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St.-Nikolaus-Kirche (Borssum) und Weichsel-Kaltzeit: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Datei:OldChurchBorssum.JPG|miniatur|St.-Nikolaus-Kirche.]]
Die ''[[Letzte Kaltzeit]]'' und die damit verbundene Vergletscherung wird für Nordeuropa und das nördliche Mitteleuropa als '''Weichsel-Kaltzeit''', '''Weichsel-Glazial''' oder '''Weichsel-Komplex''' bezeichnet. Umgangssprachlich wird sie auch '''Weichsel-Eiszeit''' oder '''Weichsel-Zeit''' benannt, im Alpenraum dagegen [[Würm-Kaltzeit]]. Kennzeichnend war ein großer Eisschild, der vom [[Skandinavien|skandinavischen]] Hochgebirge ausging und sich bis an die schleswig-holsteinische Ostküste, in die Mark Brandenburg und nach Nordrussland erstreckte.
Die [[Evangelisch-reformierte Kirche (Landeskirche)|evangelisch-reformierte]] '''St.-Nikolaus-Kirche''' steht in [[Borssum]], einem Stadtteil [[Emden]]s, und ist das älteste erhaltene Gebäude der [[Ostfriesland|ostfriesischen]] Stadt.


Sie war im nördlichen Europa die jüngste der Ver[[gletscher]]<nowiki />ungsphasen ([[Glazial]]e) des [[pleistozän]]en [[Eiszeitalter]]s. Die vorangegangende Warmzeit wird im selben Bereich als [[Eem-Warmzeit]] bezeichnet. Die Letzte Kaltzeit begann vor ca. 115.000 Jahren und endete vor 11.700 Jahren.<ref name="Litt" />Nach der internationalen Gliederung, die auf den [[Sauerstoff-Isotopenstufe]]n beruht, beginnt die ''Letzte Große Vereisung'' ([[Englische Sprache|engl.:]] ''Last glacial period'') in der Stufe MIS 5d und endet mit der Isotopenstufe MIS 2. Mit ihrem Ende endet das Pleistozän und beginnt das [[Holozän]].
== Geschichte ==
Der Bau der Kirche begann im 13. Jahrhundert. Zuvor wurde eine künstliche Dorf-[[Warft]] aufgeschüttet, in deren Zentrum die Kirche und nordwestlich davon ein Glockenstuhl des Parallelmauertyps im Stil der späten [[Romanik]] aus Backsteinen errichtet wurden.<ref name="dehio">Georg Dehio: ''Dehio - Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Bremen, Niedersachsen''. Deutscher Kunstverlag; Auflage: Neubearbeitung, stark erweiterte Ausgabe. München, Berlin (1. Januar 1992), ISBN 3422030220, S. 244.</ref> Trotz Umbauten geht das Gotteshaus im Kern auf die romanische Saalkirche zurück. Im Mittelalter gehörten Groß-Borssum und Klein-Borssum zur [[Propstei (Kirche)|Propstei]] Emden im [[Bistum Münster]].<ref>Menno Smid: ''Ostfriesische Kirchengeschichte''. (Ostfriesland im Schutze des Deiches, Bd. 6). Selbstverlag, Pewsum 1974, S. 42.</ref> Im Zuge der Reformation schloss sich die Gemeinde zunächst dem lutherischen und schließlich dem [[Reformierte Kirche|reformierten]] Glauben an. Prägend wirkte [[Hermannus Aquilomontanus]] (1488/89–1548) in (Klein-)Borssum, der 1531 von [[Hero von Oldersum]] als Pastor berufen worden war. Er ließ aus der Kirche alle Altäre und Bilder („Götzenbilder“) entfernen und führte eine schlichte Abendmahlsordnung ein, bei der er im gewöhnlichen Gewand der Gemeinde viermal jährlich an einem weißgedeckten Tisch Weißbrot und Wein in seinen Zinngefäßen reichte.<ref>Eckart Krömer: [http://www.ostfriesischelandschaft.de/fileadmin/user_upload/BIBLIOTHEK/BLO/Aquilomontanus.pdf ''Hermannus Aquilomontanus''] (PDF-Datei; 58,6 kB). In: ''Biographisches Lexikon für Ostfriesland'', Bd. 4, Aurich 2007, S. 17.</ref>


== Benennung für andere Regionen ==
Im Laufe der Jahrhunderte verfiel die Kirche immer mehr, so dass die Gemeinde in den Jahren 1912/13 eine [[Reformierte Kirche (Borssum)|zweite Kirche]] errichtete. Später diente das Gebäude als Kindergarten und Dorfgemeinschaftshaus. Die St.-Nikolaus-Kirche wurde immer baufälliger und blieb schließlich geschlossen, bis Ende des 20. Jahrhunderts eine umfassende Renovierung begonnen wurde. Seit der Wiederingebrauchnahme im Jahr 2004 wird sie gelegentlich als Kapelle für Bestattungen, als Hochzeitskirche, für Familienfeiern und für Andachten von der Kirchengemeinde genutzt.
In anderen Gebieten werden die Vergletscherungen der Letzten Kaltzeit mit anderen Namen bezeichnet: So spricht man für den [[Alpen]]raum von der [[Würm-Kaltzeit]], auf den Britischen Inseln von der ''Devensian glaciation'' (''Devon-Eiszeit'') und in Nordamerika als ''[[:en:Wisconsin glaciation|Wisconsin glaciation]]''.


== Namensgebung und Begriffsgeschichte ==
== Architektur ==
Namensgeber ist der Fluss [[Weichsel]] in [[Polen]]. Der Name „Weichsel-Eiszeit“ geht wahrscheinlich auf einen Vorschlag von [[Konrad Keilhack]] zurück. Ab 1909 wurde die Bezeichnung bei der [[Preußische Geologische Landesanstalt|Preußischen Geologischen Landesanstalt]] verwendet. Die Typusregion ist das untere Weichseltal, eine Typuslokalität wurde nicht festgelegt. Heute hat sich der Begriff Weichsel-Kaltzeit oder Weichsel-Glazial etabliert. Da die eigentliche „Eiszeit“ (d.&nbsp;h. Gletschervorstöße bis nach Norddeutschland) nur einen kleinen Teil dieses Zeitabschnitts einnimmt, bevorzugen manche Forscher den Begriff Weichsel-Komplex. In der Stratigraphischen Tabelle von Deutschland 2002 ist die Weichsel-Kaltzeit zu Weichselium abgewandelt, um sie an die Bezeichnungen der [[Chronostratigraphie|chronostratigraphischen]] Einheiten anzugleichen.<ref name="STD2002">* [http://www.stratigraphie.de/std2002/download/STD2002_large.pdf ''Stratigraphische Tabelle von Deutschland 2002'', Deutsche Stratigraphische Kommission (DSK), 2002. ISBN 3-00-010197-7] (PDF-Datei; 7 MB)</ref>
Der [[Ostung|geostete]] Saalkirche aus spätromanischer Zeit wird von einem Walmdach abgeschlossen. Die Langseiten werden durch rundbogige Fenster durchbrochen. Während die Westseite ein Fenster aufweist, ist die Ostseite heute fensterlos. In der östlichen Südmauer befindet sich ein rundbogiges Portal, an der Nordseite ein spitzbogiges.


== Ablauf und Gliederung der Weichsel-Kaltzeit ==
== Innenausstattung ==
[[Datei:IceAgeEarth.jpg|mini|300px|Die Erde zum letzten glazialen Maximum. Illustration basierend auf: ''[http://www.agu.org/pubs/crossref/1995/95GB01107.shtml Ice age terrestrial carbon changes revisited]'' von Thomas J. Crowley (Global Biogeochemical Cycles, Vol. 9, 1995, pp. 377-389).]]
[[Datei:Borssum Alte Kirche Innenraum (2).jpg|miniatur|Innenraum]]
[[Datei:Weichsel-Würm-Glaciation.png|mini|350px|Europa in der Weichsel- bzw. Würm-Kaltzeit]]
Der flachgedeckte Innenraum wird von einer Holzbalkendecke abgeschlossen, die hellblau gestrichen ist. Durch an der Ost- und Westseite nachträglich eingezogene Wände wird das Kirchenschiff innen verkürzt. Der Fußboden vor der Ostwand ist um zwei Stufen erhöht. Zu den Ausstattungsgegenständen gehören die Grabgewölbe der Häuptlinge von Groß-Borssum unter dem Altarraum des Chores, der heute durch eine Wand abgetrennt ist und von der Ostseite betreten werden kann. Dort befinden sich auch mehrere Grabplatten und das Doppelgrabmal für ''Aeldt Friese zu Uttum'' († 1593) und seiner Frau, die in zeitgenössischer Tracht dargestellt wurden.<ref name="dehio" /> Vor der eingezogenen Ostwand stehen ein einfaches Lesepult und ein pokalförmiges Taufbecken und sind zwei schlichte Holztische zusammengestellt. Drei Kronleuchter aus Messing verzieren den ansonsten schmucklosen Raum. Das romanische Taufbecken aus der Entstehungszeit der Kirche hat seinen Platz in der Jugendstilkirche gefunden.
Vor etwa 115.000 Jahren<ref name="Litt" /> sanken die Durchschnittstemperaturen deutlich und die wärmeliebenden Waldgesellschaften wurden verdrängt. Mit diesem deutlichen Einschnitt in den Durchschnittstemperaturen endete die [[Eem-Warmzeit]] und begann die Weichsel-Kaltzeit. Sie wird nach dem Temperaturverlauf in drei Abschnitte gegliedert, das Weichsel-Frühglazial, das Weichsel-Hochglazial (auch Weichsel-Pleniglazial) und das Weichsel-Spätglazial. Während der Weichsel-Kaltzeit fanden auf der Nordhalbkugel immer wieder heftige Klimaschwankungen statt, die sogenannten [[Dansgaard-Oeschger-Ereignis]]se.


Das ''Weichsel-Frühglazial'' (115.000 - 60.000 v. Chr.) wird wiederum in vier Stadiale gegliedert:
Der westliche Bereich ist durch eine Holzwand abgetrennt, die im oberen Bereich Fenster aufweist. Ebenerdig steht die Orgel vor dieser Wand. Seit 1883 verfügte die Kirche zunächst nur über ein [[Harmonium]] der Firma Estey. Als die Kirche im Jahr 2004 wieder eingeweiht wurde, erwarb die Gemeinde eine gebrauchte Orgel von [[Alfred Führer]] von 1958 aus [[Lilienthal]]. Das Instrument verfügt über fünf [[Register (Orgel)|Register]] und ein angehängtes Pedal. [[Bartelt Immer]] sanierte das Werk und schuf 2004 einen neuen [[Prinzipal (Orgel)|Prinzipal]] 4’.<ref>''Sonntagsblatt'' der Emder Zeitung vom 22. August 2010, S. 11 (PDF-Datei; 953 kB), gesehen 12. März 2013.</ref> Die [[Disposition (Orgel)|Disposition]] lautet:


* Odderade-Interstadial (WF IV). Die Pollenspektren lassen auf einen borealen Wald schließen. Er beginnt mit einer Baumbirkenphase, die rasch zu einem Kiefernwald übergeht. Nachgewiesen sind auch [[Lärche]]n und [[Fichten]] sowie in sehr geringem Umfang auch [[Erlen (Botanik)|Erlen]].
{| border="0" cellspacing="0" cellpadding="10" style="border-collapse:collapse;"
* Rederstall-Stadial (auch WF III). In Norddeutschland weisen die Pollenspektren auf eine Grastundra mit später folgender Strauchtundra hin.
| style="vertical-align:top" |
* das Brörup-Interstadial (auch WF II). In einigen Profilen findet kurz nach dem Beginn des Brörup-Interstadials eine kurze Abkühlungsphase, die aber nicht in allen Profilen nachweisbar ist. Dies veranlasste einige Autoren, die erste Wärmephase als Amersfoort-Interstadial abzutrennen. Inzwischen wird aber diese erste Wärme- und Abkühlungsphse in das Brörup-Interstadial mit einbezogen. Das nördliche Mitteleuropa war mit Birken- und Kiefernwäldern bewachsen. Das Brörup-Interstadial wird mit der marinen Sauerstoffisotopenstufe 5c identifiziert.
{| border="0"
* das Herning-Stadial (auch WF I genannt) war eine erste Kaltphase, in der Nordwesteuropa weitgehend unbewaldet war. Es entspricht der marinen Sauerstoffisotopenstufe 5d.
| colspan=3 | '''Manual''' C–f<sup>3</sup>

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Im ''Weichsel-Hochglazial'' (57.000 - ca. 15.000 v. Chr.) kam es zum Vorstoß der Gletscher bis nach Norddeutschland. An der Basis sind jedoch einige Interstadiale dokumentiert.
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| Gedackt || 8′
* Vergletscherung und Eisvorstöße bis Norddeutschland (Brandenburg-Phase, Frankfurt-Phase, Pommern-Phase, Mecklenburg-Phase).
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* Denekamp-Interstadial. Die Pollenspektren zeigen eine Strauchtundra an.
| Principal || 4′
* Hengelo-Interstadial. Die Pollen zeigen [[Sauergrasgewächse]] (Cyperaceae) und vorübergehend hohe Werte von [[Zwerg-Birke]] (''Betula nana'') an.
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* Moershoofd-Interstadial. Die Pollenspektren zeigen eine baumlose Tundravegetation mit hohen Anteilen an [[Sauergrasgewächse]]n (Cyperaceae) an.
| Ged. Blockflöte || 4′
* Glinde-Interstadial (WP IV). Das Pollendiagramm lässt auf eine baumlose Strauchtundra schließen.
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* Ebersdorf-Stadial (WP III). In Norddeutschland ist dieser Zeitabschnitt durch einen pollenfreien Sand charakterisiert.
| Principal ''(C–h<sup>0</sup>)'' || 2′
* Oerel-Interstadial (WP II). Die Pollendiagramme deuten auf eine baumfreie Strauchtundra in Norddeutschland hin.
|-
* Schalkholz-Stadial (WP I). Ein erster Eisvorstoß könnte bereits die südliche Ostseeküste erreicht haben. An der Typlokalität [[Schalkholz]] (Lkr. [[Dithmarschen]]) dokumentiert ein pollenfreier Sand eine weitgehend vegetationslose Landschaft
| Rauschpfeife II ''(ab c<sup>1</sup>)''

|}
Das kurze ''Weichsel-Spätglazial' (12.500 - ca. 10.000 v. Chr.) ist die Phase langsamer Erwärmung nach dem Weichsel-Hochglazial. Es ist aber wiederum von einigen recht kühlen Phasen unterbrochen.
| style="vertical-align:top" |

{| border="0"
* [[Jüngere Dryaszeit]]. In dieser Zeit stieg der Anteil der Nicht-Baumpollen wieder etwas an, besonders der [[Sonnenpflanze]]n.
| colspan=2 | '''Pedal''' C–f<sup>1</sup>
* [[Alleröd-Interstadial]]. Dieser Abschnitt wird wiederum durch Baumpollen der Birke dominiert
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* [[Ältere Dryaszeit]]. Diese kühle Zeit ist durch einen Rückgang der Baumpollen gekennzeichnet
|-
* [[Bölling-Interstadial]]. Dieser Abschnitt wird durch einen rasanten Anstieg von Baumbirkenpollen eingeleitet.
| ''angehängt''
* [[Älteste Dryaszeit]]. Dieser kühle Abschnitt ist durch ein Maximum an Nicht-Baumpollen gekennzeichnet
|}
* [[Meiendorf-Interstadial]]. Dieses Interstadial ist gekennzeichnet durch einen Anstieg an Pollen von [[Zwerg-Birke]] (''Betula nana''), [[Weiden (Botanik)|Weiden]] (''Salix'' sp.), [[Sanddorne]] (''Hippophae''), [[Wacholder]] (''Juniperus'') und ''[[Artemisia (Pflanze)|Artemisia]]''.
|}

Nach dem letzten dieser Temperaturrückgänge, der „[[Jüngere Dryaszeit|Jüngeren Dryaszeit]]“, endete das Weichsel-Glazial mit einem abrupten Temperaturanstieg ca. 9.660 ± 40 v.&nbsp;Chr.<ref name="Kromer" /> Damit begann gleichzeitig unser heutiges [[Interglazial]], das [[Holozän]].

Neben der angeführten Gliederung werden die Ablagerungen des Weichsel-Spätglazials nach dem Stand des Eisrückzugs in vier Stadien untergliedert: ''Germaniglazial'' (Deutschland wird eisfrei), ''Daniglazial'' (Dänemark wird eisfrei), ''Gotiglazial'' (Gotland wird eisfrei) und ''Finiglazial'' (Finnland und Norwegen werden eisfrei).<ref>{{Literatur |Autor=Karl N. Thome |Titel=Einführung in das Quartär. Das Zeitalter der Gletscher |Seiten=72 |Verlag=Springer-Verlag |Ort=Berlin |Jahr=1998 |Online={{Google Buch |BuchID=izM1tK-VtEYC |Seite=72 |Linktext=Seite 72}}}}</ref>
[[Datei:EisrandlagenNorddeutschland.jpg|mini|350px|{{Farblegende|#b6210d|Maximale Eisrandlage (Brandenburger Stadium) der Weichsel-Kaltzeit in Norddeutschland (rote Linie)}}{{Farblegende|#e3b600|größte Ausdehnung der Vergletscherung der älteren [[Saalekaltzeit]] (gelbe Linie)}}]]

== Ausdehnung des Inlandeises ==

Die Ausdehnung des Eisschildes war in der Weichsel-Kaltzeit, verglichen mit den älteren Kaltzeiten ([[Elsterkaltzeit|Elster-]] und [[Saalekaltzeit]]), deutlich geringer.<ref name="Hohl" /> In Deutschland endete der maximale Eisvorstoß des Weichselglazials etwa an der Linie der heutigen Städte [[Flensburg]], [[Rendsburg]], [[Hamburg]], [[Ahrensburg]], südlich [[Schwerin]], [[Havelberg]], [[Brandenburg an der Havel]], [[Luckenwalde]], [[Lübben (Spreewald)|Lübben]] und [[Guben]], also innerhalb des nordostdeutschen Tieflandes. Die [[Elbe]] sowie der warthestadiale ([[Saalekaltzeit|saalekaltzeitliche]]) ''[[Südlicher Landrücken|Südliche Landrücken]]'' wurden von dem weichselzeitlichen Inlandeis nicht überschritten, sie unterlagen durch Bildung von Niederterrassen und Aufwehungen von [[Binnendüne]]n und [[Löss]] in dieser Zeit [[periglazial]]em Einfluss.

== Gliederung der Eisvorstöße ==

Während des Hochglazials der Weichsel-Kaltzeit gab es in Norddeutschland drei oder vier große Vorstoßphasen des Eises.<ref name="Hohl" /> Jede Vorstoßphase hinterließ eine Gruppe von [[Endmoräne]]n, eine so genannte ''Staffel''. Jedes der Stadien hat einen eigenen [[Geschiebemergel]] abgelagert.

Während der ''Brandenburg-Phase'' erreichte das Eis seine maximale Ausdehnung (südlich die [[Glogau-Baruther Urstromtal]]ung und nordwärts folgend die [[Potsdamer Urstromtal]]ung vorgelagert). Diese Linie wird auch als Brandenburger [[Eisrandlage]] bezeichnet. Zum Brandenburger Stadium gehört auch die ''Frankfurter Staffel'', die nordöstlich von [[Berlin]] verläuft und keinen eigenen Geschiebemergel aufweist.

Die zweite große Vorstoßphase ist die ''Frankfurt-Phase''. Sie wird in der älteren Literatur häufig nicht von der Brandenburg-Phase abgetrennt.

Die ''Pommern-Phase'' ist mit der sehr gut ausgebildeten [[Pommersche Eisrandlage|Pommerschen Eisrandlage]] nördlich von [[Eberswalde]] entwickelt.

Der vierte große Vorstoß, das ''Mecklenburger Stadium'' mit der ''Rosentaler Staffel'' erreichte nur noch [[Mecklenburg-Vorpommern]]. Umstritten ist nach wie vor, wie weit das Inlandeis zwischen den einzelnen Stadien nach Norden zurückschmolz.

== Landschaftsbild im Vereisungsgebiet ==

[[Datei:Doggerland.svg|mini|Paläogeografische Darstellung der heutigen Nordsee vor etwa 9000 Jahren, kurz nach dem Ende der Weichseleiszeit und dem damit verbundenen raschen Wiederanstieg des Meeresspiegels.]]
Diese letzte Kaltzeit hat durch ihr Vordringen und Zurückweichen des Eises eine vielfältige [[Jungmoräne]]nlandschaft hinterlassen. Typisch dafür sind frische, gut ausgebildete Formen der [[Glaziale Serie|Glazialen Serie]]. Dazu gehören die [[Urstromtal|Urstromtäler]] mit Talsandflächen, in denen sich Abschnitte der heutigen Flussläufe von [[Elbe]], [[Oder]], [[Havel]] und [[Spree]] befinden. Zu nennen ist das [[Glogau-Baruther Urstromtal]], das die Brandenburger Eisrandlage entwässerte, das Warschau-[[Berliner Urstromtal]] mit der zugehörigen Frankfurter Staffel und das Thorn-[[Eberswalder Urstromtal]], welches die Pommersche Eisrandlage entwässerte.<ref name="Schmitt" />

Ein weiteres Relikt aus der Zeit ist die Seenlandschaft der [[Mecklenburgische Seenplatte|Mecklenburgischen Seenplatte]]. Auch [[Brandenburg]] und das [[Schleswig-Holsteinisches Hügelland|Schleswig-Holsteinische Hügelland]] ([[Ostholstein]]) sind reich an weichselglazialen Seen, so etwa der [[Plöner See]] in der [[Holsteinische Schweiz|Holsteinischen Schweiz]]. Einige Seen wie der [[Schweriner See|Schweriner]] und der [[Ratzeburger See]] sind in Gletscher[[zungenbecken]] entstanden.

Ein weiteres Beispiel für den von der Weichselkaltzeit hinterlassenen Formenschatz bietet der Baltische oder ''Nördliche Landrücken''. Er besteht aus lebhaft gegliederten und vielfach hintereinander gestaffelten Endmoränenwällen und begleitet die heutige Ostseeküste bis nach Nordpolen. In [[Pommern]] und [[Masuren]] werden dabei stellenweise Höhen bis über 300&nbsp;m NN erreicht, so bei [[Wieżyca]], südwestlich von [[Danzig]] 329&nbsp;m und 312&nbsp;m südlich von [[Ostroda]]. Die höchsten Erhebungen aus dem Pommerschen Stadium sind im deutschen Teil des Nördlichen Landrückens die [[Helpter Berge]]. Sie erreichen eine Höhe von 179&nbsp;m südöstlich von [[Neubrandenburg]] in Mecklenburg-Vorpommern.<ref name="Schmitt" />

[[File:SaaleWeichsel x.png|thumb|500px|Weichsel-/Würm-Kaltzeit im Vergleich zur Saale/Riß-Kaltzeit. Die Gletschervorstöße waren unterbrochen von wärmeren Perioden, in denen sich die archaiischen Menschen Europas (der [[Neandertaler]] als Nachfolger des [[Homo heidelbergensis]]) über die Permafrostgrenze hinaus nach Norden und Nordosten ausbreiteten. Ab etwa 40.000 v. Chr. besiedelte der moderne [[Cro-Magnon-Mensch]] diese Gebiete.]]
== Ausklang der Weichselkaltzeit ==

Der Ausklang der bisher jüngsten Kaltzeit in Mitteleuropa ist gekennzeichnet durch den etappenweisen Rückzug des Eisrandes nach Norden. Durch das Abschmelzen des Eises stieg der vorher stark gesunkene Meeresspiegel wieder an, um insgesamt etwa 120 Meter von einem absoluten Tiefstand vor etwa 22.000 Jahren.<ref name="Fleming" /> In einem komplizierten Wechselspiel von Eisstauseen und Meeresvorstößen bildete sich über mehrere Stadien wie den [[Ancylussee]] mit dem ''Baltischen Eisstausee'', dem ''Yoldiameer'' und dem ''Littorinameer'' die heutige [[Ostsee]] aus.<ref name="Hohl" /> Dem Rückzug des Eises folgte eine Wiederbesiedlung durch Pflanzen und Tiere. Mit ihrer Nordwanderung gingen verschiedene Siedlungswellen von Jäger- und Sammlerkulturen einher.


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==

* [[Liste der historischen Kirchen in Ostfriesland]]
* [[Glaziologie]], [[Glazialmorphologie]]
* [[Quartär (Geologie)|Quartär]]
* [[Jungpleistozän]]
* [[Toba-Katastrophen-Theorie]]


== Literatur ==
== Literatur ==
* {{Literatur
| Autor=[[Gottfried Kiesow]]
| Titel=Architekturführer Ostfriesland
| Verlag=Verlag [[Deutsche Stiftung Denkmalschutz]]
| Ort=Bonn
| Jahr=2010
| Seiten=55
| ISBN=978-3-86795-021-3
| Kommentar=
}}


* {{Literatur | Titel=Stratigraphische Begriffe für das Quartär des norddeutschen Vereisungsgebietes | Sammelwerk=Stratigraphie von Deutschland - Quartär. Special issue. Eiszeitalter und Gegenwart/Quaternary Science Journal | Band=56, No. 1/2 |Herausgeber=T. Litt im Auftrag der Deutschen Stratigraphischen Kommission |Jahr=2007 | Autor=Thomas Litt, Karl-Ernst Behre, Klaus-Dieter Meyer, Hans-Jürgen Stephan und Stefan Wansa | Ort=Stuttgart |Verlag=E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele und Obermiller) |ISSN=0424-7116|Seiten=7–65 |DOI=10.3285/eg.56.1-2.02}}
== Weblinks ==
* H. Liedtke & [[Joachim Marcinek|J. Marcinek]]: ''Physische Geographie Deutschlands'', Justus Perthes Verlag, Gotha 1995 ISBN 3-623-00840-0
{{Commonscat|Alte Kirche (Borssum)|St.-Nikolaus-Kirche (Borssum)}}
* [http://www.borssum.reformiert.de/ Homepage der Kirchengemeinde]
* Genealogie-Forum: [http://www.genealogie-forum.de/ostfrld/kirchen/borssum.htm Borssum]


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />


<references>
{{Coordinate|article=/|NS=53.339368|EW=7.225034|type=landmark|region=DE-NI}}
<ref name="Schmitt">Schmitt, Eckart et al. (1975): ''Harms Handbuch der Geographie - Deutschland''. 26. Auflage, Paul List Verlag, München, 432 S. ISBN 3-471-18803-7, S. 70</ref>
<ref name="Litt">Litt et al. (2007: S.45ff)</ref>
<ref name="Kromer">Friedrich M, Kromer B, Spurk M, Hofmann J, Kaiser KF.(1999): Paleo-environment and radiocarbon calibration as derived from Late Glacial/Early Holocene tree-ring chronologies. In: Quaternary International 61:27–39.</ref>
<ref name="Hohl">Hohl, Rudolf (Hrg.): Die Entwicklungsgeschichte der Erde. 6. Auflage, Werner Dausien Verlag, Hanau 1985, 703 S. ISBN 3-7684-6526-8, S. 410ff</ref>
<ref name="Fleming">Kevin Fleming, Paul Johnston, Dan Zwartz, Yusuke Yokoyama, [[Kurt Lambeck]] und John Chappell: ''Refining the eustatic sea-level curve since the Last Glacial Maximum using far- and intermediate-field sites.'' Earth and Planetary Science Letters, 163(1-4): 327-342, 1998 {{DOI|10.1016/S0012-821X(98)00198-8}}</ref>
</references>

{{Navigationsleiste Kaltzeiten des mitteleuropäischen Quartärs}}
{{Navigationsleiste Kalt- und Warmzeiten in Norddeutschland}}


[[Kategorie:Quartär]]
{{SORTIERUNG:St Nikolauskirche}}
[[Kategorie:Kirchengebäude in Emden]]
[[Kategorie:Kälteanomalie]]
[[Kategorie:Klimageschichte]]
[[Kategorie:Kirchengebäude der Evangelisch-reformierten Kirche (Landeskirche)|Emden]]
[[Kategorie:Nikolaikirche|Borssum]]
[[Kategorie:Backsteinkirche|Emden]]
[[Kategorie:Romanische Kirche|Emden]]
[[Kategorie:Erbaut im 13. Jahrhundert]]
[[Kategorie:Romanisches Bauwerk in Niedersachsen|Emden]]
[[Kategorie:Disposition einer Orgel]]

Version vom 11. April 2015, 00:07 Uhr

Glaziale/
Interglaziale
Stadiale/
Interstadiale[1]  
 Zeitraum
(v. Chr.)[2] 
Weichsel-
Spätglazial
Jüngere Dryaszeit 10.730–09.700
Alleröd-Interstadial 11.400–10.730
Ältere Dryaszeit 11.590–11.400
Bölling-Interstadial 11.720–11.590
Älteste Dryaszeit 11.850–11.720
Meiendorf-Interstadial 12.500–11.850
Weichsel-
Hochglazial
Mecklenburg-Phase 15.000–13.000
Pommern-Phase 18.200–15.000
Lascaux-Interstadial 19.000–18.200
Laugerie-Interstadial 21.500–20.000
Frankfurt-Phase 22.000–20.000
Brandenburg-Phase 24.000–22.000
Tursac-Interstadial 27.000–25.500
Maisières-Interstadial 30.500–29.500
Denekamp-Interstadial 34.000–30.500
Huneborg-Stadial 39.400–34.000
Hengelo-Interstadial 41.300–39.400
Moershoofd-Interstadial 48.700
Glinde-Interstadial 51.500
Ebersdorf-Stadial 53.500
Oerel-Interstadial 57.700
Weichsel-
Frühglazial
Schalkholz-Stadial 60.000
Odderade-Interstadial 74.000
Rederstall-Stadial ?
Brörup-Interstadial ?
Amersfoort-Interstadial ?
Herning-Stadial 115.000
Eem-Warmzeit
126.000

Die Letzte Kaltzeit und die damit verbundene Vergletscherung wird für Nordeuropa und das nördliche Mitteleuropa als Weichsel-Kaltzeit, Weichsel-Glazial oder Weichsel-Komplex bezeichnet. Umgangssprachlich wird sie auch Weichsel-Eiszeit oder Weichsel-Zeit benannt, im Alpenraum dagegen Würm-Kaltzeit. Kennzeichnend war ein großer Eisschild, der vom skandinavischen Hochgebirge ausging und sich bis an die schleswig-holsteinische Ostküste, in die Mark Brandenburg und nach Nordrussland erstreckte.

Sie war im nördlichen Europa die jüngste der Vergletscherungsphasen (Glaziale) des pleistozänen Eiszeitalters. Die vorangegangende Warmzeit wird im selben Bereich als Eem-Warmzeit bezeichnet. Die Letzte Kaltzeit begann vor ca. 115.000 Jahren und endete vor 11.700 Jahren.[3]Nach der internationalen Gliederung, die auf den Sauerstoff-Isotopenstufen beruht, beginnt die Letzte Große Vereisung (engl.: Last glacial period) in der Stufe MIS 5d und endet mit der Isotopenstufe MIS 2. Mit ihrem Ende endet das Pleistozän und beginnt das Holozän.

Benennung für andere Regionen

In anderen Gebieten werden die Vergletscherungen der Letzten Kaltzeit mit anderen Namen bezeichnet: So spricht man für den Alpenraum von der Würm-Kaltzeit, auf den Britischen Inseln von der Devensian glaciation (Devon-Eiszeit) und in Nordamerika als Wisconsin glaciation.

Namensgebung und Begriffsgeschichte

Namensgeber ist der Fluss Weichsel in Polen. Der Name „Weichsel-Eiszeit“ geht wahrscheinlich auf einen Vorschlag von Konrad Keilhack zurück. Ab 1909 wurde die Bezeichnung bei der Preußischen Geologischen Landesanstalt verwendet. Die Typusregion ist das untere Weichseltal, eine Typuslokalität wurde nicht festgelegt. Heute hat sich der Begriff Weichsel-Kaltzeit oder Weichsel-Glazial etabliert. Da die eigentliche „Eiszeit“ (d. h. Gletschervorstöße bis nach Norddeutschland) nur einen kleinen Teil dieses Zeitabschnitts einnimmt, bevorzugen manche Forscher den Begriff Weichsel-Komplex. In der Stratigraphischen Tabelle von Deutschland 2002 ist die Weichsel-Kaltzeit zu Weichselium abgewandelt, um sie an die Bezeichnungen der chronostratigraphischen Einheiten anzugleichen.[4]

Ablauf und Gliederung der Weichsel-Kaltzeit

Die Erde zum letzten glazialen Maximum. Illustration basierend auf: Ice age terrestrial carbon changes revisited von Thomas J. Crowley (Global Biogeochemical Cycles, Vol. 9, 1995, pp. 377-389).
Europa in der Weichsel- bzw. Würm-Kaltzeit

Vor etwa 115.000 Jahren[3] sanken die Durchschnittstemperaturen deutlich und die wärmeliebenden Waldgesellschaften wurden verdrängt. Mit diesem deutlichen Einschnitt in den Durchschnittstemperaturen endete die Eem-Warmzeit und begann die Weichsel-Kaltzeit. Sie wird nach dem Temperaturverlauf in drei Abschnitte gegliedert, das Weichsel-Frühglazial, das Weichsel-Hochglazial (auch Weichsel-Pleniglazial) und das Weichsel-Spätglazial. Während der Weichsel-Kaltzeit fanden auf der Nordhalbkugel immer wieder heftige Klimaschwankungen statt, die sogenannten Dansgaard-Oeschger-Ereignisse.

Das Weichsel-Frühglazial (115.000 - 60.000 v. Chr.) wird wiederum in vier Stadiale gegliedert:

  • Odderade-Interstadial (WF IV). Die Pollenspektren lassen auf einen borealen Wald schließen. Er beginnt mit einer Baumbirkenphase, die rasch zu einem Kiefernwald übergeht. Nachgewiesen sind auch Lärchen und Fichten sowie in sehr geringem Umfang auch Erlen.
  • Rederstall-Stadial (auch WF III). In Norddeutschland weisen die Pollenspektren auf eine Grastundra mit später folgender Strauchtundra hin.
  • das Brörup-Interstadial (auch WF II). In einigen Profilen findet kurz nach dem Beginn des Brörup-Interstadials eine kurze Abkühlungsphase, die aber nicht in allen Profilen nachweisbar ist. Dies veranlasste einige Autoren, die erste Wärmephase als Amersfoort-Interstadial abzutrennen. Inzwischen wird aber diese erste Wärme- und Abkühlungsphse in das Brörup-Interstadial mit einbezogen. Das nördliche Mitteleuropa war mit Birken- und Kiefernwäldern bewachsen. Das Brörup-Interstadial wird mit der marinen Sauerstoffisotopenstufe 5c identifiziert.
  • das Herning-Stadial (auch WF I genannt) war eine erste Kaltphase, in der Nordwesteuropa weitgehend unbewaldet war. Es entspricht der marinen Sauerstoffisotopenstufe 5d.

Im Weichsel-Hochglazial (57.000 - ca. 15.000 v. Chr.) kam es zum Vorstoß der Gletscher bis nach Norddeutschland. An der Basis sind jedoch einige Interstadiale dokumentiert.

  • Vergletscherung und Eisvorstöße bis Norddeutschland (Brandenburg-Phase, Frankfurt-Phase, Pommern-Phase, Mecklenburg-Phase).
  • Denekamp-Interstadial. Die Pollenspektren zeigen eine Strauchtundra an.
  • Hengelo-Interstadial. Die Pollen zeigen Sauergrasgewächse (Cyperaceae) und vorübergehend hohe Werte von Zwerg-Birke (Betula nana) an.
  • Moershoofd-Interstadial. Die Pollenspektren zeigen eine baumlose Tundravegetation mit hohen Anteilen an Sauergrasgewächsen (Cyperaceae) an.
  • Glinde-Interstadial (WP IV). Das Pollendiagramm lässt auf eine baumlose Strauchtundra schließen.
  • Ebersdorf-Stadial (WP III). In Norddeutschland ist dieser Zeitabschnitt durch einen pollenfreien Sand charakterisiert.
  • Oerel-Interstadial (WP II). Die Pollendiagramme deuten auf eine baumfreie Strauchtundra in Norddeutschland hin.
  • Schalkholz-Stadial (WP I). Ein erster Eisvorstoß könnte bereits die südliche Ostseeküste erreicht haben. An der Typlokalität Schalkholz (Lkr. Dithmarschen) dokumentiert ein pollenfreier Sand eine weitgehend vegetationslose Landschaft

Das kurze Weichsel-Spätglazial' (12.500 - ca. 10.000 v. Chr.) ist die Phase langsamer Erwärmung nach dem Weichsel-Hochglazial. Es ist aber wiederum von einigen recht kühlen Phasen unterbrochen.

Nach dem letzten dieser Temperaturrückgänge, der „Jüngeren Dryaszeit“, endete das Weichsel-Glazial mit einem abrupten Temperaturanstieg ca. 9.660 ± 40 v. Chr.[5] Damit begann gleichzeitig unser heutiges Interglazial, das Holozän.

Neben der angeführten Gliederung werden die Ablagerungen des Weichsel-Spätglazials nach dem Stand des Eisrückzugs in vier Stadien untergliedert: Germaniglazial (Deutschland wird eisfrei), Daniglazial (Dänemark wird eisfrei), Gotiglazial (Gotland wird eisfrei) und Finiglazial (Finnland und Norwegen werden eisfrei).[6]

  • Maximale Eisrandlage (Brandenburger Stadium) der Weichsel-Kaltzeit in Norddeutschland (rote Linie)
  • größte Ausdehnung der Vergletscherung der älteren Saalekaltzeit (gelbe Linie)
  • Ausdehnung des Inlandeises

    Die Ausdehnung des Eisschildes war in der Weichsel-Kaltzeit, verglichen mit den älteren Kaltzeiten (Elster- und Saalekaltzeit), deutlich geringer.[7] In Deutschland endete der maximale Eisvorstoß des Weichselglazials etwa an der Linie der heutigen Städte Flensburg, Rendsburg, Hamburg, Ahrensburg, südlich Schwerin, Havelberg, Brandenburg an der Havel, Luckenwalde, Lübben und Guben, also innerhalb des nordostdeutschen Tieflandes. Die Elbe sowie der warthestadiale (saalekaltzeitliche) Südliche Landrücken wurden von dem weichselzeitlichen Inlandeis nicht überschritten, sie unterlagen durch Bildung von Niederterrassen und Aufwehungen von Binnendünen und Löss in dieser Zeit periglazialem Einfluss.

    Gliederung der Eisvorstöße

    Während des Hochglazials der Weichsel-Kaltzeit gab es in Norddeutschland drei oder vier große Vorstoßphasen des Eises.[7] Jede Vorstoßphase hinterließ eine Gruppe von Endmoränen, eine so genannte Staffel. Jedes der Stadien hat einen eigenen Geschiebemergel abgelagert.

    Während der Brandenburg-Phase erreichte das Eis seine maximale Ausdehnung (südlich die Glogau-Baruther Urstromtalung und nordwärts folgend die Potsdamer Urstromtalung vorgelagert). Diese Linie wird auch als Brandenburger Eisrandlage bezeichnet. Zum Brandenburger Stadium gehört auch die Frankfurter Staffel, die nordöstlich von Berlin verläuft und keinen eigenen Geschiebemergel aufweist.

    Die zweite große Vorstoßphase ist die Frankfurt-Phase. Sie wird in der älteren Literatur häufig nicht von der Brandenburg-Phase abgetrennt.

    Die Pommern-Phase ist mit der sehr gut ausgebildeten Pommerschen Eisrandlage nördlich von Eberswalde entwickelt.

    Der vierte große Vorstoß, das Mecklenburger Stadium mit der Rosentaler Staffel erreichte nur noch Mecklenburg-Vorpommern. Umstritten ist nach wie vor, wie weit das Inlandeis zwischen den einzelnen Stadien nach Norden zurückschmolz.

    Landschaftsbild im Vereisungsgebiet

    Paläogeografische Darstellung der heutigen Nordsee vor etwa 9000 Jahren, kurz nach dem Ende der Weichseleiszeit und dem damit verbundenen raschen Wiederanstieg des Meeresspiegels.

    Diese letzte Kaltzeit hat durch ihr Vordringen und Zurückweichen des Eises eine vielfältige Jungmoränenlandschaft hinterlassen. Typisch dafür sind frische, gut ausgebildete Formen der Glazialen Serie. Dazu gehören die Urstromtäler mit Talsandflächen, in denen sich Abschnitte der heutigen Flussläufe von Elbe, Oder, Havel und Spree befinden. Zu nennen ist das Glogau-Baruther Urstromtal, das die Brandenburger Eisrandlage entwässerte, das Warschau-Berliner Urstromtal mit der zugehörigen Frankfurter Staffel und das Thorn-Eberswalder Urstromtal, welches die Pommersche Eisrandlage entwässerte.[8]

    Ein weiteres Relikt aus der Zeit ist die Seenlandschaft der Mecklenburgischen Seenplatte. Auch Brandenburg und das Schleswig-Holsteinische Hügelland (Ostholstein) sind reich an weichselglazialen Seen, so etwa der Plöner See in der Holsteinischen Schweiz. Einige Seen wie der Schweriner und der Ratzeburger See sind in Gletscherzungenbecken entstanden.

    Ein weiteres Beispiel für den von der Weichselkaltzeit hinterlassenen Formenschatz bietet der Baltische oder Nördliche Landrücken. Er besteht aus lebhaft gegliederten und vielfach hintereinander gestaffelten Endmoränenwällen und begleitet die heutige Ostseeküste bis nach Nordpolen. In Pommern und Masuren werden dabei stellenweise Höhen bis über 300 m NN erreicht, so bei Wieżyca, südwestlich von Danzig 329 m und 312 m südlich von Ostroda. Die höchsten Erhebungen aus dem Pommerschen Stadium sind im deutschen Teil des Nördlichen Landrückens die Helpter Berge. Sie erreichen eine Höhe von 179 m südöstlich von Neubrandenburg in Mecklenburg-Vorpommern.[8]

    Weichsel-/Würm-Kaltzeit im Vergleich zur Saale/Riß-Kaltzeit. Die Gletschervorstöße waren unterbrochen von wärmeren Perioden, in denen sich die archaiischen Menschen Europas (der Neandertaler als Nachfolger des Homo heidelbergensis) über die Permafrostgrenze hinaus nach Norden und Nordosten ausbreiteten. Ab etwa 40.000 v. Chr. besiedelte der moderne Cro-Magnon-Mensch diese Gebiete.

    Ausklang der Weichselkaltzeit

    Der Ausklang der bisher jüngsten Kaltzeit in Mitteleuropa ist gekennzeichnet durch den etappenweisen Rückzug des Eisrandes nach Norden. Durch das Abschmelzen des Eises stieg der vorher stark gesunkene Meeresspiegel wieder an, um insgesamt etwa 120 Meter von einem absoluten Tiefstand vor etwa 22.000 Jahren.[9] In einem komplizierten Wechselspiel von Eisstauseen und Meeresvorstößen bildete sich über mehrere Stadien wie den Ancylussee mit dem Baltischen Eisstausee, dem Yoldiameer und dem Littorinameer die heutige Ostsee aus.[7] Dem Rückzug des Eises folgte eine Wiederbesiedlung durch Pflanzen und Tiere. Mit ihrer Nordwanderung gingen verschiedene Siedlungswellen von Jäger- und Sammlerkulturen einher.

    Siehe auch

    Literatur

    • Thomas Litt, Karl-Ernst Behre, Klaus-Dieter Meyer, Hans-Jürgen Stephan und Stefan Wansa: Stratigraphische Begriffe für das Quartär des norddeutschen Vereisungsgebietes. In: T. Litt im Auftrag der Deutschen Stratigraphischen Kommission (Hrsg.): Stratigraphie von Deutschland - Quartär. Special issue. Eiszeitalter und Gegenwart/Quaternary Science Journal. 56, No. 1/2. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele und Obermiller), 2007, ISSN 0424-7116, S. 7–65, doi:10.3285/eg.56.1-2.02.
    • H. Liedtke & J. Marcinek: Physische Geographie Deutschlands, Justus Perthes Verlag, Gotha 1995 ISBN 3-623-00840-0

    Einzelnachweise

    1. Thomas Litt, Achim Brauer, Tomasz Goslar, Josef Merkt, Krystyna Bałaga, Helmut Müller, Magdalena Ralska-Jasiewiczowa, Martina Stebich, Jörg F. W. Negendank: Correlation and synchronisation of Lateglacial continental sequences in northern central Europe based on annually laminated lacustrine sediments. In: Quaternary Science Reviews. vol. 20, Nr. 11, Mai 2001, S. 1233–1249.
    2. Zur Vereinheitlichung wurden die Altersangaben der Klimastufen des Weichsel-Spätglazials umgerechnet auf v. Chr. Bei den dendrochronologischen und warvenchronologischen Daten ist der Bezugspunkt das Jahr 1950, d. h. es müssen 1950 Jahre abgezogen werden, um v. Chr.-Angaben zu erhalten. Die Eiskerndaten beziehen sich dagegen auf das Bezugsjahr 2000. Die Altersangaben ab dem Weichsel-Hochglazial sind jeweils der ungefähre Beginn des entsprechenden Zeitintervalls v.h.
    3. a b Litt et al. (2007: S.45ff)
    4. * Stratigraphische Tabelle von Deutschland 2002, Deutsche Stratigraphische Kommission (DSK), 2002. ISBN 3-00-010197-7 (PDF-Datei; 7 MB)
    5. Friedrich M, Kromer B, Spurk M, Hofmann J, Kaiser KF.(1999): Paleo-environment and radiocarbon calibration as derived from Late Glacial/Early Holocene tree-ring chronologies. In: Quaternary International 61:27–39.
    6. Karl N. Thome: Einführung in das Quartär. Das Zeitalter der Gletscher. Springer-Verlag, Berlin 1998, S. 72 (Seite 72 in der Google-Buchsuche).
    7. a b c Hohl, Rudolf (Hrg.): Die Entwicklungsgeschichte der Erde. 6. Auflage, Werner Dausien Verlag, Hanau 1985, 703 S. ISBN 3-7684-6526-8, S. 410ff
    8. a b Schmitt, Eckart et al. (1975): Harms Handbuch der Geographie - Deutschland. 26. Auflage, Paul List Verlag, München, 432 S. ISBN 3-471-18803-7, S. 70
    9. Kevin Fleming, Paul Johnston, Dan Zwartz, Yusuke Yokoyama, Kurt Lambeck und John Chappell: Refining the eustatic sea-level curve since the Last Glacial Maximum using far- and intermediate-field sites. Earth and Planetary Science Letters, 163(1-4): 327-342, 1998 doi:10.1016/S0012-821X(98)00198-8