Zum Inhalt springen

Sexagesimalsystem und Untersteinbach an der Haide: Unterschied zwischen den Seiten

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Unterschied zwischen Seiten)
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
 
Ajax952 (Diskussion | Beiträge)
KKeine Bearbeitungszusammenfassung
 
Zeile 1: Zeile 1:
{{Infobox Ortsteil einer Gemeinde in Deutschland
Das '''Sexagesimalsystem''' (oder '''Hexagesimalsystem''') ist ein [[Stellenwertsystem]] zum Wert 60 ([[Latein|lat.]] ''sexagesimus'' – der sechzigste).
| Ortsteil = Untersteinbach
| Alternativname =
| Gemeindeart = Stadt
| Gemeindename = Roth
| Alternativanzeige-Gemeindename =
| Ortswappen =
| Ortswappen-Beschreibung=
| Breitengrad = 49.2090
| Längengrad = 11.0790
| Bundesland = DE-BY
| Höhe = 355
| Höhe-bis =
| Höhe-Bezug = DE-NN
| Fläche =
| Einwohner = 105
| Einwohner-Stand-Datum = 2014-01-02
| Eingemeindungsdatum =
| Eingemeindet-nach =
| Postleitzahl1 = 91154
| Postleitzahl2 =
| Vorwahl1 = 09171
| Vorwahl2 =
| Lagekarte =
| Lagekarte-Beschreibung =
| Poskarte =
| Bild =
| Bild-Beschreibung =
| Bilderwunsch = hier
}}


'''Untersteinbach''' (amtlich '''Untersteinbach a.d.Haide''') ist ein Gemeindeteil der Stadt [[Roth]] im [[Mittelfranken|mittelfränkischen]] [[Landkreis Roth]] mit etwa 100 Einwohnern.
== Herkunft ==
Erstmalige Nachweise eines schriftlichen sexagesimalen Rechensystems, das jedoch noch ein [[Additionssystem]] war, reichen in die Zeit der [[Sumer]]er um 3300 v. Chr. zurück. Im weiteren Verlauf wurde in der [[babylon]]ischen Mathematik ab ca. 2000 v. Chr. ein sexagesimales Stellenwertsystem verwendet. Die Hauptquellen zur Mathematik stammen aus der Zeit 1900 v. Chr. bis 1600 v. Chr., die ältesten Tabellentexte sind jedoch noch aus neu[[sumer]]ischer Zeit. Die [[Alexander der Große|nachalexandrinische]] Zeit zeigt unter den [[Seleukiden]] zunehmend [[Griechen|griechische]] Einflüsse, die eine [[Synergie]] mit den babylonischen Kenntnissen eingingen, um später die gesammelten Erfahrungen der Sumerer, Akkader, Assyrer und Babylonier vollends nach Griechenland zu exportieren. Arabische Astronomen benutzten in ihren Sternenkarten und -tabellen die Schreibweise des berühmten griechischen Astronomen [[Ptolemäus]], die auf sexagesimalen Brüchen basierte. Auch frühe europäische Mathematiker wie [[Fibonacci]] benutzten solche Brüche, wenn sie nicht mit ganzen Zahlen operieren konnten.


== Lage ==
Ein [[Motivation|Motiv]] für die Einführung eines Sexagesimalsystems sehen viele Historiker in der [[Astronomie]], da die babylonischen Jahre zwölf&nbsp;Monate zu 30&nbsp;Tagen umfassten, es gab aber auch etwa alle drei Jahre einen zusätzlichen 13.&nbsp;[[Schaltmonat]].<ref>J. P. McEvoy: ''Sonnenfinsternis.'' Berlin-Verlag, 2001, S.&nbsp;43. K. Vogel, ''Teil II'', S. 22 f.</ref> Weitere Hinweise finden sich in der frühen Zählung der Mondmonate, die bis in das Jahr 35.000 v. Chr. nachgewiesen werden können ''(Kalender-Stöckchen).'' In der Republik [[Tschechien]] wurde der Speichenknochen eines jungen Wolfes von etwa 30.000 v. Chr. entdeckt, der eine Reihe von insgesamt 55 Einkerbungen aufweist, wobei die 9., die 30. und die 31. Kerbe von oben rund doppelt so lang sind wie die anderen Kerben.<ref>K. Vogel: ''Vorgriechische Mathematik. Teil I: Vorgeschichte und Ägypten.'' Schroedel, Hannover, und Schöningh, Paderborn 1958. S. 16, Abb. 11.</ref> Weil die [[Lunation|mittlere Periode der Mondphasen]] 29,53&nbsp;Tage beträgt, könnten die Markierungen mit den [[Mondphase]]n in Verbindung stehen.
Untersteinbach liegt zwischen Roth und [[Röttenbach (Landkreis Roth)|Röttenbach]]. Der Rother Stadtkern liegt rund vier Kilometer (Luftlinie) entfernt.<ref>Eigene Messung beim [http://www.vermessung.bayern.de/ BayernViewer]</ref> Größere Orte in der Umgebung sind noch [[Pleinfeld]], [[Georgensgmünd]] und [[Weißenburg in Bayern|Weißenburg]]. Das Dorf Obersteinbach liegt nur einen halben Kilometer entfernt. Durch den Ort führen die [[Bundesstraße 2]] und die [[Liste der Kreisstraßen im Landkreis Roth|Kreisstraße RH 34]]. Das namensgebende kleine Gewässer ''Steinbach'' fließt durch Untersteinbach und mündet etwa 1 Kilometer weiter westlich bei [[Unterheckenhofen]] in die [[Rednitz]].


== Geschichte ==
Andere Wissenschaftler sehen als Grund für die Wahl der Zahl&nbsp;60 als Basis des Rechensystems die Absicht, möglichst viele der beim praktischen Zählen und Messen (Handel) auftretenden Teile einfach ausdrücken bzw. berechnen zu können.<ref>K. Vogel, ''Teil II'', S. 23.</ref>
Der Ort wurde früher ''Niedersteinbach'' genannt und gehörte dem markgräflichen [[Fürstentum Ansbach]]. Im Jahr 1562 starben 33 Menschen an der [[Pest]]. 1673 fiel der Ort einem Brand zum Opfer. Ein halbes Jahrhundert später zählte er wieder sechs Höfe und zwei Gütlein, die an das [[Kastenamt]] Roth steuerbar waren.

Untersteinbach war ein Ortsteil der Gemeinde [[Belmbrach]], die mit der [[Gemeindegebietsreform in Bayern|Gemeindegebietsreform]] am 1. Juli 1971 aufgelöst und mitsamt ihren Ortsteilen der Stadt Roth zugeschlagen wurde.
== Ein- und zweihändiges Zählen mit Fingergliedern und Fingern ==
Im gewohnten Dezimalsystem (Zehner-System) zählt man mit den zehn ''Fingern'' (zwei mal fünf) beider Hände. In einigen Gegenden der Welt existierte aber ein Zählen mit Hilfe der ''Fingerglieder'', das einhändig zur Zahl zwölf ''([[Duodezimalsystem|duodezimal]])'', zweihändig aber zur Zahl 60 führte.<ref name="Ifrah 2">{{Literatur | Autor=Georges Ifrah | Titel=Universalgeschichte der Zahlen | Auflage=Lizenzausgabe Zweitausendund eins | Verlag=Campus | Ort=Frankfurt am Main | Jahr= 1993 | Kapitel=Das Sexagesimalsystem | Seiten= 69–75 u. 90–92 | Spalten= | ISBN= 978-3-86150-704-8 | Originaltitel=Histoire universelle des chiffres | Originalsprache= frz. | Übersetzer= Alexander von Platen | Kommentar= }}</ref>

;Einhändiges Zählen bis 12:
Gezählt wird mit dem Daumen als Zeiger und den Fingergliedern der gleichen Hand als Zählobjekt.
*Das einhändige Zählen beginnt, indem man für das erste Objekt mit dem Daumen die Spitze, also das obere Fingerglied, des kleinen Fingers der gleichen Hand berührt.
*Für das zweite Objekt wird mit dem Daumen das mittlere Fingerglied des kleinen Fingers berührt; so zählt man mit dem Daumen glied- und fingerweise weiter.
*Drei → unteres Glied des kleinen Fingers
*Vier → oberes Glied des Ringfingers
*Fünf → mittleres Glied des Ringfingers
*Sechs → unteres Glied des Ringfingers
*Sieben → oberes Glied des Mittelfingers
*Acht → mittleres Glied des Mittelfingers
*Neun → unteres Glied des Mittelfingers
*Zehn → oberes Glied des Zeigefingers
*Elf → mittleres Glied des Zeigefingers
*Zwölf → unteres Glied des Zeigefingers

;Zweihändiges Zählen bis 60:
Nachdem mit Hilfe des Daumens als Zeiger mit den jeweils drei Fingergliedern der restlichen vier Finger der gleichen Hand (4&nbsp;×&nbsp;3&nbsp;=&nbsp;12) das erste Dutzend abgezählt ist, ist die Zählkapazität einer Hand zunächst erschöpft.
*Die andere Hand ist zur Faust geballt. Um sich zu merken, dass ''ein Dutzend'' gezählt wurde, streckt man nun einen Finger, z.&nbsp;B. den Daumen aus.
*Nun zählt man weiter, indem man mit der ersten Hand wieder bei ''eins'' beginnt. Bei ''zwölf'' angekommen, ist das zweite Dutzend voll.
*Um sich zu merken, dass ''zwei Dutzend'' gezählt wurden, streckt man nun den nächsten Finger der anderen Hand, z.&nbsp;B. nach dem Daumen den Zeigefinger aus.
*Mit den fünf Fingern der linken Hand kann man so fünfmal ein Dutzend abzählen, also 5&nbsp;×&nbsp;12&nbsp;=&nbsp;60.
*Nun kann man noch einmal mit der ersten Hand das nächste Dutzend zählen, also mit zwei Händen bis&nbsp;72 zählen (12 an der ersten plus gemerkte&nbsp;60 an der anderen Hand). Damit sind zwei Hände aber erschöpft.

Dieses Fingerzählsystem existiert noch in Teilen der [[Türkei]], des [[Irak]], in [[Indien]] und [[Indochina]].

;Zählen größerer Mengen:
*Beim Zählen einer größeren Menge kann auf ein Hilfsmittel zurückgegriffen werden, etwa Stöcke, Steine, Striche oder die zehn Finger eines Helfers.
*Jeweils fünf Dutzend, also 60, werden mit einem der Hilfsmittel gemerkt.
*Mit den zehn Fingern eines menschlichen Helfers kann bis 10&nbsp;×&nbsp;60&nbsp;=&nbsp;600 gezählt werden, mit den anderen Hilfsmitteln auch noch weiter.
*Es kann auch alleine bis 144 gezählt werden, dafür wird mit der zweiten Hand ebenfalls das Zählen mit Fingergliedern betrieben. So kann nun bis 12&nbsp;×&nbsp;12&nbsp;=&nbsp;144 (ein [[Gros]]) gezählt werden.

== Sumerer ==
Bei den Sumerern<ref name="Ifrah 69">{{Literatur | Autor=Ifrah | Titel=Universalgeschichte der Zahlen | Auflage=2. | Verlag=Campus | Ort=Frankfurt am Main und New York | Jahr=1986, 1991 | Kapitel=Das Sexagesimalsystem | Seiten=69 ff. | Spalten= | ISBN= 3-593-34192-1 }}</ref> trug die&nbsp;60 den Namen ''gesch''.
*120: gesch-min (60 × 2)
*180: gesch-esch (60 × 3)
*240: gesch-limmu (60 × 4)
*300: gesch-iá (60 × 5)
*360: gesch-asch (60 × 6)
*420: gesch-imin (60 × 7)
*480: gesch-ussu (60 × 8)
*540: gesch-ilummu (60 × 9)
*600: gesch-u (60 × 10)
*Nun zählten die Sumerer nicht in 60er-Schritten (''gesch''-Schritten) weiter, sondern im 600er-Schritten (''gesch-u''-Schritten), und zwar sechsmal 600, also bis 3600, das ''schàr'' genannt wurde.
*Die 3600 wurden dann wieder zehnmal gesteigert bis schàr-u (3600 × 10) 36.000.
*Die 36.000 wurden sechsmal gezählt bis 216.000 ''schàr-gal'', wörtlich ''das große 3600'' (also 60 × 60 × 60).
*Die 216.000 wurde zehn mal gezählt bis 2.160.000 schàr-gal-u (=(60 × 60 × 60) x 10)
*Da schàr-gal-u wurde zunächst fünfmal vervielfacht. Die sechste Vielfache 12.960.000, also 60 × 60 × 60 × 60, erhielt wieder einen eigenen Namen, und zwar schàr-gal-shu-nu-tag (dem großen schàr übergeordnete Einheit).
Die Zahlen 10 bis 60 haben eine [[Dezimalsystem|dezimale]] (30 = ''uschu'' = ''esch-u'' = 3 × 10), und teilweise sogar [[Vigesimalsystem|vigesimale]] Struktur (40 = ''nischmin'' = ''nisch-min'' = 2 x 20).<ref name="Ifrah 71"> Thureau-Thangin nannte 1932 das eine {{"|vigesimale Insel innerhalb des sumerischen Zahlensystems}}. {{Literatur | Autor=Ifrah | Titel=Universalgeschichte der Zahlen | Auflage=2. | Seiten=71| Übersetzer= Alexander von Platen }}</ref>

== Das Sexagesimalsystem in der babylonischen Verwendung ==
Die Sumerer verwendeten vor den [[keilschrift]]lichen Zeichen für die Zahlen 1 und 60 jeweils unterschiedlich große Halb[[ellipse]]n und für die Zahlen 10 und 3600 = 60² jeweils unterschiedlich große [[Kreis (Geometrie)|Kreise]], die mit [[Zylinder (Geometrie)|zylinderförmigen]] [[Griffel]]n in Tontafeln gedrückt wurden. Aus diesen Zeichen wurden noch die Zeichen für 600 = 10·60 und 36000 = 10·60² entsprechend kombiniert. Daneben gab es auch noch ein anderes System mit einer dezimalen Stufung 1, 10 und 100, sowie ein drittes System in [[akkad]]ischer Zeit. Bis zur spätsumerischen Zeit veränderten die einzelnen Zeichen zwar ihre Form, behielten jedoch ihren individuellen Charakter und bildeten ähnlich den [[Römische Zahlen|römischen Zahlen]] ein [[Additionssystem]]. Erst mit dem späteren babylonischen Sexagesimalsystem lag ein echtes Stellenwertsystem mit nur zwei Individualzeichen vor: [[Bild:Babylonian digit 1.svg]] für 1 und [[Bild:Babylonian digit 10.svg]] für 10. Mit diesen konnten additiv die Zahlen 1 bis 59 gebildet werden, die wiederum ihren tatsächlichen Wert wie die [[Indische Ziffern|Ziffern]] im [[Dezimalsystem]] durch ihre Position erhielten.<ref>K. Vogel, ''Teil II'', S. 18 f.</ref>

=== Die Zahlzeichen ===
Gründe für die Verwendung des Sexagesimalsystems liegen in der effektiven Rechenmethode sowie der sehr begrenzten Anzahl von Einzelzahlzeichen, aus denen die Zahlen gebildet wurden. Einige Beispiele der babylonischen Keilschrift:
{| style="text-align: center;"
|+ Sexagesimalsystem in Form der [[Keilschrift]]
|-
| &nbsp; || 1 || 2 || 3 || 4 || 5 || 6 || 7 || 8 || 9
|-
| &nbsp;
| [[Bild:Babylonian digit 1.svg]]
| [[Bild:Babylonian digit 2.svg]]
| [[Bild:Babylonian digit 3.svg]]
| [[Bild:Babylonian digit 4 alternative.svg]]
| [[Bild:Babylonian digit 5.svg]]
| [[Bild:Babylonian digit 6.svg]]
| [[Bild:Babylonian digit 7 alternative.svg]]
| [[Bild:Babylonian digit 8.svg]]
| [[Bild:Babylonian digit 9.svg]]
|-
| 10 || 11 || 12 || 13 || 14 || 15 || 16 || 17 || 18 || 19
|-
| [[Bild:Babylonian digit 10.svg]]
| [[Bild:Babylonian digit 11.svg]]
| [[Bild:Babylonian digit 12.svg]]
| [[Bild:Babylonian digit 13.svg]]
| [[Bild:Babylonian digit 14 alternative.svg]]
| [[Bild:Babylonian digit 15.svg]]
| [[Bild:Babylonian digit 16.svg]]
| [[Bild:Babylonian digit 17 alternative.svg]]
| [[Bild:Babylonian digit 18.svg]]
| [[Bild:Babylonian digit 19.svg]]
|-
| 20 || 30 || 40 || 50
|-
| [[Bild:Babylonian digit 20.svg]]
| [[Bild:Babylonian digit 30.svg]]
| [[Bild:Babylonian digit 40.svg]]
| [[Bild:Babylonian digit 50.svg]]
|}

Weitere Zahlenbeispiele:

:[[Bild:Babylonian digit 1.svg]][[Bild:Babylonian digit 2.svg]] = 62, [[Bild:Babylonian digit 2.svg]][[Bild:Babylonian digit 2.svg]] = 122 und [[Bild:Babylonian digit 2.svg]][[Bild:Babylonian digit 9.svg]] = 129.

Die Zahlzeichen setzten sich aus nur zwei Einzelzahlzeichen zusammen. Insofern war die Anzahl der eigentlichen Zahlzeichen nicht begrenzt, obwohl nur auf zwei Einzelzahlzeichen Bezug genommen wurde, die – je nach Bedarf – in den Größen verändert wurden. Es gibt dennoch immer wieder Probleme bei der Lesung, da die Stellen einer Zahl, die sich meist aus dem Zusammenhang ergaben, nicht eindeutig waren: z.&nbsp;B. konnte [[Bild:Babylonian digit 30.svg]] 30, 30·60 oder 30/60 usw. bedeuten. Ebenso gab es keine Null, so dass gelegentlich eine Stelle fehlte – was jedoch sehr selten vorkam – und unterschiedliche Zahlen gleich geschrieben wurden. Später wurde manchmal bei einer fehlenden Stelle eine Lücke gelassen, ab dem 6. Jahrhundert v. Chr. kam ein ''Leerzeichen'' mit dem Wert Null als weiteres Zahlzeichen auf. Mit diesem Leerzeichen wurde aber nicht direkt gerechnet und es kam auch nicht als eigenständiges Zahlzeichen vor, es hatte also nicht die Bedeutung der Zahl [[Null]]. Die Bedeutung als Symbol für die Zahl Null gaben dagegen später zuerst [[Brahmagupta|die Inder]] ihrem Leerzeichen.

Sexagesimalzahlen werden durch arabische Ziffern wiedergegeben, indem man zwischen zwei einzelne Sexagesimalstellen ein Komma schreibt. Die ganzen Sexagesimalstellen trennt man dagegen durch ein Semikolon von den gebrochenen ab und bei fehlenden Stellen bzw. Leerzeichen schreibt man eine „0“ (das ist dann jedoch Interpretation): so bedeuten z.&nbsp;B. 30,0 = 30·60 und 0;30 = 30/60.

=== Die Rechentechnik ===
==== Addieren und Subtrahieren ====
Durch das Stellenwertsystem konnte, wie bei unserem [[Dezimalsystem]], die vorangehende Stelle um jeweils 1 erweitert oder reduziert werden. Durch die Form der Keile war das Sexagesimalsystem leichter, da nur die Keile zusammengesetzt werden mussten. Als Fachausdrücke für die [[Addition]] und die [[Subtraktion]] wurden „Vermehren“ bzw. „Wegziehen“ verwendet (die mathematischen Symbole + und – führte erst [[Johannes Widmann (Mathematiker)|Johannes Widmann]] im 15. Jahrhundert n.&nbsp;Chr. ein). Eine ''negative'' Differenz zweier Zahlen drückte man mit Subtrahend „geht darüber hinaus“ aus. Das Addieren und Subtrahieren funktioniert ebenso wie heute im Dezimalsystem.

Beispiel einer Addition:
:<math>\begin{array}{rr}
59&\\
+\ 11&\\
+\ 20&\\
\hline
1{,}30&(= 90),
\end{array}</math>
:[[Bild:Babylonian digit 1.svg]][[Bild:Babylonian digit 30.svg]] in Schreibweise des Sexagesimalsystems. Die 1 vor dem Komma gibt den Wert 1·60 an, zu dem die Zahl 30 nach dem Komma addiert wird.

Beispiel einer Subtraktion:
:<math>\begin{array}{rl}
4{,}40&(= 280)\\
-\ 1{,}40&(= 100)\\
-\ 1{,}50&(= 110)\\
\hline
1{,}10&(= 70),
\end{array}</math>
::[[Bild:Babylonian digit 1.svg]][[Bild:Babylonian digit 10.svg]] in Schreibweise des Sexagesimalsystems. Die 4 und die 1 vor dem Komma geben die Werte 4·60 sowie 1·60 an, dazu wird jeweils die Zahl 40, 50 bzw. 10 nach dem Komma addiert.

==== Multiplizieren ====
Auch bei der Multiplikation wurde wie im Dezimalsystem verfahren. Während man aber im Dezimalsystem das [[Einmaleins]] von 1·1 bis 9·9 im Kopf haben muss, hätten die Babylonier das Einmaleins von 1·1 bis 59·59 auswendig können müssen. Zur Erleichterung wurden ''Multiplikationstabellen'' verwendet, von denen man benötigte Produkte ablesen konnte: Jede Zeile einer Multiplikationstabelle begann mit der gleichen ''Kopfzahl,'' z.&nbsp;B. 2, es folgte der Ausdruck „mal“ und der Multiplikator, z.&nbsp;B. 1, und schließlich das Ergebnis, z.&nbsp;B. 2. Die Multiplikatoren gingen dabei von 1 bis 20 und danach kamen noch 30, 40 und 50.

Weil im Sexagesimalsystem 60 in 10er Schritten gestuft wurde (siehe oben unter Zahlzeichen) und im allgemeinen, täglichen Leben Dezimalzahlen viel in Gebrauch waren, wurden auch zu Kopfzahlen wie z.&nbsp;B. 1,40 = 100 und 16,40 = 1000 Multiplikationstabellen angelegt. Ein weiterer Grund ist das Zusammenwirken mit den Werten aus Reziprokentabellen (siehe unten unter Division). Wurden andere Werte benötigt, setzte man die Zahlen zusammen.

Die Kopfzahlen:
{| class="prettytable"
|- class="hintergrundfarbe8"
|-
|<center>1,15 || <center>1,20 || <center>1,30 || <center>1,40 || <center>2 || <center>2,13,20 || <center>2,15 || <center>2,24 || <center>2,30 || <center>3 || <center>3,20 || <center>3,45 || <center>4 || <center>4,30 || <center>5 || <center>6 || <center>6,40 || <center>7 || <center>7,12 || <center>7,30 || <center>8
|-
|<center>8,20 || <center>9 || <center>10 || <center>12 || <center>12,30 || <center>15 || <center>16 || <center>16,40 || <center>18 || <center>20 || <center>22,30 || <center>24 || <center>25 || <center>30 || <center>36 || <center>40 || <center>44,26,40 || <center>45 || <center>48 || <center>50
|-
|}

Beispiel einer Multiplikation:
:<math>29 \cdot 1{,}12 = 29 \cdot 1{,}0 + 20 \cdot 12 + 9 \cdot 12 = 29{,}0 + 4{,}0 + 1{,}48 = 34{,}48</math>.

==== Dividieren ====
Die Babylonier dividierten eine Zahl <math>a</math> durch eine Zahl <math>n</math> in dem sie <math>a</math> ''mit dem [[Kehrwert]]'' von <math>n</math> ''multiplizierten:''
:<math>a : n = a \cdot \frac{1}{n}</math>.

Den Kehrwert einer Zahl <math>n</math> konnte man in einer Multiplikationstabelle mit der Kopfzahl <math>n</math> finden, falls <math>n</math> eine [[Potenz (Mathematik)|Potenz]] von 60 teilte. Denn stand dort als Ergebnis [[Bild:Babylonian digit 1.svg]], d.&nbsp;h. eine Potenz von 60, dann war der zugehörige Multiplikator <math>m</math> der gesuchte Kehrwert (<math>m</math> und <math>\frac{m}{60^l}</math> haben im babylonischen Sexagesimalsystem die gleiche Darstellung):
:<math>n \cdot m = 60^l</math>, also <math>\frac{m}{60^l} = \frac{1}{n}</math>.

Die Kehrwerte (Reziproke) von natürlichen Zahlen stellte man zur Erleichterung wieder in ''Reziprokentabellen'' zusammen. Man schrieb in solchen Tabellen bei Werten, die in einer Multiplikationstabelle keinen Kehrwert hatten, „ist nicht“ an Stelle des Kehrwertes. Für diese ''irregulären'' Zahlen, die [[Primfaktoren]] ≥ 7 besitzen, wurden wie für [[irrationale Zahlen]] Näherungswerte verwandt.

Die hauptsächlich verwendete Reziprokentabelle enthält die folgenden Zahlenpaare:
{| class="prettytable"
|- class="hintergrundfarbe8"
! n !! 1/n!! n !! 1/n !! n !! 1/n !! n !! 1/n !! n !! 1/n !! n !! 1/n !! n !! 1/n !! n !! 1/n !! n !! 1/n !! n !! 1/n
|-
|<center>'''2''' || <center> 30 || <center>'''3''' || <center> 20 || <center>'''4''' || <center>15 || <center>'''5''' || <center>12 || <center>'''6''' || <center>10 || <center>'''8''' || <center>7,30 || <center>'''9''' || <center>6,40 || <center>'''10''' || <center>6 || <center>'''12''' || <center>5 || <center>'''15''' || <center>4
|-
|<center>'''16''' || <center>3,45 || <center>'''18''' || <center>3,20 || <center>'''20''' || <center>3 || <center>'''24''' || <center>2,30 || <center>'''25''' || <center>2,24 || <center>'''27''' || <center>2,13,20 || <center>'''30''' || <center>2 || <center>'''32''' || <center>1,52,30 || '''36''' || <center>1,40 || <center>'''40''' || <center>1,30
|-
|<center>'''45''' || <center>1,20 || <center>'''48''' || <center>1,15 || <center>'''50''' || <center>1,12 || <center>'''54''' || <center>1,6,40 || <center>'''60''' || <center>1 || <center>'''1,4''' || <center>56,15 || <center>'''1,12''' || <center>50 || <center>'''1,15''' || <center>48 || <center>'''1,20''' || <center>45 || <center>'''1,21''' || <center>44,26,40
|-
|}

Aus einer Reziprokentabelle lässt sich viel ablesen, u.&nbsp;a. <math>\frac{1}{3} = 0;20</math> oder <math>\frac{1}{3{,}0} = \frac{1}{180} = 0;0,20</math> oder <math>1 : 0;3 = 60 : 3 = 20</math>, aber auch umgekehrt ist <math>\frac{1}{20} = 0;3</math> usw.

Beispiele von Divisionen:
:<math>4 : 3 = 4 \cdot \frac{1}{3} = 4 \cdot 0;20 = 1;20</math>.
:<math>0;12 : 25 = 0;12 \cdot \frac{1}{25} = 0;12 \cdot 0;2,24 = 0;0,28,48</math>.

==== Wurzelberechnung ====
Der antike griechische Mathematiker und Ingenieur [[Heron von Alexandria]] verwandte in seiner ''Metrica'' zur Wurzelberechnung die schon im alt[[babylon]]ischen Reich bekannte Methode<ref>K. Vogel, ''Teil II'', S. 34 f.</ref>
:<math> \sqrt{a^2 \pm b} \approx a \pm\frac{b}{2a}</math>.

<math>a</math> entnahm man dazu aus einer ''Quadratzahltabelle.'' Für die (irrationale) Quadratwurzel von 2 ergibt sich so:
:<math>\sqrt{2} = \sqrt{ 1;20^{2} + 0;13,20} \approx 1;20 + 0;5 = 1;25</math>,

d.&nbsp;h.
:<math>\sqrt{2} = \sqrt{ \left(\frac{4}{3}\right)^{2} + \frac{2}{9}} \approx \frac{4}{3} + \frac{1}{12} = \frac{17}{12} \approx 1,41666667</math>.

Auf einer babylonischen Tontafel (Yale Babylonian Collection 7289) findet sich aber auch noch ein besserer Näherungswert auf der Diagonalen eines Quadrates:

:<math>\sqrt{2} \approx 1;24,51,10 \left(= \frac{30547}{21600} \approx 1,41421296\right)</math>.

Wegen
:<math>1;25 > \sqrt{2} = \frac{2}{\sqrt{2}} > \frac{2}{1;25} \approx 1;24,42,21 (\approx 1{,}41176389)</math>,

liegt zwischen 1;25 und 1;24,42,21 deren [[arithmetisches Mittel]]
:<math> (1;25 + 1;24,42,21) \cdot 0;30 \approx 1;24,51,10</math>

näher bei
:<math>\sqrt{2} \approx 1{,}41421356</math>.

Nun werden die Seitenlänge des Quadrats auf der Tontafel mit 30 und die Länge der Diagonalen mit 42,25,35 angegeben, was sich als folgende Rechnung deuten lässt:
:<math>0;30 \cdot 1;24,51,10 = 0;42,25,35</math>.

Das Beispiel zeigt, dass die Babylonier [[algebra]]ische und [[Geometrie|geometrische]] Kenntnisse hatten (hier könnte der „[[Satz des Pythagoras]]“ benutzt worden sein).

== Heutige Verwendung ==
Das Sexagesimalsystem wird heute noch verwendet, um [[Winkel]] und [[geographische Koordinaten|geographische Längen und Breiten]] anzugeben. Ein Grad hat 60 [[Winkelminute|Minuten]] und eine Minute hat 60 [[Winkelsekunde|Sekunden]]. Auch im Bereich der [[Zeitmessung]] hat es sich noch erhalten. Eine [[Stunde]] hat 60 [[Minute]]n und eine Minute 60 [[Sekunde]]n. Im Spätmittelalter haben einige Mathematiker für ihre Berechnungen die Sekunden in [[Tertie (Zeiteinheit)|Tertie]]n weiter unterteilt. Dies hat sich jedoch nicht durchgesetzt.

== Weitere Informationen ==
Ein direkter Verwandter des Sexagesimalsystem ist das [[Duodezimalsystem]] mit der Basis 12.

== Literatur ==
* Robert Kaplan: ''Die Geschichte der Null.'' Gebundene Ausgabe: Campus Verlag, Frankfurt am Main 2000, ISBN 3-593-36427-1. Taschenbuchausgabe: Piper Verlag, 2003, ISBN 3-492-23918-8.
* Richard Mankiewicz: ''Zeitreise der Mathematik - Vom Ursprung der Zahlen bis zur Chaostheorie.'' VGS Verlagsgesellschaft, Köln 2000, ISBN 3-8025-1440-8.
* [[Kurt Vogel (Mathematikhistoriker)|Kurt Vogel]]: ''Vorgriechische Mathematik. Teil II: Die Mathematik der Babylonier.'' Schroedel, Hannover und Schöningh, Paderborn 1959.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* [http://www.stadt-roth.de/lwwcm-rh/rh-publish.nsf/Content/GE-1-BU-Stadtinfos-Ortsteile-Untersteinbach Beschreibung des Ortes auf der Website der Stadt Roth]
* Christoph Grandt: ''[http://www.christoph-grandt.com/BABYLON.pdf Das Babylonische Sexagesimalsystem]'' (PDF-Datei; 215&nbsp;kB)


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references/>
<references />


{{Navigationsleiste Zahlensysteme}}
{{Vorlage:Navigationsleiste Ortsteile der Stadt Roth}}


[[Kategorie:Zahlensystem]]
[[Kategorie:Roth]]
[[Kategorie:Babylonien]]
[[Kategorie:Ort im Landkreis Roth]]

Version vom 1. Juni 2014, 22:52 Uhr

Untersteinbach
Stadt Roth
Koordinaten: 49° 13′ N, 11° 5′ OKoordinaten: 49° 12′ 32″ N, 11° 4′ 44″ O
Höhe: 355 m ü. NN
Einwohner: 105 (2. Jan. 2014)
Postleitzahl: 91154
Vorwahl: 09171

Untersteinbach (amtlich Untersteinbach a.d.Haide) ist ein Gemeindeteil der Stadt Roth im mittelfränkischen Landkreis Roth mit etwa 100 Einwohnern.

Lage

Untersteinbach liegt zwischen Roth und Röttenbach. Der Rother Stadtkern liegt rund vier Kilometer (Luftlinie) entfernt.[1] Größere Orte in der Umgebung sind noch Pleinfeld, Georgensgmünd und Weißenburg. Das Dorf Obersteinbach liegt nur einen halben Kilometer entfernt. Durch den Ort führen die Bundesstraße 2 und die Kreisstraße RH 34. Das namensgebende kleine Gewässer Steinbach fließt durch Untersteinbach und mündet etwa 1 Kilometer weiter westlich bei Unterheckenhofen in die Rednitz.

Geschichte

Der Ort wurde früher Niedersteinbach genannt und gehörte dem markgräflichen Fürstentum Ansbach. Im Jahr 1562 starben 33 Menschen an der Pest. 1673 fiel der Ort einem Brand zum Opfer. Ein halbes Jahrhundert später zählte er wieder sechs Höfe und zwei Gütlein, die an das Kastenamt Roth steuerbar waren. Untersteinbach war ein Ortsteil der Gemeinde Belmbrach, die mit der Gemeindegebietsreform am 1. Juli 1971 aufgelöst und mitsamt ihren Ortsteilen der Stadt Roth zugeschlagen wurde.

Einzelnachweise

  1. Eigene Messung beim BayernViewer

Vorlage:Navigationsleiste Ortsteile der Stadt Roth