. 7, Juli 1967, S. 14–17 und S. 32–35 |
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* [[Uwe Soukup]]: ''Wie starb Benno Ohnesorg? – Der 2. Juni 1967.'' Verlag 1900, Berlin 2007, ISBN 978-3-930278-67-1. |
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'''Behördenreaktionen''' |
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* Werner G. Doyé, Ulrich Neveling, Hendrik Schmidt, [[Gernot Wersig]]: (Hrsg.): ''Dokumentation zum gegenwärtigen Verhältnis der Berliner Presse zur Studentenschaft.'' 1 Berlin 33, Ihnestr. 28, 8. Juni 1967, 10 Seiten (Hektographie). |
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* Oberbaumpresse: ''1. Berliner Landfriedensbruchbuch. Verantwortlich für den Inhalt: die Berliner Justiz unter Mitarbeit von: Dagmar v. Doetinchem, Gil Funccius, Eike Hemmer, Petra Herzinger, Nikolaus Kuhnert, Peter Neitzke, [[Jan-Carl Raspe|Jan Raspe]], Eberhard Schultz, Hartmut Sander.'' Berlin 1967. |
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* Janz, Fitterling: ''Berlin – 2. Juni 1967. Feststellungen und Folgen. Zur Arbeit des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses des Abgeordnetenhauses von Berlin. Dokumentation: Stenographischer Bericht der Sitzung vom 22. September 1967.'' Hrsg.: Studentenschaft des Landes Berlin, vds – Landesverband im Verband Deutscher Studentenschaften. Eigenverlag, Berlin November 1967. |
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* Wolfgang Lefèvre: ''Ursachen und Konsequenzen des 2. Juni.'' In: ''neue kritik'', Zeitschrift für sozialistische Theorie und Politik H. 42/43, Frankfurt am Main, August 1967, S. 4–14 |
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'''Studentenbewegung''' |
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* ''[[Contraste]] – Monatszeitung für Selbstorganisation.'' Heidelberg, 24. Jg. Nr. 272, Mai 2007, {{ISSN|0178-5737}}, S. 1 und S. 7–10 |
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* Christopher Görlich: ''Die 68er in Berlin. Schauplätze und Ereignisse.'' [[Kai Homilius Verlag]], Berlin 2002, ISBN 3-89706-904-0 (Reihe: Reiseziele einer Region Nr. 4). |
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* Karl A. Otto: ''APO. Die außerparlamentarische Opposition in Quellen und Dokumenten (1960–1970).'' Pahl-Rugenstein, Köln 1989, ISBN 3-7609-1237-0 |
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* Uwe Göbel: ''Die Studenten-Bewegung und ihre Folgen.'' Deutscher Instituts-Verlag, Köln 1978, ISBN 3-88054-182-5, Kapitel II: ''Die Studentenrevolte'', S. 22–25 |
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* [[Frank Deppe]] (Hrsg.): ''2. Juni 1967 und die Studentenbewegung heute.'' Weltkreis, Dortmund 1977, ISBN 3-88142-179-3. |
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* Frank Wolff, Eberhard Windaus (Hrsg.): ''Studentenbewegung 1967–1969. Protokolle und Materialien.'' Verlag Roter Stern, Frankfurt am Main 1977, ISBN 3-87877-093-6 |
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* [[Helmut Gollwitzer]]: ''An meinen Patensohn Lukas Ohnesorg.''. In: Freimut Duve, Heinrich Böll, Klaus Staeck (Hrsg.): ''Briefe zur Verteidigung der Republik.'' Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1977, ISBN 3-499-14191-4 (= ''rororo aktuell'', Band 4191) |
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* [[Hartmut Häußermann]], [[Niels Kadritzke]], [[Knut Nevermann]] (Hrsg.): ''Die Rebellen von Berlin. Studentenpolitik an der Freien Universität. Eine Dokumentation von Jens Hager.'' Kiepenheuer & Witsch, Köln / Berlin 1967. |
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* [http://www.spiegel.de/spiegel/spiegelspecial/index-1988-1.html ''Die wilden 68er''.] In: ''[[Der Spiegel]] spezial'' 1/1988 |
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'''Zeitgeschichte''' |
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* [[Armin Fuhrer]]: ''Wer erschoss Benno Ohnesorg? Der Fall Kurras und die Stasi.'' Be.bra, Berlin / Brandenburg 2009, ISBN 978-3-89809-087-2. |
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* Thomas Ramge: ''Die großen Polit-Skandale. Eine andere Geschichte der Bundesrepublik.'' Campus, Frankfurt am Main / New York, NY 2004, ISBN 978-3-593-37069-9, S. 88–109 ([http://books.google.de/books?id=XYVH4ptJN9IC&pg=PA88&lpg=PA88&dq=1#v=onepage&q=&f=false Buchauszug online]). |
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* [[Uwe Timm]]: ''Der Freund und der Fremde'' Kiepenheuer & Witsch, Köln 2005, ISBN 978-3-462-03609-1 (autobiographische Erinnerung an seinen Schulfreund). |
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== Bild- und Tondokumente == |
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* Ulmer Institut für Filmgestaltung, Frankfurter SDS: ''Ruhestörung.'' (Dokumentaraufnahmen vom 2. Juni 1967 bis 12. Februar 1968) Drehbuch abgedruckt in: Frank Wolff, Eberhard Windaus (Hrsg.): ''Studentenbewegung 1967–1969. Protokolle und Materialien.'' Verlag Roter Stern, Frankfurt am Main 1977, ISBN 3-87877-093-6, S. 27–97. |
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* Bernard Larsson: ''Demonstrationen. Ein Berliner Modell. Fotos vom 22./23. Juni 1966 bis 5. Juni 1967.'' In: Bernward Vesper (Hrsg.): ''Voltaire Flugschrift'' Band 10, Voltaire, Berlin 1967, S. 10–84. |
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* Martin Düspohl; Kreuzberg-Museum (Hrsg.): ''Jürgen Henschel. Der Fotograf der Wahrheit.'' Bilder aus Kreuzberg 1967–1988. Berlin Story Verlag, Berlin 2006, ISBN 978-3-929829-45-7 (zur gleichnamigen Ausstellung des Kreuzberg-Museums im Rahmen des Europäischen Monats der Fotografie 2006, Bezirksmuseum Friedrichshain-Kreuzberg). |
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* Uwe Soukup, Karl Heinz Roth, Karl-Heinz Dellwo: ''Der 2. Juni 1967''. Sender Freies Berlin, Sendungen Juni - Bez. 1967, Aktuelle Kamera: Nachrichten 3. Juni bis 9. Juni 1967. Laika, Hamburg 2010, ISBN 978-3-942281-70-6 (= ''Bibliothek des Widerstands'', Band 1, Buch und [[DVD]]) |
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* ''Der Tod des Benno Ohnesorg''. Spiegel TV 2012. Dokumentarfilm gezeigt in ZDF info am 20. Mai 2014, 20:15–21:00 Uhr. (Lebenslauf Benno Ohnesorg, Lebenslauf Karl Heinz Kurras, Besuch Schah von Persien in Berlin, Zeitzeugeninterviews). |
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* Harald Möller: ''Der Schahbesuch 1967 und „politische Theorie“.'' Band 1, Logos-Verlag Berlin, Berlin 2014, ISBN 978-3-8325-3780-7. |
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== Weblinks == |
== Weblinks == |
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* [http://www.unister.de/ Unister Offizielle Website] |
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{{Commonscat}} |
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* [http://www.unister-media.de/ Webseite der Unister Media] |
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* {{DNB-Portal|130370533|TYP=Literatur über}} |
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* Thomas Wagner: [http://www.netz-trends.de/id/1843/Unister-zehn-Jahre-alt-Erfolgsgeschichte-vom-studentischen-Start-up-zum-Internetunternehmen-mit-1500-Mitarbeitern/ ''Unister zehn Jahre alt: Erfolgsgeschichte vom studentischen Start-up zum Internetunternehmen mit 1.500 Mitarbeitern''.] Netz-Trends.de vom 15. Juni 2012. |
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* [http://www.spiegel.de/thema/benno_ohnesorg/ Dossier zum Thema Benno Ohnesorg.] In: ''[[Spiegel Online]]'' |
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* [http://www.spiegel.de/spiegel/vorab/angespannte-finanzlage-bei-unister-a-1039797.html ''Angespannte Finanzlage bei Unister''] Der Spiegel, 19. Juni 2015. |
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* [http://www.welt.de/wirtschaft/article144250262/Unister-entlaesst-rund-ein-Zehntel-seiner-Mitarbeiter.html] |
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'''Ablauf''' |
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* Jörg Prante: [http://archiv.hanflobby.de/archiv/68er-ohnesorg.html ''Die Ermordung Benno Ohnesorgs am 2. Juni 1967''] |
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* Michael Stolzke: [http://www.einseitig.info/html/content.php?txtid=548 ''Tradition reloaded und Benno Ohnesorg''] einseitig.info, 19. Februar 2007 |
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'''Abbildungen''' |
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* [http://www.contraste.org/mai_2007.htm Jürgen Henschels berühmtes Foto vom Tod Benno Ohnesorgs] auf [[Contraste|contraste.de]] |
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* [http://www.youtube.com/watch?v=R5yvzwjN8NY Filmsequenz vom 2. Juni 1967, kommentiert von Ulrike Meinhof] |
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== Einzelnachweise == |
== Einzelnachweise == |
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<references /> |
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[[Kategorie:Medienunternehmen (Leipzig)]] |
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{{Normdaten|TYP=p|GND=130370533|LCCN=no/2008/11045|VIAF=1117195}} |
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[[Kategorie:Internetunternehmen]] |
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[[Kategorie:Reiseportal]] |
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{{SORTIERUNG:Ohnesorg, Benno}} |
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[[Kategorie: |
[[Kategorie:Gegründet 2002]] |
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[[Kategorie:Tötungsdelikt]] |
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[[Kategorie:Person der 68er-Bewegung]] |
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[[Kategorie:Person (Studentenbewegung)]] |
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[[Kategorie:Kriminalfall 1967]] |
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[[Kategorie:Kriminalfall in Deutschland]] |
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[[Kategorie:Person (Berlin)]] |
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[[Kategorie:Deutscher]] |
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[[Kategorie:Geboren 1940]] |
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[[Kategorie:Gestorben 1967]] |
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[[Kategorie:Mann]] |
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{{Personendaten |
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|NAME=Ohnesorg, Benno |
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|ALTERNATIVNAMEN= |
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|KURZBESCHREIBUNG=deutscher Student, der auf einer Demonstration in Berlin von einem Polizisten erschossen wurde |
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|GEBURTSDATUM=15. Oktober 1940 |
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|GEBURTSORT=[[Hannover]] |
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|STERBEDATUM=2. Juni 1967 |
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|STERBEORT=[[Berlin]] |
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}} |
Version vom 21. Juli 2015, 06:30 Uhr
Unister Holding GmbH
| |
---|---|
![]() | |
Rechtsform | GmbH |
Gründung | Juli 2002 (als Unister GmbH) |
Sitz | Leipzig, Deutschland |
Leitung | Peter Zimmermann (CEO), Andreas Prokop (COO), Thomas Wagner (Gründer und CMO) |
Mitarbeiterzahl | 1670 (2012)[1] |
Umsatz | 307 Mio. (2011)[2] |
Branche | E-Business |
Website | www.unister.de |
Die Unister Holding GmbH, kurz Unister, ist ein deutsches Unternehmen mit Hauptsitz in Leipzig, das Webportale betreibt und vermarktet.
Überblick
Unister wurde im Juli 2002 von dem damals 23-Jährigen Leipziger BWL-Studenten und einem der heutigen Geschäftsführer Thomas Wagner gegründet. Im Oktober 2002 ging eine Studententauschbörse, unister-netz.de, unter der Adresse unister.de online. Seitdem hat sich die Zahl der eigenen Internetseiten auf über 40 erhöht, zum Teil durch Neugründungen, zum Teil durch Zukäufe. Das Unternehmen ist vor allem in den Geschäftsbereichen Reise, Finanzen, Automobile, Medien, Immobilien und Social Media tätig.
Im Februar 2008 wurde die Unister Media GmbH gegründet, welche sich auf die Vermarktung von Online-Portalen spezialisiert hat. Außerdem gründete das Unternehmen ein Marktforschungsunternehmen UMA Unister Market Research & Analysis.
Das Unternehmen hat etwa 1850 Angestellte und verfügt über Niederlassungen in Leipzig (Zentrale), Berlin, Hamburg, Düsseldorf, Dresden, Stralsund, Magdeburg, Jena und Chemnitz.[3] Die Unister Holding erzielte im Geschäftsjahr 2010 einen Umsatz von rund 227 Millionen Euro, musste jedoch einen Fehlbetrag von über zwei Millionen ausweisen. Unister gehört zu den größten deutschen selbständigen Internetunternehmen und verzeichnet mehr als 10 Mio. Seitennutzer im Monat (Unique User) laut AGOF (Arbeitsgemeinschaft Onlinewerbung).[4] Hauptgesellschafter bei Unister ist Thomas Wagner.
Massenentlassungen
Im Juli 2015 kündigt Unister den Abbau von insgesamt 250 Stellen an. Iim Vorjahr waren bereits 200 Mitarbeiter entlassen worden.
Geschäftsmodell
Das Unternehmen gehört zu den großen deutschen E-Commerce-Anbietern. Unister entwickelt und vermarktet Internetportale. Besonders erfolgreich ist das Unternehmen im Reisemarkt und in der Vermittlung von Versicherungen und Krediten. Jedoch gibt es seit längerer Zeit Kritik im Hinblick auf Verbraucherfreundlichkeit und den Umgang mit Wettbewerbern.[5]
So warnte zum Beispiel die Verbraucherzentrale Sachsen mit den Worten „man müsse genau hinschauen, bevor man buche“ im Februar 2012 vor einer Nutzung des Portals fluege.de.[6] Der Hintergrund bestand in den Beschwerden von Verbrauchern, die eine Buchung abgebrochen hatten, etwa weil sie eine der angebotenen Zahlungsmethoden von Unister nicht anwenden wollten, und daraufhin vom Unternehmen gemahnt wurden, den vollen Reisepreis zu zahlen.
Der Bundesgerichtshof hatte Unister bereits zuvor im Jahr 2011 zur Umsetzung einer EU-Richtlinie verurteilt und damit ein vorinstanzliches Urteil bestätigt. Nach dieser Richtlinie muss der jeweilige Endpreis bei Flugbuchungen in transparenter Weise im Vorfeld ausgewiesen werden. Eine Endpreisangabe erst zum Abschluss der Buchung soll damit unterbunden werden. Unister hatte sich geweigert, im Rahmen einer Selbstverpflichtung in der Reisebranche, diese Bestimmungen umzusetzen. Bei den kritisierten Buchungsabläufen wurden zumindest bis Sommer 2012 Zusatzleistungen in das ausgewählte Reise-Paket des Buchenden bereits voreingestellt eingebunden. Der Interessent war daher angehalten, Zusatzleistungen als solche zu erkennen und diese vor abschließender Buchung abzuwählen.
Allerdings teilte Unister mit, man habe diese Voreinstellungen nun besonders im Bereich der Reiserücktrittversicherung beendet.[7][8] Der Unister-Sprecher Konstantin Korosides bezeichnet die Vorhalte der Verbraucherzentrale als branchenübliches Vorgehen. Fluege.de gehe nicht anders vor als andere große Buchungsportale auch. Die sogenannte Opt-out-Funktion, bei der man Versicherungen abwählen muss, gebe es bei vielen großen Portalen.
Außerdem hatte Unister ein Siegel vom VBS Verbraucherschutz e. V. (verbraucherschutz.de) erhalten, welches aber vom Oberlandesgericht Dresden am 3. Juli 2012 für die Nutzung auf der Website fluege.de unter Androhung einer Ordnungsstrafe in Höhe von bis zu 250.000 Euro untersagt wurde.[9] Bei Verbrauchern kam der Eindruck auf, es handele sich bei dem Siegel um eine unabhängige Prüfinstanz. Die Dienste von verbraucherschutz.de haben jedoch nichts mit den Verbraucherzentralen zu tun, sondern werden Unternehmen gegen Zahlung eines Entgelts angeboten.
Im September 2011 verließen eine Reihe der leitenden Mitarbeiter, vor allem aus dem Touristikbereich, das Unternehmen. Die Wirtschaftswoche vermutete dahinter teilweise moralische Gründe. Unister genieße in der Reisebranche einen zweifelhaften Ruf, so die Zeitschrift.[10]
Im Juli 2012 wurde in der Zeitschrift Computer Bild ein achtseitiger Artikel über die Methoden der Unister-Gruppe veröffentlicht.[11] Unister reagierte mit einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung und wirft der Zeitschrift unrichtige Tatsachenbehauptungen vor. Gerichte gaben Unister hier auch in einigen Bereichen Recht, jedoch rückte Computer-Bild in den meisten Punkten von der Darstellung nicht ab.[12] Unister lässt Blogger abmahnen, die auf die entsprechende kritische Berichterstattung verweisen.[13]
In einem ausführlichen Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung im Dezember 2012 antwortete der Unister-Gründer Thomas Wagner auf die Frage, warum Unister auch nach zehn Jahren am Markt immer wieder den Eindruck erwecke, „nicht auf der Höhe der Zeit zu sein“, man habe „in der Vergangenheit viele Projekte parallel aufgebaut. Natürlich kommt es dabei auch zu Fehlern. Wir lernen daraus und verbessern uns stetig.“[14]
Kontroverse um neuen Unternehmenssitz
Unister plant die Errichtung eines neuen Unternehmenssitzes in der Leipziger Innenstadt. Seit September 2011 liegt die Baugenehmigung vor. Dieser waren umfangreiche öffentliche Diskussionen vorausgegangen, in die zahlreiche Medien involviert waren, darunter die ZDF-Sendungen WISO und Volle Kanne. Streitpunkt war eine zusätzliche Etage, die im Entwurf von 2009 nicht berücksichtigt worden war. Nach ursprünglichem Standpunkt der Stadt würde der Unister-Neubau die übrigen Gebäude überragen, Geschäftsführer Thomas Wagner kritisierte in einem Interview der Leipziger Volkszeitung Oberbürgermeister Burkhard Jung und den Baubürgermeister Martin zur Nedden.[15]
Daraufhin wurde überlegt, den Sitz zu verlagern, woraufhin sich Magdeburg und Schweinfurt als mögliche Standorte bewarben.[16] Im März 2010 berichteten Medien von einer Einigung im Streit um den Neubau. Demnach wurde ein Entwurf präsentiert, der von beiden Seiten angenommen wurde. Laut zur Nedden „steht der Bearbeitung zügigen Baugenehmigung nichts mehr im Wege“.[17][18] Die Immobilien Zeitung schrieb beispielsweise im März 2010 zu dem sich andeutenden Kompromiss zwischen Unister und der Stadt Leipzig: „Öffentlich Schimpfen hilft“.[19]
Im Genehmigungsverfahren waren neben der Bauhöhe weitere Probleme aufgetaucht. So berichtete beispielsweise die Leipziger Volkszeitung, dass durch die neungeschossige Rückwand des geplanten Unister-Neubaus „die Arbeits- und Lebensbedingungen in den Räumen hinter den Fenstern beeinträchtigt“ würden. Unister wandte ein, dass die betroffenen Räume seit Jahren leer stünden und sie laut Bauakten der Siebzigerjahre in eine Brandmauer eingebaut wurden, die Unister erworben hätte. „Wir gehen davon aus, dass Oberbürgermeister Jung persönlich und die oberen Stadt-Verantwortlichen zu ihrem Wort stehen und Unister die Baugenehmigung künftig erteilt wird“, so der Sprecher des Unternehmens, Konstantin Korosides.[20]
Im Mai 2011 startete Unister mit Verhandlungen mit mehreren Generalunternehmern, um mit den Bauarbeiten zu beginnen. Der Zeitplan ging von einem Baubeginn im Herbst 2012 aus. Innerhalb von 24 Monaten solle das neue Gebäude errichtet werden und Platz für 1400 Mitarbeiter bieten.[21]
Ermittlungen
Ermittler des Landeskriminalamts Sachsen durchsuchten am 11. Dezember 2012 die Unister-Zentrale in Leipzig. Nach Angaben der Behörde beschlagnahmten Mitarbeiter der Integrierten Ermittlungseinheit Sachsen (INES) Computer und Akten. Dabei wurden zwei Manager des Portals fluege.de vorübergehend für etwa eine Woche in U-Haft genommen. Weder die Staatsanwaltschaft noch Unister haben sich zu den Namen der betroffenen Personen geäußert. Drei Tage später wurde ein weiterer Manager des Unternehmens in Untersuchungshaft genommen.[22]
Die Staatsanwaltschaft Dresden warf Unister 2012 vor, über seine Online-Portale ohne Erlaubnis Versicherungsprodukte vertrieben zu haben, wodurch ein Steuerschaden in Höhe von etwa einer Million Euro entstanden sei, da die Versicherungssteuer nicht abgeführt worden sei.[23] Der Reiseveranstalter TUI kündigte daraufhin fristlos den Agenturvertrag mit Unister.[24] Unister-Geschäftsführer Thomas Wagner sagte dazu in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung am 21. Dezember 2012: „Wir haben einen Bescheid aus dem Jahr 2002 des damaligen Bundesaufsichtsamtes für Versicherungswesen, aus dem […] hervorgeht, dass der Stornoschutz kein genehmigungspflichtiges Versicherungsgeschäft sei und demnach auch keine Versicherungssteuer zu bezahlen sei. Daraufhin wurde dieser Stornoschutz auf unserem Portal zehn Jahre lang bis zum Tag der Razzia zu Reisebuchungen angeboten. […] Deshalb können wir das drastische Vorgehen der Behörden in Sachsen […] absolut nicht nachvollziehen.“[25]
Außerdem gibt es den Verdacht, dass in den Jahren 2010 und 2011 auf Partnersuche.de mit erfundenen Profilen automatisiert Kontaktanfragen vorgetäuscht und so Kunden in Abonnements gelockt worden sein könnten.[26]
2013 gab Unister bekannt, dass Peter Zimmermann ab September Geschäftsführer werden solle. Er war seit 2009 Regierungssprecher in Thüringen unter Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht, die ihn nun in den einstweiligen Ruhestand versetzte.[27] Dadurch würde Zimmermann zusätzlich zu seinem künftigen Gehalt auch weiterhin noch Bezüge vom Land erhalten.[28]
Portfolio
Angaben in Millionen | |||||
---|---|---|---|---|---|
Segment | Portal | Online seit | Unique User[29] | Seitenabrufe[30] | Visits[30] |
Reisen | ab-in-den-urlaub.de | 2003 | 2,52 | 73,18 | 6,21 |
urlaubstours.de | 2006 | 0,09 | 0,24 | 0,11 | |
fluege.de | 2008 | 1,80 | 21,16 | 4,02 | |
hotelreservierung.de | 2008 | 0,69 | 13,33 | 1,88 | |
reisen.de | 2008 | 1,12 | 17,46 | 2,28 | |
kurz-mal-weg.de | 2011 | - | - | - | |
holidayreporter.com | 2012 | - | - | - | |
Medien | news.de | 2008 | 6,41 | 25,84 | 15,32 |
börsennews.de | 2009 | 0,43 | 1,19 | 0,57 | |
webmail.de (2013 eingestellt) | 2009 | 0,11 | 19,22 | 2,85 | |
Social Web | webcity.de (2013 eingestellt) | 2006 | [31]0,14 | [32]31,99 | [32]0,94 |
partnersuche.de | 2009 | - | - | - | |
Shopping | auvito.de (2014 eingestellt) | 2006 | 1,21 | 4,54 | 2,06 |
shopping.de | 2009 | 0,81 | 5,00 | 2,52 | |
Automobile | auto.de | 2006 | 0,81 | 16,56 | 1,99 |
Finanzen | aktienchancen.de | 2010 | - | - | - |
geld.de | 2004 | 0,21 | 1,21 | 0,48 | |
kredit.de | 2008 | 0,02 | 0,06 | 0,03 | |
versicherungen.de | 2003 | 0,08 | 0,23 | 0,11 | |
Immobilien | myimmo.de | 2009 | - | - | - |
Weblinks
- Unister Offizielle Website
- Webseite der Unister Media
- Thomas Wagner: Unister zehn Jahre alt: Erfolgsgeschichte vom studentischen Start-up zum Internetunternehmen mit 1.500 Mitarbeitern. Netz-Trends.de vom 15. Juni 2012.
- Angespannte Finanzlage bei Unister Der Spiegel, 19. Juni 2015.
- [1]
Einzelnachweise
- ↑ Unister-Chef Wagner weist Abzock-Vorwürfe zurück. Abgerufen am 23. Juli 2012.
- ↑ Bundesanzeiger
- ↑ www.unister.de/firma/standort.html, abgerufen am 1. April 2010
- ↑ Vermarkterranking AGOF – Arbeitsgemeinschaft Onlinewerbung vom 26. Dezember 2012
- ↑ Christian Schlesinger: Unister: Die dubiosen Methoden des Reiseriesen. In: Wirtschaftswoche, 15. September 2011, abgerufen am 9. Juni 2012.
- ↑ Verbraucherzentrale warnt vor Reiseportal fluege.de. 1. Juni 2012, archiviert vom am 5. Oktober 2013; abgerufen am 28. November 2013.
- ↑ (Quelle)
- ↑ Verbraucherschützer warnen vor Abzocke. Versteckte Gebühren beim Reiseportal „fluege.de“. bild.de, abgerufen am 12. Juni 2012.
- ↑ Mitteldeutscher Rundfunk: Unister darf nicht mit Verbraucherschutz-Siegel werben. Archiviert vom am 21. Oktober 2012; abgerufen am 3. Juli 2012.
- ↑ Alarmzeichen für Unister-Chef Wagner. In: Wirtschaftswoche, abgerufen am 12. Juni 2012.
- ↑ Unister: COMPUTER BILD deckt Abzocke auf. Artikel bei computerbild.de als e-paper, abgerufen am 2. Juli 2012.
- ↑ heise online: Neue Vorwürfe gegen Reiseportalbetreiber Unister. Abgerufen am 3. Juli 2012.
- ↑ Unister lässt Abmahnungen wegen kritischer Blog-Artikel versenden.
- ↑ Martin Gropp: Unister-Geschäftsführer: Vorwürfe unbegründet. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21. Dezember 2012, abgerufen am 18. Februar 2015.
- ↑ Unister-Chef Wagner: „200 Arbeitsplätze – das interessiert bei der Stadt niemanden“, lvz-online.de, 15. Februar 2010
- ↑ Internetunternehmen Unister Holding GmbH gründet in Magdeburg einen neuen Standort – Schweinfurt aber ist noch nicht aus dem Rennen für den neuen Hauptsitz, schwex.de, 21. Februar 2010
- ↑ Jens Rometsch: Unister-Streit: Leipzig signalisiert Zustimmung zu neuen Bauentwürfen. In: Leipziger Volkszeitung, 10. März 2010, abgerufen am 18. Februar 2015.
- ↑ Unister meldet: Kompromiss im Neubau geglückt, l-iz.de, 24. März 2010
- ↑ Öffentlich Schimpfen hilft. In: Immobilien Zeitung, 4. März 2010, Ausgabe 09/2010, S. 29. Abgerufen am 26. Dezember 2012.
- ↑ Neuer Ärger um Unister-Vorhaben, lvz-online.de, 23. Juli 2010.
- ↑ Unister-Neubau in der Leipziger City soll im Herbst starten, lvz-online.de, 29. April 2011.
- ↑ Razzia bei Unister, heise online, 11. Dezember 2012, abgerufen am 11. Dezember 2012
- ↑ Unister-Manager bei Razzia verhaftet Wirtschaftswoche online, 11. Dezember 2012, abgerufen am 21. Dezember 2012
- ↑ touristik aktuell: Unister bedauert Absage von TUI. 19. Dezember 2012, Zugriff am 21. Dezember 2012.
- ↑ Unister-Geschäftsführer: Vorwürfe unbegründet. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21. Dezember 2012, abgerufen am 25. Dezember 2012.
- ↑ Internetriese soll Kunden betrogen haben. Stern.de, 19. Dezember 2012, abgerufen am 2. Dezember 2012.
- ↑ http://www.freiepresse.de/NACHRICHTEN/SACHSEN/Thueringens-Regierungssprecher-Zimmermann-wird-Unister-Chef-artikel8428755.php
- ↑ Lieberknecht in Bedrängnis
- ↑ AGOF internet facts 2010-II
- ↑ a b IVW 09-2010
- ↑ AGOF internet facts 2009-IV
- ↑ a b IVW 02-2010