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Lie to Me und Baal (1970): Unterschied zwischen den Seiten

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{{Infobox Fernsehsendung
{{Infobox Film
| ID =
| DT =
| DT = Lie to Me
| OT = Baal
| PL = [[Deutschland]]
| OT = Lie to Me
| PL = [[Vereinigte Staaten]]
| PJ = [[Filmjahr 1970|1970]]
| FSK = 12 (DVD-Fassung)
| PJ = seit 2009
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| PRO = [[Brian Grazer]]<br />[[David Nevins]]<br />[[Samuel Baum]]
| OS = [[Deutsche Sprache|Deutsch]]
| LEN = 42
| REG = [[Volker Schlöndorff]]
| EA = 23+
| DRB = [[Volker Schlöndorff]] <small>nach dem Theaterstück von</small> [[Bertolt Brecht]]
| ST = 2+
| PRO = [[Liste deutscher Filmproduktionsgesellschaften#Neugründungen 1946–1990|Hallelujah-Film]]<br />[[Hessischer Rundfunk]]<br />[[Bayerischer Rundfunk]] <small>unter der Leitung von Helmut Haffner</small>
| OS = [[Englische Sprache|Englisch]]
| KAMERA = [[Dietrich Lohmann]]
| MUSIK =
| SCHNITT = [[Peter Ettengruber]]
| SONG = „Brand New Day“ von [[Ryan Star]]
| IDEE = [[Samuel Baum]]
| MUSIK = [[Klaus Doldinger]]
| AUSSTATTUNG = [[Hanna Axmann-Rezzori]]
| GENRE = [[Drama]]<br />[[Kriminalität|Krimi]]
| EAS = 21. Januar 2009 (USA)
| DS =
* [[Rainer Werner Fassbinder]]: Baal
| SEN = [[Fox Broadcasting Company|FOX]]
* [[Sigi Graue]]: Ekart
| EASDE = 10. März 2010
* [[Margarethe von Trotta]]: Sophie
| SENDE = [[VOX]]
* [[Günther Neutze]]: Nech
| NDS =
* [[Miriam Spoerri]]: Emilie
| SYN =
* [[Marian Seidowsky]]: Johannes
* [[Irmgard Paulis]]: Johanna
* [[Carla Egerer]]: Carla Aulaulu
* [[Hanna Schygulla]]: Luise
* [[Wilmut Borell]]
* [[Rudolf Waldemar Brem]]
* [[Andrea Brüdern]]
* [[Claudia Butenuth]]
* [[Johannes Buzalski]]
* [[András Fricsay|András Fricsay Kali Son]]: Andreas Fricsay
* [[Michael Gempart]]
* [[Irm Hermann]]: Hausherrin
* [[Michael Grasshoff]]
* [[Günther Kaufmann]]
* [[Jean Launay]]
* [[Sabine von Maydell]]
* [[Eva Pampuch]]
* [[Herbert Rimbach]]
* [[Christine Schuberth]]
* [[Walter Sedlmayr]]
* [[Sigi Sommer]]: Siegfried Sommer
* [[Ulf-Jürgen Wagner]]: Ulf Wagner
}}
}}


'''Baal''' ist eine Fernsehverfilmung des [[Baal (Brecht)|Theaterstücks ''Baal'']] von [[Bertolt Brecht]] durch den deutschen [[Filmregisseur|Regisseur]] [[Volker Schlöndorff]]. Der Film wurde 1969 gedreht und erstmals am 7.&nbsp;Januar [[Filmjahr 1970|1970]] im [[hr-Fernsehen|Hessischen Fernsehen]] gesendet sowie noch einmal am 21.&nbsp;April 1970 im [[Das Erste|Ersten Programm]]. Am 20. März 2014 wurde der Film auf DVD und Blu-Ray veröffentlicht.
'''Lie to Me''' ist eine US-amerikanische Fernsehserie, die am 21. Januar 2009 ihre Erstausstrahlung hatte. In der Serie übernehmen Dr. Cal Lightman und seine Kollegen der Lightman Group Aufträge Dritter (meistens lokale oder staatliche Strafverfolgungsbehörden) und helfen bei den Untersuchungen, indem sie versuchen, durch [[angewandte Psychologie]] die Wahrheit herauszufinden. Dies versuchen sie durch Analyse von sogenannten „Microexpressions“, mithilfe des [[Facial Action Coding System]] und durch Untersuchung der [[Nonverbale Kommunikation|Körpersprache]]. Der bedeutende US-Psychologe [[Paul Ekman]] und seine Forschungen werden in der Sendung dargestellt.


Bei der Produktion von ''Baal'' wirkten zahlreiche Personen mit, die seinerzeit kurz vor ihrem künstlerischen Durchbruch standen: Neben dem für Drehbuch und Regie verantwortlichen [[Volker Schlöndorff]] sind dies insbesondere der Kameramann [[Dietrich Lohmann]], der Filmmusik-Komponist [[Klaus Doldinger]], die in den Hauptrollen besetzten Darsteller [[Rainer Werner Fassbinder]] und [[Margarethe von Trotta]] sowie die in weiteren Rollen besetzten Schauspieler [[Hanna Schygulla]], [[Günther Kaufmann]], [[Irm Hermann]], [[Walter Sedlmayr]] und [[Carla Egerer]]. Am Ende der Dreharbeiten heiratete Fassbinder die Schauspielerin [[Ingrid Caven]].<ref name=welt/>
In Deutschland wird die Serie seit dem 10. März 2010 um 21.15 Uhr auf [[VOX]] ausgestrahlt.


== Handlung ==
== Handlung ==
Im Zentrum steht ein begabter junger Dichter, der nur mit seiner [[Lyrik|Kunst]], sondern auch mit seiner [[Lebensstil|Lebensweise]] die Normen und Regeln der [[Bourgeoisie|bürgerlichen Gesellschaft]] außer Kraft setzt. Nach Brechts Worten behandelt das Stück die gewöhnliche Geschichte eines Mannes, der in einer Branntweinschenke einen Hymnus auf den Sommer singt, ohne die Zuschauer ausgesucht zu haben – einschließlich der Folgen des Sommers, des Branntweins und des Gesanges – … Nicht die Verherrlichung nackter Ichsucht und schrankenloser Lebensgier eines asozialen Dichters ist das Thema des Stückes, sondern die Reaktion eines ungebrochenen Ich auf die Zumutungen und Entmutigungen einer Welt, die selber asozial ist.<ref name=VolkerSchloendorff-com>[http://www.volkerschloendorff.com/werke/baal/inhalt/ Brecht über ''Baal''] zitiert nach VolkerSchloendorff.com</ref>
Basierend auf den realen wissenschaftlichen Forschungen von [[Paul Ekman]], begleitet die Serie Lightman und sein Team von Täuschungsexperten während sie ihren jeweiligen Auftraggebern bei der Suche nach der Wahrheit helfen. Hierzu analysieren sie neben der Körpersprache sogenannte 'Mikroausdrücke' (englisch 'Micro-Expressions'): unwillkürliche Bewegungen der Gesichtsmuskeln, die auf die wahre und unterdrückte Emotionslage hindeuten. Damit können sie herausfinden, ob die befragte Person lügt oder die Wahrheit spricht. Allerdings wird nicht deutlich, warum die Person dies tut. Da diese Technik unkonventionell und kaum bekannt ist, wird sie von einigen Agenten der einzelnen Agenturen skeptisch angesehen.


==Der Film==
Zu Beginn der ersten Staffel werben Cal und Gillian eine neue Angestellte an: die [[Transportation Security Administration|TSA]]-Beamtin Ria Torres. Sie ist ein Naturtalent, was die Interpretation von Mikroausdrücken und Körpersprache angeht und fiel wegen ihrer außergewöhnlich guten Täuschungserkennung auf. Diese natürliche Begabung trifft auf den akademischen erarbeiteten Ansatz von Cal.
1969 verfilmte Schlöndorff ''Baal'' mit einem Etat von angeblich nur 160.000 [[Deutsche Mark|D-Mark]] <ref>[http://www.deutsches-filmhaus.de/filme_einzeln/sch_einzeln/schloendorff/baal.htm Datenblatt zum Film (Deutsches Filmhaus)]</ref> und gesamten Produktionskosten von höchstens 300.000 D-Mark<ref name=Interview>[http://www.deutsches-filmhaus.de/bio_reg/sch_bio_regiss/schloendorff_interview.htm#baal Schlöndorff-Interview] von [[Peter W. Jansen]]</ref>


1969 war es in der [[Bundesrepublik Deutschland]] üblich, dass Theateraufführungen mit drei recht statisch geführten Kameras für das Fernsehen aufgenommen wurden.<ref>Inga Lemke: Das Spektrum und die Ästhetik der Theaterverfilmungen in Deutschland. In: DFG-Forschergruppe „Programmgeschichte des DDR-Fernsehens“ an der Humboldt-Universität Berlin (Hg.) ''Das literarische Fernsehen. Beiträge zur deutsch-deutschen Medienkultur''. Peter Lang, Frankfurt am Main/New York 2007</ref>Diese Inszenierungs- und Verfilmungspraxis erschien Volker Schlöndorff als „recht verstaubt“.<ref name=FILM2003>Schlöndorff, in: ''Brecht plus minus Film''</ref> Er wollte eine Darstellungsform zwischen dem Filmgenre und dem Genre [[Fernsehspiel]] finden, die den Möglichkeiten des [[Massenmedien|Medium]]s Fernsehen „besser angepasst“ wäre<ref>Webpräsenz Schlöndorff</ref> als die gängige Form, die er als „[[Ampex]]-Konserve“<ref name=FILM2003/> kritisierte. Schlöndorff ließ den Film im 16mm-Format von Fassbinders Kameramann Dietrich Lohmann „aus der Hand“ drehen.
== Hauptcharaktere ==
* '''Dr. Cal Lightman''' ist ein Experte in Sachen Körpersprache und Mikroausdrücken. Zudem ist er der Gründer der „Lightman Group“, eines privaten Unternehmens, das als unabhängiger Vertragspartner für seine Auftraggeber Untersuchungen mit angewandter Psychologie durchführt. Er nutzt jede erdenkliche psychologische Technik, die er für notwendig erachtet, um die Wahrheit herauszufinden. Er ist geschieden und teilt sich mit seiner Exfrau das Sorgerecht für die gemeinsame Tochter. Seine Mutter beging Selbstmord, als er ein Kind war, was ihn dazu brachte, Mikroausdrücke zu erforschen. Der Charakter basiert auf [[Paul Ekman]], einem der bedeutendsten Psychologen der Gegenwart.


Gedreht wurde im Spätsommer 1969 nicht auf der Bühne (wie das damals noch bei Theaterverfilmungen üblich war), sondern an Originalschauplätzen in München und Umgebung. Nachdem zwei Wochen lang in den Proberäumen des koproduzierenden [[Bayerischer Rundfunk|Bayerischen Rundfunks]] geprobt wurde, dauerten die eigentlichen Dreharbeiten knapp drei Wochen.
* '''Dr. Gillian Foster''' ist Dr. Lightmans Kollegin und Mitarbeiterin in der Lightman Group. Die Unaufrichtigkeit ihres Mannes strapaziert oft ihre Vereinbarung mit Lightman, die professionellen Fähigkeiten nicht im Privatleben einzusetzen. Als Lightman glaubt, dass Fosters Mann Alec sie betrügt, ignoriert er zum Missfallen von Torres seine Vermutung. Gillian adoptierte ein Baby (Sophie), das letztendlich jedoch seiner leiblichen Mutter zurückgebracht wurde. Dieser Charakter basiert auf Prof. Maureen O’Sullivan, einer Psychologie-Professorin der Universität San Francisco.


== Drehbuch ==
* '''Eli Loker''' ist ein Mitarbeiter der „Lightman Group“. Loker ist akademisch ausgebildet und erlangte seine Fähigkeiten durch Übung. Er ist auch Anhänger der These der „radikalen Wahrheit“. Das bedeutet, er lügt sehr selten, auch wenn es ihn grob und undiplomatisch wirken lässt. Beispielsweise erzählt er, als er Torres im Pilot der Serie zum ersten Mal sieht, dass er Sex mit ihr haben wolle. In einer späteren Episode degradiert ihn Lightman zum unbezahlten Praktikanten, da er geheime Informationen an die [[United States Securities and Exchange Commission|SEC]] weitergab, während die Firma an einem Fall arbeitete.
Schlöndorff entschied sich nicht für eine der vier Fassungen Brechts, sondern stellte eine eigene Synthese aus den verschiedenen Fassungen des Bühnenspiels her. Dabei glättete und aktualisierte er die Sprache: So wurde aus einem „[[Leibchen]]“ ein „Hemd“; auch strich er Szenen, zu deren Verständnis historische Hintergründe, etwa vom Ende des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieges]] erforderlich gewesen wären. Wie es bei filmischen Bearbeitungen auch sonst häufig üblich ist, strich Schlöndorff längere [[Monolog]]e. Die entstehenden Version des ''Baal'' enthielt zwar noch 24 Szenen, war aber vom Textumfang her noch knapper als Brechts letzte Fassung (die 13 Szenen enthielt). Andererseits bleiben aber Stellen im Stück, die sich mit dem [[Expressionismus (Literatur)|Expressionismus]] beschäftigen und die in Brechts letzten Fassungen fehlen.<ref>Lang ''Episches Theater als Film'', S. 318ff.</ref>


Schlöndorff war zwar der Ansicht, alles aus dem Text Brechts zu übernehmen, was in allen Fassungen enthalten war und so den Text „möglichst komplett zu machen“<ref name=FILM2003/>; tatsächlich führten aber die Textauswahl, die Kürzungen und auch dramatische Umstellungen dazu, dass sich die „Gewichtung verschiedener Aspekte des Stückes veränderte.“<ref>Joachim Lang, Episches Theater als Film, S. 319</ref> Letztlich rückt das Drehbuch „die [[Utopie|utopische]], [[Anarchie|anarchistische]] Komponente der Befreiung in den Mittelpunkt.“<ref>Joachim Lang, Episches Theater als Film, S. 320</ref> Mit seiner Verfilmung beabsichtigte Schlöndorff, „dem letzten anarchistischen Einzelkämpfer ein kritisches Denkmal“ zu setzen.<ref>Filmprospekt S. 7</ref> An die Stelle der Auseinandersetzung mit der Gesellschaft tritt in dem Film tendenziell die Auseinandersetzung mit dem Künstler und seiner Weltsicht. „Schlöndorff verstärkt die Tendenzen, in denen Baals Drang zur [[Freiheit]] und Unabhängigkeit zum Ausdruck kommt. Das Negative, Zersetzende der Brechtschen Figur wird vermindert; stattdessen beinhaltet die Textfassung der Verfilmung eine utopische Komponente.“<ref>Lang ''Episches Theater als Film'', S. 323</ref>
* '''Ria Torres''' ist Mitarbeiterin der Lightman Group und Schützling von Dr. Lightman, der sie als ein Naturtalent im Entlarven von Lügen ("wizard") erkannte, als sie noch als Sicherheitskontrolleurin am Flughafen arbeitete. Torres wurde als Kind von ihrem Vater missbraucht. Missbrauch ist bei den Naturbegabten ein typisches Muster. Auch wenn sie talentiert und loyal ist, fehlt es ihr oft an akademischen Wissen, wodurch ihre Emotionen ihre Entscheidungen beeinflussen können.


== Stilmittel ==
* '''Emily Lightman''' (gespielt von [[Hayley McFarland]]) ist die Teenager-Tochter Lightmans. Ihre Eltern teilen sich das Sorgerecht für sie. Zwischen ihr und ihrem Vater entstehen oftmals Probleme, wenn er sie „liest“, was sie nicht akzeptieren will. Manchmal zeigt sie aber auch das Talent, Menschen zu „lesen“, sogar ihren Vater.
Anders als in Brechts Bühnenstück steht der „Choral vom Großen Baal“ nicht nur am Anfang des Films, sondern einzelne Strophen des Chorals werden wiederholt und ziehen sich „als immer wiederkehrendes Moment“ durch den Film und werden so zu Kommentaren, die das Geschehen im Film unterbrechen und die filmische Erhählung erläutern.<ref>Lang ''Episches Theater als Film'', S. 322</ref>


Im Unterschied zu früheren Verfilmungen werden keine Kulissen gebaut; vielmehr „wird die Handlung in der ungebrochen abgebildeten Wirklichkeit der Zeit“ angesiedelt.<ref>Lang ''Episches Theater als Film'', S. 328</ref> Durch die Wahl der Schauplätze, an denen die Handlung spielt, setzte Schlöndorff gezielt Akzente: „Die Bilder der [[Natur]] geraten in den Gegensatz zur [[Zivilisation]].“ Beispielsweise steht das Wasser für „die Erfahrung, sich treiben zu lassen und zu zerfließen.“ Nachdem Baal Johanna kränkt und sie das Zimmer verlässt, geht sie an den Fluss. Als Baal sich von Sophie löst, waten beide durch einen Fluss; am Ufer angekommen macht Baal seinem Freund eine Liebeserklärung.<ref>Lang ''Episches Theater als Film'', S. 324</ref> Schlöndorff stellt die Zivilisation in einen harten Kontrast zur Natur.
* '''Ben Reynolds''' (gespielt von [[Mekhi Phifer]]) ist ein FBI-Agent, der die Lightman Group bei ihren Untersuchungen unterstützt.


Schlöndorff ließ vor allem mit dem natürlichen Licht filmen, das nur selten durch [[Beleuchtung|Kunstlicht]] korrigiert wird. Das „führt zu ungewohnten Schatten und zu [[Belichtung (Fotografie)|Über- und Unterbelichtungen]]. Dadurch erscheint ein ungeschöntes Bild der [[Wirklichkeit]]; sie wird ungebrochen und roh gezeigt.“<ref>Lang ''Episches Theater als Film'', S. 328</ref>


== Besetzung ==
== Aufführungsverbot ==
[[Helene Weigel]], die Frau des 1956 gestorbenen [[Bertolt Brecht]], sah den Film anläßlich seiner bundesweiten Erstausstrahlung im Fernsehen. Sie war mit ihm höchst unzufrieden. Sie und weitere Erben Bertolt Brechts untersagten deshalb mehr als 40 Jahre lang jede weitere Vorführung oder Ausstrahlung der Verfilmung.<ref>[http://www.dieterwunderlich.de/Janson_Baal.htm ''Baal''-Filmkritik von Dieter Wunderlich, 2004]</ref>


Auch nach dem Tod von Helene Weigel 1970 hielt ihre Tochter [[Barbara Brecht-Schall]], die Erbin der Werke von Bertolt Brecht, den Willen der Mutter trotz mehrfacher Bemühungen, sie umzustimmen, aufrecht. Erst 2011 gab sie der zwei Jahre zuvor geäußerten Bitte von [[Juliane Lorenz]], der Leiterin der ''[[Rainer Werner Fassbinder#Früher Tod|Rainer Werner Fassbinder Foundation]]'', nach und stimmte der digitalen Aufarbeitung und Veröffentlichung des Films zu. Erstmals wieder aufgeführt wurde der Film auf der [[Berlinale]] am 7., 8. und 9.&nbsp;Februar 2014.<ref>[http://www.fassbinderfoundation.de/category/news/ Volker Schlöndorffs ''Baal'' mit Fassbinder in der Titelrolle als Special auf der Berlinale], Pressemitteilung, Rainer Werner Fassbinder Foundation, Berlin, 1.&nbsp;Februar 2014</ref><ref name=welt/> Im Frühjahr 2014 erschien der Film bei [[Zweitausendeins]] erstmals auf DVD.<ref>[http://www.zweitausendeins.de/baal-zweitausendeins-edition-deutscher-film-7-1969.html ''Baal'' Zweitausendeins Edition Deutscher Film 7/1969] bei Zweitausendeins.de</ref>
{| class="wikitable"
| bgcolor="#FFEBAD" | '''Charakter'''
| bgcolor="#FFEBAD" | '''Schauspieler'''
| bgcolor="#FFEBAD" | '''Deutsche [[Synchronisation_(Film)|Synchronstimme]]'''
|-
| Dr. Cal Lightman
| [[Tim Roth]]
| [[Patrick Winczewski]]
|-
| Dr. Gillian Foster
| [[Kelli Williams]]
| [[Claudia Lössl]]
|-
| Eli Loker
| [[Brendan Hines]]
| [[Markus Pfeiffer]]
|-
| Ria Torres
| [[Monica Raymund]]
| [[Sonja Spuhl]]
|-
| Ben Reynolds
| [[Mekhi Phifer]]
|
|-
| Karl Dupree
| [[Sean Patrick Thomas]]
|
|-
| Emily Lightman
| [[Hayley McFarland]]
|
|-
| Zoe Landau (Emilys Mutter)
| [[Jennifer Beals]]
|-
|}


Ausschnitte aus ''Baal'' sind im Dokumentar-Kurzfilm ''Rainer Werner Fassbinder, 1977'' von
== Ausstrahlung ==
Florian Hopf und Maximiliane Mainka zu sehen.<ref>[http://www.imdb.de/title/tt0065440/maindetails Angaben zu ''Baal'' (1970)] auf [[Internet Movie Database]]</ref>


== Hintergrund ==
{| class="wikitable" style="text-align:center; top"
''Baal'' war die erste Produktion der Münchener [[Liste deutscher Filmproduktionsgesellschaften#Neugründungen 1946–1990|Hallelujah-Film GmbH]], die 1969 von [[Volker Schlöndorff]] und [[Peter Fleischmann]] gegründet wurde und bis 1995 bestand. Die ''Baal''-Verfilmung ist der vierte Film von [[Volker Schlöndorff]]. Gemäß seiner Website hat [[Volker Schlöndorff|Schlöndorff]] „die Fernsehproduktion des Baal als einen Versuch angelegt, zwischen der Kategorie Film und der Kategorie Fernsehspiel eine Darstellungsform zu finden, die den Möglichkeiten des Mediums Fernsehen besser angepasst ist“.<ref name=VolkerSchloendorff-com></ref> Die Fernsehproduktion ''Baal'' ist Schlöndorffs erste Zusammenarbeit mit dem Filmregisseur und Darsteller Rainer Werner Fassbinder, der hier als Hauptdarsteller fungiert. 1978 drehen Fassbinder, Schlöndorff und weitere Mitwirkende den Film ''[[Deutschland im Herbst]]''.
|- style="color:#000000; background-color:#006699;"
! width="60" | Staffel
! width="80" | Episoden
! width="260" | Ausstrahlung<br />(FOX)
! width="260" | Ausstrahlung<br />(VOX)
! width="260" | Ausstrahlung<br />(3+)
|-
| style="text-align:left; top" | Staffel 1
| 13
| 21. Januar 2009 – 13. Mai 2009
| seit 10. März 2010
| seit 24. März 2010
|-
| style="text-align:left; top" | Staffel 2
| 10<br />12
| 28. September 2009 – 14. Dezember 2009<br />7. Juni 2010 - 23. August 2010
|
|
|-
| style="text-align:left; top" | Staffel 3
| TBA
| Ende 2010
|
|
|-
|}


Drei Schauspieler in ''Baal'' gehörten dem Münchener [[Antiteater|antiteater]] an (Rainer Werner Fassbinder, Hanna Schygulla, Rudolf Waldemar Brem), das sich im Jahr 1968 auf Initiative von Fassbinder und [[Peer Raben]] als Nachfolgerin des Action-Theaters gegründet hatte und als Gegenmodell zum Staatstheater gedacht war.
== Episoden ==


Für Volker Schlöndorff ist die ''Baal''-Verfilmung die erste Zusammenarbeit mit Hanna Schygulla. Sie spielte im selben Jahr auch in Fassbinders ersten vier Spielfilmen ''[[Liebe ist kälter als der Tod]]'', ''[[Katzelmacher]]'', ''[[Götter der Pest]]'' und ''[[Warum läuft Herr R. Amok?]]'' Hauptrollen. Mit Schlöndorff arbeitete sie 1980 erneut zusammen für die Verfilmung des Romans von [[Nicolas Born]] mit dem Titel ''[[Die Fälschung]]''.
<div style="clear:both; class="NavFrame">
<div class="NavHead" style><div align="center">Staffel 1</div></div>
<div class="NavContent">


Bei der Arbeit zu ''Baal'' lernte Fassbinder Margarethe von Trotta und Günther Kaufmann kennen.<ref>''Rainer Werner Fassbinder: Dichter Schauspieler Filmemacher – Werkschau 28.5.–19.7.1992.'' Herbert Gehr und Marion Schmid (Redaktion), Rainer Werner Fassbinder Foundation (Hrsg.), Argon Verlag, Berlin, 1992, ISBN 3-87024-212-4</ref> Die Begegnung war der Anfang einer mehrjährigen Zusammenarbeit Fassbinders als Filmregisseur mit von Trotta und Kaufmann, die durch seine Filme als Schauspieler bekannt wurden. Erstmals spielten beide in Fassbinders drittem Spielfilm ''[[Götter der Pest]]'', der im Oktober/November 1969 gedreht wurde. [[Carla Egerer]] (die sich auch Carla Aulaulu nennt) und in ''Baal'' mitspielt, hatte in den Jahren 1969/1970 Auftritte in sechs Fassbinder-Filmen. Auch Walter Sedlmayr wirkte von 1970–1975 in weiteren acht Fassbinder-Filmen mit.
{| class="wikitable" width="100%"
|- class="hintergrundfarbe9"
! Nummer <br /> <small>(Gesamt)</small>
| Nummer <br /> <small>(Staffel)</small>
| Originaltitel
| Deutscher Titel<ref name=eplist>[http://www.fernsehserien.de/index.php?serie=12834&seite=8 Episode Guide bei fernsehserien.de]</ref>
| Erstausstrahlung<br /><small>(FOX)</small>
| Erstausstrahlung<br /><small>(VOX)</small>
| Erstausstrahlung<br /><small>(3+)</small>
|-
| 01
| 01
| Pilot
| Die Wahrheit der Lüge
| 21. Januar 2009
| 10. März 2010
| 24. März 2010
|-
| 02
| 02
| Moral Waiver
| Schweres Geschütz
| 28. Januar 2009
| 17. März 2010
| 31. März 2010
|-
| 03
| 03
| A Perfect Score
| Unter Druck
| 4. Februar 2009
| 24. März 2010
| <!-- 7. April 2010 -->
|-
| 04
| 04
| Love Always
| Das Attentat
| 18. Februar 2009
| 31. März 2010
| <!-- 14. April 2010 -->
|-
| 05
| 05
| Unchained
| Entfesselt
| 4. März 2009
| 7. April 2010
| <!-- 21. April 2010 -->
|-
| 06
| 06
| Do No Harm
| Seelenqualen
| 11. März 2009
| 14. April 2010
| <!-- 28. April 2010 -->
|-
| 07
| 07
| The Best Policy
| Um jeden Preis
| 18. März 2009
| 21. April 2010
| <!-- 5. Mai 2010 -->
|-
| 08
| 08
| Depraved Heart
| Herz aus Stein
| 1. April 2009
| <!-- 28. April 2010 -->
| <!-- 12. Mai 2010 -->
|-
| 09
| 09
| Life Is Priceless
| Verschüttet
| 8. April 2009
| <!-- 5. Mai 2010 -->
|
|-
| 10
| 10
| Better Half
| Glut und Asche
| 22. April 2009
| <!-- 12. Mai 2010 -->
|
|-
| 11
| 11
| Undercover
|
| 29. April 2009
|
|
|-
| 12
| 12
| Blinded
|
| 6. Mai 2009
|
|
|-
| 13
| 13
| Sacrifice
|
| 13. Mai 2009
|
|
|-
|}
</div></div>


Schlöndorffs [[Kameramann]] in ''Baal'' ist Dietrich Lohmann, der im Jahr zuvor seine beiden ersten Spielfilme gedreht hatte. Im Jahr 1969 war er in den ersten vier Spielfilmen Fassbinders der verantwortliche Kameramann, wodurch er bekannt wurde. Lohmann wirkte in weiteren vier Fassbinder-Filmen mit. Die [[Filmmusik]] in ''Baal'' ist von dem [[Musikwissenschaftler]], [[Tonmeister]] und [[Saxophon|Saxophonisten]] Klaus Doldinger, der im Jahr zuvor seine erste Filmmusik für ''Negresco – Eine tödliche Affäre'' komponiert hatte.<ref>[http://www.imdb.de/title/tt0062033/?ref_=fn_al_tt_1 ''Negresco – Eine tödliche Affäre''] bei [[Internet Movie Database]]</ref>
<div style="clear:both; class="NavFrame">
<div class="NavHead" style><div align="center">Staffel 2</div></div>
<div class="NavContent">


== Kritiken ==
{| class="wikitable" width="100%"
{{Zitat|Die Kenntnis der vielfältigen und teilweise höchst erfolgreichen dramatischen Experimente des Antitheater-Chefs und Filmregisseurs Fassbinder erleichtern es dem Zuschauer, geradezu an eine Duplizität des Herkommens, des sozialen Engagements und der künstlerischen Potenz von Stückeschreiber und Interpreten zu glauben. Die verblüffendste Wirkung geht bei diesem spätexpressionistischen Werk von seiner ungeahnten Aktualität aus: Schlöndorff hat es nicht als Kostümstück inszeniert, sondern geradezu unbekümmert in unsere von einem neuen Geniekult und gelockerter Auffassungen der Sexualmoral geprägte Zeit transportiert. Und siehe da: Bis hin zur Rolle des Hofnarren, die dem Dichter Baal an den Tischen der Reichen zugewiesen wird, zeigt das frühe Werk Brechts – von dem er 1954 warnend sagte, ''‚dem Stück fehlt Weisheit‘'' – eine solche Ähnlichkeit mit heute herrschenden Zuständen, dass man in Baal, seinen Mädchen und seinen Kumpanen Gestalten wiederzuerkennen meint, denen man täglich begegnet.|Süddeutsche Zeitung, April 1970<ref>[http://www.volkerschloendorff.com/werke/baal/pressestimmen/ ''Baal''] In: Süddeutsche Zeitung, 20.&nbsp;April 1970, zitiert nach VolkerSchloendorff.com</ref>}}
|- class="hintergrundfarbe9"

! Nummer <br /> <small>(Gesamt)</small>
{{Zitat|Aber alle […] Fehler wiegen leicht gegenüber dem gesamten Duktus dieser Fernsehinszenierung, ihrer souveränen Fotografie, ihrer Darstellerführung; treten zurück gegenüber dem, was Schlöndorff aus einem der Figur des Baal nicht von vornherein entgegenkommenden Schauspieler wie Rainer Werner Fassbinder machte. Das Wort Schauspieler ist hier natürlich falsch und konventionell gewählt. Fassbinder sprach den Text Brechts, sang die schwarzen, für sich allein stehenden Balladen […] und war in einem Maße präsent, das keinen Gedanken an Rollenspiel aufkommen ließ.|Friedrich Weigend, [[Frankfurter Allgemeine Zeitung]]<ref>Friedrich Weigend: [http://www.volkerschloendorff.com/werke/baal/pressestimmen/ ''Baal''] In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, zitiert nach VolkerSchloendorff.com</ref>}}
| Nummer <br /> <small>(Staffel)</small>

| Originaltitel
{{Zitat|‚Baal‘ von Volker Schlöndorff ist einer der seltenen Filme, die aus der Vergangenheit fast ungesehen auftauchen und sofort so wirken, als seien sie immer da gewesen. Und trotzdem nicht alt wurden. […] ‚Baal‘ ist ein Film, der im Kanon des deutschen Films ganz oben steht und jetzt endlich besichtigt werden kann.|Verena Lueken, [[Frankfurter Allgemeine Zeitung]]|<ref>Verena Lueken: [http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kino/schloendorffs-brecht-verfilmung-blau-und-ungeheuer-wundersam-12855978.html ''Blau und ungeheuer wundersam. Schlöndorffs Brecht-Verfilmung''] In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20. März 2014 (zur Wiederaufführung auf der Berlinale 2014 und zum Erscheinen auf DVD)</ref>}}
| Deutscher Titel<ref name=eplist/>

| Erstausstrahlung<br /><small>(FOX)</small>
{{Zitat|Ein Meisterstück der Kinopubertät, das grell ist und geil, morbide und fleischlich. Die Prätention ist manchmal unerträglich – und natürlich saukomisch. Ein Rest von revolutionärem Überschuss, es gilt die Nachkriegsgesellschaft zu sabotieren, indem man ihre nützlichen Idioten funktionalisiert. Baal frisst sich durch, er nutzt alle aus, er demütigt und schwängert die Frauen und stößt sie in den Staub.|Fritz Göttler: [[Süddeutsche Zeitung]]<ref>Fritz Göttler: ''Im Lichte reiten.'' Süddeutsche Zeitung, 25. März 2014.</ref>}}
| Deutsche Erstausstrahlung

|-
== Literatur ==
| 14
* Joachim Lang ''Episches Theater als Film: Bühnenstücke Bertolt Brechts in den audiovisuellen Medien'' Würzburg: [[Königshausen & Neumann]] 2006; ISBN: 978-3-8260-3496-1
| 01
* Volker Schlöndorff: Es gab für mich nur einen Gott und das war Brecht. In: Thomas Martin, Erdmut Wizisla (Hrsg.) ''Brecht plus minus Film. Brecht-Tage 2003'' Berlin: Theater der Zeit 2004; S. 48-51
| The Core of It
|
| 28. September 2009
|
|-
| 15
| 02
| Truth or Consequences
|
| 5. Oktober 2009
|
|-
| 16
| 03
| Control Factor
|
| 12. Oktober 2009
|
|-
| 17
| 04
| Honey
|
| 19. Oktober 2009
|
|-
| 18
| 05
| Grievous Bodily Harm
|
| 26. Oktober 2009
|
|-
| 19
| 06
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== Weblinks ==
== Weblinks ==
* {{IMDb Titel|tt1235099|Lie to Me}}
* {{IMDb Titel|tt0065440|Baal (1970)}}
* [http://www.filmportal.de/film/baal_a03867031bfc454d94880c8e8f223ab7 ''Baal'' (1970)] bei [[Filmportal.de]]
* [http://www.fernsehlexikon.de/7681/lie-to-me/ Rezension im Fernsehlexikon]
* [http://www.volkerschloendorff.com/werke/baal/inhalt/ ''Baal''] auf der Seite des Europäischen Filmzentrums Babelsberg zu Volker Schlöndorff
* [http://www.spiegel.de/einestages/volker-schloendorff-ueber-die-umstrittene-brecht-verfilmung-baal-a-964396.html Interview mit Volker Schlöndorff zu Wiederaufführung ''Baal''] Reihe ''Zeitzeugen'', Spiegel Online, 19. April 2014


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references>
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Version vom 9. Juni 2014, 18:52 Uhr

Film
Titel Baal
Produktionsland Deutschland
Originalsprache Deutsch
Erscheinungsjahre 1970
Länge 87 Minuten
Altersfreigabe
  • FSK 12 (DVD-Fassung)
Stab
Regie Volker Schlöndorff
Drehbuch Volker Schlöndorff nach dem Theaterstück von Bertolt Brecht
Produktion Hallelujah-Film
Hessischer Rundfunk
Bayerischer Rundfunk unter der Leitung von Helmut Haffner
Musik Klaus Doldinger
Kamera Dietrich Lohmann
Schnitt Peter Ettengruber
Besetzung

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Baal ist eine Fernsehverfilmung des Theaterstücks Baal von Bertolt Brecht durch den deutschen Regisseur Volker Schlöndorff. Der Film wurde 1969 gedreht und erstmals am 7. Januar 1970 im Hessischen Fernsehen gesendet sowie noch einmal am 21. April 1970 im Ersten Programm. Am 20. März 2014 wurde der Film auf DVD und Blu-Ray veröffentlicht.

Bei der Produktion von Baal wirkten zahlreiche Personen mit, die seinerzeit kurz vor ihrem künstlerischen Durchbruch standen: Neben dem für Drehbuch und Regie verantwortlichen Volker Schlöndorff sind dies insbesondere der Kameramann Dietrich Lohmann, der Filmmusik-Komponist Klaus Doldinger, die in den Hauptrollen besetzten Darsteller Rainer Werner Fassbinder und Margarethe von Trotta sowie die in weiteren Rollen besetzten Schauspieler Hanna Schygulla, Günther Kaufmann, Irm Hermann, Walter Sedlmayr und Carla Egerer. Am Ende der Dreharbeiten heiratete Fassbinder die Schauspielerin Ingrid Caven.[1]

Handlung

Im Zentrum steht ein begabter junger Dichter, der nur mit seiner Kunst, sondern auch mit seiner Lebensweise die Normen und Regeln der bürgerlichen Gesellschaft außer Kraft setzt. Nach Brechts Worten behandelt das Stück die gewöhnliche Geschichte eines Mannes, der in einer Branntweinschenke einen Hymnus auf den Sommer singt, ohne die Zuschauer ausgesucht zu haben – einschließlich der Folgen des Sommers, des Branntweins und des Gesanges – … Nicht die Verherrlichung nackter Ichsucht und schrankenloser Lebensgier eines asozialen Dichters ist das Thema des Stückes, sondern die Reaktion eines ungebrochenen Ich auf die Zumutungen und Entmutigungen einer Welt, die selber asozial ist.[2]

Der Film

1969 verfilmte Schlöndorff Baal mit einem Etat von angeblich nur 160.000 D-Mark [3] und gesamten Produktionskosten von höchstens 300.000 D-Mark[4]

1969 war es in der Bundesrepublik Deutschland üblich, dass Theateraufführungen mit drei recht statisch geführten Kameras für das Fernsehen aufgenommen wurden.[5]Diese Inszenierungs- und Verfilmungspraxis erschien Volker Schlöndorff als „recht verstaubt“.[6] Er wollte eine Darstellungsform zwischen dem Filmgenre und dem Genre Fernsehspiel finden, die den Möglichkeiten des Mediums Fernsehen „besser angepasst“ wäre[7] als die gängige Form, die er als „Ampex-Konserve“[6] kritisierte. Schlöndorff ließ den Film im 16mm-Format von Fassbinders Kameramann Dietrich Lohmann „aus der Hand“ drehen.

Gedreht wurde im Spätsommer 1969 nicht auf der Bühne (wie das damals noch bei Theaterverfilmungen üblich war), sondern an Originalschauplätzen in München und Umgebung. Nachdem zwei Wochen lang in den Proberäumen des koproduzierenden Bayerischen Rundfunks geprobt wurde, dauerten die eigentlichen Dreharbeiten knapp drei Wochen.

Drehbuch

Schlöndorff entschied sich nicht für eine der vier Fassungen Brechts, sondern stellte eine eigene Synthese aus den verschiedenen Fassungen des Bühnenspiels her. Dabei glättete und aktualisierte er die Sprache: So wurde aus einem „Leibchen“ ein „Hemd“; auch strich er Szenen, zu deren Verständnis historische Hintergründe, etwa vom Ende des Ersten Weltkrieges erforderlich gewesen wären. Wie es bei filmischen Bearbeitungen auch sonst häufig üblich ist, strich Schlöndorff längere Monologe. Die entstehenden Version des Baal enthielt zwar noch 24 Szenen, war aber vom Textumfang her noch knapper als Brechts letzte Fassung (die 13 Szenen enthielt). Andererseits bleiben aber Stellen im Stück, die sich mit dem Expressionismus beschäftigen und die in Brechts letzten Fassungen fehlen.[8]

Schlöndorff war zwar der Ansicht, alles aus dem Text Brechts zu übernehmen, was in allen Fassungen enthalten war und so den Text „möglichst komplett zu machen“[6]; tatsächlich führten aber die Textauswahl, die Kürzungen und auch dramatische Umstellungen dazu, dass sich die „Gewichtung verschiedener Aspekte des Stückes veränderte.“[9] Letztlich rückt das Drehbuch „die utopische, anarchistische Komponente der Befreiung in den Mittelpunkt.“[10] Mit seiner Verfilmung beabsichtigte Schlöndorff, „dem letzten anarchistischen Einzelkämpfer ein kritisches Denkmal“ zu setzen.[11] An die Stelle der Auseinandersetzung mit der Gesellschaft tritt in dem Film tendenziell die Auseinandersetzung mit dem Künstler und seiner Weltsicht. „Schlöndorff verstärkt die Tendenzen, in denen Baals Drang zur Freiheit und Unabhängigkeit zum Ausdruck kommt. Das Negative, Zersetzende der Brechtschen Figur wird vermindert; stattdessen beinhaltet die Textfassung der Verfilmung eine utopische Komponente.“[12]

Stilmittel

Anders als in Brechts Bühnenstück steht der „Choral vom Großen Baal“ nicht nur am Anfang des Films, sondern einzelne Strophen des Chorals werden wiederholt und ziehen sich „als immer wiederkehrendes Moment“ durch den Film und werden so zu Kommentaren, die das Geschehen im Film unterbrechen und die filmische Erhählung erläutern.[13]

Im Unterschied zu früheren Verfilmungen werden keine Kulissen gebaut; vielmehr „wird die Handlung in der ungebrochen abgebildeten Wirklichkeit der Zeit“ angesiedelt.[14] Durch die Wahl der Schauplätze, an denen die Handlung spielt, setzte Schlöndorff gezielt Akzente: „Die Bilder der Natur geraten in den Gegensatz zur Zivilisation.“ Beispielsweise steht das Wasser für „die Erfahrung, sich treiben zu lassen und zu zerfließen.“ Nachdem Baal Johanna kränkt und sie das Zimmer verlässt, geht sie an den Fluss. Als Baal sich von Sophie löst, waten beide durch einen Fluss; am Ufer angekommen macht Baal seinem Freund eine Liebeserklärung.[15] Schlöndorff stellt die Zivilisation in einen harten Kontrast zur Natur.

Schlöndorff ließ vor allem mit dem natürlichen Licht filmen, das nur selten durch Kunstlicht korrigiert wird. Das „führt zu ungewohnten Schatten und zu Über- und Unterbelichtungen. Dadurch erscheint ein ungeschöntes Bild der Wirklichkeit; sie wird ungebrochen und roh gezeigt.“[16]

Aufführungsverbot

Helene Weigel, die Frau des 1956 gestorbenen Bertolt Brecht, sah den Film anläßlich seiner bundesweiten Erstausstrahlung im Fernsehen. Sie war mit ihm höchst unzufrieden. Sie und weitere Erben Bertolt Brechts untersagten deshalb mehr als 40 Jahre lang jede weitere Vorführung oder Ausstrahlung der Verfilmung.[17]

Auch nach dem Tod von Helene Weigel 1970 hielt ihre Tochter Barbara Brecht-Schall, die Erbin der Werke von Bertolt Brecht, den Willen der Mutter trotz mehrfacher Bemühungen, sie umzustimmen, aufrecht. Erst 2011 gab sie der zwei Jahre zuvor geäußerten Bitte von Juliane Lorenz, der Leiterin der Rainer Werner Fassbinder Foundation, nach und stimmte der digitalen Aufarbeitung und Veröffentlichung des Films zu. Erstmals wieder aufgeführt wurde der Film auf der Berlinale am 7., 8. und 9. Februar 2014.[18][1] Im Frühjahr 2014 erschien der Film bei Zweitausendeins erstmals auf DVD.[19]

Ausschnitte aus Baal sind im Dokumentar-Kurzfilm Rainer Werner Fassbinder, 1977 von Florian Hopf und Maximiliane Mainka zu sehen.[20]

Hintergrund

Baal war die erste Produktion der Münchener Hallelujah-Film GmbH, die 1969 von Volker Schlöndorff und Peter Fleischmann gegründet wurde und bis 1995 bestand. Die Baal-Verfilmung ist der vierte Film von Volker Schlöndorff. Gemäß seiner Website hat Schlöndorff „die Fernsehproduktion des Baal als einen Versuch angelegt, zwischen der Kategorie Film und der Kategorie Fernsehspiel eine Darstellungsform zu finden, die den Möglichkeiten des Mediums Fernsehen besser angepasst ist“.[2] Die Fernsehproduktion Baal ist Schlöndorffs erste Zusammenarbeit mit dem Filmregisseur und Darsteller Rainer Werner Fassbinder, der hier als Hauptdarsteller fungiert. 1978 drehen Fassbinder, Schlöndorff und weitere Mitwirkende den Film Deutschland im Herbst.

Drei Schauspieler in Baal gehörten dem Münchener antiteater an (Rainer Werner Fassbinder, Hanna Schygulla, Rudolf Waldemar Brem), das sich im Jahr 1968 auf Initiative von Fassbinder und Peer Raben als Nachfolgerin des Action-Theaters gegründet hatte und als Gegenmodell zum Staatstheater gedacht war.

Für Volker Schlöndorff ist die Baal-Verfilmung die erste Zusammenarbeit mit Hanna Schygulla. Sie spielte im selben Jahr auch in Fassbinders ersten vier Spielfilmen Liebe ist kälter als der Tod, Katzelmacher, Götter der Pest und Warum läuft Herr R. Amok? Hauptrollen. Mit Schlöndorff arbeitete sie 1980 erneut zusammen für die Verfilmung des Romans von Nicolas Born mit dem Titel Die Fälschung.

Bei der Arbeit zu Baal lernte Fassbinder Margarethe von Trotta und Günther Kaufmann kennen.[21] Die Begegnung war der Anfang einer mehrjährigen Zusammenarbeit Fassbinders als Filmregisseur mit von Trotta und Kaufmann, die durch seine Filme als Schauspieler bekannt wurden. Erstmals spielten beide in Fassbinders drittem Spielfilm Götter der Pest, der im Oktober/November 1969 gedreht wurde. Carla Egerer (die sich auch Carla Aulaulu nennt) und in Baal mitspielt, hatte in den Jahren 1969/1970 Auftritte in sechs Fassbinder-Filmen. Auch Walter Sedlmayr wirkte von 1970–1975 in weiteren acht Fassbinder-Filmen mit.

Schlöndorffs Kameramann in Baal ist Dietrich Lohmann, der im Jahr zuvor seine beiden ersten Spielfilme gedreht hatte. Im Jahr 1969 war er in den ersten vier Spielfilmen Fassbinders der verantwortliche Kameramann, wodurch er bekannt wurde. Lohmann wirkte in weiteren vier Fassbinder-Filmen mit. Die Filmmusik in Baal ist von dem Musikwissenschaftler, Tonmeister und Saxophonisten Klaus Doldinger, der im Jahr zuvor seine erste Filmmusik für Negresco – Eine tödliche Affäre komponiert hatte.[22]

Kritiken

„Die Kenntnis der vielfältigen und teilweise höchst erfolgreichen dramatischen Experimente des Antitheater-Chefs und Filmregisseurs Fassbinder erleichtern es dem Zuschauer, geradezu an eine Duplizität des Herkommens, des sozialen Engagements und der künstlerischen Potenz von Stückeschreiber und Interpreten zu glauben. Die verblüffendste Wirkung geht bei diesem spätexpressionistischen Werk von seiner ungeahnten Aktualität aus: Schlöndorff hat es nicht als Kostümstück inszeniert, sondern geradezu unbekümmert in unsere von einem neuen Geniekult und gelockerter Auffassungen der Sexualmoral geprägte Zeit transportiert. Und siehe da: Bis hin zur Rolle des Hofnarren, die dem Dichter Baal an den Tischen der Reichen zugewiesen wird, zeigt das frühe Werk Brechts – von dem er 1954 warnend sagte, ‚dem Stück fehlt Weisheit‘ – eine solche Ähnlichkeit mit heute herrschenden Zuständen, dass man in Baal, seinen Mädchen und seinen Kumpanen Gestalten wiederzuerkennen meint, denen man täglich begegnet.“

Süddeutsche Zeitung, April 1970[23]

„Aber alle […] Fehler wiegen leicht gegenüber dem gesamten Duktus dieser Fernsehinszenierung, ihrer souveränen Fotografie, ihrer Darstellerführung; treten zurück gegenüber dem, was Schlöndorff aus einem der Figur des Baal nicht von vornherein entgegenkommenden Schauspieler wie Rainer Werner Fassbinder machte. Das Wort Schauspieler ist hier natürlich falsch und konventionell gewählt. Fassbinder sprach den Text Brechts, sang die schwarzen, für sich allein stehenden Balladen […] und war in einem Maße präsent, das keinen Gedanken an Rollenspiel aufkommen ließ.“

Friedrich Weigend, Frankfurter Allgemeine Zeitung[24]

„‚Baal‘ von Volker Schlöndorff ist einer der seltenen Filme, die aus der Vergangenheit fast ungesehen auftauchen und sofort so wirken, als seien sie immer da gewesen. Und trotzdem nicht alt wurden. […] ‚Baal‘ ist ein Film, der im Kanon des deutschen Films ganz oben steht und jetzt endlich besichtigt werden kann.“

„Ein Meisterstück der Kinopubertät, das grell ist und geil, morbide und fleischlich. Die Prätention ist manchmal unerträglich – und natürlich saukomisch. Ein Rest von revolutionärem Überschuss, es gilt die Nachkriegsgesellschaft zu sabotieren, indem man ihre nützlichen Idioten funktionalisiert. Baal frisst sich durch, er nutzt alle aus, er demütigt und schwängert die Frauen und stößt sie in den Staub.“

Fritz Göttler: Süddeutsche Zeitung[26]

Literatur

  • Joachim Lang Episches Theater als Film: Bühnenstücke Bertolt Brechts in den audiovisuellen Medien Würzburg: Königshausen & Neumann 2006; ISBN: 978-3-8260-3496-1
  • Volker Schlöndorff: Es gab für mich nur einen Gott und das war Brecht. In: Thomas Martin, Erdmut Wizisla (Hrsg.) Brecht plus minus Film. Brecht-Tage 2003 Berlin: Theater der Zeit 2004; S. 48-51

Einzelnachweise

  1. a b Hanns-Georg Rodek: „Werft diesen Fassbinder in siedendes Öl.“ In: Die Welt. 14. Januar 2014, abgerufen am 27. März 2014.
  2. a b Brecht über Baal zitiert nach VolkerSchloendorff.com
  3. Datenblatt zum Film (Deutsches Filmhaus)
  4. Schlöndorff-Interview von Peter W. Jansen
  5. Inga Lemke: Das Spektrum und die Ästhetik der Theaterverfilmungen in Deutschland. In: DFG-Forschergruppe „Programmgeschichte des DDR-Fernsehens“ an der Humboldt-Universität Berlin (Hg.) Das literarische Fernsehen. Beiträge zur deutsch-deutschen Medienkultur. Peter Lang, Frankfurt am Main/New York 2007
  6. a b c Schlöndorff, in: Brecht plus minus Film
  7. Webpräsenz Schlöndorff
  8. Lang Episches Theater als Film, S. 318ff.
  9. Joachim Lang, Episches Theater als Film, S. 319
  10. Joachim Lang, Episches Theater als Film, S. 320
  11. Filmprospekt S. 7
  12. Lang Episches Theater als Film, S. 323
  13. Lang Episches Theater als Film, S. 322
  14. Lang Episches Theater als Film, S. 328
  15. Lang Episches Theater als Film, S. 324
  16. Lang Episches Theater als Film, S. 328
  17. Baal-Filmkritik von Dieter Wunderlich, 2004
  18. Volker Schlöndorffs Baal mit Fassbinder in der Titelrolle als Special auf der Berlinale, Pressemitteilung, Rainer Werner Fassbinder Foundation, Berlin, 1. Februar 2014
  19. Baal Zweitausendeins Edition Deutscher Film 7/1969 bei Zweitausendeins.de
  20. Angaben zu Baal (1970) auf Internet Movie Database
  21. Rainer Werner Fassbinder: Dichter Schauspieler Filmemacher – Werkschau 28.5.–19.7.1992. Herbert Gehr und Marion Schmid (Redaktion), Rainer Werner Fassbinder Foundation (Hrsg.), Argon Verlag, Berlin, 1992, ISBN 3-87024-212-4
  22. Negresco – Eine tödliche Affäre bei Internet Movie Database
  23. Baal In: Süddeutsche Zeitung, 20. April 1970, zitiert nach VolkerSchloendorff.com
  24. Friedrich Weigend: Baal In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, zitiert nach VolkerSchloendorff.com
  25. Verena Lueken: Blau und ungeheuer wundersam. Schlöndorffs Brecht-Verfilmung In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20. März 2014 (zur Wiederaufführung auf der Berlinale 2014 und zum Erscheinen auf DVD)
  26. Fritz Göttler: Im Lichte reiten. Süddeutsche Zeitung, 25. März 2014.