„Staatskrise in Ägypten 2013/2014 (Kabinett Mahlab)“ – Versionsunterschied
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Die Absetzung Mursis unter der Leitung des [[Oberster Rat der Streitkräfte|Militärratschefs]] [[Abd al-Fattah as-Sisi]] bei dem Militärputsch am 3. Juli 2013 war vom Militär mit zunehmender Unzufriedenheit in der Bevölkerung begründet worden,<ref name="VOANews_2013-07-08_AL5" /> die aus politischen und ökonomischen Missständen resultiert habe. |
Die Absetzung Mursis unter der Leitung des [[Oberster Rat der Streitkräfte|Militärratschefs]] [[Abd al-Fattah as-Sisi]] bei dem Militärputsch am 3. Juli 2013 war vom Militär mit zunehmender Unzufriedenheit in der Bevölkerung begründet worden,<ref name="VOANews_2013-07-08_AL5" /> die aus politischen und ökonomischen Missständen resultiert habe. |
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Bevor und nachdem es in der Zeit vom 9. und 16. Juli 2013 zur Einsetzung einer zivilen Übergangsregierung durch das Militär kam, eskalierte die Lage erneut in Massentötungen von Mitgliedern der [[Muslimbruderschaft]] durch ägyptische Sicherheitskräfte. Den bisherigen Höhepunkt der Gewalt bildet die gewaltsame Räumung der Protestlager von Anhängern Mursis am 14. August 2013. Dabei wurden nach Angaben der Regierung vom darauf folgenden Tag mindestens 638,<ref name="Zeit_2013-08-15_RBM" /> nach jüngeren westlichen Medienberichten rund 1000<ref name="Guardian_2013-09-19_EPS" /><ref name="Guardian_2013-10-06_CUC" /> und nach Angaben der Muslimbruderschaft über 2000<ref name="Zeit_2013-08-15_RBM" /> Menschen getötet und Tausende weitere verletzt. |
Bevor und nachdem es in der Zeit vom 9. und 16. Juli 2013 zur Einsetzung einer zivilen Übergangsregierung durch das Militär kam, eskalierte die Lage erneut in Massentötungen von Mitgliedern der [[Muslimbruderschaft]] durch ägyptische Sicherheitskräfte. Den bisherigen Höhepunkt der Gewalt bildet die gewaltsame Räumung der Protestlager von Anhängern Mursis am 14. August 2013. Dabei wurden nach Angaben der Regierung vom darauf folgenden Tag mindestens 638,<ref name="Zeit_2013-08-15_RBM" /> nach jüngeren westlichen Medienberichten rund 1000<ref name="Guardian_2013-09-19_EPS" /><ref name="Guardian_2013-10-06_CUC" /> und nach Angaben der Muslimbruderschaft über 2000<ref name="Zeit_2013-08-15_RBM" /> Menschen getötet und Tausende weitere verletzt. Im Juli und August kamen über 1000 Menschen ums Leben, wovon nahezu alle Zivilisten waren, die gegen Militächef Sisi demonstriert hatten und von den Sicherheitskräften erschossen wurden.<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-17_WGS" /> |
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Der seit dem 14. August von der militärgestützten Übergangsregierung verhängte und Mitte September um zwei weitere Monate bis Mitte November 2013 verlängerte Ausnahmezustand verschaffte Behörden und Einsatzkräften Sonderrechte beim Vorgehen gegen Proteste und Versammlungen und erschwerte die Arbeit der Medien im Land.<ref name="Zeit-OL_2013-09-12_MVA" /><ref name="DW_2013-09-29_MFÄ" /> Der aus Protest zurückgetretene Vizeinterimspräsident [[Mohammed el-Baradei]] entzog sich einer Verhaftung durch Flucht ins Ausland. Die Pressefreiheit wurde eingeschränkt, das Führungspersonal der Muslimbruderschaft verhaftet und Tausende Muslimbrüder festgenommen. Sämtliche Organisationen der Muslimbruderschaft wurden verboten und das Vermögen der Muslimbruderschaft konfisziert. Der Ort, an dem der gestürzte Staatspräsident Mursi festgehalten wird, wurde nicht bekanntgegeben. |
Der seit dem 14. August von der militärgestützten Übergangsregierung verhängte und Mitte September um zwei weitere Monate bis Mitte November 2013 verlängerte Ausnahmezustand verschaffte Behörden und Einsatzkräften Sonderrechte beim Vorgehen gegen Proteste und Versammlungen und erschwerte die Arbeit der Medien im Land.<ref name="Zeit-OL_2013-09-12_MVA" /><ref name="DW_2013-09-29_MFÄ" /> Der aus Protest zurückgetretene Vizeinterimspräsident [[Mohammed el-Baradei]] entzog sich einer Verhaftung durch Flucht ins Ausland. Die Pressefreiheit wurde eingeschränkt, das Führungspersonal der Muslimbruderschaft verhaftet und Tausende Muslimbrüder festgenommen. Sämtliche Organisationen der Muslimbruderschaft wurden verboten und das Vermögen der Muslimbruderschaft konfisziert. Der Ort, an dem der gestürzte Staatspräsident Mursi festgehalten wird, wurde nicht bekanntgegeben. |
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* '''28. November 2011''': Die [[Freiheits- und Gerechtigkeitspartei|Muslimbruderschaft]] erlangt bei den [[Parlamentswahlen in Ägypten 2011/2012|Parlamentswahlen]] fast die Hälfte der Sitze, die [[Partei des Lichts|ultra-konservativen Salafisten]] erhalten ein Viertel der Sitze.<ref name="Guardian_2013-08-14_EPA" /> |
* '''28. November 2011''': Die [[Freiheits- und Gerechtigkeitspartei|Muslimbruderschaft]] erlangt bei den [[Parlamentswahlen in Ägypten 2011/2012|Parlamentswahlen]] fast die Hälfte der Sitze, die [[Partei des Lichts|ultra-konservativen Salafisten]] erhalten ein Viertel der Sitze.<ref name="Guardian_2013-08-14_EPA" /> |
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'''Präsidentschaft Mursis:''' |
'''Präsidentschaft Mursis:''' |
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* '''15. Juni 2012''': Das [[Oberstes Verfassungsgericht Ägyptens|Oberste Verfassungsgericht]] beschließt zwei Tage vor der Stichwahl zur Präsidentschaftswahl die Auflösung des Parlaments. Gerichtspräsident Faruk Sultan erklärt, dass der Militärrat die [[Legislative]] an sich zieht, bis Neuwahlen für ein neues [[Repräsentantenhaus (Ägypten)|Unterhaus]] erfolgt sind. Zugleich entscheidet das Gericht, dass [[Ahmad Schafiq]] zur Stichwahl antreten darf, der Luftwaffenkommandeur, Luftfahrtminister und letzte Premier von Präsident Mubarak, den die Muslimbrüder als Vertreter des Militärrats vermuten. Das Parlament hatte zuvor ein Gesetz gegen die politische Betätigung von Funktionsträgern des alten Regimes angenommen, die oberste Wahlkommission hatte es aber für nicht zuständig erklärt. Nach den beiden Urteilen kommt es vor dem Verfassungsgericht zu Zusammenstößen von Protestierenden mit den Sicherheitskräften.<ref name="Süddeutsche-de_201">''[http://www.webcitation.org/6KHVVnYz0 Parlament in Ägypten aufgelöst - Verzweifelter Kampf gegen das Chaos]'', Süddeutsche.de, 15. Juni 2012, von Sonja Zekri, archiviert vom [http://www.sueddeutsche.de/politik/parlament-in-aegypten-aufgeloest-verzweifelter-kampf-gegen-das-chaos-1.1383202 Original] am 11. Oktober 2013.</ref> |
* '''15. Juni 2012''': Das [[Oberstes Verfassungsgericht Ägyptens|Oberste Verfassungsgericht]] beschließt zwei Tage vor der Stichwahl zur Präsidentschaftswahl die Auflösung des Parlaments. Gerichtspräsident Faruk Sultan erklärt, dass der Militärrat die [[Legislative]] an sich zieht, bis Neuwahlen für ein neues [[Repräsentantenhaus (Ägypten)|Unterhaus]] erfolgt sind. Zugleich entscheidet das Gericht, dass [[Ahmad Schafiq]] zur Stichwahl antreten darf, der Luftwaffenkommandeur, Luftfahrtminister und letzte Premier von Präsident Mubarak, den die Muslimbrüder als Vertreter des Militärrats vermuten. Das Parlament hatte zuvor ein Gesetz gegen die politische Betätigung von Funktionsträgern des alten Regimes angenommen, die oberste Wahlkommission hatte es aber für nicht zuständig erklärt. Nach den beiden Urteilen kommt es vor dem Verfassungsgericht zu Zusammenstößen von Protestierenden mit den Sicherheitskräften.<ref name="Süddeutsche-de_201">''[http://www.webcitation.org/6KHVVnYz0 Parlament in Ägypten aufgelöst - Verzweifelter Kampf gegen das Chaos]'', Süddeutsche.de, 15. Juni 2012, von Sonja Zekri, archiviert vom [http://www.sueddeutsche.de/politik/parlament-in-aegypten-aufgeloest-verzweifelter-kampf-gegen-das-chaos-1.1383202 Original] am 11. Oktober 2013.</ref><ref name="Aljazeera_2012-06-16_EVA">''[http://www.webcitation.org/6KPRZ1vat Egyptians vote amid political uncertainty]'' (englisch). Aljazeera, 16. Juni 2012, archiviert vom [http://www.aljazeera.com/news/middleeast/2012/06/201261516019493738.html Original] am 16. Oktober 2013.</ref> Ägypten verfügt nun weder über ein Parlament, noch über eine Verfassung, während der Oberste Militärrat sowohl die legislative als auch die exekutive Gewalt kontrolliert.<ref name="Aljazeera_2012-06-16_EVA" /> |
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* '''24. Juni 2012''': [[Mohammed Mursi]] wird als Kandidat der Muslimbruderschaft nach einer Stichwahl gegen Ahmad Schafiq bei der [[Präsidentschaftswahl in Ägypten 2012|Präsidentschaftswahl]] mit 51,7 % der Stimmen Ägyptens erster demokratisch gewählter [[Liste der Präsidenten von Ägypten|Staatspräsident]].<ref name="Guardian_2013-08-14_EPA">''[http://www.webcitation.org/6KChYUJqX Egypt's protests against the ruling regimes – timeline]'' (englisch). The Guardian, 14. August 2013, von Jason Rodrigues, archiviert vom [http://www.theguardian.com/world/2013/aug/14/egypt-protests-regimes-timeline Original] am 8. Oktober 2013.</ref><ref name="n-tv_2013-06-29_CdS" /><ref name="n-tv_2012-06-24_MLM">''[http://www.webcitation.org/6KGNw91Mo Islamist wird ägyptischer Präsident - Militärs lassen Mursi siegen]'', n-tv, 24. Juni 2012, archiviert vom [http://www.n-tv.de/politik/Militaers-lassen-Mursi-siegen-article6572916.html Original] am 10. Oktober 2013.</ref> |
* '''24. Juni 2012''': [[Mohammed Mursi]] wird als Kandidat der Muslimbruderschaft nach einer Stichwahl gegen Ahmad Schafiq bei der [[Präsidentschaftswahl in Ägypten 2012|Präsidentschaftswahl]] mit 51,7 % der Stimmen Ägyptens erster demokratisch gewählter [[Liste der Präsidenten von Ägypten|Staatspräsident]].<ref name="Guardian_2013-08-14_EPA">''[http://www.webcitation.org/6KChYUJqX Egypt's protests against the ruling regimes – timeline]'' (englisch). The Guardian, 14. August 2013, von Jason Rodrigues, archiviert vom [http://www.theguardian.com/world/2013/aug/14/egypt-protests-regimes-timeline Original] am 8. Oktober 2013.</ref><ref name="n-tv_2013-06-29_CdS" /><ref name="n-tv_2012-06-24_MLM">''[http://www.webcitation.org/6KGNw91Mo Islamist wird ägyptischer Präsident - Militärs lassen Mursi siegen]'', n-tv, 24. Juni 2012, archiviert vom [http://www.n-tv.de/politik/Militaers-lassen-Mursi-siegen-article6572916.html Original] am 10. Oktober 2013.</ref> |
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* '''12. August 2012''': Mursi setzt Zusätze der [[Verfassung der Republik Ägypten|Verfassung]] außer Kraft, mit denen seine Macht zugunsten des [[Streitkräfte Ägyptens|Militärs]] eingeschränkt war. [[Ägyptisches Verfassungsgericht|Juristen]] kritisieren, er habe damit seine Kompetenzen überschritten.<ref name="n-tv_2013-06-29_CdS" /><ref name="n-tv_2012-08-12_MEM">''[http://www.webcitation.org/6KGUO8TVf Ägyptischer Präsident greift durch - Mursi entmachtet Militär]'', n-tv, 12. August 2012, archiviert vom [http://www.n-tv.de/politik/Mursi-entmachtet-Militaer-article6951751.html Original] am 10. Oktober 2013.</ref> Zum Nachfolger von Armeekommandeur und Verteidigungsminister Feldmarschall [[Mohammed Hussein Tantawi]] bestellt Mursi Feldmarschall [[Abd al-Fattah as-Sisi]] an die Spitze der Streitkräfte.<ref name="n-tv_2012-08-12_MEM" /> |
* '''12. August 2012''': Mursi setzt Zusätze der [[Verfassung der Republik Ägypten|Verfassung]] außer Kraft, mit denen seine Macht zugunsten des [[Streitkräfte Ägyptens|Militärs]] eingeschränkt war. [[Ägyptisches Verfassungsgericht|Juristen]] kritisieren, er habe damit seine Kompetenzen überschritten.<ref name="n-tv_2013-06-29_CdS" /><ref name="n-tv_2012-08-12_MEM">''[http://www.webcitation.org/6KGUO8TVf Ägyptischer Präsident greift durch - Mursi entmachtet Militär]'', n-tv, 12. August 2012, archiviert vom [http://www.n-tv.de/politik/Mursi-entmachtet-Militaer-article6951751.html Original] am 10. Oktober 2013.</ref> Zum Nachfolger von Armeekommandeur und Verteidigungsminister Feldmarschall [[Mohammed Hussein Tantawi]] bestellt Mursi Feldmarschall [[Abd al-Fattah as-Sisi]] an die Spitze der Streitkräfte.<ref name="n-tv_2012-08-12_MEM" /> |
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* '''22. November 2012''': Öffentliche Unruhen folgen Mursis Entscheidung die Machtbefugnisse der Justizgewalt einzuschränken und zwingen den Präsidenten zu einer Wende bei einigen Vorschlägen.<ref name="Guardian_2013-08-14_EPA" /><ref name="n-tv_2013-06-29_CdS" /><ref name="n-tv_2012-11-22_MEM">''[http://www.webcitation.org/6KGNep3fe Friedensfürst oder absolutistischer Herrscher? - Mursi ergreift die Macht]'', n-tv, 22. November 2012, archiviert vom [http://www.n-tv.de/politik/Mursi-ergreift-die-Macht-article7834191.html Original] am 10. Oktober 2013.</ref> |
* '''22. November 2012''': Öffentliche Unruhen folgen Mursis Entscheidung die Machtbefugnisse der Justizgewalt einzuschränken und zwingen den Präsidenten zu einer Wende bei einigen Vorschlägen.<ref name="Guardian_2013-08-14_EPA" /><ref name="n-tv_2013-06-29_CdS" /><ref name="n-tv_2012-11-22_MEM">''[http://www.webcitation.org/6KGNep3fe Friedensfürst oder absolutistischer Herrscher? - Mursi ergreift die Macht]'', n-tv, 22. November 2012, archiviert vom [http://www.n-tv.de/politik/Mursi-ergreift-die-Macht-article7834191.html Original] am 10. Oktober 2013.</ref><ref name="Welt_2012-11-22_MMS">''[http://www.webcitation.org/6KPT3OtQG Verfassungserklärung - Mursi macht sich zu Ägyptens "neuem Pharao"]'', Die Welt, 22. November 2012, archiviert vom [http://www.welt.de/politik/ausland/article111416587/Mursi-macht-sich-zu-Aegyptens-neuem-Pharao.html Original] am 16. Oktober 2013.</ref> |
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* '''29. November 2012''': Im Eilverfahren bringt das Verfassungskomitee seinen Entwurf einer neuen Verfassung durch. Frauenrechtler, Christen und Liberale kritisieren den Verfassungstext. Die Massenproteste halten an.<ref name="n-tv_2013-06-29_CdS" /><ref name="n-tv_2012-11-30_IBE">''[http://www.webcitation.org/6KGUu7Zzk Neue Verfassung für Ägypten - Islamisten beschließen Entwurf]'', n-tv, 30. November 2012, archiviert vom [http://www.n-tv.de/politik/Islamisten-beschliessen-Entwurf-article9645086.html Original] am 10. Oktober 2013.</ref> |
* '''29. November 2012''': Im Eilverfahren bringt das Verfassungskomitee seinen Entwurf einer neuen Verfassung durch. Frauenrechtler, Christen und Liberale kritisieren den Verfassungstext. Die Massenproteste halten an.<ref name="n-tv_2013-06-29_CdS" /><ref name="n-tv_2012-11-30_IBE">''[http://www.webcitation.org/6KGUu7Zzk Neue Verfassung für Ägypten - Islamisten beschließen Entwurf]'', n-tv, 30. November 2012, archiviert vom [http://www.n-tv.de/politik/Islamisten-beschliessen-Entwurf-article9645086.html Original] am 10. Oktober 2013.</ref><ref name="FR_2012-11-30_ÄSR">''[http://www.webcitation.org/6KPl2EcGc Mursi - Ägypten stärkt Rolle der Scharia]'', Frankfurter Rundschau, 30. November 2012, von Julia Gerlach, archiviert vom [http://www.fr-online.de/aegypten-syrien-revolution/mursi--aegypten-staerkt-rolle-der-scharia,7151782,21002718.html Original] am 16. Oktober 2013.</ref><ref name="Aljazeera_2012-12-09_CE1">''[http://www.webcitation.org/6KPlK89BD Egypt - Comparing Egypt's 1971 constitution to today]'' (englisch). Al Jazeera, 9. Dezember 2012, archiviert vom [http://www.aljazeera.com/indepth/spotlight/egypt/2012/12/2012129173710651270.html Original] am 16. Oktober 2013.</ref> |
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* '''8. Dezember 2012''': Mursi gibt im Konflikt mit der Opposition nach und annulliert seine Sondervollmachten.<ref name="n-tv_2013-06-29_CdS" /><ref name="n-tv_2012-12-08_OSN">''[http://www.webcitation.org/6KGV9jS4H Mursi annulliert Sondervollmachten - Opposition sieht nur Manöver]'', n-tv, 8. Dezember 2012, archiviert vom [http://www.n-tv.de/politik/Opposition-sieht-nur-Manoever-article9724601.html Original] am 10. Oktober 2013.</ref> |
* '''8. Dezember 2012''': Mursi gibt im Konflikt mit der Opposition nach und annulliert seine Sondervollmachten.<ref name="n-tv_2013-06-29_CdS" /><ref name="n-tv_2012-12-08_OSN">''[http://www.webcitation.org/6KGV9jS4H Mursi annulliert Sondervollmachten - Opposition sieht nur Manöver]'', n-tv, 8. Dezember 2012, archiviert vom [http://www.n-tv.de/politik/Opposition-sieht-nur-Manoever-article9724601.html Original] am 10. Oktober 2013.</ref> |
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* '''24. Dezember 2012''': Fast zwei Drittel der Bevölkerung stimmen für den ägyptischen Verfassungsentwurf der Regierung. Während hauptsächlich säkulare Kritiker das Dokument als Betrug an der Revolution bezeichnen, widersprechen dem Islamisten.<ref name="Guardian_2013-08-14_EPA" /><ref name="n-tv_2013-06-29_CdS">''[http://www.webcitation.org/6KGNBg4ou Ein Jahr Präsident Mursi - Chronologie des Scheiterns]'', n-tv, 29. Juni 2013, archiviert vom [http://www.n-tv.de/politik/Chronologie-des-Scheiterns-article10908946.html Original] am 10. Oktober 2013.</ref><ref name="n-tv_2012-12-25_6PV">''[http://www.webcitation.org/6KGNNcahm Offizielle Zahl aus Ägypten - 63,8 Prozent für Verfassung]'', n-tv, 25. Dezember 2012, archiviert vom [http://www.n-tv.de/politik/63-8-Prozent-fuer-Verfassung-article9857906.html Original] am 10. Oktober 2013.</ref> |
* '''24. Dezember 2012''': Fast zwei Drittel der Bevölkerung stimmen für den ägyptischen Verfassungsentwurf der Regierung. Während hauptsächlich säkulare Kritiker das Dokument als Betrug an der Revolution bezeichnen, widersprechen dem Islamisten.<ref name="Guardian_2013-08-14_EPA" /><ref name="n-tv_2013-06-29_CdS">''[http://www.webcitation.org/6KGNBg4ou Ein Jahr Präsident Mursi - Chronologie des Scheiterns]'', n-tv, 29. Juni 2013, archiviert vom [http://www.n-tv.de/politik/Chronologie-des-Scheiterns-article10908946.html Original] am 10. Oktober 2013.</ref><ref name="n-tv_2012-12-25_6PV">''[http://www.webcitation.org/6KGNNcahm Offizielle Zahl aus Ägypten - 63,8 Prozent für Verfassung]'', n-tv, 25. Dezember 2012, archiviert vom [http://www.n-tv.de/politik/63-8-Prozent-fuer-Verfassung-article9857906.html Original] am 10. Oktober 2013.</ref> |
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'''Putsch gegen Mursi:''' |
'''Putsch gegen Mursi:''' |
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* '''3. Juli 2013''': Das Militär entscheidet, dass das Land in eine politische Sackgasse gelangt sei, setzt den Staatspräsidenten Mursi ab, hebt die Verfassung auf und ordnet eine technokratische Interimsregierung an.<ref name="Guardian_2013-08-14_EPA" /> Der Präsident des [[Oberstes Verfassungsgericht Ägyptens|Obersten Verfassungsgerichts]], [[Adli Mansur]], übernimmt kommissarisch das Amt des Staatspräsidenten. Mursi wird an einen nicht bekannten gegebenen Ort gebracht.<ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /> |
* '''3. Juli 2013''': Das Militär entscheidet, dass das Land in eine politische Sackgasse gelangt sei, setzt den Staatspräsidenten Mursi ab, hebt die Verfassung auf und ordnet eine technokratische Interimsregierung an.<ref name="Guardian_2013-08-14_EPA" /> Der Präsident des [[Oberstes Verfassungsgericht Ägyptens|Obersten Verfassungsgerichts]], [[Adli Mansur]], übernimmt kommissarisch das Amt des Staatspräsidenten. Mursi wird an einen nicht bekannten gegebenen Ort gebracht.<ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /> |
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* '''4. Juli 2013''': Kairos Rabia-al- |
* '''4. Juli 2013''': Kairos Rabia-al-Adawija-Moschee wird als Protestcamp für pro-Mursi-Unterstützer Schauplatz anhaltender blutiger Schlachten mit Sicherheitskräften.<ref name="Guardian_2013-08-14_EPA" /> |
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* '''5. Juli 2013''': US-Präsident Barack Obama und andere weltweit bedeutende Führungspersonen drängen Ägypten, zügig eine Zivilregierung wiederherzustellen. Unterstützer des geputschten Präsidenten Mursi klagen neue Interimsbehörden an, brutal gegen ihre verbliebenen Führungspersonen vorzugehen.<ref name="Guardian_2013-08-14_EPA" /> Interimspräsident Mansur löst als erste Amtshandlung das Oberhaus (Schura-Rat) als letztes volksvertetendes Gremium auf.<ref name="Ahram-Ol_2013-07-05_EIP">''[http://www.webcitation.org/6KKSovCNx Egypt's interim president dissolves Shura Council: State TV]'' (englisch). Ahram Online, 5. Juli 2013, archiviert vom [http://english.ahram.org.eg/NewsContent/1/64/75786/Egypt/Politics-/BREAKING-Egypts-interim-president-dissolves-Shura-.aspx Original] am 13. Oktober 2013.</ref><ref name="FAZ_2013-07-06_GR" /> |
* '''5. Juli 2013''': US-Präsident Barack Obama und andere weltweit bedeutende Führungspersonen drängen Ägypten, zügig eine Zivilregierung wiederherzustellen. Unterstützer des geputschten Präsidenten Mursi klagen neue Interimsbehörden an, brutal gegen ihre verbliebenen Führungspersonen vorzugehen.<ref name="Guardian_2013-08-14_EPA" /> Interimspräsident Mansur löst als erste Amtshandlung das Oberhaus (Schura-Rat) als letztes volksvertetendes Gremium auf.<ref name="Ahram-Ol_2013-07-05_EIP">''[http://www.webcitation.org/6KKSovCNx Egypt's interim president dissolves Shura Council: State TV]'' (englisch). Ahram Online, 5. Juli 2013, archiviert vom [http://english.ahram.org.eg/NewsContent/1/64/75786/Egypt/Politics-/BREAKING-Egypts-interim-president-dissolves-Shura-.aspx Original] am 13. Oktober 2013.</ref><ref name="FAZ_2013-07-06_GR" /> |
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* '''8. Juli 2013''': Sicherheitskräfte erschießen in einem Protestlager auf dem Gelände der Republikanischen Garde 53 Mursi-Unterstützer beim [[#Massentötung von Mursi-Anhängern auf dem Gelände der Republikanischen Garde (8. Juli)|blutigsten vom Staat durchgeführten Blutbad seit dem Sturz von Husni Mubarak]]. |
* '''8. Juli 2013''': Sicherheitskräfte erschießen in einem Protestlager auf dem Gelände der Republikanischen Garde 53 Mursi-Unterstützer beim [[#Massentötung von Mursi-Anhängern auf dem Gelände der Republikanischen Garde (8. Juli)|blutigsten vom Staat durchgeführten Blutbad seit dem Sturz von Husni Mubarak]]. |
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'''Übergangsregierung:''' |
'''Übergangsregierung:''' |
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* '''17. Juli 2013''': Die Interimsregierung beginnt ihre Tätigkeit. |
* '''17. Juli 2013''': Die Interimsregierung beginnt ihre Tätigkeit. |
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* '''27. Juli 2013''': [[#Massentötung von Mursi-Unterstützern im Protestcamp am |
* '''27. Juli 2013''': [[#Massentötung von Mursi-Unterstützern im Protestcamp am Rabia-al-Adawija-Platz (27. Juli)|Massentötung von über 80 pro-Mursi-Demonstranten]] in einem Protestlager in Kairo. |
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* '''11. August 2013''': Die Sicherheitskräfte drohen den Demonstranten bei der Rabia-al- |
* '''11. August 2013''': Die Sicherheitskräfte drohen den Demonstranten bei der Rabia-al-Adawija-Moschee die Sitzproteste aufzulösen.<ref name="Guardian_2013-08-14_EPA" /> |
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* '''14. August 2013''': [[#Blutbad durch Räumung der Protestlager am |
* '''14. August 2013''': [[#Blutbad durch Räumung der Protestlager am Rabia-al-Adawija- und Al-Nahda-Platz (14. August)|Blutbad bei gewaltsamer Räumung zweier Protestlager]] mit Hunderten getöteten pro-Mursi-Demonstranten in Kairo. Verhängung eines zunächst einmonatigen Ausnahmezustands in Ägypten und einer nächtlichen Ausgangssperre in über zehn Provinzen. Rücktritt des Interimsvizepräsidenten Mohammed el-Baradei aus Protest gegen die Staatsgewalt. Vergeltungsangriffe radikaler Islamisten an der Polizei in mehreren ägyptischen Städten, darunter auch Blutbad an 11 Polizisten in Kerdasa. [[#Übergriffe auf Christen (Mitte August)|Übergriffe auf Christen und christlichen Besitz]] durch radikale Islamisten, vorwiegend in Oberäygypten, fordern mindestens vier Menschenleben. Die größte Gewaltwelle der jüngeren ägyptischen Geschichte entfesselt sich mit über 1000 Toten innerhalb einer Woche, bei denen es sich in den allermeisten Fällen um von Sicherheitskräften getötete Islamisten handelt. |
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*'''16. August 2013''': Blutbad an Mursi-Anhängern am Ramses-Platz in Kairo und blutige Gefechte zwischen Sicherheitskräften und protestierenden Anhängern der Muslimbrüder auf der 15.-Mai-Brücke in Kairo. Massenverhaftungen, die sich am nächsten Tag fortsetzen. |
*'''16. August 2013''': Blutbad an Mursi-Anhängern am Ramses-Platz in Kairo und blutige Gefechte zwischen Sicherheitskräften und protestierenden Anhängern der Muslimbrüder auf der 15.-Mai-Brücke in Kairo. Massenverhaftungen, die sich am nächsten Tag fortsetzen. |
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*'''18. August 2013''': Über 30 Anhänger der Muslimbruderschaft [[#Massentod von Untersuchungshäftlingen (18. August)|sterben in Polizeigewahrsam während eines Gefangenentransports]]. Der aus Protest zurückgetretene Interimsvizepräsident Mohammed el-Baradei entzieht sich einer Verhaftung durch Flucht nach Wien. |
*'''18. August 2013''': Über 30 Anhänger der Muslimbruderschaft [[#Massentod von Untersuchungshäftlingen (18. August)|sterben in Polizeigewahrsam während eines Gefangenentransports]]. Der aus Protest zurückgetretene Interimsvizepräsident Mohammed el-Baradei entzieht sich einer Verhaftung durch Flucht nach Wien. |
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*'''12. September 2013''': Verlängerung des Ausnahmezustands über 14 Provinzen um weitere zwei Monate. |
*'''12. September 2013''': Verlängerung des Ausnahmezustands über 14 Provinzen um weitere zwei Monate. |
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*'''23. September 2013''': Gerichtsbeschluss zum Verbot der Muslimbruderschaft per Eilverfahren. |
*'''23. September 2013''': Gerichtsbeschluss zum Verbot der Muslimbruderschaft per Eilverfahren. |
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*'''1. Oktober 2013''': Erstmals seit dem Putsch von Anfang Juli erreicht ein Protestzug von Anhängern Mursis wieder den Tahrir-Platz, um dort zu demonstrieren. |
*'''1. Oktober 2013''': Erstmals seit dem Putsch von Anfang Juli erreicht ein Protestzug von Anhängern Mursis wieder den Tahrir-Platz, um dort zu demonstrieren.<ref name="derStandard-at_2013-10-02_AWÄ" /><ref name="Reuters-DE_2013-10-02_MAP" /><ref name="FAZ_2013-10-06_ANF" /> |
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*'''4. Oktober 2013''': Bei den größten Demonstrationen seit der Räumung der Protestlager in Kairo vom 14. August werden mindestens vier Menschen erschossen. |
*'''4. Oktober 2013''': Bei den größten Demonstrationen seit der Räumung der Protestlager in Kairo vom 14. August werden mindestens vier Menschen erschossen. |
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*'''6. Oktober 2013''': Bei den seit dem 4. Oktober andauernden [[#40. Jahrestag des Jom-Kippur-Krieges (6. Oktober)|landesweiten Protesten der Muslimbrüder bei gleichzeitiger Feier des Jom-Kippur-Krieges durch Unterstützer des Militärs]] werden mindestens 57 Menschen getötet. |
*'''6. Oktober 2013''': Bei den seit dem 4. Oktober andauernden [[#40. Jahrestag des Jom-Kippur-Krieges (6. Oktober)|landesweiten Protesten der Muslimbrüder bei gleichzeitiger Feier des Jom-Kippur-Krieges durch Unterstützer des Militärs]] werden mindestens 57 Menschen getötet. |
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Sowohl die islamistisch als auch die nicht-islamistisch geprägten postrevolutionären Eliten haben nach Meinung Mudhoons in Ägypten dabei versagt, den politischen Einluß des Militärs, das in Ägypten traditionell die eigentliche Quelle der Macht war, einzuschränken, so dass es zu einer Rückkehr des alten Systems mit einer brüchigen zivilen Fassade gekommen ist.<ref name="phoenix_2013-08-18_Mudhoon" /> Während rund ein Drittel der Bevölkerung mit den [[Muslimbrüder]]n und Präsident Mursi sympathisierte, stützten sich die Generäle des Militärs vor allem auf den sogenannten „[[Tiefer Staat|Tiefen Staat]]“, also die ehemaligen [[Husni Mubarak|Mubarak]]-Anhänger, die weiterhin in Verwaltung, Justiz und bei der Polizei Positionen einnahmen. Diese Gruppen, die seit der [[Revolution in Ägypten 2011|ägyptischen Revolution von 2011]] viel Macht und finanzielle Mittel verloren hatten, drängten schon seit längerer Zeit auf eine [[Restauration (Geschichte)|Restauration]] und setzten auf einen neuen Regierungschef, der durch eine [[Konterrevolution]] ein ähnliches System wie unter Mubarak installieren würde.<ref name="tagesschau-de_2013-08-19_WSÜ">''[http://www.webcitation.org/6KG5yV6pf Wer stützt die Übergangsregierung? - Ägyptens Generäle haben neue Freunde]'', tagesschau.de, 19. August 2013, Interview von Alexander Steininger mit Gunter Mulack, archiviert vom [http://www.tagesschau.de/ausland/interview-mulack-aegypten100.html Original] am 10. Oktober 2013.</ref> Mursi traf auf großen Widerstand in den Institutionen. Die Medien, die Mursi nicht kontrollierte, machten gegen ihn Front. Das Establishment in Justiz und Bürokratie behinderte seine Politik nach Kräften. Das Verfassungsgericht löste 2012 das [[Parlament]] und die [[Verfassunggebende Versammlung]] auf, wo die Muslimbrüder die Mehrheit hatten. Die ständigen Versuche der Justiz, die gewählten [[Gremium|Gremien]] aufzulösen, konnten bereits als Anläufe für einen kommenden Putsch betrachtet werden.<ref name="Zeit-OL_2013-07-04_EBP">''[http://www.webcitation.org/6KGbyRF1i Ägypten - Ein böser Präzedenzfall]'', Zeit Online, 4. Juli 2013, von Michael Thumann, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-07/aegypten-militaer-putsch-demokratie-mursi Original] am 10. Oktober 2013.</ref> |
Sowohl die islamistisch als auch die nicht-islamistisch geprägten postrevolutionären Eliten haben nach Meinung Mudhoons in Ägypten dabei versagt, den politischen Einluß des Militärs, das in Ägypten traditionell die eigentliche Quelle der Macht war, einzuschränken, so dass es zu einer Rückkehr des alten Systems mit einer brüchigen zivilen Fassade gekommen ist.<ref name="phoenix_2013-08-18_Mudhoon" /> Während rund ein Drittel der Bevölkerung mit den [[Muslimbrüder]]n und Präsident Mursi sympathisierte, stützten sich die Generäle des Militärs vor allem auf den sogenannten „[[Tiefer Staat|Tiefen Staat]]“, also die ehemaligen [[Husni Mubarak|Mubarak]]-Anhänger, die weiterhin in Verwaltung, Justiz und bei der Polizei Positionen einnahmen. Diese Gruppen, die seit der [[Revolution in Ägypten 2011|ägyptischen Revolution von 2011]] viel Macht und finanzielle Mittel verloren hatten, drängten schon seit längerer Zeit auf eine [[Restauration (Geschichte)|Restauration]] und setzten auf einen neuen Regierungschef, der durch eine [[Konterrevolution]] ein ähnliches System wie unter Mubarak installieren würde.<ref name="tagesschau-de_2013-08-19_WSÜ">''[http://www.webcitation.org/6KG5yV6pf Wer stützt die Übergangsregierung? - Ägyptens Generäle haben neue Freunde]'', tagesschau.de, 19. August 2013, Interview von Alexander Steininger mit Gunter Mulack, archiviert vom [http://www.tagesschau.de/ausland/interview-mulack-aegypten100.html Original] am 10. Oktober 2013.</ref> Mursi traf auf großen Widerstand in den Institutionen. Die Medien, die Mursi nicht kontrollierte, machten gegen ihn Front. Das Establishment in Justiz und Bürokratie behinderte seine Politik nach Kräften. Das Verfassungsgericht löste 2012 das [[Parlament]] und die [[Verfassunggebende Versammlung]] auf, wo die Muslimbrüder die Mehrheit hatten. Die ständigen Versuche der Justiz, die gewählten [[Gremium|Gremien]] aufzulösen, konnten bereits als Anläufe für einen kommenden Putsch betrachtet werden.<ref name="Zeit-OL_2013-07-04_EBP">''[http://www.webcitation.org/6KGbyRF1i Ägypten - Ein böser Präzedenzfall]'', Zeit Online, 4. Juli 2013, von Michael Thumann, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-07/aegypten-militaer-putsch-demokratie-mursi Original] am 10. Oktober 2013.</ref> |
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[[Datei:Naguib.jpg|miniatur|Der als „reichster Mann Afrikas“ bekannte [[Naguib Sawiris]] verließ das Land nach Anklage wegen Korruption und Vorteilsnahme und kehrte unmittelbar nach dem Putsch zurück<ref name="Welt_2013-07-05_MGF">''[http://www.webcitation.org/6KQKN924j Umsturz in Ägypten - Mursis Gegner fürchten "endlosen Rache-Kreislauf"]'', Die Welt, 5. Juli 2013, von Birgit Svensson, archiviert vom [http://www.welt.de/politik/ausland/article117771725/Mursis-Gegner-fuerchten-endlosen-Rache-Kreislauf.html Original] am 17. Oktober 2013.</ref>]] |
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[[Datei:Naguib.jpg|miniatur|Der als „reichster Mann Afrikas“ bekannte [[Naguib Sawiris]]]] |
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So beruhten auch die Massendemonstrationen vom 30. Juni und die Entmachtung von Präsident Mursi |
So beruhten auch die Massendemonstrationen vom 30. Juni und die Entmachtung von Präsident Mursi maßgeblich auf dem Wirken von [[Husni Mubarak|Mubarak]]-Anhängern, von ägyptischen [[Nachrichtendienst|Geheimdiensten]] und der [[Streitkräfte Ägyptens|ägyptischen Armee]]. Die Mitglieder dieser als „Säulen der Macht“ angesehenen Kreise hielten sich seit der ägyptischen Revolution von 2011 zurück und warteten auf die Gelegenheit einer Rückkehr in ihre Machtpositionen.<ref name="NZZ_2013-10-07_ATK" /> Die Absetzung des Präsidenten Mursi durch das ägyptische Militär Anfang Juli 2013 erfolgte zwar nach politischem Druck durch [[Demonstration]]en und [[Protest]]aktionen.<ref name="Roll2013_SWP-Studien2013-S14_S5f" /> Die Entscheidung zum Sturz Mursis traf die Militärführung jedoch bereits Tage vor den Massenprotesten.<ref name="FAZ_2013-07-06_GR" /> Im Hintergrund wirkten letztendlich etablierte [[Interessengruppe]]n wie die Unternehmerelite, die über Monate hinweg auf das politische Scheitern der Muslimbruderschaft hingearbeitet hatten.<ref name="Roll2013_SWP-Studien2013-S14_S5f" /> Es wurde angezweifelt, dass die [[Unterschriftenaktion]] gegen Mursi tatsächlich von einem Netzwerk von Jugendaktivisten allein organisiert worden sein kann.<ref name="Süddeutsche-de_2013-07-13_WIC" /> Es existieren Berichte, nach denen die Initiative vom Militär und den Geheimdiensten unterstützt wurde.<ref name="taz_2013-08-16_KFN" /> Der Darstellung der Organisatoren von [[Tamarod]] nach sollte das Netzwerk angeblich in weniger als drei Monaten 22 Millionen Ägypter veranlasst haben, den sofortigen Rücktritt des Staatspräsidenten zu fordern, doch wurden die Unterschriften der Aktion, welche die entscheidenden Massenproteste ausgelöst hatte, von keiner unabhängigen Kraft gezählt.<ref name="Süddeutsche-de_2013-07-13_WIC" /> Stattdessen trat der als reichster Mann Ägyptens geltende Unternehmer [[Naguib Sawiris]], ein Angehöriger der koptischen Christen, in seinem Fernsehsender ONTV auf und gab an, er habe ''Tamarod'' die [[Infrastruktur]] seiner Muslimbuderschaft-kritischen [[Partei der Freien Ägypter]] für die Organisation ihrer Aktion zur Verfügung gestellt.<ref name="Süddeutsche-de_2013-07-13_WIC" /><ref name="FAZ_2013-08-17_NPV" /> Auch die [[Verfassungsgerichtsbarkeit|Verfassungsrichterin]] [[Tahani al-Gebali]], eine Juristin aus der Mubarak-Zeit, hatte sich der ''New York Times'' zufolge in die Dienste von ''Tamarod'' gestellt und bei der Formulierung der Forderungen geholfen.<ref name="Süddeutsche-de_2013-07-13_WIC" /> Schon ein Jahr vor dem Putsch hatte die ''New York Times'' berichtet, dass die Spitzenrichterin Gebali mit den führenden Generälen zusammengearbeitet habe, um den Aufstieg der Islamisten zu blockieren.<ref name="NYT_2012-07-03_JHE">''[http://www.webcitation.org/6KGKsIM1i Judge Helped Egypt’s Military to Cement Power]'' (englisch). The New York Times, 3. Juli 2012, von David D. Kirkpatrick, archiviert vom [http://www.nytimes.com/2012/07/04/world/middleeast/judge-helped-egypts-military-to-cement-power.html?pagewanted=all Original] am 10. Oktober 2013.</ref> Die Mursi-Regierung, die in der Bevölkerung abnehmende Unterstützung fand, konnte dem Widerstand dieser Interessengruppen und damit auch der Unternehmerelite nicht standhalten.<ref name="Roll2013_SWP-Studien2013-S14_S5f" /> Beobachter sahen das plötzliche Auftreten von Versorgungsengpässen bei [[Stromversorgung|Strom]], [[Kraftstoff|Benzin]] und [[Erdgas|Gas]] während Mursis letzter Amtstage vor dem Putsch als Hinweis darauf an, dass Anhänger des alten Regimes alles daran setzten, das Volk gegen den Präsidenten aufzubringen.<ref name="Süddeutsche-de_2013-07-13_WIC" /> Die Masse der Menschen demonstrierte Ende Juni 2013 gegen die Regierung nicht aufgrund von beeinträchtigten [[Menschenrechte]]n wie [[Folter|Polizeifolter]] verhafteter Oppositioneller oder beschränkter [[Pressefreiheit]], sondern aufgrund von Versorgungsengpässen wie Strom- und Wasser-Ausfällen, [[Lebensmittelteuerung]] und Benzinverknappung sowie aufgrund von [[Arbeitslosigkeit]].<ref name="n-tv_2013-10-10_ÄWB">''[http://www.webcitation.org/6KGM8wZ7e Proteste zu Mursis Jahrestag - Ägypten will Benzin und Hoffnung]'', n-tv, 29. Juni 2013, von Christoph Herwartz, archiviert vom [http://www.n-tv.de/politik/Aegypten-will-Benzin-und-Hoffnung-article10908711.html Original] am 10. Oktober 2013.</ref> Der Umstand, dass seit dem Putsch unvermittelt wieder Benzin an den [[Tankstelle]]n zur Verfügung stand,<ref name="FAZ_2013-07-06_GR" /><ref name="Süddeutsche-de_2013-07-13_WIC" /><ref name="phoenix_2013-08-18_Gaus">Bettina Gaus; in: ''[http://www.webcitation.org/6KMzBSA5O Aufruhr in Ägypten - wird aus dem arabischen Frühling ein blutiger Herbst?]'', Presseclub (ARD), 18. August 2013, Moderation: WDR-Chefredakteur Jörg Schönenborn; Gesprächspartner: Bettina Gaus (taz), Richard Kiessler, Loay Mudhoon (Deutsche Welle), Cornelia Wegerhoff (WDR), archiviert vom [http://www.phoenix.de/content/phoenix/die_sendungen/diskussionen/729157 Original] am 14. Oktober 2013. Zugleich: [https://www.youtube.com/watch?v=l4CQLU3XkT8 Aufruhr in Ägypten - Presseclub am 18.08.2013], YouTube, veröffentlicht vom YouTube-Kanal am 19.08.2013 [https://www.youtube.com/user/phoenix phoenix]; [http://mediathek.daserste.de/sendungen_a-z/311790_presseclub/16554576_aufruhr-in-aegypten-wird-aus-dem-arabischen?buchstabe=P Aufruhr in Ägypten - wird aus dem arabischen Frühling ein blutiger Herbst?], ARD Mediathek.</ref> die [[Stromausfall|Stromausfälle]] endeten und auch die Polizei, die Mursi während seiner Präsidentschaft ein Jahr lang offen [[Boykott|boykottiert]] und so den rapiden Anstieg der [[Kriminalität|Straßenkriminalität]] befördert hatte, wieder ihre Arbeit aufnahm, wurde als Hinweis gedeutet, dass der Militärputsch lange vorausgeplant war und die Entmachtung der Rückkehr des alten Systems diente. In gleicher Weise wurde auch die von Beobachtern konstatierte, ungewöhnlich hohe Aktivität des [[Nachrichtendienst|Inlandsgeheimdienstes]] in der betroffenen Phase gewertet<ref name="Süddeutsche-de_2013-07-13_WIC">''[http://www.webcitation.org/6KGIiO9XP Militärputsch in Ägypten - Willkommen in der Coupokratie]'', Süddeutsche.de, 13. Juli 2013, von Tomas Avenarius, archiviert vom [http://www.sueddeutsche.de/politik/militaerputsch-in-aegypten-willkommen-in-der-coupokratie-1.1720837 Original] am 10. Oktober 2013.</ref> und die Nachricht, dass bereits einen Tag nach dem Putsch mehrere Großinvestitoren angekündigt haben, wieder in Ägypten zu investieren.<ref name="phoenix_2013-08-18_Gaus" /> |
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=== Muslimbruderschaft === |
=== Muslimbruderschaft === |
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Bereits rund 40 Jahre vor dem Putsch von 2013 hatte sich die ägyptische Muslimbruderschaft von jeglicher Gewalt losgesagt und in der Folge als glaubwürdiger politischer Akteur engagiert,<ref name="Zeit-OL_2013-09-14_MSN" /><ref name="Phoenix_2012-11-28_YT_Roll" /> nachdem sich Ende der 1970er Jahre die militanten Dschihadisten von ihnen abgespalten hatten.<ref name="Zeit-OL_2013-09-14_MSN" /> Sie versuchte, sich im Mubarak-System politisch einzubringen und das System aus sich heraus zu verändern.<ref name="Phoenix_2012-11-28_YT_Roll">Stephan Roll, in: [http://www.youtube.com/watch?v=uUyouPXBnqU Wieder Staatskrise in Ägypten: Phoenix Runde am 28.11.2012], phoenix, Diskussionsrunde unter dem Titel „Wieder Staatskrise in Ägypten - Mursi, der neue Pharao?“; Moderation: P?nar Atalay; Gesprächspartner: Stephan Roll (Stiftung Wissenschaft und Politik), Sonja Hegasy (Zentrum Moderner Orient), Melinda Crane (Freie Journalistin) und Rainer Stinner (FDP, Außenpolitischer Sprecher)</ref> Mit ihren [[Humanitäre Hilfe|humanitären Programmen]] versorgten die Muslimbrüder Millionen von Menschen mit Nahrung und medizinischer Hilfe und ersetzten so faktisch den fehlenden [[Sozialstaat]] in Ägypten.<ref name="phoenix_2013-08-18_Mudhoon" /><ref name="Guardian_2013-09-25_EFT" /> Die offiziell verbotene Bruderschaft galt als gemäßigt und nahm unter Mubarak mit unabhängigen Kandidaten an Wahlen teil.<ref name="Zeit-OL_2013-09-14_MSN" /> Bis zum Putsch besaßen sie weder Waffenlager noch Miliz.<ref name="Zeit-OL_2013-09-14_MSN">''[http://www.webcitation.org/6JtPVzfEm Muslimbrüder - Die Muslimbrüder sind nicht erledigt]'', Zeit Online, 14. September 2013, von Mohamed Amjahid und Michael Thumann, archiviert vom [http://www.zeit.de/2013/37/aegypten-muslimbrueder/komplettansicht Original] am 25. September 2013.</ref> |
Bereits rund 40 Jahre vor dem Putsch von 2013 hatte sich die ägyptische Muslimbruderschaft von jeglicher Gewalt losgesagt und in der Folge als glaubwürdiger politischer Akteur engagiert,<ref name="Zeit-OL_2013-09-14_MSN" /><ref name="Phoenix_2012-11-28_YT_Roll" /> nachdem sich Ende der 1970er Jahre die militanten Dschihadisten von ihnen abgespalten hatten.<ref name="Zeit-OL_2013-09-14_MSN" /> Sie versuchte, sich im Mubarak-System politisch einzubringen und das System aus sich heraus zu verändern.<ref name="Phoenix_2012-11-28_YT_Roll">Stephan Roll, in: [http://www.youtube.com/watch?v=uUyouPXBnqU Wieder Staatskrise in Ägypten: Phoenix Runde am 28.11.2012], phoenix, Diskussionsrunde unter dem Titel „Wieder Staatskrise in Ägypten - Mursi, der neue Pharao?“; Moderation: P?nar Atalay; Gesprächspartner: Stephan Roll (Stiftung Wissenschaft und Politik), Sonja Hegasy (Zentrum Moderner Orient), Melinda Crane (Freie Journalistin) und Rainer Stinner (FDP, Außenpolitischer Sprecher)</ref> Mit ihren [[Humanitäre Hilfe|humanitären Programmen]] versorgten die Muslimbrüder Millionen von Menschen mit Nahrung und medizinischer Hilfe und ersetzten so faktisch den fehlenden [[Sozialstaat]] in Ägypten.<ref name="phoenix_2013-08-18_Mudhoon" /><ref name="Guardian_2013-09-25_EFT" /> Die offiziell verbotene Bruderschaft galt als gemäßigt und nahm unter Mubarak mit unabhängigen Kandidaten an Wahlen teil.<ref name="Zeit-OL_2013-09-14_MSN" /> Bis zum Putsch besaßen sie weder Waffenlager noch Miliz.<ref name="Zeit-OL_2013-09-14_MSN">''[http://www.webcitation.org/6JtPVzfEm Muslimbrüder - Die Muslimbrüder sind nicht erledigt]'', Zeit Online, 14. September 2013, von Mohamed Amjahid und Michael Thumann, archiviert vom [http://www.zeit.de/2013/37/aegypten-muslimbrueder/komplettansicht Original] am 25. September 2013.</ref> |
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[[Datei:Mohamed Morsi-05-2013.jpg|mini |
[[Datei:Mohamed Morsi-05-2013.jpg|mini|Die erste demokratisch gewählte Regierung Ägyptens unter Staatspräsident [[Mohammed Mursi]] stieß auf vielfältigen Widerstand. Seit dem Militärputsch wird der gestürzte Präsident an einem unbekannten Ort gefangen gehalten. Seine Partei wurde verboten.]] |
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Nach dem Sturz Mubaraks und ihrem Wahlsieg etablierte sich die Muslimbruderschaft als politische Instanz und Partei.<ref name="maybrit-illner_2013-08-22_Azzam">Lubna Azzam; In: [http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/1969474/Aegypten-zwischen-Glaube-und-Gewalt#/beitrag/video/1969474/Aegypten-zwischen-Glaube-und-Gewalt "Ägypten zwischen Glaube und Gewalt - erwartet der Westen zu viel?"], ZDF, [http://www.zdf.de/maybrit-illner/%C3%84gypten-zwischen-Glaube-und-Gewalt-29396754.html "maybrit illner" vom 22. August 2013], Moderation: Maybrit Illner; Gesprächspartner: Philipp Mißfelder (außenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion), Peter Scholl-Latour, Hamed Abdel-Samad, Lubna Azzam (Stiftung Wissenschaft und Politik), Mazen Okasha.</ref> Sie strebte als politischer Akteur nach der Kontrolle von Verwaltung und Institutionen, stieß aber dabei aufgrund des Mangels an entsprechend ausgebildetem Personal in ihren Reihen auf Schwierigkeiten. Fehlende finanzielle Mittel ermöglichten ihr auch nicht die Schaffung zusätzlicher Stellen in der bereits überfrachteten [[Bürokratie]]. Anstatt strukturelle Reformen voranzutreiben, stützte sie sich in der Arbeit auf die vom alten Mubarak-Regime übernommenen Institutionen und betrieb politische Geschäfte mit den Kreisen, die Mubaraks Herrschaft begründet und gestärkt hatten.<ref name="Qantara-de_2013-02-27_ARU" /> Das Hauptklientel der sehr privatwirtschaftlich orientierten Muslimbruderschaft war dabei der ägyptische Mittelstand.<ref name="Phoenix_2012-11-28_YT_Roll" /> Um die Auflagen des IWF für Kredite im Volumen von 4,8 Milliarden Dollar erfüllen zu können, stand Muris Regierung laut Sonjy Hegasy, Vizedirektorin des [[Zentrum Moderner Orient|Zentrums Moderner Orient]], vor Problemen wie dem Abbau von Subventionen, welche rund ein Drittel des ägyptischen Staatshaushalts ausmachten (z. B. für Benzin, Energie und Nahrungsmittel wie Weizen und Brot). Mursi stieß bei der Diskussion um die Kürzungspläne der Subventionen von jährlich 22 Milliarden Dollar auf eine breite, klassenübergreifende Ablehnung in der Bevölkerung.<ref name="Phoenix_2012-11-28_YT_Hegasy" /> |
Nach dem Sturz Mubaraks und ihrem Wahlsieg etablierte sich die Muslimbruderschaft als politische Instanz und Partei.<ref name="maybrit-illner_2013-08-22_Azzam">Lubna Azzam; In: [http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/1969474/Aegypten-zwischen-Glaube-und-Gewalt#/beitrag/video/1969474/Aegypten-zwischen-Glaube-und-Gewalt "Ägypten zwischen Glaube und Gewalt - erwartet der Westen zu viel?"], ZDF, [http://www.zdf.de/maybrit-illner/%C3%84gypten-zwischen-Glaube-und-Gewalt-29396754.html "maybrit illner" vom 22. August 2013], Moderation: Maybrit Illner; Gesprächspartner: Philipp Mißfelder (außenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion), Peter Scholl-Latour, Hamed Abdel-Samad, Lubna Azzam (Stiftung Wissenschaft und Politik), Mazen Okasha.</ref> Sie strebte als politischer Akteur nach der Kontrolle von Verwaltung und Institutionen, stieß aber dabei aufgrund des Mangels an entsprechend ausgebildetem Personal in ihren Reihen auf Schwierigkeiten. Fehlende finanzielle Mittel ermöglichten ihr auch nicht die Schaffung zusätzlicher Stellen in der bereits überfrachteten [[Bürokratie]]. Anstatt strukturelle Reformen voranzutreiben, stützte sie sich in der Arbeit auf die vom alten Mubarak-Regime übernommenen Institutionen und betrieb politische Geschäfte mit den Kreisen, die Mubaraks Herrschaft begründet und gestärkt hatten.<ref name="Qantara-de_2013-02-27_ARU" /> Das Hauptklientel der sehr privatwirtschaftlich orientierten Muslimbruderschaft war dabei der ägyptische Mittelstand.<ref name="Phoenix_2012-11-28_YT_Roll" /> Um die Auflagen des IWF für Kredite im Volumen von 4,8 Milliarden Dollar erfüllen zu können, stand Muris Regierung laut Sonjy Hegasy, Vizedirektorin des [[Zentrum Moderner Orient|Zentrums Moderner Orient]], vor Problemen wie dem Abbau von Subventionen, welche rund ein Drittel des ägyptischen Staatshaushalts ausmachten (z. B. für Benzin, Energie und Nahrungsmittel wie Weizen und Brot). Mursi stieß bei der Diskussion um die Kürzungspläne der Subventionen von jährlich 22 Milliarden Dollar auf eine breite, klassenübergreifende Ablehnung in der Bevölkerung.<ref name="Phoenix_2012-11-28_YT_Hegasy" /> |
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Auch baute die Muslimbruderschaft nicht den unter Mubarak errichteten Sicherheitsapparat ab, der schon unter Mubarak mit großer Brutalität außerhalb der Legitimität operiert hatte und nach dem Sturz des Mubarak-Regimes offenbar wirkte, ohne effektiv kontrolliert zu werden. Stattdessen duldete die Muslimbruderschaft stillschweigend die Gewalt, die von Sicherheitskräften des Innenministeriums an ägyptischen Zivilisten verübt wurde.<ref name="Qantara-de_2013-02-27_ARU" /> Weiterhin blieb die über Jahrzehnte unter Mubarak verbotene Organisation der Muslimbruderschaft nach außen sehr intransparenzt in Bezug auf ihre Finanzierung und das Verhältnis der Bruderschaft zu aus der Bruderschaft heraus gegründeten [[Freiheits- und Gerechtigkeitspartei]], beispielsweise in Bezug auf die Entscheidungsgremien und Entscheidungsstrukturen.<ref name="Phoenix_2012-11-28_YT_Roll" /> |
Auch baute die Muslimbruderschaft nicht den unter Mubarak errichteten Sicherheitsapparat ab, der schon unter Mubarak mit großer Brutalität außerhalb der Legitimität operiert hatte und nach dem Sturz des Mubarak-Regimes offenbar wirkte, ohne effektiv kontrolliert zu werden. Stattdessen duldete die Muslimbruderschaft stillschweigend die Gewalt, die von Sicherheitskräften des Innenministeriums an ägyptischen Zivilisten verübt wurde.<ref name="Qantara-de_2013-02-27_ARU" /> Weiterhin blieb die über Jahrzehnte unter Mubarak verbotene Organisation der Muslimbruderschaft nach außen sehr intransparenzt in Bezug auf ihre Finanzierung und das Verhältnis der Bruderschaft zu aus der Bruderschaft heraus gegründeten [[Freiheits- und Gerechtigkeitspartei]], beispielsweise in Bezug auf die Entscheidungsgremien und Entscheidungsstrukturen.<ref name="Phoenix_2012-11-28_YT_Roll" /> |
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Während Mubarak einen harten Kurs gegen Islamisten verfolgt und Ägypten als „Bollwerk gegen Dschihadisten“ präsentiert hatte, konnten militante Islamisten während der Präsidentschaft Mursis in einigen Bezirken östlich der Stadt Al-Arisch mehr oder weniger unbehelligt von der Staatsmacht agieren.<ref name="Handelsblatt_2013-10-10_UWA" /> Die Operationen gegen Extremisten mit Nähe zum Terrornetzwerk Al-Kaida in dem Gebiet in dieser Zeit waren aus Sicht der Armee „halbherzig“.<ref name="Handelsblatt_2013-10-10_UWA">''[http://www.webcitation.org/6KGAbKcoK Stopp für Militärhilfe - USA warten auf „glaubwürdigen Fortschritt“ in Ägypten]'', Handelsblatt, 9. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.handelsblatt.com/politik/international/stopp-fuer-militaerhilfe-usa-warten-auf-glaubwuerdigen-fortschritt-in-aegypten/8911350.html Original] am 10. Oktober 2013.</ref> Bei den vielen Angriffe auf Sicherheitskräfte auf dem Sinai wurde aus Sicht des Militärs der Eindruck vermittelt, dass Mursi die Kooperation mit der [[Palästinenser|palästinensischen]] [[Hamas]] wichtiger war, als der Schutz seiner eigenen Leute.<ref name="DW_2013-08-16_HÄA" /> Von einem Teil der Bevölkerung wurde dies Mursi als Schwäche ausgelegt.<ref name="NZZ_2013-08-07_TdS" /> |
Während Mubarak einen harten Kurs gegen Islamisten verfolgt und Ägypten als „Bollwerk gegen Dschihadisten“ präsentiert hatte, konnten militante Islamisten während der Präsidentschaft Mursis in einigen Bezirken östlich der Stadt [[Al-Arisch|Arisch]] mehr oder weniger unbehelligt von der Staatsmacht agieren.<ref name="Handelsblatt_2013-10-10_UWA" /> Die Operationen gegen Extremisten mit Nähe zum Terrornetzwerk Al-Kaida in dem Gebiet in dieser Zeit waren aus Sicht der Armee „halbherzig“.<ref name="Handelsblatt_2013-10-10_UWA">''[http://www.webcitation.org/6KGAbKcoK Stopp für Militärhilfe - USA warten auf „glaubwürdigen Fortschritt“ in Ägypten]'', Handelsblatt, 9. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.handelsblatt.com/politik/international/stopp-fuer-militaerhilfe-usa-warten-auf-glaubwuerdigen-fortschritt-in-aegypten/8911350.html Original] am 10. Oktober 2013.</ref> Bei den vielen Angriffe auf Sicherheitskräfte auf dem Sinai wurde aus Sicht des Militärs der Eindruck vermittelt, dass Mursi die Kooperation mit der [[Palästinenser|palästinensischen]] [[Hamas]] wichtiger war, als der Schutz seiner eigenen Leute.<ref name="DW_2013-08-16_HÄA" /> Von einem Teil der Bevölkerung wurde dies Mursi als Schwäche ausgelegt.<ref name="NZZ_2013-08-07_TdS" /> |
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=== Säkulare und liberale Kräfte === |
=== Säkulare und liberale Kräfte === |
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Nach Mubaraks Sturz und der darauf folgenden Militärherrschaft unter [[Mohammed Hussein Tantawi]] erhielten die Salafisten bei den ersten demokratischen Parlamentswahlen in der ägyptischen Geschichte am 28. November 2011 rund ein Viertel der Plätze. Zusammen mit den Muslimbrüdern nahmen die Islamisten so rund drei Viertel der Sitze ein.<ref name="Guardian_2013-08-14_EPA" /> Bis zur Auflösung des Oberhauses durch das Oberste Verfassungsgericht am 2. Juni 2013 dominierten Muslimbrüder und Salafisten somit den Schura-Rat.<ref name="n-tv_2013-06-29_CdS" /> |
Nach Mubaraks Sturz und der darauf folgenden Militärherrschaft unter [[Mohammed Hussein Tantawi]] erhielten die Salafisten bei den ersten demokratischen Parlamentswahlen in der ägyptischen Geschichte am 28. November 2011 rund ein Viertel der Plätze. Zusammen mit den Muslimbrüdern nahmen die Islamisten so rund drei Viertel der Sitze ein.<ref name="Guardian_2013-08-14_EPA" /> Bis zur Auflösung des Oberhauses durch das Oberste Verfassungsgericht am 2. Juni 2013 dominierten Muslimbrüder und Salafisten somit den Schura-Rat.<ref name="n-tv_2013-06-29_CdS" /> |
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Obwohl eine grundsätzliche Einigung existiert hatte, die Rolle der [[Scharia]] in der [[Verfassung der Republik Ägypten|neu auszuarbeitenden Verfassung]] so zu belassen, wie es auch schon in Artikel 2 der alten Verfassung der Fall gewesen war, wurde vor allem auf Drängen des salafistischen Spektrums im November 2012 der Zusatzartikel 219 in den Verfassungsentwurf eingeführt, der festlegte, dass die Scharia nach dem [[Koran]] und den vier geltenden [[Sunniten|sunnitischen]] [[Madhhab|Rechtsschulen]] des Islam definiert werden soll.<ref name="Phoenix_2012-11-28_YT_Roll" /><ref name="maybrit-illner_2013-08-22_Azzam" /><ref name="EI_2012-12-02_EDC">''[http://www.webcitation.org/6KMixdbg5 Egypt's draft constitution translated]'' [Entwurfsfassung] (englisch). Egypt Independent, 2. Dezember 2012, von Nariman Youssef (Übersetzung), Lindsay Carroll und Sara Edmunds (Bearbeitung), archiviert vom [http://www.egyptindependent.com/news/egypt-s-draft-constitution-translated Original] am 14. Oktober 2013.</ref><ref name="niviensaleh-info_OD_2CE">''[http://www.webcitation.org/6KMjQpy1z The 2012 Constitution of Egypt, Translated by Nivien Saleh, with Index]'' [Endfassung] (englisch). niviensaleh.info (Nivien Saleh - Middle East, Information Technology, Foreign Policy), von Nivien Saleh (Übersetzung), ohne Datum, archiviert vom [http://niviensaleh.info/constitution-egypt-2012-translation/ Original] am 14. Oktober 2013.</ref><ref name="mubasher-aljazeera-net_2012-12-18">''[http://www.webcitation.org/6KMjtHWxd ?????? ???????? ??????? ??????]'' (arabisch). Aljazeera (mubasher.aljazeera.net), 18. Dezember 2012, archiviert vom [http://mubasher.aljazeera.net/news/2012/11/20121130113251987535.htm Original] am 14. Oktober 2013; mit Verweis auf [http://www.webcitation.org/6KMkfy9QJ ????? ????????? - ???? ????? ????? ???? ?????? - ????? ????? - ??????? ??? ???????]'' (PDF), archiviert vom [http://egelections-2011.appspot.com/Referendum2012/dostor_masr_final.pdf Original] am 14. Oktober 2013.</ref> Der Interpretationsspielraum der Scharia wurde damit gegenüber der alten Verfassung eingeschränkt. Dies wird als ein |
Obwohl eine grundsätzliche Einigung existiert hatte, die Rolle der [[Scharia]] in der [[Verfassung der Republik Ägypten|neu auszuarbeitenden Verfassung]] so zu belassen, wie es auch schon in Artikel 2 der alten Verfassung der Fall gewesen war, wurde vor allem auf Drängen des salafistischen Spektrums im November 2012 der Zusatzartikel 219 in den Verfassungsentwurf eingeführt, der festlegte, dass die Scharia nach dem [[Koran]] und den vier geltenden [[Sunniten|sunnitischen]] [[Madhhab|Rechtsschulen]] des Islam definiert werden soll.<ref name="Phoenix_2012-11-28_YT_Roll" /><ref name="maybrit-illner_2013-08-22_Azzam" /><ref name="EI_2012-12-02_EDC">''[http://www.webcitation.org/6KMixdbg5 Egypt's draft constitution translated]'' [Entwurfsfassung] (englisch). Egypt Independent, 2. Dezember 2012, von Nariman Youssef (Übersetzung), Lindsay Carroll und Sara Edmunds (Bearbeitung), archiviert vom [http://www.egyptindependent.com/news/egypt-s-draft-constitution-translated Original] am 14. Oktober 2013.</ref><ref name="niviensaleh-info_OD_2CE">''[http://www.webcitation.org/6KMjQpy1z The 2012 Constitution of Egypt, Translated by Nivien Saleh, with Index]'' [Endfassung] (englisch). niviensaleh.info (Nivien Saleh - Middle East, Information Technology, Foreign Policy), von Nivien Saleh (Übersetzung), ohne Datum, archiviert vom [http://niviensaleh.info/constitution-egypt-2012-translation/ Original] am 14. Oktober 2013.</ref><ref name="mubasher-aljazeera-net_2012-12-18">''[http://www.webcitation.org/6KMjtHWxd ?????? ???????? ??????? ??????]'' (arabisch). Aljazeera (mubasher.aljazeera.net), 18. Dezember 2012, archiviert vom [http://mubasher.aljazeera.net/news/2012/11/20121130113251987535.htm Original] am 14. Oktober 2013; mit Verweis auf [http://www.webcitation.org/6KMkfy9QJ ????? ????????? - ???? ????? ????? ???? ?????? - ????? ????? - ??????? ??? ???????]'' (PDF), archiviert vom [http://egelections-2011.appspot.com/Referendum2012/dostor_masr_final.pdf Original] am 14. Oktober 2013.</ref> Der Interpretationsspielraum der Scharia wurde damit gegenüber der alten Verfassung eingeschränkt. Dies wird als ein Anlass dafür gewertet, dass in der Folge das säkular orientierte Drittel aus der [[Verfassunggebende Versammlung Ägyptens|Verfassunggebenden Versammlung]] austrat.<ref name="Phoenix_2012-11-28_YT_Roll" /> |
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Am Tag des Putsches standen bei der Rede von Militärchef Sisi auch Vertreter der salafistischen [[Partei des Lichts]] (Nur-Partei) auf der Rednerbühne Militärchef Sisi zur Seite.<ref name="Zeit-OL_2013-07-04_EBP" /><ref name="phoenix_2013-07-03_AZL" /><ref name="phoenix_2013-07-03_EZA" /> Die Nur-Partei als den Islam im Vergleich zur Muslimbruderschaft [[Fundamentalismus|fundamentalistischer]] auslegende, größte ägyptische salafistische Partei, erhielt die Möglichkeit, durch die Unterstützung des Militärputsches und den Ausschluss der Muslimbruderschaft zur stärksten islamistischen Kraft in einem neuen Parlament zu werden.<ref name="WeltTrends_SWP-B_2013_BPG" /> Obwohl die Nur-Partei bis dahin in die Anti-Mursi-Allianz integriert war, erklärte sie aufgrund des Blutbades vom 8. Juli den Rückzug aus den Verhandlungen zur Übergangsregierung.<ref name="20min-ch_2013-07-08_Ü5T" /><ref name="VOANews_2013-07-08_AL5" /> Während die von der Armee eingesetzte Übergangsregierung mit großer Härte gegen die Muslimbrüder und ihre Verbündeten vorging, wurde die Nur-Partei, die sich bereit erklärt hatte, an der Gestaltung der Übergangsperiode mitzuwirken, in der Folge von der staatlichen Repression ausgenommen.<ref name="Süddeutsche-de_2013-09-17_JFV" /> |
Am Tag des Putsches standen bei der Rede von Militärchef Sisi auch Vertreter der salafistischen [[Partei des Lichts]] (Nur-Partei) auf der Rednerbühne Militärchef Sisi zur Seite.<ref name="Zeit-OL_2013-07-04_EBP" /><ref name="phoenix_2013-07-03_AZL" /><ref name="phoenix_2013-07-03_EZA" /> Die Nur-Partei als den Islam im Vergleich zur Muslimbruderschaft [[Fundamentalismus|fundamentalistischer]] auslegende, größte ägyptische salafistische Partei, erhielt die Möglichkeit, durch die Unterstützung des Militärputsches und den Ausschluss der Muslimbruderschaft zur stärksten islamistischen Kraft in einem neuen Parlament zu werden.<ref name="WeltTrends_SWP-B_2013_BPG" /> Obwohl die Nur-Partei bis dahin in die Anti-Mursi-Allianz integriert war, erklärte sie aufgrund des Blutbades vom 8. Juli den Rückzug aus den Verhandlungen zur Übergangsregierung.<ref name="20min-ch_2013-07-08_Ü5T" /><ref name="VOANews_2013-07-08_AL5" /> Während die von der Armee eingesetzte Übergangsregierung mit großer Härte gegen die Muslimbrüder und ihre Verbündeten vorging, wurde die Nur-Partei, die sich bereit erklärt hatte, an der Gestaltung der Übergangsperiode mitzuwirken, in der Folge von der staatlichen Repression ausgenommen.<ref name="Süddeutsche-de_2013-09-17_JFV" /> |
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=== Erster Jahrestag Mursis als Staatspräsident (30. Juni) === |
=== Erster Jahrestag Mursis als Staatspräsident (30. Juni) === |
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[[Datei:Anti Morsi protest march at 28th June 2013.jpg|mini|Anti-Mursi-Protestmarsch in Kairo am 28. Juni 2013]] |
[[Datei:Anti Morsi protest march at 28th June 2013.jpg|mini|Anti-Mursi-Protestmarsch in Kairo am 28. Juni 2013]] |
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Ende Juni 2013 verstärkten sich die andauernden Proteste gegen Mursis Politik erneut. Ein Auslöser war, dass Mursi neue Gouverneure für 17 der 27 [[Gouvernements in Ägypten|ägyptischen Gouvernements]] ernannt hatte, von denen sieben der islamistischen Muslimbruderschaft angehörten. Insbesondere wurde gegen die Ernennung [[Adel al-Chajat]]s, eines früheren Mitglieds der ehemaligen Terrorgruppe [[Gamaa Islamija]], zum Gouverneur für die Tourismusregion Luxor protestiert. Kritiker fürchteten eine vollständige Machtübernahme der Muslimbrüder und negative Folgen für den Tourismus.<ref>spiegel.de: [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-praesident-mursi-ernennt-islamisten-als-gouverneure-a-906252.html Mursi ernennt Islamisten als Gouverneure]</ref> Oppositionsgruppen riefen anlässlich des nahenden ersten Jahrestages von Mursis Amtsübernahme zu Großdemonstrationen gegen seine Politik auf und forderten Neuwahlen.<ref>[http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/aegypten-drei-tote-bei-protesten-gegen-mursi-12264861.html Drei Tote bei Protesten gegen Mursi] FAZ.net vom 28. Juni 2013 (abgerufen am 5. Juli 2013)</ref> Die Proteste wandten sich vor allem gegen Mursis Wirtschaftspolitik und seinen als autoritär wahrgenommenen Regierungsstil.<ref>''[http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegyptens-militaer-stuerzt-praesident-mohammed-mursi-a-909326.html Putsch in Kairo: Ägyptens Militär stürzt Mursi]'' [[Spiegel Online]], 3. Juli 2013, abgerufen am 3. Juli 2013.</ref> Um seine politischen Gegner und unzufriedene Bürger zu besänftigen, gestand Mursi in einer „Ansprache an das Volk“ am 26. Juni Fehler ein und forderte seine Minister und Gouverneure dazu auf, „alle Beamten [zu] entlassen, die für die Krisen verantwortlich sind, unter denen die Bürger leiden müssen“. Gleichzeitig behauptete er, die geplanten Massendemonstrationen würden von korrupten Ex-Funktionären Mubaraks gesteuert.<ref>''[http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegyptens-praesident-mursi-warnt-vor-konterrevolution-a-908064.html Proteste in Ägypten: Präsident Mursi räumt Fehler ein.]'' Spiegel Online, 27. Juni 2013, abgerufen am 1. Juli 2013.</ref> Mursis Anhänger bekundeten ihre Unterstützung für den Präsidenten ihrerseits durch Demonstrationen.<ref name="dradio26062013">[http://www.dradio.de/aktuell/2157279/ Gewalt in Ägypten – Blutige Straßenschlachten zwischen Gegnern und Anhängern Mursis] dradio.de vom 26. Juni 2013 (abgerufen am 5. Juli 2013)</ref> In der Folge kam es zu |
Ende Juni 2013 verstärkten sich die andauernden Proteste gegen Mursis Politik erneut. Ein Auslöser war, dass Mursi neue Gouverneure für 17 der 27 [[Gouvernements in Ägypten|ägyptischen Gouvernements]] ernannt hatte, von denen sieben der islamistischen Muslimbruderschaft angehörten. Insbesondere wurde gegen die Ernennung [[Adel al-Chajat]]s, eines früheren Mitglieds der ehemaligen Terrorgruppe [[Gamaa Islamija]], zum Gouverneur für die Tourismusregion Luxor protestiert. Kritiker fürchteten eine vollständige Machtübernahme der Muslimbrüder und negative Folgen für den Tourismus.<ref>spiegel.de: [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-praesident-mursi-ernennt-islamisten-als-gouverneure-a-906252.html Mursi ernennt Islamisten als Gouverneure]</ref> Oppositionsgruppen riefen anlässlich des nahenden ersten Jahrestages von Mursis Amtsübernahme zu Großdemonstrationen gegen seine Politik auf und forderten Neuwahlen.<ref>[http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/aegypten-drei-tote-bei-protesten-gegen-mursi-12264861.html Drei Tote bei Protesten gegen Mursi] FAZ.net vom 28. Juni 2013 (abgerufen am 5. Juli 2013)</ref> Die Proteste wandten sich vor allem gegen Mursis Wirtschaftspolitik und seinen als autoritär wahrgenommenen Regierungsstil.<ref>''[http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegyptens-militaer-stuerzt-praesident-mohammed-mursi-a-909326.html Putsch in Kairo: Ägyptens Militär stürzt Mursi]'' [[Spiegel Online]], 3. Juli 2013, abgerufen am 3. Juli 2013.</ref> Um seine politischen Gegner und unzufriedene Bürger zu besänftigen, gestand Mursi in einer „Ansprache an das Volk“ am 26. Juni Fehler ein und forderte seine Minister und Gouverneure dazu auf, „alle Beamten [zu] entlassen, die für die Krisen verantwortlich sind, unter denen die Bürger leiden müssen“. Gleichzeitig behauptete er, die geplanten Massendemonstrationen würden von korrupten Ex-Funktionären Mubaraks gesteuert.<ref>''[http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegyptens-praesident-mursi-warnt-vor-konterrevolution-a-908064.html Proteste in Ägypten: Präsident Mursi räumt Fehler ein.]'' Spiegel Online, 27. Juni 2013, abgerufen am 1. Juli 2013.</ref> Mursis Anhänger bekundeten ihre Unterstützung für den Präsidenten ihrerseits durch Demonstrationen.<ref name="dradio26062013">[http://www.dradio.de/aktuell/2157279/ Gewalt in Ägypten – Blutige Straßenschlachten zwischen Gegnern und Anhängern Mursis] dradio.de vom 26. Juni 2013 (abgerufen am 5. Juli 2013)</ref> In der Folge kam es zu Straßenschlachten zwischen Anhängern und Gegnern Mursis, bei denen hunderte Menschen verletzt wurden.<ref name="dradio26062013" /> Um die Opposition zu unterstützen, traten am 29. Juni mehrere Parlamentarier und mindestens acht Abgeordnete des Oberhauses von ihren Posten zurück.<ref name="SZ_2013-06-29_LkeiÄzU>''[http://www.sueddeutsche.de/politik/ausschreitungen-vor-mursis-amtsjubilaeum-auslaender-verlassen-aegypten-1.1707928 Landesweit kommt es in Ägypten zu Unruhen.]'' Süddeutsche Zeitung, 29. Juni 2013, abgerufen am 1. Juli 2013.</ref> Scheich Hassan al-Schafi, ein hochrangiger Geistlicher an der [[al-Azhar-Moschee]], der höchsten geistlichen Institution im Land, warnte davor, Ägypten laufe Gefahr, in einen Bürgerkrieg abzugleiten.<ref>spiegel.de 29. Juni 2013: [http://www.spiegel.de/politik/ausland/anti-mursi-demonstration-aegypten-steht-vor-der-entscheidungsschlacht-a-908583.html Konfrontation in Kairo: Ägypten vor der Entscheidungsschlacht]</ref> |
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Die im Zuge der Proteste neu gegründete Bewegung Tamarud |
Die im Zuge der Proteste neu gegründete Bewegung ''Tamarud'' (oder: [[Tamarod]]) (ägyptisch-arabisch für Rebellion), die nach unüberprüften eigenen Angaben im Rahmen eines Protestaufrufs über 22 Millionen Unterschriften für den Rücktritt von Mursi und eine vorgezogene Präsidentschaftswahl gesammelt haben wollte, rief am 30. Juni 2013 ebenfalls zu Massenprotesten anlässlich des ersten Jahrestages von [[Mohammed Mursi#Präsidentschaft|Mursis Amtsübernahme]] auf.<ref name="Süddeutsche-de_2013-07-01_AFP" /><ref name="Spiegel-OL_2013-06-28_MPH">''[http://www.webcitation.org/6KTGpOaEY Demonstrationen in Ägypten: Mursis Prediger hetzen gegen Liberale], Spiegel Online, 28. Juni 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/in-aegypten-demonstrieren-anhaenger-und-gegner-von-praesident-mursi-a-908406.html Original] am 19. Oktober 2013.</ref><ref name="Spiegel-OL_2013-06-29_UBB">''[http://www.webcitation.org/6KTH3tQUr Protestwelle in Ägypten: US-Bürger bei Straßenkämpfen in Alexandria erstochen]'', Spiegel Online, 28. Juni 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/protestwelle-gegen-mursi-rollt-in-aegypten-an-a-908489.html Original] am 19. Oktober 2013.</ref><ref name="Spiegel-OL_2013-06-29_DTB">''[http://www.webcitation.org/6KTHGeRv1 Protest gegen Präsident Mursi: Drei Tote bei Straßenschlachten in Ägypten]'', Spiegel Online, 29. Juni 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-tote-bei-protesten-gegen-staatspraesident-mursi-a-908496.html Original] am 19. Oktober 2013.</ref> „Millionen von Ägypter“ (''Spiegel'') sollen an den Protesten teilgenommen haben. Allein auf dem zentralen [[Tahrir-Platz]] in Kairo hatten sich mehr als eine halbe Million Menschen versammelt.<ref name="Spiegel-OL_2013-07-01_MGS" /> |
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''Tamarod'' forderte Mursi am 1. Juli in einem „Ultimatum“ auf, bis zum 2. Juli um 17 Uhr „die Macht abzugeben und es den Behörden zu ermöglichen, eine vorgezogene Präsidentschaftswahl zu organisieren“. Sollte der Staatspräsident der Aufforderung nicht nachkommen, werde es „eine Kampagne des vollständigen zivilen Ungehorsams“ geben.<ref name="Spiegel-OL_2013-07-01_MGS">''[http://www.webcitation.org/6KTEjmdRu Ägypten: Mursi-Gegner stürmen Zentrale der Muslimbrüder]'', Spiegel Online, 1. Juli 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-mursi-gegner-stuermen-zentrale-der-muslimbruderschaft-a-908714.html Original] am 18. Oktober 2013.</ref><ref name="Spiegel-OL_2013-07-01_OSM">''[http://www.webcitation.org/6KTEG54eK Ägypten: Opposition setzt Mursi Ultimatum für Rücktritt]'', Spiegel Online, 1. Juli 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-opposition-setzt-mursi-ultimatum-fuer-ruecktritt-a-908685.html Original] am 18. Oktober 2013.</ref><ref name="Süddeutsche-de_2013-07-01_AFP" /> |
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|VERLUSTE3 = 90 Tote (30. Juni - 5. Juli),<ref name="worldbulletin_2013-07-06_9EK" /> mehr als 860 Verletzte.<ref>''[http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/naher-osten/aegypten-nach-dem-umsturz-verflogen-ist-der-jubel-12271522.html Ägypten nach dem Umsturz: Verflogen ist der Jubel.]'' Frankfurter Allgemeine Zeitung, 4. Juli 2013, abgerufen am 5. Juli 2013.</ref><ref name="SZ_2013-07-04_CdMf">''[http://www.sueddeutsche.de/politik/nach-sturz-mursis-chef-der-muslimbrueder-festgenommen-1.1712240 Nach Sturz Mursis: Chef der Muslimbrüder festgenommen.]'' Süddeutsche Zeitung, 4. Juli 2013, abgerufen am 5. Juli 2013.</ref><ref name="FAZ_2013-07-05_ZTS" /> |
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=== Ultimatum des Militärs (1.–2. Juli) === |
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Am 1. Juli 2013 setzten sogenannte „Demonstranten“ (''Süddeutsche Zeitung'') die Zentrale der [[al-Wasat-Partei|Wasat-Partei]] in Kairo in Brand. Zuvor stürmten „Regierungsgegner“ (''Der Spiegel'') oder „Demonstranten“ den Hauptsitz der Muslimbruderschaft, wo sie Feuer legten und plünderten, nachdem bereits am Abend des 30. Juni „Regierungsgegner“ beziehungsweise „Demonstranten“ mit Molotow-Cocktails und Steinen die Zentrale der Muslimbruderschaft angegriffen, das Gebäude teilweise in Brand gesetzt und sich Schießereien mit dem Wachpersonal geliefert hatten.<ref |
Am 1. Juli 2013 setzten sogenannte „Demonstranten“ (''Süddeutsche Zeitung'') die Zentrale der [[al-Wasat-Partei|Wasat-Partei]] in Kairo in Brand. Zuvor stürmten „Regierungsgegner“ (''Der Spiegel'') oder „Demonstranten“ den Hauptsitz der Muslimbruderschaft, wo sie Feuer legten und plünderten, nachdem bereits am Abend des 30. Juni „Regierungsgegner“ beziehungsweise „Demonstranten“ mit Molotow-Cocktails und Steinen die Zentrale der Muslimbruderschaft angegriffen, das Gebäude teilweise in Brand gesetzt und sich Schießereien mit dem Wachpersonal geliefert hatten.<ref name="Spiegel-OL_2013-07-01_MGS" /><ref>''[http://www.bbc.co.uk/news/world-middle-east-23125387 Egypt protesters storm Muslim Brotherhood headquarters.]'' BBC News, 1. Juli 2013, abgerufen am 1. Juli 2013 (englisch).</ref><ref name="Süddeutsche-de_2013-07-01_AFP" /> Bei den Aktionen vom 30. Juni bis zum Nachmittag des 1 Juli starben nach offiziellen Angaben landesweit 16 Menschen und es gab über 780 Verletzte.<ref name="Süddeutsche-de_2013-07-01_AFP" /><ref name="Spiegel-OL_2013-07-01_MTP">''[http://www.webcitation.org/6KTEfSvkR Ägypten: Mehrere Tote bei Protesten gegen Präsident Mursi Mehrere Tote bei Protesten gegen Präsident Mursi]'', Spiegel Online, 1. Juli 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/anti-mursi-proteste-demonstranten-attackieren-muslimbrueder-zentrale-a-908655.html Original] am 18. Oktober 2013.</ref><ref name="Spiegel-OL_2013-07-01_OSM" /> Davon kamen acht Menschen den Angaben zufolge bei den Auseinandersetzungen und Schießereien vor dem Hauptquartier der Muslimbruderschaft in Kairo ums Leben, drei weitere in Asyut. In Bani Suwaif, in Kafr asch-Schaich, in Fayum, in Alexandria sowie in Kairo vor dem Präsidentenpalast starb jeweils eine weitere Person.<ref name="Süddeutsche-de_2013-07-01_AFP" /> |
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Das [[Streitkräfte Ägyptens|ägyptische Militär]] stellte daraufhin ein Ultimatum und forderte die politische Führung des Landes dazu auf, „den Konflikt binnen 48 Stunden [zu] lösen und die Forderungen des Volkes [zu] erfüllen“.<ref name="Süddeutsche-de_2013-07-01_AFP">''[http://www.webcitation.org/6KTJnrLkm Ultimatum in Ägypten - Armee fordert politische Lösung innerhalb von 48 Stunden]'', Süddeutsche.de, 1. Juli 2013, archiviert vom [http://www.sueddeutsche.de/politik/ausschreitungen-in-aegypten-mehrere-minister-sollen-zurueckgetreten-sein-1.1710065 Original] am 19. Oktober 2013.</ref> Dies wurde von Medien so interpretiert, dass das Militär ankündigte, gegebenenfalls einen eigenen Fahrplan für die Zukunft Ägyptens vorzulegen und Mursi faktisch des Amtes zu entheben.<ref>''[http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-militaerputsch-mit-ankuendigung-a-908880.html Machtkampf in Ägypten: Militärputsch mit Ankündigung.]'' Spiegel Online, 1. Juli 2013, abgerufen am 1. Juli 2013.</ref> |
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US-Präsident [[Barack Obama]] forderte Mursi in einem Telefonat dazu auf, auf die Demonstranten zuzugehen. Er betonte, dass die „USA […] keine Partei oder politische Richtung in Ägypten [unterstützen], sondern die Demokratie“.<ref>''[http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-07/obama-mursi-aegypten-reformen-minister Obama ermahnt Mursi.]'' Die Zeit, 2. Juli 2013, abgerufen am 2. Juli 2013.</ref><ref>''[http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE96101N20130702 Obama – Mursi muss auf Demonstranten eingehen.]'' Reuters, 2. Juli 2013, abgerufen am 2. Juli 2013.</ref> Er betonte seine „tiefe Sorge über Gewalt bei den Demonstrationen“, insbesondere sexuelle Übergriffe auf Frauen, und mahnte, „Demokratie erschöpfe sich nicht in Wahlen“.<ref>''[http://www.sueddeutsche.de/politik/machtkampf-in-aegypten-praesident-mursi-weist-stunden-ultimatum-zurueck-1.1710369 Obama fordert Mursi zu Kompromissbereitschaft auf.]'' Süddeutsche Zeitung, 2. Juli 2013, abgerufen am 2. Juli 2013.</ref> |
US-Präsident [[Barack Obama]] forderte Mursi in einem Telefonat dazu auf, auf die Demonstranten zuzugehen. Er betonte, dass die „USA […] keine Partei oder politische Richtung in Ägypten [unterstützen], sondern die Demokratie“.<ref>''[http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-07/obama-mursi-aegypten-reformen-minister Obama ermahnt Mursi.]'' Die Zeit, 2. Juli 2013, abgerufen am 2. Juli 2013.</ref><ref>''[http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE96101N20130702 Obama – Mursi muss auf Demonstranten eingehen.]'' Reuters, 2. Juli 2013, abgerufen am 2. Juli 2013.</ref> Er betonte seine „tiefe Sorge über Gewalt bei den Demonstrationen“, insbesondere sexuelle Übergriffe auf Frauen, und mahnte, „Demokratie erschöpfe sich nicht in Wahlen“.<ref>''[http://www.sueddeutsche.de/politik/machtkampf-in-aegypten-praesident-mursi-weist-stunden-ultimatum-zurueck-1.1710369 Obama fordert Mursi zu Kompromissbereitschaft auf.]'' Süddeutsche Zeitung, 2. Juli 2013, abgerufen am 2. Juli 2013.</ref> |
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Am 2. Juli setzte der ägyptische Berufungsgerichtshof Generalstaatsanwalt [[Abdel Meguid Mahmud]] wieder ein. Mursi hatte im November 2012 seine Entlassung bewirkt und an seiner Stelle einen seiner Gefolgsleute, Talaat Abdullah, eingesetzt.<ref>''[http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegyptens-justiz-setzt-geschassten-generalstaatsanwalt-wieder-ein-a-908952.html Machtkampf in Ägypten: Gericht setzt Mursis Generalstaatsanwalt ab.]'' Spiegel Online, 2. Juli 2013, abgerufen am 2. Juli 2013.</ref> |
Am 2. Juli setzte der ägyptische Berufungsgerichtshof Generalstaatsanwalt [[Abdel Meguid Mahmud]] wieder ein. Mursi hatte im November 2012 seine Entlassung bewirkt und an seiner Stelle einen seiner Gefolgsleute, Talaat Abdullah, eingesetzt.<ref>''[http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegyptens-justiz-setzt-geschassten-generalstaatsanwalt-wieder-ein-a-908952.html Machtkampf in Ägypten: Gericht setzt Mursis Generalstaatsanwalt ab.]'' Spiegel Online, 2. Juli 2013, abgerufen am 2. Juli 2013.</ref> |
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In der Nacht vom 2. auf den 3. Juli hielt Mursi eine vom Fernsehen übertragene Rede. Er sei vom Volk in freien und gleichen Wahlen gewählt worden und somit der Präsident Ägyptens, der alle Ägypter repräsentiere. Mursi betonte, er werde nicht zurücktreten, selbst wenn ihn dies das Leben koste. Er forderte das Militär auf, wieder zu dessen normalem Dienst zurückzukehren.<ref>''[http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-mursi-trotzt-militaer-und-opposiiton-a-909105.html Mursi trotzt Militär und Opposition.]'' Spiegel Online, 3. Juli 2013, abgerufen am 3. Juli 2013</ref><ref>''[http://www.nytimes.com/2013/07/03/world/middleeast/egypt-protests.html?hp&_r=0 Morsi Defies Egypt Army’s Ultimatum to Bend to Protest.]'' The New York Times, 2. Juli 2013, abgerufen am 3. Juli 2013 (englisch).</ref><ref>''[http://www.guardian.co.uk/world/2013/jul/03/egypt-morsi-army-deadline-expires Morsi takes defiant stand as Cairo death toll rises ahead of Egypt army deadline.]'' The Guardian, 3. Juli 2013, abgerufen am 3. Juli 2013 (englisch).</ref> Vor der [[Universität Kairo]] versammelten sich daraufhin tausende Islamisten, um gegen das von dem Militär gestellte Ultimatum zu protestieren. Es kam zu „schweren Zusammenstößen zwischen Anhängern Mursis und Sicherheitskräften“.<ref name="tagesschau-de_2013-07-03_AZB">''[http://www.tagesschau.de/ausland/aegyptenproteste130.html Krise in Ägypten: „Aufruf zum Bürgerkrieg“.]'' Tagesschau, 3. Juli 2013, abgerufen am 3. Juli 2013.</ref> In der Nähe der Universität kamen 16 Menschen ums Leben,<ref name="tagesschau-de_2013-07-03_AZB" /><ref name="n-tv_2013-07-03_MLN" /> insgesamt forderten die Auseinandersetzungen 22 Tote.<ref name="n-tv_2013-07-03_MLN">''[http://www.webcitation.org/6KGaYv6r9 Militärputsch wird immer wahrscheinlicher - Mursi lässt nicht von der Macht]'', n-tv, 3. Juli 2013, archiviert vom [http://www.n-tv.de/politik/Mursi-laesst-nicht-von-der-Macht-article10922801.html Original] am 10. Oktober 2013.</ref> |
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=== Ablauf des Militärultimatums (3. Juli)=== |
=== Ablauf des Militärultimatums (3. Juli)=== |
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==== Vor 17 Uhr ==== |
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[[Datei:Abdul Fatah Khalil Al-Sisi 2013-03-03.jpg|mini|[[Abd al-Fattah as-Sisi]] gilt als führende Figur hinter Militärcoup und Einsetzung der zivilen Übergangsregierung.<ref name="Reuters-DE_2013-07-29_EDA" />]] |
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In der Nacht vom 2. auf den 3. Juli hielt Mursi eine vom Fernsehen übertragene Rede. In der mitternächtlichen Fernsehansprache lehnte Mursi einen Rücktritt strikt ab, da er durch demokratische Wahlen ins Amt gekommen sei.<ref name="DW_2013-07-03_SiÄ" /><ref name="Focus-OL_2013-07-03_MAU">''[http://www.webcitation.org/6KPWf03aJ Krise in Ägypten - Mursis Antwort auf Ultimatum: Rücktritt kommt nicht in Frage]'', Focus Online, 3. Juli 2013, archiviert vom [http://www.focus.de/politik/ausland/krise-in-der-arabischen-welt/tid-32169/krise-in-aegypten-mursis-antwort-auf-ultimatum-ruecktritt-kommt-nicht-in-frage_aid_1032810.html Original] am 16. Oktober 2013.</ref> Als vom Volk in freien und gleichen Wahlen gewählter Präsident Ägyptens repräsentiere er alle Ägypter. Mursi betonte, er werde nicht zurücktreten, selbst wenn ihn dies das Leben koste. Er forderte das Militär auf, wieder zu dessen normalem Dienst zurückzukehren.<ref>''[http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-mursi-trotzt-militaer-und-opposiiton-a-909105.html Mursi trotzt Militär und Opposition.]'' Spiegel Online, 3. Juli 2013, abgerufen am 3. Juli 2013</ref><ref>''[http://www.nytimes.com/2013/07/03/world/middleeast/egypt-protests.html?hp&_r=0 Morsi Defies Egypt Army’s Ultimatum to Bend to Protest.]'' The New York Times, 2. Juli 2013, abgerufen am 3. Juli 2013 (englisch).</ref><ref>''[http://www.guardian.co.uk/world/2013/jul/03/egypt-morsi-army-deadline-expires Morsi takes defiant stand as Cairo death toll rises ahead of Egypt army deadline.]'' The Guardian, 3. Juli 2013, abgerufen am 3. Juli 2013 (englisch).</ref> Zugleich räumte Mursi Fehler ein und kündigte an, sie zu korrigieren.<ref name="phoenix_2013-07-02_RPM">[http://www.youtube.com/watch?v=U1vu0vLsfj8 Rede von Präsident Mursi zur Lage in Ägypten am 02.07.2013], YouTube, veröffentlicht am 3. Juli 2013, von YouTube-Kanal [http://www.youtube.com/user/phoenix phoenix], Rede von Präsident Mursi zur Lage in Ägypten mit Synchronübersetzung (Moderation: Simone Fibiger).</ref> Zudem bot er eine [[Koalition (Politik)|Koalitionsregierung]] der „nationalen Einheit“ an.<ref name="DW_2013-07-03_SiÄ" /> |
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Vor der [[Universität Kairo]] versammelten sich daraufhin tausende Islamisten, um gegen das von dem Militär gestellte Ultimatum zu protestieren. Es kam zu „schweren Zusammenstößen zwischen Anhängern Mursis und Sicherheitskräften“.<ref name="tagesschau-de_2013-07-03_AZB">''[http://www.tagesschau.de/ausland/aegyptenproteste130.html Krise in Ägypten: „Aufruf zum Bürgerkrieg“.]'' Tagesschau, 3. Juli 2013, abgerufen am 3. Juli 2013.</ref> In der Nähe der Universität kamen 16 Menschen ums Leben,<ref name="tagesschau-de_2013-07-03_AZB" /><ref name="n-tv_2013-07-03_MLN" /> insgesamt forderten die Auseinandersetzungen 22 Tote.<ref name="n-tv_2013-07-03_MLN">''[http://www.webcitation.org/6KGaYv6r9 Militärputsch wird immer wahrscheinlicher - Mursi lässt nicht von der Macht]'', n-tv, 3. Juli 2013, archiviert vom [http://www.n-tv.de/politik/Mursi-laesst-nicht-von-der-Macht-article10922801.html Original] am 10. Oktober 2013.</ref> |
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Am Nachmittag kam der Oppositionsführer Mohamed el-Baradei mit Vertretern der Armeeführung zusammen.<ref name="DW_2013-07-03_SiÄ" /> Mursis Anhänger hatten stets erklärt, der erste demokratisch gewählte Staatspräsident Ägyptens habe ein schweres Erbe angetreten und es solle ihm zumindest die volle Amtszeit gewährt werden, um die zahlreichen Probleme des Landes angehen zu können.<ref name="DW_2013-07-03_MSP" /> Die Opposition wertete den Fernsehauftritt Mursis als „Aufruf zum Bürgerkrieg“. Mursi weigere sich weiter, dem „Willen des Volkes“ zu entsprechen und zurückzutreten, sagte ein Oppositionssprecher nach der Rede. Das Oberkommando der Streitkräfte erklärte am frühen Morgen des 3. Juli, die Soldaten seien bereit, für das ägyptische Volk zu sterben.<ref name="Focus-OL_2013-07-03_MAU" /> Auf der Facebookseite des Militärs hieß es zudem: „Wir schwören zu Gott, dass wir sogar unser Blut opfern werden, um das ägyptische Volk vor Terroristen, Radikalen und Verrückten zu schützen“.<ref name="diepresse-com_2013-07-03_MTA">''[http://www.webcitation.org/6KPXLctSj Ägypten: Mursi-TV-Auftritt "Aufruf zum Bürgerkrieg"]'', DiePresse.com, 3. Juli 2013, archiviert vom [http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/1425923/Aegypten_MursiTVAuftritt-Aufruf-zum-Buergerkrieg Original] am 16. Oktober 2013.</ref> |
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Einige Stunden vor Ablauf des 48-Stunden Ultimatums rief die Mursi unterstützende radikal-islamische Gruppe ''Gamaa Islamija'' ihre Anhänger zur Gewaltlosigkeit auf.<ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /> Mursis Sprecher verkündet, der Staatspräsident sei entschlossen, „notfalls im Kampf für die Demokratie zu sterben“.<ref name="RP_2013-07-03_JAT" /><ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /> Auch die Armee hat angekündigt, bis zum Äußersten zu kämpfen. Der Sprecher der Muslimbruderschaft, Gehad al-Haddad, bekräftigte den Widerstand der Islamisten gegen eine Entmachtung des Staatspräsidenten und sagte über Twitter: „Der einzige Plan, den die Menschen angesichts eines Putschversuchs haben, ist, sich vor die Panzer zu stellen. So wie wir es bei der Revolution des 25. Januar [2011] gemacht haben“.<ref name="Stern_2013-07-03_TAM">''[http://www.webcitation.org/6KL4JrXLO Protokoll - Der Tag, als das Militär Mursi absetzte]'', stern.de, 3. Juli 2013, archiviert vom [http://www.stern.de/politik/ausland/protokoll-der-tag-als-das-militaer-mursi-absetzte-2033453.html Original] am 13. Oktober 2013.</ref> |
Einige Stunden vor Ablauf des 48-Stunden Ultimatums rief die Mursi unterstützende radikal-islamische Gruppe ''Gamaa Islamija'' ihre Anhänger zur Gewaltlosigkeit auf.<ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /> Mursis Sprecher verkündet, der Staatspräsident sei entschlossen, „notfalls im Kampf für die Demokratie zu sterben“.<ref name="RP_2013-07-03_JAT" /><ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /> Auch die Armee hat angekündigt, bis zum Äußersten zu kämpfen. Der Sprecher der Muslimbruderschaft, Gehad al-Haddad, bekräftigte den Widerstand der Islamisten gegen eine Entmachtung des Staatspräsidenten und sagte über Twitter: „Der einzige Plan, den die Menschen angesichts eines Putschversuchs haben, ist, sich vor die Panzer zu stellen. So wie wir es bei der Revolution des 25. Januar [2011] gemacht haben“.<ref name="Stern_2013-07-03_TAM">''[http://www.webcitation.org/6KL4JrXLO Protokoll - Der Tag, als das Militär Mursi absetzte]'', stern.de, 3. Juli 2013, archiviert vom [http://www.stern.de/politik/ausland/protokoll-der-tag-als-das-militaer-mursi-absetzte-2033453.html Original] am 13. Oktober 2013.</ref> |
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Rund eine Stunde vor Ablauf des Ultimatums bestätigte die Militärführung ein Treffen mit Vertretern der politischen Parteien sowie verschiedener Religionsgemeinschaften.<ref name="RP_2013-07-03_JAT" /> |
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Nachdem das vom Militär gesetzte Ultimatum am 3. Juli 2013 um 17 Uhr ([[Mitteleuropäische Sommerzeit#Mitteleuropäische Sommerzeit|MESZ]]) abgelaufen war, riegelten Militäreinheiten die Kaserne, in die sich Mursi zurückgezogen hatte, mit Barrieren und Stacheldraht ab.<ref>''[http://www.n-tv.de/politik/Militaerputsch-in-Aegypten-hat-begonnen-article10930926.html Militärputsch in Ägypten hat begonnen.]'' n-tv, 3. Juli 2013, abgerufen am 3. Juli 2013.</ref> Der Sicherheitsberater von Präsident Mursi gibt spütestens um 17:45 Uhr an, dass ein Militärputsch angelaufen. Er erwarte, dass Armee und Polizei die Pro-Mursi-Demonstrationen mit Gewalt auflösen werden.<ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /> Gegen Mursi und führende Mitglieder der Muslimbruderschaft wurde ein Ausreiseverbot verhängt,<ref>''[http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-07/aegypten-mursi-armee Ägyptens Militär erteilt Mursi Reiseverbot.]'' Die Zeit, 3. Juli 2013, abgerufen am 3. Juli 2013.</ref><ref>''[http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/aegypten-opposition-begruesst-eingreifen-des-militaers-12270126.html Opposition begrüßt Eingreifen des Militärs.]'' Frankfurter Allgemeine Zeitung, 3. Juli 2013, abgerufen am 3. Juli 2013.</ref> wie rund eine Stunde nach Ablauf des Ultimatums offiziell bestätigt wird. Zu diesem Zeitpunkt soll sich Mursi Gerüchten nach in den Kasernen der Republikanischen Garde aufhalten.<ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /> |
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Unmittelbar vor Ablauf des Ultimatums wurde gemeldet, die ägyptische Armee bereite offenbar eine mögliche Übernahme des staatlichen Fernsehsenders vor. Soldaten bezogen in dem am Nilufer gelegenen Bürogebäude Stellung und überwachten die Nachrichtenproduktion.<ref name="RP_2013-07-03_JAT" /> |
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Kurz vor 19 Uhr berichteten internationale Reporter aus Kairo, dass Panzer angeblich auf dem Weg zu den beiden großen Pro-Mursi-Kundgebungen in Nasr City und nahe der Universität von Kairo seien. In den Vierteln Nasr City, [[Heliopolis]] und nahe der Universität kam es weniger als eine halbe Stunde später zu einem massiven Truppenaufgebot.<ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /> Politische Beobachter befürchteten nun aufgrund der Absetzung eines demokratisch legitimierten Präsidenten durch das Militär in Ägypten eine Destabilisierung des Landes.<ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /> |
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Der ägyptische Präsident Mohammed Mursi hat unmittelbar vor dem Ablauf des Ultimatums einen Rücktritt abermals abgelehnt. Das Präsidialamt bekräftigt jedoch die Bereitschaft Mursis, eine Koalitionsregierung zu bilden, um die Überwindung der Staatskrise zu erleichtern.<ref name="RP_2013-07-03_JAT" /> |
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Am Abend meldete die staatliche Zeitung Al-Ahram, dass das Militär Präsident Mursi seine vollzogene Absetzung um 18 Uhr Ortszeit (17 Uhr [[Greenwich Mean Time|GMT]]) mitgeteilt habe.<ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /><ref name="RP_2013-07-03_JAT" /> Das Militär setzte nach der Amtsenthebung eine [[Übergangsregierung]] ein.<ref>''[http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegyptens-militaer-stuerzt-praesident-mohammed-mursi-a-909326.html Putsch in Kairo: Ägyptens Militär stürzt Mursi – Feuerwerk über Tahrir-Platz.]'' Spiegel Online, 3. Juli 2013, abgerufen am 3. Juli 2013.</ref> Verteidigungsminister und Militärchef [[Abd al-Fattah as-Sisi]] teilte in einer Erklärung mit, die [[Verfassung der Republik Ägypten|umstrittene Verfassung]] sei vorübergehend außer Kraft gesetzt worden und nach einer Übergangsphase würden neue Präsidentschafts- und Parlamentswahlen stattfinden.<ref name="DW_2013-07-03_SiÄ">''[http://www.dw.de/staatsstreich-in-ägypten-militär-setzt-mursi-ab/a-16928008 Staatsstreich in Ägypten: Militär setzt Mursi ab.]'' Deutsche Welle, 3. Juli 2013, abgerufen am 3. Juli 2013.</ref> Der Präsident des [[Oberstes Verfassungsgericht Ägyptens|Obersten Verfassungsgerichts]], [[Adli Mansur]], wurde nach der Absetzung des Präsidenten Mursi zum [[Übergangsregierung|Interimspräsidenten]] des Landes eingesetzt,<ref>''[http://www.sueddeutsche.de/politik/staatskrise-in-aegypten-aegyptens-armee-setzt-praesident-mursi-ab-1.1712184 Staatskrise in Ägypten: Ägyptens Armee setzt Präsident Mursi ab.]'' Süddeutsche Zeitung, 3. Juli 2013, abgerufen am 3. Juli 2013.</ref><ref>''[http://www.n24.de/n24/Nachrichten/Politik/d/3125268/aegyptens-neuer-starker-mann.html General Abdel Fattah al-Sissi: Ägyptens neuer starker Mann.]'' N24, 3. Juli 2013, abgerufen am 3. Juli 2013.</ref><ref>''[http://www.n-tv.de/politik/Aegyptisches-Militaer-setzt-Mursi-ab-article10930926.html „Zum Wohle des Landes“ – Ägyptisches Militär setzt Mursi ab.]'' n-tv, 3. Juli 2013, abgerufen am 3. Juli 2013.</ref> um das Amt des Präsidenten kommissarisch zu übernehmen.<ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /> Die Regierung des Landes solle von einem Kabinett aus [[Technokratie|Technokraten]] übernommen werden. Ferner kündigte Sisi die Bildung von Komitees zu strittigen Artikeln der außer Kraft gesetzten Verfassung und zur nationalen Versöhnung an. Die Jugend solle unverzüglich in die Entscheidungen eingebunden werden; ein Codex für Ethik der Medien solle deren Professionalität sicherstellen. Er verwies auf wiederholte Versuche der Armee seit November 2012, zwischen Präsident und Opposition zu vermitteln, und forderte die Demonstranten auf friedlich zu bleiben.<ref>''[http://www.huffingtonpost.com/2013/07/03/egyptian-military-deadline_n_3540903.html?ir=World Egyptian Military Tightens Grip As Morsi Deadline Passes.]'' The Huffington Post, 3. Juli 2013, abgerufen am 4. Juli 2013 (englisch).</ref><ref>''[http://www.webcitation.org/6KL7B6Ouq Egypt military unveils transitional roadmap''] (englisch). Al-Ahram (ahramonline), 3. Juli 2012, archiviert vom [http://english.ahram.org.eg/NewsContent/1/64/75631/Egypt/Politics-/Egypt-military-unveils-transitional-roadmap.aspx Original] am 13. Oktober 2013.</ref> Wörtlich sagte Sisi in der Erklärung: „Die Armee will nicht an der Macht bleiben.“<ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /> |
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==== Nach 17 Uhr ==== |
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Nach seiner Absetzung durch die Armee rief der entmachtete Staatschef Mursi, dessen Aufenthaltsort nicht bekannt gegeben wurde, seine Anhänger zum friedlichen Widerstand gegen den Putsch auf, den er in einem Tweet einen „Staatstreich“ nannte. Er forderte dazu auf, zur Verfassung zurückzukehren und warnte vor Blutvergießen.<ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /> |
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Nachdem das vom Militär gesetzte Ultimatum am 3. Juli 2013 um 17 Uhr ([[Mitteleuropäische Sommerzeit#Mitteleuropäische Sommerzeit|MESZ]]) abgelaufen war, riegelten Militäreinheiten die Kaserne, in die sich Mursi zurückgezogen hatte, mit Barrieren und Stacheldraht ab.<ref>''[http://www.n-tv.de/politik/Militaerputsch-in-Aegypten-hat-begonnen-article10930926.html Militärputsch in Ägypten hat begonnen.]'' n-tv, 3. Juli 2013, abgerufen am 3. Juli 2013.</ref> |
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Nachdem bekannt wurde, dass Mursi abgesetzt wurde, und eine Übergangsregierung unter Vorsitz des Präsidenten des Verfassungsgerichtes und unter der Kontrolle des Militärs herrschte, brach Jubel auf dem Tahrir-Platz aus, wo Hunderttausende feierten.<ref name="RP_2013-07-03_JAT">''[http://www.webcitation.org/6KL8HNZcW Mursi gestürzt – Jubel auf dem Tahrir-Platz.]'' Rheinische Post (RP Online), 3. Juli 2013, archiviert vom [http://www.rp-online.de/politik/ausland/so-lief-der-dramatische-abend-in-kairo-1.3511321 Original] am 13. Oktober 2013.</ref> |
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Um 17:40 teilt Mursis Büro im sozialen Online-Netzwerk Facebook mit, dass Mursi eine Regierung der nationalen Einheit als Ausweg aus der Staatskrise angeboten habe: „Die Präsidentschaft zieht die Bildung einer Koalitionsregierung des Konsenses in Betracht, um die nächste Parlamentswahl zu beaufsichtigen“. Diese Regierung könnte vorgezogene Parlamentswahlen vorbereiten und Verfassungsänderungen ausarbeiten.<ref name="RP_2013-07-03_JAT" /> |
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Der Sicherheitsberater von Präsident Mursi, Essam al-Haddad, gibt spätestens um 17:45 Uhr an, dass ein Militärputsch angelaufen sei. Er erwarte, dass Armee und Polizei die Pro-Mursi-Demonstrationen mit Gewalt auflösen werden.<ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /><ref name="DW_2013-07-03_SiÄ" /><ref name="RP_2013-07-03_JAT" /> |
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Gegen Mursi und führende Mitglieder der Muslimbruderschaft wurde ein Ausreiseverbot verhängt,<ref>''[http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-07/aegypten-mursi-armee Ägyptens Militär erteilt Mursi Reiseverbot.]'' Die Zeit, 3. Juli 2013, abgerufen am 3. Juli 2013.</ref><ref>''[http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/aegypten-opposition-begruesst-eingreifen-des-militaers-12270126.html Opposition begrüßt Eingreifen des Militärs.]'' Frankfurter Allgemeine Zeitung, 3. Juli 2013, abgerufen am 3. Juli 2013.</ref> wie rund eine Stunde nach Ablauf des Ultimatums offiziell bestätigt wird.<ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /> Zu diesem Zeitpunkt soll sich Mursi Gerüchten nach in den Kasernen der Republikanischen Garde aufhalten.<ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /> |
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Kurz vor 19 Uhr berichteten internationale Reporter aus Kairo, dass Panzer angeblich auf dem Weg zu den beiden großen Pro-Mursi-Kundgebungen in Nasr City und nahe der Universität von Kairo seien. In den Vierteln Nasr City, [[Heliopolis]] und nahe der Universität kam es weniger als eine halbe Stunde später zu einem massiven Truppenaufgebot.<ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /><ref name="DW_2013-07-03_SiÄ" /> Politische Beobachter befürchteten nun aufgrund der Absetzung eines demokratisch legitimierten Präsidenten durch das Militär in Ägypten eine Destabilisierung des Landes.<ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /> |
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Am Abend meldete die staatliche Zeitung Al-Ahram, dass das Militär Präsident Mursi seine vollzogene Absetzung um 18 Uhr Ortszeit (17 Uhr [[Greenwich Mean Time|GMT]]) mitgeteilt habe.<ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /><ref name="RP_2013-07-03_JAT" /> Das Militär setzte nach der Amtsenthebung eine [[Übergangsregierung]] ein.<ref>''[http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegyptens-militaer-stuerzt-praesident-mohammed-mursi-a-909326.html Putsch in Kairo: Ägyptens Militär stürzt Mursi – Feuerwerk über Tahrir-Platz.]'' Spiegel Online, 3. Juli 2013, abgerufen am 3. Juli 2013.</ref> |
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Kurz nach 21 Uhr wird bekannt, dass Milirärchef Sisi eine für 21:30 Uhr angekündigte TV-Rede begonnen und mitgeteilt habe, dass die Verfassung außer Kraft gesetzt wurde. Damit, so Medienberichte, sei Mursi nicht mehr im Amt, es herrsche nun eine Übergangsregierung unter der Kontrolle des Militärs und unter Vorsitz des Präsidenten des Verfassungsgerichtes.<ref name="RP_2013-07-03_JAT" /> |
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==== TV-Rede Sisis ==== |
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[[Datei:Abdul Fatah Khalil Al-Sisi 2013-03-03.jpg|mini|[[Abd al-Fattah as-Sisi]] gilt als führende Figur hinter Militärcoup und Einsetzung der zivilen Übergangsregierung.<ref name="Reuters-DE_2013-07-29_EDA" />]] |
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Verteidigungsminister und Militärchef [[Abd al-Fattah as-Sisi]] teilte etwa um 21 Uhr in einer im Fernsehen übertragenen Live-Ansprache bereits getroffene Maßnahmen mit und kündigte einen sogenannten weiteren „Fahrplan“ an:<ref name="RP_2013-07-03_JAT" /><ref name="phoenix_2013-07-03_RVA">[http://www.youtube.com/watch?v=oeW5iwrzUcc Rede von Verteidigungsminister Abdel Fattah al-Sisi am 03.07.2013], YouTube, veröffentlicht am 4. Juli 2013 von YouTube-Kanal [phoenix http://www.youtube.com/user/phoenix], Erklärung des Militärs duch Militärchef Abd al-Fattah as-Sisi im ägyptischen Fernsehen mit Synchronübersetzung.</ref> |
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Aus den Mitteilungen Sisis in der TV-Rede ergaben sich als bereits getroffene Maßnahmen des Regierungssturzes: |
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* Das Militär hat die [[Verfassung der Republik Ägypten|ägyptische Verfassung]] „vorübergehend“ außer Kraft gesetzt.<ref name="DW_2013-07-03_SiÄ">''[http://www.webcitation.org/6KPP2kPx4 Staatsstreich in Ägypten: Militär setzt Mursi ab.]'' Deutsche Welle, 3. Juli 2013, archiviert vom [http://dw.de/p/191kO Original] am 16. Oktober 2013.</ref> |
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* Das Militär hat Staatspräsident Mohammed Mursi abgesetzt.<ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /> |
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* Das Militär hat den Präsidenten des [[Oberstes Verfassungsgericht Ägyptens|Obersten Verfassungsgerichts]], [[Adli Mansur]], als [[Übergangsregierung|Interimspräsidenten]] des Landes eingesetzt,<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-17_WGS" /><ref>''[http://www.sueddeutsche.de/politik/staatskrise-in-aegypten-aegyptens-armee-setzt-praesident-mursi-ab-1.1712184 Staatskrise in Ägypten: Ägyptens Armee setzt Präsident Mursi ab.]'' Süddeutsche Zeitung, 3. Juli 2013, abgerufen am 3. Juli 2013.</ref><ref>''[http://www.n24.de/n24/Nachrichten/Politik/d/3125268/aegyptens-neuer-starker-mann.html General Abdel Fattah al-Sissi: Ägyptens neuer starker Mann.]'' N24, 3. Juli 2013, abgerufen am 3. Juli 2013.</ref><ref name="n-tv_2013-07-03_ZWL">''[http://www.webcitation.org/6KRGjaQbA „Zum Wohle des Landes“ – Ägyptisches Militär setzt Mursi ab.]'' n-tv, 3. Juli 2013, archiviert vom [http://www.n-tv.de/politik/Aegyptisches-Militaer-setzt-Mursi-ab-article10930926.html Original] am 17. Oktober 2013.</ref> der das Amt des Staatspräsidenten kommissarisch übernehmen soll.<ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /> |
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* Das Militär hat zusammen mit Politikern und anderen öffentlichen Personen einen „Fahrplan“ beschlossen.<ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /> |
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Zu den Ankündigungen Sisis in der TV-Rede für den weiteren „Fahrplan“ (''road map'') zählten: |
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* Die Bildung einer „starken und fähigen“ Regierung, die „weitgehende Befugnisse“ haben und „alle nationalen Kräfte“ einschließen werde.<ref name="DW_2013-07-03_MSP" /> Ägypten soll eine Interimsregierung erhalten, die aus einem Kabinett von [[Technokratie|Technokraten]] besteht.<ref name="DW_2013-07-03_SiÄ" /><ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /> |
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* Die Bildung eines Gremiums, das die mit dem Putsch außer Kraft gesetzte, islamistisch geprägte Verfassung überarbeiten soll.<ref name="DW_2013-07-03_MSP" /> |
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* Am Ende des Übergangsprozesses sollen Neuwahlen stehen:<ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /> |
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: Die Ausrichtung neuer Präsidentschaftswahlen<ref name="n-tv_2013-07-03_ZWL" /><ref name="DW_2013-07-03_SiÄ" /> |
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: und Parlamentswahlen nach einer kurzen Übergangsphase.<ref name="n-tv_2013-07-03_ZWL" /> |
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Ferner kündigte Sisi die Bildung von Komitees zur nationalen Versöhnung an. Die Jugend solle unverzüglich in die Entscheidungen eingebunden werden; ein Codex für Ethik der Medien solle deren Professionalität sicherstellen. Er verwies auf wiederholte Versuche der Armee seit November 2012, zwischen Präsident und Opposition zu vermitteln, und forderte die Demonstranten auf friedlich zu bleiben.<ref>''[http://www.huffingtonpost.com/2013/07/03/egyptian-military-deadline_n_3540903.html?ir=World Egyptian Military Tightens Grip As Morsi Deadline Passes.]'' The Huffington Post, 3. Juli 2013, abgerufen am 4. Juli 2013 (englisch).</ref><ref name=ahram-OL_2013-07-03_EMU>''[http://www.webcitation.org/6KL7B6Ouq Egypt military unveils transitional roadmap]'' (englisch). Al-Ahram (ahramonline), 3. Juli 2013, archiviert vom [http://english.ahram.org.eg/NewsContent/1/64/75631/Egypt/Politics-/Egypt-military-unveils-transitional-roadmap.aspx Original] am 13. Oktober 2013.</ref> |
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Wörtlich sagte Sisi in der Erklärung: „Das Militär kann nicht stillhalten in der Krise“,<ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /> „die Armee will nicht an der Macht bleiben.“<ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /><ref name="RP_2013-07-03_JAT" /> |
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==== TV-Stellungnahmen weiterer Putschbefürworter ==== |
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Während der im Fernsehen ausgestrahlten Verkündung Sisis zur Entmachtung Mursis saßen der Oppositionsführer el-Baradei sowie der koptische Patriarch Tawadros II. und der Imam der Kairoer Al-Azhar-Universität, der Großscheich Ahmed Tayeb, und Vertreter der Protestbewegung ''Tamarod'' neben ihm sichtbar auf der Bühne.<ref name="DW_2013-07-03_MSP">''[http://www.webcitation.org/6KPVif8cW Ägypten - Militär stürzt Präsident Mursi]'', Deutsche Welle, 3. Juli 2013, archiviert vom [http://dw.de/p/191ni Original] am 16. Oktober 2013.</ref><ref name="phoenix_2013-07-03_EZA" /> Sie waren auch bei einem der TV-Rede Sisis vorangegangenen Krisentreffen der Militärführung als Spitzen der Opposition und hohe kirchliche Würdenträger beteiligt gewesen.<ref name="n-tv_2013-07-03_ZWL" /> Der Oppositionsführer Mohammed el-Baradei sowie die religiösen Führungspersonen wie Tawadros II. und Ahmed Tayeb wurden in die Entscheidung des Miltärs eingebunden. Auch sie nahmen vor den Fersehkameras Stellung und unterstützen darin die Entscheidung des Militärs.<ref name="RP_2013-07-03_JAT" /><ref name="phoenix_2013-07-03_EZA" /> |
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Friedensnobelpreisträger El-Baradei erklärte vor den Kameras, der von Armeechef Sisi angekündigte Fahrplan garantiere die Grundforderungen des äygptischen „Volkes“ nach [[Vorgezogene Neuwahl|neuen]] Präsidialwahlen.<ref name="DW_2013-07-03_SiÄ" /><ref name="RP_2013-07-03_JAT" /><ref name="phoenix_2013-07-03_EZA" />: „Wir werden die Verfassung reformieren.“<ref name="RP_2013-07-03_JAT" /><ref name="phoenix_2013-07-03_EZA" /> |
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Das koptische Oberhaupt Tawadros II. erklärte, der Fahrplan sei durch treue Menschen verfasst worden, die damit ohne eigene Interessen an vorderster Stelle das Interesse des Landes verfolgt hätten. Der Fahrplan garantiere die Sicherheit aller Ägypter und unter Beteiligung aller Seiten. Die schwarze Farbe der äygptischen Flagge stehe für das ägyptische Volk, die weiße Farbe für die Reinheit der Jugend, die rote Farbe für das bereits geflossene Blut der Polizei bei dem Schutz der Ägypter und der Adler in der Mitte der Flagge symbolisiere die Streitkräfte, die die Sicherheit garantieren.<ref name="phoenix_2013-07-03_EZA" /> |
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==== Weitere Ereignisse ==== |
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Der Sprecher der Bruderschaft, Gehad El-Haddad, teilte in der Nacht über Twitter mit, Mursi und seine wichtigsten Mitarbeiter würden im Club der republikanischen Präsidentengarde festgehalten. Die Armeeführung bestätigte die Festnahme des entmachteten Staatspräsidenten Mursi.<ref name="DW_2013-07-03_MSP" /> |
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Nachdem bekannt wurde, dass Mursi abgesetzt wurde, und eine Übergangsregierung unter Vorsitz des Präsidenten des Verfassungsgerichtes und unter der Kontrolle des Militärs herrschte, brach Jubel auf dem Tahrir-Platz aus, wo Hunderttausende feierten.<ref name="RP_2013-07-03_JAT">''[http://www.webcitation.org/6KL8HNZcW Mursi gestürzt – Jubel auf dem Tahrir-Platz.]'' Rheinische Post (RP Online), 3. Juli 2013, archiviert vom [http://www.rp-online.de/politik/ausland/so-lief-der-dramatische-abend-in-kairo-1.3511321 Original] am 13. Oktober 2013.</ref> Pro-Mursi-Demonstrationen in Kairo wurden dagegen mit Dutzenden Panzern abgeriegelt.<ref name="DW_2013-07-03_SiÄ" /><ref name="DW_2013-07-03_MSP" /> |
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Kurz nach der Entmachtung Mursis wurden drei islamistische Fernsehsender abgeschaltet.<ref name="DW_2013-07-03_SiÄ" /><ref name="DW_2013-07-03_MSP" /> Betroffen gewesen sein soll der Sender ''Misr25'' der Muslimbruderschaft, der Islamistensender ''Al-Hafes'' und der Salafistensender ''Al-Nas''.<ref name="n-tv_2013-07-03_ZWL" /> Nach der Verkündung der Entmachtung Mursis kam es in mehreren Städten zu Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Anhängern Mursis. Dabei wurden in der Stadt Marsa Matruh nach offiziellen Angaben vier Mursi-Anhänger getötet.<ref name="DW_2013-07-03_SiÄ" /><ref name="DW_2013-07-03_MSP" /> Ein weiterer Mursi-Anhänger starb in Alexandria, wo sich Anhänger und Gegner Mursis heftige Straßenschlachten lieferten. Auch aus den Provinzen Asyut und Gharbija wurden Zusammenstöße gemeldet.<ref name="DW_2013-07-03_MSP" /> |
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=== Reaktionen auf den Putsch === |
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==== National ==== |
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* Nach seiner Absetzung durch die Armee rief der entmachtete Staatspräsident Mohammed Mursi, dessen Aufenthaltsort nicht bekannt gegeben wurde, in einer ersten Reaktion am 3. Juli über Twitter seine Anhänger zum friedlichen Widerstand gegen den Putsch auf, den einen „Staatstreich“ nannte, dem sich alle freien Menschen in Ägypten wisersetzen müssten.<ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /><ref name="DW_2013-07-03_MSP" /> Er forderte dazu auf, zur Verfassung zurückzukehren und warnte vor Blutvergießen.<ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /> In einer Videobotschaft erklärte Mursi später: „Ich bin der gewählte Präsident Ägyptens.“<ref name="DW_2013-07-03_MSP" /> |
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* Die salafistische ''Partei des Lichts'' stimmte den als „Fahrplan“ bezeichneten Ankündigungen des Militärs mit der Begründung zu, weiteres Blutvergießen vermeiden zu wollen.<ref name="DW_2013-07-03_MSP" /> |
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* Mohammed el-Baradei, der zu diesem Zeitpunkt als künftiger Übergangspremier gehandelt wurde, rechtfertigte den Militärputsch gegenüber der [[British Broadcasting Corporation|BBC]] und gab an, die Alternative wäre ein Bürgerkrieg gewesen. Ägypten habe für seine demokratische Entwicklung inzwischen zweieinhalb Jahre verloren. Auch die Festnahme führender Muslimbrüder und die Abschaltung einer Reihe islamistischer Fernsehkanäle rechtfertigte el-Baradei.<ref name="TASP_2013-07-05_AUsÄa" /> Das Oppositionsbündnis [[Nationale Heilsfront]] gab an, der Muslimbruderschaft weitere Beteiligung am politischen Übergang bis zur Wahl eines neuen Parlaments und eines Präsidenten zuzusichern. El-Baradei teilte mit: „Wir lehnen es total ab, Parteien auszuschließen, insbesondere islamische Gruppen“. Obwohl die Vollmachten von Übergangsstaatspräsident Adli Mansur, der sein am Anfang der gleichen Woche angetretenes Amt als Präsident des Verfassungsgerichts zusätzlich beibehielt, selbst über die exekutiven und legislativen Befugnisse hinausgingen, die sich Mursi im November in einem später aufgehobenen Ermächtigungsdekret gesichert hatte, bestritt el-Baradei am 5. Juli abermals, dass es sich bei dem Sturz Mursis durch das Militär um einen Militärputsch gehandelt hat.<ref name="FAZ_2013-07-05_ZTS" /> |
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* Die Sprecherin der [[Freiheits- und Gerechtigkeitspartei]] (FJP), Amena Ibrahim Mustafa, beklagte, die Entscheidung des Militärs betrüge Millionen Ägypter um ihre „Teilhabe an der Demokratie und am politischen Übergangsprozess“. Die Machtübernahme führe Ägypten „zurück in die Diktatur“. Sie warf el-Baradei vor, den Staatsstreich als „Verbündeter“ des Militärs mitgetragen zu haben. Nach der Ernennung Mansurs zum Interimsstaatschef durch Militärchef Sisi hatte el-Baradei den vom Militär verkündeten „Fahrplan“ begrüßt, der die Aufhebung der Verfassung, diktatorische Befugnisse für Mansur und Neuwahlen in einem nicht näher bestimmten Zeitraum vorsah. Mitglieder seines Bündnisses mussten mindestens eine Woche zuvor in die Pläne des Militärs eingeweiht gewesen sein. Mustafa warf el-Baradei vor, seine Position als Verteidiger demokratischer Rechte aufgegeben zu haben. Die sieben von den Sicherheitskräften abgeschalteten Sender, die von islamistischen Fernsehanstalten betrieben worden waren und unter denen sich mit ''Misr 25'' auch der Kanal der Muslimbruderschaft befand, übertrugen auch am 5. Juli weiterhin nicht wieder. Das Erscheinen der FJP-Parteizeitung „Freiheit und Gerechtigkeit“ wurde seit dem 4. Juli verboten, obwohl Militärchef Sisi in seiner etwa zehn Minuten langen Ansprache vom 3. Juli versprochen hatte, Medien- und Meinungsfreiheit zu garantieren.<ref name="FAZ_2013-07-05_ZTS" /> |
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==== International ==== |
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* {{AU}} – Als Reaktion auf den Umsturz wurde Ägypten am 5. Juli 2013 aus der [[Afrikanische Union]] (AU) ausgeschlossen. Damit brachte die Afrikanische Union ihre Missbilligung des Vorgehens der ägyptischen Streitkräfte zum Ausdruck. In einer offiziellen Mitteilung erklärte Admore Kambudzi, der Ratssekretär des AU-Sicherheitsrates in [[Addis Abeba]], dass es sich bei dem Vorgehen des Militärs um eine „illegale Übernahme der Macht“ handeln würde, die nicht der Verfassung Ägyptens entspreche. Der AU-Kommissionsvorsitzende [[Nkosazana Dlamini-Zuma]] betonte jedoch, dass die Afrikanische Union Ägypten wieder aufnehmen werde, wenn es dort eine demokratisch gewählte Regierung gäbe. Ferner habe sich die [[Revolution in Ägypten 2011|Revolution in Ägypten im Jahr 2011]] dahingehend von der momentanen Situation unterschieden, als dass damals in Form von [[Hosni Mubarak]] ein jahrelang herrschender Diktator gestürzt worden sei. [[Mohammed Edrees]], der ägyptische Vertreter der Afrikanischen Union, hatte vor der Entscheidung derselben versucht, den Ausschluss abzuwenden, und dabei die wichtige Rolle Ägyptens bei der [[Dekolonisation Afrikas]] betont sowie auf den Umstand verwiesen, dass Ägypten eines der Gründungsmitglieder der Afrikanischen Union sei.<ref name="TASP_2013-07-05_AUsÄa" /><ref name="FAZ_2013-07-05_ZTS" /><ref name="ND_2013-07-05_TBS" /> |
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* {{DEU}} – In einer ersten Reaktion am Abend des 3. Juli 2013 drückte Bundesaußenminister [[Guido Westerwelle]] seine Sorge im Hinblick auf die aktuelle Lage aus und rief alle politischen Akteure dazu auf, auf Deeskalation zu setzen und den begonnenen Weg in Richtung Demokratie „beherzt“ fortzusetzen. Ägypten brauche einen „echten nationalen Dialog, an dem alle unterschiedlichen politischen Geisteshaltungen und Kräfte teilhaben“.<ref>''[http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Aktuelle_Artikel/Aegypten/130702-EGY-Demonstrationen.html Ägypten: Erste Minuten einer historischen Stunde.]'' Auswärtiges Amt, 3. Juli 2013, abgerufen am 4. Juli 2013.</ref> In einer ausführlicheren Stellungnahme am 4. Juli erklärte er, es sei „ein schwerwiegender Vorgang, dass die ägyptischen Streitkräfte die verfassungsmäßige Ordnung ausgesetzt und den Präsidenten seiner Amtsbefugnisse enthoben haben“ und ein „schwerer Rückschlag für die Demokratie in Ägypten“. Er forderte „alle Verantwortlichen in Ägypten auf, jetzt besonnen vorzugehen, aufeinander zuzugehen und gemeinsam nach Wegen aus der ernsten Staatskrise zu suchen“. Deutschland sei „weiter bereit, den Aufbau einer neuen demokratischen Staatsordnung in Ägypten zu unterstützen“.<ref>''[http://www.dw.de/deutschland-will-ägypten-weiter-helfen/a-16929074 Deutschland will Ägypten weiter helfen.]'' Deutsche Welle, 4. Juli 2013, abgerufen am 4. Juli 2013.</ref><ref>''[http://www.auswaertiges-amt.de/sid_8B0BCBEF6E92168A63B110C9001E8366/DE/Infoservice/Presse/Meldungen/2013/130704-BM_EGY.html?nn=363034 Außenminister Westerwelle zur Lage in Ägypten.]'' Auswärtiges Amt, 4. Juli 2013, abgerufen am 4. Juli 2013.</ref> |
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* {{DAN}} - „Staatsrechtlich ist es ein Militär-Putsch, den wir natürlich nie begrüßen können, denn das verlief nicht nach einem demokratischen Drehbuch, aber es musste ja etwas geschehen in Ägypten“, kommentierte der dänische Außenminister Villy Søvndal. |
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* {{IRN}} – Das iranische Außenministerium warnte vor ausländischer Einflussnahme.<ref>''[http://english.farsnews.com/newstext.aspx?nn=13920414000347 Iran Calls for Egyptians’ Vigilance against Enemies’ Plots.]'' Fars News Agency, 5. Juli 2013, abgerufen am 6. Juli 2013.</ref> |
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* {{Jordanien}} - Das jordanische Königshaus erklärte, den Wunsch des ägyptischen Volkes zu respektieren.<ref name="ausland">[http://www.spiegel.de/politik/ausland/arabische-welt-nach-umsturz-in-aegypten-glueckwuensche-zum-coup-a-909627.html Theresa Breuer: ''Reaktionen auf Sturz Mursis: Arabische Herrscher gratulieren Ägypten zum Putsch.''] www.spiegel.de, 5. Juli 2013.</ref> |
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* {{Katar}} - Aus dem Außenministerium des Landes verlautete zurückhaltend, Katar unterstütze den Willen des ägyptischen Volkes und sehe in Ägypten einen Führer in der arabischen und islamischen Welt. Das Emirat hatte während der Herrschaft der Muslimbrüder das Land mit acht Milliarden Dollar unterstützt und gilt im Unterschied zu vielen Staaten der Golfregion als Unterstützer der Muslimbruderschaft und ihr nahestehender Organisationen in anderen Ländern. |
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* {{Kuwait}} - Das Land versprach der neuen ägyptischen Regierung eine finanzielle Unterstützung von vier Milliarden Dollar. |
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* {{Russland}} – Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses der Duma [[Alexej Puchow]] sagte: „Der arabische Frühling hatte nicht Demokratie, sondern Chaos zur Folge. Die Ereignisse in Ägypten zeigten, dass es keinen schnellen und friedlichen Übergang von autoritären Regimes zu einer demokratischen Politik gebe. Das bedeutet, dass die Demokratie kein Patentrezept ist und in den Ländern nicht funktioniert, die nicht zur westlichen Welt gehören.“<ref>http://www.sueddeutsche.de/politik/reaktion-auf-putsch-in-aegypten-demokratische-doppelmoral-1.1712667</ref> |
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* {{Saudi-Arabien}} – Der König [[Abdullah ibn Abd al-Aziz]] gratulierte dem Militär. Er lobte die „Weisheit und Vermittlung“ der Militärs und fügte an, das Land sei im entscheidenden Moment gerettet worden.<ref name="ZEIT_2013-07-04_WnMSRfdD">''[http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-07/aegypten-sturz-mursi-reaktionen Westerwelle nennt Mursis Sturz Rückschlag für die Demokratie]''. In: ''Die Zeit'', 4. Juli 2013, abgerufen am 4. Juli 2013.</ref> Diese Reaktion wird vor allem damit erklärt, dass durch die Ablehnung des monarchischen Prinzips im Islam durch die Muslimbrüder zugleich die Legitimation arabischer Herrscher in Frage gestellt wird.<ref name="ausland" /> Überdies wird das Prinzip der Muslimbrüder, durch demokratische Wahlen in Regierungspositionen zu gelangen, von den Herrschern der meisten Staaten der Golfregion als gefährliche Konkurrenz abgelehnt. |
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* {{Somalia}} – Die islamistische militante Bewegung [[al-Shabaab (Somalia)|al-Shabaab]] verkündete auf ''[[Twitter]]'': „Es ist Zeit, die rosarote Brille abzunehmen und die Welt so zu sehen wie sie ist. Veränderung kommt alleine durch die Gewehrkugel (engl. ''bullet''), nicht durch die Wahlkugel (engl. ''ballot''). [Die Muslimbrüder] sollten vielleicht ein wenig aus der Geschichte lernen und von denjenigen, die vor ihnen in Algerien ’demokratisch gewählt’ wurden, oder von der Hamas. Wann werden die Muslimbrüder (MB) aus dem tiefen Schlaf aufwachen und die Vergeblichkeit ihrer Bemühungen um institutionelle Veränderungen erkennen. Nach einem Jahr des Hürdenlaufes ist das MB-Pferd endlich auf dem Weg zum Schlachthof und wird das Licht wohl nicht mehr erblicken.“<ref>{{cite news|agency=Reuters |url=http://news.yahoo.com/egypt-shows-power-only-comes-force-somali-militants-155413042.html |title=Egypt shows power only comes from force, Somali militants say |publisher=Yahoo! News |date=2013-07-04 |accessdate=2013-07-06|archiveurl=http://web.archive.org/web/20130928052731/news.yahoo.com/egypt-shows-power-only-comes-force-somali-militants-155413042.html|archivedate=2013-09-28}}</ref> |
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* {{Syrien}} – Der syrische Staatspräsident [[Baschar al-Assad]] nannte den Umsturz „das Ende des politischen Islams.“<ref name="ZEIT_2013-07-04_WnMSRfdD" /> |
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* {{Türkei}} – Der türkische Außenminister [[Ahmet Davuto?lu]] nannte den Umsturz am 4. Juli „besorgniserregend“ und „inakzeptabel“ und forderte die sofortige Freilassung der „gewählten Führer des Landes“.<ref>''[http://www.welt.de/politik/ausland/article117718520/Ankara-fordert-sofortige-Freilassung-Mursis.html Ankara fordert sofortige Freilassung Mursis]''. In: ''Die Welt'', 4. Juli 2013.</ref> |
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* {{Tunesien}} - Präsident [[Moncef Marzouki]] verurteilte den Sturz Mursis und sprach von einem „Versuch, das alte Regime zu reinstallieren“. Seine [[Kongress für die Republik|Partei]] bezeichnete den Sturz Mursis als „Schlag für die Demokratie“.<ref name="ausland" /> |
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* {{Vereinigte Arabische Emirate}} - Der Herrscher Scheich [[Chalifa bin Zayid Al Nahyan|Chalifa]] gratulierte Mansur und wünschte ihm „Erfolg bei seiner historischen Mission“.<ref name="ausland" /> |
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* {{UK}} – Der britische Außenminister [[William Hague]] erklärte zu den Vorgängen: „Das Vereinigte Königreich unterstützt kein militärisches Eingreifen als Weg, Konflikte in einem demokratischen System zu lösen. Die Situation ist wirklich gefährlich und wir fordern alle Seiten auf, Zurückhaltung zu zeigen und Gewalt zu vermeiden“.<ref name="ZEIT_2013-07-04_WnMSRfdD" /> |
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* {{USA}} – Nachdem bei den Protesten in Alexandria ein US-amerikanischer Student erstochen worden war,<ref>''[http://english.ahram.org.eg/News/75196.aspx US citizen stabbed to death in Egypt’s Alexandria.]'' Al-Ahram, 28. Juni 2013, abgerufen am 4. Juli 2013.</ref> zogen die [[Vereinigte Staaten|Vereinigten Staaten von Amerika]] am 29. Juni 2013 sämtliche Mitarbeiter aus ihrer Botschaft in Kairo ab.<ref>''[http://www.welt.de/politik/ausland/article117558990/USA-ziehen-Mitarbeiter-aus-Botschaft-in-Kairo-ab.html USA ziehen Mitarbeiter aus Botschaft in Kairo ab]''. In: ''Die Welt'', 29. Juni 2013, abgerufen am 1. Juli 2013.</ref> Auf einer Presseerklärung in [[Tansania]] am 1. Juli 2013 erklärte [[Barack Obama]], die Sicherheit der amerikanischen Botschaften und Konsulate in Ägypten habe für ihn höchste Priorität. Er bestehe zudem darauf, dass sowohl Mursi und seine Anhänger als auch oppositionelle Gruppen friedlich miteinander umgingen.<ref>''[http://www.whitehouse.gov/the-press-office/2013/07/01/remarks-president-obama-and-president-kikwete-tanzania-joint-press-confe Remarks by President Obama and President Kikwete of Tanzania at Joint Press Conference.]'' The White House, 1. Juli 2013, 2. Juli 2013 (englisch).</ref> |
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=== Frage der Einordnung als „Putsch“ === |
=== Frage der Einordnung als „Putsch“ === |
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Die US-amerikanische Regierung vermied die Bezeichnung Putsch,<ref>[http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afrika/machtwechsel-in-aegypten-amerika-es-war-kein-militaerputsch-12271524.html Matthias Rüb: Machtwechsel in Ägypten Amerika: Es war kein Militärputsch]. Faz.net vom 5. Juli 2013.</ref> ebenso wie die neuen ägyptischen Machthaber.<ref>[http://www.focus.de/politik/ausland/krise-in-der-arabischen-welt/aegypten/tid-32189/die-ereignisse-in-aegypten-im-live-ticker-mursi-anhaenger-rufen-zum-freitag-der-ablehnung-auf-kein-militaerputsch_aid_1035182.html Ticker-Protokoll zu Unruhen in Ägypten „Kein Militärputsch“]. Focus.de, 4. Juli 2013.</ref><ref name="Handelsblatt_2013-07-05_MWK">''[http://www.webcitation.org/6J2r97xA0 Sanktionen drohenÄgypten: Machtwechsel war kein „Putsch“]'', Handelsblatt, 5. Juli 2013, archiviert vom [http://www.handelsblatt.com/politik/international/sanktionen-drohen-aegypten-machtwechsel-war-kein-putsch-seite-all/8451896-all.html Original] am 21. August 2013.</ref> Vertreter der Tamarod-Bewegung erklärten, es sei kein Putsch gewesen, da „die Armee […] doch nur den Willen des Volkes umgesetzt“ habe.<ref>Birgit Svensson: ''Ägypten: Blutige Kämpfe und das Ende des politischen Islams''. In: ''Die Welt'' vom 16. Juli 2013 ([http://www.welt.de/politik/ausland/article118112299/Blutige-Kaempfe-und-das-Ende-des-politischen-Islams.html online], Zugriff am 17. Juli 2013).</ref> Mohammed el-Baradei bezeichnete den Umsturz als Korrektur eines islamistischen Lenkfehlers am Beginn einer echten Demokratie.<ref name="Tagesspiegel_2013-08-19_LOW" /> Die Muslimbrüder beharrten dagegen darauf, dass es sich bei dem Umsturz um einen Putsch gehandelt habe.<ref name="Tagesspiegel_2013-07-10_WMK">''[http://www.webcitation.org/6J3n5ChdW Muslimbrüder beteiligen sich nicht an Regierung – „Wir machen keine gemeinsame Sache mit Putschisten“]'', [[Der Tagesspiegel]]'', 10. Juli 2013, von Martin Gehlen, archiviert vom [http://www.tagesspiegel.de/politik/muslimbrueder-beteiligen-sich-nicht-an-regierung-wir-machen-keine-gemeinsame-sache-mit-putschisten/8473358.html Original] am 22. August 2013..</ref> |
Die US-amerikanische Regierung vermied die Bezeichnung Putsch,<ref>[http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afrika/machtwechsel-in-aegypten-amerika-es-war-kein-militaerputsch-12271524.html Matthias Rüb: Machtwechsel in Ägypten Amerika: Es war kein Militärputsch]. Faz.net vom 5. Juli 2013.</ref> ebenso wie die neuen ägyptischen Machthaber.<ref>[http://www.focus.de/politik/ausland/krise-in-der-arabischen-welt/aegypten/tid-32189/die-ereignisse-in-aegypten-im-live-ticker-mursi-anhaenger-rufen-zum-freitag-der-ablehnung-auf-kein-militaerputsch_aid_1035182.html Ticker-Protokoll zu Unruhen in Ägypten „Kein Militärputsch“]. Focus.de, 4. Juli 2013.</ref><ref name="Handelsblatt_2013-07-05_MWK">''[http://www.webcitation.org/6J2r97xA0 Sanktionen drohenÄgypten: Machtwechsel war kein „Putsch“]'', Handelsblatt, 5. Juli 2013, archiviert vom [http://www.handelsblatt.com/politik/international/sanktionen-drohen-aegypten-machtwechsel-war-kein-putsch-seite-all/8451896-all.html Original] am 21. August 2013.</ref> Vertreter der Tamarod-Bewegung erklärten, es sei kein Putsch gewesen, da „die Armee […] doch nur den Willen des Volkes umgesetzt“ habe.<ref>Birgit Svensson: ''Ägypten: Blutige Kämpfe und das Ende des politischen Islams''. In: ''Die Welt'' vom 16. Juli 2013 ([http://www.welt.de/politik/ausland/article118112299/Blutige-Kaempfe-und-das-Ende-des-politischen-Islams.html online], Zugriff am 17. Juli 2013).</ref> Mohammed el-Baradei bezeichnete den Umsturz als Korrektur eines islamistischen Lenkfehlers am Beginn einer echten Demokratie.<ref name="Tagesspiegel_2013-08-19_LOW" /> Die Muslimbrüder beharrten dagegen darauf, dass es sich bei dem Umsturz um einen Putsch gehandelt habe.<ref name="Tagesspiegel_2013-07-10_WMK">''[http://www.webcitation.org/6J3n5ChdW Muslimbrüder beteiligen sich nicht an Regierung – „Wir machen keine gemeinsame Sache mit Putschisten“]'', [[Der Tagesspiegel]]'', 10. Juli 2013, von Martin Gehlen, archiviert vom [http://www.tagesspiegel.de/politik/muslimbrueder-beteiligen-sich-nicht-an-regierung-wir-machen-keine-gemeinsame-sache-mit-putschisten/8473358.html Original] am 22. August 2013..</ref> |
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Am 3. Juli bezeichnete Max Fischer die Ereignisse in der ''[[Washington Post]]'' sowohl als ''coup'' (Putsch oder Staatsstreich) als auch als [[Revolution]].<ref name=TWP_2013-07-03_IWH>''[http://www.webcitation.org/6J3k0M4A2 Is what happened in Egypt a coup or a revolution? It’s both]'' (englisch). The Washington Post, 3. Juli 2013, von Max Fisher, archiviert vom [http://www.washingtonpost.com/blogs/worldviews/wp/2013/07/03/is-what-happened-in-egypt-a-coup-or-a-revolution-its-both/ Original] am 22. August 2013.</ref> Auch nach Auffassung |
Am 3. Juli bezeichnete Max Fischer die Ereignisse in der ''[[Washington Post]]'' sowohl als ''coup'' (Putsch oder Staatsstreich) als auch als [[Revolution]].<ref name=TWP_2013-07-03_IWH>''[http://www.webcitation.org/6J3k0M4A2 Is what happened in Egypt a coup or a revolution? It’s both]'' (englisch). The Washington Post, 3. Juli 2013, von Max Fisher, archiviert vom [http://www.washingtonpost.com/blogs/worldviews/wp/2013/07/03/is-what-happened-in-egypt-a-coup-or-a-revolution-its-both/ Original] am 22. August 2013.</ref> Auch nach Auffassung des Direktors des ''Deutschen Instituts für Internationale Politik und Sicherheit'' der [[Stiftung Wissenschaft und Politik]], [[Volker Perthes]], in der deutschsprachigen Wochenzeitschrift ''[[Die Zeit]]'' vom 5. Juli handelte es sich bei dem militärischen Umsturz im Gegensatz zu der Darstellung von Putschbefürwortern zwar nicht um eine „Korrekturbewegung“, sondern um einen Putsch. Doch stelle es nach Perthes’ Einschätzung „traurige Ironie“ dar, dass das Militär „eigentlich nicht putschen wollte, sondern bis kurz vor dem Coup noch versucht hatte, die verschiedenen politischen Lager zu einem Konsens zu bewegen“. Der Putsch sei – so Perthes – moralisch gerechtfertigt gewesen, da die Militärs eine anhaltende Selbstblockade des ägyptischen politischen Systems, die zu weiterer Gewalt und schließlich zu Unregierbarkeit hätte führen können, befürchtet hätten. Die Verantwortung trage „natürlich auch Präsident Mursi selbst und seine Muslimbruderschaft“. Die Errungenschaften der Revolution von 2011 seien durch den Putsch nicht zerstört worden.<ref name="Zeit-OL_2013-07-05">''[http://www.webcitation.org/6J3lfn8tM Ägypten – Der Putsch hat die Revolution nicht zerstört]'', Zeit Online, 5. Juli 2013, von Volker Perthes, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-07/aegypten-putsch-perthes/komplettansicht Original] am 22. August 2013.</ref> |
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Der Politologe Adel El Sayed betrachtete die Absetzung Mursis durch das Militär in einem Interview in der österreichischen Tageszeitung ''[[Kurier (Tageszeitung)|Kurier]]'' am 4. Juli nicht als Putsch, sondern als den „Versuch der Armee, die immer größer werdende Spaltung zu verringern“, und als möglicherweise „letzte Korrekturen“ des „Arabischen Frühlings“.<ref name="Kurier-at_2013-07-04_LKA">''[http://www.webcitation.org/6J4CZjOWz „Letzte Korrekturen des Arabischen Frühlings“]'', Kurier.at, 4. Juli 2013, von Peter Draxler, archiviert vom [http://kurier.at/politik/ausland/aegypten-letzte-korrekturen-des-arabischen-fruehlings/17.929.253 Original] am 22. juli 2013.</ref> |
Der Politologe Adel El Sayed betrachtete die Absetzung Mursis durch das Militär in einem Interview in der österreichischen Tageszeitung ''[[Kurier (Tageszeitung)|Kurier]]'' am 4. Juli nicht als Putsch, sondern als den „Versuch der Armee, die immer größer werdende Spaltung zu verringern“, und als möglicherweise „letzte Korrekturen“ des „Arabischen Frühlings“.<ref name="Kurier-at_2013-07-04_LKA">''[http://www.webcitation.org/6J4CZjOWz „Letzte Korrekturen des Arabischen Frühlings“]'', Kurier.at, 4. Juli 2013, von Peter Draxler, archiviert vom [http://kurier.at/politik/ausland/aegypten-letzte-korrekturen-des-arabischen-fruehlings/17.929.253 Original] am 22. juli 2013.</ref> |
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==== Haltung und Interessenlage der USA und anderer Staaten ==== |
==== Haltung und Interessenlage der USA und anderer Staaten ==== |
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[[Datei:John F. Kerry.jpg|miniatur |
[[Datei:John F. Kerry.jpg|miniatur|US-Außenminister [[John Kerry]] bestritt am 1. August 2013 die Machtübernahme des ägyptischen Militärs und rechtfertigte die Absetzung Präsident Mursis durch das Militär, das somit auf Wunsch der Massen die Demokratie wiederhergestellt habe.]] |
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Nach dem Militärcoup vom 3. Juli 2013 weigerte sich die US-Regierung, die Machtübernahme durch die Armeeführung als [[Putsch]] zu qualifizieren.<ref name="SZ_2013-08-03_UAR" /><ref name="Handelsblatt_2013-08-15_WW">''[http://www.webcitation.org/6J2m5GkCB Nahost-Politik der USA – Wendehals Washington]'', Handelsblatt, 15. August 2013, von Désirée Linde, archiviert vom [http://www.handelsblatt.com/politik/international/nahost-politik-der-usa-wendehals-washington-seite-all/8643034-all.html Original] am 21. August 2013.</ref><ref name="FAZ_2013-07-05_EWK">''[http://www.webcitation.org/6J2nXXfB2 Machtwechsel in Ägypten Amerika: Es war kein Militärputsch]'', 5. Juli 2013, von Matthias Rüb, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afrika/machtwechsel-in-aegypten-amerika-es-war-kein-militaerputsch-12271524.html Original] am 21. August 2013.</ref><ref name="FAZ-NET_2013-08-21_SNZ">''[http://www.webcitation.org/6J3f6qMPo Ägypten – Sicherheitskräfte nehmen zwei führende Muslimbrüder fest]'', FAZ.NET (Frankfurter Allgemeine Zeitung), 21. August 2013, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/naher-osten/aegypten-sicherheitskraefte-nehmen-zwei-fuehrende-muslimbrueder-fest-12540784.html Original] am 22. August 2013.</ref><ref name="tagesschau-de_2013-08-16_UZK" /> Stattdessen akzeptierte sie den Militärcoup nachträglich als „Schritt zur Wiederherstellung der Demokratie“.<ref name="SZ_2013-08-03_UAR">''[http://www.webcitation.org/6Iv4L1WrH US-Außenminister rechtfertigt Putsch gegen Mursi]'', Süddeutsche Zeitung, 3. August 2013, von Tomas Avenarius, archiviert vom [http://www.sueddeutsche.de/x5w38M/1457842/US-Aussenminister-rechtfertigt-Putsch-gegen-Mursi.html Original] am 16. August 2013.</ref><ref name="Handelsblatt_2013-08-15_WW" /> |
Nach dem Militärcoup vom 3. Juli 2013 weigerte sich die US-Regierung, die Machtübernahme durch die Armeeführung als [[Putsch]] zu qualifizieren.<ref name="SZ_2013-08-03_UAR" /><ref name="Handelsblatt_2013-08-15_WW">''[http://www.webcitation.org/6J2m5GkCB Nahost-Politik der USA – Wendehals Washington]'', Handelsblatt, 15. August 2013, von Désirée Linde, archiviert vom [http://www.handelsblatt.com/politik/international/nahost-politik-der-usa-wendehals-washington-seite-all/8643034-all.html Original] am 21. August 2013.</ref><ref name="FAZ_2013-07-05_EWK">''[http://www.webcitation.org/6J2nXXfB2 Machtwechsel in Ägypten Amerika: Es war kein Militärputsch]'', 5. Juli 2013, von Matthias Rüb, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afrika/machtwechsel-in-aegypten-amerika-es-war-kein-militaerputsch-12271524.html Original] am 21. August 2013.</ref><ref name="FAZ-NET_2013-08-21_SNZ">''[http://www.webcitation.org/6J3f6qMPo Ägypten – Sicherheitskräfte nehmen zwei führende Muslimbrüder fest]'', FAZ.NET (Frankfurter Allgemeine Zeitung), 21. August 2013, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/naher-osten/aegypten-sicherheitskraefte-nehmen-zwei-fuehrende-muslimbrueder-fest-12540784.html Original] am 22. August 2013.</ref><ref name="tagesschau-de_2013-08-16_UZK" /> Stattdessen akzeptierte sie den Militärcoup nachträglich als „Schritt zur Wiederherstellung der Demokratie“.<ref name="SZ_2013-08-03_UAR">''[http://www.webcitation.org/6Iv4L1WrH US-Außenminister rechtfertigt Putsch gegen Mursi]'', Süddeutsche Zeitung, 3. August 2013, von Tomas Avenarius, archiviert vom [http://www.sueddeutsche.de/x5w38M/1457842/US-Aussenminister-rechtfertigt-Putsch-gegen-Mursi.html Original] am 16. August 2013.</ref><ref name="Handelsblatt_2013-08-15_WW" /> |
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Nach Einschätzung von Günter Meyer, Leiter des [[Zentrum für Forschung zur Arabischen Welt|Zentrums für Forschung zur Arabischen Welt]] an der Universität Mainz, sei der Umsturz gegen die Muslimbruderschaft zwar weder der US-amerikanischen noch der deutschen Regierung ungelegen gekommen, habe diese jedoch angesichts des Tatbestands eines Putsches in Konflikt mit dem Anspruch gebracht, für demokratische Werte einzutreten. Diese Konfliktsituation hat laut Christian Achrainer, Ägypten-Experte der [[Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik|Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik]] (DGAP), bereits seit der Zeit von Mubarak bestanden, während der die westlichen Regierungen vor allem auf Stabilität gesetzt hätten. Das Interesse der USA und der [[Europäische Union|EU]] richte sich auf Energiesicherheit, den [[Krieg gegen den Terror|Kampf gegen den Terrorismus]] und den Fortbestand des [[Israelisch-ägyptischer Friedensvertrag|Israelisch-ägyptischen Friedensvertrages]]. Demgegenüber sei die Forderung nach Demokratie und [[Menschenrechte]]n in den Hintergrund getreten. Die Forderung, Mursi wieder ins Amt einzusetzen, sei von westlicher Seite kaum gestellt worden.<ref name="DW_2013-07-29_KZS" /> |
Nach Einschätzung von Günter Meyer, Leiter des [[Zentrum für Forschung zur Arabischen Welt|Zentrums für Forschung zur Arabischen Welt]] an der Universität Mainz, sei der Umsturz gegen die Muslimbruderschaft zwar weder der US-amerikanischen noch der deutschen Regierung ungelegen gekommen, habe diese jedoch angesichts des Tatbestands eines Putsches in Konflikt mit dem Anspruch gebracht, für demokratische Werte einzutreten. Diese Konfliktsituation hat laut Christian Achrainer, Ägypten-Experte der [[Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik|Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik]] (DGAP), bereits seit der Zeit von Mubarak bestanden, während der die westlichen Regierungen vor allem auf Stabilität gesetzt hätten. Das Interesse der USA und der [[Europäische Union|EU]] richte sich auf Energiesicherheit, den [[Krieg gegen den Terror|Kampf gegen den Terrorismus]] und den Fortbestand des [[Israelisch-ägyptischer Friedensvertrag|Israelisch-ägyptischen Friedensvertrages]]. Demgegenüber sei die Forderung nach Demokratie und [[Menschenrechte]]n in den Hintergrund getreten. Die Forderung, Mursi wieder ins Amt einzusetzen, sei von westlicher Seite kaum gestellt worden.<ref name="DW_2013-07-29_KZS" /> |
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=== Internationale Reaktionen === |
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* {{AU}} – Als Reaktion auf den Umsturz wurde Ägypten am 5. Juli 2013 aus der Afrikanischen Union ausgeschlossen. Damit hat die Afrikanische Union ihre Missbilligung des Vorgehens der ägyptischen Streitkräfte zum Ausdruck gebracht. In einer offiziellen Mitteilung wurde durch Admore Kambudzi, den Ratssekretär des AU-Sicherheitsrates in [[Addis Abeba]], erklärt, dass es sich bei dem Vorgehen des Militärs um eine illegale Übernahme der Macht handeln würde, die nicht der Verfassung Ägyptens entspreche. Der AU-Kommissionsvorsitzende [[Nkosazana Dlamini-Zuma]] betonte jedoch, dass die Afrikanische Union Ägypten wieder aufnehmen werde, wenn es dort eine demokratisch gewählte Regierung gäbe. Ferner habe sich die [[Revolution in Ägypten 2011|Revolution in Ägypten im Jahr 2011]] dahingehend von der momentanen Situation unterschieden, als dass damals in Form von [[Hosni Mubarak]] ein jahrelang herrschender Diktator gestürzt worden sei. [[Mohammed Edrees]], der ägyptische Vertreter der Afrikanischen Union, hatte vor der Entscheidung derselben versucht, den Ausschluss abzuwenden, und dabei die wichtige Rolle Ägyptens bei der [[Dekolonisation Afrikas]] betont sowie auf den Umstand verwiesen, dass Ägypten eines der Gründungsmitglieder der Afrikanischen Union sei.<ref name="TASP_2013-07-05_AUsÄa" /> |
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* {{DEU}} – In einer ersten Reaktion am Abend des 3. Juli 2013 drückte Bundesaußenminister [[Guido Westerwelle]] seine Sorge im Hinblick auf die aktuelle Lage aus und rief alle politischen Akteure dazu auf, auf Deeskalation zu setzen und den begonnenen Weg in Richtung Demokratie „beherzt“ fortzusetzen. Ägypten brauche einen „echten nationalen Dialog, an dem alle unterschiedlichen politischen Geisteshaltungen und Kräfte teilhaben“.<ref>''[http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Aktuelle_Artikel/Aegypten/130702-EGY-Demonstrationen.html Ägypten: Erste Minuten einer historischen Stunde.]'' Auswärtiges Amt, 3. Juli 2013, abgerufen am 4. Juli 2013.</ref> In einer ausführlicheren Stellungnahme am 4. Juli erklärte er, es sei „ein schwerwiegender Vorgang, dass die ägyptischen Streitkräfte die verfassungsmäßige Ordnung ausgesetzt und den Präsidenten seiner Amtsbefugnisse enthoben haben“ und ein „schwerer Rückschlag für die Demokratie in Ägypten“. Er forderte „alle Verantwortlichen in Ägypten auf, jetzt besonnen vorzugehen, aufeinander zuzugehen und gemeinsam nach Wegen aus der ernsten Staatskrise zu suchen“. Deutschland sei „weiter bereit, den Aufbau einer neuen demokratischen Staatsordnung in Ägypten zu unterstützen“.<ref>''[http://www.dw.de/deutschland-will-ägypten-weiter-helfen/a-16929074 Deutschland will Ägypten weiter helfen.]'' Deutsche Welle, 4. Juli 2013, abgerufen am 4. Juli 2013.</ref><ref>''[http://www.auswaertiges-amt.de/sid_8B0BCBEF6E92168A63B110C9001E8366/DE/Infoservice/Presse/Meldungen/2013/130704-BM_EGY.html?nn=363034 Außenminister Westerwelle zur Lage in Ägypten.]'' Auswärtiges Amt, 4. Juli 2013, abgerufen am 4. Juli 2013.</ref> |
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* {{DAN}} - „Staatsrechtlich ist es ein Militär-Putsch, den wir natürlich nie begrüßen können, denn das verlief nicht nach einem demokratischen Drehbuch, aber es musste ja etwas geschehen in Ägypten“, kommentierte der dänische Außenminister Villy Søvndal. |
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* {{IRN}} – Das iranische Außenministerium warnte vor ausländischer Einflussnahme.<ref>''[http://english.farsnews.com/newstext.aspx?nn=13920414000347 Iran Calls for Egyptians’ Vigilance against Enemies’ Plots.]'' Fars News Agency, 5. Juli 2013, abgerufen am 6. Juli 2013.</ref> |
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* {{Jordanien}} - Das jordanische Königshaus erklärte, den Wunsch des ägyptischen Volkes zu respektieren.<ref name="ausland">[http://www.spiegel.de/politik/ausland/arabische-welt-nach-umsturz-in-aegypten-glueckwuensche-zum-coup-a-909627.html Theresa Breuer: ''Reaktionen auf Sturz Mursis: Arabische Herrscher gratulieren Ägypten zum Putsch.''] www.spiegel.de, 5. Juli 2013.</ref> |
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* {{Katar}} - Aus dem Außenministerium des Landes verlautete zurückhaltend, Katar unterstütze den Willen des ägyptischen Volkes und sehe in Ägypten einen Führer in der arabischen und islamischen Welt. Das Emirat hatte während der Herrschaft der Muslimbrüder das Land mit acht Milliarden Dollar unterstützt und gilt im Unterschied zu vielen Staaten der Golfregion als Unterstützer der Muslimbruderschaft und ihr nahestehender Organisationen in anderen Ländern. |
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* {{Kuwait}} - Das Land versprach der neuen ägyptischen Regierung eine finanzielle Unterstützung von vier Milliarden Dollar. |
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* {{Russland}} – Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses der Duma [[Alexej Puchow]] sagte: „Der arabische Frühling hatte nicht Demokratie, sondern Chaos zur Folge. Die Ereignisse in Ägypten zeigten, dass es keinen schnellen und friedlichen Übergang von autoritären Regimes zu einer demokratischen Politik gebe. Das bedeutet, dass die Demokratie kein Patentrezept ist und in den Ländern nicht funktioniert, die nicht zur westlichen Welt gehören.“<ref>http://www.sueddeutsche.de/politik/reaktion-auf-putsch-in-aegypten-demokratische-doppelmoral-1.1712667</ref> |
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* {{Saudi-Arabien}} – Der König [[Abdullah ibn Abd al-Aziz]] gratulierte dem Militär. Er lobte die „Weisheit und Vermittlung“ der Militärs und fügte an, das Land sei im entscheidenden Moment gerettet worden.<ref name="ZEIT_2013-07-04_WnMSRfdD">''[http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-07/aegypten-sturz-mursi-reaktionen Westerwelle nennt Mursis Sturz Rückschlag für die Demokratie]''. In: ''Die Zeit'', 4. Juli 2013, abgerufen am 4. Juli 2013.</ref> Diese Reaktion wird vor allem damit erklärt, dass durch die Ablehnung des monarchischen Prinzips im Islam durch die Muslimbrüder zugleich die Legitimation arabischer Herrscher in Frage gestellt wird.<ref name="ausland" /> Überdies wird das Prinzip der Muslimbrüder, durch demokratische Wahlen in Regierungspositionen zu gelangen, von den Herrschern der meisten Staaten der Golfregion als gefährliche Konkurrenz abgelehnt. |
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* {{Somalia}} – Die islamistische militante Bewegung [[al-Shabaab (Somalia)|al-Shabaab]] verkündete auf ''[[Twitter]]'': „Es ist Zeit, die rosarote Brille abzunehmen und die Welt so zu sehen wie sie ist. Veränderung kommt alleine durch die Gewehrkugel (engl. ''bullet''), nicht durch die Wahlkugel (engl. ''ballot''). [Die Muslimbrüder] sollten vielleicht ein wenig aus der Geschichte lernen und von denjenigen, die vor ihnen in Algerien ’demokratisch gewählt’ wurden, oder von der Hamas. Wann werden die Muslimbrüder (MB) aus dem tiefen Schlaf aufwachen und die Vergeblichkeit ihrer Bemühungen um institutionelle Veränderungen erkennen. Nach einem Jahr des Hürdenlaufes ist das MB-Pferd endlich auf dem Weg zum Schlachthof und wird das Licht wohl nicht mehr erblicken.“<ref>{{cite news|agency=Reuters |url=http://news.yahoo.com/egypt-shows-power-only-comes-force-somali-militants-155413042.html |title=Egypt shows power only comes from force, Somali militants say |publisher=Yahoo! News |date=2013-07-04 |accessdate=2013-07-06}}</ref> |
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* {{Syrien}} – Der syrische Staatspräsident [[Baschar al-Assad]] nannte den Umsturz „das Ende des politischen Islams.“<ref name="ZEIT_2013-07-04_WnMSRfdD" /> |
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* {{Türkei}} – Der türkische Außenminister [[Ahmet Davuto?lu]] nannte den Umsturz am 4. Juli „besorgniserregend“ und „inakzeptabel“ und forderte die sofortige Freilassung der „gewählten Führer des Landes“.<ref>''[http://www.welt.de/politik/ausland/article117718520/Ankara-fordert-sofortige-Freilassung-Mursis.html Ankara fordert sofortige Freilassung Mursis]''. In: ''Die Welt'', 4. Juli 2013.</ref> |
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* {{Tunesien}} - Präsident [[Moncef Marzouki]] verurteilte den Sturz Mursis und sprach von einem „Versuch, das alte Regime zu reinstallieren“. Seine [[Kongress für die Republik|Partei]] bezeichnete den Sturz Mursis als „Schlag für die Demokratie“.<ref name="ausland" /> |
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* {{Vereinigte Arabische Emirate}} - Der Herrscher Scheich [[Chalifa bin Zayid Al Nahyan|Chalifa]] gratulierte Mansur und wünschte ihm „Erfolg bei seiner historischen Mission“.<ref name="ausland" /> |
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* {{UK}} – Der britische Außenminister [[William Hague]] erklärte zu den Vorgängen: „Das Vereinigte Königreich unterstützt kein militärisches Eingreifen als Weg, Konflikte in einem demokratischen System zu lösen. Die Situation ist wirklich gefährlich und wir fordern alle Seiten auf, Zurückhaltung zu zeigen und Gewalt zu vermeiden“.<ref name="ZEIT_2013-07-04_WnMSRfdD" /> |
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* {{USA}} – Nachdem bei den Protesten in Alexandria ein US-amerikanischer Student erstochen worden war,<ref>''[http://english.ahram.org.eg/News/75196.aspx US citizen stabbed to death in Egypt’s Alexandria.]'' Al-Ahram, 28. Juni 2013, abgerufen am 4. Juli 2013.</ref> zogen die [[Vereinigte Staaten|Vereinigten Staaten von Amerika]] am 29. Juni 2013 sämtliche Mitarbeiter aus ihrer Botschaft in Kairo ab.<ref>''[http://www.welt.de/politik/ausland/article117558990/USA-ziehen-Mitarbeiter-aus-Botschaft-in-Kairo-ab.html USA ziehen Mitarbeiter aus Botschaft in Kairo ab]''. In: ''Die Welt'', 29. Juni 2013, abgerufen am 1. Juli 2013.</ref> Auf einer Presseerklärung in [[Tansania]] am 1. Juli 2013 erklärte [[Barack Obama]], die Sicherheit der amerikanischen Botschaften und Konsulate in Ägypten habe für ihn höchste Priorität. Er bestehe zudem darauf, dass sowohl Mursi und seine Anhänger als auch oppositionelle Gruppen friedlich miteinander umgingen.<ref>''[http://www.whitehouse.gov/the-press-office/2013/07/01/remarks-president-obama-and-president-kikwete-tanzania-joint-press-confe Remarks by President Obama and President Kikwete of Tanzania at Joint Press Conference.]'' The White House, 1. Juli 2013, 2. Juli 2013 (englisch).</ref> |
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== Vom Umsturz bis zur Übergangsregierung == |
== Vom Umsturz bis zur Übergangsregierung == |
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Nach dem Sturz von Präsident Mohammed Mursi setzen die ägyptischen Sicherheitsbehörden die Islamisten massiv unter Druck. Die große Anzahl an Verhaftungen, die Intransparenz der Behörden und die Geschwindigkeit der Ereignisse trugen dazu bei, dass ägyptische Menschenrechtsorganisationen Schwierigkeiten hatten, die Verhaftungen und sonstige repressive Maßnahmen zu dokumentieren. Beobachter vermutetetn, dass Vertreter des Innenministeriums versuchten, eigene Vergehen den Muslimbrüdern anzulasten. Gamal Eid, Direktor von [[Arabic Network for Human Rights Information]] (ANHRI), kritisierte, dass das Innenministerium selbst Fehler aus der Zeit unter Mubarak abstritt und stattdessen jegliches Verschulden den Muslimbrüdern zurechnete.<ref name="DW_2013-07-14_KGI">''[http://dw.de/p/197Lz Ägypten - Kampagne gegen Islamisten in Ägypten]'', Deutsche Welle, 14. Juli 2013, von Matthias Sailer, abgerufen am 6. September 2013.</ref> |
Nach dem Sturz von Präsident Mohammed Mursi setzen die ägyptischen Sicherheitsbehörden die Islamisten massiv unter Druck. Die große Anzahl an Verhaftungen, die Intransparenz der Behörden und die Geschwindigkeit der Ereignisse trugen dazu bei, dass ägyptische Menschenrechtsorganisationen Schwierigkeiten hatten, die Verhaftungen und sonstige repressive Maßnahmen zu dokumentieren. Beobachter vermutetetn, dass Vertreter des Innenministeriums versuchten, eigene Vergehen den Muslimbrüdern anzulasten. Gamal Eid, Direktor von [[Arabic Network for Human Rights Information]] (ANHRI), kritisierte, dass das Innenministerium selbst Fehler aus der Zeit unter Mubarak abstritt und stattdessen jegliches Verschulden den Muslimbrüdern zurechnete.<ref name="DW_2013-07-14_KGI">''[http://dw.de/p/197Lz Ägypten - Kampagne gegen Islamisten in Ägypten]'', Deutsche Welle, 14. Juli 2013, von Matthias Sailer, abgerufen am 6. September 2013.</ref> |
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Am 4. |
Am 4. Juli wurden im Laufe des Tages mindestens 43 Mitglieder der Muslimbrüder inhaftiert.<ref name="Kurier_2013-07-04_IVM" /> Laut Presseberichten sollte sich darunter auch [[Muhammad Badi'e]], der Vorsitzende der Muslimbruderschaft, befunden haben,<ref name="Kurier_2013-07-04_IVM" /> der jedoch am 5. Juli bei den Protesten an der Rabia-al-Adawija-Moschee im Stadtteil Nasr-City frei in Erscheinung trat<ref name="TASP_2013-07-05_AUsÄa" /><ref name="FAZ_2013-07-05_ZTS" /> und der nach Erlassen eines Haftbefehls vom 10. Juli erst in der Nacht auf den 20. August verhaftet wurde.<ref name="Spiegel-Ol_2013-08-20_MNC">''[http://www.webcitation.org/6KPwp5Jpp Machtkampf in Ägypten: Militär nimmt Chef der Muslimbrüder fest]'', Spiegel Online, 20. August 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegyptens-militaer-nimmt-chef-der-muslimbrueder-badie-fest-a-917441.html Original] am 16. Oktober 2013.</ref> Der ehemalige stellvertretende Vorsitzende der Muslimbruderschaft, [[Chairat al-Schater]], wurde zudem zur Fahndung freigegeben, da beiden die Anstiftung zur Tötung von Demonstranten vorgeworfen wird. Auch [[Saad al-Katatni]], Vorsitzender der [[Freiheits- und Gerechtigkeitspartei]], und [[Rashad Bajumi]], stellvertretender Vorsitzende der Muslimbruderschaft, wurden inhaftiert. Laut Angaben des ägyptischen Innenministeriums werde die Inhaftierung von 300 weiteren Mitgliedern der Muslimbruderschaft vorbereitet.<ref name="Kurier_2013-07-04_IVM">''[http://kurier.at/politik/ausland/militaerputsch-in-aegypten-interimspraesident-von-militaer-vereidigt/17.733.837 Interimspräsident von Militär vereidigt.]'' Kurier, 4. Juli 2013, abgerufen am 5. Juli 2013.</ref><ref name="SZ_2013-07-04_CdMf" /> Noch vor Mitte Juli waren bereits mindestens sechs hochrangige Vertreter der Muslimbrüder und zwei bekannte Salafisten festgenommen worden und weitere zehn Haftbefehle gegen Führungspersonal der Muslimbruderschaft bekannt geworden. Zusätzlich hielt das Militär laut [[Human Rights Watch]] mindestens zehn Mitglieder des Stabs des ehemaligen Präsidenten Mursi ohne Kontakt zur Außenwelt fest.<ref name="DW_2013-07-14_KGI" /> |
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Laut Karim Abdelrady, Rechtsanwalt und Wissenschaftler des ANHRI, kam es zum einen zu Festnahmen von Führungsmitgliedern und zum anderen zu willkürlichen Massenverhaftungen von Unterstützern der Islamisten. Während der Zusammenstöße vor dem Gebäude der Republikanischen Garde am 8. Juli seien mindestens 650 Menschen verhaftet worden. Die Behörden hätten die Richtigkeit der Zahl auf Anfrage bestätigt, obwohl die ursprünglich offiziell bekanntgegebenen Zahlen erheblich niedriger gewesen seien. Bei den Festgenommenen habe es sich nicht um Mitglieder der Führung der Muslimbruderschaft gehandelt, sondern um Personen, die nach dem Zufallsprinzip an vielen Orten in der Nähe des Gebäudes verhaftet wurden. Es sei davon auszugehen, dass viele von ihnen unschuldig seien und lediglich friedlich demonstriert hätten.<ref name="DW_2013-07-14_KGI" /> |
Laut Karim Abdelrady, Rechtsanwalt und Wissenschaftler des ANHRI, kam es zum einen zu Festnahmen von Führungsmitgliedern und zum anderen zu willkürlichen Massenverhaftungen von Unterstützern der Islamisten. Während der Zusammenstöße vor dem Gebäude der Republikanischen Garde am 8. Juli seien mindestens 650 Menschen verhaftet worden. Die Behörden hätten die Richtigkeit der Zahl auf Anfrage bestätigt, obwohl die ursprünglich offiziell bekanntgegebenen Zahlen erheblich niedriger gewesen seien. Bei den Festgenommenen habe es sich nicht um Mitglieder der Führung der Muslimbruderschaft gehandelt, sondern um Personen, die nach dem Zufallsprinzip an vielen Orten in der Nähe des Gebäudes verhaftet wurden. Es sei davon auszugehen, dass viele von ihnen unschuldig seien und lediglich friedlich demonstriert hätten.<ref name="DW_2013-07-14_KGI" /> |
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=== Vereidigung des Übergangspräsidenten === |
=== Vereidigung des Übergangspräsidenten (4. Juli) === |
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[[Adli Mansur]] wurde am 4. Juli als neuer Übergangspräsident Ägyptens vereidigt.<ref name="Kurier_2013-07-04_IVM" /> |
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Diese Position sollte er bis zu den noch nicht konkretisierten Neuwahlen beibehalten. Während die Situation in Kairo weitestgehend friedlich blieb, kam es in anderen Teilen des Landes zu Zusammenstößen zwischen Anhängern und Gegnern Mursis. So sollen in [[Marsa Matruh]] mindestens sechs Menschen ums Leben gekommen und etwa 10 Menschen verletzt worden sein. In [[Kafr asch-Schaich]] soll es im Rahmen von Auseinandersetzungen der beiden Lager zu 120 Verletzten gekommen sein. Aus [[Alexandria]] und der südägyptischen Stadt [[al-Minya|Minya]] seien je drei Menschen getötet worden.<ref name="Kurier_2013-07-04_IVM" /> |
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=== Verschärfung der Auseinandersetzungen (5. Juli) === |
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[[Datei:Damietta protests.jpg|miniatur|Pro-Mursi-Demonstranten in [[Damiette]] am 5. Juli 2013]] |
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Am 5. Juli, ein Freitag, wurden insgesamt mindestens 43 Menschen in Ägypten getötet und Hunderte verletzt, in den meisten Fällen bei Zusammenstößen zwischen Unterstützern und Gegnern des gestürzten Präsidenten Mursi. Die Anzahl der Toten seit dem 30. Juni verdoppelte sich damit fast auf 90. Nach offiziellen Angaben wurden 15 Menschen in Kairo getötet, darunter auch bei Scharmützeln in der Nähe des Staatssenders im Stadtteil des Tahrirplatzes.<ref name="worldbulletin_2013-07-06_9EK" /> 17 Menschen wurden in Alexandria bei Zusammenstöén zwischen Befürwortern und Gegnern Mursis getötet, rund 460 wurden dort bei Straßenschlachten verletzt.<ref name="FAZ_2013-07-05_ZTS" /> Vier Menschen starben nach offiziellen Angaben in Ismailia und einer in Sues. Eine Person wurde in der Stadt Asyut bei Zusammenstößen zwischen Unterstützern Mursis und der Polizei getötet.<ref name="worldbulletin_2013-07-06_9EK">''[http://www.webcitation.org/6KPZ4mZAD 90 Egyptians killed in week's clashes]'' (englisch). www.worldbulletin.net, 6. Juli 2013, archiviert vom [http://www.worldbulletin.net/?aType=haber&ArticleID=112593 Original] am 16. Oktober 2013.</ref><ref name="TheIndependent_2013-07-06_COA">''[http://www.webcitation.org/6J6rBubYx Confusion over appointment of Mohamed ElBaradei as Egypt PM – Removal of Islamist leader by the army triggers nationwide unrest]'' (englisch). The Independent, 6. Juli 2013, von Kim Sengupta, archiviert vom [http://www.independent.co.uk/news/world/middle-east/confusion-over-appointment-of-mohamed-elbaradei-as-egypt-pm-8690873.html Original] am 24. August 2013.</ref><ref>''[http://www.focus.de/politik/ausland/krise-in-der-arabischen-welt/aegypten/kairo-und-alexandria-versinken-im-chaos-gewalt-in-aegypten-26-tote-und-hunderte-verletzte_aid_1036120.html Gewalt in Ägypten: 26 Tote und Hunderte Verletzte.]'' Focus Online, 6. Juli 2013, abgerufen am 6. Juli 2013.</ref> |
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==== Ablauf der Protestaktionen ==== |
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Hunderttausende Menschen demonstrierten im ganzen Land.<ref name="TASP_2013-07-05_AUsÄa" /> Der gestürzten Regierung loyal gegenüberstehende Demonstranten protestierten in Kairo und anderen Provinzen gegen den Sturz Mursis und forderten seine Wiedereinsetzung als Präsident.<ref name="worldbulletin_2013-07-06_9EK" /> Die Muslimbrüder und weitere islamistische Organisationen hatten zuvor für den 5. Juli landesweit zu friedlichen Demonstrationen gegen die Entmachtung Mursis durch das Militär aufgerufen, um mit dieser „Freitag der Ablehnung“ genannten Aktion auszudrücken, dass sie nicht bereit sind den Militärputsch nicht hinzunehmen. Das Militär hatte Interventionen für den Fall angekündigt, dass die Demonstrationen außer Kontrolle gerieten.<ref name="ND_2013-07-05_TBS" /><ref name="Spiegel-OL_2013-07-05_TBS" /> Nach dem Mittagsgebet folgten Hunderttausende Islamisten in zahlreichen Städten dem Aufruf, so in Kairo oder in [[Alexandria]], [[Luxor]] und [[Damanhur]].<ref name="ND_2013-07-05_TBS" /><ref name="TASP_2013-07-05_AUsÄa" /><ref name="Spiegel-OL_2013-07-05_TBS" /> Die Kundgebungen verliefen zunächst friedlich ohne Zwischenfälle. Der größte Aufmarsch fand vor der Rabia-al-Adawija-Moschee in Nasr-City statt.<ref name="ND_2013-07-05_TBS">''[http://www.webcitation.org/6KPad20hd Tote bei Schusswechseln in Kairo.]'' Neues Deutschland, 5. Juli 2013, archiviert vom [http://www.neues-deutschland.de/artikel/826600.tote-bei-schusswechseln-in-kairo.html Original] am 16. Oktober 2013.</ref><ref name="Spiegel-OL_2013-07-05_TBS" /> |
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Vor dem Hauptquartier der Republikanischen Garden in Kairo feuerten dann jedoch Elitesoldaten auf die Anhänger des gestürzten Präsidenten,<ref name="TASP_2013-07-05_AUsÄa" /> wobei vier Mursi-Anhänger nach offiziellen Angaben getötet wurden, als Demonstranten versuchten, Porträts des gestürzten Präsidenten Mursi dort aufzuhängen.<ref name="FAZ_2013-07-05_ZTS">''[http://www.webcitation.org/6KPbFCZmK Ägypten - Zahlreiche Tote bei Straßenschlachten.]'' Frankfurter Allgemein Zeitung, 5. Juli 2013, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afrika/aegypten-zahlreiche-tote-bei-strassenschlachten-12272014.html Original] am 16. Oktober 2013.</ref> Ein Sprecher des Militärs hatte die Darstellungen dementiert und behauptet, die Armee habe lediglich Platzpatronen und Tränengas gegen die Demonstranten eingesetzt. Der BBC-Reporter Jeremy Bowen gab dagegen an, das Militär habe in Kairo gegenüber den bis dahin diszipliniert auftretenden Muslimbrüdern das Feuer eröffnet, als die Menge vorwärts drängte.<ref name="Spiegel-OL_2013-07-05_TBS">''[http://www.webcitation.org/6KPaxPtHV Ägypten nach dem Putsch: Tote bei Schusswechsel vor Kaserne in Kairo.]'' Spiegel Online, 5. Juli 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/gewalt-in-aegypten-opfer-bei-schusswechsel-vor-mursi-gefaengnis-a-909684.html Original] am 16. Oktober 2013.</ref> |
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Zuvor war auf dem Gelände rund um die Rabia-al-Adawija-Moschee im Stadtteil Nasr-City, wo die Islamisten weiterhin zu tausenden campierten, der inhaftiert geglaubte Vorsitzende der Muslimbruderschaft, Mohammed Badie, aufgetreten, um seine Anhänger zu einer Fortsetzung der Demonstrationen aufzurufen.<ref name="TASP_2013-07-05_AUsÄa" /><ref name="FAZ_2013-07-05_ZTS" /> Am Abend wurde mitgeteilt, dass zwei führende Muslimbrüder, die der vorher erfolgten Verhaftungswelle gegen führende Personen der FJP und Muslimbruderschaft festgenommen worden waren, wieder frei seien. Ein Ausreiseverbot gegen mehr als 300 Muslimbrüder solle auf die Befreiung Mursis und anderer Kader der Organisation aus dem Gefängnis Wadi Natrun 2011 zurückzuführen sein, wegen dessen die ägyptische Justiz wegen Landesverrats gegen Mursi ermittle.<ref name="FAZ_2013-07-05_ZTS" /> |
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[[Adli Mansur]] wurde am 4. Juli als neuer Übergangspräsident Ägyptens vereidigt. Diese Position sollte er bis zu den noch nicht konkretisierten Neuwahlen beibehalten. Während die Situation in Kairo weitestgehend friedlich blieb, kam es in anderen Teilen des Landes zu Zusammenstößen zwischen Anhängern und Gegnern Mursis. So sollen in [[Marsa Matruh]] mindestens sechs Menschen ums Leben gekommen und etwa 10 Menschen verletzt worden sein. In [[Kafr El-Sheikh]] soll es im Rahmen von Auseinandersetzungen der beiden Lager zu 120 Verletzten gekommen sein. Aus [[Alexandria]] und der südägyptischen Stadt [[Minja]] seien je drei Menschen getötet worden.<ref name="Kurier_2013-07-04_IVM" /> |
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Auf den Tahrirplatz hatte die Führung der „Nationalen Rettungsfront“, dem Dachverband der Opposition, unter dem Motto „Rettet die Revolution vom 30. Juni“ zehntausende Anhänger versammelt.<ref name="TASP_2013-07-05_AUsÄa" /> Die Gegner Mursis, die den Militäreinsatz begrüßten, riefen mit der Begründung zu Demonstrationen auf, die Islamisten würden eine „[[Konterrevolution]]“ anstreben.<ref name="Spiegel-OL_2013-07-05_TBS" /> Am Tahrir-Platz stießen Putschgegner und -befürworter zusammen, wobei laut dem Staatsfernsehen zwei Demonstranten getötet und 70 verletzt worden seien.<ref name="FAZ_2013-07-05_ZTS" /> |
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=== Verschärfung der Proteste der Muslimbruderschaft === |
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Nachdem Islamisten am 5. Juli den [[Flughafen al-Arisch]] beschossen und Kontrollposten von Polizei und Militär angegriffen haben sollen, wurde in den Gouvernements [[Gouvernement as-Suwais|Sues]] und [[Gouvernement Dschanub Sina|Süd-Sinai]] der Notstand ausgerufen. Bei den Gefechten seien ein Polizist getötet sowie zwei weitere verletzt worden.<ref name="TASP_2013-07-05_AUsÄa">''[http://www.tagesspiegel.de/politik/afrika-akzeptiert-militaerputsch-nicht-afrikanische-union-schliesst-aegypten-aus/8455010.html Afrikanische Union schließt Ägypten aus.]'' Der Tagesspiegel, 5. Juli 2013, abgerufen am 5. Juli 2013.</ref> |
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[[Datei:Damietta protests.jpg|miniatur|Pro-Mursi-Demonstranten in [[Damiette]] am 5. Juli 2013.]] |
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Im Verlauf des Nachmittages kam es, wie zuvor auch angekündigt, zu Demonstrationen der Muslimbruderschaft. Diese ist mit der Absetzung von Mursi, gegen den wegen Landesverrates ermittelt wird, nicht einverstanden und wollte ihren Unwillen gegenüber der Verhaftungswelle, die sich gegen die Muslimbruderschaft richtet, sowie gegen das Abschalten ihrer medialen Präsenz und das Verbot ihrer Zeitung durch die besagten Demonstrationen zum Ausdruck bringen. In mehreren Städten Ägyptens kam es entsprechend zu Kundgebungen der Muslimbrüder, etwa in [[Alexandria]], [[Luxor]], [[Damanhur]], [[Nasr City]] und [[Kairo]]. Dabei soll das Militär in Kairo gegenüber den bis dahin diszipliniert auftretenden Muslimbrüdern das Feuer eröffnet haben, wobei drei Menschen ums Leben kamen.<ref>''[http://www.neues-deutschland.de/artikel/826600.tote-bei-schusswechseln-in-kairo.html Tote bei Schusswechseln in Kairo.]'' Neues Deutschland, 5. Juli 2013, abgerufen am 5. Juli 2013.</ref><ref>''[http://www.spiegel.de/politik/ausland/gewalt-in-aegypten-opfer-bei-schusswechsel-vor-mursi-gefaengnis-a-909684.html Ägypten nach dem Putsch: Tote bei Schusswechsel vor Kaserne in Kairo.]'' Spiegel Online, 5. Juli 2013, abgerufen am 5. Juli 2013.</ref><ref>''[http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afrika/aegypten-tote-bei-protesten-der-muslimbrueder-in-kairo-12272014.html Tote bei Protesten der Muslimbrüder in Kairo.]'' Frankfurter Allgemein Zeitung, 5. Juli 2013, 5. Juli 2013.</ref> |
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==== Anschläge auf dem Sinai ==== |
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Am Nachmittag trat der vermeintlich inhaftierte Muhammad Badi'e, der Vorsitzende der Muslimbruderschaft, während einer Demonstration auf, um seine Anhänger zu motivieren und zu einer Fortsetzung der Demonstrationen aufzurufen. Zudem wurde bekanntgegeben, dass auch andere Mitglieder der Muslimbruderschaft, die zuvor als inhaftiert vermeldet worden sind, noch nicht verhaftet worden sein sollen. Im weiteren Verlauf des Tages kam es in weiten Teilen Ägypten zu Auseinandersetzungen zwischen den Mitgliedern der Muslimbruderschaft und Vertretern des Militärs sowie diversen Sicherheitskräften und oppositionellen Anhängern Mursis auf der anderen Seite. Dabei kam es auch zu Schusswechseln, wobei sich die jeweiligen Parteien gegenseitig beschuldigten, das Feuer eröffnet zu haben. In der nordägyptischen Stadt Alexandria wurden im Rahmen der Auseinandersetzungen mindestens 12 Menschen getötet und 460 weitere verletzt. Auch in Kairo war es zu gewaltsamen Zusammenstößen rund um den Tahrir-Platz gekommen, in deren Verlauf laut Angaben des Staatsfernsehens zwei Demonstranten getötet und mindestens 70 weitere verletzt worden seien. Der Sitz des Gouverneurs von [[Gouvernement Schimal Sina|Schimal Sina]] in [[al-Arisch]] soll Medienberichten zufolge von Anhängern Mursis gestürmt und letztlich eingenommen worden sein. Insgesamt sollen im gesamten Land im Verlauf des 5. Juli mindestens 36 Menschen ums Leben gekommen sein.<ref name="TheIndependent_2013-07-06_COA">''[http://www.webcitation.org/6J6rBubYx Confusion over appointment of Mohamed ElBaradei as Egypt PM – Removal of Islamist leader by the army triggers nationwide unrest]'' (englisch). The Independent, 6. Juli 2013, von Kim Sengupta, archiviert vom [http://www.independent.co.uk/news/world/middle-east/confusion-over-appointment-of-mohamed-elbaradei-as-egypt-pm-8690873.html Original] am 24. August 2013.</ref><ref name="FAZ_2013-07-05_ZTbS">''[http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afrika/aegypten-zahlreiche-tote-bei-strassenschlachten-12272014.html Zahlreiche Tote bei Straßenschlachten .]'' Frankfurter Allgemeine Zeitung, 5. Juli 2013, abgerufen am 6. Juli 2013.</ref><ref>''[http://www.focus.de/politik/ausland/krise-in-der-arabischen-welt/aegypten/kairo-und-alexandria-versinken-im-chaos-gewalt-in-aegypten-26-tote-und-hunderte-verletzte_aid_1036120.html Gewalt in Ägypten: 26 Tote und Hunderte Verletzte.]'' Focus Online, 6. Juli 2013, abgerufen am 6. Juli 2013.</ref> |
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Mindestens fünf Sicherheitskräfte wurden bei unabhängigen Angriffen von nicht identifizierten Bewaffneten im Nordsinai getötet.<ref name="worldbulletin_2013-07-06_9EK" /> Nach den Angriffen auf den [[Flughafen al-Arisch]] und Kontrollposten von Polizei und Militär wurde in den Gouvernements [[Gouvernement as-Suwais|Sues]] und [[Gouvernement Dschanub Sina|Süd-Sinai]] der Notstand ausgerufen.<ref name="TASP_2013-07-05_AUsÄa">''[http://www.webcitation.org/6KPZvduno Mehrere Tote bei Protesten - Blutige Auseinandersetzungen in Ägypten]'' Der Tagesspiegel, 5. Juli 2013, von Martin Gehlen, archiviert vom [http://www.tagesspiegel.de/politik/mehrere-tote-bei-protesten-blutige-auseinandersetzungen-in-aegypten/8455010.html Original] am 16. Oktober 2013.</ref> |
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==== Gründung der Islamistengruppe ''Ansar al-Scharia'' ==== |
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In ganz Ägypten demonstrierten am 5. Juli zwischen 14 und 20 Millionen Menschen, was ägyptische Medienkommentatoren dazu bewog, diese Proteste als „gigantisch“ oder „einzigartig in der Geschichte“ zu bezeichnen.<ref>''[http://www.welt.de/politik/ausland/article117771725/Mursis-Gegner-fuerchten-endlosen-Rache-Kreislauf.html Mursis Gegner fürchten „endlosen Rache-Kreislauf“].'' In: ''Die Welt'', 6. Juli 2013, abgerufen am 6. Juli 2013.</ref> |
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Am 5. Juli gab zudem eine neue Islamistengruppe ihre Gründung bekannt; diese nennt sich [[Ansar al-Scharia]]. Diese Gruppe deutet laut Eigenaussagen die Ereignisse in Ägypten als eine Kriegserklärung an den Islam in seiner Gesamtheit, also sowohl als Religion wie auch als Gesellschaftssystem, und wirft ihren Gegnern, zu denen sie säkulare Gruppen, Anhänger des früheren Präsidenten [[Hosni Mubarak]], [[Kopten|koptische Christen]], die Sicherheitskräfte und das Militär zählt, vor, Ägypten in „einen [[Kreuzzug|Kreuzritter]] und ein weltliches Monster“ verwandeln zu wollen. Entsprechend ihrer Selbstbezeichnung setzt sich diese Gruppe für die Einführung der [[Scharia]] als allein geltendes Recht in Ägypten ein. Dabei betrachtet sie den Einsatz von Gewalt als ein legitimes Mittel zum Erreichen ihrer Ziele. Inwiefern sie mit den Muslimbrüdern in Verbindung steht, bleibt unklar.<ref>''[http://www.focus.de/politik/ausland/krise-in-der-arabischen-welt/aegypten/unruhen-in-kairo-und-alexandria-chaos-in-aegypten-30-tote-und-hunderte-verletzte_aid_1036120.html Chaos in Ägypten: 30 Tote und Hunderte Verletzte.]'' Focus Online, 6. Juli 2013, abgerufen am 6. Juli 2013.</ref><ref>''[http://www.dw.de/neue-islamisten-gruppe-droht-mit-gewalt/a-16932731 Neue Islamisten-Gruppe droht mit Gewalt.]'' Deutsche Welle, 6. Juli 2013, abgerufen am 6. Juli 2013.</ref><ref>''[http://www.welt.de/politik/ausland/article117785065/Neue-Islamistengruppe-will-die-Scharia-in-Aegypten.html Neue Islamistengruppe will die Scharia in Ägypten.]'' Die Welt, 6. Juli 2013, abgerufen am 6. Juli 2013.</ref> |
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====Auflösung des Parlaments==== |
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=== Gründung einer neuen Islamistengruppe === |
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Der am 4. Juli als Interimspräsident vereidigte Adli Mansur löste am 5. Juli in seinem ersten Dekret das bisherige Übergangsparlament, den Shura-Rat auf, in dem Muslimbrüder und Salafisten eine Zweidrittel-Mehrheit besaßen.<ref name="TASP_2013-07-05_AUsÄa" /><ref name="FAZ_2013-07-05_ZTS" /> Zudem ernannte Mansur einen neuen Geheimdienstchef.<ref name="FAZ_2013-07-05_ZTS" /> |
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Am 5. Juli gab zudem eine neue Islamistengruppe ihre Gründung bekannt; diese nennt sich [[Ansar al-Scharia]]. Diese Gruppe deutet laut Eigenaussagen die Ereignisse in Ägypten als eine Kriegserklärung an den Islam in seiner Gesamtheit, also sowohl als Religion wie auch als Gesellschaftssystem, und wirft ihren Gegnern, zu denen sie säkulare Gruppen, Anhänger des früheren Präsidenten [[Hosni Mubarak]], [[Kopten|koptische Christen]], die Sicherheitskräfte und das Militär zählt, vor, Ägypten in „einen [[Kreuzzug|Kreuzritter]] und ein weltliches Monster“ verwandeln zu wollen. Entsprechend ihrer Selbstbezeichnung setzt sich diese Gruppe für die Einführung der [[Scharia]] als allein geltendes Recht in Ägypten ein. Dabei betrachtet sie den Einsatz von Gewalt als ein legitimes Mittel zum Erreichen ihrer Ziele. Inwiefern sie mit den Muslimbrüdern in Verbindung steht, bleibt unklar.<ref>''[http://www.focus.de/politik/ausland/krise-in-der-arabischen-welt/aegypten/unruhen-in-kairo-und-alexandria-chaos-in-aegypten-30-tote-und-hunderte-verletzte_aid_1036120.html Chaos in Ägypten: 30 Tote und Hunderte Verletzte.]'' Focus Online, 6. Juli 2013, abgerufen am 6. Juli 2013.</ref><ref>''[http://www.dw.de/neue-islamisten-gruppe-droht-mit-gewalt/a-16932731 Neue Islamisten-Gruppe droht mit Gewalt.]'' Deutsche Welle, 6. Juli 2013, abgerufen am 6. Juli 2013.</ref><ref>''[http://www.welt.de/politik/ausland/article117785065/Neue-Islamistengruppe-will-die-Scharia-in-Aegypten.html Neue Islamistengruppe will die Scharia in Ägypten.]'' Die Welt, 6. Juli 2013, abgerufen am 6. Juli 2013.</ref> |
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=== Versuche einer Regierungsbildung === |
=== Versuche einer Regierungsbildung === |
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Am 6. Juli wurde der Friedensnobelpreisträger [[Mohammed el-Baradei]] zum Regierungschef der Übergangsregierung ernannt. Am Abend sollte er vereidigt werden. Dies wurde aber im letzten Augenblick durch großen Widerstand der [[Partei des Lichts]] verhindert, so dass Mansur die Nominierung von el-Baradei zurückgezogen hat.<ref>''[http://www.spiegel.de/politik/ausland/elbaradei-wird-regierungschef-in-aegypten-a-909831.html Machtwechsel: ElBaradei wird Regierungschef in Ägypten.]'' Spiegel Online, 6. Juli 2013, abgerufen am 6. Juli 2013.</ref><ref>[http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-praesident-mansur-zieht-nominierung-von-elbaradei-zurueck-a-909846.html ''Machtkampf in Ägypten: Präsident Mansur zieht ElBaradeis Nominierung zurück''] in Spiegel Online vom 7. Juli 2013</ref> |
Am 6. Juli wurde der Friedensnobelpreisträger [[Mohammed el-Baradei]] zum Regierungschef der Übergangsregierung ernannt. Am Abend sollte er vereidigt werden. Dies wurde aber im letzten Augenblick durch großen Widerstand der [[Partei des Lichts]] verhindert, so dass Mansur die Nominierung von el-Baradei zurückgezogen hat.<ref>''[http://www.spiegel.de/politik/ausland/elbaradei-wird-regierungschef-in-aegypten-a-909831.html Machtwechsel: ElBaradei wird Regierungschef in Ägypten.]'' Spiegel Online, 6. Juli 2013, abgerufen am 6. Juli 2013.</ref><ref>[http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-praesident-mansur-zieht-nominierung-von-elbaradei-zurueck-a-909846.html ''Machtkampf in Ägypten: Präsident Mansur zieht ElBaradeis Nominierung zurück''] in Spiegel Online vom 7. Juli 2013</ref> |
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Daraufhin wurde der Jurist und Mitgründer der [[Ägyptische Sozialdemokratische Partei|Ägyptischen Sozialdemokratischen Partei]], [[Siad Bahaa El-Din]], zum Amt des Ministerpräsidenten vorgeschlagen.<ref>[http://de.nachrichten.yahoo.com/technokrat-%C3%A4gyptens-%C3%BCbergangsregierungschef-054233536.html Technokrat soll Ägyptens Übergangsregierungschef werden - Salafisten ziehen sich aus Kabinettsgesprächen zurück] Yahoo Nachrichten vom 8. Juli 2013 (abgerufen am 8. Juli 2013)</ref> Am gleichen Tag töteten Islamisten einen [[Koptische Kirche|koptisch-orthodoxen]] Priester aus [[al-Arisch]].<ref>{{Internetquelle|url=http://www.stern.de/politik/ausland/aegypten-elbaradei-warnt-vor-hatz-auf-muslimbrueder-2035186.html|titel=Ägypten: ElBaradei|zugriff=2013-07-08}}</ref> |
Daraufhin wurde der Jurist und Mitgründer der [[Ägyptische Sozialdemokratische Partei|Ägyptischen Sozialdemokratischen Partei]], [[Siad Bahaa El-Din]], zum Amt des Ministerpräsidenten vorgeschlagen.<ref>[http://de.nachrichten.yahoo.com/technokrat-%C3%A4gyptens-%C3%BCbergangsregierungschef-054233536.html Technokrat soll Ägyptens Übergangsregierungschef werden - Salafisten ziehen sich aus Kabinettsgesprächen zurück] Yahoo Nachrichten vom 8. Juli 2013 (abgerufen am 8. Juli 2013)</ref> Am gleichen Tag töteten Islamisten einen [[Koptische Kirche|koptisch-orthodoxen]] Priester aus [[al-Arisch|Arisch]].<ref>{{Internetquelle|url=http://www.stern.de/politik/ausland/aegypten-elbaradei-warnt-vor-hatz-auf-muslimbrueder-2035186.html|titel=Ägypten: ElBaradei|zugriff=2013-07-08}}</ref> |
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Übergangspräsident Mansur legte einen Zeitplan vor, der zunächst die Überarbeitung der [[Verfassung der Republik Ägypten|Verfassung]] und anschließend Parlamentswahlen innerhalb von sechs Monaten vorsieht.<ref>[http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-praesident-mansur-ordnet-rasche-parlamentswahl-an-a-910111.html ''Krise in Ägypten: Übergangspräsident Mansur ordnet rasche Parlamentswahl an''] Spiegel Online vom 9. Juli 2013 (abgerufen am 9. Juli 2013)</ref> Nach dem Zusammentreten des Parlaments sollen dann Präsidentschaftswahlen abgehalten werden.<ref>[http://www.tagesspiegel.de/politik/uebergangspraesident-mansur-will-verfassung-ueberarbeiten-aegypten-soll-noch-in-diesem-jahr-ein-neues-parlament-waehlen/8469208.html ''Ägypten soll noch in diesem Jahr ein neues Parlament wählen''] Der Tagesspiegel vom 9. Juli 2013 (abgerufen am 9. Juli 2013)</ref><ref>[http://www.sis.gov.eg/En/Templates/Articles/tmpArticles.aspx?CatID=2666 State Information Service 9. Juli 2013: Interim president issues constitutional declaration for transitional period]</ref> |
Übergangspräsident Mansur legte einen Zeitplan vor, der zunächst die Überarbeitung der [[Verfassung der Republik Ägypten|Verfassung]] und anschließend Parlamentswahlen innerhalb von sechs Monaten vorsieht.<ref>[http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-praesident-mansur-ordnet-rasche-parlamentswahl-an-a-910111.html ''Krise in Ägypten: Übergangspräsident Mansur ordnet rasche Parlamentswahl an''] Spiegel Online vom 9. Juli 2013 (abgerufen am 9. Juli 2013)</ref> Nach dem Zusammentreten des Parlaments sollen dann Präsidentschaftswahlen abgehalten werden.<ref>[http://www.tagesspiegel.de/politik/uebergangspraesident-mansur-will-verfassung-ueberarbeiten-aegypten-soll-noch-in-diesem-jahr-ein-neues-parlament-waehlen/8469208.html ''Ägypten soll noch in diesem Jahr ein neues Parlament wählen''] Der Tagesspiegel vom 9. Juli 2013 (abgerufen am 9. Juli 2013)</ref><ref>[http://www.sis.gov.eg/En/Templates/Articles/tmpArticles.aspx?CatID=2666 State Information Service 9. Juli 2013: Interim president issues constitutional declaration for transitional period]</ref> |
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===Anti-Mursi-Protest in Kairo |
===Anti-Mursi-Protest in Kairo (7. Juli)=== |
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Datei:Morsi's ouster celebrations Tahrir 20130707-1.jpg|Auf dem Tahrir-Platz feiern Tausende den Putsch als „Zweite Revolution“ |
Datei:Morsi's ouster celebrations Tahrir 20130707-1.jpg|Auf dem Tahrir-Platz feiern Tausende den Putsch als „Zweite Revolution“ |
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Einen Tag vor der Massentötung auf dem Gelände der Republikanischen Garde fand eine Anti-Mursi-Demonstration Tausender Menschen auf dem Tahrir-Platz statt. Die [[Voice of America]]-Reporterin Sharon Behn interviewte mehrere der |
Einen Tag vor der Massentötung auf dem Gelände der Republikanischen Garde fand eine Anti-Mursi-Demonstration Tausender Menschen auf dem Tahrir-Platz statt. Die [[Voice of America]]-Reporterin Sharon Behn interviewte mehrere der Demonstranten auf der ihrem Bericht nach „größten Versammlung der Woche“, die betonten, dass es sich beim Sturz Mursis nicht um einen Putsch, sondern um eine „Zweite Revolution“ handle.<ref name="VOA_2013-07-07_TGC">''[http://www.webcitation.org/6KOpjIVzs Thousands Gather to Celebrate Egypt's 'Second Revolution']'' (englisch). Voice of America, 7. Juli 2013, von Sharon Behn, archiviert vom [http://www.voanews.com/content/thousands-gather-celebrate-egypt-second-revolution/1696926.html Original] am 16. Oktober 2013.</ref><ref name="VOA_2013-07-08_PRE">''[http://www.webcitation.org/6KOqIBC7B Protests and Rallies in Egypt]'' (englisch). Voice of America, 8. Juli 2013, archiviert vom [http://www.voanews.com/media/photogallery/1696918.html Original] am 16. Oktober 2013.</ref> |
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Am gleichen Tag forderten Pro-Mursi-Demonstranten in Kairo die Wiedereinsetzung Mursis als Staatspräsident. Nezar AlSayyad, Vorsitzender des ''Center for Middle Eastern Studies'', sagte gegenüber ''Voice of America'', die Armee müsse die Pro-Mursi-Demonstranten unter Kontrolle halten, um die „Stabilität im Land“ aufrechtzuerhalten. Wenn die Pro-Mursi-Proteste weitergingen oder wenn die Armee sie auf zu blutige Weise unter Kontrolle bringen werde, so drohe Ägypten „ein weiteres Algerien“ zu werden. Der „Ruf nach einer Rückkehr des früheren Präsidenten und die Anstiftung zur Gewalt" sei „gefährlich für Ägypten“: „Im Moment rufen sie nach einer Rückkehr Mursis. Im Moment sind viele von ihnen bewaffnet. Es gibt weiterhin eine Menge von Aufwiegelung, besonders unter den Pro-Mursi-Protestierern, in einer sehr ungesunden Weise.“ Er warf den Pro-Mursi-Demonstranten eine selbstaufopfernde „Dschihadisten-Mentalität“ vor, die „tödlich für das Land“ sei. Während die [[Afrikanische Union]] Ägypten am 5. Juli aufgrund des Putsches ausgeschlossen hatte und [[Republikanische Partei|republikanische]] US-Senator [[John McCain]] die Einstellung der US-Militärhilfe aufgrund des Putsches forderte, wiedes AlSayyad die Einordnung als Putsch zurück, da das Militär nicht direkt die Regierung übernommen habe. AlSayyad hatte noch vor dem Putsch vorausgesagt, dass die Armee Mursi absetzen und den Chef des Verfassungsgerichts als Interimspräsident einsetzen werde.<ref name="VOA_2013-07-07_EAM">''[http://www.webcitation.org/6KOqO3KY4 Analyst: Egypt's Army Must Control Morsi Supporters]'' (englisch). Voice of America, 7. Juli 2013, von James Butty, archiviert vom [http://www.voanews.com/content/analyst-egyptian-army-must-control-morsi-supporters/1696972.html Original] am 16. Oktober 2013. Audio ([http://www.webcitation.org/6KOsSWrIy MP3]), archiviert vom [http://realaudio.rferl.org/voa/ENGL/2013/07/08/9c5b100f-088c-468c-b9c4-9ba61be4cbf2.mp3 Original] am 16. Oktober 2013.</ref> |
Am gleichen Tag forderten Pro-Mursi-Demonstranten in Kairo die Wiedereinsetzung Mursis als Staatspräsident. Nezar AlSayyad, Vorsitzender des ''Center for Middle Eastern Studies'', sagte gegenüber ''Voice of America'', die Armee müsse die Pro-Mursi-Demonstranten unter Kontrolle halten, um die „Stabilität im Land“ aufrechtzuerhalten. Wenn die Pro-Mursi-Proteste weitergingen oder wenn die Armee sie auf zu blutige Weise unter Kontrolle bringen werde, so drohe Ägypten „ein weiteres Algerien“ zu werden. Der „Ruf nach einer Rückkehr des früheren Präsidenten und die Anstiftung zur Gewalt" sei „gefährlich für Ägypten“: „Im Moment rufen sie nach einer Rückkehr Mursis. Im Moment sind viele von ihnen bewaffnet. Es gibt weiterhin eine Menge von Aufwiegelung, besonders unter den Pro-Mursi-Protestierern, in einer sehr ungesunden Weise.“ Er warf den Pro-Mursi-Demonstranten eine selbstaufopfernde „Dschihadisten-Mentalität“ vor, die „tödlich für das Land“ sei. Während die [[Afrikanische Union]] Ägypten am 5. Juli aufgrund des Putsches ausgeschlossen hatte und [[Republikanische Partei|republikanische]] US-Senator [[John McCain]] die Einstellung der US-Militärhilfe aufgrund des Putsches forderte, wiedes AlSayyad die Einordnung als Putsch zurück, da das Militär nicht direkt die Regierung übernommen habe. AlSayyad hatte noch vor dem Putsch vorausgesagt, dass die Armee Mursi absetzen und den Chef des Verfassungsgerichts als Interimspräsident einsetzen werde.<ref name="VOA_2013-07-07_EAM">''[http://www.webcitation.org/6KOqO3KY4 Analyst: Egypt's Army Must Control Morsi Supporters]'' (englisch). Voice of America, 7. Juli 2013, von James Butty, archiviert vom [http://www.voanews.com/content/analyst-egyptian-army-must-control-morsi-supporters/1696972.html Original] am 16. Oktober 2013. Audio ([http://www.webcitation.org/6KOsSWrIy MP3]), archiviert vom [http://realaudio.rferl.org/voa/ENGL/2013/07/08/9c5b100f-088c-468c-b9c4-9ba61be4cbf2.mp3 Original] am 16. Oktober 2013.</ref> |
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=== Massentötung von Mursi-Anhängern auf dem Gelände der Republikanischen Garde (8. Juli) === |
=== Massentötung von Mursi-Anhängern auf dem Gelände der Republikanischen Garde (8. Juli) === |
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[[Datei:Kairo Pro-Mursi-Proteste Juli-August 2013.jpg|miniatur|Ausgewählte Orte im Zusammenhang mit blutig niedergeschlagenen Protesten von Pro-Mursi-Demonstranten (rot) in Kairo während der ersten anderthalb Monate nach dem Militärputsch.<br><small> |
[[Datei:Kairo Pro-Mursi-Proteste Juli-August 2013.jpg|miniatur|Ausgewählte Orte im Zusammenhang mit blutig niedergeschlagenen Protesten von Pro-Mursi-Demonstranten (rot) in Kairo während der ersten anderthalb Monate nach dem Militärputsch.<br><small> |
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8. Juli: Protestcamp auf dem Gelände der Republikanischen Garde<br>27. Juli: Protestcamp vor der Rabia-al- |
8. Juli: Protestcamp auf dem Gelände der Republikanischen Garde<br>27. Juli: Protestcamp vor der Rabia-al-Adawija-Moschee<br>14. August: Protestcamps vor der Rabia-al-Adawija-Moschee und am Al-Nahda-Platz<br>16. August: Ramses-Platz und 15.-Mai-Brücke</small>]] |
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Am 8. Juli erschossen ägyptische Sicherheitskräfte 53 Mursi-Anhänger, die laut offizieller Darstellung das Gebäude der Republikanischen Garde in Kairo stürmen wollten, in dem Mursi festgehalten werden sollte.<ref name="Reuters_2013-07-28_ÄNN" /> 435 weitere wurden nach offiziellen Angaben verletzt.<ref name="20min-ch_2013-07-08_Ü5T">''[http://www.webcitation.org/6KGmoboUj Blutiger Montag - Über 50 Tote bei Protesten in Kairo]'', 20min.ch, archiviert vom [http://www.20min.ch/ausland/news/story/-Massaker--in--gypten---Dutzende-Tote-12420019 Original] am 10. Oktober 2013.</ref><ref name="taz_2013-08-22_AZV">''[http://www.webcitation.org/6J3rWkFho Nach tödlichen Schüssen in Kairo – Aufrufe zum Volksaufstand]'', die tageszeitung, 8. Juli 2013, archiviert vom [http://www.taz.de/!119496/ Original] am 22. August 2013.</ref> Die Sicherheitskräfte hatten den Tod von zwei Polizisten und eines Soldaten zu beklagen, sowie 42 Verletzte.<ref name="Guardian_2013-07-18_KIC-1" /> |
Am 8. Juli erschossen ägyptische Sicherheitskräfte 53 Mursi-Anhänger, die laut offizieller Darstellung das Gebäude der Republikanischen Garde in Kairo stürmen wollten, in dem Mursi festgehalten werden sollte.<ref name="Reuters_2013-07-28_ÄNN" /> 435 weitere wurden nach offiziellen Angaben verletzt.<ref name="20min-ch_2013-07-08_Ü5T">''[http://www.webcitation.org/6KGmoboUj Blutiger Montag - Über 50 Tote bei Protesten in Kairo]'', 20min.ch, archiviert vom [http://www.20min.ch/ausland/news/story/-Massaker--in--gypten---Dutzende-Tote-12420019 Original] am 10. Oktober 2013.</ref><ref name="taz_2013-08-22_AZV">''[http://www.webcitation.org/6J3rWkFho Nach tödlichen Schüssen in Kairo – Aufrufe zum Volksaufstand]'', die tageszeitung, 8. Juli 2013, archiviert vom [http://www.taz.de/!119496/ Original] am 22. August 2013.</ref> Die Sicherheitskräfte hatten den Tod von zwei Polizisten und eines Soldaten zu beklagen, sowie 42 Verletzte.<ref name="Guardian_2013-07-18_KIC-1" /> |
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=== Medienkampagne und Restriktionen gegen Flüchtlinge === |
=== Medienkampagne und Restriktionen gegen Flüchtlinge === |
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Laut Ahmad Awadalla von der Flüchtlingsorganisation ''Africa and Middle East Refugee Assistance'' (AMERA) waren alle Flüchtlinge in Ägypten seit dem Sturz von Mohammed Mursi von einer prekären Sicherheitslage betroffen.<ref name="Zeit-OL_2013-08-30_NHG" /> Eine Negativkampagne in den Medien gegen sie brachte nach dem Sturz Mursis insbesondere syrische Staatsbürger in Bedrängnis.<ref name="Zeit-OL_2013-08-30_NHG" /><ref name="tagesschau-de_2013-10-19_EZA" /> |
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Laut Ahmad Awadalla von der Flüchtlingsorganisation ''Africa and Middle East Refugee Assistance'' (AMERA) waren alle Flüchtlinge in Ägypten seit dem Sturz von Mohammed Mursi von einer prekären Sicherheitslage betroffen. Eine Negativkampagne in den Medien gegen sie brachte insbesondere syrische Staatsbürger in Bedrängnis. Entscheidender als die seit dem Sturz Mursis geschürte feindselige Atmosphäre in weiten Teilen der ägyptischen Gesellschaft gegen die Flüchtlinge sei die Einführung einer allgemeinen Visapflicht für Syrer als eine der ersten Maßnahmen der neuen Übergangsregierung, die Awadalla als „Dolchstoß für alle Menschen, die vor der Gewalt in Syrien fliehen müssen“ bezeichnete. Syrische Flüchtlinge, von denen rund 300.000 in Ägypten lebten, wurden übereinstimmend von Medien, insbesondere aber von Seiten des Staates, als „Söldner der Muslimbrüder“ diskriminiert. Laut Mohamed Dayri, Botschafter der UN-Flüchtlingsorganisation [[Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen|UNHCR]] in Ägypten, entstanden aus der Medienkampagne gegen die Flüchtlinge konkrete Probleme für die Schutzsuchenden, zum Beispiel durch die Änderung beim Schulzugang für die Kinder syrischer Kriegsflüchtlinge, die erst durch die Übergangsregierung als „ausländische Staatsbürger“ zurückgestuft wurden und denen der Schulzugang durch einen langwierigen und bürokratischen Prozess erschwert wurde. Der UNHCR riet allen syrischen Flüchtlingen, sich unauffällig zu verhalten, bei Einbruch der Dunkelheit in ihren Wohnungen zu bleiben und auf eine Verbesserung der politischen Lage für sie zu warten. In der zweiten Augusthälfte sollen rund 300 Flüchtlinge in Ägypten teils grundlos festgenommen worden sein. Laut Mohamed Amjahid (''Die Zeit'') war die „Negativkampagne gegen Syrer“ besonders für das Militär und die Polizei hilfreich, da sie durch die somit gezogene Verbindung von angeblichen „syrischen Söldnern“ und der Muslimbruderschaft zu einer mit Panzern und Geheimdiensten zu bekämpfenden „internationalen Terrororganisation“ ein Argument bot, um die Muslimbruderschaft zu „eliminieren“.<ref name="Zeit-OL_2013-08-30_NHG">''[http://www.webcitation.org/6JHPOoJfL Ägypten – Der neue Hass gegen Syriens Flüchtlinge]'', Zeit Online, 30. August 2013, von Mohamed Amjahid, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-08/syrische-fluechtlinge-aegypten-kampagne-muslimbrueder/komplettansicht Original] am 31. August 2013.</ref> |
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Entscheidender als die seit dem Sturz Mursis geschürte feindselige Atmosphäre in weiten Teilen der ägyptischen Gesellschaft gegen die Flüchtlinge war laut AMERA die Einführung einer allgemeinen Visapflicht für Syrer als eine der ersten Maßnahmen der neuen Übergangsregierung, die Awadalla als „Dolchstoß für alle Menschen, die vor der Gewalt in Syrien fliehen müssen“ bezeichnete. Syrische Flüchtlinge, von denen rund 300.000 in Ägypten lebten, wurden übereinstimmend von Medien, insbesondere aber von Seiten des Staates, als „Söldner der Muslimbrüder“ diskriminiert.<ref name="Zeit-OL_2013-08-30_NHG" /> Im Oktober wurde die Anzahl der syrischen Flüchtlinge in Ägypten nach Angaben des UN-Flüchtlingswerkes auf mindestens 120.000 Menschen angegeben.<ref name="tagesschau-de_2013-10-19_EZA">''[http://www.webcitation.org/6KSr7SGPY Syrische Flüchtlinge in Ägypten - Ein Exil, das zum Albtraum wird]'', tagesschau.de, 18. Oktober 2013, von Cornelia Wegerhoff, archiviert vom [http://www.tagesschau.de/ausland/fluechtlingeaegypten100.html Original] am 18. Oktober 2013.</ref> |
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=== Massentötung von Mursi-Unterstützern im Protestcamp am R?bi?a al-?Adawiyya-Platz (27. Juli) === |
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Laut Mohamed Dayri, Botschafter der UN-Flüchtlingsorganisation [[Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen|UNHCR]] in Ägypten, entstanden aus der Medienkampagne gegen die Flüchtlinge konkrete Probleme für die Schutzsuchenden, zum Beispiel durch die Änderung beim Schulzugang für die Kinder syrischer Kriegsflüchtlinge, die erst durch die Übergangsregierung als „ausländische Staatsbürger“ zurückgestuft wurden und denen der Schulzugang durch einen langwierigen und bürokratischen Prozess erschwert wurde. Der UNHCR riet allen syrischen Flüchtlingen, sich unauffällig zu verhalten, bei Einbruch der Dunkelheit in ihren Wohnungen zu bleiben und auf eine Verbesserung der politischen Lage für sie zu warten. In der zweiten Augusthälfte sollen rund 300 Flüchtlinge in Ägypten teils grundlos festgenommen worden sein. Laut Mohamed Amjahid (''Die Zeit'') war die „Negativkampagne gegen Syrer“ besonders für das Militär und die Polizei hilfreich, da sie durch die somit gezogene Verbindung von angeblichen „syrischen Söldnern“ und der Muslimbruderschaft zu einer mit Panzern und Geheimdiensten zu bekämpfenden „internationalen Terrororganisation“ ein Argument bot, um die Muslimbruderschaft zu „eliminieren“.<ref name="Zeit-OL_2013-08-30_NHG">''[http://www.webcitation.org/6JHPOoJfL Ägypten – Der neue Hass gegen Syriens Flüchtlinge]'', Zeit Online, 30. August 2013, von Mohamed Amjahid, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-08/syrische-fluechtlinge-aegypten-kampagne-muslimbrueder/komplettansicht Original] am 31. August 2013.</ref> |
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Nach einem am 17. Oktober veröffentlichten Bericht von Scherif al Sayed-Ali, Leiter der Abteilung für Flüchtlingsrechte bei ''Amnesty International'', sollen die ägyptischen Behörden im Umgang mit syrischen Flüchtlingen massive Verletzungen des internationalen [[Völkerrecht]]s begangen haben.<ref name="tagesschau-de_2013-10-19_EZA" /><ref name="Standard-at_2013-10-17_DÄS" /> Da die ägyptischen Behörden neue Einreisebeschränkungen für Syrer erlassen hätten, die die Festgenommenen nicht erfüllen könnten, bleibe den Flüchtlingen oft nur die Wahl zwischen einer dauerhaften Inhaftierung oder der Abschiebung.<ref name="tagesschau-de_2013-10-19_EZA" /> In den Gefängnissen seien unter den 946 Inhaftierten auch „zahlreiche Kinder“, teils ohne ihre Eltern.<ref name="tagesschau-de_2013-10-19_EZA" /><ref name="Standard-at_2013-10-17_DÄS" /> Selbst unter zwei Jahre alte syrische Kleinkinder würden wochenlang im Gefängnis inhaftiert. Es sei in Hunderten Fällen zwangsweise Ausweisung in andere Länder der Region bekannt, darunter auch Deportationen von mehr als 70 Menschen nach Syrien.<ref name="tagesschau-de_2013-10-19_EZA" /> |
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=== Massentötung von Mursi-Unterstützern im Protestcamp am Rabia-al-Adawija-Platz (27. Juli) === |
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====Vorgang und Opfer==== |
====Vorgang und Opfer==== |
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[[Datei:Dead bodies of Morsi supporters.jpg|mini|Leichen von Mursi-Anhängern, die am 27. Juli 2013 bei Zusammenstößen mit Sicherheitskräften getötet wurden.]] |
[[Datei:Dead bodies of Morsi supporters.jpg|mini|Leichen von Mursi-Anhängern, die am 27. Juli 2013 bei Zusammenstößen mit Sicherheitskräften getötet wurden.]] |
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Ende Juli rief die Militärführung die Bevölkerung auf, massenhaft auf die Straße zu gehen, um den Streitkräften ein Mandat für den Kampf gegen die Islamisten zu geben.<ref name="Reuters-DE_2013-08-01_ÄDN" /> Nachdem am 26. Juli Hunderttausende Menschen dem Aufruf von Armeechef Sisi gefolgt waren, für die Armee auf die Straße zu gehen und ihr so ein Mandat „zur Bekämpfung des Terrors“ zu geben, starben am 27. Juli 2013 nach Angaben von Reuters beim äußerst gewaltsamen Vorgehen von Polizei und Armee gegen Muslimbrüder nach staatlichen Angaben mindestens 82 Menschen in einem Protestcamp am |
Ende Juli rief die Militärführung die Bevölkerung auf, massenhaft auf die Straße zu gehen, um den Streitkräften ein Mandat für den Kampf gegen die Islamisten zu geben.<ref name="Reuters-DE_2013-08-01_ÄDN" /> Nachdem am 26. Juli Hunderttausende Menschen dem Aufruf von Armeechef Sisi gefolgt waren, für die Armee auf die Straße zu gehen und ihr so ein Mandat „zur Bekämpfung des Terrors“ zu geben, starben am 27. Juli 2013 nach Angaben von Reuters beim äußerst gewaltsamen Vorgehen von Polizei und Armee gegen Muslimbrüder nach staatlichen Angaben mindestens 82 Menschen in einem Protestcamp am Rabia-al-Adawija-Platz nahe der Rabia-al-Adawija-Moschee in [[Nasr City|Nasr-City]],<ref name="Guardian_2013-07-28" /><ref name="Ahram-OL_2013-07-29_8K2">''[http://www.webcitation.org/6Jk9OVDtk 80 killed, 299 injured in Cairo’s Nasr City violence: Health Ministry]'' (englisch). Ahram Online, 29. Juli 2013, archiviert vom [http://english.ahram.org.eg/NewsContent/1/64/77675/Egypt/Politics-/-killed,--injured-in-Cairo%E2%80%99s-Nasr-City-violence-He.aspx Original] am 19. September 2013.</ref><ref name="Reuters_2013-07-28_ÄNN" /><ref name="AAwsat_2013-07-27_MT1">''[http://www.webcitation.org/6Jk7V9dRL Egypt: More than 100 killed in Cairo massacre]'' (englisch). [[Asharq al-Awsat]], 27. Juli 2013, archiviert vom [http://www.aawsat.net/2013/07/article55311336 Original] am 19. September 2013.</ref> einem als Zentrum der Muslimbruderschaft geltenden Stadtteil Kairos.<ref name="DW_2013-09-05">''[http://www.webcitation.org/6Jv3lEjCR Nahost - Ägyptens Innenminister entgeht Bombenanschlag]'', Deutsche Welle, 5. September 2013, archiviert vom [http://dw.de/p/19clq Original] am 26. September 2013.</ref> Ärzte im Feldlazarett des großen pro-Mursi-Protestlagers in Nasr-City gaben an, dass mindestens 200 Protestierende getötet und 4500 verletzt wurden, die meisten davon durch versuchte Todesschüsse.<ref name="Ahram-OL_2013-07-29_8K2" /> Nach Angaben der Sanitäter starben zahlreiche der Opfer durch gezielte Kopfschüsse.<ref name="Reuters_2013-07-28_ÄNN" /> |
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Seit dem Putsch gegen Mursi am 3. Juli belief sich damit Anfang August die Anzahl der offiziell angegebenen Toten durch die Auseinandersetzungen auf fast 300 Menschen.<ref name="Reuters-DE_2013-08-04_EKÄ">''[http://www.webcitation.org/6KJGMppDz Erste Kompromisssignale in Ägypten seit Mursis Sturz]'', Reuters Deutschland, 4. August 2013, von Tom Perry und Matt Robinson, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE97302120130804 Original] am 12. Oktober 2013.</ref> |
Seit dem Putsch gegen Mursi am 3. Juli belief sich damit Anfang August die Anzahl der offiziell angegebenen Toten durch die Auseinandersetzungen auf fast 300 Menschen.<ref name="Reuters-DE_2013-08-04_EKÄ">''[http://www.webcitation.org/6KJGMppDz Erste Kompromisssignale in Ägypten seit Mursis Sturz]'', Reuters Deutschland, 4. August 2013, von Tom Perry und Matt Robinson, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE97302120130804 Original] am 12. Oktober 2013.</ref> |
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Mehrere Staaten drängten die vom Militär gestützten Machthaber Ägyptens, einen Ausgleich mit den Muslimbrüdern zu suchen und „das Blutvergießen zu beenden“.<ref name="Reuters-DE_2013-07-30_EWÄ" /> |
Mehrere Staaten drängten die vom Militär gestützten Machthaber Ägyptens, einen Ausgleich mit den Muslimbrüdern zu suchen und „das Blutvergießen zu beenden“.<ref name="Reuters-DE_2013-07-30_EWÄ" /> |
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[[Datei:Baroness Ashton headshot.jpg|miniatur|hochkant|[[Catherine Ashton]] konnte mit Mursi am 29. Juli an einem unbekannten Ort sprechen]] |
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Die [[Hoher Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik|EU-Außenbeauftragte]] [[Catherine Ashton]] traf am 29. Juli als erste hochrangige ausländische Politikerin nach dem „Gewaltexzess gegen die Mursi-Anhänger“ Vertreter der ägyptischen Führung, darunter auch Ägyptens „neuen starken Mann, Armeechef Abdel Fattah al-Sissi, der hinter der Entmachtung Mursis am 3. Juli stand“ und drängte die ägyptische Übergangsregierung, von ihrem „Konfrontationskurs gegen die Muslimbruderschaft des abgesetzten Präsidenten“ abzurücken. Der |
Die [[Hoher Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik|EU-Außenbeauftragte]] [[Catherine Ashton]] traf am 29. Juli als erste hochrangige ausländische Politikerin nach dem „Gewaltexzess gegen die Mursi-Anhänger“ Vertreter der ägyptischen Führung, darunter auch Ägyptens „neuen starken Mann, Armeechef Abdel Fattah al-Sissi, der hinter der Entmachtung Mursis am 3. Juli stand“ und drängte die ägyptische Übergangsregierung, von ihrem „Konfrontationskurs gegen die Muslimbruderschaft des abgesetzten Präsidenten“ abzurücken. Der stellvertretende Interimspräsident el-Baradei versicherte Ashton, „dass die neue Führung des Landes alles in ihrer Macht stehende tun werde, um die Krise friedlich zu beenden“.<ref name="Reuters-DE_2013-07-29_EDA">''[http://www.webcitation.org/6KJ5y3Q9B EU dringt auf Ende des Konfrontationskurses in Ägypten]'', Reuters Deutschland, 29. Juli 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE96S00D20130729 Original] am 12. Oktober 2013.</ref> Er sei zuversichtlich, dass die Proteste der Muslimbrüder sich friedlich beenden ließen. Am 29. Juli hatte das Militär erstmals mit Ashton einen hochrangigen Vertreter des Auslands „zu dem festgenommenen Präsidenten“ Mursi vorgelassen, der von den militärgestützten Putschisten abgeschirmt von der Öffentlichkeit festgehalten wurde. Ashton erklärte, sie sei per Hubschrauber zu ihm an einen ihr unbekannten Ort geflogen worden und habe zwei Stunden mit ihm geredet. Es gehe ihm gut.<ref name="Reuters-DE_2013-07-30_EWÄ">''[http://www.webcitation.org/6KJ73fIid EU will in Ägypten eine friedliche Lösung vermitteln]'', Reuters Deutschland, 30. Juli 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE96T02U20130730 Original] am 12. Oktober 2013.</ref> |
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Der ''Guardian'' bezeichnete das Ereignis als Massaker der Polizei an Unterstützern des gestürzten Präsidenten Mursi, als schlimmstes staatlich durchgeführtes Massaker Ägyptens seit dem Sturz Mubaraks und als zweites Massaker der Sicherheitskräfte an Mursi-Unterstützern innerhalb von zwei Wochen.<ref name="Guardian_2013-07-27_AL1">''[http://www.webcitation.org/6Jk8s400W At least 120 Morsi supporters reported killed in Egypt clashes]'' (englisch). The Guardian, 27. Juli 2013, von Patrick Kingsley, archiviert vom [http://www.theguardian.com/world/2013/jul/27/morsi-supporters-killed-egypt-cairo Original] am 19. September 2013.</ref><ref name="Guardian_2013-07-28">''[http://www.webcitation.org/6Jk8OJnzr Egypt crisis: 'we didn't have space in the fridges for all the bodies' - As the death toll rises, a report from Cairo's main mortuary after the police massacre of pro-Morsi supporters]'' (englisch). The Guardian, 28. Juli 2013, von Patrick Kingsley, archiviert vom [http://www.theguardian.com/world/2013/jul/28/egypt-crisis-cairo-massacre-morsi Original] am 19. September 2013.</ref> |
Der ''Guardian'' bezeichnete das Ereignis als Massaker der Polizei an Unterstützern des gestürzten Präsidenten Mursi, als schlimmstes staatlich durchgeführtes Massaker Ägyptens seit dem Sturz Mubaraks und als zweites Massaker der Sicherheitskräfte an Mursi-Unterstützern innerhalb von zwei Wochen.<ref name="Guardian_2013-07-27_AL1">''[http://www.webcitation.org/6Jk8s400W At least 120 Morsi supporters reported killed in Egypt clashes]'' (englisch). The Guardian, 27. Juli 2013, von Patrick Kingsley, archiviert vom [http://www.theguardian.com/world/2013/jul/27/morsi-supporters-killed-egypt-cairo Original] am 19. September 2013.</ref><ref name="Guardian_2013-07-28">''[http://www.webcitation.org/6Jk8OJnzr Egypt crisis: 'we didn't have space in the fridges for all the bodies' - As the death toll rises, a report from Cairo's main mortuary after the police massacre of pro-Morsi supporters]'' (englisch). The Guardian, 28. Juli 2013, von Patrick Kingsley, archiviert vom [http://www.theguardian.com/world/2013/jul/28/egypt-crisis-cairo-massacre-morsi Original] am 19. September 2013.</ref> |
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Die ägyptische Übergangsregierung bestritt, dass die Polizei scharf auf die seit dem Militärcoup in dem Protestlager versammelte Menge geschossen habe, und drohte gleichzeitig mit der Räumung des Protestlagers.<ref name="Reuters_2013-07-28_ÄNN">''[http://www.webcitation.org/6Iv4Ajpgl Ägypten nach neuem Gewaltexzess am Rande des Abgrunds]'', Reuters Deutschland, 28. Juli 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/topNews/idDEBEE96R01N20130728 Original] am 16. August 2013.</ref> In den folgenden Tagen verschärfte die Übergangsregierung ihr Vorgehen gegen die Anhänger des entmachteten Staatspräsidenten und erklärte die Pro-Mursi-Proteste für illegal. Das Intermimskabinett erklärte am 31. Juli, das seit dem Sturz Mursis Anfang Juli von seinen Anhängern besetzte Protestlager auf offener Straße stelle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar.<ref name="Reuters-DE_2013-07-31_ÄRE" /> Die Übergangsregierung gab an, von den Protestlagern würden „terroristische Akte“ ausgehen.<ref name="Reuters-DE_2013-08-01_ÄDN" /> In einer im Fernsehen übertragenen Erklärung wurde verkündet: „Die Regierung hat beschlossen, alle Maßnahmen zu ergreifen, um diese Risiken zu beenden“. Das Kabinett habe den Innenminister angewiesen, tätig zu werden.<ref name="Reuters-DE_2013-07-31_ÄRE">''[http://www.webcitation.org/6KJ9Es5jw Ägyptische Regierung erklärt Pro-Mursi-Proteste für illegal]'', Reuters Deutschland, 31. Juli 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE96U04E20130731 Original] am 12. Oktober 2013.</ref><ref name="Reuters-DE_2013-08-01_ÄDN" /> Am 1. August forderte das Innenministerium die Anhänger des gestürzten Präsidenten in einer im Staatsfernsehen verlesenen Erklärung auf, ihre Protestcamps in Kairo gegen sicheres Geleit zu verlassen. Den Medien gegenüber erklärte es, es existiere kein konkreter Termin für die Räumung der Lager.<ref name="Reuters-DE_2013-08-01_IFM">''[http://www.webcitation.org/6KJB3yTFf Innenminister fordert Mursi-Anhänger zum Verlassen der Camps auf]'', Reuters Deutschland, 1. August 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE97003R20130801 Original] am 12. Oktober 2013.</ref> Die Protestierer in den Camps verhielten sich ruhig und trafen Vorbereitungen zur Abwehr von Räumungsversuchen. Beim Lager Rabia |
Die ägyptische Übergangsregierung bestritt, dass die Polizei scharf auf die seit dem Militärcoup in dem Protestlager versammelte Menge geschossen habe, und drohte gleichzeitig mit der Räumung des Protestlagers.<ref name="Reuters_2013-07-28_ÄNN">''[http://www.webcitation.org/6Iv4Ajpgl Ägypten nach neuem Gewaltexzess am Rande des Abgrunds]'', Reuters Deutschland, 28. Juli 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/topNews/idDEBEE96R01N20130728 Original] am 16. August 2013.</ref> In den folgenden Tagen verschärfte die Übergangsregierung ihr Vorgehen gegen die Anhänger des entmachteten Staatspräsidenten und erklärte die Pro-Mursi-Proteste für illegal. Das Intermimskabinett erklärte am 31. Juli, das seit dem Sturz Mursis Anfang Juli von seinen Anhängern besetzte Protestlager auf offener Straße stelle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar.<ref name="Reuters-DE_2013-07-31_ÄRE" /> Die Übergangsregierung gab an, von den Protestlagern würden „terroristische Akte“ ausgehen.<ref name="Reuters-DE_2013-08-01_ÄDN" /> In einer im Fernsehen übertragenen Erklärung wurde verkündet: „Die Regierung hat beschlossen, alle Maßnahmen zu ergreifen, um diese Risiken zu beenden“. Das Kabinett habe den Innenminister angewiesen, tätig zu werden.<ref name="Reuters-DE_2013-07-31_ÄRE">''[http://www.webcitation.org/6KJ9Es5jw Ägyptische Regierung erklärt Pro-Mursi-Proteste für illegal]'', Reuters Deutschland, 31. Juli 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE96U04E20130731 Original] am 12. Oktober 2013.</ref><ref name="Reuters-DE_2013-08-01_ÄDN" /> Am 1. August forderte das Innenministerium die Anhänger des gestürzten Präsidenten in einer im Staatsfernsehen verlesenen Erklärung auf, ihre Protestcamps in Kairo gegen sicheres Geleit zu verlassen. Den Medien gegenüber erklärte es, es existiere kein konkreter Termin für die Räumung der Lager.<ref name="Reuters-DE_2013-08-01_IFM">''[http://www.webcitation.org/6KJB3yTFf Innenminister fordert Mursi-Anhänger zum Verlassen der Camps auf]'', Reuters Deutschland, 1. August 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE97003R20130801 Original] am 12. Oktober 2013.</ref> Die Protestierer in den Camps verhielten sich ruhig und trafen Vorbereitungen zur Abwehr von Räumungsversuchen. Beim Lager Rabia-al-Adawija räumten sie die Straßen vom Müll, um Rettungsfahrzeugen die Anfahrt zu erleichtern. Sie stellten mit Sand gefüllte Eimer zum Löschen von Tränengas-Granaten bereit und stapelten hinter Barrikaden aus Ziegeln und Sandsäcken Steine auf, um sie als Wurfgeschosse einsetzen zu können.<ref name="Reuters-DE_2013-08-01_AMS">''[http://www.webcitation.org/6KJBaGMVN Ägyptische Muslimbrüder sollen Protestcamps räumen]'', Reuters Deutschland, 1. August 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE97004S20130801 Original] am 12. Oktober 2013.</ref> |
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Datei:Secretary Kerry and Pakistani Advisor Aziz Address Reporters.jpg|John Kerry |
Datei:Secretary Kerry and Pakistani Advisor Aziz Address Reporters.jpg|[[John Kerry]] am 1. August:<br>Lob für Militär und Sturz Mursis - „Demokratie wiederhergestellt“ |
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Datei:Rainer Stinner.jpg|Rainer Stinner (FDP):<br>„selektives Demokratieverständnis“ |
Datei:Rainer Stinner.jpg|[[Rainer Stinner]] (FDP):<br>rügte Kerrys Aussage für „selektives Demokratieverständnis“ |
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Datei:Philipp Mißfelder 2009.JPG|Philipp Mißfelder (CDU):<br>Mursis „Antisemitismus war unerträglich“ |
Datei:Philipp Mißfelder 2009.JPG|[[Philipp Mißfelder]] (CDU):<br>hielt zu Kerry und Sturz Mursis - Mursis „Antisemitismus war unerträglich“ |
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Datei:Ayman al-Zawahiri-fbi image-.jpg|[[Aiman az-Zawahiri|Aiman Al-Sawahiri]] (Al-Qaida):<br>Kerry beweise, dass nicht Wahlen legitimieren, sondern Scharia |
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In dieser Situation erhielt die militärgestützte Übergangsregierung diplomatische Unterstützung der USA, die sich bislang bei der Bewertung zum Sturz des gewählten Präsidenten zurückgehalten hatte.<ref name="Reuters-DE_2013-08-02_MWS">''[http://www.webcitation.org/6KJFIL7kV Muslimbrüder wappnen sich gegen Räumung ihrer Protestcamps]'', Reuters Deutschland, 2. August 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE97104G20130802 Original] am 12. Oktober 2013.</ref> US-Außenminister John Kerry lobte öffentlich den Sturz des ägyptischen Staatspräsidenten und erklärte am 1. August in Pakistan, die ägyptische Armee habe mit der Absetzung Mursis die Demokratie wiederhergestellt. Das Militär habe nicht die Macht übernommen, sondern es habe die Schaffung einer zivilen Übergangsregierung bewirkt.<ref name="BBCNews_2013-08-01_EAR" /><ref name="Reuters-DE_2013-08-02_KDK">''[http://www.webcitation.org/6KJD3KeME Kritik in Deutschland an Kerrys Ägypten-Äußerungen]'', Reuters Deutschland, 2. August 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE97104320130802 Original] am 2. August 2013.</ref><ref name="Reuters-DE_2013-08-02_MWS" /><ref name="Reuters-DE_2013-08-02_MWS" /> Während der außenpolitische Sprecher der FDP, [[Rainer Stinner]], Kerrys Äußerung ein „selektives Demokratieverständnis“ vorwarf und der außenpolitische Sprecher der SPD, [[Rolf Mützenich]] betonte, das Vorgehen der Militärs habe die Lage in Ägypten nicht beruhigt, sondern verschärft, rechtfertigte der außenpolitische Sprecher der CDU, [[Philipp Mißfelder]], die Äußerungen des US-Außenministers: „Ich stimme Kerry zu. Mursi war eine Gefahr für die Stabilität der Region. Sein Antisemitismus war unerträglich“.<ref name="Reuters-DE_2013-08-02_KDK" /><ref name="Reuters_2013-08-04_MAL" /> |
In dieser Situation erhielt die militärgestützte Übergangsregierung diplomatische Unterstützung der USA, die sich bislang bei der Bewertung zum Sturz des gewählten Präsidenten zurückgehalten hatte.<ref name="Reuters-DE_2013-08-02_MWS">''[http://www.webcitation.org/6KJFIL7kV Muslimbrüder wappnen sich gegen Räumung ihrer Protestcamps]'', Reuters Deutschland, 2. August 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE97104G20130802 Original] am 12. Oktober 2013.</ref> US-Außenminister John Kerry lobte öffentlich den Sturz des ägyptischen Staatspräsidenten und erklärte am 1. August in Pakistan, die ägyptische Armee habe mit der Absetzung Mursis die Demokratie wiederhergestellt. Das Militär habe nicht die Macht übernommen, sondern es habe die Schaffung einer zivilen Übergangsregierung bewirkt.<ref name="BBCNews_2013-08-01_EAR" /><ref name="Reuters-DE_2013-08-02_KDK">''[http://www.webcitation.org/6KJD3KeME Kritik in Deutschland an Kerrys Ägypten-Äußerungen]'', Reuters Deutschland, 2. August 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE97104320130802 Original] am 2. August 2013.</ref><ref name="Reuters-DE_2013-08-02_MWS" /><ref name="Reuters-DE_2013-08-02_MWS" /> Während der außenpolitische Sprecher der FDP, [[Rainer Stinner]], Kerrys Äußerung ein „selektives Demokratieverständnis“ vorwarf und der außenpolitische Sprecher der SPD, [[Rolf Mützenich]] betonte, das Vorgehen der Militärs habe die Lage in Ägypten nicht beruhigt, sondern verschärft, rechtfertigte der außenpolitische Sprecher der CDU, [[Philipp Mißfelder]], die Äußerungen des US-Außenministers: „Ich stimme Kerry zu. Mursi war eine Gefahr für die Stabilität der Region. Sein Antisemitismus war unerträglich“.<ref name="Reuters-DE_2013-08-02_KDK" /><ref name="Reuters_2013-08-04_MAL" /> |
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Die Übergangsregierung bestand zwar weiter auf eine Schließung der beiden Protestcamps der Mursi-Anhänger in Kairo, betonte aber, dass sie auf eine Blockade setze und nicht auf eine Stürmung, die ein neues Blutbad auslösen könnte. Nachdem das Militär die Lager offenbar blockiert hat, versprach das Innenministerium den Anhängern Mursis freien Abzug und „eine politische Integration“. Allerdings müssten sich diejenigen verantworten, die Verbrechen begangen hätten. Interimsvizepräsident el-Baradei sagte im Fernsehen: „Es gibt keine Lösung in Ägypten, die sich auf Ausschluss gründen kann. Salafisten, Muslimbruderschaft, Säkulare, Liberale und wer auch immer - wir sind zum Zusammenleben verdammt.“<ref name="Reuters-DE_2013-08-04_EKÄ" /><ref name="Reuters_2013-08-04_MAL" /> |
Die Übergangsregierung bestand zwar weiter auf eine Schließung der beiden Protestcamps der Mursi-Anhänger in Kairo, betonte aber, dass sie auf eine Blockade setze und nicht auf eine Stürmung, die ein neues Blutbad auslösen könnte. Nachdem das Militär die Lager offenbar blockiert hat, versprach das Innenministerium den Anhängern Mursis freien Abzug und „eine politische Integration“. Allerdings müssten sich diejenigen verantworten, die Verbrechen begangen hätten. Interimsvizepräsident el-Baradei sagte im Fernsehen: „Es gibt keine Lösung in Ägypten, die sich auf Ausschluss gründen kann. Salafisten, Muslimbruderschaft, Säkulare, Liberale und wer auch immer - wir sind zum Zusammenleben verdammt.“<ref name="Reuters-DE_2013-08-04_EKÄ" /><ref name="Reuters_2013-08-04_MAL" /> |
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Zudem meldete sich die Extremisten-Organisation Al-Kaida zu dem Konflikt in Ägypten zu Wort und forderte die Muslimbrüder per Internetbotschaft auf, sich für eine Regierung auf Grundlage des islamischen Rechts (Scharia) einzusetzen. Al-Kaida-Chef [[Aiman az-Zawahiri]] verkündete auf dem Hintergrund der Äußerungen von US-Außenminister John Kerry, der den Putsch gegen Mursis als „Wiederherstellung der Demokratie“ verteidigt hatte, die Entwicklungen in Ägypten würden beweisen, dass Demokratie als Weg zur islamischen Herrschaft nicht tauge. Die Legitimität liege nicht in Wahlen und Demokratie sondern in der Scharia.<ref name="Reuters-DE_2013-08-04_EKÄ" /><ref name="Reuters_2013-08-04_MAL" /> |
Zudem meldete sich die Extremisten-Organisation Al-Kaida zu dem Konflikt in Ägypten zu Wort und forderte die Muslimbrüder per Internetbotschaft auf, sich für eine Regierung auf Grundlage des islamischen Rechts (Scharia) einzusetzen. Al-Kaida-Chef [[Aiman az-Zawahiri|Aiman Al-Sawahiri]] verkündete auf dem Hintergrund der Äußerungen von US-Außenminister John Kerry, der den Putsch gegen Mursis als „Wiederherstellung der Demokratie“ verteidigt hatte, die Entwicklungen in Ägypten würden beweisen, dass Demokratie als Weg zur islamischen Herrschaft nicht tauge. Die Legitimität liege nicht in Wahlen und Demokratie sondern in der Scharia.<ref name="Reuters-DE_2013-08-04_EKÄ" /><ref name="Reuters_2013-08-04_MAL" /> |
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=== Blutbad durch Räumung der Protestlager am Rabia-al-Adawija- und Al-Nahda-Platz (14. August) === |
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Am 14. August kam es in Kairo zu Unruhen, die auf ganz Ägypten übergriffen. Seit dem Morgen ging das Militär mit großer Härte gegen die Anhänger der Muslimbrüder vor. Sicherheitskräfte stürmten die beiden Pro-Mursi-Protestlager in Kairo.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-14_ÄVC" /> Der ''Guardian'' nannte die blutige Auflösung der Protestcamps in Kairo ein „Massaker der Sicherheitskräfte an rund 1000 Pro-Mursi-Demonstranten“<ref name="Guardian_2013-09-19_EPS" /> und die schlimmste der drei Massentötungen seit dem Sturz Mursis von Anfang Juli.<ref name="Guardian_2013-08-16_RTB">''[http://www.webcitation.org/6JnqqDAUA Egypt: resentment towards Brotherhood fuels crackdown support]'' (englisch). The Guardian, 16. August 2013, von Ian Black und Patrick Kingsley, archiviert vom [http://www.theguardian.com/world/2013/aug/16/egypt-nationalism-muslim-brotherhood-crackdown Original] am 21. September 2013.</ref> ''Human Rights Watch'' sprach von dem „schlimmsten Ereignis ungesetzlicher Massentötungen in der modernen Geschichte Ägyptens“ und warf den Einsatzkräften vor, gegen die einfachsten internationalen Polizeistandards verstoßen zu haben.<ref name="Zeit-OL_2013-09-23_ÄVA" /> Seit dieser Eskalation erlaubte die militärgestützte Übergangsregierung der Polizei offziell, scharfe Munition einzusetzen, „um sich selbst oder wichtige Regierungsgebäude zu verteidigen“ (taz/afp/dpa).<ref name="taz_2013-10-21_MVK" /> |
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=== Blutbad durch Räumung der Protestlager am R?bi?a al-?Adawiyya- und Al-Nahdha-Platz (14. August) === |
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==== Hergang ==== |
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Im Vorfeld hatte die US-Regierung den Militärcoup nachträglich gebilligt, als die von der Armee installierte Zivilregierung angekündigt hatte, die Zeltlager notfalls mit Gewalt aufzulösen.<ref name="SZ_2013-08-03_UAR" /> Am 11. August hatte die Nachrichtenagentur Reuters die Wahrscheinlichkeit weiteren Blutvergießens angekündigt, da Sicherheits- und Regierungsquellen am 11. August bekanntgaben, dass für den 12. August das Vorgehen der Polizei gegen die Unterstützer Mursis erwartet werde. Noch am 11. August berichtete Reuters über friedliche Protestaktionen der Unterstützer Mursis mit der Forderung der Wiedereinsetzung Mursis als legitimen Präsidenten wie dem Ritt eines Kindes auf einem mit Militärsymbolen und der Beschriftung „Ägyptischer Armeechef General Abdel Fattah al-Sisi“ versehenen Esel über den |
Im Vorfeld hatte die US-Regierung den Militärcoup nachträglich gebilligt, als die von der Armee installierte Zivilregierung angekündigt hatte, die Zeltlager notfalls mit Gewalt aufzulösen.<ref name="SZ_2013-08-03_UAR" /> Am 11. August hatte die Nachrichtenagentur Reuters die Wahrscheinlichkeit weiteren Blutvergießens angekündigt, da Sicherheits- und Regierungsquellen am 11. August bekanntgaben, dass für den 12. August das Vorgehen der Polizei gegen die Unterstützer Mursis erwartet werde. Noch am 11. August berichtete Reuters über friedliche Protestaktionen der Unterstützer Mursis mit der Forderung der Wiedereinsetzung Mursis als legitimen Präsidenten wie dem Ritt eines Kindes auf einem mit Militärsymbolen und der Beschriftung „Ägyptischer Armeechef General Abdel Fattah al-Sisi“ versehenen Esel über den Rabia-al-Adawija-Platz.<ref name"Reuters_2013-08-11">''[http://www.webcitation.org/6JqZ5fLXG A child rides a donkey attached with pictures and with "Egypt's army chief General Abdel Fattah al-Sisi" written on it, at Rabaa Adawiya Square]'' (englisch). Reuters, 11. August 2013, von Amr Abdallah Dalsh/Reuters, archiviert vom der [http://www.trust.org/item/20130811161130-cc002/ Internetversion auf www.trust.org] am 23. September 2013.</ref><ref name="HDN_2013-09-21_EAN">''[http://www.webcitation.org/6JqZJuqmU Egyptian arrested for naming donkey after General al-Sisi]'' (englisch). Hürriyet Daily News, 21. September 2013, archiviert vom [http://www.hurriyetdailynews.com/egyptian-arrested-for-naming-donkey-after-general-al-sisi.aspx?pageID=238&nID=54888&NewsCatID=352 Original] am 23. September 2013.</ref> |
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Am 14. August 2013 räumten Militär und Polizei mit Waffengewalt und schwerem Gerät zwei Protestlager von Anhängern Mursis in Kairo.<ref name="Zeit_2013-08-15_RBM" /> Das erste Protestlager auf dem Al-Nahda-Platz im in [[Gizeh]] gelegenen Stadtteil Dokki wurde von der Polizei am Vormittag innerhalb von drei Stunden mit blutiger Gewalt geräumt.<ref name="standard" /><ref name="Zeit-OL_2013-09-23_ÄVA" /> |
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Auch das zweite und größere Lager vor der [[Rabia-al-Adawija-Moschee (Kairo)|Rabia-al-Adawija-Moschee]] in [[Nasr City|Nasr-City]] wurde bis zum Abend vollständig mit entsprechender Brutalität geräumt.<ref name="standard" /><ref name="Zeit-OL_2013-09-23_ÄVA">''[http://www.webcitation.org/6JtJIotRr Ägypten - Versöhnung ausgeschlossen]'', Zeit Online, 23. September 2013, von Martin Gehlen, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-09/aegypten-verbot-muslimbruderschaft Original] am 25. September 2013.</ref> Die Protestteilnehmer wehrten sich mit Knüppeln, Steinen und Macheten gegen die angreifenden Sicherheitskräfte und schossen Feuerwerkskörper auf die anrückenden Truppen.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-14_ÄVC" /> |
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Augenzeugenberichten zufolge sollen die Sicherheitskräfte angeblich das Feldlazarett der Demonstranten in Brand gesetzt haben, wobei einige Menschen verbrannt seien.<ref name="Guardian_2013-08-14_CDS">''[http://www.webcitation.org/6KP1M285P Cairo doctors struggle to treat Morsi supporters during bloody crackdown]'' (englisch). The Guardian, 14. August 2013, von Patrick Kingsley, archiviert vom [http://www.theguardian.com/world/2013/aug/14/cairo-doctors-morsi-hospitals Original] am 16. Oktober 2013.</ref> |
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Nach Augenzeugenberichten von vor Ort befindlichen Journalisten schoss die Militärpolizei bei der Räumung der Lager mit scharfer Munition auf die Protestierenden.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-14_ÄVC" /><ref name="FAZ-NET_2013-08-14_HTÄ" /> Bewaffnete Kräfte feuerten auch von Häuserdächern aus in die Menge.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-14_ÄVC" /> Die Regierung versicherte dagegen noch am 14. August, die Sicherheitskräfte hätten nur Tränengas und Gummigeschosse eingesetzt.<ref name="FAZ-NET_2013-08-14_HTÄ">[http://www.webcitation.org/6Iz7CO8o7 ''Hunderte Tote in Ägypten – Vizepräsident El Baradei tritt zurück''], FAZ.NET (Frankfurter Allgemeine Zeitung), 14. August 2013, von Christoph Ehrhardt, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afrika/hunderte-tote-in-aegypten-vizepraesident-el-baradei-tritt-zurueck-12531236.html Original] am 19. August 2013.</ref> |
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Zusätzlich zum Schusswaffeneinsatz setzten die Sicherheitskräfte Tränengas ein, rückten mit Bulldozern und gepanzerten Fahrzeugen auf die Zeltstädte vor<ref name="Spiegel-OL_2013-08-14_ÄVC" /> und zerstörten von den Demonstranten errichtete Barrikaden.<ref>[http://www.welt.de/politik/ausland/article118999574/Mehrere-Tote-bei-Raeumung-von-Protestlagern-in-Kairo.html ''Mehrere Tote bei Räumung von Protestlagern in Kairo''], Die Welt, 14. August 2013</ref> |
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Nachdem das Protestlager am Al-Nahda-Platz nahe der Universität von Kairo aufgelöst worden war, zogen Mursi-Anhänger zum Kairoer Oberschichtviertel Mohandesin und versammelten sich vor der Mustafa-Mahmud-Moschee.<ref name="FAZ_2013-08-15_ÄIT" /> Medienberichten zufolge wollten Muslimbrüder dort auf dem Mustafa-Mahmud-Platz ein neues Protestlager errichten. Auch dort versuchen Sicherheitskräfte, die Menge mit Gewalt zu vertreiben. Augenzeugenberichten nach versuchten auch Bewohner des Stadtteils, eine neue Zeltstadt dort zu verhindern. Die Moderatoren des Staatsfernsehens riefen die Bürger auf, sich im ganzen Land den Muslimbrüdern entgegenzustellen.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-14_ÄVC">''[http://www.webcitation.org/6KU7ZsaOW Armee gegen Muslimbrüder: Ägypten versinkt im Chaos]'', Spiegel-Online, 14, Augst 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/in-aegypten-weiten-sich-zusammenstoesse-zwischen-armee-und-islamisten-aus-a-916536.html Original] am 19. Oktober 2013.</ref> Es kam zu heftigen Zusammenstößen und Feuergefechten. Hastig wurden Barrikaden errichtet und Demonstranten, die Wurfgeschosse benötigten, rissen den Asphalt auf.<ref name="FAZ_2013-08-15_ÄIT">''[http://www.webcitation.org/6KU5GvvMe Ägypten - In Trümmern]'', 15. August 2013, von Christoph Ehrhardt, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afrika/aegypten-in-truemmern-12534004.html Original] am 19. Oktober 2013.</ref> |
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Auch in anderen ägyptischen Orten lieferten sich Sicherheitskräfte Zusammenstöße mit Anhängern des gestürzten Präsidenten Mursi. Die Muslimbrüder riefen ihre Unterstützer zu Protesten in ganz Ägypten auf. In Alexandria, in Sues und in Port Said wurde geschossen. In der Provinz Fayum im Südwesten Kairos wurden bei Zusammenstößen nach Krankenhausangaben mindestens neun Menschen getötet. In mehreren Städten griffen Mursi-Anhänger Verwaltungsgebäude und Polizeiwachen an.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-14_ÄVC" /> |
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Das öffentliche Leben soll fast überall in Ägypten zum Erliegen gekommen sein. Der Zugverkehr von und nach Kairo wurde unterbrochen, wichtige Straßen abgeriegelt. Auch die Straße zwischen dem Kairoer Stadtzentrum und Flughafen wurde zwischenzeitlich gesperrt. Die Armee wollte damit verhindern, dass weitere Mursi-Unterstützer nach Kairo gelangen konnten.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-14_ÄVC" /> |
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Am 14. August 2013 räumten Militär und Polizei mit Waffengewalt und schwerem Gerät zwei Protestlager von Anhängern Mursis in Kairo.<ref name="Zeit_2013-08-15_RBM" /> Das erste Protestlager auf dem Al-Nahdha-Platz im in [[Gizeh]] gelegenen Stadtteil Dokki wurde von der Polizei am Vormittag innerhalb von drei Stunden mit blutiger Gewalt geräumt. Auch das zweite und größere Lager vor der [[R?bi?a al-?Adawiyya-Moschee (Kairo)|R?bi?a al-?Adawiyya-Moschee]] in [[Nasr City|Nasr-City]] wurde bis zum Abend vollständig mit entsprechender Brutalität geräumt.<ref name="standard" /><ref name="Zeit-OL_2013-09-23_ÄVA">''[http://www.webcitation.org/6JtJIotRr Ägypten - Versöhnung ausgeschlossen]'', Zeit Online, 23. September 2013, von Martin Gehlen, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-09/aegypten-verbot-muslimbruderschaft Original] am 25. September 2013.</ref> Entgegen Augenzeugenberichten, nach denen bei der Räumung der Lager scharfe Munition verwendet worden war, versicherte die Regierung noch am 14. August, die Sicherheitskräfte hätten nur Tränengas und Gummigeschosse eingesetzt.<ref name="FAZ.NET_2013-08-14_HTÄ">[http://www.webcitation.org/6Iz7CO8o7 ''Hunderte Tote in Ägypten – Vizepräsident El Baradei tritt zurück''], FAZ.NET (Frankfurter Allgemeine Zeitung), 14. August 2013, von Christoph Ehrhardt, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afrika/hunderte-tote-in-aegypten-vizepraesident-el-baradei-tritt-zurueck-12531236.html Original] am 19. August 2013.</ref> Die Übergangsregierung lobte die Polizei für die Einsätze und „Zurückhaltung“.<ref name="Zeit_2013-08-15_RBM" /><ref name="FAZ.NET_2013-08-14_HTÄ" /> |
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==== Opfer ==== |
==== Opfer ==== |
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[[Datei:Rabaa al-Adawiya.png|mini| |
[[Datei:Rabaa al-Adawiya.png|mini|Rabia-al-Adawija in Nasr-City am 14. August 2013]] |
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Bei der gewaltsamen Intervention wurden mindestens Hunderte von Menschen getötet: Laut Regierungsangaben vom 15. August waren 638 Tote und mehr als 4.200 Verletzte zu beklagen.<ref name="Zeit_2013-08-15_RBM" /> Medienberichten zufolge wurden die meisten durch gezielte Schüsse von Scharfschützen erschossen.<ref name="Zeit-OL_2013-09-23_ÄVA" /> nach Nach Angaben der Muslimbruderschaft soll die Anzahl der Toten 2.000 überschreiten.<ref name="Zeit_2013-08-15_RBM">[http://www.webcitation.org/6Iv4R38VA ''Ausnahmezustand in Ägypten – Regierung bestätigt mehr als 600 Tote''], Zeit Online, 15. August 2013, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-08/gewalt-aegypten-tote-muslimbrueder-mursi Original] am 16. August 2013.</ref> Spätere westliche Medienberichte geben eine Anzahl von mindestens 900 (Matthias Gebauer/''Der Spiegel'' am 23. August 2013 und Najima El Moussaoui/Deutsche Welle am 9. September 2013) oder rund 1000 (Patrick Kingsley/''The Guardian'' am 19. September 2013) getöteten pro-Mursi-Demonstranten bei dem Sturm der Sicherheitskräfte auf die Protestcamps in Kairo am 14. August an.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-23_KAV" /><ref name="DW_2013-09-02_SEA" /><ref name="Guardian_2013-09-19_EPS">''[http://www.webcitation.org/6Jnnf5h1e Egyptian police storm second Islamist stronghold]'' (englisch). The Guardian, von Patrick Kingsley, archiviert vom [http://www.theguardian.com/world/2013/sep/19/egyptian-police-officer-killed-kerdasah-morsi Original] am 21. September 2013.</ref><ref name="Guardian_2013-10-06_CUC" /> |
Bei der gewaltsamen Intervention wurden mindestens Hunderte von Menschen getötet: Laut Regierungsangaben vom 15. August waren 638 Tote und mehr als 4.200 Verletzte zu beklagen.<ref name="Zeit_2013-08-15_RBM" /> Medienberichten zufolge wurden die meisten durch gezielte Schüsse von Scharfschützen erschossen.<ref name="Zeit-OL_2013-09-23_ÄVA" /> nach Nach Angaben der Muslimbruderschaft soll die Anzahl der Toten 2.000 überschreiten.<ref name="Zeit_2013-08-15_RBM">[http://www.webcitation.org/6Iv4R38VA ''Ausnahmezustand in Ägypten – Regierung bestätigt mehr als 600 Tote''], Zeit Online, 15. August 2013, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-08/gewalt-aegypten-tote-muslimbrueder-mursi Original] am 16. August 2013.</ref> Spätere westliche Medienberichte geben eine Anzahl von mindestens 900 (Matthias Gebauer/''Der Spiegel'' am 23. August 2013 und Najima El Moussaoui/Deutsche Welle am 9. September 2013) oder rund 1000 (Patrick Kingsley/''The Guardian'' am 19. September 2013) getöteten pro-Mursi-Demonstranten bei dem Sturm der Sicherheitskräfte auf die Protestcamps in Kairo am 14. August an.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-23_KAV" /><ref name="DW_2013-09-02_SEA" /><ref name="Guardian_2013-09-19_EPS">''[http://www.webcitation.org/6Jnnf5h1e Egyptian police storm second Islamist stronghold]'' (englisch). The Guardian, von Patrick Kingsley, archiviert vom [http://www.theguardian.com/world/2013/sep/19/egyptian-police-officer-killed-kerdasah-morsi Original] am 21. September 2013.</ref><ref name="Guardian_2013-10-06_CUC" /> |
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Die Regierungsangaben zur Zahl der Toten wichen von Beginn an stark von denen der Muslimbrüder ab und wurden in den folgenden zwei Tagen schrittweise und beträchtlich erhöht. Während Innen- und Gesundheitsministerium am Abend des 14. August noch 278 Tote, darunter 43 Polizisten, und 1.403 Verletzte angaben, sprachen die Muslimbrüder an diesem Tag bereits von 2.200 Toten und etwa 10.000 Verletzten.<ref name="tagessschau-de_2013-08-14">[http://www.webcitation.org/6Iw7K2pfh ''Eskalation der Gewalt – Ägypten im Ausnahmezustand''], tagesschau.de, 14. August 2013, archiviert vom [http://www.tagesschau.de/ausland/aegypten1830.html Original] am 17. August 2013.</ref><ref name="Ehrhardt" /> Am 15. August meldeten Medien als Regierungsangabe bereits mehr als 500 Tote, während ein Sprecher der Muslimbruderschaft 4.500 Tote angegeben habe.<ref name="FAZ-NET_2013-08-15">[http://www.webcitation.org/6Iw8dgGyG ''Ägypten im Ausnahmezustand – Muslimbrüder demonstrieren auch nach dem Massaker weiter''], FAZ.NET (Frankfurter Allgemeine Zeitung), 15. August 2013, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/aegypten-im-ausnahmezustand-muslimbrueder-demonstrieren-auch-nach-dem-massaker-weiter-12532848.html Original] am 17. August 2013.</ref> |
Die Regierungsangaben zur Zahl der Toten wichen von Beginn an stark von denen der Muslimbrüder ab und wurden in den folgenden zwei Tagen schrittweise und beträchtlich erhöht. Während Innen- und Gesundheitsministerium am Abend des 14. August noch 278 Tote, darunter 43 Polizisten, und 1.403 Verletzte angaben, sprachen die Muslimbrüder an diesem Tag bereits von 2.200 Toten und etwa 10.000 Verletzten.<ref name="tagessschau-de_2013-08-14">[http://www.webcitation.org/6Iw7K2pfh ''Eskalation der Gewalt – Ägypten im Ausnahmezustand''], tagesschau.de, 14. August 2013, archiviert vom [http://www.tagesschau.de/ausland/aegypten1830.html Original] am 17. August 2013.</ref><ref name="Ehrhardt" /> Am 15. August meldeten Medien als Regierungsangabe bereits mehr als 500 Tote, während ein Sprecher der Muslimbruderschaft 4.500 Tote angegeben habe.<ref name="FAZ-NET_2013-08-15">[http://www.webcitation.org/6Iw8dgGyG ''Ägypten im Ausnahmezustand – Muslimbrüder demonstrieren auch nach dem Massaker weiter''], FAZ.NET (Frankfurter Allgemeine Zeitung), 15. August 2013, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/aegypten-im-ausnahmezustand-muslimbrueder-demonstrieren-auch-nach-dem-massaker-weiter-12532848.html Original] am 17. August 2013.</ref> |
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Am Rabia-al-Adawija-Platz befand sich unter den Toten auch die in die Brust und in den Rücken geschossene, 17-jährige Tochter von [[Mohamed al-Beltagi]], Generalsekretär der [[Freiheits- und Gerechtigkeitspartei]], dem politischen Arm der Muslimbruderschaft.<ref name="AA_2013-08-14_DMB">[http://www.webcitation.org/6KU8lMeoe ''Daughter of Muslim Brotherhood leader Beltagi killed in Rabaa''] (englisch). Anadolu Agency, 14. August 2013, archiviert vom [http://www.aa.com.tr/en/news/215271--s Original] am 19. Oktober 2013.</ref><ref name="Spiegel-OL_2013-08-14_ÄVC" /> Besondere Resonanz rief die Tötung der jungen [[Asma al-Beltagi]] durch die ägyptischen Sicherheitskräfte in der türkischen Öffentlichkeit hervor, wo sich der türkische Ministerpräsident [[Recep Tayyip Erdo?an]] am 22. August in einer live auf Ülke TV ausgestrahlten Sendung zu Tränen gerührt zeigte, als eine Videoaufzeichnung abgespielt wurde, in der ein Brief von Asmas Vater, Mohamed al-Beltagi, verlesen wurde.<ref name="HDN_2013-08-22_TPE">''[http://www.webcitation.org/6KUB4R5zk Turkish PM Erdo?an sheds tears on TV over Egyptian father's letter to slain young girl]'' (englisch). Hürriyet Daily News, 22. August 2013, archiviert vom [http://www.hurriyetdailynews.com/turkish-pm-erdogan-sheds-tears-on-tv-over-egyptian-fathers-letter-to-slain-young-girl.aspx?PageID=238&NID=53078&NewsCatID=338 Original] am 19. Oktober 2013.</ref> |
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Am R?bi?a-Platz befand sich unter den Toten die Tochter des stellvertretenden [[Muslimbrüder]]führers [[Mohamed al-Beltagi]].<ref>[http://www.aa.com.tr/en/news/215271--s ''Daughter of Muslim Brotherhood leader Beltagi killed in Rabaa'']</ref> Im Staatsfernsehen war zu sehen, wie Bulldozer von den Demonstranten errichtete Barrikaden zerstörten.<ref>[http://www.welt.de/politik/ausland/article118999574/Mehrere-Tote-bei-Raeumung-von-Protestlagern-in-Kairo.html ''Mehrere Tote bei Räumung von Protestlagern in Kairo''], Die Welt, 14. August 2013</ref> |
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Medienberichten zufolge griffen ägyptische Sicherheitskräfte im Zuge der Räumung auch mehrere internationale Journalisten gezielt an und töteten einige.<ref name="Spiegel_2013-08-14_ESJ">[http://www.webcitation.org/6Iv4XoUM5 ''Erschossener Sky-Journalist in Kairo: Jagd auf unliebsame Zeugen''], Der Spiegel, von Ulrike Putz, 14. August 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/gewalt-in-kairo-kameramann-von-sky-news-erschossen-a-916662.html Original] am 16. August 2013.</ref><ref name="Zeit-OL_2013-08-15_JSG">[http://www.webcitation.org/6Iv4cxmN9 ''Journalisten sollen gezielt getötet worden sein''], Zeit Online, 15. August 2013, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-08/aegypten-journalisten#article-editor-create-link Original] am 16. August 2013.</ref> |
Medienberichten zufolge griffen ägyptische Sicherheitskräfte im Zuge der Räumung auch mehrere internationale Journalisten gezielt an und töteten einige.<ref name="Spiegel_2013-08-14_ESJ">[http://www.webcitation.org/6Iv4XoUM5 ''Erschossener Sky-Journalist in Kairo: Jagd auf unliebsame Zeugen''], Der Spiegel, von Ulrike Putz, 14. August 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/gewalt-in-kairo-kameramann-von-sky-news-erschossen-a-916662.html Original] am 16. August 2013.</ref><ref name="Zeit-OL_2013-08-15_JSG">[http://www.webcitation.org/6Iv4cxmN9 ''Journalisten sollen gezielt getötet worden sein''], Zeit Online, 15. August 2013, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-08/aegypten-journalisten#article-editor-create-link Original] am 16. August 2013.</ref> |
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In Kairo legte am 19. September der Fund zwei selbstgebaute Sprengsätze an einem Bahnhof im Süden der Stadt den U-Bahnverkehr nahezu vollständig lahm.<ref name="Focus-OL_2013-09-19_BAG">''[http://www.webcitation.org/6Jo4JrmFm Gewalt in Ägypten - Bomben auf dem Gleis: U-Bahnen in Kairo gestoppt]'', Focus Online, 19. September 2013, archiviert vom [http://www.focus.de/politik/ausland/krise-in-der-arabischen-welt/aegypten/gewalt-in-aegypten-bomben-auf-dem-gleis-u-bahnen-in-kairo-gestoppt_aid_1105493.html Original] am 21. September 2013.</ref><ref name="Guardian_2013-09-19_EPS" /> |
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==== Reaktionen ==== |
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[[Datei:Curfew08142013.png|mini|Landesteile, über die seit dem 14. August 2013 eine einmonatige nächtliche Ausgangssperre verhängt wurde.]] |
[[Datei:Curfew08142013.png|mini|Landesteile, über die seit dem 14. August 2013 eine einmonatige nächtliche Ausgangssperre verhängt wurde.]] |
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Die Übergangsregierung lobte die Polizei für die Einsätze und „Zurückhaltung“.<ref name="Zeit_2013-08-15_RBM" /><ref name="FAZ-NET_2013-08-14_HTÄ" /> Bereits am Mittag des 14. August wandte sich Übergangs-Premierminister Hasim al-Beblawi an die ägyptische Bevälkerung und lobte das Innenministerium für das Verhalten der Sicherheitskräfte. Die Polizei habe Zurückhaltung gezeigt. Zugleich warnte drohte er, dass seine Übergangsregierung rücksichtslos gegen Provokateure vorgehen werde.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-14_ÄVC" /> |
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Ahmed al-Tayeb distanzierte sich als Imam der Azhar-Universität zurückhaltend vom Vorgehen der Regierung. Er sagte in einer Audiobotschaft, die im Staatsfernsehen ausgestrahlt wurde, er habe nicht gewusst, dass die Sicherheitskräfte die Proteste am Mittwoch auflösen würden. Er verurteilte das Blutvergießen und forderte ein Ende der Zusammenstöße.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-14_ÄVC" /> |
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Dem von den Sicherheitskräften an den Massen von pro-Mursi-Demonstranten am 14. August verübten Blutbad folgten später am selben Tag in mehreren ägyptischen Städten Vergeltungsangriffe an der Polizei durch radikale Islamisten, die die Kontrolle in diesen Städten übernahmen. In Kerdasa, das von einigen der schlimmsten dieser Angriffe betroffen war, wurde ein Polizeirevier gestürmt und elf Polizisten getötet und verschandelt. Offenbar mit Mobiltelefonen aufgenommene und ins Internet gestellte Videos zeigten getötete Polizisten mit durchschnittenen Kehlen.<ref name="Süddeutsche-de_2013-09-21_SDV">''[http://www.webcitation.org/6Jo1cyMuh Ägypten - Stunde der Vergeltung]'', Süddeutsche.de, 21. September 2013, von Tomas Avenarius, archiviert vom [http://www.sueddeutsche.de/politik/aegypten-stunde-der-vergeltung-1.1776762 Original] am 21. September 2013.</ref><ref name="Guardian_2013-09-19_EPS" /> |
Dem von den Sicherheitskräften an den Massen von pro-Mursi-Demonstranten am 14. August verübten Blutbad folgten später am selben Tag in mehreren ägyptischen Städten Vergeltungsangriffe an der Polizei durch radikale Islamisten, die die Kontrolle in diesen Städten übernahmen. In Kerdasa, das von einigen der schlimmsten dieser Angriffe betroffen war, wurde ein Polizeirevier gestürmt und elf Polizisten getötet und verschandelt. Offenbar mit Mobiltelefonen aufgenommene und ins Internet gestellte Videos zeigten getötete Polizisten mit durchschnittenen Kehlen.<ref name="Süddeutsche-de_2013-09-21_SDV">''[http://www.webcitation.org/6Jo1cyMuh Ägypten - Stunde der Vergeltung]'', Süddeutsche.de, 21. September 2013, von Tomas Avenarius, archiviert vom [http://www.sueddeutsche.de/politik/aegypten-stunde-der-vergeltung-1.1776762 Original] am 21. September 2013.</ref><ref name="Guardian_2013-09-19_EPS" /> |
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Die Europäische Union verurteilte die Eskalation der Gewalt in Ägypten scharf und rief die Sicherheitskräfte zur Mäßigung auf. Die Rechte aller Bürger auf Meinungsäußerung und friedlichen Protest müssten gewahrt bleiben, verlangte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton in Brüssel.<ref>[http://www.br.de/nachrichten/aegypten-protest-mursi-100.html ''Ägypten versinkt in Gewalt''], Bayerischer Rundfunk, 17. August 2013</ref> Auch die USA verurteilten die Gewalt gegen die Demonstranten aufs Schärfste. „Wir haben das ägyptische Militär und die Sicherheitskräfte mehrfach dazu aufgefordert, sich zurückzuhalten und die Rechte seiner Bürger zu achten“, sagte ein Sprecher des Weißen Hauses in Washington. Durch das harte Eingreifen werde die „Stabilität in der Region gefährdet“.<ref>[http://www.spiegel.de/politik/ausland/gewalt-in-aegypten-eskaliert-elbaradei-tritt-zurueck-viele-tote-a-916646.html ''Staatskrise: Notstand in Ägypten – Hunderte Tote – ElBaradei tritt zurück'']. In: Spiegel Online vom 14. August 2013, abgerufen am 15. August 2013</ref> |
Die Europäische Union verurteilte die Eskalation der Gewalt in Ägypten scharf und rief die Sicherheitskräfte zur Mäßigung auf. Die Rechte aller Bürger auf Meinungsäußerung und friedlichen Protest müssten gewahrt bleiben, verlangte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton in Brüssel.<ref>[http://www.br.de/nachrichten/aegypten-protest-mursi-100.html ''Ägypten versinkt in Gewalt''], Bayerischer Rundfunk, 17. August 2013</ref> Auch die USA verurteilten die Gewalt gegen die Demonstranten aufs Schärfste. „Wir haben das ägyptische Militär und die Sicherheitskräfte mehrfach dazu aufgefordert, sich zurückzuhalten und die Rechte seiner Bürger zu achten“, sagte ein Sprecher des Weißen Hauses in Washington. Durch das harte Eingreifen werde die „Stabilität in der Region gefährdet“.<ref>[http://www.spiegel.de/politik/ausland/gewalt-in-aegypten-eskaliert-elbaradei-tritt-zurueck-viele-tote-a-916646.html ''Staatskrise: Notstand in Ägypten – Hunderte Tote – ElBaradei tritt zurück'']. In: Spiegel Online vom 14. August 2013, abgerufen am 15. August 2013</ref> |
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Während sich die koptische Kirche demonstrativ hinter das Vorgehen von Polizei und Militär stellte<ref name="BZ_2013-08-17_TDZ" /><ref name="Welt_2013-08-17_ÄPA" /> und auch ein deutscher Vertreter der katholischen Gemeinde in Kairo das Vorgehen der ägyptischen Sicherheitskräfte öffentlich im deutschen Fernsehen verteidigte,<ref name="ZDF-heute-journal_2013-08-15_21-45_Schroedl" /> berichtete die ''Washington Post'' am 16. August, laut Darstellung des [[EU-Sonderbeauftragter|EU-Sonderbeauftragten]] [[Bernardino León]]s habe nach Ansicht der US-Regierung zwei Wochen vor dem Blutbad die greifbare Möglichkeit eines Friedensabkommens von Muslimbrüdern und Übergangsregierung bestanden. Dieses sei jedoch am Widerstand der militärgestützten Übergangsregierung unter Sisi gescheitert, die stattdessen die blutige Beendigung der Protestlager befohlen hatte.<ref name="WashingtonPost_2013-08-16_UAW">''[http://www.webcitation.org/6J4IafUQb U.S., allies were near a deal for peaceful end to Egypt crisis]'' (englisch). The Washington Post, 16. August 2013, von Anne Gearan und Colum Lynch, archiviert vom [http://articles.washingtonpost.com/2013-08-16/world/41417378_1_muslim-brotherhood-mohamed-morsi-government-crackdown Original] am 22. August 2013.</ref><ref name="Tages-Anzeiger_2013-08-20">[http://www.webcitation.org/6J0tTrsdl ''Das Friedensabkommen scheiterte an al-Sisi''], Tages-Anzeiger, 17. August 2008, archiviert vom [http://www.tagesanzeiger.ch/ausland/naher-osten-und-afrika/Das-Friedensabkommen-scheiterte-an-alSisi/story/26748802 Original] am 20. August 2012.</ref><ref name="Gulfnews-com_2013-08">[http://www.webcitation.org/6J0u2snks ''General Abdul Fattah Al Sissi accused of rejecting Egypt peace deal''] (englisch). Gulfnews.com, von Anne Gearan und Colum Lynch, archiviert vom [http://gulfnews.com/news/region/egypt/general-abdul-fattah-al-sissi-accused-of-rejecting-egypt-peace-deal-1.1221297 Original] am 20. August 2013.</ref> Der US-Senator [[Lindsey Graham]], der Anfang August mit seinem Kollegen [[John McCain]] zu einem Gespräch bei Armeechef Sisi gewesen war, gab nun an, Sisi, der für die Absetzung des gewählten ägyptischen Präsidenten Mursis von den USA zuvor gelobt worden war, habe auf ihn den Eindruck gemacht, sich in einem „Machtrausch“ zu befinden. Den Ministerpräsidenten der Übergangsregierung Hazem Beblawi bezeichnete Graham als „Katastrophe“.<ref name="FAZ_2013-08-18_AKH" /><ref name="TNYT_2013-08-17_HAH">''[http://www.webcitation.org/6J4HR9yNe How American Hopes for a Deal in Egypt Were Undercut]'' (englisch). The New York Times, 17. August 2013, von David D. Kirkpatrick, Peter Baker und Michael R. Gordon, archiviert vom [http://www.nytimes.com/2013/08/18/world/middleeast/pressure-by-us-failed-to-sway-egypts-leaders.html?pagewanted=all Original] am 22. August 2013.</ref> Beblawi habe Verhandlungen mit den Muslimbrüdern strikt abgelehnt. Durch Bruch vorher getätigter Absprachen mit den Muslimbrüdern habe die ägyptische Führung die um Vermittlung bemühten US- und europäischen Politiker vor den Muslimbrüdern so düpiert, dass eine Erklärung zum Gewaltverzicht nicht mehr durchzusetzen gewesen sei. Zudem verdächtigten US-Diplomaten Vertreter der [[Vereinigte Arabische Emirate|Vereinigten Arabischen Emirate]], der ägyptischen Führung eine Belohnung für die Vernichtung der Muslimbrüder versprochen zu haben. Auch Israel werde von Seiten politischer Kreise in [[Washington, D.C.|Washington]] eines „doppelten Spieles“ verdächtigt. Die israelische Regierung und entsprechende [[Lobbyismus|Lobbygruppen]] im [[Kongress der Vereinigten Staaten|US-Kongress]] hatten zuvor die US-Regierung aufgefordert, die US-amerikanische Unterstützung für die Führung des ägyptischen Militärcoups aufrechtzuerhalten.<ref name="FAZ_2013-08-18_AKH">[http://www.webcitation.org/6J0vrv0mU ''Amerika und Ägypten – Am kürzeren Hebel''], Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18. August 2013, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/amerika/amerika-und-aegypten-am-kuerzeren-hebel-12537107.html Original] am 20. August 2013.</ref> |
Während sich die koptische Kirche demonstrativ hinter das Vorgehen von Polizei und Militär stellte<ref name="BZ_2013-08-17_TDZ" /><ref name="Welt_2013-08-17_ÄPA" /> und auch ein deutscher Vertreter der katholischen Gemeinde in Kairo das Vorgehen der ägyptischen Sicherheitskräfte öffentlich im deutschen Fernsehen verteidigte,<ref name="ZDF-heute-journal_2013-08-15_21-45_Schroedl" /> berichtete die ''Washington Post'' am 16. August, laut Darstellung des [[EU-Sonderbeauftragter|EU-Sonderbeauftragten]] [[Bernardino León]]s habe nach Ansicht der US-Regierung zwei Wochen vor dem Blutbad die greifbare Möglichkeit eines Friedensabkommens von Muslimbrüdern und Übergangsregierung bestanden. Dieses sei jedoch am Widerstand der militärgestützten Übergangsregierung unter Sisi gescheitert, die stattdessen die blutige Beendigung der Protestlager befohlen hatte.<ref name="WashingtonPost_2013-08-16_UAW">''[http://www.webcitation.org/6J4IafUQb U.S., allies were near a deal for peaceful end to Egypt crisis]'' (englisch). The Washington Post, 16. August 2013, von Anne Gearan und Colum Lynch, archiviert vom [http://articles.washingtonpost.com/2013-08-16/world/41417378_1_muslim-brotherhood-mohamed-morsi-government-crackdown Original] am 22. August 2013.</ref><ref name="Tages-Anzeiger_2013-08-20">[http://www.webcitation.org/6J0tTrsdl ''Das Friedensabkommen scheiterte an al-Sisi''], Tages-Anzeiger, 17. August 2008, archiviert vom [http://www.tagesanzeiger.ch/ausland/naher-osten-und-afrika/Das-Friedensabkommen-scheiterte-an-alSisi/story/26748802 Original] am 20. August 2012.</ref><ref name="Gulfnews-com_2013-08">[http://www.webcitation.org/6J0u2snks ''General Abdul Fattah Al Sissi accused of rejecting Egypt peace deal''] (englisch). Gulfnews.com, von Anne Gearan und Colum Lynch, archiviert vom [http://gulfnews.com/news/region/egypt/general-abdul-fattah-al-sissi-accused-of-rejecting-egypt-peace-deal-1.1221297 Original] am 20. August 2013.</ref> |
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Datei:John McCain official photo portrait-cropped-background edit.JPG|[[John McCain]]: forderte früh Militärhilfe-Stopp<ref name="VOA_2013-07-07_EAM" /> |
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Datei:Lindsey Graham 113th Congress.jpg|[[Lindsey Graham]]: Sisi „machttrunken“, Beblawi „ein Disaster“<ref name="FAZ_2013-08-18_AKH" /><ref name="TNYT_2013-08-17_HAH" /> |
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Der US-Senator [[Lindsey Graham]], der Anfang August mit seinem Kollegen [[John McCain]] zu einem Gespräch bei Armeechef Sisi gewesen war, gab nun an, Sisi, der für die Absetzung des gewählten ägyptischen Präsidenten Mursis von den USA zuvor gelobt worden war, habe auf ihn den Eindruck gemacht, sich in einem „Machtrausch“ zu befinden. Den Ministerpräsidenten der Übergangsregierung Hazem Beblawi bezeichnete Graham als „Katastrophe“.<ref name="FAZ_2013-08-18_AKH" /><ref name="TNYT_2013-08-17_HAH">''[http://www.webcitation.org/6J4HR9yNe How American Hopes for a Deal in Egypt Were Undercut]'' (englisch). The New York Times, 17. August 2013, von David D. Kirkpatrick, Peter Baker und Michael R. Gordon, archiviert vom [http://www.nytimes.com/2013/08/18/world/middleeast/pressure-by-us-failed-to-sway-egypts-leaders.html?pagewanted=all Original] am 22. August 2013.</ref> Beblawi habe Verhandlungen mit den Muslimbrüdern strikt abgelehnt. Durch Bruch vorher getätigter Absprachen mit den Muslimbrüdern habe die ägyptische Führung die um Vermittlung bemühten US- und europäischen Politiker vor den Muslimbrüdern so düpiert, dass eine Erklärung zum Gewaltverzicht nicht mehr durchzusetzen gewesen sei. Zudem verdächtigten US-Diplomaten Vertreter der [[Vereinigte Arabische Emirate|Vereinigten Arabischen Emirate]], der ägyptischen Führung eine Belohnung für die Vernichtung der Muslimbrüder versprochen zu haben. Auch Israel werde von Seiten politischer Kreise in [[Washington, D.C.|Washington]] eines „doppelten Spieles“ verdächtigt. Die israelische Regierung und entsprechende [[Lobbyismus|Lobbygruppen]] im [[Kongress der Vereinigten Staaten|US-Kongress]] hatten zuvor die US-Regierung aufgefordert, die US-amerikanische Unterstützung für die Führung des ägyptischen Militärcoups aufrechtzuerhalten.<ref name="FAZ_2013-08-18_AKH">[http://www.webcitation.org/6J0vrv0mU ''Amerika und Ägypten – Am kürzeren Hebel''], Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18. August 2013, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/amerika/amerika-und-aegypten-am-kuerzeren-hebel-12537107.html Original] am 20. August 2013.</ref> |
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Laut ''Guardian'' verurteilte das „internationale Komitee“ das Massaker, im Gegensatz zu seiner verhältnismäßiger Stille gegenüber den zwei ähnlichen Massentötungen der vorangegangenen Wochen nahe dem Rabia-al-Adawija.<ref name="Guardian_2013-08-15_BPU">''[http://www.webcitation.org/6Jnso2rUO Egypt crackdown: bodies pile up as families grieve amid the slaughter]'' (englisch). The Guardian, 15. August 2013, von Patrick Kingsley, archiviert vom [http://www.theguardian.com/world/2013/aug/15/egypt-crackdown-bodies-families-grieve Original] am 21. September 2013.</ref> |
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Laut ''New York Times'' sahen Analysten in der Attacke der Sicherheitskräfte das deutlichste Zeichen dafür, dass der ägyptische Polizeistaat wieder mit voller Gewalt erschien. Emad Shahin, Politikwissenschaftler an der [[American University in Cairo]], sagte, man erlebe „den Beginn einer systematischen Bekämpfung [systematic crackdown] der Muslimbruderschaft, anderer Islamisten und anderer Opponenten des Militärcoups.“ „Am Ende“, so Shahin, „wird der Westen die siegende Seite unterstützen.“<ref name="NYT_2013-08-14_2013-08-15-HDA">''[http://www.webcitation.org/6KJ0cpxWz Hundreds Die as Egyptian Forces Attack Islamist Protesters]'' (englisch). The New York Times, 14. August 2013 (korrigierte Version vom 15. August 2013), von David D. Kirkpatrick (Mitarbeit: Mayy El Sheikh, Alan Cowell), archiviert vom [http://www.nytimes.com/2013/08/15/world/middleeast/egypt.html?pagewanted=all Original] am 12. Oktober 2013.</ref> |
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Der ''Guardian'' nannte die blutige Auflösung der Protestcamps am 14. August in Kairo ein „Massaker der Sicherheitskräfte an rund 1000 Pro-Mursi-Demonstranten“<ref name="Guardian_2013-09-19_EPS" /> und als die schlimmste der drei Massentötungen seit dem Sturz Mursis Anfang Juli.<ref name="Guardian_2013-08-16_RTB">''[http://www.webcitation.org/6JnqqDAUA Egypt: resentment towards Brotherhood fuels crackdown support]'' (englisch). The Guardian, 16. August 2013, von Ian Black und Patrick Kingsley, archiviert vom [http://www.theguardian.com/world/2013/aug/16/egypt-nationalism-muslim-brotherhood-crackdown Original] am 21. September 2013.</ref> Das „internationale Komitee“ habe das Massaker verurteilt, im Gegensatz zu seiner verhältnismäßiger Stille gegenüber den zwei ähnlichen Massentötungen der vorangegangenen Wochen nahe dem Rabia al-Adawiyya.<ref name="Guardian_2013-08-15_BPU">''[http://www.webcitation.org/6Jnso2rUO Egypt crackdown: bodies pile up as families grieve amid the slaughter]'' (englisch). The Guardian, 15. August 2013, von Patrick Kingsley, archiviert vom [http://www.theguardian.com/world/2013/aug/15/egypt-crackdown-bodies-families-grieve Original] am 21. September 2013.</ref> |
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''Human Rights Watch'' sprach von dem „schlimmsten Ereignis ungesetzlicher Massentötungen in der modernen Geschichte Ägyptens“ und warf den Einsatzkräften vor, gegen die einfachsten internationalen Polizeistandards verstoßen zu haben.<ref name="Zeit-OL_2013-09-23_ÄVA" /> |
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Militärchef Sisi sagte in einem Interview im Oktober, die „Verluste“ seien geringer gewesen als zuvor befürchtet, doch sei es unabdingbar gewesen die Sitzblockade aufzulösen, da der ägyptische Staat sonst demontiert worden wäre.<ref name="Ahram-Ol_2013-10-08_BRF">''[http://www.webcitation.org/6KKOvtSyw Brotherhood refused to follow advice: Egypt Defence Minister El-Sisi]'' (englisch). Ahram Online, 8. Oktober 2013, archiviert vom [http://english.ahram.org.eg/News/83534.aspx Original] am 13. Oktober 2013.</ref> |
Militärchef Sisi sagte in einem Interview im Oktober, die „Verluste“ seien geringer gewesen als zuvor befürchtet, doch sei es unabdingbar gewesen die Sitzblockade aufzulösen, da der ägyptische Staat sonst demontiert worden wäre.<ref name="Ahram-Ol_2013-10-08_BRF">''[http://www.webcitation.org/6KKOvtSyw Brotherhood refused to follow advice: Egypt Defence Minister El-Sisi]'' (englisch). Ahram Online, 8. Oktober 2013, archiviert vom [http://english.ahram.org.eg/News/83534.aspx Original] am 13. Oktober 2013.</ref> |
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Durch den Ausnahmezustand erhielten Behörden und Einsatzkräfte Sonderrechte beim Vorgehen gegen Proteste und Versammlungen.<ref name="Zeit-OL_2013-09-12_MVA">''[http://www.webcitation.org/6JkTbcyI9 Machtkampf - Mansour verlängert Ausnahmezustand]'', Zeit Online, 12. September 2013, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-09/kairo-aegypten-ausnahmezustand Original] am 19. September 2013.</ref> Zudem erschwerten die nach dem Sturz Mursis reaktivierten Notstandsgesetze die Arbeit der Presse, indem sie die Streitkräften berechtigten, Kritiker jeder Art jederzeit festzunehmen und gegebenenfalls vor ein Militärgericht zu stellen.<ref name="DW_2013-09-29_MFÄ" /> |
Durch den Ausnahmezustand erhielten Behörden und Einsatzkräfte Sonderrechte beim Vorgehen gegen Proteste und Versammlungen.<ref name="Zeit-OL_2013-09-12_MVA">''[http://www.webcitation.org/6JkTbcyI9 Machtkampf - Mansour verlängert Ausnahmezustand]'', Zeit Online, 12. September 2013, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-09/kairo-aegypten-ausnahmezustand Original] am 19. September 2013.</ref> Zudem erschwerten die nach dem Sturz Mursis reaktivierten Notstandsgesetze die Arbeit der Presse, indem sie die Streitkräften berechtigten, Kritiker jeder Art jederzeit festzunehmen und gegebenenfalls vor ein Militärgericht zu stellen.<ref name="DW_2013-09-29_MFÄ" /> |
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Beobachter sehen in der seit dem Sturz Mursis im Juli andauernden Gewaltserie ein Zeichen für die wachsende Instabilität in Ägypten. Die Wirtschaft und der Tourismus in Ägypten leideten Anfang Oktober bereits deutlich unter der politischen Instabilität.<ref name="Reuters-DE_2013-10-07_ATÄ">''[http://www.webcitation.org/6KElNiDfx Angreifer töten ägyptische Soldaten nahe Suez-Kanal]'', Reuters Deutschland, 7. Oktober 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE99604F20131007 Original] am 9. Oktober 2013.</ref><ref name="20min-ch_2013-10-07_1TN |
Beobachter sehen in der seit dem Sturz Mursis im Juli andauernden Gewaltserie ein Zeichen für die wachsende Instabilität in Ägypten. Die Wirtschaft und der Tourismus in Ägypten leideten Anfang Oktober bereits deutlich unter der politischen Instabilität.<ref name="Reuters-DE_2013-10-07_ATÄ">''[http://www.webcitation.org/6KElNiDfx Angreifer töten ägyptische Soldaten nahe Suez-Kanal]'', Reuters Deutschland, 7. Oktober 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE99604F20131007 Original] am 9. Oktober 2013.</ref><ref name="20min-ch_2013-10-07_1TN" /> |
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Amnesty International gab am 10. September an, dass allein zwischen dem 14. und 18. August mindestens 1089 Menschen getötet wurden, viele in Folge von exzessiver, grob unverhältnismäßiger und ungesetzlicher sowie tödlicher Gewaltanwendung der Sicherheitskräfte.<ref name="DNE_2013-09-11_AID">''[http://www.webcitation.org/6KT2iOI53 Amnesty International decries violence in Egypt]'' (englisch). Daily News Egypt, 11. September 2013, von Aaron T. Rose, archiviert vom [http://www.dailynewsegypt.com/2013/09/11/amnesty-international-decries-violence-in-egypt/ Original] am 18. Oktober 2013.</ref> Von den über 1000 im Juli und August 2013 ums Leben gekommenen Menschen waren nahezu alle Zivilisten, die gegen Militärchef Sisi demonstriert hatten und von den Sicherheitskräften erschossen wurden.<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-17_WGS" /> Anfang Oktober betrug die Anzahl - soweit bekannt geworden - der seit dem Sturz Mursis Getöteten bis zu 2000 und wuchs wöchentlich weiter an.<ref name="Guardian_2013-10-09_FBW" /> |
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====Konditionen zu Ausnahmezustand und Ausgangssperre ==== |
====Konditionen zu Ausnahmezustand und Ausgangssperre ==== |
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Sieben Wochen nach dem Putsch war laut Matthias Gebauer (''Der Spiegel'') das „gesamte Führungspersonal“ der nach dem 14. August „unnachgiebig“ verfolgten Muslimbrüderschaft durch die rigorose Verhaftungswelle entweder „tot oder inhaftiert“,<ref name="Spiegel-OL_2013-08-22_MFS" /> nach anderen Presseberichten zumindest zum Großteil inhaftiert.<ref name="DW_2013-08-23_VÄZ" /><ref name="Spiegel-OL_2013-08-20_MNC">''[http://www.webcitation.org/6J4U0Mr6j Machtkampf in Ägypten: Militär nimmt Chef der Muslimbrüder fest]'', Spiegel Online, 20. August 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegyptens-militaer-nimmt-chef-der-muslimbrueder-badie-fest-a-917441.html Original] am 22. August 2013.</ref><ref name="DW_2013-08-17_MM" /> Unter den Festgenommenen befand sich auch der Chef der Muslimbrüderschaft, Muhammad Badi.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-20_MNC" /> Landesweit hatte die Interimsregierung Hunderte Mursi-Anhänger festnehmen lassen und die Befehlskette der Organisation zu ihrer Basis durchbrochen.<ref name="DW_2013-08-23_VÄZ" /> Gegen den abgesetzten Präsidenten Mursi, der sich zu diesem Zeitpunkt wegen angeblicher Verschwörung mit der radikalen Palästinenserbewegung Hamas bei der Befreiung von Insassen eines Gefängnisses 2011 in Untersuchungshaft befand, leitete die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen Beteiligung an der Tötung von Demonstranten im Dezember 2012 vor dem Ittihadija-Palast in Kairo ein, ohne Angaben über Mursis Rolle bei den gewaltsamen Übergriffen auf die Demonstranten bekanntzugeben.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-20_MNC" /> Nach dem Blutbad vom 14. August unterbanden Militär und Polizei strikt jegliche Kundgebung. An den geplanten Wegstrecken für Protestmärsche wurden Scharfschützen auf Dächern postiert und im Staatsfernsehen mit scharfen Schüssen gedroht.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-22_MFS" /> |
Sieben Wochen nach dem Putsch war laut Matthias Gebauer (''Der Spiegel'') das „gesamte Führungspersonal“ der nach dem 14. August „unnachgiebig“ verfolgten Muslimbrüderschaft durch die rigorose Verhaftungswelle entweder „tot oder inhaftiert“,<ref name="Spiegel-OL_2013-08-22_MFS" /> nach anderen Presseberichten zumindest zum Großteil inhaftiert.<ref name="DW_2013-08-23_VÄZ" /><ref name="Spiegel-OL_2013-08-20_MNC">''[http://www.webcitation.org/6J4U0Mr6j Machtkampf in Ägypten: Militär nimmt Chef der Muslimbrüder fest]'', Spiegel Online, 20. August 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegyptens-militaer-nimmt-chef-der-muslimbrueder-badie-fest-a-917441.html Original] am 22. August 2013.</ref><ref name="DW_2013-08-17_MM" /> Unter den Festgenommenen befand sich auch der Chef der Muslimbrüderschaft, Muhammad Badi.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-20_MNC" /> Landesweit hatte die Interimsregierung Hunderte Mursi-Anhänger festnehmen lassen und die Befehlskette der Organisation zu ihrer Basis durchbrochen.<ref name="DW_2013-08-23_VÄZ" /> Gegen den abgesetzten Präsidenten Mursi, der sich zu diesem Zeitpunkt wegen angeblicher Verschwörung mit der radikalen Palästinenserbewegung Hamas bei der Befreiung von Insassen eines Gefängnisses 2011 in Untersuchungshaft befand, leitete die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen Beteiligung an der Tötung von Demonstranten im Dezember 2012 vor dem Ittihadija-Palast in Kairo ein, ohne Angaben über Mursis Rolle bei den gewaltsamen Übergriffen auf die Demonstranten bekanntzugeben.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-20_MNC" /> Nach dem Blutbad vom 14. August unterbanden Militär und Polizei strikt jegliche Kundgebung. An den geplanten Wegstrecken für Protestmärsche wurden Scharfschützen auf Dächern postiert und im Staatsfernsehen mit scharfen Schüssen gedroht.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-22_MFS" /> |
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[[Datei:Mohammed Badiea.jpg|miniatur|[[Muhammad Badi'e]]: Den Chef der Muslimbruderschaft, der jahrelang politischer Häftling war, erwartet nach dem Putsch erneut ein Prozess<ref name="Spiegel-Ol_2013-08-20_MNC" />]] |
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In der Nacht auf den 20. August wurde der Anführer der Mulsimbruderschaft, Muhammad Badi'e, verhaftet, nachdem bereits am 10. Juli ein Haftbefehl gegen ihn erlassen worden war. Unter den zu diesem Zeitpunkt rund 900 seit dem Putsch getöteten Menschen befand sich auch sein Sohn.<ref name="Spiegel-Ol_2013-08-20_MNC" /> Sein Anwalt erhob später den Vorwurf, der 70-Jährige Muhammad Badi'e sei zu Beginn der Haft misshandelt worden.<ref name="Zeit-OL_2013-09-23_ÄVA" /> |
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Während am 24. August in Kairo eine weitere Sitzung des Gerichtsverfahrens gegen den ehemaligen Präsidenten Hosni Mubarak und seine Söhne Alaa und Gamal stattfand, wurde ein anderer Prozess gegen Anführer der Muslimbruderschaft, darunter Mohammed Badie und fünf weitere Führungskader, nach wenigen Minuten auf den 29. Oktober vertagt.<ref name="DW_2013-08-24_ÄVA" /><ref name="Tagesspiegel_2013-08-25_PGO">''[http://www.webcitation.org/6JE1gPCn7 Ägypten – Prozess gegen obersten Muslimbruder Badie vertragt]'', Der Tagesspiegel, 25. August 2013, archiviert vom [http://www.tagesspiegel.de/politik/aegypten-prozess-gegen-obersten-muslimbruder-badie-vertragt/8688664.html Original] am 29. August 2013.</ref> |
Während am 24. August in Kairo eine weitere Sitzung des Gerichtsverfahrens gegen den ehemaligen Präsidenten Hosni Mubarak und seine Söhne Alaa und Gamal stattfand, wurde ein anderer Prozess gegen Anführer der Muslimbruderschaft, darunter Mohammed Badie und fünf weitere Führungskader, nach wenigen Minuten auf den 29. Oktober vertagt.<ref name="DW_2013-08-24_ÄVA" /><ref name="Tagesspiegel_2013-08-25_PGO">''[http://www.webcitation.org/6JE1gPCn7 Ägypten – Prozess gegen obersten Muslimbruder Badie vertragt]'', Der Tagesspiegel, 25. August 2013, archiviert vom [http://www.tagesspiegel.de/politik/aegypten-prozess-gegen-obersten-muslimbruder-badie-vertragt/8688664.html Original] am 29. August 2013.</ref> |
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Am 28. August teilte Interimsministerpräsident Beblawi mit, die Übergangsregierung strebe nicht weiter an, die Muslimbruderschaft aufzulösen und aus der Politik auszuschließen.<ref name="Handelsblatt_2013-08-28_PZA">''[http://www.webcitation.org/6JE0jeyVJ Ägypten – Pläne zur Auflösung der Muslimbruderschaft verworfen]'', Handelsblatt, 28. August 2013, archiviert vom [http://www.handelsblatt.com/politik/international/aegypten-plaene-zur-aufloesung-der-muslimbruderschaft-verworfen/8709212.html Original] am 29. August 2013.</ref> Zu diesem Zeitpunkt und somit innerhalb der beiden auf das Blutbad vom 14. August folgenden Wochen waren bereits rund 2000 Muslimbrüder einschließlich nahezu ihrer gesamten Führungsriege festgenommen worden.<ref name="DW_2013-08-30_KEG">''[http://www.webcitation.org/6JIbDf6q5 Arabische Welt – Kein Ende der Gewalt in Ägypten]'', Deutsche Welle, 30. August 2013, archiviert vom [http://dw.de/p/19ZKK Original] am 1. September 2013.</ref> |
Am 28. August teilte Interimsministerpräsident Beblawi mit, die Übergangsregierung strebe nicht weiter an, die Muslimbruderschaft aufzulösen und aus der Politik auszuschließen.<ref name="Handelsblatt_2013-08-28_PZA">''[http://www.webcitation.org/6JE0jeyVJ Ägypten – Pläne zur Auflösung der Muslimbruderschaft verworfen]'', Handelsblatt, 28. August 2013, archiviert vom [http://www.handelsblatt.com/politik/international/aegypten-plaene-zur-aufloesung-der-muslimbruderschaft-verworfen/8709212.html Original] am 29. August 2013.</ref> Zu diesem Zeitpunkt und somit innerhalb der beiden auf das Blutbad vom 14. August folgenden Wochen waren bereits rund 2000 Muslimbrüder einschließlich nahezu ihrer gesamten Führungsriege festgenommen worden.<ref name="DW_2013-08-30_KEG">''[http://www.webcitation.org/6JIbDf6q5 Arabische Welt – Kein Ende der Gewalt in Ägypten]'', Deutsche Welle, 30. August 2013, archiviert vom [http://dw.de/p/19ZKK Original] am 1. September 2013.</ref> |
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==== Übergriffe auf Christen (Mitte August) ==== |
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{{Hauptartikel|Pogrome gegen Kopten in Ägypten 2013}} |
{{Hauptartikel|Pogrome gegen Kopten in Ägypten 2013}} |
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Unmittelbar nachdem die Armee in Kairo bei der gewaltsamen Auslösung der Sitzproteste von Islamisten „ein Blutbad mit Hunderten Toten angerichtet hatte“, kam es insbesondere im anteilig stärker christlich besiedelten Oberägypten zu Attacken auf mindestens 42 Kirchen, 122 Läden, fünf Schulen und 51 Häuser, in den Verwaltungsbezirken oder Provinzen Minya, Asyut, Fayum, Giza, |
Unmittelbar nachdem die Armee in Kairo bei der gewaltsamen Auslösung der Sitzproteste von Islamisten „ein Blutbad mit Hunderten Toten angerichtet hatte“, kam es insbesondere im anteilig stärker christlich besiedelten Oberägypten zu Attacken auf mindestens 42 Kirchen, 122 Läden, fünf Schulen und 51 Häuser, in den Verwaltungsbezirken oder Provinzen Minya, Asyut, Fayum, Giza, Sues, Sohag, Bani Suwaif, Luxor und Nord-Sinai an, von denen am 14. August mindestens 37 in Brand gesetzt oder beschädigt wurden.<ref name="HRW_2013-08-22_SAK" /><ref name="DW_2013-09-16_EVD" /><ref name="Zeit-OL_2013-10-04_WGN" /><ref name="ahram-OL_2013-09-24_ASA" /> Von Seiten der Muslimbruderschaft war den Christen zuvor vorgeworfen worden, das Militär zu unterstützen.<ref name="DW_2013-09-16_EVD" /> Mindestens vier Menschen, darunter drei koptische Christen und ein Muslim, starben nach Angaben von ''Human Rights Watch'' und ''Amnesty International'' bei den Angriffen in Delga, Minya Stadt und Kairo.<ref name="HRW_2013-08-22_SAK">''[http://www.webcitation.org/6JgS1TxSG Ägypten: Schwere Angriffe auf Kirchen]'', Human Rights Watch, 22. August 2013, archiviert vom [http://www.hrw.org/de/news/2013/08/22/aegypten-schwere-angriffe-auf-kirchen Original] am 16. September 2013.</ref><ref name="AI_2013-10-09_CWZ" /> Im ganzen Land wurden laut ''Amnesty International'' mehr als 200 in christlichem Besitz befindliche Immobilien angegriffen, wobei 43 Kirchen ernsthaft beschädig wurden.<ref name="AI_2013-10-09_CWZ" /> In der nahe Minya gelegenen Stadt Delga, wo 62 koptische Familien aus ihren Häusern vertrieben wurden und zwei Kopten getötet wurden,<ref name="ahram-OL_2013-09-24_ASA" /> beendeten Sicherheitskräfte erst Ende September den dort von Islamisten ausgerufenen Schariastaat.<ref name="Zeit-OL_2013-10-04_WGN" /> |
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Die offiziellen Angaben der ägyptischen Regierung sprechen davon, dass „Anhänger Mursis“ (''Die Zeit'') drei christliche Kirchen in Brand gesetzt hätten, nachdem Sicherheitskräfte mit der Räumung zweier Protestlager von Mursi-Unterstützern in Kairo begonnen hatten.<ref name="Zeit-Online_2013-10-09_AIF" /> |
Die offiziellen Angaben der ägyptischen Regierung sprechen davon, dass „Anhänger Mursis“ (''Die Zeit'') drei christliche Kirchen in Brand gesetzt hätten, nachdem Sicherheitskräfte mit der Räumung zweier Protestlager von Mursi-Unterstützern in Kairo begonnen hatten.<ref name="Zeit-Online_2013-10-09_AIF" /> |
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===== Frühe Meldungen ===== |
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Bereits unmittelbar nach der gewaltsamen Räumung der Protestlager der Mursi-Anhänger am 14. August 2013 sollen radikale Islamisten nach Angaben christlicher [[Aktivist]]en in [[Soziales Netzwerk|sozialen Netzwerken]] drei Kirchen angegriffen und Feuer vor Kirchen in den [[Gouvernement|Provinzen]] [[Gouvernement al-Minya| |
Bereits unmittelbar nach der gewaltsamen Räumung der Protestlager der Mursi-Anhänger am 14. August 2013 sollen radikale Islamisten nach Angaben christlicher [[Aktivist]]en in [[Soziales Netzwerk|sozialen Netzwerken]] drei Kirchen angegriffen und Feuer vor Kirchen in den [[Gouvernement|Provinzen]] [[Gouvernement al-Minya|Minya]] und [[Gouvernement Sauhadsch|Sohag]] gelegt haben.<ref>[http://www.welt.de/politik/ausland/article119006711/Radikale-Islamisten-attackieren-offenbar-Kirchen.html ''Radikale Islamisten attackieren offenbar Kirchen''], Die Welt, 14. August 2013</ref><ref name="FAZ-NET_2013-08-14_HTÄ" /> Laut Mitteilung des anglikanischen Bistums von Ägypten in Kairo griffen Mursi-Anhänger die anglikanische Kirche in Suez mit Steinen und Brandsätzen an. Auch eine katholische Kirche in Suez sei angegriffen worden.<ref name="FAZ-NET_2013-08-14_HTÄ" /> Der [[Koptisch-katholische Kirche|koptisch-katholische]] [[Bischof]] von [[Asyut]], [[Kyrillos Kamal William Samaan|Kyrillos William Samaan]], gab gegenüber [[Kirche in Not]] an, in den Städten [[Sohag]], [[al-Fayy?m|Fayum]] und [[Bani Suwaif]] sowie auf der [[Sinai-Halbinsel]] seien Kirchen von Islamisten angegriffen und Christen bedroht worden.<ref>[http://www.kirche-in-not.de/aktuelle-meldungen/2013/08-14-die-islamisten-raechen-sich-an-uns-christen-bischof-kyrillos-william-samaan ''Islamisten rächen sich an uns Christen''], Kirche in Not. Abgerufen am 15. August 2013.</ref> |
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Nach Angaben aus Sicherheitskreisen wurde in Abanub in der [[Gouvernement Asyut|Provinz Asyut]] eine koptische Kirche durch Extremisten niedergebrannt. Die christliche Zeitung ''Watani'' gab an, Islamisten hätten insgesamt 35 Kirchen oder andere Einrichtungen der Kopten angegriffen.<ref name="RuhrNachrichten-de_2013-08-16">''[http://www.webcitation.org/6IxcWV0Hx Staatskrise und ProtesteVeranstalter sagen Ägypten-Reisen bis Mitte September ab]'', RuhrNachrichten.de, 16. August 2013, archiviert vom [http://www.ruhrnachrichten.de/nachrichten/politik/ausland/Staatskrise-und-Proteste-Veranstalter-sagen-Aegypten-Reisen-bis-Mitte-September-ab;art29858,2094753 Original] am 18. August 2013.</ref><ref name="FAZ_2013-08-17_NPV" /> Einem Bericht im ''Spiegel'' zufolge wurde von Seiten der Armee am 16. August von der Kirche des Heiligen Georg in Kairo aus auf eine an der Kirche vorbeimarschierende Menge von 3000 Islamisten geschossen. Nach Angaben von Armeeangehörigen sollen dabei mehrere Islamisten in schweren Gefechten getötet worden sein.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-18_ÄCG">''[http://www.webcitation.org/6IxwOIYU4 Angriffe auf Kopten: Ägyptens Christen in Gefahr]'', Spiegel Online, 18. August 2013, von Ulrike Putz, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-islamisten-greifen-christen-an-a-917165.html Original] am 18. August 2013.</ref> |
Nach Angaben aus Sicherheitskreisen wurde in Abanub in der [[Gouvernement Asyut|Provinz Asyut]] eine koptische Kirche durch Extremisten niedergebrannt. Die christliche Zeitung ''Watani'' gab an, Islamisten hätten insgesamt 35 Kirchen oder andere Einrichtungen der Kopten angegriffen.<ref name="RuhrNachrichten-de_2013-08-16">''[http://www.webcitation.org/6IxcWV0Hx Staatskrise und ProtesteVeranstalter sagen Ägypten-Reisen bis Mitte September ab]'', RuhrNachrichten.de, 16. August 2013, archiviert vom [http://www.ruhrnachrichten.de/nachrichten/politik/ausland/Staatskrise-und-Proteste-Veranstalter-sagen-Aegypten-Reisen-bis-Mitte-September-ab;art29858,2094753 Original] am 18. August 2013.</ref><ref name="FAZ_2013-08-17_NPV" /> Einem Bericht im ''Spiegel'' zufolge wurde von Seiten der Armee am 16. August von der Kirche des Heiligen Georg in Kairo aus auf eine an der Kirche vorbeimarschierende Menge von 3000 Islamisten geschossen. Nach Angaben von Armeeangehörigen sollen dabei mehrere Islamisten in schweren Gefechten getötet worden sein.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-18_ÄCG">''[http://www.webcitation.org/6IxwOIYU4 Angriffe auf Kopten: Ägyptens Christen in Gefahr]'', Spiegel Online, 18. August 2013, von Ulrike Putz, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-islamisten-greifen-christen-an-a-917165.html Original] am 18. August 2013.</ref> |
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===== Opfer und Schäden ===== |
===== Opfer und Schäden ===== |
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Vom 14. August bis zum 17. August kam es nach Angaben von christlichen Aktivisten landesweit zu 85 Übergriffen auf christliche Kirchen, Schulen und Gemeindezentren sowie auf im Besitz von Christen befindliche Geschäfte und Häuser.<ref name="Welt_2013-08-17_ÄPA" /> Nach anderen Angaben vom 18. August berichteten christliche Websites von 49 Angriffen in den vorangegangenen Tagen.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-18_ÄCG" /> Martin Gehlen fasste am 18. August zusammen, dass „in einem beispiellosen Rachefeldzug islamistischer Radikaler“ seit dem Blutbad vom 14. August 63 Kirchen angezündet und geplündert wurden. Die Welle der Überfälle konzentrierte sich bis zu diesem Zeitpunkt vor allem auf [[Mittelägypten|mittelägyptische]] Städte mit starken islamistischen Kräften und einem christlichen Bevölkerungsanteil von teilweise bis zu 30 Prozent, wie [[Bani Suwaif]], |
Vom 14. August bis zum 17. August kam es nach Angaben von christlichen Aktivisten landesweit zu 85 Übergriffen auf christliche Kirchen, Schulen und Gemeindezentren sowie auf im Besitz von Christen befindliche Geschäfte und Häuser.<ref name="Welt_2013-08-17_ÄPA" /> Nach anderen Angaben vom 18. August berichteten christliche Websites von 49 Angriffen in den vorangegangenen Tagen.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-18_ÄCG" /> Martin Gehlen fasste am 18. August zusammen, dass „in einem beispiellosen Rachefeldzug islamistischer Radikaler“ seit dem Blutbad vom 14. August 63 Kirchen angezündet und geplündert wurden. Die Welle der Überfälle konzentrierte sich bis zu diesem Zeitpunkt vor allem auf [[Mittelägypten|mittelägyptische]] Städte mit starken islamistischen Kräften und einem christlichen Bevölkerungsanteil von teilweise bis zu 30 Prozent, wie [[Bani Suwaif]], Fayum, Minya, Sohag und Asyut.<ref name="Tagesspiegel_2013-08-18_BÜG">''[http://www.webcitation.org/6J5EGmAdX Eskalation der Gewalt – Brutale Übergriffe gegen Christen in Ägypten]'', Der Tagesspiegel, von Martin Gehlen, 18. August 2013, archiviert vom [http://www.tagesspiegel.de/politik/eskalation-der-gewalt-brutale-uebergriffe-gegen-christen-in-aegypten/8654894.html Original] am 23. August 2013.</ref> ''Amnesty International'' berichtete im Oktober, es seien 43 Kirchen ernsthaft beschädig worden.<ref name="AI_2013-10-09_CWZ" /> |
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Beispiele für bekanntgewordene Übergriffe: |
Beispiele für bekanntgewordene Übergriffe: |
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* Fünf katholische Schulen in |
* Fünf katholische Schulen in Minya, Sues und Asyut brannten teilweise bis auf die Grundmauern nieder.<ref name="Tagesspiegel_2013-08-18_BÜG" /> |
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* In Sues und Asyut wurden zwei Klöster zerstört.<ref name="Tagesspiegel_2013-08-18_BÜG" /> |
* In Sues und Asyut wurden zwei Klöster zerstört.<ref name="Tagesspiegel_2013-08-18_BÜG" /> |
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* In |
* In Minya wurde ein kirchliches Waisenhaus schwer beschädigt.<ref name="Tagesspiegel_2013-08-18_BÜG" /> Ein 33-jähriger christlicher Kellner und ein muslimischer Koch verbrannten bei lebendigem Leibe in einer Toilette des Restaurantschiffs Mermaid, in der sie sich zuvor verbarrikadiert hatten.<ref name="Teit-OL_2013-10-02_IGS" /> |
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* In Kairos Stadtzentrum wurde laut ''Al Jazeera'' der Konvent der Franziskanerinnen angegriffen.<ref name="Tagesspiegel_2013-08-18_BÜG" /> |
* In Kairos Stadtzentrum wurde laut ''Al Jazeera'' der Konvent der Franziskanerinnen angegriffen.<ref name="Tagesspiegel_2013-08-18_BÜG" /> |
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* In [[Alexandria]] lynchte der Mob auf offener Straße einen koptischen Taxifahrer, der mit seinem Wagen unbeabsichtigt in eine Pro-Mursi-Demonstration geraten war.<ref name="Tagesspiegel_2013-08-18_BÜG" /> |
* In [[Alexandria]] lynchte der Mob auf offener Straße einen koptischen Taxifahrer, der mit seinem Wagen unbeabsichtigt in eine Pro-Mursi-Demonstration geraten war.<ref name="Tagesspiegel_2013-08-18_BÜG" /> |
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* In [[Luxor]] wurden drei in koptischem Besitz befindliche Hotels angezündet.<ref name="Tagesspiegel_2013-08-18_BÜG" /> |
* In [[Luxor]] wurden drei in koptischem Besitz befindliche Hotels angezündet.<ref name="Tagesspiegel_2013-08-18_BÜG" /> |
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* In Bani Suwaif wurden nach Angaben der Nachrichtenagentur AP der Schulleiterin drei Nonnen der Franziskanerinnen-Schule auf offener Straße sexuell misshandelt sowie die Franziskanerinnen-Schule geplündert und in Brand gesetzt.<ref name="Tagesspiegel_2013-08-18_BÜG" /> |
* In Bani Suwaif wurden nach Angaben der Nachrichtenagentur AP der Schulleiterin drei Nonnen der Franziskanerinnen-Schule auf offener Straße sexuell misshandelt sowie die Franziskanerinnen-Schule geplündert und in Brand gesetzt.<ref name="Tagesspiegel_2013-08-18_BÜG" /> |
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* In der in der oberägyptischen [[Gouvernement al-Minya|Provinz |
* In der in der oberägyptischen [[Gouvernement al-Minya|Provinz Minya]] gelegenen Kleinstadt Delga riefen Islamisten einen [[Scharia]]-Staat aus. 40 christliche Familien flüchteten aus dem Ort, nachdem ihre Häuser niedergebrannt worden waren. Die Angehörigen der christlichen Minderheit, die in Delga zurückgeblieben waren, wurden vier Wochen lang von Islamisten mit [[Schutzgeld]]erpressung und Entführungen terrorisiert, bis Sicherheitskräfte die staatliche Kontrolle über den Ort wiederherstellen konnten.<ref name="DW_2013-09-16_EVD" /><ref name="Teit-OL_2013-10-02_IGS">''[http://www.webcitation.org/6KBsvdjJy Christen in Ägypten - In den Gesichtern stand der pure Hass]'', Zeit Online, 2. Oktober 2013, von Martin Gehlen, archiviert vom [http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2013-10/aegypten-reportage-minya-christen-gewalt/komplettansicht Original] am 7. Oktober 2013.</ref> |
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===== Reaktionen und Wertungen ===== |
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[[Datei:R4bia.png|miniatur|150px|Mit dem [[R4bia]]-Emblem erinnern Unterstützer des gestürzten Präsidenten Mursi an das Blutbad vom 14. August 2013.]] |
[[Datei:R4bia.png|miniatur|150px|Mit dem [[R4bia]]-Emblem erinnern Unterstützer des gestürzten Präsidenten Mursi an das Blutbad vom 14. August 2013.]] |
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Auf den weitgehend friedlich verlaufenden Kundgebungen vor 28 Moscheen in Kairo demonstrierten am 23. August Tausende Anhänger Mursis gegen die Armeeführung.<ref name="DW_2013-08-23_VÄZ" /> Über das Staatsfernsehen hatte die militärgestützte Übergangsregierung verbreitet, jeglicher Protest werde sofort niedergeschlagen. Die seit Wochen strikt entsprechend der Regierungslinie berichtenden Sender hatten der Bevölkerung geraten zu Hause zu bleiben, da es in dem von den Medien vielgelobten „Kampf gegen den Terrorismus“ zu Gewalt kommen könne.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-23_KAV">''[http://www.webcitation.org/6J8LbiTuC Freitagsgebete in Ägypten: Klima der Angst verhindert neue Massenproteste]'', Spiegel Online, 23. August 2013, von Matthias Gebauer, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-polizeipraesenz-und-klima-der-angst-verhindern-massenproteste-a-918311.html Original] am 25. August 2013.</ref> Auf den sich Nachmittags auflösenden Demonstrationen protestierten die Musi-Anhänger mit dem neuen Symbol ihrer Protestbewegung, einer schwarzen Hand auf gelbem Hintergrund, die den sogenannten Mursi-Gruß mit vier ausgestreckten Fingern und dem quer über die Handfläche gelegten Daumen bildet.<ref name="DW_2013-08-23_VÄZ" /><ref name="Welt_2013-08-22_ÄTH">''[http://www.webcitation.org/6JkBKaxxP Machtprobe – Ägypten und Türkei hetzen sich gegeneinander auf]'', Die Welt, 22. August 2013, von Boris Kálnoky, archiviert vom [http://www.welt.de/politik/ausland/article119251308/Aegypten-und-Tuerkei-hetzen-sich-gegeneinander-auf.html Original] am 19. September 2013.</ref> Dieses „[[R4bia]]“-Emblem soll an die vielhundertfache Tötung von Demonstranten durch die Armee vor der |
Auf den weitgehend friedlich verlaufenden Kundgebungen vor 28 Moscheen in Kairo demonstrierten am 23. August Tausende Anhänger Mursis gegen die Armeeführung.<ref name="DW_2013-08-23_VÄZ" /> Über das Staatsfernsehen hatte die militärgestützte Übergangsregierung verbreitet, jeglicher Protest werde sofort niedergeschlagen. Die seit Wochen strikt entsprechend der Regierungslinie berichtenden Sender hatten der Bevölkerung geraten zu Hause zu bleiben, da es in dem von den Medien vielgelobten „Kampf gegen den Terrorismus“ zu Gewalt kommen könne.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-23_KAV">''[http://www.webcitation.org/6J8LbiTuC Freitagsgebete in Ägypten: Klima der Angst verhindert neue Massenproteste]'', Spiegel Online, 23. August 2013, von Matthias Gebauer, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-polizeipraesenz-und-klima-der-angst-verhindern-massenproteste-a-918311.html Original] am 25. August 2013.</ref> Auf den sich Nachmittags auflösenden Demonstrationen protestierten die Musi-Anhänger mit dem neuen Symbol ihrer Protestbewegung, einer schwarzen Hand auf gelbem Hintergrund, die den sogenannten Mursi-Gruß mit vier ausgestreckten Fingern und dem quer über die Handfläche gelegten Daumen bildet.<ref name="DW_2013-08-23_VÄZ" /><ref name="Welt_2013-08-22_ÄTH">''[http://www.webcitation.org/6JkBKaxxP Machtprobe – Ägypten und Türkei hetzen sich gegeneinander auf]'', Die Welt, 22. August 2013, von Boris Kálnoky, archiviert vom [http://www.welt.de/politik/ausland/article119251308/Aegypten-und-Tuerkei-hetzen-sich-gegeneinander-auf.html Original] am 19. September 2013.</ref> Dieses „[[R4bia]]“-Emblem soll an die vielhundertfache Tötung von Demonstranten durch die Armee vor der Rabia-al-Adawija-Moschee vom 14. August erinnern und spielt auf die arabische Bedeutung des Mädchennamens ''Rabia'' (deutsch: „Vierte“) an.<ref name="DW_2013-08-23_VÄZ">''[http://www.webcitation.org/6J7BcFcIO Ägypten – Verhaftungswelle in Ägypten zeigt Wirkung]'', Deutsche Welle, 23. August 2013, von Markus Symank, archiviert vom [http://www.dw.de/verhaftungswelle-in-%C3%A4gypten-zeigt-wirkung/a-17042222 Original] am 24. August 2013.</ref> Zudem stand das ''R4bia''-Zeichen für den Rabia-al-Adawija-Platz in Ägypten, der zum zentralen Demonstrationsort für Mursi-Anhänger geworden war.<ref name="DTN_2013-08-25_TTS" /> Als Symbol für die blutige Stürmung des größten Protestlagers der Islamisten durch die Sicherheitskräfte wurde es somit ein bleibendes Zeichen des Widerstands der Muslimbruderschaft.<ref name="Zeit-OL_2013-09-13_ETB" /> Auch transnational wurde das ''R4bia''-Zeichen als Symbol der Pro-Mursi-Proteste von Demonstranten verwendet, wie am folgenden Wochenende auf einer von verschiedenen Gewerkschaften, Verbänden und Bürgerrechtsbewegungen organisierten Solidaritätskundgebung Tausender Menschen auf dem zentralen S?hhiye-Platz im türkischen [[Ankara]] oder am 17. und 24. August auf Demonstrationen im deutschen [[Berlin]].<ref name="DTN_2013-08-25_TTS">''[http://www.deutsch-tuerkische-nachrichten.de/2013/08/485158/proteste-in-ankara-tausende-tuerken-solidarisieren-sich-mit-mursi/ Proteste in Ankara: Tausende Türken solidarisieren sich mit Mursi]'', Deutsch Türkische Nachrichten, 25. August 2013, abgerufen am 26. August 2013.</ref><ref name="YT_2013-08-24">[http://www.youtube.com/watch?v=fAmGRbdHXRE#t=18 Demo in Berlin für Legitimität in Ägypten 24.08.13-6], YouTube, veröffentlicht am 24. August 2013 vom YouTube-Kanal [http://www.youtube.com/channel/UCy5tEFXNo_2Zfi3UxhXSB1A Kerkük Türklerindir].</ref><ref name="YT_2013-08-17">[http://www.youtube.com/watch?v=C_fmMHyoa9I Demo in Berlin für Legitimität in Ägypten 17.08.2013-4], YouTube, veröffentlicht am 17. August 2013 vom YouTube-Kanal [http://www.youtube.com/channel/UCy5tEFXNo_2Zfi3UxhXSB1A Kerkük Türklerindir].</ref> Auch der deutsche Verfassungsschutz ordnete die internationale R4bia-Bewegung, die sich gegen die Machtübernahme durch das ägyptische Militär wendete und zu der auch Demonstrationen in Stuttgart mit mehreren Tausend Teilnehmern in Verbindung standen, den Muslimbrüdern zu.<ref name="ZVW_2013-08-28_OGD">''[http://www.webcitation.org/6JhNbzCzW Samstag in Stuttgart - Ordnungsamt genehmigt Demo für Muslimbrüder]'', [[Zeitungsverlag Waiblingen]] (ZVW), 28. August 2013, von Jürgen Bock, archiviert vom [http://www.zvw.de/inhalt.samstag-in-stuttgart-ordnungsamt-genehmigt-demo-fuer-muslimbrueder.ad17afb0-b7cf-45ae-8bce-820a4fc7a86e.html Original] am 17. September 2013.</ref><ref name="StN-de_2013-09-05_NDM">''[http://www.webcitation.org/6JhPbE2Nz 21. September in Stuttgart - Nächste Demo für die Muslimbrüder steht bevor]'', Stuttgarter-Nachrichten.de, 5. September 2013, Jürgen Bock, archiviert vom [http://m.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.21-september-in-stuttgart-naechste-demo-fuer-die-muslimbrueder-steht-bevor.cc837b8f-ba64-48b7-a11c-8fb8cc6bc290.html Original] am 17. September 2013.</ref><ref name="ZVW_2013-08-27_UDM">''[http://www.webcitation.org/6JhUleQ35 Samstag in Stuttgart - Umstrittene Demo für Muslimbrüder]'', [[Zeitungsverlag Waiblingen|Zeitungsverlag Waiblingen]] (ZVW), 27. August 2013, von Jürgen Bock, archiviert vom [http://www.zvw.de/inhalt.samstag-in-stuttgart-umstrittene-demo-fuer-muslimbrueder.714bfe9f-f9f7-4b59-a550-bc95b7a56544.html Original] am 17. September 2013.</ref> |
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==== Fortsetzung der Gewalt und Blutbad bei der Al-Fetah-Moschee am Ramses-Platz (16. August) ==== |
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{{ Positionskarte+ | Ägypten | width=374 | float=right | maptype=relief | caption=Proteste von Islamisten<ref name="FAZ-net_2013-08-16_AST_Abb">''[http://www.webcitation.org/6KUFM4ceF Nach Freitagsgebeten - Abermals Dutzende Tote bei ägyptischen Protesten]'', FAZ.net (mit ?Christoph Ehrhardt), 16. August 2013, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/naher-osten/nach-freitagsgebeten-abermals-dutzende-tote-bei-aegyptischen-protesten-12534361.html Original] am 19. Oktober 2013 (mit Karte: ''[http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/naher-osten/nach-freitagsgebeten-abermals-dutzende-tote-bei-aegyptischen-protesten-12534361.html#overlay_1_2534834Id Proteste der Islamisten in Ägypten und Räumungen in Kairo: Unruhe in Ägypten - Hunderte Tote und Tausende Verletzte nach Zusammenstößen zwischen Anhängern Muslimbruderschaft und der Polizei]'', DPA).</ref> |
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'''rot''': Ausgewählte Orte islamistischer Proteste vom 14.-16. August |
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'''gelb''': Weitere im Zusammenhang mit der Staatskrise relevante Orte | places= |
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{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=9 | lat=29/59// | long=31/08// | region=EG | label=<small>[[Gizeh]]</small>}} |
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{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=1 | lat=30/03// | long=31/14// | region=EG | label='''[[Kairo]]'''}} |
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{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=9 | lat=31/13// | long=29/56// | region=EG | label=<small>[[Alexandria]]</small>}} |
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{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=3 | lat=30/58// | long=31/10// | region=EG | label=<small>[[al-Mahalla al-Kubra|Mahalla]]</small>}} |
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{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=3 | lat=31/04// | long=33/50// | region=EG | label=<small>[[al-Arisch|Arisch]]</small>}} |
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{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=3 | lat=29/58// | long=32/33// | region=EG | label=<small>[[Sues]]</small>}} |
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{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=9 | lat=29/04// | long=31/05// | region=EG | label=<small>[[Bani Suwaif]]</small>}} |
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{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=9 | lat=28/05// | long=30/46// | region=EG | label=<small>[[al-Minya|Minya]]</small>}} |
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{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=2 | lat=27/16// | long=31/09// | region=EG | label=<small>Abanub</small>}} |
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{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=8 | lat=27/11// | long=31/11// | region=EG | label=<small>[[Asyut]]</small>}} |
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{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=9 | lat=27/13// | long=33/50// | region=EG | label=<small>[[Hurghada]]</small>}} |
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{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=9 | lat=25/42// | long=32/39// | region=EG | label=<small>[[Luxor]]</small>}} |
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{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=9 | lat=24/06// | long=32/54// | region=EG | label=<small>[[Assuan]]</small>}} |
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{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=9 | lat=22/21// | long=31/37// | region=EG | label=<small>[[Abu Simbel]]</small>}} |
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{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=9 | lat=31/21// | long=27/14// | region=EG | label=<small>[[Marsa Matruh]]</small> | mark=Yellow ffff00 pog.svg}} |
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{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=3 | lat=31/15// | long=32/17// | region=EG | label=<small>[[Port Said]]</small> | mark=Yellow ffff00 pog.svg}} |
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{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=9 | lat=30/47// | long=31/00// | region=EG | label=<small>[[Tanta]]</small> | mark=Yellow ffff00 pog.svg}} |
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{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=3 | lat=31/17/00 | long=34/15/00 | region=EG | label=<small>[[Rafah]]</small> | mark=Yellow ffff00 pog.svg}} |
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{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=3 | lat=30/35// | long=32/16// | region=EG | label=<small>[[Ismailia]]</small> | mark=Yellow ffff00 pog.svg}} |
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{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=2 | lat=31/25// | long=31/49// | region=EG | label=<small>[[Damiette]]</small> | mark=Yellow ffff00 pog.svg}} |
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{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=12 | lat=31/07// | long=30/56// | region=EG | label=<small>[[Kafr asch-Schaich|Kafr asch-<br>Schaich]]</small> | mark=Yellow ffff00 pog.svg}} |
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{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=9 | lat=29/18// | long=30/50// | region=EG | label=<small>[[al-Fayy?m|Fayum]]</small> | mark=Yellow ffff00 pog.svg}} |
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{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=9 | lat=27/39// | long=30/42// | region=EG | label=<small>Delga</small> | mark=Yellow ffff00 pog.svg}} |
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{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=9 | lat=26/33// | long=31/42// | region=EG | label=<small>[[Sohag]]</small> | mark=Yellow ffff00 pog.svg}} |
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{{ Positionskarte~ | Y=94 | X=60 | position=6 | label_style=bold/uppercase|label_color=#646464 | label=<small>Sudan</small>}} |
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{{ Positionskarte~ | Y=50 | X=4 | position=6 | label_style=bold/uppercase|label_color=#646464 | label=<small>Libyen</small>}} |
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{{ Positionskarte~ | Y=9 | X=83 | position=6 | label_style=bold/uppercase|label_color=#646464 | label=<small>Israel</small>}} |
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{{ Positionskarte~ | Y=12 | X=92 | position=6 | label_style=bold/uppercase|label_color=#646464 | label=<small>Jordanien</small>}} |
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{{ Positionskarte~ | Y=27 | X=92 | position=6 | label_style=bold/uppercase|label_color=#646464 | label=<small>Saudi-Arabien</small>}} |
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{{ Positionskarte~ | Y=0 | X=25 | position=6 | label_style=bold/italic/letterspacing/uppercase|label_color=#2A6DB5 | label=Mittelmeer}} |
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{{ Positionskarte~ | Y=65 | X=91 | position=6 | label_style=bold/italic/letterspacing/uppercase|label_color=#2A6DB5 | label=Rotes</br>Meer}} |
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{{ Positionskarte~ | Y=21 | X=73 | position=6 | label=<small>''[[Sinai-Halbinsel|Sinai-<br>Halbinsel]]''</small>}} |
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Nach dem Freitagsgebet demonstrierten am 16. August in mehreren Städten Ägyptens Zehntausende gegen Polizeigewalt und die Entmachtung von Präsident Mursi.<ref name="FAZ-net_2013-08-16_AST">''[http://www.webcitation.org/6KUFM4ceF Nach Freitagsgebeten - Abermals Dutzende Tote bei ägyptischen Protesten]'', FAZ.net (mit ?Christoph Ehrhardt), 16. August 2013, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/naher-osten/nach-freitagsgebeten-abermals-dutzende-tote-bei-aegyptischen-protesten-12534361.html Original] am 19. Oktober 2013.</ref> |
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Nach Angaben der Übergangsregierung wurden bei Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und Anhängern des gestürzten Präsidenten am 16. August landesweit erneut mindestens 173 Zivilisten getötet und 1330 Menschen verletzt.<ref name="BZ_2013-08-17_TDZ" /><ref name="Welt_2013-08-17_ÄPA">''[http://www.webcitation.org/6IxiCNvHM Nach Feuergefecht – Ägypten prüft Auflösung der Muslimbruderschaft]'', Die Welt, 17. August 2013, archiviert vom [http://www.welt.de/politik/ausland/article119120689/Aegypten-prueft-Aufloesung-der-Muslimbruderschaft.html Original] am 18. August 2013.</ref><ref name="DW_2013-08-17_MM">''[http://www.webcitation.org/6J4RmuHDh Ägypten – Die Macht der Märtyrerlogik]'', Deutsche Welle, 17. August 2013, von Markus Symank, archiviert vom [http://www.dw.de/die-macht-der-m%C3%A4rtyrerlogik/a-17027115 Original] am 22. August 2013.</ref> Davon fielen 95 Todesopfer allein auf Kairo, wo auch ein Sohn des Chefs der Muslimbruderschaft, [[Muhammad Badi'e]], erschossen wurde.<ref name="BZ_2013-08-17_TDZ" /> In Ismailia wurden nach Angaben aus Krankenhäusern vier Demonstranten getötet. In der Hafenstadt Damietta starben Sanitätern zufolge acht Demonstranten.<ref name="FAZ-net_2013-08-16_AST" /> |
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Zentrum der Proteste in Kairo war der Ramses-Platz, wohin Tausende Demonstranten von den Moscheen nach dem Freitagsgebet zu einer zentralen Kundgebung zogen.<ref name="Zeit-OL_2013-08-16_PIK" /><ref name="FAZ-net_2013-08-16_AST" /> Die Polizei schoss mit Tränengas und scharfer Munition, nach Zeugenberichten wurden Steine und Brandsätze geworfen.<ref name="Zeit-OL_2013-08-16_PIK">''[http://www.webcitation.org/6JkUycMAS Ägypten - Polizei in Kairo schießt auf Demonstranten]'', Zeit Online, 16. August 2013, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-08/aegypten-gewalt-live-blog Original] am 19. September 2013.</ref> Patrick Kingsley berichtete für den ''Guardian'', er sei „Augenzeuge eines Massakers“ an mindestens 19 Menschen am Ramses-Platz geworden.<ref name="Zeit-OL_2013-08-16_PIK" /><ref name="Guardian_2013-08-16_DCE">''[http://www.webcitation.org/6JkVYcfAm Egypt: deadly clashes erupt again on streets of Cairo]'' (englisch). The Guardian, 16. August 2013, von Shiv Malik und Adam Gabbatt, archiviert vom [http://www.theguardian.com/world/middle-east-live/2013/aug/16/egypt-muslim-brotherhood-day-iof-rage-live Original] am 19. September 2013.</ref> Der ''Guardian'' bezeugte Dutzende von Leichen auf dem Boden der Al-Fetah-Moschee am Ramses-Platz liegend gesehen zu haben.<ref name="Guardian_2013-08-16_DCE" /> Ein Sprecher der Muslimbruderschaft gab an, dass 45 Menschen am Ramses-Platz von Seiten der Putschisten getötet worden seien.<ref name="Guardian_2013-08-16_DCE" /><ref name="FAZ-net_2013-08-16_AST" /> Aus dem Innenministeriums hieß es dagegeb, Dutzende Demonstranten hätten die nahe gelegene Ezbekija-Polizeistation attackiert, worauf ein Gefecht mit Schusswaffen auf beiden Seiten entbrannt sei, bei dem mehrere unbeteiligte Zivilisten getötet worden seien.<ref name="FAZ-net_2013-08-16_AST" /> |
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Ein zweites Zentrum der Gewalt in Kairo war die 15.-Mai-Brücke.<ref name="Zeit-OL_2013-08-16_PIK" /> Sie wurde am 16. August zu einem Hauptschauplatz blutiger Gefechte zwischen Sicherheitskräften und protestierenden Anhängern der Muslimbrüder.<ref name="Welt_2013-08-20_ETK">''[http://www.webcitation.org/6JmKnxumn Ägypten - Es tobt ein Kampf um die Seele von Kairo]'', Die Welt, 18. August 2013, von Andrea Backhaus, Daniel-Dylan Böhmer und Selma Köhn, archiviert vom [http://www.welt.de/politik/ausland/article119126074/Es-tobt-ein-Kampf-um-die-Seele-von-Kairo.html Original] am 20. September 2013.</ref> Menschen sprangen in Panik von der Brücke.<ref name="Zeit-OL_2013-08-16_PIK" /> |
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Seit dem 14. August erhöhte sich die offizielle Zahl der Toten in ganz Ägypten damit auf mehr als 800, die der getöteten Polizisten auf 57.<ref name="BZ_2013-08-17_TDZ" /><ref name="Welt_2013-08-17_ÄPA" /> Die Regierung nahm Massenverhaftungen vor. Nach offiziellen Angaben wurden vom 16. August bis zum 17. August 1004 Personen festgenommen, darunter nach Angabe aus Sicherheitskreisen auch ein Bruder von [[al-Qaida]]-Chef [[Aiman az-Zawahiri|Aiman Al-Sawahiri]].<ref name="BZ_2013-08-17_TDZ">''[http://www.webcitation.org/6IxfPpNWQ Krise in Ägypten – Tage des Zorns]'', Berliner Zeitung, 17. August 2013, archiviert vom [http://www.berliner-zeitung.de/politik/krise-in-aegypten-tage-des-zorns,10808018,24037290.html Original] am 18. August 2013.</ref> |
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Am 17. August räumten Mitglieder einer Spezialeinheit nach heftigen, aber unblutigen Schusswechseln mit bewaffneten Anhängern Mursis gewaltsam die von Polizei, Militär und einer Menschenmenge belagerte [[Al-Fateh-Moschee (Kairo)|Al-Fateh-Moschee]] im Stadtzentrum Kairos, in der sich mindestens 700 Mursi-Anhänger nach einer Demonstration vom 16. August nach Beginn der Ausgangssperre verbarrikadiert und laut Augenzeugenberichten aus Angst vor den Sicherheitskräften und Schlägerbanden um freies Verlassen der Moschee verhandelt hatten.<ref name="BZ_2013-08-17_TDZ" /><ref name="Welt_2013-08-17_ÄPA" /><ref name="Spiegel-OL_2013-08-17_SSF">''[http://www.webcitation.org/6IxklvIAN Kairo: Sicherheitskräfte sollen Fatah-Moschee geräumt haben]'' (Videostream), Spiegel Online, 17. August 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/kairo-sicherheitskraefte-sollen-fatah-moschee-geraeumt-haben-a-917144.html Original] am 18. August 2013.</ref><ref name="Spiegel-OL_2013-08-17_NUF">''[http://www.webcitation.org/6Ixn0SL75 Machtkampf in Ägypten: Nervenkrieg um die Fatah-Moschee]'', Spiegel Online, 17. August 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/kairo-mursi-anhaenger-harren-in-belagerter-moschee-aus-a-917065.html Original] am 18. August 2013.</ref><ref name="Spiegel-OL_2013-08-17_SBW">''[http://www.webcitation.org/6IxlzCGfB Machtkampf in Ägypten: Sicherheitskräfte belagern weiter Fatah-Moschee]'', Spiegel Online, 17. August 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/video/kairo-fatah-moschee-weiter-von-armee-belagert-video-1290291-iframe.html Original] am 18. August 2013.</ref><ref name="FAZ.NET_2013-08-18_MKN" /> Dabei wurden nach Angaben der Übergangsregierung 385 Menschen festgenommen.<ref name="FAZ.NET_2013-08-18_MKN">''[http://www.webcitation.org/6IxxSmyI6 Ägypten – Muslimbrüder kündigen neue Proteste an]'', FAZ.NET (Frankfurter Allgemeine Zeitung), 18. August 2013, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/aegypten-muslimbrueder-kuendigen-neue-proteste-an-12536828.html Original] am 18. August 2013.</ref> |
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Ein Bericht von [[Amnesty International]], der die Ergebnisse eines Teams der Menschenrechtsorganisation bei der Besichtigung in Krankenhäusern und Leichenhallen in Kairo auswertete, beschrieb als Auffälligkeit bei den Opfern zahlreiche Einschüsse in Kopf und Brust. Der Ägyptologe Henning Franzmeier erklärte, dass die Sicherheitskräfte „nicht zwischen friedlichen und gewaltbereiten Demonstranten“ unterscheiden würden.<ref name="DW_2013-08-19_GKV">''[http://www.webcitation.org/6J4BGFz8m Arabische Welt – Geballte Kritik vor der ägyptischen Botschaft]'', Deutsche Welle, 19. August 2013, von Heiner Kiesel, archiviert vom [http://www.dw.de/geballte-kritik-vor-der-%C3%A4gyptischen-botschaft/a-17030391 Original] am 22. August 2013.</ref><ref name="FAZ-NET_2013-08-18_VTA">''[http://www.webcitation.org/6J4KnbyhN Ägypten – Viele Tote bei Ausbruchsversuch von Muslimbrüdern]'', FAZ.NEZ (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18. August 2013, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/aegypten-viele-tote-bei-ausbruchsversuch-von-muslimbruedern-12536828.html Original] am 22. August 2013.</ref> |
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==== Massentod von Untersuchungshäftlingen (18. August) ==== |
==== Massentod von Untersuchungshäftlingen (18. August) ==== |
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Das inzwischen vierte und diesmal in Polizeigewahrsam geschehene Blutbad an Anhängern der Muslimbruderschaft rief auch unter Mursi-Gegnern und Unterstützern des Militärputsches Reaktionen des Entsetzens hervor.<ref name="Tagesspiegel_2013-08-19_ÄVG" /> |
Das inzwischen vierte und diesmal in Polizeigewahrsam geschehene Blutbad an Anhängern der Muslimbruderschaft rief auch unter Mursi-Gegnern und Unterstützern des Militärputsches Reaktionen des Entsetzens hervor.<ref name="Tagesspiegel_2013-08-19_ÄVG" /> |
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==== Ausreise el-Baradeis (18. August) ==== |
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Der in der vorangegangenen Woche aus Protest gegen die exzessive Gewalt der Militärs bei der Räumung der Muslimbrüder-Lager zurückgetretene Vizepräsident Mohammed el Baradei flog am 18. August nach [[Wien]], Medienberichten zufolge angeblich aus Furcht um sein Leben flüchtend.<ref name="Tagesspiegel_2013-08-19_ÄVG">''[http://www.webcitation.org/6JE2HpYS5 Erneut Massaker und viele Tote – Ägypten versinkt in der Gewalt]'', Der Tagesspiegel, 19. August 2013, von Martin Gehlen und Albrecht Meier, archiviert vom [http://www.tagesspiegel.de/politik/erneut-massaker-und-viele-tote-aegypten-versinkt-in-der-gewalt/8661366.html Original] am 29. August 2013.</ref> |
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==== Haftentlassung Mubaraks und Frage der Restauration von Mubarak-Strukturen ==== |
==== Haftentlassung Mubaraks und Frage der Restauration von Mubarak-Strukturen ==== |
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Aufgrund der Haftentlassung von Husni Mubarak, der Ägypten bis 2011 autoritär als Staatspräsident regiert hatte, wurde am 22. August eine erneute Verschärfung der Lage in Ägypten befürchtet.<ref>''[http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-ex-diktator-mubarak-aus-gefaengnis-entlassen-a-918062.html Mubarak aus Gefängnis entlassen]'' Spiegel Online, 22. August 2013, abgerufen am 22. August 2013.</ref><ref name="Spiegel-OL_2013-08-22_MFS">''[http://www.webcitation.org/6J590QXzI Krise in Ägypten: Mubaraks Freilassung schürt Furcht vor blutigem Freitag]'', Spiegel Online, 22. August 2013, von Matthias Gebauer, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/mubarak-frei-aegypten-sieht-neuen-blutigen-protesten-entgegen-a-918110.html Original] am 23. August 2013.</ref><ref name="tagesschau-de_2013-08-23_FMN">''[http://www.webcitation.org/6J59Co7Gb Proteste nach Mubarak-Freilassung erwartet – Ein Freitag mit neuem Zündstoff]'', tagesschau.de, 23. August 2013, archiviert vom [http://www.tagesschau.de/ausland/mubarak-entlassung106.html Original] am 23. August 2013.</ref> Der Entlassung Mubaraks, gegen den noch mehrere Gerichtsprozesse liefen, wurde Symbolwert beigemessen, da seine juristische Aburteilung somit als gescheitert erschien. Die Muslimbrüder, die den Sturz Mursis durch das Militär von Beginn an als Versuch zur Wiederherstellung der alten Verhältnisse wie unter Mubarak gewertet hatten, sahen in der Haftentlassung Mubaraks einen Beleg dafür und kündigten Proteste an.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-22_MFS" /> |
Aufgrund der Haftentlassung von Husni Mubarak, der Ägypten bis 2011 autoritär als Staatspräsident regiert hatte, wurde am 22. August eine erneute Verschärfung der Lage in Ägypten befürchtet.<ref>''[http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-ex-diktator-mubarak-aus-gefaengnis-entlassen-a-918062.html Mubarak aus Gefängnis entlassen]'' Spiegel Online, 22. August 2013, abgerufen am 22. August 2013.</ref><ref name="Spiegel-OL_2013-08-22_MFS">''[http://www.webcitation.org/6J590QXzI Krise in Ägypten: Mubaraks Freilassung schürt Furcht vor blutigem Freitag]'', Spiegel Online, 22. August 2013, von Matthias Gebauer, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/mubarak-frei-aegypten-sieht-neuen-blutigen-protesten-entgegen-a-918110.html Original] am 23. August 2013.</ref><ref name="tagesschau-de_2013-08-23_FMN">''[http://www.webcitation.org/6J59Co7Gb Proteste nach Mubarak-Freilassung erwartet – Ein Freitag mit neuem Zündstoff]'', tagesschau.de, 23. August 2013, archiviert vom [http://www.tagesschau.de/ausland/mubarak-entlassung106.html Original] am 23. August 2013.</ref> Der Entlassung Mubaraks, gegen den noch mehrere Gerichtsprozesse liefen, wurde Symbolwert beigemessen, da seine juristische Aburteilung somit als gescheitert erschien. Die Muslimbrüder, die den Sturz Mursis durch das Militär von Beginn an als Versuch zur Wiederherstellung der alten Verhältnisse wie unter Mubarak gewertet hatten, sahen in der Haftentlassung Mubaraks einen Beleg dafür und kündigten Proteste an.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-22_MFS" /> |
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Im August ernannte Übergangspräsident Mansur anderthalb Dutzend Gouverneure, von denen die meisten ehemalige Generäle aus Polizei oder Armee waren, was von |
Im August ernannte Übergangspräsident Mansur anderthalb Dutzend Gouverneure, von denen die meisten ehemalige Generäle aus Polizei oder Armee waren, was von Beobachtern in der FAZ als Zeichen für das Fortbestehen oder Wiedererstarken des Repressionsapparats aus der Zeit unter Mubarak gewertet wurde.<ref name="FAZ_2013-09-25_WIN">''[http://www.webcitation.org/6KC0vearh Ägypten - Wo immer noch das Chaos herrscht]'', Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25. September 2013, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afrika/aegypten-wo-immer-noch-das-chaos-herrscht-12589883.html Original] am 7. Oktober 2013.</ref><ref name="FAZ_2013-08-15_ÄIT" /> Zu den sich mehrenden Anzeichen, dass das Militär seine Position festigte, gehörte auchg die Pressekonferenz, die Innenminister Mohamed Ibrahim, der noch dem alten Sicherheitsapparats entsammte, am späten Abend 14. August abhielt. Er hob hervor, dass 21 Polizeistationen angegriffen worden seien und versprach, dass die Sicherheit in Ägypten nach Stabilisierung der Lage besser sein werde als vor dem 25. Januar 2011, als der Aufstand gegen Mubarak begann.<ref name="FAZ_2013-08-15_ÄIT" /> |
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==== Frage der Präsidentschaftskandidatur Sisis ==== |
==== Frage der Präsidentschaftskandidatur Sisis ==== |
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Anfang September wuchs die Unterstützung für eine mögliche Kandidatur Sisis für die voraussichtlich Anfang 2014 abzuhaltende Präsidentenwahl weiter. Als für den Putsch gegen Mursi an führender Stelle verantwortlicher „starker Mann“ hatte er mit seinem wiederholten rabiaten militärischen Vorgehen gegen die Muslimbrüder in den vorangegangenen Wochen eine Solidarisiserung eines großen Teils des Volkes mit der Armee erreicht. Insbesondere nahm er darüber hinaus eine zentrale Stellung im Übergangsprozess in Ägypten ein, an dessen Ende Neuwahlen und eine überarbeitete Verfassung angekündiht waren.<ref name="Süddeutsche-de_2013-09-09_MAA">''[http://www.sueddeutsche.de/politik/umbruch-in-aegypten-militaerchef-al-sisi-als-kuenftiger-praesident-im-gespraech-1.1766222 Umbruch in Ägypten - Militärchef al-Sisi als künftiger Präsident im Gespräch]'', Süddeutsche.de, 9. September 2013, abgerufen am 10. September 2013.</ref> |
Anfang September wuchs die Unterstützung für eine mögliche Kandidatur Sisis für die voraussichtlich Anfang 2014 abzuhaltende Präsidentenwahl weiter. Als für den Putsch gegen Mursi an führender Stelle verantwortlicher „starker Mann“ hatte er mit seinem wiederholten rabiaten militärischen Vorgehen gegen die Muslimbrüder in den vorangegangenen Wochen eine Solidarisiserung eines großen Teils des Volkes mit der Armee erreicht. Insbesondere nahm er darüber hinaus eine zentrale Stellung im Übergangsprozess in Ägypten ein, an dessen Ende Neuwahlen und eine überarbeitete Verfassung angekündiht waren.<ref name="Süddeutsche-de_2013-09-09_MAA">''[http://www.sueddeutsche.de/politik/umbruch-in-aegypten-militaerchef-al-sisi-als-kuenftiger-praesident-im-gespraech-1.1766222 Umbruch in Ägypten - Militärchef al-Sisi als künftiger Präsident im Gespräch]'', Süddeutsche.de, 9. September 2013, abgerufen am 10. September 2013.</ref> |
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Nach Meldungen vom 9. Oktober hielt der „maßgeblich am Sturz Mursis beteiligte“ Militärchef Sisi in einem Interview offen, ob er eine Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl 2014 anstrebe. Er halte es derzeit für unangemessen, „diese Frage im Licht der Herausforderungen und Risiken zu stellen, die das Land durchmacht“.<ref name="Zeit-OL_2013-10-09-UWM" /> Zu diesem Zeitpunkt war bereits eine heftige Diskussion über seine mögliche Präsidentschaftskandidatur im Gang, zu der man ihn durch Sammeln von Unterschriften zu bewegen versuchte. Als Führer einer Allianz von bedeutenden Persönlichkeiten aus der Mubarak-Ära, Vertretern aus dem Polizei- und Militärapparat, der Business-Eliten und vieler Politiker, die nach der Revolution bekannt geworden waren, war sein |
Nach Meldungen vom 9. Oktober hielt der „maßgeblich am Sturz Mursis beteiligte“ Militärchef Sisi in einem Interview offen, ob er eine Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl 2014 anstrebe. Er halte es derzeit für unangemessen, „diese Frage im Licht der Herausforderungen und Risiken zu stellen, die das Land durchmacht“.<ref name="Zeit-OL_2013-10-09-UWM" /> Zu diesem Zeitpunkt war bereits eine heftige Diskussion über seine mögliche Präsidentschaftskandidatur im Gang, zu der man ihn durch Sammeln von Unterschriften zu bewegen versuchte.<ref name="NZZ_2013-10-07_ATK" /> Als Führer einer Allianz von bedeutenden Persönlichkeiten aus der Mubarak-Ära, Vertretern aus dem Polizei- und Militärapparat, der Business-Eliten und vieler Politiker, die nach der Revolution bekannt geworden waren, war sein Porträt „auf Plakatwänden, Schulranzen und auf Süssigkeiten“ allgegenwärtig.<ref name="NZZ_2013-10-07_ATK" /><ref name="Spiegel-Ol_2013-10-17_WGS" /> Die Online-Ausgabe des deutschen Massenblattes [[Bild (Zeitung)|Bild-Zeitung]] kommentierte im Zusammenhang mit dem fehlenden Ausschluss seiner Kandidatur im Interview Sisis und der Kandidatschaftskampagne für Sisi, die Armeeführung hätte politische Ambitionen zuvor stets bestritten, doch gelte der „aktuelle Übergangspräsident Adli Mansur [...] im Grund genommen als Marionette al-Sisis“.<ref name="Bild-de_2013-10-09_ÄVN">''[http://www.webcitation.org/6KKLdbVIM Ägypten vor neuer ZerreißprobeMord-Prozess gegen Mursi im November - Armeechef al-Sisi schließt Präsidentschaftskandidatur nicht aus - Bericht: USA streichen Militärhilfen]'', Bild.de, archiviert vom [http://www.bild.de/politik/ausland/aegypten-krise/mordprozess-gegen-mursi-im-november-32895054.bild.html Original] am 13. Oktober 2013.</ref> Mansur, der noch von Mubarak persönlich zum stellvertretenden Leiter des höchsten ägyptischen Gerichts ernannt worden war, kontrollierte als „Marionette des Militärs“ (Markus Bickel/''Die Zeit'') und Chef des Verfassungsgerichts seit dem Putsch gegen Mursi sowohl [[Legislative]] als auch [[Exekutive]] und vereinigte somit größtmögliche Verfügungsgewalt in seinem Amt.<ref name="FAZ_2013-07-06_GR">''[http://www.webcitation.org/6KKRDfMo9 Staatsstreich in Ägypten - Die gestohlene Revolution]'', Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6. Juli 2013, von Markus Bickel, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/staatsstreich-in-aegypten-die-gestohlene-revolution-12273230.html Original] am 13. Oktober 2013.</ref> |
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Im Oktober veröffentlichte die mit den Islamisten sympathisierende Nachrichtenseite ''Rasd'' angeblich nicht freigegebene Audio-Mitschnitte, die aus einem Gespräch zwischen Sisi und Jasser Rizk, dem Chefredakteur der Staatszeitung ''Al-Masry Al-Youm'', stammen sollen und als Beleg dienen sollten, dass sich Militächef Sisi auch nach den im offiziellen politischen Fahrplan baldig vorgesehenen Neuwahlen und der Wahl einer neuen Regierung unabhängig vom Wahlausgang weitreichende Befugnisse sichern wolle, die ihn in seiner Position unantastbar machen. In dem von ''Rasd'' veröffentlichten Gespräch soll Sisi dem Chefredakteur sagen: „Sie sollten eine Kampagne starten mit anderen Intellektuellen zusammen. Fordern Sie, dass die Verfassung einen Artikel bekommt, der General Sisi Immunität gibt in seiner Position als Verteidigungsminister und ihm erlaubt, das Amt zu behalten. Auch für den Fall, dass er nicht Präsident wird.“<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-17_WGS" /><ref name="Rassd-com_Sisi-Rizk">''[http://www.webcitation.org/6KRWkZazs???| ??????: ??? ?????? ?????? ????? ????? ??? ???: ??????? ???? ???? ?????? ?????]'' (arabisch). leaks.rassd.com/, 16. Oktober 2013, archiviert vom [http://leaks.rassd.com/ Orignal] am 17. Oktober 2013. Link zum Livestream (Login erforderlich): [http://new.livestream.com/accounts/5809777/events/2478226/videos/32445506 ???| ??????: ??? ?????? ?????? ????? ????? ??? ???: ??????? ???? ???? ?????? ?????].</ref> Ob Sisi selbst bei den Präsidentschaftswahlen kandidieren wolle oder nicht, hatte der General weiterhin offengelassen. Die Unterschriftenkampagne mit der Forderung, dass Sisi der nächste Präsident wird, sollte zu diesem Zeitpunkt angeblich bereits Millionen Unterschriften gesammelt haben. Wer hinter der Kampagne stand, war nicht bekannt geworden.<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-17_WGS">''[http://www.webcitation.org/6KRUjBFJN Ägyptens Militärchef: Wie General Sisi seine Macht sichert]'', Spiegel Online, 17. Oktober 2013, von Raniah Salloum, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-sisi-gibt-die-macht-nicht-wieder-her-a-928330.html Original] am 17. Oktober 2013.</ref> |
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Mitte Oktober übermalten sowohl von der Regierung bezahlte Malertrupps, als auch Anwohner die Fassaden immer wieder mit weißer Farbe, die Nacht für Nacht erneut von Sisi-Gegnern mit Botschaften wie „C.C. Mörder“ oder „C.C. Verräter“ besprüht wurden (die Buchstaben „C.C.“ stehen Englisch ausgesprochen für den Namen des Militächefs „Sisi“).<ref name="BZ_2013-10-21_PKU">''[http://www.webcitation.org/6KXOYqtpN Street Art in Ägypten - Pinsel-Kampf um Kairos Fassaden]'', Berliner Zeitung, von Julia Gerlach, archiviert vom [http://www.berliner-zeitung.de/politik/street-art-in-aegypten-pinsel-kampf-um-kairos-fassaden,10808018,24721248.html Original] am 21. Oktober 2013.</ref> |
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==== Militäroperation auf dem Sinai ==== |
==== Militäroperation auf dem Sinai ==== |
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{{ Positionskarte+ | Ägypten Sinai | width=200 | float=right | maptype= | caption=Lage ausgewählter Orte auf dem Sinai | places= |
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{{ Positionskarte~ | Ägypten Sinai | position=9 | lat=31/04// | long=33/50// | region=EG | label=[[al-Arisch|Arisch]]}} |
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{{ Positionskarte~ | Ägypten Sinai | position=3 | lat=29/58// | long=32/33// | region=EG | label=[[Sues]]}} |
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{{ Positionskarte~ | Ägypten Sinai | position=3 | lat=31/15// | long=32/17// | region=EG | label=[[Port Said]]}} |
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{{ Positionskarte~ | Ägypten Sinai | position=3 | lat=31/17/00 | long=34/15/00 | region=EG | label=[[Rafah]]}} |
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{{ Positionskarte~ | Ägypten Sinai | position=2 | lat=30/35// | long=32/16// | region=EG | label=[[Ismailia]]}} |
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{{ Positionskarte~ | Ägypten Sinai | position=1 | lat=28/14/30/ | long=33/37/20 | region=EG | label=[[Al-Tur]]}} |
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{{ Positionskarte~ | Ägypten Sinai | position=5 | lat=31/04/15/ | long=34/11/08 | region=EG | label=[[Scheich Suwaid]]}} |
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{{ Positionskarte~ | Ägypten Sinai | position=3 | lat=31/08// | long=34/14// | region=EG | label=[[Al-Gora]]}} |
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{{ Positionskarte~ | Ägypten Sinai | position=12 | lat=27/52// | long=34/17// | region=EG | label=[[Scharm El-Scheich]]}} |
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{{ Positionskarte~ | Ägypten Sinai | position=9 | lat=31/12/13/ | long=34/04/45/ | region=EG | label=[[al-Tuma|Tuma]]}} |
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{{ Positionskarte~ | Ägypten Sinai | position=4 | lat=30/34/21/ | long=32/04/43/ | region=EG | label=[[Abu Suwair]]}} |
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{{ Positionskarte~ | Y=4 | X=55 | position=6 | label=[[Gazastreifen]]}} |
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{{ Positionskarte~ | Y=40 | X=50 | position=6 | label=''[[Sinai-Halbinsel|Sinai-<br>Halbinsel]]''}} |
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{{ Positionskarte~ | Y=60 | X=27 | position=6 | label=''[[Golf von Sues|Golf<br>von</br>Sues]]''}} |
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{{ Positionskarte~ | Y=20 | X=88 | position=6 | label_style=bold/uppercase|label_color=#646464 | label=<small>Israel</small>}} |
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{{ Positionskarte~ | Y=70 | X=89 | position=6 | label_style=bold/uppercase|label_color=#646464 | label=<small>Saudi-Arabien</small>}} |
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{{ Positionskarte~ | Y=0 | X=18 | position=6 | label_style=bold/italic/letterspacing/uppercase|label_color=#2A6DB5 | label=Mittelmeer}} |
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{{ Positionskarte~ | Y=90 | X=78 | position=6 | label_style=bold/italic/letterspacing/uppercase|label_color=#2A6DB5 | label=Rotes</br>Meer}} |
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Nach dem Sturz von Husni Mubarak hatten sich in der nördlichen Sinai-Halbinsel islamistische Milizen und Schmugglerbanden etabliert.<ref name="Standard-at_2013-10-17_DÄS">''[http://www.webcitation.org/6KSuajowp Demonstrationsrecht in Ägypten soll noch stärker eingeschränkt werden]'', derStandard.at, 17. Oktober 2013, archiviert vom [http://derstandard.at/1381368879744/Demonstrationsrecht-in-Aegypten-soll-noch-staerker-eingeschraenkt-werden Original] am 18. Oktober 2013.</ref> Die Region wurde zu einer Hochburg militanter Islamisten.<ref name="business-panorama_2013-10-11" /> Seitdem die Armee Anfang Juli Präsident Mursi stürzte, verstärkten Dschihadisten ihre Angriffe auf staatliche Einrichtungen, Polizeistationen und Militärstützpunkte deutlich auf dem Sinai.<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-09_ASW" /><ref name="business-panorama_2013-10-11" /><ref name="Standard-at_2013-10-17_DÄS" /> Daraufhin ging die Armee bei einer Militäroffensive unter anderem massiv gegen bewaffnete Gruppen nahe der israelischen Grenze vor.<ref name="Standard-at_2013-10-17_DÄS" /> |
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=====Verlauf===== |
=====Verlauf===== |
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Am Morgen des 19. August, einen Tag nachdem 36 Häftlinge bei einem Transport in Polizeigewahrsam nach offiziellen Angaben erstickt sind,<ref name="Spiegel-OL_2013-08-18_DIF" /><ref name="Tagesspiegel_2013-08-19_ÄVG" /> beschossen [[Gotteskrieger]] im nördlichen Sinai nahe der ägyptischen-[[Palästina|palästinensischen]] Grenzstadt [[Rafah]] Kleinbusse mit Polizisten und töteten 25 Polizisten. Es handelte sich bei dem Blutbad seit Jahren um die schwerste Gewalttat auf der Sinai-Halbinsel, deren nördlicher Teil zunehmend außer Kontrolle geriet.<ref name="Tagesspiegel_2013-08-19_ÄVG" /> Am Abend des 29. August töteten Soldaten an einer Straßensperre vor dem Stützpunkt der Multinationalen Beobachtermission auf dem Sinai vier mutmaßliche Extremisten. Laut Angabe eines Angehörigen der Sicherheitskräfte sollen sich die bewaffneten Männer nach Beginn der Ausgangssperre mit ihrem Fahrzeug auf den Stützpunkt Al-Gora zubewegt und sich an dem Kontrollposten geweigert haben anzuhalten, worauf die Soldaten alle vier Insassen des Fahrzeugs getötet hätten. Die Multinationale Beobachtermission überwacht die Einhaltung des Friedensabkommens zwischen Israel und Ägypten. Seit dem Sturz des Präsidenten Mursi durch das Militär hatten die Angriffe militanter Islamisten auf Polizei und Armee im Norden der Sinai-Halbinsel zugenommen.<ref name="Süddeutsche-de_2013-08-30_TAF">''[http://www.webcitation.org/6JIdOwUxp Neue Unruhen in Ägypten – Tote am „Freitag der Entschlossenheit“]'', Süddeutsche.de, 30. August 2013, archiviert vom [http://www.sueddeutsche.de/politik/neue-unruhen-in-aegypten-mehrere-menschen-kommen-am-freitag-der-entschlossenheit-ums-leben-1.1759281 Original] am 1. September 2013.</ref> |
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Anfang September startete die ägyptische Armee eine großangelegte Offensive gegen militante Islamisten, die auf der Sinai-Halbinsel Stützpunkte errichtet hatten. Militärsprecher Ahmad Ali kündigte im September an: „Wir schreiten gegen die Terroristen ein, anstatt einfach nur auf Terroranschläge zu reagieren“.<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-09_ASW">''[http://www.webcitation.org/6KF6K9zQk Blutige Militärkampagne: Auf dem Sinai wächst die Wut auf Ägyptens Armee]'', Spiegel Online, 9. Oktober 2013, von Christoph Sydow, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-auf-dem-sinai-waechst-wut-auf-armee-und-sisi-a-926949.html Original] am 9. Oktober 2013.</ref> Nach einer durch zwei Selbstmordanschläge bedingten kurzen Pause führte das Militär seine am 7. September begonnene Offensive auf dem Sinai gegen islamistische Extremisten fort, die als die größte derartige Offensive in der jüngeren Vergangenheit gilt.<ref name="Zeit-OL_2013-09-13_ETB" /> Am |
Anfang September startete die ägyptische Armee eine großangelegte Offensive gegen militante Islamisten, die auf der Sinai-Halbinsel Stützpunkte errichtet hatten. Militärsprecher Ahmad Ali kündigte im September an: „Wir schreiten gegen die Terroristen ein, anstatt einfach nur auf Terroranschläge zu reagieren“.<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-09_ASW">''[http://www.webcitation.org/6KF6K9zQk Blutige Militärkampagne: Auf dem Sinai wächst die Wut auf Ägyptens Armee]'', Spiegel Online, 9. Oktober 2013, von Christoph Sydow, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-auf-dem-sinai-waechst-wut-auf-armee-und-sisi-a-926949.html Original] am 9. Oktober 2013.</ref> Nach einer durch zwei Selbstmordanschläge bedingten kurzen Pause führte das Militär seine am 7. September begonnene Offensive auf dem Sinai gegen islamistische Extremisten fort, die als die größte derartige Offensive in der jüngeren Vergangenheit gilt.<ref name="Zeit-OL_2013-09-13_ETB" /> Am Wochenende von Ende August zu Anfang September wurde auf der Sinai-Halbinsel der Al-Kaida-Anführer Adel Habara festgenommen. Beobachter vermuteten einen Zusammenhang zwischen der Festnahme und dem in der darauffolgenden Woche verübten und laut Korrespondentenberichten in seiner Art in Ägypten ungewöhnlichen Sprengstoffattentat auf den ägyptischen Innenminister Mohammed Ibrahim in Kairo, das die Muslimbrüderschaft scharf verurteilte.<ref name="DW_2013-09-05" /> Bis zum 10. September töteten Soldaten auf der strategisch wichtigen und an Israel und den Gazastreifen grenzenden Halbinsel Armeeangaben zufolge mindestens 29 Verdächtige.<ref name="Zeit-OL_2013-09-13_ETB" /> Am 11. September zerstörte ein Selbstmordattentäter das Hauptquartier der Sicherheitskräfte in Rafah, wobei mindestens drei Menschen getötet und zehn weitere verletzt wurden.<ref name="NZZ_2013-10-07_ATK" /> Am 13. September griffen Kampfhubschrauber Stellungen mutmaßlicher Rebellen in einem Dutzend Dörfer südlich der Stadt Scheich Suwaid und in der Nähe von Arisch an.<ref name="Zeit-OL_2013-09-13_ETB" /> Am 15. September meldete der Armeesprecher, „dem Terrornetzwerk Al-Kaida nahestehende Aufständische“ hätten auf dem Sinai seit Anfang Juli mehr als 100 Angehörige der Sicherheitskräfte getötet.<ref name="20min-ch_2013-10-07_1TN" /><ref name="Guardian_2013-10-07_GKS">''[http://www.webcitation.org/6KDKMo8uu Gunmen kill six Egyptian soldiers near Suez canal]'' (englisch). The Guardian, 7. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.theguardian.com/world/2013/oct/07/gunmen-kill-six-egyptian-soldiers Original] am 8. Oktober 2013.</ref> Bis Anfang Oktober beliefen sich die offiziellen Verluste der Sicherheitskräfte auf 125 Tote bei fast 1000 weiteren Verletzten.<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-09_ASW" /> |
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Am 5. Oktober wurden laut der staatlichen Nachrichtenagentur Mena bei einem Feuergefecht zwischen Soldaten und Aufständischen vier Menschen erschossen.<ref name="n-tv_2013-10-07_BAA" /> Bewaffnete hatten einen Armeeposten auf einer Verbindungsstraße zwischen Kairo und der Suezkanal-Stadt Ismailia angegriffen und wurden getötet, wobei in ihrem Fahrzeug Sturmgewehre gefunden worden seien.<ref name="Spiegel-OL_2013-10-07_DÄS" /><ref name="n-tv_2013-10-07_BAA" /> |
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Der Süden der strategisch wichtigen Sinai-Halbinsel, wo auch der Badeort Sharm ash-Sheik liegt, blieb hingegen Anfang Oktober ruhig,<ref name="NZZ_2013-10-07_ATK" /> bis am 7. Oktober zwölf Polizisten starben und Dutzende verletzt wurden, als eine Autobombe vor dem Hauptquartier der Sicherheitskräfte in Al-Tur detonierte, wo eine Sitzung hochrangiger Offiziere stattfand.<ref name="20min-ch_2013-10-07_1TN" /><ref name="Zeit-OL_2013-10-07_ZPS" /><ref name="NZZ_2013-10-07_ATK" /> Über die mutmaßlichen Attentäter wurde zunächst nichts bekannt.<ref name="20min-ch_2013-10-07_1TN" /> |
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Der Süden der strategisch wichtigen Sinai-Halbinsel, wo auch der Badeort [[Scharm El-Scheich]] liegt, blieb hingegen Anfang Oktober ruhig,<ref name="NZZ_2013-10-07_ATK" /> bis am 7. Oktober zwölf Polizisten starben und Dutzende verletzt wurden, als eine Autobombe vor dem Hauptquartier der Sicherheitskräfte in Al-Tur detonierte, wo eine Sitzung hochrangiger Offiziere stattfand.<ref name="20min-ch_2013-10-07_1TN" /><ref name="Zeit-OL_2013-10-07_ZPS" /><ref name="NZZ_2013-10-07_ATK" /> Über die mutmaßlichen Attentäter wurde zunächst nichts bekannt.<ref name="20min-ch_2013-10-07_1TN" /> |
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Am 11. Oktober wurden mindestens neun Soldaten bei Bombenanschlägen auf ihre Fahrzeuge auf dem Sinai verletzt.<ref name="business-panorama_2013-10-11" /> |
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Am 7. Oktober kam es landesweit zu Angriffen, bei denen 18 Angehörige von Armee und Polizei getötet wurden. In der Stadt Al-Tur im Süden der Sinai-Halbinsel starben nach Angaben aus Sicherheitskreisen zwölf Polizisten, als eine Autobombe auf dem Gelände der Sicherheitsdirektion detonierte. Dutzende wurden verletzt. In dem Gebäude fand zum Zeitpunkt des Anschlags eine Sitzung hochrangiger Offiziere statt.<ref name="20min-ch_2013-10-07_1TN" /><ref name="Zeit-OL_2013-10-07_ZPS">''[http://www.webcitation.org/6KCJqQT2N Ägypten - Zwölf Polizisten sterben bei Autobomben-Explosion]'', Zeit Online, 7. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-10/aegypten-sinai-explosion-tote Original] am 7. Oktober 2013.</ref> Über die mutmaßlichen Attentäter wurde zunächst nichts bekannt.<ref name="20min-ch_2013-10-07_1TN" /> In der Stadt Ismailia in der Nähe des Suez-Kanals erschossen Unbekannte sechs Soldaten, die sich bei einem Kontrollposten aufhielten.<ref name="20min-ch_2013-10-07_1TN" /><ref name="Reuters-DE_2013-10-07_ATF">''[http://www.webcitation.org/6KElzyjzY Angreifer töten fünf ägyptische Soldaten nahe Suez-Kanal]'', Reuters Deutschland, 7. Oktober 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE99603B20131007 Original] am 9. Oktober 2013.</ref> 35 Menschen sollen bei dieser Attacke in der Nähe der Ortschaft Abu Suwair verletzt worden sein.<ref name="20min-ch_2013-10-07_1TN">''[http://www.webcitation.org/6KCHJBfGs Sinai-Halbinsel - 12 Tote nach Anschlag auf Polizei und Militär]'', 20min.ch, 7. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.20min.ch/ausland/news/story/Attentat-auf-aeygptisches-Hauptquartier-20030330 Original] am 7. Oktober 2013.</ref><ref name="Zeit-OL_2013-10-07_ZPS" /> |
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Am 11. Oktober wurden mindestens neun Soldaten bei Bombenanschlägen auf ihre Fahrzeuge auf dem Sinai verletzt.<ref name="business-panorama_2013-10-11" /> Am späten Abend des 16. Oktober brachen nach Angaben aus Sicherheitskreisen in der Nähe eines Kontrollpunkts der Sicherheitskräfte in der Stadt Arisch Kämpfe mit dem Militär aus, bei denen sechs „Aufständische“ getötet wurden.<ref name="Standard-at_2013-10-17_DÄS" /> |
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Am 13. Oktober wurde ein US-Amerikaner in seiner Gefängniszelle in Ismailia nahe dem Sueskanal erhängt aufgefunden. Sicherheitsbeamte sagten, er habe offenbar Selbstmord begangen. Der Mann war am 27. August unter dem Verdacht in Polizeigewahrsam genommen worden, gegen eine Ausgangssperre verstoßen zu haben. Das ägyptische Innenministerium teilte mit, zum Zeitpunkt seiner Festnahme hätten die Sicherheitskräfte auf eine Autobombe vor einer Polizeistation in der Stadt Sheikh Zwayed im Nord-Sinai reagiert. Seine Haft war am 26. August, einen Tag vor seinem Tod, um 30 Tage verlängert worden. Bereits im September war ein Franzose für angebliche Verletzung einer Ausgangssperre in Kairo in ägyptischer Haft gestorben, als ihn Mitgefangene zu Tode geschlagen hatten.<ref name="VOANews_2013-10-13_SAH">''[http://www.webcitation.org/6KM2JlAsy Egypt: Detained American Hangs Self in Prison]'' (englisch). Voice of America News, 13. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.voanews.com/content/egypt-detained-american-hangs-self-in-prison/1768730.html Original] am 14. Oktober 2013.</ref> |
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=====Kritik===== |
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Das [[Editorial]] des ''Guardian'' vom 9. Oktober bezeichnete Ägypten als „Land im Griff einer Diktatur“, für das neben den Tötungen auch die Anzahl der das Land verlassenden Ägypter signifikant sei sowie die Bestätigung vieler, die in Opposition zu Mursi gestanden hatten wie etwa el-Baradei, dass Ägypten sich nun in Richtung des „[[Faschismus]]“ bewegte.<ref name="Guardian_2013-10-09_FBW" /> Opponenten würden als Nicht-Ägypter gebrandmarkt. So hatte el-Baradei Ende September öffentlich über Twitter gemahnt, in Ägypten laufe eine „systematische faschistische Kampagne von ‘hoheitlichen Quellen’ und ‘unabhängigen’ Medien gegen das Beharren auf dem Wert des Menschenlebens und der Unumgänglichkeit des nationalen Konsens“. El-Baradei war selbst Ziel einer Schmähkampagne von Journalisten und Politikern geworden, die seinen Rücktritt als Vizepräsident der Interimsregierung als „unpatriotisch“ bezeichnet hatten und ihn beschuldigten, die Übergangsregierung in einem kritischen Moment im Stich gelassen zu haben. Später wurde er beschuldigt, mit der internationalen Muslimbruderschaft kollaboriert zu haben, um die post-Mursi-Übergangsregierung zu sabotieren.<ref name="Ahram-OL_2013-09-29_EWA">''[http://www.webcitation.org/6KHoah3kp ElBaradei warns against 'fascist' media campaign in Egypt]'' (englisch). Ahram Online, 29. September 2013, archiviert vom [http://english.ahram.org.eg/NewsContent/1/64/82756/Egypt/Politics-/ElBaradei-warns-against-fascist-media-campaign-in-.aspx Original] am 11. Oktober 2013.</ref> |
Das [[Editorial]] des ''Guardian'' vom 9. Oktober bezeichnete Ägypten als „Land im Griff einer Diktatur“, für das neben den Tötungen auch die Anzahl der das Land verlassenden Ägypter signifikant sei sowie die Bestätigung vieler, die in Opposition zu Mursi gestanden hatten wie etwa el-Baradei, dass Ägypten sich nun in Richtung des „[[Faschismus]]“ bewegte.<ref name="Guardian_2013-10-09_FBW" /> Opponenten würden als Nicht-Ägypter gebrandmarkt. So hatte el-Baradei Ende September öffentlich über Twitter gemahnt, in Ägypten laufe eine „systematische faschistische Kampagne von ‘hoheitlichen Quellen’ und ‘unabhängigen’ Medien gegen das Beharren auf dem Wert des Menschenlebens und der Unumgänglichkeit des nationalen Konsens“. El-Baradei war selbst Ziel einer Schmähkampagne von Journalisten und Politikern geworden, die seinen Rücktritt als Vizepräsident der Interimsregierung als „unpatriotisch“ bezeichnet hatten und ihn beschuldigten, die Übergangsregierung in einem kritischen Moment im Stich gelassen zu haben. Später wurde er beschuldigt, mit der internationalen Muslimbruderschaft kollaboriert zu haben, um die post-Mursi-Übergangsregierung zu sabotieren.<ref name="Ahram-OL_2013-09-29_EWA">''[http://www.webcitation.org/6KHoah3kp ElBaradei warns against 'fascist' media campaign in Egypt]'' (englisch). Ahram Online, 29. September 2013, archiviert vom [http://english.ahram.org.eg/NewsContent/1/64/82756/Egypt/Politics-/ElBaradei-warns-against-fascist-media-campaign-in-.aspx Original] am 11. Oktober 2013.</ref> |
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==== Proteste an Universitäten ==== |
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Seit Mitte September das neue akademische Jahr begonnen hatte, wurden die großen Universitäten des Landes regelmäßig Schauplatz von Demonstrationen unter dem Motto „Studenten gegen den Putsch“. Die Studierenden verlangten insbesondere die Freilassung aller in den vorangegangen Wochen verhafteten Kommilitonen, beklagten sich jedoch auch über die schlechten Bedingungen an den Universitäten. Vereinzelt gab es Zusammenstöße mit Studenten, die sich hinter das Militär und die von ihm eingesetzte Übergangsführung stellen.<ref name="derStandard-at_2013-10-02_AWÄ">''[http://www.webcitation.org/6K8YqzaEp Ashton will ägyptischen Dialog anstoßen]'', derStandard.at, 2. Oktober 2013 (Printversion: Der Standard, 3. Oktober 2013), von Astrid Frefel, archiviert vom [http://derstandard.at/1379292875086/Catherine-Ashton-will-aegyptischen-Dialog-anstossen Original] am 5. Oktober 2013.</ref> Damit hatten die aus dem Putsch gegen Mursi hervorgegangenen Unruhen in Ägypten auch die Universitäten des Landes erfasst. Mindestens 29 Menschen wurden verletzt, als es nach Angaben staatlicher Medien und Sicherheitskreise am 28. September zu Auseinandersetzungen zwischen Anhängern und Gegnern Musis in drei Hochschulen in Kairo und Städten im Nil-Delta kam. Einige Beteiligte trugen demnach Schusswaffen und Brandsätze bei sich.<ref name="ORF-at_2013-09-29_UAÄ">''[http://www.webcitation.org/6K8ZBeqOT Unruhen an Ägyptens Universitäten: Dutzende Verletzte]'', ORF.at, 29. September 2013, archiviert vom [http://orf.at/stories/2200415/ Original] am 5. Oktober 2013.</ref> |
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Am 20. Oktober kam es in Kairo zum zweiten Protesttag in Folge an der Al-Azhar-Universität, die zu den angesehensten Bildungseinrichtungen der islamischen Welt gehört und an der viele Anhänger der Muslimbruderschaft studierten.<ref name="taz_2013-10-21_MVK" /> Bei den Demonstrationen der Studenten der Universität gegen die Regierung und das Militär<ref name="de-euronews-com_2013-10-20_SUT">''[http://www.webcitation.org/6KXLaedP6 Ägypten: Steinhagel und Tränengas bei Studentendemo]'', de.euronews.com, 20. Oktober 2013, archiviert vom [http://de.euronews.com/2013/10/20/aegypten-steinhagel-und-traenengas-bei-studentendemo/ Original] am 21. Oktober 2013.</ref> ereigneten sich Zusammenstöße zwischen der Polizei und Anhängern Mursis.<ref name="de-euronews-com_2013-10-20_SUT" /><ref name="taz_2013-10-21_MVK" /> Die Demonstranten hatten versucht zu der Stelle vorzudringen, an der sich bis August eines der Mursi-Protestcamps befunden hatte.<ref name="de-euronews-com_2013-10-20_SUT" /> Die Polizei belagerte die Universität, in der sich Hunderte von Mursi-Anhängern befanden,<ref name="taz_2013-10-21_MVK" /> und setzte Tränengas gegen sie ein.<ref name="de-euronews-com_2013-10-20_SUT" /> Die Studenten warfen Medienberichten zufolge im Gebäude Steine.<ref name="taz_2013-10-21_MVK">''[http://www.webcitation.org/6KXJ4GGlb Gewalt in Ägypten - Menschen vor Kirche erschossen]'', die tageszeitung, 21. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.taz.de/Gewalt-in-Aegypten/!125908/ Original] am 21. Oktober 2013.</ref><ref name="Welt_2013-10-21_TEA">''[http://www.webcitation.org/6KXN9WWTn Ägypten - Terroristen erschießen achtjährige Christin]'', Die Welt, 21. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.welt.de/politik/ausland/article121062482/Terroristen-erschiessen-achtjaehrige-Christin.html Original] am 21. Oktober 2013.</ref> Die Polizei soll ein Dutzend Studenten festgenommen haben. Das ägyptische Innenministerium behauptete, rund 3000 Demonstranten hätten die Straßen rund um den Campus blockiert, weshalb die Intervention notwendig geworden sei.<ref name="de-euronews-com_2013-10-20_SUT" /> |
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==== 40. Jahrestag des Jom-Kippur-Krieges (6. Oktober) ==== |
==== 40. Jahrestag des Jom-Kippur-Krieges (6. Oktober) ==== |
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Anlässlich des 40. Jahrestages des [[Jom-Kippur-Krieg]]es mit Israel, der von der ägyptischen Übergangsregierung als ägyptischer Sieg betrachtet wurde,<ref name="Guardian_2013-10-07_DPK">''[http://www.webcitation.org/6KC4j3aoM Egypt: dozens of protesters killed as rival factions tear Cairo apart]'' (englisch). The Guardian, 7. Oktober 2013, von Patrick Kingsley, archiviert vom [http://www.theguardian.com/world/2013/oct/06/egypt-cairo-morsi-yom-kippur Original] am 7. Oktober 2013.</ref> hatten sowohl Anhänger des gestürzten Präsidenten Mursi als auch Unterstützer der Armee, die Mursi gestürzt hatte, zu Kundgebungen aufgerufen.<ref name="Spiegel-OL_2013-10-07_DÄS" /> Bei den Kundgebungen und Protesten kam es mehrfach zu Zusammenstößen zwischen Islamisten und ihren Gegnern. Sicherheitskräfte gingen massiv gegen Unterstützer der Muslimbruderschaft vor.<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-06_DMS" /> Zuvor hatten Armeeführung beziehungsweise Regierung den Militärgegnern offen gedroht und angekündigt, dass jeder, der „an diesem Jahrestag gegen die Armee demonstriert“, als Agent für ausländische Mächte und nicht als Aktivist oder Demonstrant betrachtet werden würde.<ref name="tagesschau-de_2013-10-06_DTB" /><ref name="FAZ_2013-10-06_ANF">''[http://www.webcitation.org/6KDGAQka6 Tote bei Krawallen in Ägypten - An einer neuen Front]'', Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6. Oktober 2013, von Markus Bickel, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afrika/tote-bei-krawallen-in-aegypten-an-einer-neuen-front-12606556.html Original] am 8. Oktober 2012.</ref><ref name="Guardian_2013-10-07_GKS" /><ref name="Reuters-DE_2013-10-07_M5T" /> Tausende Anhänger der Muslimbrüder demonstrierten erneut trotz Warnungen der Regierung für den vom Militär gestürzten Präsidenten.<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-06_DMS" /> |
Anlässlich des 40. Jahrestages des [[Jom-Kippur-Krieg]]es mit Israel, der von der ägyptischen Übergangsregierung als ägyptischer Sieg betrachtet wurde,<ref name="Guardian_2013-10-07_DPK">''[http://www.webcitation.org/6KC4j3aoM Egypt: dozens of protesters killed as rival factions tear Cairo apart]'' (englisch). The Guardian, 7. Oktober 2013, von Patrick Kingsley, archiviert vom [http://www.theguardian.com/world/2013/oct/06/egypt-cairo-morsi-yom-kippur Original] am 7. Oktober 2013.</ref> hatten sowohl Anhänger des gestürzten Präsidenten Mursi als auch Unterstützer der Armee, die Mursi gestürzt hatte, zu Kundgebungen aufgerufen.<ref name="Spiegel-OL_2013-10-07_DÄS" /> Bei den Kundgebungen und Protesten kam es mehrfach zu Zusammenstößen zwischen Islamisten und ihren Gegnern. Sicherheitskräfte gingen massiv gegen Unterstützer der Muslimbruderschaft vor.<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-06_DMS" /> Zuvor hatten Armeeführung beziehungsweise Regierung den Militärgegnern offen gedroht und angekündigt, dass jeder, der „an diesem Jahrestag gegen die Armee demonstriert“, als Agent für ausländische Mächte und nicht als Aktivist oder Demonstrant betrachtet werden würde.<ref name="tagesschau-de_2013-10-06_DTB" /><ref name="FAZ_2013-10-06_ANF">''[http://www.webcitation.org/6KDGAQka6 Tote bei Krawallen in Ägypten - An einer neuen Front]'', Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6. Oktober 2013, von Markus Bickel, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afrika/tote-bei-krawallen-in-aegypten-an-einer-neuen-front-12606556.html Original] am 8. Oktober 2012.</ref><ref name="Guardian_2013-10-07_GKS" /><ref name="Reuters-DE_2013-10-07_M5T" /><ref name="DW_2013-10-07_GUS" /> Tausende Anhänger der Muslimbrüder demonstrierten erneut trotz Warnungen der Regierung für den vom Militär gestürzten Präsidenten.<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-06_DMS" /> |
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Die Demonstrationen des 6. Oktober waren die größten seit Wochen. Dennoch erreichte kein einziger der vielen Protestmärsche den Tahrir-Platz. Die Mehrheit der landesweit über 50 getöteten Demonstranten, von denen die meisten bei Straßenschlachten in Kairo ums Leben kamen, sollen laut Ärzteberichten mit scharfer Munition getötet worden sein. Zum ersten Mal seit dem Sturz des Präsidenten Mursi ging ein großer Teil der gegen die Islamisten gerichteten Gewalt von Zivilisten aus. In mehreren Vierteln Kairos kam es zu brutalen Attacken auf die Demonstranten. Augenzeugen berichteten, dass Anwohner mit Rückendeckung der Sicherheitskräfte das Feuer auf Mursi-Anhänger eröffnet hätten. Die Krawalle zwischen Mursi-Anhängern, Quartierbewohnern und Schlägertrupps dauerten vielerorts bis spät in die Nacht an. Die Muslimbruderschaft nannte das Ereignis ein weiteres „Massaker“, während die Regierung von einer „Fortsetzung des Kampfes gegen den Terrorismus“ sprach.<ref name="DW_2013-10-07_GUS">''[http://www.webcitation.org/6KT3f5vVs Ägypten - Gewalt und Straffreiheit am Nil]'', Deutsche Welle, 7. Oktober 2013, archiviert vom [http://dw.de/p/19vlC Original] am 18. Oktober 2013.</ref> |
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=====Opfer===== |
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Am 6. Oktober wurden bei den seit dem 4. Oktober andauernden landesweiten Protesten der Muslimbrüder gegen Übergangsregierung und Militär nach offiziellen Angaben mindestens 57 Menschen getötet, davon mindestens 46 in Kairo (mindestens 24 in Gizeh), sechs in Bani Sweif und zwei in Minya (mindestens einer in Delga).<ref name="Guardian_2013-10-09_FBW">''[http://www.webcitation.org/6KHXF15uR Egypt: from bad to worse - Try as he might, General Sisi cannot contain the continued protest against his takeover]'' (englisch). The Guardian, 9. Oktober 2013, Editorial, archiviert vom [http://www.theguardian.com/commentisfree/2013/oct/09/egypt?INTCMP=ILCNETTXT3487 Original] am 11. Oktober 2013.</ref><ref name="guardianlv-com_2013-10-08_MHR">''[http://www.webcitation.org/6KHXa4LwU Egypt: Ministry of Health Reports 57 Killed and 391 Injured in Sunday Clashes]'' (englisch). Las Vegas Guardian Express, 8. Oktober 2013, von Jaylan Salah, archiviert vom [http://guardianlv.com/2013/10/egypt-ministry-of-health-reports-57-killed-and-391-injured-in-sunday-clashes/ Original] am 11. Oktober 2013.</ref><ref name="almogaz-com_2013-10-08">''[http://www.webcitation.org/6KHYeKvgJ ?????: ?????? ????? «?????»: ?????? ????? ???????? «???? 6 ??????» ??57 ????? ?391 ??????]'' (arabisch), almogaz.com, 8. Oktober 2013, archiviert vom [http://almogaz.com/news/politics/2013/10/08/1133524 Original] am 11. Oktober 2013 (alternativ auf: http://www.almasryalyoum.com/node/2190581).</ref><ref name="Zeit-OL_2013-10-07_ZPS" /><ref name="Reuters-DE_2013-10-07_ATÄ" /><ref name="Guardian_2013-10-07_GKS" /><ref name="Spiegel-Ol_2013-10-06_DMS" /><ref name="Spiegel-OL_2013-10-07_DÄS">''[http://www.webcitation.org/6KC1jWVxi Eskalation in Kairo: Dutzende Ägypter sterben bei Straßenschlachten]'', Spiegel Online, 7. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-51-tote-bei-kaempfen-zwischen-muslimbruedern-und-ihren-gegnern-a-926384.html Original] am 7. Oktober 2013.</ref><ref name="n-tv_2013-10-07_BAA" /> Die meisten der Opfer seien an Schusswunden gestorben.<ref name="n-tv_2013-10-07_BAA" /><ref name="Reuters-DE_2013-10-07_M5T">''[http://www.webcitation.org/6KEmCR0YL Mindestens 51 Tote bei Protesten in Ägypten]'', Reuters Deutschland, 7. Oktober 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE99600N20131007 Original] am 9. Oktober 2013.</ref> Darüber hinaus gab es nach offiziellen Angaben 391 Verletzte, bei 191 der Verletzten handele es sich um „kritische Fälle“ mit Frakturen und Schusswunden in Brust und Kopf und Kopftraumata.<ref name="guardianlv-com_2013-10-08_MHR" /> Schon am 6. Oktober hatten internationale Medien gemeldet, dass mehrere der getöteten Islamisten Schusswunden an Kopf und Körper aufwiesen.<ref name="tagesschau-de_2013-10-06_DTB" /> |
Am 6. Oktober wurden bei den seit dem 4. Oktober andauernden landesweiten Protesten der Muslimbrüder gegen Übergangsregierung und Militär nach offiziellen Angaben mindestens 57 Menschen getötet, davon mindestens 46 in Kairo (mindestens 24 in Gizeh), sechs in Bani Sweif und zwei in Minya (mindestens einer in Delga).<ref name="Guardian_2013-10-09_FBW">''[http://www.webcitation.org/6KHXF15uR Egypt: from bad to worse - Try as he might, General Sisi cannot contain the continued protest against his takeover]'' (englisch). The Guardian, 9. Oktober 2013, Editorial, archiviert vom [http://www.theguardian.com/commentisfree/2013/oct/09/egypt?INTCMP=ILCNETTXT3487 Original] am 11. Oktober 2013.</ref><ref name="guardianlv-com_2013-10-08_MHR">''[http://www.webcitation.org/6KHXa4LwU Egypt: Ministry of Health Reports 57 Killed and 391 Injured in Sunday Clashes]'' (englisch). Las Vegas Guardian Express, 8. Oktober 2013, von Jaylan Salah, archiviert vom [http://guardianlv.com/2013/10/egypt-ministry-of-health-reports-57-killed-and-391-injured-in-sunday-clashes/ Original] am 11. Oktober 2013.</ref><ref name="almogaz-com_2013-10-08">''[http://www.webcitation.org/6KHYeKvgJ ?????: ?????? ????? «?????»: ?????? ????? ???????? «???? 6 ??????» ??57 ????? ?391 ??????]'' (arabisch), almogaz.com, 8. Oktober 2013, archiviert vom [http://almogaz.com/news/politics/2013/10/08/1133524 Original] am 11. Oktober 2013 (alternativ auf: http://www.almasryalyoum.com/node/2190581).</ref><ref name="Zeit-OL_2013-10-07_ZPS" /><ref name="Reuters-DE_2013-10-07_ATÄ" /><ref name="Guardian_2013-10-07_GKS" /><ref name="Spiegel-Ol_2013-10-06_DMS" /><ref name="Spiegel-OL_2013-10-07_DÄS">''[http://www.webcitation.org/6KC1jWVxi Eskalation in Kairo: Dutzende Ägypter sterben bei Straßenschlachten]'', Spiegel Online, 7. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-51-tote-bei-kaempfen-zwischen-muslimbruedern-und-ihren-gegnern-a-926384.html Original] am 7. Oktober 2013.</ref><ref name="n-tv_2013-10-07_BAA" /> Fast alle Todesopfer stammte aus den Reihen der Mursi-Anhänger.<ref name="DW_2013-10-07_GUS" /> Die meisten der Opfer seien an Schusswunden gestorben.<ref name="n-tv_2013-10-07_BAA" /><ref name="Reuters-DE_2013-10-07_M5T">''[http://www.webcitation.org/6KEmCR0YL Mindestens 51 Tote bei Protesten in Ägypten]'', Reuters Deutschland, 7. Oktober 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE99600N20131007 Original] am 9. Oktober 2013.</ref> Darüber hinaus gab es nach offiziellen Angaben 391 Verletzte, bei 191 der Verletzten handele es sich um „kritische Fälle“ mit Frakturen und Schusswunden in Brust und Kopf und Kopftraumata.<ref name="guardianlv-com_2013-10-08_MHR" /> Schon am 6. Oktober hatten internationale Medien gemeldet, dass mehrere der getöteten Islamisten Schusswunden an Kopf und Körper aufwiesen.<ref name="tagesschau-de_2013-10-06_DTB" /> |
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Zu tödlichen Gewaltszenen kam es, als in Kairo Zehntausende Unterstützer von Mursi in Richtung Tahrir-Platz marschierten, auf dem sich bereits Tausende Unterstützer der Armee oder Anhänger der militärgestützten Interimsregierung versammelt hatten,<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-06_DMS" /><ref name="Spiegel-OL_2013-10-07_DÄS" /> während ursprünglich Islamisten dort eine Großkundgebung geplant hatten.<ref name="Spiegel-OL_2013-10-07_DÄS" /><ref name="tagesschau-de_2013-10-06_DTB" /> Soldaten, Polizei und bewaffnete „Bürgerwehren“ blockierten den Mursi-Unterstützern den Weg und begannen zu schießen.<ref name="Guardian_2013-10-07_DPK" /> Die Polizei schoss in der Umgebung des Tahrir-Platzes mit Schrot, Tränengas und Gummigeschossen,<ref name="Welt_2013-10-06_4TP" /><ref name="n-tv_2013-10-07_BAA">''[http://www.webcitation.org/6KCD7nVrm Blutvergießen auf allen Seiten - Ägypten beklagt Dutzende Todesopfer]'', n-tv, 7. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.n-tv.de/politik/Aegypten-beklagt-Dutzende-Todesopfer-article11495401.html Original] am 7. Oktober 2013.</ref><ref name="tagesschau-de_2013-10-06_DTB" /> später auch Salven aus Schnellfeuerwaffen, um die Anhänger Mursis zurückzudrängen.<ref name="n-tv_2013-10-07_BAA" /> Der Einsatz der Sicherheitskräfte richtete sich in erster Linie gegen Mursi-Anhänger.<ref name="Welt_2013-10-06_4TP">''[http://www.webcitation.org/6KCExYwuG Gewalt in Kairo - 44 Tote – Polizei feuert mit Tränengas und Schrot]'', Die Welt, 6. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.welt.de/politik/ausland/article120675705/44-Tote-Polizei-feuert-mit-Traenengas-und-Schrot.html Original] am 6. Oktober 2013.</ref> Die Mursi-Anhänger wurden durch den Polizeieinsatz in das Stadtviertel Dokki in Westkairo zurückgedrängt. Bereitschaftspolizisten fassten Demonstranten und schlugen auf sie ein, bevor sie diese in Handschellen abführten, während Anwohner Beifall klatschten. In einem anderen Stadtteil sprangen Demonstranten in den Nil, als sie von Polizisten verfolgt wurden.<ref name="Welt_2013-10-06_4TP" /> Nach Angabe des Fotografen Mosa'ab Elshamy, der an der Spitze des Protestmarsches teilnahm, wurde dem Protestzug der Mursi-Unterstützer, der Dokki um etwa 15 Uhr erreichte und weitgehend aus Familien, Frauen und Kindern bestanden haben soll, zunächst mit Tränengas, daraufhin mit Plastikgeschossen und schließlich mit scharfen Schüssen begegnet.<ref name="Guardian_2013-10-07_DPK" /> Banden von Bürgerwehren und Polizisten in Zivilkleidung attackierten in einigen Straßen Leute, die sie verdächtigten, Ausländer, Journalisten oder Muslimbrüder zu sein.<ref name="Guardian_2013-10-07_DPK" /> Patrick Kingsley berichtete im ''Guardian'' berichtete, dass Polizei, Armee und säkulare Anwohner auf der Westseite des Tahrir-Platzes Kugeln und Tränengas auf den Protestmarsch abgefeuert hätten. Entgegen einiger Berichte, die behaupteten, dass einige Personen im Protestmarsch Schusswaffen mit sich führten, hätten sich laut Elshamy die Protestteilnehmer, unter denen sich auch nicht mit der Muslimbruderschaft verbundene Fußballfans des harten Kerns befanden, drei Stunden lang durch Würfe von Steinen und brennenden Reifen behauptet, bis sie sich zurückzogen. Beim Rückzug seien einige niedergeschossen worden.<ref name="Guardian_2013-10-07_DPK" /> Andere Medien gaben an, Mursis Unterstützer hätten unter anderem Brandbomben auf die Polizei geworfen, worauf diese mit Schüssen und Tränengas reagiert habe.<ref name="Spiegel-OL_2013-10-07_DÄS" /> Wieder andere Berichte sprachen davon, dass Demonstranten gegen Sicherheitskräfte „Feuerbomben“ eingesetzt und mit „Vogelschrot“ geschossen hätten.<ref name="tagesschau-de_2013-10-06_DTB" /> Stefan Maier gab in der ''Tagesschau'' an, einige „Muslimbrüder“ hätten zur Gewalt gegriffen, die „mehr und mehr Gegengewalt“ erzeugt habe. Anwohner hätten dann Steine von den Häusern geworfen.<ref name="tagesschau-de_2013-10-07_UEK">''[http://www.webcitation.org/6KDFejAXN Unbekannte erschießen in Kairo fünf Soldaten]'' (Video: [http://www.webcitation.org/6KDFp71cd MP4], archiviert vom [http://download.media.tagesschau.de/video/2013/1007/TV-20131007-1419-0101.websm.h264.mp4 Original] am 8. Oktober 2013), tagesschau (14:00 Uhr), 7. Oktober 2013, von Stefan Maier (ARD Kairo), archiviert vom [http://www.tagesschau.de/multimedia/video/video1341872.html Original] am 8. Oktober 2013.</ref> Auf der Ostseite des Tahrirplatzes fand weiter die Veranstaltung der Armeeunterstützer statt.<ref name="Guardian_2013-10-07_DPK" /> An dem von zahlreichen Panzern und gepanzerten Truppenfahrzeugen gesicherten Tahrir-Platz mussten sich die Besucher vor dem Zugang zum Platz strengen Kontrollen unterziehen. Viele der pro-Militär-Demonstranten trugen Porträts von Armeechef Sisi.<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-06_DMS" /><ref name="FAZ_2013-10-06_ANF" /> |
Zu tödlichen Gewaltszenen kam es, als in Kairo Zehntausende Unterstützer von Mursi in Richtung Tahrir-Platz marschierten, auf dem sich bereits Tausende Unterstützer der Armee oder Anhänger der militärgestützten Interimsregierung versammelt hatten,<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-06_DMS" /><ref name="Spiegel-OL_2013-10-07_DÄS" /> während ursprünglich Islamisten dort eine Großkundgebung geplant hatten.<ref name="Spiegel-OL_2013-10-07_DÄS" /><ref name="tagesschau-de_2013-10-06_DTB" /> Soldaten, Polizei und bewaffnete „Bürgerwehren“ blockierten den Mursi-Unterstützern den Weg und begannen zu schießen.<ref name="Guardian_2013-10-07_DPK" /> Die Polizei schoss in der Umgebung des Tahrir-Platzes mit Schrot, Tränengas und Gummigeschossen,<ref name="Welt_2013-10-06_4TP" /><ref name="n-tv_2013-10-07_BAA">''[http://www.webcitation.org/6KCD7nVrm Blutvergießen auf allen Seiten - Ägypten beklagt Dutzende Todesopfer]'', n-tv, 7. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.n-tv.de/politik/Aegypten-beklagt-Dutzende-Todesopfer-article11495401.html Original] am 7. Oktober 2013.</ref><ref name="tagesschau-de_2013-10-06_DTB" /> später auch Salven aus Schnellfeuerwaffen, um die Anhänger Mursis zurückzudrängen.<ref name="n-tv_2013-10-07_BAA" /> Der Einsatz der Sicherheitskräfte richtete sich in erster Linie gegen Mursi-Anhänger.<ref name="Welt_2013-10-06_4TP">''[http://www.webcitation.org/6KCExYwuG Gewalt in Kairo - 44 Tote – Polizei feuert mit Tränengas und Schrot]'', Die Welt, 6. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.welt.de/politik/ausland/article120675705/44-Tote-Polizei-feuert-mit-Traenengas-und-Schrot.html Original] am 6. Oktober 2013.</ref> Die Mursi-Anhänger wurden durch den Polizeieinsatz in das Stadtviertel Dokki in Westkairo zurückgedrängt. Bereitschaftspolizisten fassten Demonstranten und schlugen auf sie ein, bevor sie diese in Handschellen abführten, während Anwohner Beifall klatschten. In einem anderen Stadtteil sprangen Demonstranten in den Nil, als sie von Polizisten verfolgt wurden.<ref name="Welt_2013-10-06_4TP" /> Nach Angabe des Fotografen Mosa'ab Elshamy, der an der Spitze des Protestmarsches teilnahm, wurde dem Protestzug der Mursi-Unterstützer, der Dokki um etwa 15 Uhr erreichte und weitgehend aus Familien, Frauen und Kindern bestanden haben soll, zunächst mit Tränengas, daraufhin mit Plastikgeschossen und schließlich mit scharfen Schüssen begegnet.<ref name="Guardian_2013-10-07_DPK" /> Banden von Bürgerwehren und Polizisten in Zivilkleidung attackierten in einigen Straßen Leute, die sie verdächtigten, Ausländer, Journalisten oder Muslimbrüder zu sein.<ref name="Guardian_2013-10-07_DPK" /> Patrick Kingsley berichtete im ''Guardian'' berichtete, dass Polizei, Armee und säkulare Anwohner auf der Westseite des Tahrir-Platzes Kugeln und Tränengas auf den Protestmarsch abgefeuert hätten. Entgegen einiger Berichte, die behaupteten, dass einige Personen im Protestmarsch Schusswaffen mit sich führten, hätten sich laut Elshamy die Protestteilnehmer, unter denen sich auch nicht mit der Muslimbruderschaft verbundene Fußballfans des harten Kerns befanden, drei Stunden lang durch Würfe von Steinen und brennenden Reifen behauptet, bis sie sich zurückzogen. Beim Rückzug seien einige niedergeschossen worden.<ref name="Guardian_2013-10-07_DPK" /> Andere Medien gaben an, Mursis Unterstützer hätten unter anderem Brandbomben auf die Polizei geworfen, worauf diese mit Schüssen und Tränengas reagiert habe.<ref name="Spiegel-OL_2013-10-07_DÄS" /> Wieder andere Berichte sprachen davon, dass Demonstranten gegen Sicherheitskräfte „Feuerbomben“ eingesetzt und mit „Vogelschrot“ geschossen hätten.<ref name="tagesschau-de_2013-10-06_DTB" /> Stefan Maier gab in der ''Tagesschau'' an, einige „Muslimbrüder“ hätten zur Gewalt gegriffen, die „mehr und mehr Gegengewalt“ erzeugt habe. Anwohner hätten dann Steine von den Häusern geworfen.<ref name="tagesschau-de_2013-10-07_UEK">''[http://www.webcitation.org/6KDFejAXN Unbekannte erschießen in Kairo fünf Soldaten]'' (Video: [http://www.webcitation.org/6KDFp71cd MP4], archiviert vom [http://download.media.tagesschau.de/video/2013/1007/TV-20131007-1419-0101.websm.h264.mp4 Original] am 8. Oktober 2013), tagesschau (14:00 Uhr), 7. Oktober 2013, von Stefan Maier (ARD Kairo), archiviert vom [http://www.tagesschau.de/multimedia/video/video1341872.html Original] am 8. Oktober 2013.</ref> Auf der Ostseite des Tahrirplatzes fand weiter die Veranstaltung der Armeeunterstützer statt.<ref name="Guardian_2013-10-07_DPK" /> An dem von zahlreichen Panzern und gepanzerten Truppenfahrzeugen gesicherten Tahrir-Platz mussten sich die Besucher vor dem Zugang zum Platz strengen Kontrollen unterziehen. Viele der pro-Militär-Demonstranten trugen Porträts von Armeechef Sisi.<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-06_DMS" /><ref name="FAZ_2013-10-06_ANF" /> |
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Nach offiziellen Angaben nahm die Polizei über 423 Anhänger der Muslimbruderschaft fest, denen vom Innenministerium unter anderem Vandalismus und Schusswaffeneinsatz vorgeworfen wurden.<ref name="Spiegel-OL_2013-10-07_DÄS" /><ref name="n-tv_2013-10-07_BAA" /> Die Muslimbruderschaft forderte auf ihrer Internetseite eine internationale Untersuchung der Vorfälle.<ref name="Spiegel-OL_2013-10-07_DÄS" /> |
Nach offiziellen Angaben nahm die Polizei über 423 Anhänger der Muslimbruderschaft fest, denen vom Innenministerium unter anderem Vandalismus und Schusswaffeneinsatz vorgeworfen wurden.<ref name="Spiegel-OL_2013-10-07_DÄS" /><ref name="n-tv_2013-10-07_BAA" /> Die Muslimbruderschaft forderte auf ihrer Internetseite eine internationale Untersuchung der Vorfälle.<ref name="Spiegel-OL_2013-10-07_DÄS" /> Vereinzelt kam es am 6. Oktober auch zu gewaltsamen Übergriffen der islamistischen Demonstranten auf Anhänger der Armee.<ref name="DW_2013-10-07_GUS" /> So verprügelten nach Angaben von Aktivisten islamistische Demonstranten in Kairo die bekannte Fernsehmoderatorin Buthaina Kamel, eine erklärte Gegnerin der Muslimbruderschaft, die 2012 als einzige Frau versucht hatte, für das Präsidentenamt zu kandidieren und zu den Mitbegründern der Bewegung „Schayfeenkom“ gehörte.<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-06_DMS">''[http://www.webcitation.org/6KAnlJ3ve Demonstrationen: Dutzende Menschen sterben bei Protesten in Ägypten]'', Spiegel Online, 6. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/kairo-tote-und-verletzte-bei-protesten-von-muslimbruedern-in-aegypten-a-926365.html Original] am 6. Oktober 2013.</ref><ref name="DW_2013-10-07_GUS" /> Fast alle Todesopfer an diesem Tag stammten dagegen aus den Reihen der Mursi-Anhänger.<ref name="DW_2013-10-07_GUS" /> |
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Auch in anderen Städten postierten sich Sicherheitskräfte um die wichtigsten Plätze.<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-06_DMS" /><ref name="tagesschau-de_2013-10-06_DTB">''[http://www.webcitation.org/6KDD3VAyp Großdemonstrationen zum Nationalfeiertag - Dutzende Tote bei Krawallen in Ägypten]'', tagesschau.de, 6. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.tagesschau.de/ausland/aegypten-demos100.html Original] am 8. Oktober 2013.</ref> In Alexandria, Suez und Aswan kam es ebenfalls zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Mursi-Anhängern und -Gegnern.<ref name="Welt_2013-10-06_4TP" /><ref name="Reuters-DE_2013-10-07_M5T" /><ref name="FAZ_2013-10-06_ANF" /> |
Auch in anderen Städten postierten sich Sicherheitskräfte um die wichtigsten Plätze.<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-06_DMS" /><ref name="tagesschau-de_2013-10-06_DTB">''[http://www.webcitation.org/6KDD3VAyp Großdemonstrationen zum Nationalfeiertag - Dutzende Tote bei Krawallen in Ägypten]'', tagesschau.de, 6. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.tagesschau.de/ausland/aegypten-demos100.html Original] am 8. Oktober 2013.</ref> In Alexandria, Suez und Aswan kam es ebenfalls zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Mursi-Anhängern und -Gegnern.<ref name="Welt_2013-10-06_4TP" /><ref name="Reuters-DE_2013-10-07_M5T" /><ref name="FAZ_2013-10-06_ANF" /> |
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=====Reaktionen und Stellungnahmen===== |
=====Reaktionen und Stellungnahmen===== |
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[[Datei:Ali Gomaa.JPG|miniatur|Der ägyptische Großmufti [[Ali Gum'a]] forderte die Sicherheitskräfte auf, die Protestteilnehmer zu töten<ref name="ahram-OL_2013-10-09_SSM" /><ref name="MEM_2013-10-09_FEM" /><ref name="TTOI_2013-10-09" />]] |
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Während das Präsidialamt der Interimsregierung Landesverrat im Auftrag ausländischer Mächte als verantwortlich für die Proteste vermutete, verteidigte Diaa al Sawy, ein Sprecher der oppositionellen Allianz, die Märsche der Mursi-Unterstützer auf den Tahrir-Platz als legitim. Der Protest habe sich nicht gegen die Armee als nationale Institution gerichtet, sondern gegen einzelne Offiziere, welche die Truppe zu einer Miliz umwandeln wollten.<ref name="FAZ_2013-10-06_ANF" /> |
Während das Präsidialamt der Interimsregierung Landesverrat im Auftrag ausländischer Mächte als verantwortlich für die Proteste vermutete, verteidigte Diaa al Sawy, ein Sprecher der oppositionellen Allianz, die Märsche der Mursi-Unterstützer auf den Tahrir-Platz als legitim. Der Protest habe sich nicht gegen die Armee als nationale Institution gerichtet, sondern gegen einzelne Offiziere, welche die Truppe zu einer Miliz umwandeln wollten.<ref name="FAZ_2013-10-06_ANF" /> |
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In einem vor der Gewalt vom 6. Oktober aufgenommenen und am 7. Oktober in einer privaten ägyptischen Tageszeitung veröffentlichten Interview erklärte Militärchef Sisi, er habe Mursi im Februar erklärt, dass Mursi gescheitert und sein Projekt beendet sei. Mursi habe Ägypten in Richtung eines Bürgerkrieges getrieben. Die nationalen ägyptischen Interessen würden sich von denen der Organisation der Muslimbruderschaft unterscheiden.<ref name="worldnews-nbcnews-com_2013-10-07_FSS">''[http://www.webcitation.org/6KHaWHNdu Five soldiers slain, blasts rock Egypt as deadly violence continues]'' (englisch). Worldnews on NBCNews.com, Ohne Datum [?7. Oktober 2013], von Henry Austin, archiviert vom [http://worldnews.nbcnews.com/_news/2013/10/07/20851428-five-soldiers-slain-blasts-rock-egypt-as-deadly-violence-continues?lite Original] am 11. Oktober 2013.</ref><ref name="almasryalyoum_2013-10-07">''[http://www.webcitation.org/6KHasLuQu «??????» ??«?????? ?????»: ????? ?? ???? ??? ????? ??? ???????? ???? ??: ?? ?????]'' (arabisch). al-Masry al-Youm, 7. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.almasryalyoum.com/node/2185751 Original] am 11. Oktober 2013.</ref> |
In einem vor der Gewalt vom 6. Oktober aufgenommenen und am 7. Oktober in einer privaten ägyptischen Tageszeitung veröffentlichten Interview erklärte Militärchef Sisi, er habe Mursi im Februar erklärt, dass Mursi gescheitert und sein Projekt beendet sei. Mursi habe Ägypten in Richtung eines Bürgerkrieges getrieben. Die nationalen ägyptischen Interessen würden sich von denen der Organisation der Muslimbruderschaft unterscheiden.<ref name="worldnews-nbcnews-com_2013-10-07_FSS">''[http://www.webcitation.org/6KHaWHNdu Five soldiers slain, blasts rock Egypt as deadly violence continues]'' (englisch). Worldnews on NBCNews.com, Ohne Datum [?7. Oktober 2013], von Henry Austin, archiviert vom [http://worldnews.nbcnews.com/_news/2013/10/07/20851428-five-soldiers-slain-blasts-rock-egypt-as-deadly-violence-continues?lite Original] am 11. Oktober 2013.</ref><ref name="almasryalyoum_2013-10-07">''[http://www.webcitation.org/6KHasLuQu «??????» ??«?????? ?????»: ????? ?? ???? ??? ????? ??? ???????? ???? ??: ?? ?????]'' (arabisch). al-Masry al-Youm, 7. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.almasryalyoum.com/node/2185751 Original] am 11. Oktober 2013.</ref> |
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Der ehemalige ägyptische [[Mufti]] [[Ali Gum'a]] forderte vor einem Publikum, in dem sich Militärchef Sisi, Militäroffiziere und versammelte Polizeichefs befanden, dazu auf, die Protestierenden zu erschießen: „Schießt [scharf) mit voller [Kraft]. Wir müssen unsere Stadt und unser Ägypten von diesen Hooligans säubern. Sie verdienen nicht unsere ägyptische [Identität].“, |
Der ehemalige ägyptische [[Mufti]] [[Ali Gum'a]] forderte vor einem Publikum, in dem sich Militärchef Sisi, Militäroffiziere und versammelte Polizeichefs befanden, dazu auf, die Protestierenden zu erschießen: „Schießt [scharf) mit voller [Kraft]. Wir müssen unsere Stadt und unser Ägypten von diesen Hooligans säubern. Sie verdienen nicht unsere ägyptische [Identität].“,<ref name="ahram-OL_2013-10-09_SSM" /><ref name="MEM_2013-10-09_FEM">''[http://www.middleeastmonitor.com/news/africa/7733-former-egyptian-mufti-supports-the-killing-of-protesters- Former Egyptian mufti supports the killing of protesters]'' (englisch). Middle East Monitor, 9. Oktober 2013, abgerufen am 11. Oktober 2013.</ref> „Schlagt auf sie ein und opfert nicht eure Soldaten für diese Ketzer“.<ref name="TTOI_2013-10-09">''[http://www.webcitation.org/6KHiyT5We Goodbye Brotherhood, hello military dictatorship]'' (englisch). The Times of Israel, 9. Oktober 2013, von Elhanan Miller, archiviert vom [http://www.timesofisrael.com/goodbye-brotherhood-hello-military-dictatorship/ Original] am 11. Oktober 2013.</ref> |
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==== Vorwurf der Straffreiheit bei Verbrechen gegen Mursi-Anhänger ==== |
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Markus Symank schrieb einen Tag nach den Vorfällen vom 6. Oktober für die ''Deutsche Welle'', dass keine „unabhängigen Untersuchungen zu den Massakern an islamistischen Demonstranten während der vergangenen Monate“ durchgeführt worden seien. „Sicherheitskräfte wie auch Zivilisten, die auf Seiten der Übergangsregierung kämpfen“, so Symank, hätten „in dem derzeitigen Klima der Straffreiheit keine Konsequenzen zu befürchten.“ Es sei kurze Zeit zuvor ein Video bekannt geworden, in dem Armeechef Abdel Fattah al-Sisi den Sicherheitskräften außerdem zusichere, „dass sie keine rechtlichen Konsequenzen zu fürchten hätten, sollten Demonstranten durch ihr Vorgehen umkommen.“<ref name="DW_2013-10-07_GUS" /> |
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==== Einfrieren von Teilen der US-Militärhilfe ==== |
==== Einfrieren von Teilen der US-Militärhilfe ==== |
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Die Chefin des [[Internationaler Währungsfonds|Internationalen Währungsfonds]] (IWF), [[Christine Lagarde]], bot den zuständigen ägyptischen Stellen Zusammenarbeit mit dem IWF bei der Stabilisierung der ägyptischen Wirtschaft an. Der IWF könne als Partner in bestehende Kooperationen zwischen Ägypten und den Golfstaaten eintreten. Vor dem Putsch Mursis im Juli hatte es Verhandlungen um einen 4,8 Milliarden Dollar umfassenden Kredit des IWF an Ägypten gegeben. Die neue Militärführung, die nach dem Putsch bereits mit Milliardenbeträgen von reichen Golfstaaten unterstützt wurde, nahm jedoch „angesichts der mit den Kredithilfen verbundenen unpopulären Auflagen“ (Reuters) keine Verhandlungen mit den IWF-Vertretern auf.<ref name="Reuters_2013-10-11_IBÄ">''[http://www.webcitation.org/6KIMQ3cNK IWF bietet Ägypten Hilfe bei ökonomischer Stabilisierung an]'', Reuters Deutschland, 11. Oktober 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE99A00520131011 Original] am 11. Oktober 2013.</ref><ref name="FAZ-NET_2013-10-11_WBÄ">''[http://www.webcitation.org/6KILijhMp Staatskrise - Währungsfonds bietet Ägypten Wirtschaftshilfe an]'', FAZ.NET, 11. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/staatskrise-waehrungsfonds-bietet-aegypten-wirtschaftshilfe-an-12613400.html Original] am 11. Oktober 2013.</ref> |
Die Chefin des [[Internationaler Währungsfonds|Internationalen Währungsfonds]] (IWF), [[Christine Lagarde]], bot den zuständigen ägyptischen Stellen Zusammenarbeit mit dem IWF bei der Stabilisierung der ägyptischen Wirtschaft an. Der IWF könne als Partner in bestehende Kooperationen zwischen Ägypten und den Golfstaaten eintreten. Vor dem Putsch Mursis im Juli hatte es Verhandlungen um einen 4,8 Milliarden Dollar umfassenden Kredit des IWF an Ägypten gegeben. Die neue Militärführung, die nach dem Putsch bereits mit Milliardenbeträgen von reichen Golfstaaten unterstützt wurde, nahm jedoch „angesichts der mit den Kredithilfen verbundenen unpopulären Auflagen“ (Reuters) keine Verhandlungen mit den IWF-Vertretern auf.<ref name="Reuters_2013-10-11_IBÄ">''[http://www.webcitation.org/6KIMQ3cNK IWF bietet Ägypten Hilfe bei ökonomischer Stabilisierung an]'', Reuters Deutschland, 11. Oktober 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE99A00520131011 Original] am 11. Oktober 2013.</ref><ref name="FAZ-NET_2013-10-11_WBÄ">''[http://www.webcitation.org/6KILijhMp Staatskrise - Währungsfonds bietet Ägypten Wirtschaftshilfe an]'', FAZ.NET, 11. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/staatskrise-waehrungsfonds-bietet-aegypten-wirtschaftshilfe-an-12613400.html Original] am 11. Oktober 2013.</ref> |
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==== Ausarbeitung einer neuen Verfassung ==== |
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===== Verfassung von 2012 ===== |
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Nach ihrem Sieg in den ersten freien ägyptischen Wahlen 2012 hatte die Muslimbruderschaft ein Gremium bestimmt, das das unter Husni Mubarak geltende Grundgesetz ersetzen sollte. Nachdem die Mitglieder monatelang keinen Entwurf vorgelegt hatten, hatte der damals neu gewählte Staatspräsident Mursi schließlich im November 2012 die Entwicklung selbst vorangetrieben. Laut Stephan Roll von der ''Stiftung Wissenschaft und Politik'' hatte sich Mursi dabei „über das Gesetz gestellt und die Verfassung im Schnelldurchlauf vom Verfassunggebenden Komitee verabschieden lassen“.<ref name="DW_2013-10-18_VFN" /> Die Verfassung war von der Bevölkerung per Referendum mit einer Mehrheit von 64 Prozent der Stimmen bestätigt worden, unter teilweisem Boykott der Opposition und bei einer Wahlbeteiligung von 33 Prozent.<ref name="DW_2013-07-21_ÄNA" /> „Die Verfassung war seither“, so Roll, „sicherlich ein ganz zentraler Streitpunkt zwischen Muslimbruderschaft und Opposition.“<ref name="DW_2013-10-18_VFN">''[http://www.webcitation.org/6KSkIiNA9 Ägypten - Eine Verfassung für das neue Ägypten]'', Deutsche Welle, 17. Oktober 2013, von Carolyn Wißing, archiviert vom [http://dw.de/p/19zm6 Original] am 18. Oktober 2013.</ref> |
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Nach Angaben der Übergangsregierung wurden bei Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und Anhängern des gestürzten Präsidenten am 16. August landesweit erneut mindestens 173 Zivilisten getötet und 1330 Menschen verletzt.<ref name="BZ_2013-08-17_TDZ" /><ref name="Welt_2013-08-17_ÄPA">''[http://www.webcitation.org/6IxiCNvHM Nach Feuergefecht – Ägypten prüft Auflösung der Muslimbruderschaft]'', Die Welt, 17. August 2013, archiviert vom [http://www.welt.de/politik/ausland/article119120689/Aegypten-prueft-Aufloesung-der-Muslimbruderschaft.html Original] am 18. August 2013.</ref><ref name="DW_2013-08-17_MM">''[http://www.webcitation.org/6J4RmuHDh Ägypten – Die Macht der Märtyrerlogik]'', Deutsche Welle, 17. August 2013, von Markus Symank, archiviert vom [http://www.dw.de/die-macht-der-m%C3%A4rtyrerlogik/a-17027115 Original] am 22. August 2013.</ref> Davon fielen 95 Todesopfer allein auf Kairo, wo auch ein Sohn des Chefs der Muslimbruderschaft, [[Muhammad Badi'e]], erschossen wurde.<ref name="BZ_2013-08-17_TDZ" /> Zentrum der Proteste in Kairo war der Ramses-Platz, wohin Tausende Demonstranten von den Moscheen nach dem Freitagsgebet zogen. Die Polizei schoss mit Tränengas und scharfer Munition, nach Zeugenberichten wurden Steine und Brandsätze geworfen.<ref name="Zeit-OL_2013-08-16_PIK">''[http://www.webcitation.org/6JkUycMAS Ägypten - Polizei in Kairo schießt auf Demonstranten]'', Zeit Online, 16. August 2013, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-08/aegypten-gewalt-live-blog Original] am 19. September 2013.</ref> Patrick Kingsley berichtete für den ''Guardian'', er sei „Augenzeuge eines Massakers“ an mindestens 19 Menschen am Ramses-Platz geworden.<ref name="Zeit-OL_2013-08-16_PIK" /><ref name="Guardian_2013-08-16_DCE">''[http://www.webcitation.org/6JkVYcfAm Egypt: deadly clashes erupt again on streets of Cairo]'' (englisch). The Guardian, 16. August 2013, von Shiv Malik und Adam Gabbatt, archiviert vom [http://www.theguardian.com/world/middle-east-live/2013/aug/16/egypt-muslim-brotherhood-day-iof-rage-live Original] am 19. September 2013.</ref> Der ''Guardian'' bezeugte Dutzende von Leichen auf dem Boden der Al-Fetah-Moschee am Ramses-Platz liegend gesehen zu haben. Ein Sprecher der Muslimbruderschaft gab an, 45 Menschen am Ramses-Platz von Seiten der Putschisten getötet worden seien.<ref name="Guardian_2013-08-16_DCE" /> Ein zweites Zentrum der Gewalt in Kairo war die 15.-Mai-Brücke.<ref name="Zeit-OL_2013-08-16_PIK" /> Sie wurde am 16. August zu einem Hauptschauplatz blutiger Gefechte zwischen Sicherheitskräften und protestierenden Anhängern der Muslimbrüder.<ref name="Welt_2013-08-20_ETK">''[http://www.webcitation.org/6JmKnxumn Ägypten - Es tobt ein Kampf um die Seele von Kairo]'', Die Welt, 18. August 2013, von Andrea Backhaus, Daniel-Dylan Böhmer und Selma Köhn, archiviert vom [http://www.welt.de/politik/ausland/article119126074/Es-tobt-ein-Kampf-um-die-Seele-von-Kairo.html Original] am 20. September 2013.</ref> Menschen sprangen in Panik von der Brücke.<ref name="Zeit-OL_2013-08-16_PIK" /> Seit dem 14. August erhöhte sich die offizielle Zahl der Toten in ganz Ägypten damit auf mehr als 800, die der getöteten Polizisten auf 57.<ref name="BZ_2013-08-17_TDZ" /><ref name="Welt_2013-08-17_ÄPA" /> Die Regierung nahm Massenverhaftungen vor. Nach offiziellen Angaben wurden vom 16. August bis zum 17. August 1004 Personen festgenommen, darunter nach Angabe aus Sicherheitskreisen auch ein Bruder von [[al-Qaida]]-Chef [[Aiman az-Zawahiri|Aiman Al-Sawahiri]].<ref name="BZ_2013-08-17_TDZ">''[http://www.webcitation.org/6IxfPpNWQ Krise in Ägypten – Tage des Zorns]'', Berliner Zeitung, 17. August 2013, archiviert vom [http://www.berliner-zeitung.de/politik/krise-in-aegypten-tage-des-zorns,10808018,24037290.html Original] am 18. August 2013.</ref> |
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Merkmale der Verfassung von 2012 waren unter anderem: |
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Das [[Ministry of State for Antiquities Affairs|Ministry of State for Antiquities]] (MSA) ließ aus Sicherheitsgründen alle Museen und archäologischen Fundstätten schließen.<ref name="Ahram-OL_2013-08-14">''[http://www.webcitation.org/6J5WdDUWT Egypt’s archaeological sites and museums closed indefinitely]'', Ahram Online (ahramonline), 14. August 2013, von Nevine El-Aref, archiviert vom [http://english.ahram.org.eg/News/79035.aspx Original] am 23. August 2013.</ref><ref>[http://archaeologik.blogspot.de/2013/08/unruhen-in-agypten-museumsplunderung-in.html ''Unruhen in Ägypten – Museumsplünderung in Mallawi''], Archaeologik 15. August 2013. Abgerufen am 15. August 2013</ref> Während der Auseinandersetzungen hatten pro-Mursi-Demonstranten Wachhäuschen an den Eingängen des [[Nationalmuseum Alexandria|Nationalmuseums Alexandria]] und des Malawi-Nationalmuseums im mittelägyptischen al-Minya zerstört, ohne dass in den Museen selbst Schäden angerichtet wurden.<ref name="Ahram-OL_2013-08-14" /> Am 15. August wurde das Malawi-Nationalmuseum in El’Minya geplündert. Von über 1000 Exponaten konnte etwa ein Dutzend sichergestellt werden.<ref>[http://luxortimesmagazine.blogspot.de/2013/08/1040-objects-out-of-1089-were-stolen.html Luxor Times 15. August 2013].</ref> |
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* Die Prinzipien der Scharia blieben wie in den früheren Verfassungen Grundlage der Gesetzgebung (Artikel 2).<ref name="DW_2013-10-18_VFN" /><ref name="Aljazeera_2012-12-09_CE1" /><ref name="Phoenix_2012-11-28_YT_Roll" /><ref name="maybrit-illner_2013-08-22_Azzam" /><ref name="niviensaleh-info_OD_2CE" /><ref name="mubasher-aljazeera-net_2012-12-18" /><ref name="EI_2012-12-02_EDC" /> |
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* Die Interpretation dieser Prinzipien wurde nicht länger dem Verfassungsgericht, sondern den Gelehrten des Al-Azhar Islam-Instituts überlassen (Artikel 4).<ref name="DW_2013-10-18_VFN" /><ref name="Aljazeera_2012-12-09_CE1" /><ref name="maybrit-illner_2013-08-22_Azzam" /><ref name="niviensaleh-info_OD_2CE" /><ref name="mubasher-aljazeera-net_2012-12-18" /><ref name="EI_2012-12-02_EDC" /> |
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* Die Unabhängigkeit der Justiz wurde in einigen Punkten gestärkt. Entsprechende Passagen in der Verfassung konnten allerdings mit Gesetzen ausgehöhlt werden.<ref name="DW_2013-10-18_VFN" /> |
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===== Erarbeitung des neuen Entwurfes ===== |
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Am 17. August räumten Mitglieder einer Spezialeinheit nach heftigen, aber unblutigen Schusswechseln mit bewaffneten Anhängern Mursis gewaltsam die von Polizei, Militär und einer Menschenmenge belagerte [[Al-Fateh-Moschee (Kairo)|Al-Fateh-Moschee]] im Stadtzentrum Kairos, in der sich mindestens 700 Mursi-Anhänger nach einer Demonstration vom 16. August nach Beginn der Ausgangssperre verbarrikadiert und laut Augenzeugenberichten aus Angst vor den Sicherheitskräften und Schlägerbanden um freies Verlassen der Moschee verhandelt hatten.<ref name="BZ_2013-08-17_TDZ" /><ref name="Welt_2013-08-17_ÄPA" /><ref name="Spiegel-OL_2013-08-17_SSF">''[http://www.webcitation.org/6IxklvIAN Kairo: Sicherheitskräfte sollen Fatah-Moschee geräumt haben]'' (Videostream), Spiegel Online, 17. August 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/kairo-sicherheitskraefte-sollen-fatah-moschee-geraeumt-haben-a-917144.html Original] am 18. August 2013.</ref><ref name="Spiegel-OL_2013-08-17_NUF">''[http://www.webcitation.org/6Ixn0SL75 Machtkampf in Ägypten: Nervenkrieg um die Fatah-Moschee]'', Spiegel Online, 17. August 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/kairo-mursi-anhaenger-harren-in-belagerter-moschee-aus-a-917065.html Original] am 18. August 2013.</ref><ref name="Spiegel-OL_2013-08-17_SBW">''[http://www.webcitation.org/6IxlzCGfB Machtkampf in Ägypten: Sicherheitskräfte belagern weiter Fatah-Moschee]'', Spiegel Online, 17. August 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/video/kairo-fatah-moschee-weiter-von-armee-belagert-video-1290291-iframe.html Original] am 18. August 2013.</ref><ref name="FAZ.NET_2013-08-18_MKN" /> Dabei wurden nach Angaben der Übergangsregierung 385 Menschen festgenommen.<ref name="FAZ.NET_2013-08-18_MKN">''[http://www.webcitation.org/6IxxSmyI6 Ägypten – Muslimbrüder kündigen neue Proteste an]'', FAZ.NET (Frankfurter Allgemeine Zeitung), 18. August 2013, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/aegypten-muslimbrueder-kuendigen-neue-proteste-an-12536828.html Original] am 18. August 2013.</ref> |
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Am 3. Juli 2013 war die Verfassung nach dem Sturz Mursis durch das Militär von Militärchef Sisi außer Kraft gesetzt worden.<ref name="DW_2013-10-18_VFN" /><ref name="DW_2013-07-21_ÄNA" /> Vier Verfassungsexperten und sechs hochrangige Richter erhielten den Auftrag, ab dem 21. Juli erste Vorschläge für ein neues Grundgesetz zu erarbeiten.<ref name="DW_2013-10-18_VFN" /><ref name="DW_2013-07-21_ÄNA">''[http://www.webcitation.org/6KSpilDHT Ägypten - Ägypten nimmt Anlauf zu neuer Verfassung]'', Deutsche Welle, 21. Juli 2013, von Ursula Kissel, archiviert vom [http://dw.de/p/19BJ2 Original] am 18. Oktober 2013.</ref> Seit Anfang September ließ die Übergangsregierung ein neues Verfassunggebendes Komitee mit 50 Mitgliedern über die Änderungsvorschläge für den neuen Verfassungsentwurf beraten. Der Verfassungswentwurf sollte dann Anfang November 2013 präsentiert werden. Der Plan sah vor, dass die ägyptische Bevölkerung anschließend innerhalb von 30 Tagen in einem Referendum über den Verfassunsgentwurf abstimmt.<ref name="DW_2013-10-18_VFN" /><ref name="DW_2013-07-21_ÄNA" /> Das Vorliegen einer überarbeiteten Version wurde als Voraussetzung für die Neuwahlen für ein Parlament und einen Staatspräsidenten angesehen.<ref name="DW_2013-10-18_VFN" /><ref name="DW_2013-07-21_ÄNA" /> |
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Ein Bericht von [[Amnesty International]], der die Ergebnisse eines Teams der Menschenrechtsorganisation bei der Besichtigung in Krankenhäusern und Leichenhallen in Kairo auswertete, beschrieb als Auffälligkeit bei den Opfern zahlreiche Einschüsse in Kopf und Brust. Der Ägyptologe Henning Franzmeier erklärte, dass die Sicherheitskräfte „nicht zwischen friedlichen und gewaltbereiten Demonstranten“ unterscheiden würden.<ref name="DW_2013-08-19_GKV">''[http://www.webcitation.org/6J4BGFz8m Arabische Welt – Geballte Kritik vor der ägyptischen Botschaft]'', Deutsche Welle, 19. August 2013, von Heiner Kiesel, archiviert vom [http://www.dw.de/geballte-kritik-vor-der-%C3%A4gyptischen-botschaft/a-17030391 Original] am 22. August 2013.</ref><ref name="FAZ-NET_2013-08-18_VTA">''[http://www.webcitation.org/6J4KnbyhN Ägypten – Viele Tote bei Ausbruchsversuch von Muslimbrüdern]'', FAZ.NEZ (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18. August 2013, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/aegypten-viele-tote-bei-ausbruchsversuch-von-muslimbruedern-12536828.html Original] am 22. August 2013.</ref> |
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In dem Gremium saßen unter anderem Menschenrechtler, Jugendaktivisten, Politiker und zwei Vertreter des islamistischen Lagers. Obwohl in dem Verfassungsgebenden Komitee zwar deutlich mehr gesellschaftliche Gruppierungen vertreten waren als 2012, wurde die Zusammensetzung von Beobachtern als kritisch eingestuft. So sagte Stephan Roll (SWP): „Es ist kein gewähltes, sondern ein ernanntes Komitee. Das ist aus Demokratie-Sicht problematisch.“<ref name="DW_2013-10-18_VFN" /> |
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Am 18. August wurden nach Angaben der Übergangsregierung 36 Häftlinge getötet, die nach offiziellen Angaben versucht haben sollen, aus der Haft zu entkommen. Über den Verlauf der gewaltsamen Auseinandersetzungen bei dem Fluchtversuch wurden unterschiedliche Berichte in Umlauf gebracht.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-18_DIF" /><ref name="FAZ-NET_2013-08-18_VTA" /> Der in der vorangegangenen Woche aus Protest gegen die exzessive Gewalt der Militärs bei der Räumung der Muslimbrüder-Lager zurückgetretene Vizepräsident Mohammed el Baradei flog am 18. August nach [[Wien]], Medienberichten zufolge angeblich aus Furcht um sein Leben flüchtend.<ref name="Tagesspiegel_2013-08-19_ÄVG">''[http://www.webcitation.org/6JE2HpYS5 Erneut Massaker und viele Tote – Ägypten versinkt in der Gewalt]'', Der Tagesspiegel, 19. August 2013, von Martin Gehlen und Albrecht Meier, archiviert vom [http://www.tagesspiegel.de/politik/erneut-massaker-und-viele-tote-aegypten-versinkt-in-der-gewalt/8661366.html Original] am 29. August 2013.</ref> |
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Damit erarbeitete innerhalb nur eines Jahres zum zweiten Mal ein Gremium in Ägypten eine neue Verfassung. Die strittigen Punkte im Entwurf blieben in etwa dieselben wie 2012. Öffentlich am stärksten reflektiert wurden die emotional sensiblen Themen wie das Verhältnis zwischen Religion und Staat und die Rolle von Minderheiten. In Fachkreisen wurden technische Themen wie Justiz und Rolle des Militärs als zentral angesehen. Während es aber bei dem unter Mursis Regierung erstellten Verfassungsentwurf eine breite und scharfe öffentliche Diskussion um den Inhalt des damals aktuellen Verfassungsentwurfes gegeben hatte, fand die Diskussion über den neuen Verfassungsentwurf nach dem Putsch kaum öffentlich statt.<ref name="DW_2013-10-18_VFN" /> |
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===== Fachliche Einschätzungen ===== |
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Ägyptenexperten wie Stephan Roll und Björn Bentlage (Universität Halle) vermuteten, dass der als islamistisch aufgefasste umstrittene Artikel 4 nicht in die neue Verfassung übernommen wird. während die die Artikel zu den Bürger- und Grundrechten wie der Versammlungs- und Redefreiheit bestehen bleiben. Als entscheidend für die demokratische Entwicklung wird die zukünftige Rolle der Justiz eingeschätzt. Das stärkste Augenmerk wird von Seiten der Fachkreise auf die zukünftige Rolle des Militärs gerichtet, dessen Vorrechte bisher in der neuen Verfassung nicht ausgestaltet wurden. Das Militär zeigte sich weiterhin nicht bereit, auf Privilegien zu verzichten, sondern hielt an seiner Autonomie fest, auch künftig den Verteidigungsminister zu benennen und sein Budget nicht vollständig offenzulegen. Zudem beharrte es darauf, dass alle das Militär betreffenden Vergehen vor einem Militärgericht verhandelt werden, einschließlich solcher von in den weitverzweigten Wirtschaftsbetrieben des Militärs arbeitenden Zivilisten.<ref name="DW_2013-10-18_VFN" /> |
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==== Geplante Verschärfung der Einschränkungen im Demonstrationsrecht ==== |
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Mitte Oktober meldete die [[Internationale Gesellschaft für Menschenrechte|Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte]] (IGFM), Ägyptens Innenminister, Polizeigeneral Mohamed Ibrahim, plane eine darstische Einschränkung des Demonstrationsrechts, die einen „herben Rückschlag für die junge Demokratie und einen Rückfall in die Zeiten der Militärdiktatur“ darstellen würde. Bei dem Gesetzentwurf handele es sich um einen nur teilweise modifizierten Text der Muslimbrüder, der mit Bestimmungen zur Terrorismusbekämpfung vermengt worden sei. Die IGFM kritisierte die völlige Intransparenz des Gesetzgebungsverfahrens und die schwerwiegenden Eingriffe in das Recht auf Versammlungsfreiheit als inakzeptabel. Die Formulierungen im Gesetzentwurf seien äußerst vage gehalten, ein „Recht“ auf Versammlungen werde verwährt, Sitzstreiks würden grundsätzlich verboten werden. Teile des unter Verschluss gehaltenen Gesetzentwurfes waren zuvor ägyptischen Medien zugespielt und veröffentlicht worden.<ref name="Standard-at_2013-10-17_DÄS" /> |
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Die in Ägypten ansässige Menschenrechtsorganisation ''Arab Network for Human Rights Information'' (ANHRI) sagte, der Gesetzentwurf erinnere an die Verhältnisse unter Husni Mubarak und dem früheren Innenminister [[Habib al-Adli]]. Ägypten brauche keine weiteren Gesetze mit Restriktionen der Rechte und Freiheiten.<ref name="ahram-OL_2013-10-16_RDA">''[http://www.webcitation.org/6KSxRZAV8 Rights group adds to criticism of Egypt's draft protest law]'' (englisch). ahramonline, 16. Oktober 2013, archiviert vom [http://english.ahram.org.eg/NewsContent/1/64/84106/Egypt/Politics-/Rights-group-adds-to-criticism-of-Egypts-draft-pro.aspx Original] am 18. Oktober 2013.</ref> |
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==== Staatliche Kontrolle über Moscheen und Prediger ==== |
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Im Oktober meldeten Medien Pläne der neuen Machthaber zur Einschränkung des Einflusses der Muslimbruderschaft auf die Religion. Das Ministerium für religiöse Angelegenheiten zielte mit einer Reihe von Gesetzen darauf ab, die Moscheen des Landes stärker unter staatliche Kontrolle zu stellen.<ref name="DW_2013-10-16_PFI">''[http://www.webcitation.org/6KSyc7buU Ägypten - Predigtverbot für Islamisten in Ägypten]'', Deutsche Welle, 16. Oktober 2013, von Markus Symank, archiviert vom [http://dw.de/p/19zxw Original] am 18. Oktober 2013.</ref> |
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Einige der umgesetzten oder geplanten Änderungen: |
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* Seit Oktober durften nur noch Imame mit einem Abschluss der als moderat geltenden Al-Azhar-Universität die Freitagspredigt halten.<ref name="DW_2013-10-16_PFI" /> |
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: Diese Regelung bedeutete eine effektive Entlassung von rund 53.000 Predigern durch die militärgestützte Übergangsregierung.<ref name="DW_2013-10-16_PFI" /> Der Minister für religiöse Stiftungen, Mohamed Mokhtar Gomaa, begründete seine Maßnahme vom 10. September 2013 laut der Zeitung „''Egypt Online''“ damit, die Imame besäßen keine staatliche Zulassung und stellten mit ihren fundamentalistischen Ansichten eine Bedrohung für die Sicherheit des Landes dar. Betroffen waren laut dem Bericht vor allem kleine autonome Moscheen und Gebetsstätten.<ref name="islamische-zeitung-de_2013-09-10">''[http://www.islamische-zeitung.de/?id=17167 Ägypten verhängt Predigtverbot für 55.000 Imame - Amnesty verurteilt „überhartes Vorgehen“]'', islamische-zeitung.de, 10. September 2013, abgerufen am 18. Oktober 2013.</ref> |
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* Die Verbreitung politischer Botschaften von der Kanzel sollte künftig zum Entzug der Lizenz führen.<ref name="DW_2013-10-16_PFI" /> |
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: Markus Symank kommentierte in der ''Deutschen Welle'', regimetreue Imame dürften auch künftig Religion und Politik vermischen, denn das Politikverbot für Imame gelte offenbar nur für die eine Hälfte der Gesellschaft. Aktivisten hätten angesichts des Vorgehens der Übergangsregierung gewarnt, dass anstelle der Islamisten künftig die neuen Machthaber die Moscheen für ihre Propaganda missbrauchen könnten. In den vorangegangenen Wochen hätten bereits zahlreiche Imame den Sicherheitskräften, die brutal gegen die Mursi-Anhänger vorgehen, „ihren Segen gegeben“. Ein Scheich, der häufig auf dem Tahrirplatz in Kairo predigte, hatte offen zum Mord an Mitgliedern der Hamas, dem palästinensischen Arm der Muslimbruderschaft, aufgerufen. Auch Vertreter der Al-Azhar hatten nach dem Putsch Hetze gegen Mursi-Anhänger betrieben wie der frühere Großmufti Ali Gum'a. Gum'a hatte Armeechef Sisi für dessen „außergewöhnlichen Mut“ gelobt, den Muslimbrüdern dagegen das Recht abgesprochen hatte, sich als Ägypter bezeichnen zu dürfen<ref name="DW_2013-10-16_PFI" /> und dazu aufgerufen, die Protestteilnehmer zu töten.<ref name="ahram-OL_2013-10-09_SSM" /><ref name="MEM_2013-10-09_FEM" /><ref name="TTOI_2013-10-09" /> |
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* Freitagspredigten sollen nur noch in Moscheen erlaubt sein, die mindestens 80 Quadratmeter groß sind.<ref name="DW_2013-10-16_PFI" /> |
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: Während in Ägypten mehr als 110.000 registrierte Moscheen bestanden, war die Anzahl der Imame mit Al-Azhar-Zertifikat mit 58.000 weitaus zu niedrig, um flächendeckend jede Moschee mit einem Imam versorgen zu können. Besonders in Oberägypten, wo die Islamisten ihre Hochburgen hatten, befanden sich viele Moscheen im Besitz von Familiensippen, die in der Regel auch bestimmten, wer bei den Freitagsgebeten als Imam aufritt. Die Regierung beabsichtigte, diesem Dilemma mit weiteren gesetzlichen Einschränkungen beizukommen.<ref name="DW_2013-10-16_PFI" /> |
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==== Weitere Gewalttaten und Auseinandersetzungen ==== |
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===== August ===== |
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Das [[Ministry of State for Antiquities Affairs|Ministry of State for Antiquities]] (MSA) ließ aus Sicherheitsgründen alle Museen und archäologischen Fundstätten schließen.<ref name="Ahram-OL_2013-08-14">''[http://www.webcitation.org/6J5WdDUWT Egypt’s archaeological sites and museums closed indefinitely]'', Ahram Online (ahramonline), 14. August 2013, von Nevine El-Aref, archiviert vom [http://english.ahram.org.eg/News/79035.aspx Original] am 23. August 2013.</ref><ref>[http://archaeologik.blogspot.de/2013/08/unruhen-in-agypten-museumsplunderung-in.html ''Unruhen in Ägypten – Museumsplünderung in Mallawi''], Archaeologik 15. August 2013. Abgerufen am 15. August 2013</ref> Während der Auseinandersetzungen hatten pro-Mursi-Demonstranten Wachhäuschen an den Eingängen des [[Nationalmuseum Alexandria|Nationalmuseums Alexandria]] und des Malawi-Nationalmuseums im mittelägyptischen Minya zerstört, ohne dass in den Museen selbst Schäden angerichtet wurden.<ref name="Ahram-OL_2013-08-14" /> Am 15. August wurde das Malawi-Nationalmuseum in Minya geplündert. Von über 1000 Exponaten konnte etwa ein Dutzend sichergestellt werden.<ref>[http://luxortimesmagazine.blogspot.de/2013/08/1040-objects-out-of-1089-were-stolen.html Luxor Times 15. August 2013].</ref> |
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Am Abend des 19. August wurde ein Journalist der ägyptischen Zeitung ''al-Ahram'' nach Beginn der Ausgangsperre auf dem Rückweg von einem Treffen mit dem Gouverneur einer Provinz im Nildelta an einem Kontrollpunkt des Militärs erschossen und ein Kollege verletzt, obwohl für Journalisten und Mitarbeiter von Medien eine offizielle Ausnahmeregelung bei der Handhabung der Ausgangssperre galt.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-20_MNC" /> |
Am Abend des 19. August wurde ein Journalist der ägyptischen Zeitung ''al-Ahram'' nach Beginn der Ausgangsperre auf dem Rückweg von einem Treffen mit dem Gouverneur einer Provinz im Nildelta an einem Kontrollpunkt des Militärs erschossen und ein Kollege verletzt, obwohl für Journalisten und Mitarbeiter von Medien eine offizielle Ausnahmeregelung bei der Handhabung der Ausgangssperre galt.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-20_MNC" /> |
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Am 28. August ereigneten sich laut ägyptischen Medienberichten gewaltsame Zusammenstöße zwischen demonstrierenden Muslimbrüdern und der Polizei in der Provinz Bani Suwaif, bei denen zwei Demonstranten getötet und acht verletzt worden sein sollen. Zu den Auseinandersetzungen soll es gekommen sein, als eine Militärpatrouille versucht habe, eine Versammlung aufzulösen. Während die Opfer nach Angaben von Ärzten alle Schusswunden erlitten, gab ein hoher Militär an, die Sicherheitskräfte hätten nicht geschossen.<ref name="Süddeutsche-de_2013-08-28_ZDG">''[http://www.webcitation.org/6JIgRWStW Unruhen in Ägypten – Zwei Demonstranten getötet]'', Süddeutsche.de, 28. August 2013, archiviert vom [http://www.sueddeutsche.de/politik/unruhen-in-aegypten-zwei-demonstranten-getoetet-1.1756478 Original] am 1. September 2013.</ref> |
Am 28. August ereigneten sich laut ägyptischen Medienberichten gewaltsame Zusammenstöße zwischen demonstrierenden Muslimbrüdern und der Polizei in der Provinz Bani Suwaif, bei denen zwei Demonstranten getötet und acht verletzt worden sein sollen. Zu den Auseinandersetzungen soll es gekommen sein, als eine Militärpatrouille versucht habe, eine Versammlung aufzulösen. Während die Opfer nach Angaben von Ärzten alle Schusswunden erlitten, gab ein hoher Militär an, die Sicherheitskräfte hätten nicht geschossen.<ref name="Süddeutsche-de_2013-08-28_ZDG">''[http://www.webcitation.org/6JIgRWStW Unruhen in Ägypten – Zwei Demonstranten getötet]'', Süddeutsche.de, 28. August 2013, archiviert vom [http://www.sueddeutsche.de/politik/unruhen-in-aegypten-zwei-demonstranten-getoetet-1.1756478 Original] am 1. September 2013.</ref> |
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Am 30. August forderten trotz eines Großaufgebots der Sicherheitskräfte Zehntausende Menschen bei Protesten die Wiedereinsetzung des vom Militär gestürzten Präsidenten Mursi. Bei Zusammenstößen zwischen Anhängern und Gegnern Mursis kam es dabei nach Medienberichten zu mindestens sechs Toten und mindestens 50 Verletzten sowie zu zahlreichen Festnahmen.<ref name="n-tv_2013-08-30_ÄKN" /><ref name="DW_2013-08-30_KEG" /><ref name="Süddeutsche-de_2013-08-30_TAF" /> Die blutigen Straßenschlachten fanden unter anderem in Mursis Geburtsstadt Sagasig sowie in [[Port Said]] statt,<ref name="n-tv_2013-08-30_ÄKN" /><ref name="DW_2013-08-30_KEG" /><ref name="Süddeutsche-de_2013-08-30_TAF" /> andere Auseinandersetzungen nach ägyptischen Medienberichten auch in [[Banha]], Alexandria und in Bani Suwaif.<ref name="n-tv_2013-08-30_ÄKN" /><ref name="Süddeutsche-de_2013-08-30_TAF" /> Laut Innenministerium kam es zudem in al-Buhaira und [[Tanta]] zu Ausschreitungen.<ref name="n-tv_2013-08-30_ÄKN" /> In Kairo zogen Unterstützer Mursis in mehreren Gruppen durch die Straßen, mieden die von Polizei und Armee streng bewachten Schauplätze und zerstreuten sich kurz vor Einsetzen der nächtlichen Ausgangssperre, für deren Missachtung die Übergangsregierung mit Konsequenzen gedroht hatte.<ref name="DW_2013-08-30_KEG" /> Im Kairoer Bezirk Al-Nosha wurden an einer Straßensperre der Polizei kurz vor Beginn der Protestaktionen zwei Polizisten erschossen und laut Innenministerium zwei weitere Polizisten verletzt. Am Abend erschossen Unbekannte in der Stadt |
Am 30. August forderten trotz eines Großaufgebots der Sicherheitskräfte Zehntausende Menschen bei Protesten die Wiedereinsetzung des vom Militär gestürzten Präsidenten Mursi. Bei Zusammenstößen zwischen Anhängern und Gegnern Mursis kam es dabei nach Medienberichten zu mindestens sechs Toten und mindestens 50 Verletzten sowie zu zahlreichen Festnahmen.<ref name="n-tv_2013-08-30_ÄKN" /><ref name="DW_2013-08-30_KEG" /><ref name="Süddeutsche-de_2013-08-30_TAF" /> Die blutigen Straßenschlachten fanden unter anderem in Mursis Geburtsstadt Sagasig sowie in [[Port Said]] statt,<ref name="n-tv_2013-08-30_ÄKN" /><ref name="DW_2013-08-30_KEG" /><ref name="Süddeutsche-de_2013-08-30_TAF" /> andere Auseinandersetzungen nach ägyptischen Medienberichten auch in [[Banha]], Alexandria und in Bani Suwaif.<ref name="n-tv_2013-08-30_ÄKN" /><ref name="Süddeutsche-de_2013-08-30_TAF" /> Laut Innenministerium kam es zudem in al-Buhaira und [[Tanta]] zu Ausschreitungen.<ref name="n-tv_2013-08-30_ÄKN" /> In Kairo zogen Unterstützer Mursis in mehreren Gruppen durch die Straßen, mieden die von Polizei und Armee streng bewachten Schauplätze und zerstreuten sich kurz vor Einsetzen der nächtlichen Ausgangssperre, für deren Missachtung die Übergangsregierung mit Konsequenzen gedroht hatte.<ref name="DW_2013-08-30_KEG" /> Im Kairoer Bezirk Al-Nosha wurden an einer Straßensperre der Polizei kurz vor Beginn der Protestaktionen zwei Polizisten erschossen und laut Innenministerium zwei weitere Polizisten verletzt. Am Abend erschossen Unbekannte in der Stadt Arisch einen Polizisten. Insgesamt starben bei den parallel zu den Protesten erfolgten Angriffen von Extremisten auf die Polizei drei Polizisten.<ref name="n-tv_2013-08-30_ÄKN">''[http://www.webcitation.org/6JHIwozqi Tote am „Freitag der Entschlossenheit“ – Ägypten kommt nicht zur Ruhe]'', n-tv, 30. August 2013, archiviert vom [http://www.n-tv.de/politik/Aegypten-kommt-nicht-zur-Ruhe-article11266921.html Original] am 31. August 2013.</ref><ref name="DW_2013-08-30_KEG" /><ref name="Süddeutsche-de_2013-08-30_TAF" /> |
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Am 19. September stürmten Anti-Terror-Polizisten die am Rande Kairos gelegene Stadt Kerdasa als weiteren von Islamisten kontrollierten Ort, unter Einsatz von Panzern und Helikoptern. Bei den Zusammenstößen zwischen bewaffneten Grupen und Sicherheitskräften starb auch ein Polizeigeneral.<ref name="Süddeutsche-de_2013-09-21_SDV" /><ref name="Guardian_2013-09-19_EPS" /><ref name="Zeit-OL_2013-09-19_AKV" /> |
Am 19. September stürmten Anti-Terror-Polizisten die am Rande Kairos gelegene Stadt Kerdasa als weiteren von Islamisten kontrollierten Ort, unter Einsatz von Panzern und Helikoptern. Bei den Zusammenstößen zwischen bewaffneten Grupen und Sicherheitskräften starb auch ein Polizeigeneral.<ref name="Süddeutsche-de_2013-09-21_SDV" /><ref name="Guardian_2013-09-19_EPS" /><ref name="Zeit-OL_2013-09-19_AKV" /> |
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In Kairo legte am 19. September der Fund zweier selbstgebauter Sprengsätze an einem Bahnhof im Süden der Stadt den U-Bahnverkehr nahezu vollständig lahm.<ref name="Focus-OL_2013-09-19_BAG">''[http://www.webcitation.org/6Jo4JrmFm Gewalt in Ägypten - Bomben auf dem Gleis: U-Bahnen in Kairo gestoppt]'', Focus Online, 19. September 2013, archiviert vom [http://www.focus.de/politik/ausland/krise-in-der-arabischen-welt/aegypten/gewalt-in-aegypten-bomben-auf-dem-gleis-u-bahnen-in-kairo-gestoppt_aid_1105493.html Original] am 21. September 2013.</ref><ref name="Guardian_2013-09-19_EPS" /> |
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Seit Mitte September das neue akademische Jahr begonnen hatte, wurden die großen Universitäten des Landes regelmäßig Schauplatz von Demonstrationen unter dem Motto „Studenten gegen den Putsch“. Die Studierenden verlangten insbesondere die Freilassung aller in den vorangegangen Wochen verhafteten Kommilitonen, beklagten sich jedoch auch über die schlechten Bedingungen an den Universitäten. Vereinzelt gab es Zusammenstöße mit Studenten, die sich hinter das Militär und die von ihm eingesetzte Übergangsführung stellen.<ref name="derStandard-at_2013-10-02_AWÄ">''[http://www.webcitation.org/6K8YqzaEp Ashton will ägyptischen Dialog anstoßen]'', derStandard.at, 2. Oktober 2013 (Printversion: Der Standard, 3. Oktober 2013), von Astrid Frefel, archiviert vom [http://derstandard.at/1379292875086/Catherine-Ashton-will-aegyptischen-Dialog-anstossen Original] am 5. Oktober 2013.</ref> Damit hatten die aus dem Putsch gegen Mursi hervorgegangenen Unruhen in Ägypten auch die Universitäten des Landes erfasst. Mindestens 29 Menschen wurden verletzt, als es nach Angaben staatlicher Medien und Sicherheitskreise am 28. September zu Auseinandersetzungen zwischen Anhängern und Gegnern Musis in drei Hochschulen in Kairo und Städten im Nil-Delta kam. Einige Beteiligte trugen demnach Schusswaffen und Brandsätze bei sich.<ref name="ORF-at_2013-09-29_UAÄ">''[http://www.webcitation.org/6K8ZBeqOT Unruhen an Ägyptens Universitäten: Dutzende Verletzte]'', ORF.at, 29. September 2013, archiviert vom [http://orf.at/stories/2200415/ Original] am 5. Oktober 2013.</ref> |
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===== Oktober ===== |
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Am Abend des 1. Oktober erreichte erstmals seit dem Putsch von Anfang Juli wieder einer der täglichen kleinen Protestzüge der Anhänger des gestürzten Präsidenten Mursi den Tahrir-Platz in Kairo.<ref name="derStandard-at_2013-10-02_AWÄ" /><ref name="Reuters-DE_2013-10-02_MAP" /><ref name="FAZ_2013-10-06_ANF" /> Rund Hundert Menschen skandierten: „Nieder mit der Militärregierung!“<ref name="Reuters-DE_2013-10-02_MAP">''[http://www.webcitation.org/6KAF1xNJY Mursi-Anhänger protestieren auf Tahrir-Platz in Kairo]'', Reuters Deutschland, 2. Oktober 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE99100D20131002 Original] am 6. Oktober 2013.</ref> |
Am Abend des 1. Oktober erreichte erstmals seit dem Putsch von Anfang Juli wieder einer der täglichen kleinen Protestzüge der Anhänger des gestürzten Präsidenten Mursi den Tahrir-Platz in Kairo.<ref name="derStandard-at_2013-10-02_AWÄ" /><ref name="Reuters-DE_2013-10-02_MAP" /><ref name="FAZ_2013-10-06_ANF" /> Rund Hundert Menschen skandierten: „Nieder mit der Militärregierung!“<ref name="Reuters-DE_2013-10-02_MAP">''[http://www.webcitation.org/6KAF1xNJY Mursi-Anhänger protestieren auf Tahrir-Platz in Kairo]'', Reuters Deutschland, 2. Oktober 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE99100D20131002 Original] am 6. Oktober 2013.</ref> |
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Am 4. Oktober kam es nach Wochen der „angespannten Ruhe“ (''Der Spiegel'') bei landesweiten Protestmärschen der Anhänger des gestürzten Präsidenten zu mehreren neuen Zusammenstößen oder Ausschreitungen zwischen Anhängern Mursis und dessen Gegnern sowie den Sicherheitskräften,<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-05_MLS" /><ref name="Spiegel-Ol_2013-10-05_VTB">''[http://www.webcitation.org/6K8aevwo7 Gewalt in Ägypten: Vier Tote bei heftigen Ausschreitungen in Kairo]'', Spiegel Online, 5. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-vier-tote-bei-demonstrationen-der-muslimbrueder-a-926201.html Original] am 5. Oktober 2013.</ref> bei denen nach offiziellen Angaben mindestens vier Menschen in Kairo erschossen wurden.<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-05_VTB" /><ref name="tagesschau-de_2013-10-05_TBP">''[http://www.webcitation.org/6K8bpTClL Wieder Gewalt in Ägypten - Tote bei Protesten in Kairo]'', tagesschau.de, 5. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.tagesschau.de/ausland/aegypten2140.html Original] am 5. Oktober 2013.</ref> Es handelte sich bei den Demonstrationen um die größten seit der Räumung der Protestlager von Mursi-Unterstützern in Kairo vom 14. August.<ref name="tagesschau-de_2013-10-05_TBP" /> In Kairo kam es in mehreren Stadtteilen zu Auseinandersetzungen zwischen Islamisten und Polizei, nachdem Tausende Mursi-Anhänger nach dem Freitagsgebet in mehreren Stadtvierteln Parolen gegen das Militär und Armeechef Sisi skandierten<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-05_MLS" /><ref name="Spiegel-Ol_2013-10-05_VTB" /><ref name="tagesschau-de_2013-10-05_TBP" /> und für die Wiedereinsetzung Mursis demonstrierten.<ref name="tagesthemen_2013-10-04_TAM" /> Als die Demonstranten auf den Tahrir-Platz wollten, gingen die Sicherheitskräfte mit Warnschüssen und Tränengas gegen sie vor, riegelten den Tahrir-Platz ab und drängten die Demonstranten auf einen anderen Platz ab.<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-05_VTB" /> Als Muslimbrüder zum Präsidentenpalast und zum Verteidigungsministerium ziehen wollten, hinderte das Militär sie daran, und die Sicherheitskräfte setzten Tränengas ein.<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-05_MLS" /><ref name="tagesthemen_2013-10-04_TAM">''Tausende Anhänger der Muslimbrüder protestieren erneut in Kairo'' (Video: [http://www.webcitation.org/6K8dDiSS7 MP4]), ARD, tagesthemen 21:45 Uhr, 4. Oktober 2013, archiviert vom [http://download.media.tagesschau.de/video/2013/1004/TV-20131004-2200-5501.websm.h264.mp4 Original] am 5. Oktober 2013.</ref> Aus Militärfahrzeugen in der Nähe des Tahrir-Plates wurde mit scharfer Munition geschossen, nach Angaben von Augenzeugen in die Menge der Unterstützer der Muslimbruderschaft.<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-05_MLS" /><ref name="tagesschau-de_2013-10-05_TBP" /><ref name="Reuters_2013-10-04_GBM">''[http://www.webcitation.org/6KAEHhjyo Gewalt bei Muslimbrüder-Protesten in Ägypten]'', Reuters, 4. Oktober 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE99302J20131004 Original] am 6. Oktober 2013.</ref><ref name="Guardian_2013-10-04_EAO">''[http://www.webcitation.org/6KDIt6o15 Egyptian army opens fire on Muslim Brotherhood demonstration in Cairo]'' (englisch). The Guardian, 4. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.theguardian.com/world/2013/oct/04/egyptian-army-muslim-brotherhood-cairo Original] am 8. Oktober 2013.</ref> Beistehende Zuschauer schlossen sich Soldaten bei dem Angriff an, warfen Steine auf die Demonstranten, die diese daraufhin zurückwarfen.<ref name="Guardian_2013-10-04_EAO" /> Rettungskräfte gaben an, ein Mensch sei in Kairos Zentrum erschossen worden. Auf dem Tahrir-Platz hinderten Armee und Polizei einen Demonstrationszug mit Mursi-Anhängern daran, auf den Platz zu gelangen. Zu weiteren Auseinandersetzungen kam es auf der zu den Pyramiden führenden Straße.<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-05_MLS">''[http://www.webcitation.org/6K8aG8Xl2 Ägypten: Muslimbrüder liefern sich Straßenschlachten mit Sicherheitskräften]'', Spiegel Online, 4. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-muslimbrueder-liefern-sich-gefechte-mit-sicherheitskraeften-a-926151.html Original] am 5. Oktober 2013.</ref> Im Stadtteil Nasr City marschierten Tausende islamistische Demonstranten in einem Protestzug in Richtung der |
Am 4. Oktober kam es nach Wochen der „angespannten Ruhe“ (''Der Spiegel'') bei landesweiten Protestmärschen der Anhänger des gestürzten Präsidenten zu mehreren neuen Zusammenstößen oder Ausschreitungen zwischen Anhängern Mursis und dessen Gegnern sowie den Sicherheitskräften,<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-05_MLS" /><ref name="Spiegel-Ol_2013-10-05_VTB">''[http://www.webcitation.org/6K8aevwo7 Gewalt in Ägypten: Vier Tote bei heftigen Ausschreitungen in Kairo]'', Spiegel Online, 5. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-vier-tote-bei-demonstrationen-der-muslimbrueder-a-926201.html Original] am 5. Oktober 2013.</ref> bei denen nach offiziellen Angaben mindestens vier Menschen in Kairo erschossen wurden.<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-05_VTB" /><ref name="tagesschau-de_2013-10-05_TBP">''[http://www.webcitation.org/6K8bpTClL Wieder Gewalt in Ägypten - Tote bei Protesten in Kairo]'', tagesschau.de, 5. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.tagesschau.de/ausland/aegypten2140.html Original] am 5. Oktober 2013.</ref> Es handelte sich bei den Demonstrationen um die größten seit der Räumung der Protestlager von Mursi-Unterstützern in Kairo vom 14. August.<ref name="tagesschau-de_2013-10-05_TBP" /> In Kairo kam es in mehreren Stadtteilen zu Auseinandersetzungen zwischen Islamisten und Polizei, nachdem Tausende Mursi-Anhänger nach dem Freitagsgebet in mehreren Stadtvierteln Parolen gegen das Militär und Armeechef Sisi skandierten<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-05_MLS" /><ref name="Spiegel-Ol_2013-10-05_VTB" /><ref name="tagesschau-de_2013-10-05_TBP" /> und für die Wiedereinsetzung Mursis demonstrierten.<ref name="tagesthemen_2013-10-04_TAM" /> Als die Demonstranten auf den Tahrir-Platz wollten, gingen die Sicherheitskräfte mit Warnschüssen und Tränengas gegen sie vor, riegelten den Tahrir-Platz ab und drängten die Demonstranten auf einen anderen Platz ab.<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-05_VTB" /> Als Muslimbrüder zum Präsidentenpalast und zum Verteidigungsministerium ziehen wollten, hinderte das Militär sie daran, und die Sicherheitskräfte setzten Tränengas ein.<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-05_MLS" /><ref name="tagesthemen_2013-10-04_TAM">''Tausende Anhänger der Muslimbrüder protestieren erneut in Kairo'' (Video: [http://www.webcitation.org/6K8dDiSS7 MP4]), ARD, tagesthemen 21:45 Uhr, 4. Oktober 2013, archiviert vom [http://download.media.tagesschau.de/video/2013/1004/TV-20131004-2200-5501.websm.h264.mp4 Original] am 5. Oktober 2013.</ref> Aus Militärfahrzeugen in der Nähe des Tahrir-Plates wurde mit scharfer Munition geschossen, nach Angaben von Augenzeugen in die Menge der Unterstützer der Muslimbruderschaft.<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-05_MLS" /><ref name="tagesschau-de_2013-10-05_TBP" /><ref name="Reuters_2013-10-04_GBM">''[http://www.webcitation.org/6KAEHhjyo Gewalt bei Muslimbrüder-Protesten in Ägypten]'', Reuters, 4. Oktober 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE99302J20131004 Original] am 6. Oktober 2013.</ref><ref name="Guardian_2013-10-04_EAO">''[http://www.webcitation.org/6KDIt6o15 Egyptian army opens fire on Muslim Brotherhood demonstration in Cairo]'' (englisch). The Guardian, 4. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.theguardian.com/world/2013/oct/04/egyptian-army-muslim-brotherhood-cairo Original] am 8. Oktober 2013.</ref> Beistehende Zuschauer schlossen sich Soldaten bei dem Angriff an, warfen Steine auf die Demonstranten, die diese daraufhin zurückwarfen.<ref name="Guardian_2013-10-04_EAO" /> Rettungskräfte gaben an, ein Mensch sei in Kairos Zentrum erschossen worden. Auf dem Tahrir-Platz hinderten Armee und Polizei einen Demonstrationszug mit Mursi-Anhängern daran, auf den Platz zu gelangen. Zu weiteren Auseinandersetzungen kam es auf der zu den Pyramiden führenden Straße.<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-05_MLS">''[http://www.webcitation.org/6K8aG8Xl2 Ägypten: Muslimbrüder liefern sich Straßenschlachten mit Sicherheitskräften]'', Spiegel Online, 4. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-muslimbrueder-liefern-sich-gefechte-mit-sicherheitskraeften-a-926151.html Original] am 5. Oktober 2013.</ref> Im Stadtteil Nasr City marschierten Tausende islamistische Demonstranten in einem Protestzug in Richtung der Rabia-al-Adawija-Moschee, wo das Protestlager im August blutig von den Sicherheitskräften geräumt worden war, und hielten Fotos von getöteten Muslimbrüdern hoch.<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-05_VTB" /> Die Sicherheitskräfte verstärkten daraufhin ihre Präsenz und erklärten, Sitzstreiks seien nicht zugelassen. Demonstranten und ihre Gegner am Rande der Protestzüge bewarfen sich gegenseitig mit Steinen.<ref name="tagesschau-de_2013-10-05_TBP" /> In einem weiteren Stadtteil Kairos sollen laut einem Augenzeugenbericht Islamisten und ihre Gegner mit Schrotflinten aufeinander geschossen haben.<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-05_VTB" /> Zu Auseinandersetzungen kam es auch in Alexandria sowie in Orten im Nil-Delta. Nach Angaben des Innenministeriums kam dort niemand ums Leben. Mediziner hatten dagegen zuvor davon gesprochen, dass in der Stadt Assiut vier Menschen gestorben seien.<ref name="tagesschau-de_2013-10-05_TBP" /> In Alexandria gingen Hunderte Anhänger der Muslimbruderschaft und ihre Gegner aufeinander los, die Polizei setzte dabei wie auch in der Industriestadt al-Mahalla Tränengas ein.<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-05_MLS" /> Laut dem Leiter der Sanitätsdienste wurden mindestens 45 Menschen verletzt.<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-05_VTB" /> |
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Am 5. Oktober wurden laut der staatlichen Nachrichtenagentur Mena bei einem Feuergefecht zwischen Soldaten und Aufständischen vier Menschen erschossen.<ref name="n-tv_2013-10-07_BAA" /> Bewaffnete hatten einen Armeeposten auf einer Verbindungsstraße zwischen Kairo und der Suezkanal-Stadt Ismailia angegriffen und wurden getötet, wobei in ihrem Fahrzeug Sturmgewehre gefunden worden seien.<ref name="Spiegel-OL_2013-10-07_DÄS" /><ref name="n-tv_2013-10-07_BAA" /> |
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Am 6. Oktober wurden bei den seit dem 4. Oktober andauernden landesweiten Protesten der Muslimbrüder gegen Übergangsregierung und Militär nach offiziellen Angaben mindestens 57 Menschen getötet, davon mindestens 46 in Kairo (mindestens 24 in Gizeh), sechs in Bani Sweif und zwei in Minya (mindestens einer in Delga).<ref name="Guardian_2013-10-09_FBW" /><ref name="guardianlv-com_2013-10-08_MHR" /><ref name="almogaz-com_2013-10-08" /> |
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Am 7. Oktober kam es landesweit zu Angriffen, bei denen 18 Angehörige von Armee und Polizei getötet wurden. In der Stadt Al-Tur im Süden der Sinai-Halbinsel starben nach Angaben aus Sicherheitskreisen zwölf Polizisten, als eine Autobombe auf dem Gelände der Sicherheitsdirektion detonierte. Dutzende wurden verletzt. In dem Gebäude fand zum Zeitpunkt des Anschlags eine Sitzung hochrangiger Offiziere statt.<ref name="20min-ch_2013-10-07_1TN" /><ref name="Zeit-OL_2013-10-07_ZPS">''[http://www.webcitation.org/6KCJqQT2N Ägypten - Zwölf Polizisten sterben bei Autobomben-Explosion]'', Zeit Online, 7. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-10/aegypten-sinai-explosion-tote Original] am 7. Oktober 2013.</ref> Über die mutmaßlichen Attentäter wurde zunächst nichts bekannt.<ref name="20min-ch_2013-10-07_1TN" /> In der Stadt Ismailia in der Nähe des Suez-Kanals erschossen Unbekannte sechs Soldaten, die sich bei einem Kontrollposten aufhielten.<ref name="20min-ch_2013-10-07_1TN" /><ref name="Reuters-DE_2013-10-07_ATF">''[http://www.webcitation.org/6KElzyjzY Angreifer töten fünf ägyptische Soldaten nahe Suez-Kanal]'', Reuters Deutschland, 7. Oktober 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE99603B20131007 Original] am 9. Oktober 2013.</ref> 35 Menschen sollen bei dieser Attacke in der Nähe der Ortschaft Abu Suwair verletzt worden sein.<ref name="20min-ch_2013-10-07_1TN">''[http://www.webcitation.org/6KCHJBfGs Sinai-Halbinsel - 12 Tote nach Anschlag auf Polizei und Militär]'', 20min.ch, 7. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.20min.ch/ausland/news/story/Attentat-auf-aeygptisches-Hauptquartier-20030330 Original] am 7. Oktober 2013.</ref><ref name="Zeit-OL_2013-10-07_ZPS" /> |
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Am 11. Oktober kam es in mehreren Orten Ägyptens erneut zu Protesten. Dabei wurde in der Provinz Scharkija nördlich von Kairo ein Mensch getötet.<ref name="business-panorama_2013-10-11" /><ref name="MEM_2013-10-12_OKA">''[http://www.webcitation.org/6KKMvtQ71 One killed and tens injured in Friday's protests in Egypt]'' (englisch). Middle East Monitor, 12. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.middleeastmonitor.com/news/africa/7807-one-killed-and-tens-injured-in-fridays-protests-in-egypt Original] am 13. Oktober 2013.</ref> Dutzende wurden in Alexandria verletzt, als ein Wagen in die Demonstranten fuhr.<ref name="MEM_2013-10-12_OKA" /> Das Innenministerium bekräftigte seine Warnung, gegebenenfalls mit Gewalt gegen die Islamisten vorzugehen. In Kairo wurden rund um den Tahrir-Platz, die US-Botschaft und andere zentrale Plätze die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt. Rund 2000 Islamisten versammelten sich in Kairo zu Protesten und schwenkten vor dem Präsidentenpalast Bilder von Mursi. Die von der Muslimbruderschaft angeführte Anti-Putsch-Allianz, die die Demonstration organisiert hatte, hatte die Teilnehmer zuvor aufgerufen, dem Tahrir-Platz fernzubleiben, um weitere gewalttätige Zusammenstöße zu verhindern.<ref name="business-panorama_2013-10-11">''[http://www.webcitation.org/6KJ2XuyL0 Tausende Mursi-Anhänger gehen in Ägypten auf die Straße]'', http://business-panorama.de (AFP-Meldung), 11. Oktober 2013, archiviert vom [http://business-panorama.de/news.php?newsid=198492 Original] am 12. Oktober 2013.</ref> In Alexandria trieben Sicherheitskräfte die Unterstützer Mursis mit Tränengas auseinander, als diese mit Gegnern des entmachteten Präsidenten aneinandergerieten.<ref name="business-panorama_2013-10-11" /><ref name="Reuters_2013-10-11_EKÄ">''[http://www.webcitation.org/6KIMDbxEd Erneut Krawalle in Ägypten]'', Reuters Deutschland, 11. Oktober 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE99A02U20131011 Original] am 11. Oktober 2013.</ref> |
Am 11. Oktober kam es in mehreren Orten Ägyptens erneut zu Protesten. Dabei wurde in der Provinz Scharkija nördlich von Kairo ein Mensch getötet.<ref name="business-panorama_2013-10-11" /><ref name="MEM_2013-10-12_OKA">''[http://www.webcitation.org/6KKMvtQ71 One killed and tens injured in Friday's protests in Egypt]'' (englisch). Middle East Monitor, 12. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.middleeastmonitor.com/news/africa/7807-one-killed-and-tens-injured-in-fridays-protests-in-egypt Original] am 13. Oktober 2013.</ref> Dutzende wurden in Alexandria verletzt, als ein Wagen in die Demonstranten fuhr.<ref name="MEM_2013-10-12_OKA" /> Das Innenministerium bekräftigte seine Warnung, gegebenenfalls mit Gewalt gegen die Islamisten vorzugehen. In Kairo wurden rund um den Tahrir-Platz, die US-Botschaft und andere zentrale Plätze die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt. Rund 2000 Islamisten versammelten sich in Kairo zu Protesten und schwenkten vor dem Präsidentenpalast Bilder von Mursi. Die von der Muslimbruderschaft angeführte Anti-Putsch-Allianz, die die Demonstration organisiert hatte, hatte die Teilnehmer zuvor aufgerufen, dem Tahrir-Platz fernzubleiben, um weitere gewalttätige Zusammenstöße zu verhindern.<ref name="business-panorama_2013-10-11">''[http://www.webcitation.org/6KJ2XuyL0 Tausende Mursi-Anhänger gehen in Ägypten auf die Straße]'', http://business-panorama.de (AFP-Meldung), 11. Oktober 2013, archiviert vom [http://business-panorama.de/news.php?newsid=198492 Original] am 12. Oktober 2013.</ref> In Alexandria trieben Sicherheitskräfte die Unterstützer Mursis mit Tränengas auseinander, als diese mit Gegnern des entmachteten Präsidenten aneinandergerieten.<ref name="business-panorama_2013-10-11" /><ref name="Reuters_2013-10-11_EKÄ">''[http://www.webcitation.org/6KIMDbxEd Erneut Krawalle in Ägypten]'', Reuters Deutschland, 11. Oktober 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE99A02U20131011 Original] am 11. Oktober 2013.</ref> |
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Am 20. Oktober wurden bei einem [[Drive-by-Shooting]] im Karoier Stadtteil Warak nach offiziellen Angaben drei, laut der Nachrichtengarentur ''dpa'' vier, Menschen getötet, darunter ein achtjähriges Mädchen.<ref name="Spiegel-OL_2013-10-21_ETA" /><ref name="taz_2013-10-21_MVK" /><ref name="Aljazeera_2013-10-21_DAO">''[http://www.webcitation.org/6KXKwLabw Deadly attack outside Cairo church wedding]'' (englisch). Aljazeera, 21. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.aljazeera.com/news/middleeast/2013/10/several-killed-outside-church-cairo-201310202143341911.html Original] am 21. Oktober 2013.</ref><ref name="Welt_2013-10-21_TEA" /> Die vermummten Täter schossen auf eine Gruppe von Menschen, die während einer christlichen Hochzeit vor der koptischen Jungfrau-Maria-Kirche stand, und entkamen.<ref name="Spiegel-OL_2013-10-21_ETA" /><ref name="taz_2013-10-21_MVK" /> Über das Motiv der Angreifer machte das Ministerium zunächst keine Angaben.<ref name="taz_2013-10-21_MVK" /> Das Nachrichtenmagazin ''Der Spiegel'' titulierte die Täter als „Extremisten“, die Tagezeitung ''Die Welt'' als „Terroristen“.<ref name="Spiegel-OL_2013-10-21_ETA" /><ref name="Welt_2013-10-21_TEA" /> Die Polizei leitete im Kairoer Vorort Al-Waraak eine Großfahndung ein. Es handelte sich um den ersten Angriff auf Christen in Kairo seit dem Militärputsch gegen Staatspräsident Mursi. Die linke Tagammu-Partei nahm den Vorfall zum Anlaß, den Muslimbrüdern vorzuwerfen, sie hätten Unfrieden zwischen den verschiedenen Religionsgruppen gestiftet. Die ägyptische Muslimbruderschaft distanzierte sich in einer Erklärung ihres Pressebüros in London von dem Angriff.<ref name="Spiegel-OL_2013-10-21_ETA">''[http://www.webcitation.org/6KX7RlXEy Angriff auf Ägyptens Christen: Extremisten töten achtjähriges Mädchen]'', Spiegel Online, 21. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/christen-in-aegypten-extremisten-erschiessen-achtjaehriges-maedchen-a-929036.html Original] am 21. Oktober 2013.</ref> |
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Am 13. Oktober wurde ein US-Amerikaner in seiner Gefängniszelle in Ismailia nahe dem Sueskanal erhängt aufgefunden. Sicherheitsbeamte sagten, er habe offenbar Selbstmord begangen. Der Mann war am 27. August unter dem Verdacht in Polizeigewahrsam genommen worden, gegen eine Ausgangssperre verstoßen zu haben. Das ägyptische Innenministerium teilte mit, zum Zeitpunkt seiner Festnahme hätten die Sicherheitskräfte auf eine Autobombe vor einer Polizeistation in der Stadt Sheikh Zwayed im Nord-Sinai reagiert. Seine Haft war am 26. August, einen Tag vor seinem Tod, um 30 Tage verlängert worden. Bereits im September war ein Franzose für angebliche Verletzung einer Ausgangssperre in Kairo in ägyptischer Haft gestorben, als ihn Mitgefangene zu Tode geschlagen hatten.<ref name="VOANews_2013-10-13_SAH">''[http://www.webcitation.org/6KM2JlAsy Egypt: Detained American Hangs Self in Prison]'' (englisch). Voice of America News, 13. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.voanews.com/content/egypt-detained-american-hangs-self-in-prison/1768730.html Original] am 14. Oktober 2013.</ref> |
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== Weblinks == |
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* Neues Deutschland: [http://www.neues-deutschland.de/tag/%C3%84gypten Artikel zum Schlagwort „Ägypten“], Themenauswahl |
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'''TV-Berichte:''' |
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* [http://www.youtube.com/watch?v=U1vu0vLsfj8 Rede von Präsident Mursi zur Lage in Ägypten am 02.07.2013], phoenix, Rede von Präsident Mursi zur Lage in Ägypten mit Synchronübersetzung (Moderation: Simone Fibiger) |
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* [http://www.youtube.com/watch?v=oeW5iwrzUcc Rede von Verteidigungsminister Abdel Fattah al-Sisi am 03.07.2013], phoenix, Erklärung des Militärs durch Militärchef Abd al-Fattah as-Sisi im ägyptischen Fernsehen mit Synchronübersetzung |
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* [http://www.youtube.com/watch?v=Qd9e-Ryii8M Erklärung zur Absetzungs Mursis am 03.07.2013], phoenix, die Erklärungen von [[Mohammed el-Baradei]] (Führer Oppsitionsbündnis Nationale Heilsfront), [[Tawadros II.]] (Koptischer Papst) und [[Ahmad Mohammad al-Tayyeb|Ahmed Tayeb]] ([[al-Azhar-Universität|Al Azhar]]-Scheich) mit Synchronübersetzung |
* [http://www.youtube.com/watch?v=Qd9e-Ryii8M Erklärung zur Absetzungs Mursis am 03.07.2013], phoenix, die Erklärungen von [[Mohammed el-Baradei]] (Führer Oppsitionsbündnis Nationale Heilsfront), [[Tawadros II.]] (Koptischer Papst) und [[Ahmad Mohammad al-Tayyeb|Ahmed Tayeb]] ([[al-Azhar-Universität|Al Azhar]]-Scheich) mit Synchronübersetzung |
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* [http://www.youtube.com/watch?v=QZqBXAPP5cg Aktuelles zur Lage in Ägypten: der Tag am 03.07.2013], phoenix, 3. Juli 2013, Bericht zur Lage in Ägypten zum Zeitpunkt des Putsches; Moderation: Michael Kolz; u.a. mit Guido Westerwelle (Bundesaußenminister, FDP) und Prof. Andreas Dittmann (Nahostexperte, Universität Gießen) |
* [http://www.youtube.com/watch?v=QZqBXAPP5cg Aktuelles zur Lage in Ägypten: der Tag am 03.07.2013], phoenix, 3. Juli 2013, Bericht zur Lage in Ägypten zum Zeitpunkt des Putsches; Moderation: Michael Kolz; u.a. mit Guido Westerwelle (Bundesaußenminister, FDP) und Prof. Andreas Dittmann (Nahostexperte, Universität Gießen) |
Version vom 21. Oktober 2013, 18:51 Uhr
Die Staatskrise in Ägypten 2013 ist eine Krisenerscheinung in Ägypten, die sich verschärfte, als das ägyptische Militär nach anhaltenden und zunehmend gewalttätigen Protesten gegen den Staatspräsidenten Mohammed Mursi intervenierte, die erste demokratisch gewählte Regierung Ägyptens unter Mursi stürzte, die Verfassung außer Kraft setzte und die Macht übernahm.[1]
Die Absetzung Mursis unter der Leitung des Militärratschefs Abd al-Fattah as-Sisi bei dem Militärputsch am 3. Juli 2013 war vom Militär mit zunehmender Unzufriedenheit in der Bevölkerung begründet worden,[2] die aus politischen und ökonomischen Missständen resultiert habe.
Bevor und nachdem es in der Zeit vom 9. und 16. Juli 2013 zur Einsetzung einer zivilen Übergangsregierung durch das Militär kam, eskalierte die Lage erneut in Massentötungen von Mitgliedern der Muslimbruderschaft durch ägyptische Sicherheitskräfte. Den bisherigen Höhepunkt der Gewalt bildet die gewaltsame Räumung der Protestlager von Anhängern Mursis am 14. August 2013. Dabei wurden nach Angaben der Regierung vom darauf folgenden Tag mindestens 638,[3] nach jüngeren westlichen Medienberichten rund 1000[4][5] und nach Angaben der Muslimbruderschaft über 2000[3] Menschen getötet und Tausende weitere verletzt. Im Juli und August kamen über 1000 Menschen ums Leben, wovon nahezu alle Zivilisten waren, die gegen Militächef Sisi demonstriert hatten und von den Sicherheitskräften erschossen wurden.[6]
Der seit dem 14. August von der militärgestützten Übergangsregierung verhängte und Mitte September um zwei weitere Monate bis Mitte November 2013 verlängerte Ausnahmezustand verschaffte Behörden und Einsatzkräften Sonderrechte beim Vorgehen gegen Proteste und Versammlungen und erschwerte die Arbeit der Medien im Land.[7][8] Der aus Protest zurückgetretene Vizeinterimspräsident Mohammed el-Baradei entzog sich einer Verhaftung durch Flucht ins Ausland. Die Pressefreiheit wurde eingeschränkt, das Führungspersonal der Muslimbruderschaft verhaftet und Tausende Muslimbrüder festgenommen. Sämtliche Organisationen der Muslimbruderschaft wurden verboten und das Vermögen der Muslimbruderschaft konfisziert. Der Ort, an dem der gestürzte Staatspräsident Mursi festgehalten wird, wurde nicht bekanntgegeben.
Bis Anfang Oktober stieg die Anzahl der seit dem Putsch Getöteten auf bis zu 2000 Menschen an und wuchs wöchentlich weiter.[9] Die seit dem Sturz Mursis andauernde Gewaltserie wird als Anzeichen für eine wachsende Instabilität Ägyptens gedeutet.[10]
Am 9. Oktober teilte die US-Regierung mit, Teile der Militärhilfe einzufrieren, bis ein „glaubwürdiger Fortschritt“ in den politischen Reformen erkennbar und eine neue Regierung in freien und fairen Wahlen bestimmt worden ist.
Chronologische Übersicht
Sturz Mubaraks:
- 25. Januar 2011: Ägyptische Protestierer fordern in Kairo nach den Aufständen in Tunesien den Rücktritt von Staatspräsident Husni Mubarak.[11]
- 11. Februar 2011: Mubarak übergibt nach 30 Jahren autoritärer Herrschaft die Macht an den Militärrat.[11]
- 28. November 2011: Die Muslimbruderschaft erlangt bei den Parlamentswahlen fast die Hälfte der Sitze, die ultra-konservativen Salafisten erhalten ein Viertel der Sitze.[11]
Präsidentschaft Mursis:
- 15. Juni 2012: Das Oberste Verfassungsgericht beschließt zwei Tage vor der Stichwahl zur Präsidentschaftswahl die Auflösung des Parlaments. Gerichtspräsident Faruk Sultan erklärt, dass der Militärrat die Legislative an sich zieht, bis Neuwahlen für ein neues Unterhaus erfolgt sind. Zugleich entscheidet das Gericht, dass Ahmad Schafiq zur Stichwahl antreten darf, der Luftwaffenkommandeur, Luftfahrtminister und letzte Premier von Präsident Mubarak, den die Muslimbrüder als Vertreter des Militärrats vermuten. Das Parlament hatte zuvor ein Gesetz gegen die politische Betätigung von Funktionsträgern des alten Regimes angenommen, die oberste Wahlkommission hatte es aber für nicht zuständig erklärt. Nach den beiden Urteilen kommt es vor dem Verfassungsgericht zu Zusammenstößen von Protestierenden mit den Sicherheitskräften.[12][13] Ägypten verfügt nun weder über ein Parlament, noch über eine Verfassung, während der Oberste Militärrat sowohl die legislative als auch die exekutive Gewalt kontrolliert.[13]
- 24. Juni 2012: Mohammed Mursi wird als Kandidat der Muslimbruderschaft nach einer Stichwahl gegen Ahmad Schafiq bei der Präsidentschaftswahl mit 51,7 % der Stimmen Ägyptens erster demokratisch gewählter Staatspräsident.[11][14][15]
- 12. August 2012: Mursi setzt Zusätze der Verfassung außer Kraft, mit denen seine Macht zugunsten des Militärs eingeschränkt war. Juristen kritisieren, er habe damit seine Kompetenzen überschritten.[14][16] Zum Nachfolger von Armeekommandeur und Verteidigungsminister Feldmarschall Mohammed Hussein Tantawi bestellt Mursi Feldmarschall Abd al-Fattah as-Sisi an die Spitze der Streitkräfte.[16]
- 22. November 2012: Öffentliche Unruhen folgen Mursis Entscheidung die Machtbefugnisse der Justizgewalt einzuschränken und zwingen den Präsidenten zu einer Wende bei einigen Vorschlägen.[11][14][17][18]
- 29. November 2012: Im Eilverfahren bringt das Verfassungskomitee seinen Entwurf einer neuen Verfassung durch. Frauenrechtler, Christen und Liberale kritisieren den Verfassungstext. Die Massenproteste halten an.[14][19][20][21]
- 8. Dezember 2012: Mursi gibt im Konflikt mit der Opposition nach und annulliert seine Sondervollmachten.[14][22]
- 24. Dezember 2012: Fast zwei Drittel der Bevölkerung stimmen für den ägyptischen Verfassungsentwurf der Regierung. Während hauptsächlich säkulare Kritiker das Dokument als Betrug an der Revolution bezeichnen, widersprechen dem Islamisten.[11][14][23]
- 25. Januar 2013: Der Tahrir-Platz in Kairo wird erneut zu einem Brennpunkt ägyptischer Protestierender. Beim zweiten Jahrestag zum Beginn der Revolte gegen Mubarak fordert die wütende Menge Präsident Mursi zum Rücktritt auf.[11][14][24]
- 26. Januar 2013: In Kairo verurteilen Richter 21 Menschen zum Tode wegen ihrer Beteiligung an Fußballkrawallen mit 74 Todesopfern in Port Said vom Februar 2012. Nach dem Urteil organisierten gewaltbereite Fußballfans in Port Said Krawalle, die zu einer Gewalteskalation mit Dutzenden Toten und Hunderten Verletzten führen.[14][25][26] Mursi verhängt am 27./28. Januar den Ausnahmezustand über Port Said, Suez und Ismailia am Suez-Kanal. Dennoch setzen sich die Unruhen fort.[14][27]
- 29. Januar 2013: Militärchef Sisi verkündet, die nationale Sicherheit sei bedroht, der Staatskollaps drohe.[14][28]
- 11. Februar 2013: Am zweiten Jahrestag des Mubarak-Rücktritts demonstrieren über zehntausend Ägypter.[14][29] In mehreren Städten kommt es in den folgenden Wochen immer wieder zu gewalttätigen Protesten.[14]
- 8. März 2013: Die Wahlkommission beschließt eine Verschiebung der für April geplanten Parlamentswahl. Wenige Tage später legt Mursi Einspruch dagegen ein.[14][30] Oppositionsgruppen hatten zum Wahlboykott aufgerufen.[14][31]
- 2. Juni 2013: Das Oberste Verfassungsgericht Ägyptens spricht dem von Muslimbrüdern und Salafisten dominierten Oberhaus des Parlaments die Legitimität ab. Die von Mursi durchgesetzte Verfassung erklärt es für nicht unter gesetzeskonformen Umständen zustande gekommen.[14]
- 17. Juni 2013: Mursi macht sieben Muslimbrüder und ein Mitglied der ehemaligen Terrorgruppe Gamaa Islamija zu Provinzgouverneuren. Liberale protestieren. Das Gamaa-Islamija-Mitglied tritt später unter öffentlichem Druck zurück.[14]
- 28. Juni 2013: Tausende Ägypter gehen im Vorfeld neuer Großdemonstrationen auf die Straße, um den Rücktritt von Mursi zu fordern. Bei Zusammenstößen sterben mindestens drei Menschen, darunter ein US-Bürger.[14]
- 30. Juni 2013: Millionen versammeln sich, um den Rücktritt Mursis zu fordern.[11]
Putsch gegen Mursi:
- 3. Juli 2013: Das Militär entscheidet, dass das Land in eine politische Sackgasse gelangt sei, setzt den Staatspräsidenten Mursi ab, hebt die Verfassung auf und ordnet eine technokratische Interimsregierung an.[11] Der Präsident des Obersten Verfassungsgerichts, Adli Mansur, übernimmt kommissarisch das Amt des Staatspräsidenten. Mursi wird an einen nicht bekannten gegebenen Ort gebracht.[32]
- 4. Juli 2013: Kairos Rabia-al-Adawija-Moschee wird als Protestcamp für pro-Mursi-Unterstützer Schauplatz anhaltender blutiger Schlachten mit Sicherheitskräften.[11]
- 5. Juli 2013: US-Präsident Barack Obama und andere weltweit bedeutende Führungspersonen drängen Ägypten, zügig eine Zivilregierung wiederherzustellen. Unterstützer des geputschten Präsidenten Mursi klagen neue Interimsbehörden an, brutal gegen ihre verbliebenen Führungspersonen vorzugehen.[11] Interimspräsident Mansur löst als erste Amtshandlung das Oberhaus (Schura-Rat) als letztes volksvertetendes Gremium auf.[33][34]
- 8. Juli 2013: Sicherheitskräfte erschießen in einem Protestlager auf dem Gelände der Republikanischen Garde 53 Mursi-Unterstützer beim blutigsten vom Staat durchgeführten Blutbad seit dem Sturz von Husni Mubarak.
Übergangsregierung:
- 17. Juli 2013: Die Interimsregierung beginnt ihre Tätigkeit.
- 27. Juli 2013: Massentötung von über 80 pro-Mursi-Demonstranten in einem Protestlager in Kairo.
- 11. August 2013: Die Sicherheitskräfte drohen den Demonstranten bei der Rabia-al-Adawija-Moschee die Sitzproteste aufzulösen.[11]
- 14. August 2013: Blutbad bei gewaltsamer Räumung zweier Protestlager mit Hunderten getöteten pro-Mursi-Demonstranten in Kairo. Verhängung eines zunächst einmonatigen Ausnahmezustands in Ägypten und einer nächtlichen Ausgangssperre in über zehn Provinzen. Rücktritt des Interimsvizepräsidenten Mohammed el-Baradei aus Protest gegen die Staatsgewalt. Vergeltungsangriffe radikaler Islamisten an der Polizei in mehreren ägyptischen Städten, darunter auch Blutbad an 11 Polizisten in Kerdasa. Übergriffe auf Christen und christlichen Besitz durch radikale Islamisten, vorwiegend in Oberäygypten, fordern mindestens vier Menschenleben. Die größte Gewaltwelle der jüngeren ägyptischen Geschichte entfesselt sich mit über 1000 Toten innerhalb einer Woche, bei denen es sich in den allermeisten Fällen um von Sicherheitskräften getötete Islamisten handelt.
- 16. August 2013: Blutbad an Mursi-Anhängern am Ramses-Platz in Kairo und blutige Gefechte zwischen Sicherheitskräften und protestierenden Anhängern der Muslimbrüder auf der 15.-Mai-Brücke in Kairo. Massenverhaftungen, die sich am nächsten Tag fortsetzen.
- 18. August 2013: Über 30 Anhänger der Muslimbruderschaft sterben in Polizeigewahrsam während eines Gefangenentransports. Der aus Protest zurückgetretene Interimsvizepräsident Mohammed el-Baradei entzieht sich einer Verhaftung durch Flucht nach Wien.
- 19. August 2013: Blutbad von sogenannten Gotteskriegern an 25 Polizisten auf der Sinai-Halbinsel bei Rafah.
- 7. September 2013: Beginn der größten Militäroffensive der jüngeren Geschichte auf dem Sinai gegen islamistische Extremisten.
- 11. September 2013: Zwei Selbstmordanschläge, zu denen sich die militante Gruppe Dschund al-Islam bekennt, auf ein örtliches Hauptquartier der ägyptischen Sicherheitskräfte und einen Kontrollposten des Militärs fordern mindestens sechs Menschenleben.
- 12. September 2013: Verlängerung des Ausnahmezustands über 14 Provinzen um weitere zwei Monate.
- 23. September 2013: Gerichtsbeschluss zum Verbot der Muslimbruderschaft per Eilverfahren.
- 1. Oktober 2013: Erstmals seit dem Putsch von Anfang Juli erreicht ein Protestzug von Anhängern Mursis wieder den Tahrir-Platz, um dort zu demonstrieren.[35][36][37]
- 4. Oktober 2013: Bei den größten Demonstrationen seit der Räumung der Protestlager in Kairo vom 14. August werden mindestens vier Menschen erschossen.
- 6. Oktober 2013: Bei den seit dem 4. Oktober andauernden landesweiten Protesten der Muslimbrüder bei gleichzeitiger Feier des Jom-Kippur-Krieges durch Unterstützer des Militärs werden mindestens 57 Menschen getötet.
- 7. Oktober 2013: Bei landesweiten Angriffen werden 18 Angehörige von Armee und Polizei getötet.
- 9. Oktober 2013: Die USA teilen mit, einen Teil der Militärhilfe an Ägypten vorerst einzufrieren. Die ägyptische Übergangsregierung erkennt der Muslimbruderschaft nun auch den Status als Nichtregierungsorganisation ab.
Machtpolitische Hintergründe
In der westlichen Perspektive wurde der politische Machtkampf in Ägypten oft als Konfrontation verstanden zwischen einem Lager, das entschlossen sei eine Diktatur zu errichten, während das andere Lager für „Freiheit“ und „Demokratie“ kämpfe. Politikwissenschaftler wie Nagwan El Ashwal von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) vertraten jedoch schon vor dem Militärputsch gegen Staatspräsident Mohammed Mursi die Ansicht, dass alle politisch relevanten ägyptischen Parteien in einer Weise agierten, die ungeeignet war eine Staatskrise Ägyptens abzuwenden.[38][38] Der Politik- und Islamwissenschaftler Loay Mudhoon, Nahost-Experte der Deutschen Welle, vertrat die Ansicht, die Identitätsfage um die säkulare, liberale oder islamische Ausrichtung der betreffenden islamischen Länder sei bei der im Westen als „Arabischer Frühling“ subsummierten Revolutionswelle kein wirklicher, sondern ein konstruierter Streitgegenstand gewesen. Islamisten hätten die Identitätsfrage auf die Agenda gesetzt, um von ihrer ökonomischen und politischen Unfähigkeit abzulenken.[39] Tatsächlich sei es dagegen hauptsächlich um „Brot, Freiheit und soziale Gerechtigkeit“ gegangen, die im Arabischen als „Karama“ (deutsch: „Würde“) zusammengefasst werden.[39][40] Die Bürger hätten nach politischer Berücksichtigung ihres Standpunktes durch die Eliten verlangt, welche seit der Ära der post-kolonialen Militärdiktaturen über das Privileg zur alleinigen Kontrolle der Politik verfügten.[39]
Sowohl die islamistisch als auch die nicht-islamistisch geprägten postrevolutionären Eliten haben nach Meinung Mudhoons in Ägypten dabei versagt, den politischen Einluß des Militärs, das in Ägypten traditionell die eigentliche Quelle der Macht war, einzuschränken, so dass es zu einer Rückkehr des alten Systems mit einer brüchigen zivilen Fassade gekommen ist.[39] Während rund ein Drittel der Bevölkerung mit den Muslimbrüdern und Präsident Mursi sympathisierte, stützten sich die Generäle des Militärs vor allem auf den sogenannten „Tiefen Staat“, also die ehemaligen Mubarak-Anhänger, die weiterhin in Verwaltung, Justiz und bei der Polizei Positionen einnahmen. Diese Gruppen, die seit der ägyptischen Revolution von 2011 viel Macht und finanzielle Mittel verloren hatten, drängten schon seit längerer Zeit auf eine Restauration und setzten auf einen neuen Regierungschef, der durch eine Konterrevolution ein ähnliches System wie unter Mubarak installieren würde.[41] Mursi traf auf großen Widerstand in den Institutionen. Die Medien, die Mursi nicht kontrollierte, machten gegen ihn Front. Das Establishment in Justiz und Bürokratie behinderte seine Politik nach Kräften. Das Verfassungsgericht löste 2012 das Parlament und die Verfassunggebende Versammlung auf, wo die Muslimbrüder die Mehrheit hatten. Die ständigen Versuche der Justiz, die gewählten Gremien aufzulösen, konnten bereits als Anläufe für einen kommenden Putsch betrachtet werden.[42]

So beruhten auch die Massendemonstrationen vom 30. Juni und die Entmachtung von Präsident Mursi maßgeblich auf dem Wirken von Mubarak-Anhängern, von ägyptischen Geheimdiensten und der ägyptischen Armee. Die Mitglieder dieser als „Säulen der Macht“ angesehenen Kreise hielten sich seit der ägyptischen Revolution von 2011 zurück und warteten auf die Gelegenheit einer Rückkehr in ihre Machtpositionen.[44] Die Absetzung des Präsidenten Mursi durch das ägyptische Militär Anfang Juli 2013 erfolgte zwar nach politischem Druck durch Demonstrationen und Protestaktionen.[45] Die Entscheidung zum Sturz Mursis traf die Militärführung jedoch bereits Tage vor den Massenprotesten.[34] Im Hintergrund wirkten letztendlich etablierte Interessengruppen wie die Unternehmerelite, die über Monate hinweg auf das politische Scheitern der Muslimbruderschaft hingearbeitet hatten.[45] Es wurde angezweifelt, dass die Unterschriftenaktion gegen Mursi tatsächlich von einem Netzwerk von Jugendaktivisten allein organisiert worden sein kann.[46] Es existieren Berichte, nach denen die Initiative vom Militär und den Geheimdiensten unterstützt wurde.[47] Der Darstellung der Organisatoren von Tamarod nach sollte das Netzwerk angeblich in weniger als drei Monaten 22 Millionen Ägypter veranlasst haben, den sofortigen Rücktritt des Staatspräsidenten zu fordern, doch wurden die Unterschriften der Aktion, welche die entscheidenden Massenproteste ausgelöst hatte, von keiner unabhängigen Kraft gezählt.[46] Stattdessen trat der als reichster Mann Ägyptens geltende Unternehmer Naguib Sawiris, ein Angehöriger der koptischen Christen, in seinem Fernsehsender ONTV auf und gab an, er habe Tamarod die Infrastruktur seiner Muslimbuderschaft-kritischen Partei der Freien Ägypter für die Organisation ihrer Aktion zur Verfügung gestellt.[46][48] Auch die Verfassungsrichterin Tahani al-Gebali, eine Juristin aus der Mubarak-Zeit, hatte sich der New York Times zufolge in die Dienste von Tamarod gestellt und bei der Formulierung der Forderungen geholfen.[46] Schon ein Jahr vor dem Putsch hatte die New York Times berichtet, dass die Spitzenrichterin Gebali mit den führenden Generälen zusammengearbeitet habe, um den Aufstieg der Islamisten zu blockieren.[49] Die Mursi-Regierung, die in der Bevölkerung abnehmende Unterstützung fand, konnte dem Widerstand dieser Interessengruppen und damit auch der Unternehmerelite nicht standhalten.[45] Beobachter sahen das plötzliche Auftreten von Versorgungsengpässen bei Strom, Benzin und Gas während Mursis letzter Amtstage vor dem Putsch als Hinweis darauf an, dass Anhänger des alten Regimes alles daran setzten, das Volk gegen den Präsidenten aufzubringen.[46] Die Masse der Menschen demonstrierte Ende Juni 2013 gegen die Regierung nicht aufgrund von beeinträchtigten Menschenrechten wie Polizeifolter verhafteter Oppositioneller oder beschränkter Pressefreiheit, sondern aufgrund von Versorgungsengpässen wie Strom- und Wasser-Ausfällen, Lebensmittelteuerung und Benzinverknappung sowie aufgrund von Arbeitslosigkeit.[50] Der Umstand, dass seit dem Putsch unvermittelt wieder Benzin an den Tankstellen zur Verfügung stand,[34][46][51] die Stromausfälle endeten und auch die Polizei, die Mursi während seiner Präsidentschaft ein Jahr lang offen boykottiert und so den rapiden Anstieg der Straßenkriminalität befördert hatte, wieder ihre Arbeit aufnahm, wurde als Hinweis gedeutet, dass der Militärputsch lange vorausgeplant war und die Entmachtung der Rückkehr des alten Systems diente. In gleicher Weise wurde auch die von Beobachtern konstatierte, ungewöhnlich hohe Aktivität des Inlandsgeheimdienstes in der betroffenen Phase gewertet[46] und die Nachricht, dass bereits einen Tag nach dem Putsch mehrere Großinvestitoren angekündigt haben, wieder in Ägypten zu investieren.[51]
-
Tawadros II.
(Koptischer Papst) -
Ahmed Tayeb
(Al Azhar-Scheich) -
Mohammed el-Baradei
(Nationale Heilsfront-Chef)
Anders als im Februar 2011 trat die Armee während des Militärputsches nicht als Machtinhaber auf, sondern präsentierte sich als des Alte beendende und das Neue ermöglichende Instanz. Dem Generalstabschef Sisi standen bei seiner Ansprache zum Putsch die Oberhäupter der koptischen Kirche, der islamischen Al-Azhar-Institution, der linksliberale Oppositionsführer Mohammed el-Baradei, die Initiatoren der Tamarod-Bewegung und selbst die Salafisten der radikal-islamistischen Nur-Partei (Nur-Partei) zur Seite.[42][52][53]
Nach dem Putsch gegen Mursi wurde eine Rückkehr der alten Eliten beobachtet, die sich zunächst noch hinter der Militärführung hielten, jedoch bereits die Wiederherstellung der alten wirtschaftlichen Verhältnisse anstrebten.[41] In der vom Militär nach dem Putsch eingesetzten Interimsregierung waren vorwiegend Politiker und Technokraten vertreten, die dem Unternehmerlager nahestanden, so dass Interessenwahrung der Großunternehmer im weiteren Verlauf des politischen Übergangsprozesses personell angelegt war.[45] Der Interimsregierung gehörten nach dem Putsch wieder viele bekannte Persönlichkeiten aus der Mubarak-Ära an - eine Ministerin war schon unter Mubarak Mitglied der Führungsriege der damaligen Regierungspartei. Auch die meisten Provinz-Gouverneure stammten wie unter Mubarak wieder aus dem Polizei- und Militärapparat. Der neuen, faktisch von Armeechef Abd al-Fattah as-Sisi geführten Allianz gehörten zudem die Wirtschaftseliten und ein großer Teil der Politiker an, die nach der Revolution prominent geworden waren. Sisi selbst wurde schnell für eine Präsidentschaftskandidatur vorgeschlagen und diskutiert. Zugleich verstärkte sich mit der vorläufigen Freilassung von Husni Mubarak der Eindruck, dass sämtliche staatlichen Institutionen hinter diesem standen und halfen, Beweise für in seiner Verantwortung stehende Verbrechen zu vernichten oder zu verdecken, während der gesamte Staatsapparat gegen Mursi arbeitete.[44]
Militär
Die Führungsriege des ägyptischen Militärs ist sozial und von ihrem Hintergrund sehr homogen. Einige Familien sind seit Jahrzehnten im Militär beschäftigt und besetzen dort auch schon seit Nassers Zeiten als eigene „politische Klasse“ die Offiziersränge, etwa auf Ebene von Mittelklasse bis obere Mittelklasse. Haltung und Einstellung einfacherer Ränge und Wehrdienstleistender ist wenig erforscht, doch wird Dissens innerhalb des Militärs hart bestraft.[54]
Seit 1981 bis zur Revolution von 2011 wurde Ägypten von Husni Mubarak regiert. Sein Vorgänger Anwar as-Sadat war 1981 in Kairo durch ein Attentat ermordert worden, nachdem er 1978 das von US-Präsident Jimmy Carter vermittelte Abkommen von Camp David unterzeichnet hatte. Das Abkommen hatte 1979 zum Friedensvertrag zwischen Ägypten und Israel und später zum Abzug der israelischen Truppen von der Sinai-Halbinsel geführt und brachte Sadat 1978 den Friedensnobelpreis und Ägypten zunächst eine politische Isolation innerhalb der arabischen Staaten ein. Mubarak regierte Ägypten 30 Jahre lang autoritär und im dauerhaften Ausnahmezustand als ein von Korruption, Arbeitslosigkeit und Armut geprägtes Land, gestützt auf eine alljährlich fortwährend gewährten finanziellen Unterstützung von allein 1,3 Milliarden Dollar Militärhilfe durch die USA. Abstimmungen wurden manipuliert, Regimekritiker wurden durch die Staatssicherheit gefoltert und ermordet, Unternehmen und Verbände huldigten Mubarak im Führerkultstil, rund 2500 zum Teil für den US-Nachrichtendienst CIA arbeitende Mitarbeiter der US-Botschaft nahmen politischen Einfluss auf das Land, während westliche Demokratien dem Regime immer wieder Fortschritte bei „politischen Reformen“ bescheinigten, bis Mubarak am 11. Februar 2011 unter Beteiligung von Massenaufständen gestürzt wurde.[55]
Die im Westen oft personalisiert als „System Mubarak“ aufgefasste Herrschaftsstruktur erwies sich nach Mubaraks Sturz als Militärherrschaft, die Mubarak oder seine Familie so lange agieren ließ, wie es für die eigenen Interessen der Generäle von Vorteil war. Die Grenzen zwischen Militär, Politik und Wirtschaft gingen im ägyptischen System fließend ineinander über oder waren oftmals nicht existent. So war das Militär mit Politik, Justiz, Wirtschaft und Verwaltung zu einem „Tiefen Staat“ verflochten. Die staatlichen Institutionen wurden von diesen mächtigen Akteursgruppen gesteuert und missbraucht, für die nicht das Gemeinwohl, sondern die Gewinnmaximierung der Gruppen selbst im Vordergrund standen.[56]
Nach dem Sturz Mubaraks übernahm oder behielt das Militär die Macht in Form einer Militärherrschaft, verfolgte aber nicht die „Ziele der Revolution“, wie sie auf den Massenprotesten gegen Mubarak in Erscheinung getreten waren, worauf sich die Straßenproteste bald gegen das Militär richteten.[54][47]
Die Interessen des Militärs prägten den ägyptischen Staat auch nach der sogenannten „Revolution“ von 2011 weiterhin strukturell und setzten auch der Regierung von Präsident Mursi nach dessen Sieg bei den ersten demokratischen Wahlen Ägyptens Grenzen des Handlungsspielraums.[56]
Mit dem Putsch gegen Präsident Mursi trat das Militär erneut als politischer Akteur auf. Das Militär bezeichnete sich als Garant der öffentlichen Ordnung, die es angesichts der sich zuspitzenden Proteste in Gefahr sehe, doch setzten die Generäle mit der Absetzung Mursis und der Aussetzung der ägyptischen Verfassung das gesamte politische System außer Kraft.[57][34] Die „alte Garde“ aus der Mubarak-Ära kehrte zurück. Das Militär nutzte die Protestbewegung zur Durchsetzung seiner eigenen Ziele. Das Militär wirkte nicht nur als Sicherheitsakteur, sondern auch als wichtiger ökonomischer Akteur.[54] Beweggrund der Militärs war nicht die Förderung von Demokratie, Partizipation oder Rechtsstaat, sondern die Durchsetzung eigener wirtschaftlicher Vorteile.[57][34] „Dieser Putsch war“, so urteilte Stephan Roll von der Forschungsgruppe Naher / Mittlerer Osten und Afrika der Stiftung Wissenschaft und Politik, „keinesfalls eine spontane Reaktion auf die Ausschreitungen oder gar der Versuch, die Demokratie zu stärken. Er war eine von langer Hand geplante Machtübernahme im eigenen Interesse.“[57] Die ägyptische Armee, die elftgrößte Armee der Welt, unterhielt ein „aufgeblähtes, in weiten Teilen defizitäres Wirtschaftsimperium mit enormen Nebenverdienstmöglichkeiten für hohe Offiziere“,[57] über das die Armee je nach Schätzung zwischen zehn und 40 Prozent der ägyptischen Wirtschaft direkt oder indirekt kontrollierte.[58][56][54] Im Falle eines Staatsbankrotts, der angesichts der Wirtschaftslage des Landes drohte, wäre dieses System kaum noch zu finanzieren gewesen.[57] Das äußerst selbstbewusste Auftreten der ägyptischen Generäle wird vor allem mit den enormen Finanzhilfen aus der Golfregion erklärt. Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Kuwait stellten der neuen militärgestützten ägyptischen Führung innerhalb von 24 Stunden nach der Machtübernahme zwölf Milliarden US-Dollar an Soforthilfen und Krediten in Aussicht. Diese massive Unterstützung wurde als notwendige Bedingung für den Putsch gewertet sowie als Zeugnis von entsprechenden Absprachen, die vor dem Putsch getroffen worden seien: „Ohne das Wissen um die Zahlungsbereitschaft der Golfstaaten“, so folgert Roll, „hätten die Generäle kaum ein Interesse gehabt, die Macht und damit auch die Verantwortung für die Wirtschaft zu übernehmen. Letztlich sind es die Golfmilliarden, die den wirtschaftlichen Zusammenbruch Ägyptens abwenden können und es der politischen Führung somit ermöglichen, ihre Macht zu konsolidieren.“[59] Während die Generäle als Instanz außerhalb des politischen Systems weiterhin über unbegrenzte Macht verfügten, bestand die Aussicht, durch ausländische Finanzhilfen und die Sicherung des inneren Friedens die politische und wirtschaftliche Lage vorübergehend zu stabilisieren.[57]
Die Generäle konnten somit offenbar von vornherein damit rechnen, dass das Ausland ihre Intervention mittragen würde.[57] Die Zahlungsbereitschaft der drei Golfmonarchien kann damit erklärt werden, dass diese kein Interesse an einem demokratischen Musterstaat im arabischen Raum hatten und den Putsch in Ägypten unterstützten. Der Grund dafür kann darin gesehen werden, dass sie durch den Erfolg der Muslimbrüder in Ägypten eine Stärkung auch der oppositionellen Muslimbruderschaft in ihren eigenen, reichen, aber wenig demokratischen Golfmonarchien und damit die Zunahme von Begehrlichkeiten ihrer Bevölkerung in Richtung eines „arabischen Frühlings“ befürchteten.[59][57][41] Zudem sollte Saudi-Arabien daran interessiert sein, die dem Königshaus nahestehenden ägyptischen Salafisten zu unterstützen, die den Islam im Vergleich zur Muslimbruderschaft in der Sozialpolitik deutlich fundamentalistischer auslegen. So unterstützte die größte ägyptische salafistische Partei, die Partei des Lichts, den Militärputsch und konnte durch den Ausschluss der Muslimbruderschaft zur stärksten islamistischen Kraft im neuen Parlament werden.[59] Neben der liberalen Opposition, jugendlichen Aktivisten und der Partei des Lichts gelang es der Militärführung auch, die koptische Kirche sowie die Al-Azhar-Universität als wichtigste islamische Instanz des Landes für ihr Vorgehen beim Putsch zu gewinnen. Zum Übergangspräsidenten wurde mit Mansur kein Militär, sondern der in der Mubarak-Ära durch Mubarak persönlich protegierte oberste Verfassungsrichter des Landes bestimmt, der nun als „Marionette des Militärs“ legislative und exekutive Gewalt in seiner Hand vereinigte,[34] auch wenn die Streitigkeiten bei der Regierungsbildung die Instabilität dieser heterogenen Allianz aufzeigten.[57] In der neuen Allianz standen die Revolutionäre von 2011 im Bunde mit ihren einstigen Gegnern, Mubaraks entmachteten Eliten und den Vertretern des autoritären Tiefen Staats.[34] Später wurde der Rücktritt des Vizeinterimspräsidenten el-Baradei aus Protest gegen das Blutbad vom 14. August als Beleg dafür angesehen, dass zivile Kräfte nicht genug in die „zivile“ Übergangsregierung eingebunden waren, sondern das Militär alle zentralen Entscheidungen traf.[60][54] Während das Militär nach dem Putsch die Macht übernahm, dienten Übergangspräsident, Premierminister und Innenminister, die sich vorbehaltlos hinter das Militär und gegen die Muslimbrüder stellten und zur massiven Gewaltanwendung bereit waren, lediglich als „zivile Fassade“. Die Beteuerungen des Militär, nach dem Sturz Mursis keine dauerhafte Machtübernahme zu planen wurde von Beobachtern wie Cilja Harders, Leiterin der Arbeitsstelle Politik des Vorderen Orients an der Freien Universität Berlin, für „nicht sehr glaubhaft“ gehalten.[54]

Die putschenden Generäle konnten sich zudem auf die traditionellen Verbündeten, die USA und die Europäische Union (EU), verlassen. Es war damit zu rechnen, dass die USA Ägypten als einen seiner wichtigsten Verbündeten im Nahen Osten nicht aufgrund eines Putsches die Unterstützung und die jährlichen Militärhilfen in Höhe von 1,3 Milliarden US-Dollar versagen würden. Auch bestand die Möglichkeit, dass für die europäischen Staaten trotz kritischer Stellungnahmen zu den Ereignissen eine Kontinuität der Verhältnisse im Vordergrund stehen würde.[57]
Einer Reform des korrupten und überdimensionierten Staatsapparates stand jedoch die enge Verknüpfung mit dem Militär entgegen. Auch eine tief greifende Modernisierung der ägyptischen Wirtschaft wird unter anderem deshalb von wissenschaftlicher Seite ausgeschlossen, da diesem das Interesse der Generäle an der Erhaltung ihres „Wirtschaftsimperiums“ entgegenstehe.[57]
Unternehmerelite
Im der letzten Dekade der Mubarak-Ära erlangten wenige Großunternehmer die Kontrolle über weite Teile der ägyptischen Wirtschaft und wurden so auch Teil der politisch relevanten Elite, deren Mitglieder Einfluss auf grundlegende strategische Entscheidungen Ägyptens nahmen.[45] Von dem seit 2004 im Zeichen der IWF- und EU-gestützten Strukturanpassungs- und Liberalisierungspolitik forcierten Privatisierungs- und Liberalisierungsschub profitierten vor allem diejenigen ökonomischen Eliten, die dem Präsidentensohn Gamal Mubarak nahestanden und in dessen Strategie zur Machtübernahme durch Beerben seines Vaters eine bedeutende Rolle spielten. Sie waren bis zu den Protesten im Januar 2011 im Kabinett vertreten. Die zentralen Akteure der sich so in kürzester Zeit herausgebildeten Oligarchie wälzten im Vergleich zu den Eliten der 1990er Jahre zunehmend die Folgen von Liberalisierung und Privatisierung wie Inflation, Nahrungsmittelkrisen, Arbeitslosigkeit, steigende Immobilien- und Bodenpreise und Subventionsabbau auf die verarmende Bevölkerungsmehrheit ab und verstärkten so die Protestbereitschaft bisher wenig widerstandsorientierter Bevölkerungsgruppen.[62]
Allerdings begann schon vor dem Sturz Mubaraks eine Spaltung der Wirtschaftseliten nach ihrer ökonomischen Orientierung und damit auch nach ihrer Zustimmung oder Ablehnung des Nachfolgearrangements für Gamal Mubarak, was nachhaltige Konsequenzen für die Rolle des Militärs hatte: Nach dem Sturz Mubaraks dominierten ökonomisch global orientierte Akteure, die die Bedeutung des alten, national orientierten Kapitals herabsetzten. Damit drohte das Militär als wichtiger Wirtschaftsakteur wie z. B. als Betreiber von Einkaufszentren oder Tourismusanlagen, politisch und wirtschaftlich marginalisiert zu werden. Die Führungskader des Militärs lehnten daher strikt die Politik der Gruppe um Gamal Mubarak in ökonomischer wie politischer Hinsicht ab, was bedeutend zur Elitenspaltung beitrug. Dies führte schließlich dazu, dass die herrschenden Offiziere bereit waren, einen Vertreter aus ihren eigenen Reihen zu opfern und keine systematische militärische Gewalt gegen die Demonstranten in der Hochphase der Massenproteste anzuwenden. Wie in der gesamten arabischen Region wurden so neo-liberale Reformen durch autoritäre Strukturen implementiert.[62]
Es gelang der ägyptischen Unternehmerelite auch in der Post-Mubarak-Ära sehr erfolgreich, sowohl ihre ökonomische Macht als auch ihren politischen Einfluss zu bewahren. Zwar richtete sich die Wut vieler ägyptischen Bürger bei den Protesten gegen das Mubarak-Regime im Jahr 2011 auch gegen die als korrupt geltende Unternehmerelite, doch profitierten die meisten Mitglieder der Unternehmerelite davon, dass Korruption und Misswirtschaft vom Obersten Militärrat, der nach dem Ende der Mubarak-Regierung zunächst die Führung des Landes übernommen hatte, nur nachlässig aufgearbeitet wurden und dabei ein Defizit an Transparenz und rechtsstaatlichen Standards herrschte. So gelang es den meisten Mitgliedern der ökonomischen Elite, die eigenen Wirtschaftsimperien über den Sturz Mubaraks hinaus zu erhalten, während sich nur sehr wenige Großunternehmer in den Monaten nach dem politischen Umbruch vor Gericht verantworten mussten.[45]
Auch die Muslimbruderschaft strebte schon vor dem Wahlsieg ihres Kandidaten Mohammed Mursi bei den Präsidentschaftswahlen 2012 auf eine Allianz mit der etablierten Unternehmerelite zu und orientierte sich programmatisch an den Leitlinien der wachstums- und privatsektororientierten Wirtschaftspolitik der Mubarak-Ära, deren Kurs von der internationalen Gebergemeinschaft immer wieder gelobt worden war und von denen insbesondere die ägyptischen Spitzenunternehmer profitiert hatten. Statt die Forderung aus der Zivilgesellschaft zur umfassenden Aufklärung zurückliegenden Fehlverhaltens von Wirtschaftsakteuren zu unterstützen, setzte die Muslimbruderschaft auf die Anwendung außergerichtlicher Einigungsverfahren und versuchte die etablierte Unternehmerelite in ihre eigenen Herrschaftsnetzwerke zu integrieren. Doch scheiterte sowohl der Versuch der Muslimbrpderschaft zur Aufnahme der Unternehmerelite als auch eigene Anstrengungen zum Ausbau wirtschaftlicher Aktivitäten. Nur wenige Großunternehmer arrangierten sich mit der Muslimbruderschaft und akzeptierten deren politischen Machtanspruch. Der größere Teil der Großunternehmerschaft unterstützte dagegen durch Finanzierung von oppositionellen Parteien und Politikern sowie über private Medien die Gegner der Muslimbruderschaft. Viele der meist säkular ausgerichteten Großunternehmer brachten Vertretern des politischen Islam, die meist nicht ihren gesellschaftlichen Kreisen angehörten, kein Vertrauen entgegen. Diese Distanz wurde durch die unprofessionelle wirtschaftspolitische Arbeit der Regierung im Laufe von Mursis Präsidentschaft weiter verstärkt.[45] Das ägyptische Großkapital begann, die Regierung Mursi mit allen Mitteln zu behindern, während sich ausländische Investoren aus Kairo zurückzogen.[34] Der Konflikt zwischen der offiziell regierenden Muslimbruderschaft und Teilen der politisch machtvollen Unternehmerelite trug dazu bei, dass die Muslimbruderschaft ihre durch die Wahlen erlangte Macht nicht festigen konnte.[45]
Tiefer Staat - Strukturen der Mubarak-Ära
Die Macht Mubaraks und seines Regimes gründete sich auf einem in den Sicherheitskräften und der staatlichen Administration abgestützten System, das wenigen Beteiligten die Möglichkeit zum Reichtum bot und das übrige Land in wirtschaftlicher Stagnation verharren ließ. International galt Mubaraks System, das den Frieden mit Israel beibehielt, als berechenbar, weder die USA noch die mit ihnen alliierten Golfmonarchien sahen sich veranlasst, gegen den in Ägypten etablierten „Tiefen Staat“ vorzugehen. Auch nach Mubaraks Sturz 2011 leisteten die USA ihre Militärhilfe an Ägypten in gewohntem Umfang von jährlich 1,5 Milliarden Dollar weiter.[58]
In den Institutionen des ägyptischen Staates hatten sich auch nach dem Wahlsieg der Muslimbrüder weiterhin Anhänger des alten Mubarak-Regimes „verschanzt“ und der vom alten Mubarak-Regime etablierte „Tiefe Staat“ fortgesetzt. Im Innenministerium besagte die vorherrschende „Sicherheitsdoktrin“ beispielsweise, dass Demonstranten keine politisch aktiven Bürger, sondern „Verräter“ seien, die im fremden Interesse handeln. In das Justizwesen waren Agenten der Staatssicherheit eingeschleust worden, die zu Mubaraks Zeiten als Richter aufgestiegen waren. Polizisten und anderes Personal des Sicherheitssektors wurden weiterhin systematisch von der Staatsanwaltschaft und angeblich aufgrund fehlender Beweise frei gesprochen, was für öffentlichen Unmut sorgte.[38]
Seit Mubaraks Sturz sabotierten die Polizisten ihren Auftrag als Ordnungshüter, die Ägypter erlebten einen Niedergang der öffentlichen Ordnung und eine Kriminalität von bis dahin unbekanntem Ausmaß.[58] Obwohl Mursi auf eine Polizeireform verzichtete, die Gehälter der Beamten erhöhte und die dem Volk verhasste Polizei öffentlich lobte, erschienen viele Beamte Monate lange nicht mehr zum Dienst.[46] Die öffentliche Empörung machte die neue Regierung unter Mursi verantwortlich und warf ihr eklatante Unfähigkeit vor, auch Investoren blieben unter den gegebenen Umständen aus.[58]
Medien
Der ägyptische Historiker Mohamed Al Jawadi schrieb in Al Jazeera, dass zwar nach öffentlicher Auffassung exponierte Personen wie Tantawi, Mursi oder Sisi einflussreiche Positionen eingenommen haben, die tatsächlich zu betrachtenden Einflussgrößen aber diejenigen Personen aus der Mubarak-Ära seien, die erfolgreich aus dem Hintergrund wirken. Diese würden über die finanziellen Mittel verfügen, die Medien und Autoren wirtschaftlich zu unterhalten. Darin liege die Ursache für die Parteinahme der Medien für den Militärputsch. Der politische Einfluss der Medien sei bereits seit der Ära von Gamal Abdel Nasser entscheidend gewesen, aber politisch heruntergespielt worden.[63]
Nach Ansicht von Hani Shukrallah, einem der angesehensten Journalisten Ägyptens, hat es sich bei den Medien in Ägypten nie um freie Medien gehandelt. Statt der Information würden sie traditionell als Propagandamaschinen der Mobilisierung der Bevölkerung dienen. Die Masse der Journalisten verstünde sich selbst „als Diener der Macht“ und wechsle je nach Machtverhältnissen ihre politische Gesinnung in der journalistischen Arbeit.[64]
Neben den ägyptischen erfassten seiner Meinung nach aber auch die westlichen Medien nicht die Komplexität der Lage in Ägypten, sondern trugen zur weiteren Verstärkung der Polarisierung im Land bei. Die westliche Perspektive auf die arabische Welt sei von Vorurteilen geprägt. Seit der Iranischen Revolution würden viele westliche Intellektuelle die Muslime als Verweigerer der Demokratie und der liberalen Marktwirtschaft ansehen, weshalb es ihrer Anschauung nach nur die Alternative zwischen einem säkularen Polizeistaat oder einer islamisch geprägten Demokratie als einzige zwei mögliche Systeme im arabischen Raum gebe. Autokraten wie Mubarak und Ben Ali hätten diesen Umstand genutzt, um sich als „Bollwerk gegen den radikalen Islamismus“ zu präsentieren.[64]
Nach dem Sturz Mubaraks hätten zunächst auch die Muslimbrüder die Sorge des Westens vor dem Terrorismus für sich nutzen können, als Mursi während der Gaza-Krise 2012 zwischen allen Seiten vermittelte und die westliche Staatengemeinschaft hoffte, sie könne mit den gemäßigten Muslimbrüdern die radikalen Islamisten unter Kontrolle halten.[64]
Seit dem Putsch gegen Mursi sei die Bildersprache der Medien in Ägypten vergleichbar mit der in den USA nach den Anschlägen vom 11. September 2001. Von den ägyptischen Medien werde der „Kampf gegen den Terrorismus“ in Form einer Jagd unter Verherrlichung der Armee und Dämonisierung der Islamisten als „plumpe Inszenierung des Feindes“ „zelebriert“. Dies habe in einen „völlig überzogenen Nationalismus“ gemündet, bei dem „Mubaraks Schergen einen Diskurs der Hysterie“ kreierten.[64]
Muslimbruderschaft
Bereits rund 40 Jahre vor dem Putsch von 2013 hatte sich die ägyptische Muslimbruderschaft von jeglicher Gewalt losgesagt und in der Folge als glaubwürdiger politischer Akteur engagiert,[65][66] nachdem sich Ende der 1970er Jahre die militanten Dschihadisten von ihnen abgespalten hatten.[65] Sie versuchte, sich im Mubarak-System politisch einzubringen und das System aus sich heraus zu verändern.[66] Mit ihren humanitären Programmen versorgten die Muslimbrüder Millionen von Menschen mit Nahrung und medizinischer Hilfe und ersetzten so faktisch den fehlenden Sozialstaat in Ägypten.[39][67] Die offiziell verbotene Bruderschaft galt als gemäßigt und nahm unter Mubarak mit unabhängigen Kandidaten an Wahlen teil.[65] Bis zum Putsch besaßen sie weder Waffenlager noch Miliz.[65]

Nach dem Sturz Mubaraks und ihrem Wahlsieg etablierte sich die Muslimbruderschaft als politische Instanz und Partei.[68] Sie strebte als politischer Akteur nach der Kontrolle von Verwaltung und Institutionen, stieß aber dabei aufgrund des Mangels an entsprechend ausgebildetem Personal in ihren Reihen auf Schwierigkeiten. Fehlende finanzielle Mittel ermöglichten ihr auch nicht die Schaffung zusätzlicher Stellen in der bereits überfrachteten Bürokratie. Anstatt strukturelle Reformen voranzutreiben, stützte sie sich in der Arbeit auf die vom alten Mubarak-Regime übernommenen Institutionen und betrieb politische Geschäfte mit den Kreisen, die Mubaraks Herrschaft begründet und gestärkt hatten.[38] Das Hauptklientel der sehr privatwirtschaftlich orientierten Muslimbruderschaft war dabei der ägyptische Mittelstand.[66] Um die Auflagen des IWF für Kredite im Volumen von 4,8 Milliarden Dollar erfüllen zu können, stand Muris Regierung laut Sonjy Hegasy, Vizedirektorin des Zentrums Moderner Orient, vor Problemen wie dem Abbau von Subventionen, welche rund ein Drittel des ägyptischen Staatshaushalts ausmachten (z. B. für Benzin, Energie und Nahrungsmittel wie Weizen und Brot). Mursi stieß bei der Diskussion um die Kürzungspläne der Subventionen von jährlich 22 Milliarden Dollar auf eine breite, klassenübergreifende Ablehnung in der Bevölkerung.[69]
Auch baute die Muslimbruderschaft nicht den unter Mubarak errichteten Sicherheitsapparat ab, der schon unter Mubarak mit großer Brutalität außerhalb der Legitimität operiert hatte und nach dem Sturz des Mubarak-Regimes offenbar wirkte, ohne effektiv kontrolliert zu werden. Stattdessen duldete die Muslimbruderschaft stillschweigend die Gewalt, die von Sicherheitskräften des Innenministeriums an ägyptischen Zivilisten verübt wurde.[38] Weiterhin blieb die über Jahrzehnte unter Mubarak verbotene Organisation der Muslimbruderschaft nach außen sehr intransparenzt in Bezug auf ihre Finanzierung und das Verhältnis der Bruderschaft zu aus der Bruderschaft heraus gegründeten Freiheits- und Gerechtigkeitspartei, beispielsweise in Bezug auf die Entscheidungsgremien und Entscheidungsstrukturen.[66]
Während Mubarak einen harten Kurs gegen Islamisten verfolgt und Ägypten als „Bollwerk gegen Dschihadisten“ präsentiert hatte, konnten militante Islamisten während der Präsidentschaft Mursis in einigen Bezirken östlich der Stadt Arisch mehr oder weniger unbehelligt von der Staatsmacht agieren.[70] Die Operationen gegen Extremisten mit Nähe zum Terrornetzwerk Al-Kaida in dem Gebiet in dieser Zeit waren aus Sicht der Armee „halbherzig“.[70] Bei den vielen Angriffe auf Sicherheitskräfte auf dem Sinai wurde aus Sicht des Militärs der Eindruck vermittelt, dass Mursi die Kooperation mit der palästinensischen Hamas wichtiger war, als der Schutz seiner eigenen Leute.[54] Von einem Teil der Bevölkerung wurde dies Mursi als Schwäche ausgelegt.[58]
Säkulare und liberale Kräfte
Die säkularen Parteien gingen Allianzen mit den Resten des gestürzten Mubarak-Regimes ein, sofern sich diese offen gegen die Muslimbruderschaft wendeten. Auch die säkularen und liberalen Parteien neigten zur Duldung von Gewalt und verfolgten dabei zunächst sowohl das Ziel, den gewählten Präsidenten Mursi zu schwächen als auch die Parlamentswahlen aufzuschieben, da sie befürchteten, aufgrund fehlender Unterstützung aus der Bevölkerung keine Aussicht auf ausreichenden Mandatsgewinn zu besitzen.[38] Der Nahost-Experte verweist darauf, dass eine „liberale“ Ausrichtung im arabischen Raum nicht mit einer „demokratischen“ Prägung gleichgesetzt werden könne.[39] Während der Präsidentschaft Mursis verfügte die Seite der Liberalen und Säkularen kaum über Vertreter mit konkreten politischen Visionen für Ägypten, denen eine breite gesellschaftliche Basis zur Verfügung gestanden hätte.[69] Während die säkularen und liberalen Parteien außenwirksam und demonstrativ einerseits „Freiheit“ forderten, riefen sie andererseits gleichzeitig die Armee auf, in die politischen Vorgänge einzugreifen. Sie verlangten einen zivilen Staat und forderten zugleich eine politische Rolle für religiöse Autoritäten wie die Al-Azhar-Universität als Ägyptens führende islamische Institution oder die Orthodoxe Kirche.[38]
Die Revolutionsjugend von 2011 wechselte bereits im Winter 2012/2013 auf die Seite des Militärs, das nicht mehr als „Hauptfeind“ betrachtet wurde. Die Art und Weise, wie Mursi im Dezember 2012 die neue Verfassung durchsetzte, wurde als Beleg dafür angeführt, dass die Muslimbrüder eine ideologische Dominanz anstrebten und mit dem politischen Islam ihrer Prägung nicht zusammen zu arbeiten sei. Nach dem Sturz beharrte die ägyptische Opposition darauf, dass sie als „Volk“ aus eigener Kraft und nicht durch das von Sisi geführte und von ihnen nunmehr als neutrale Instanz betrachtete Militär die ein Jahr zuvor gewählte Islamistenregierung unter Mursi in einer „zweiten Revolution“ beseitigt habe.[34]
Nach dem Putsch gegen Mursi deckte besonders die „Jugendbewegung“ Tamarod kritiklos das Militär und beteiligte sich an der Dämonisierungs- und Dehumanisierungskampagne gegen die Muslimbrüder, die sie als „protofaschistoide Gruppierung“ darstellte und die das Militär als einzige bedeutende Opposition im Land umfassend und mit Methoden, die jene aus der Mubarak-Zeit übertrafen, ausschalten wollte. Darüber hinaus rief Tamarod die Bevölkerung dazu auf, ihre Häuser, Moscheen und Kirchen vor „Attacken der Islamisten“ zu schützen und Bürgerwehren zu gründen. Der Rücktritt von Vizeinterimspräsident el-Baradei am 14. August bleibt dagegen als Protesthandlung eines Liberalen zunächst eine Ausnahme.[47]
Der ehemalige ägyptische Botschafter in Israel, Ezzedine Choukri Fishere, machte Ende August 2013 die Muslimbrüder für die Absetzung Mursis verantwortlich, zu dem sie das Militär geradezu eingeladen hätten. Obwohl er das Militär selbst als undemokratisch bezeichnete, sah er die Absetzung Mursis nicht als Putsch an und sah keine Alternative dazu, dass „sich in Ägypten Demokraten mit der Diktatur arrangieren“, um Ägypten „in die Richtung einer pluralistischen Demokratie zu lenken“, auch wenn im Laufe der Ereignisse „Hunderte von unschuldigen Zivilisten getötet“ worden seien.[71] In Deutschland vertrat der massenmedienpräsente deutsch-ägyptische Politikwissenschaftler und Publizist Hamed Abdel-Samad noch nach dem Blutbad vom 14. August 2013 die Ansicht, die Armee sei „zwar nicht demokratisch gesinnt“, stehe aber „für Rechtsstaatlichkeit und Sicherheit“, weshalb die „Zusammenarbeit“ mit dem Militär fortgeführt werden solle.[72] Es habe sich nicht um einen Putsch gehandelt, sondern um das Aufbegehren gegen die „diktatorische Herrschaft“ der Muslimbrüder aufgrund des politischen und wirtschaftlichen Versagens der Muslimbrüder. Millionen Menschen hätten auf der Straße demonstriert, um zu verhindern, dass die Muslimbrüder ihre „islamistische Diktatur auf die arabische Welt ausbauen.“ Das Militär habe „keine andere Wahl“ gehabt.[73]
Salafisten
Nach Mubaraks Sturz und der darauf folgenden Militärherrschaft unter Mohammed Hussein Tantawi erhielten die Salafisten bei den ersten demokratischen Parlamentswahlen in der ägyptischen Geschichte am 28. November 2011 rund ein Viertel der Plätze. Zusammen mit den Muslimbrüdern nahmen die Islamisten so rund drei Viertel der Sitze ein.[11] Bis zur Auflösung des Oberhauses durch das Oberste Verfassungsgericht am 2. Juni 2013 dominierten Muslimbrüder und Salafisten somit den Schura-Rat.[14]
Obwohl eine grundsätzliche Einigung existiert hatte, die Rolle der Scharia in der neu auszuarbeitenden Verfassung so zu belassen, wie es auch schon in Artikel 2 der alten Verfassung der Fall gewesen war, wurde vor allem auf Drängen des salafistischen Spektrums im November 2012 der Zusatzartikel 219 in den Verfassungsentwurf eingeführt, der festlegte, dass die Scharia nach dem Koran und den vier geltenden sunnitischen Rechtsschulen des Islam definiert werden soll.[66][68][74][75][76] Der Interpretationsspielraum der Scharia wurde damit gegenüber der alten Verfassung eingeschränkt. Dies wird als ein Anlass dafür gewertet, dass in der Folge das säkular orientierte Drittel aus der Verfassunggebenden Versammlung austrat.[66]
Am Tag des Putsches standen bei der Rede von Militärchef Sisi auch Vertreter der salafistischen Partei des Lichts (Nur-Partei) auf der Rednerbühne Militärchef Sisi zur Seite.[42][52][53] Die Nur-Partei als den Islam im Vergleich zur Muslimbruderschaft fundamentalistischer auslegende, größte ägyptische salafistische Partei, erhielt die Möglichkeit, durch die Unterstützung des Militärputsches und den Ausschluss der Muslimbruderschaft zur stärksten islamistischen Kraft in einem neuen Parlament zu werden.[59] Obwohl die Nur-Partei bis dahin in die Anti-Mursi-Allianz integriert war, erklärte sie aufgrund des Blutbades vom 8. Juli den Rückzug aus den Verhandlungen zur Übergangsregierung.[77][2] Während die von der Armee eingesetzte Übergangsregierung mit großer Härte gegen die Muslimbrüder und ihre Verbündeten vorging, wurde die Nur-Partei, die sich bereit erklärt hatte, an der Gestaltung der Übergangsperiode mitzuwirken, in der Folge von der staatlichen Repression ausgenommen.[78]
Vorgeschichte
Unruhen im Januar 2013

Im Januar 2013 nahmen in der ägyptischen Gesellschaft Protestbewegungen zu. Insbesondere riefen liberale und linke Oppositionsgruppen zu Demonstrationen gegen die Regierung und die Ende 2012 von der islamistischen Muslimbruderschaft durchgesetzte Verfassung auf. Angetrieben wurden die Proteste auch durch die schlechte wirtschaftliche Lage Ägyptens, die damit verbundene hohe Arbeitslosenquote und Inflation sowie eine zunehmende Unzufriedenheit mit den seit der Revolution in Ägypten 2011 nicht reformierten Sicherheitskräften.[79][80] Hinzu kamen die am 26. Januar 2013 ergangenen Todesurteile gegen 21 Fußballanhänger wegen der tödlichen Stadion-Katastrophe von Port Said im Februar 2012,[81] bei der 74 Menschen getötet und mehr als 1000 verletzt worden waren.[82] Zahlreiche Menschen protestierten gegen diese Verurteilungen und versuchten das Gefängnis zu stürmen, in dem die Verurteilten eingesperrt waren. Infolgedessen starben über 30 Menschen, was dazu führte, dass Staatspräsident Mursi in Port Said, Sues und Ismailia den Notstand ausrief.[83]
Der Schura-Rat (Oberhaus), welcher seit der im Juli 2012 vom Verfassungsgericht verfügten Auflösung des Repräsentantenhaus die alleinige Gesetzgebungsbefugnis ausübte,[84][85] bewilligte zusammen mit dem Kabinett Kandil ein Gesetz, das Mursi ermächtigte, die Armee mit polizeilichen Befugnissen auszustatten.[86] Sie erhielt somit etwa das Recht, Zivilisten festzunehmen sowie Ausgangssperren und Demonstrationsverbote zu verhängen.[87] Die Polizei ging in den darauffolgenden Tagen mit harten Maßnahmen gegen Demonstranten vor. Amnesty International kritisierte die „exzessive und unverhältnismäßige Polizeigewalt“ und gab an, in der Zeit vom 25. bis 27. Januar 2013 seien mindestens 45 Menschen gestorben und mehr als 1000 verletzt worden.[88][89] Am 1. Februar 2013 wurde ein Video veröffentlicht, in dem zu sehen ist, wie Polizisten mit Knüppeln auf einen Mann einprügeln, ihm die Kleidung vom Leib reißen und ihn anschließend zu einem Transporter schleifen. Infolgedessen forderten die Demonstranten und die wichtigsten Oppositionsgruppen den Rücktritt des Staatspräsidenten. Mursi teilte mit, er sei „schmerzerfüllt angesichts dieser schockierenden Bilder“, lehne einen Rücktritt jedoch, anders als sein Innenminister, bestimmt ab.[90]
Erster Jahrestag Mursis als Staatspräsident (30. Juni)

Ende Juni 2013 verstärkten sich die andauernden Proteste gegen Mursis Politik erneut. Ein Auslöser war, dass Mursi neue Gouverneure für 17 der 27 ägyptischen Gouvernements ernannt hatte, von denen sieben der islamistischen Muslimbruderschaft angehörten. Insbesondere wurde gegen die Ernennung Adel al-Chajats, eines früheren Mitglieds der ehemaligen Terrorgruppe Gamaa Islamija, zum Gouverneur für die Tourismusregion Luxor protestiert. Kritiker fürchteten eine vollständige Machtübernahme der Muslimbrüder und negative Folgen für den Tourismus.[91] Oppositionsgruppen riefen anlässlich des nahenden ersten Jahrestages von Mursis Amtsübernahme zu Großdemonstrationen gegen seine Politik auf und forderten Neuwahlen.[92] Die Proteste wandten sich vor allem gegen Mursis Wirtschaftspolitik und seinen als autoritär wahrgenommenen Regierungsstil.[93] Um seine politischen Gegner und unzufriedene Bürger zu besänftigen, gestand Mursi in einer „Ansprache an das Volk“ am 26. Juni Fehler ein und forderte seine Minister und Gouverneure dazu auf, „alle Beamten [zu] entlassen, die für die Krisen verantwortlich sind, unter denen die Bürger leiden müssen“. Gleichzeitig behauptete er, die geplanten Massendemonstrationen würden von korrupten Ex-Funktionären Mubaraks gesteuert.[94] Mursis Anhänger bekundeten ihre Unterstützung für den Präsidenten ihrerseits durch Demonstrationen.[95] In der Folge kam es zu Straßenschlachten zwischen Anhängern und Gegnern Mursis, bei denen hunderte Menschen verletzt wurden.[95] Um die Opposition zu unterstützen, traten am 29. Juni mehrere Parlamentarier und mindestens acht Abgeordnete des Oberhauses von ihren Posten zurück.[96] Scheich Hassan al-Schafi, ein hochrangiger Geistlicher an der al-Azhar-Moschee, der höchsten geistlichen Institution im Land, warnte davor, Ägypten laufe Gefahr, in einen Bürgerkrieg abzugleiten.[97]
Die im Zuge der Proteste neu gegründete Bewegung Tamarud (oder: Tamarod) (ägyptisch-arabisch für Rebellion), die nach unüberprüften eigenen Angaben im Rahmen eines Protestaufrufs über 22 Millionen Unterschriften für den Rücktritt von Mursi und eine vorgezogene Präsidentschaftswahl gesammelt haben wollte, rief am 30. Juni 2013 ebenfalls zu Massenprotesten anlässlich des ersten Jahrestages von Mursis Amtsübernahme auf.[98][99][100][101] „Millionen von Ägypter“ (Spiegel) sollen an den Protesten teilgenommen haben. Allein auf dem zentralen Tahrir-Platz in Kairo hatten sich mehr als eine halbe Million Menschen versammelt.[102]
Tamarod forderte Mursi am 1. Juli in einem „Ultimatum“ auf, bis zum 2. Juli um 17 Uhr „die Macht abzugeben und es den Behörden zu ermöglichen, eine vorgezogene Präsidentschaftswahl zu organisieren“. Sollte der Staatspräsident der Aufforderung nicht nachkommen, werde es „eine Kampagne des vollständigen zivilen Ungehorsams“ geben.[102][103][98]
Militärputsch
Militärputsch in Ägypten 2013 | |||||||||||||
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Datum | 3. Juli 2013 | ||||||||||||
Ort | Tahrir-Platz und Heliopolis in Kairo sowie Alexandria, Port Said und Sues | ||||||||||||
Ausgang | Entmachtung von Staatspräsident Mohammed Mursi | ||||||||||||
Folgen | • Aufhebung der Verfassung von 2012 • Adli Mansur wird Interimspräsident • Ankündigung von neuen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen • Hasim al-Beblawi wird Interimspremierminister | ||||||||||||
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Ultimatum des Militärs (1.–2. Juli)
Am 1. Juli 2013 setzten sogenannte „Demonstranten“ (Süddeutsche Zeitung) die Zentrale der Wasat-Partei in Kairo in Brand. Zuvor stürmten „Regierungsgegner“ (Der Spiegel) oder „Demonstranten“ den Hauptsitz der Muslimbruderschaft, wo sie Feuer legten und plünderten, nachdem bereits am Abend des 30. Juni „Regierungsgegner“ beziehungsweise „Demonstranten“ mit Molotow-Cocktails und Steinen die Zentrale der Muslimbruderschaft angegriffen, das Gebäude teilweise in Brand gesetzt und sich Schießereien mit dem Wachpersonal geliefert hatten.[102][108][98] Bei den Aktionen vom 30. Juni bis zum Nachmittag des 1 Juli starben nach offiziellen Angaben landesweit 16 Menschen und es gab über 780 Verletzte.[98][109][103] Davon kamen acht Menschen den Angaben zufolge bei den Auseinandersetzungen und Schießereien vor dem Hauptquartier der Muslimbruderschaft in Kairo ums Leben, drei weitere in Asyut. In Bani Suwaif, in Kafr asch-Schaich, in Fayum, in Alexandria sowie in Kairo vor dem Präsidentenpalast starb jeweils eine weitere Person.[98]
Das ägyptische Militär stellte daraufhin ein Ultimatum und forderte die politische Führung des Landes dazu auf, „den Konflikt binnen 48 Stunden [zu] lösen und die Forderungen des Volkes [zu] erfüllen“.[98] Dies wurde von Medien so interpretiert, dass das Militär ankündigte, gegebenenfalls einen eigenen Fahrplan für die Zukunft Ägyptens vorzulegen und Mursi faktisch des Amtes zu entheben.[110]
US-Präsident Barack Obama forderte Mursi in einem Telefonat dazu auf, auf die Demonstranten zuzugehen. Er betonte, dass die „USA […] keine Partei oder politische Richtung in Ägypten [unterstützen], sondern die Demokratie“.[111][112] Er betonte seine „tiefe Sorge über Gewalt bei den Demonstrationen“, insbesondere sexuelle Übergriffe auf Frauen, und mahnte, „Demokratie erschöpfe sich nicht in Wahlen“.[113]
In der Nacht vom 1. auf den 2. Juli reichte Außenminister Mohamed Kamel Amr laut einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur Mena seinen Rücktritt ein. Mursi erklärte, er werde nicht auf die Forderung des Militärs eingehen, „binnen 48 Stunden eine Lösung des Konflikts zwischen regierenden Islamisten und der Opposition zu finden“.[114][115] Das Ultimatum sollte am 3. Juli um 17 Uhr ablaufen.[116] Am Nachmittag des 2. Juli legten der Präsidentensprecher Ehab Fahmy sowie der Regierungssprecher Alaa al-Hadidi ihre Ämter nieder.[117] Mursi traf sich daraufhin zu einem Krisengespräch mit dem Armeechef und Verteidigungsminister Abd al-Fattah as-Sisi und Regierungschef Hescham Kandil. Die Erklärung des Militärs, auf die Forderungen der Demonstranten einzugehen, sei mit Mursi nicht abgesprochen gewesen. Er ziehe es vor, den „bereits zuvor geplanten Weg zu einer nationalen Versöhnung“ fortzuschreiten.[118]
Am 2. Juli setzte der ägyptische Berufungsgerichtshof Generalstaatsanwalt Abdel Meguid Mahmud wieder ein. Mursi hatte im November 2012 seine Entlassung bewirkt und an seiner Stelle einen seiner Gefolgsleute, Talaat Abdullah, eingesetzt.[119]
Ablauf des Militärultimatums (3. Juli)
Vor 17 Uhr
In der Nacht vom 2. auf den 3. Juli hielt Mursi eine vom Fernsehen übertragene Rede. In der mitternächtlichen Fernsehansprache lehnte Mursi einen Rücktritt strikt ab, da er durch demokratische Wahlen ins Amt gekommen sei.[120][121] Als vom Volk in freien und gleichen Wahlen gewählter Präsident Ägyptens repräsentiere er alle Ägypter. Mursi betonte, er werde nicht zurücktreten, selbst wenn ihn dies das Leben koste. Er forderte das Militär auf, wieder zu dessen normalem Dienst zurückzukehren.[122][123][124] Zugleich räumte Mursi Fehler ein und kündigte an, sie zu korrigieren.[125] Zudem bot er eine Koalitionsregierung der „nationalen Einheit“ an.[120]
Vor der Universität Kairo versammelten sich daraufhin tausende Islamisten, um gegen das von dem Militär gestellte Ultimatum zu protestieren. Es kam zu „schweren Zusammenstößen zwischen Anhängern Mursis und Sicherheitskräften“.[126] In der Nähe der Universität kamen 16 Menschen ums Leben,[126][127] insgesamt forderten die Auseinandersetzungen 22 Tote.[127]
Am Nachmittag kam der Oppositionsführer Mohamed el-Baradei mit Vertretern der Armeeführung zusammen.[120] Mursis Anhänger hatten stets erklärt, der erste demokratisch gewählte Staatspräsident Ägyptens habe ein schweres Erbe angetreten und es solle ihm zumindest die volle Amtszeit gewährt werden, um die zahlreichen Probleme des Landes angehen zu können.[128] Die Opposition wertete den Fernsehauftritt Mursis als „Aufruf zum Bürgerkrieg“. Mursi weigere sich weiter, dem „Willen des Volkes“ zu entsprechen und zurückzutreten, sagte ein Oppositionssprecher nach der Rede. Das Oberkommando der Streitkräfte erklärte am frühen Morgen des 3. Juli, die Soldaten seien bereit, für das ägyptische Volk zu sterben.[121] Auf der Facebookseite des Militärs hieß es zudem: „Wir schwören zu Gott, dass wir sogar unser Blut opfern werden, um das ägyptische Volk vor Terroristen, Radikalen und Verrückten zu schützen“.[129]
Einige Stunden vor Ablauf des 48-Stunden Ultimatums rief die Mursi unterstützende radikal-islamische Gruppe Gamaa Islamija ihre Anhänger zur Gewaltlosigkeit auf.[32] Mursis Sprecher verkündet, der Staatspräsident sei entschlossen, „notfalls im Kampf für die Demokratie zu sterben“.[130][32] Auch die Armee hat angekündigt, bis zum Äußersten zu kämpfen. Der Sprecher der Muslimbruderschaft, Gehad al-Haddad, bekräftigte den Widerstand der Islamisten gegen eine Entmachtung des Staatspräsidenten und sagte über Twitter: „Der einzige Plan, den die Menschen angesichts eines Putschversuchs haben, ist, sich vor die Panzer zu stellen. So wie wir es bei der Revolution des 25. Januar [2011] gemacht haben“.[32]
Rund eine Stunde vor Ablauf des Ultimatums bestätigte die Militärführung ein Treffen mit Vertretern der politischen Parteien sowie verschiedener Religionsgemeinschaften.[130]
Unmittelbar vor Ablauf des Ultimatums wurde gemeldet, die ägyptische Armee bereite offenbar eine mögliche Übernahme des staatlichen Fernsehsenders vor. Soldaten bezogen in dem am Nilufer gelegenen Bürogebäude Stellung und überwachten die Nachrichtenproduktion.[130]
Der ägyptische Präsident Mohammed Mursi hat unmittelbar vor dem Ablauf des Ultimatums einen Rücktritt abermals abgelehnt. Das Präsidialamt bekräftigt jedoch die Bereitschaft Mursis, eine Koalitionsregierung zu bilden, um die Überwindung der Staatskrise zu erleichtern.[130]
Nach 17 Uhr
Nachdem das vom Militär gesetzte Ultimatum am 3. Juli 2013 um 17 Uhr (MESZ) abgelaufen war, riegelten Militäreinheiten die Kaserne, in die sich Mursi zurückgezogen hatte, mit Barrieren und Stacheldraht ab.[131]
Um 17:40 teilt Mursis Büro im sozialen Online-Netzwerk Facebook mit, dass Mursi eine Regierung der nationalen Einheit als Ausweg aus der Staatskrise angeboten habe: „Die Präsidentschaft zieht die Bildung einer Koalitionsregierung des Konsenses in Betracht, um die nächste Parlamentswahl zu beaufsichtigen“. Diese Regierung könnte vorgezogene Parlamentswahlen vorbereiten und Verfassungsänderungen ausarbeiten.[130]
Der Sicherheitsberater von Präsident Mursi, Essam al-Haddad, gibt spätestens um 17:45 Uhr an, dass ein Militärputsch angelaufen sei. Er erwarte, dass Armee und Polizei die Pro-Mursi-Demonstrationen mit Gewalt auflösen werden.[32][120][130]
Gegen Mursi und führende Mitglieder der Muslimbruderschaft wurde ein Ausreiseverbot verhängt,[132][133] wie rund eine Stunde nach Ablauf des Ultimatums offiziell bestätigt wird.[32] Zu diesem Zeitpunkt soll sich Mursi Gerüchten nach in den Kasernen der Republikanischen Garde aufhalten.[32]
Kurz vor 19 Uhr berichteten internationale Reporter aus Kairo, dass Panzer angeblich auf dem Weg zu den beiden großen Pro-Mursi-Kundgebungen in Nasr City und nahe der Universität von Kairo seien. In den Vierteln Nasr City, Heliopolis und nahe der Universität kam es weniger als eine halbe Stunde später zu einem massiven Truppenaufgebot.[32][120] Politische Beobachter befürchteten nun aufgrund der Absetzung eines demokratisch legitimierten Präsidenten durch das Militär in Ägypten eine Destabilisierung des Landes.[32]
Am Abend meldete die staatliche Zeitung Al-Ahram, dass das Militär Präsident Mursi seine vollzogene Absetzung um 18 Uhr Ortszeit (17 Uhr GMT) mitgeteilt habe.[32][130] Das Militär setzte nach der Amtsenthebung eine Übergangsregierung ein.[134]
Kurz nach 21 Uhr wird bekannt, dass Milirärchef Sisi eine für 21:30 Uhr angekündigte TV-Rede begonnen und mitgeteilt habe, dass die Verfassung außer Kraft gesetzt wurde. Damit, so Medienberichte, sei Mursi nicht mehr im Amt, es herrsche nun eine Übergangsregierung unter der Kontrolle des Militärs und unter Vorsitz des Präsidenten des Verfassungsgerichtes.[130]
TV-Rede Sisis

Verteidigungsminister und Militärchef Abd al-Fattah as-Sisi teilte etwa um 21 Uhr in einer im Fernsehen übertragenen Live-Ansprache bereits getroffene Maßnahmen mit und kündigte einen sogenannten weiteren „Fahrplan“ an:[130][136]
Aus den Mitteilungen Sisis in der TV-Rede ergaben sich als bereits getroffene Maßnahmen des Regierungssturzes:
- Das Militär hat die ägyptische Verfassung „vorübergehend“ außer Kraft gesetzt.[120]
- Das Militär hat Staatspräsident Mohammed Mursi abgesetzt.[32]
- Das Militär hat den Präsidenten des Obersten Verfassungsgerichts, Adli Mansur, als Interimspräsidenten des Landes eingesetzt,[6][137][138][139] der das Amt des Staatspräsidenten kommissarisch übernehmen soll.[32]
- Das Militär hat zusammen mit Politikern und anderen öffentlichen Personen einen „Fahrplan“ beschlossen.[32]
Zu den Ankündigungen Sisis in der TV-Rede für den weiteren „Fahrplan“ (road map) zählten:
- Die Bildung einer „starken und fähigen“ Regierung, die „weitgehende Befugnisse“ haben und „alle nationalen Kräfte“ einschließen werde.[128] Ägypten soll eine Interimsregierung erhalten, die aus einem Kabinett von Technokraten besteht.[120][32]
- Die Bildung eines Gremiums, das die mit dem Putsch außer Kraft gesetzte, islamistisch geprägte Verfassung überarbeiten soll.[128]
- Am Ende des Übergangsprozesses sollen Neuwahlen stehen:[32]
- Die Ausrichtung neuer Präsidentschaftswahlen[139][120]
- und Parlamentswahlen nach einer kurzen Übergangsphase.[139]
Ferner kündigte Sisi die Bildung von Komitees zur nationalen Versöhnung an. Die Jugend solle unverzüglich in die Entscheidungen eingebunden werden; ein Codex für Ethik der Medien solle deren Professionalität sicherstellen. Er verwies auf wiederholte Versuche der Armee seit November 2012, zwischen Präsident und Opposition zu vermitteln, und forderte die Demonstranten auf friedlich zu bleiben.[140][141]
Wörtlich sagte Sisi in der Erklärung: „Das Militär kann nicht stillhalten in der Krise“,[32] „die Armee will nicht an der Macht bleiben.“[32][130]
TV-Stellungnahmen weiterer Putschbefürworter
Während der im Fernsehen ausgestrahlten Verkündung Sisis zur Entmachtung Mursis saßen der Oppositionsführer el-Baradei sowie der koptische Patriarch Tawadros II. und der Imam der Kairoer Al-Azhar-Universität, der Großscheich Ahmed Tayeb, und Vertreter der Protestbewegung Tamarod neben ihm sichtbar auf der Bühne.[128][53] Sie waren auch bei einem der TV-Rede Sisis vorangegangenen Krisentreffen der Militärführung als Spitzen der Opposition und hohe kirchliche Würdenträger beteiligt gewesen.[139] Der Oppositionsführer Mohammed el-Baradei sowie die religiösen Führungspersonen wie Tawadros II. und Ahmed Tayeb wurden in die Entscheidung des Miltärs eingebunden. Auch sie nahmen vor den Fersehkameras Stellung und unterstützen darin die Entscheidung des Militärs.[130][53]
Friedensnobelpreisträger El-Baradei erklärte vor den Kameras, der von Armeechef Sisi angekündigte Fahrplan garantiere die Grundforderungen des äygptischen „Volkes“ nach neuen Präsidialwahlen.[120][130][53]: „Wir werden die Verfassung reformieren.“[130][53]
Das koptische Oberhaupt Tawadros II. erklärte, der Fahrplan sei durch treue Menschen verfasst worden, die damit ohne eigene Interessen an vorderster Stelle das Interesse des Landes verfolgt hätten. Der Fahrplan garantiere die Sicherheit aller Ägypter und unter Beteiligung aller Seiten. Die schwarze Farbe der äygptischen Flagge stehe für das ägyptische Volk, die weiße Farbe für die Reinheit der Jugend, die rote Farbe für das bereits geflossene Blut der Polizei bei dem Schutz der Ägypter und der Adler in der Mitte der Flagge symbolisiere die Streitkräfte, die die Sicherheit garantieren.[53]
Weitere Ereignisse
Der Sprecher der Bruderschaft, Gehad El-Haddad, teilte in der Nacht über Twitter mit, Mursi und seine wichtigsten Mitarbeiter würden im Club der republikanischen Präsidentengarde festgehalten. Die Armeeführung bestätigte die Festnahme des entmachteten Staatspräsidenten Mursi.[128]
Nachdem bekannt wurde, dass Mursi abgesetzt wurde, und eine Übergangsregierung unter Vorsitz des Präsidenten des Verfassungsgerichtes und unter der Kontrolle des Militärs herrschte, brach Jubel auf dem Tahrir-Platz aus, wo Hunderttausende feierten.[130] Pro-Mursi-Demonstrationen in Kairo wurden dagegen mit Dutzenden Panzern abgeriegelt.[120][128]
Kurz nach der Entmachtung Mursis wurden drei islamistische Fernsehsender abgeschaltet.[120][128] Betroffen gewesen sein soll der Sender Misr25 der Muslimbruderschaft, der Islamistensender Al-Hafes und der Salafistensender Al-Nas.[139] Nach der Verkündung der Entmachtung Mursis kam es in mehreren Städten zu Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Anhängern Mursis. Dabei wurden in der Stadt Marsa Matruh nach offiziellen Angaben vier Mursi-Anhänger getötet.[120][128] Ein weiterer Mursi-Anhänger starb in Alexandria, wo sich Anhänger und Gegner Mursis heftige Straßenschlachten lieferten. Auch aus den Provinzen Asyut und Gharbija wurden Zusammenstöße gemeldet.[128]
Reaktionen auf den Putsch
National
- Nach seiner Absetzung durch die Armee rief der entmachtete Staatspräsident Mohammed Mursi, dessen Aufenthaltsort nicht bekannt gegeben wurde, in einer ersten Reaktion am 3. Juli über Twitter seine Anhänger zum friedlichen Widerstand gegen den Putsch auf, den einen „Staatstreich“ nannte, dem sich alle freien Menschen in Ägypten wisersetzen müssten.[32][128] Er forderte dazu auf, zur Verfassung zurückzukehren und warnte vor Blutvergießen.[32] In einer Videobotschaft erklärte Mursi später: „Ich bin der gewählte Präsident Ägyptens.“[128]
- Die salafistische Partei des Lichts stimmte den als „Fahrplan“ bezeichneten Ankündigungen des Militärs mit der Begründung zu, weiteres Blutvergießen vermeiden zu wollen.[128]
- Mohammed el-Baradei, der zu diesem Zeitpunkt als künftiger Übergangspremier gehandelt wurde, rechtfertigte den Militärputsch gegenüber der BBC und gab an, die Alternative wäre ein Bürgerkrieg gewesen. Ägypten habe für seine demokratische Entwicklung inzwischen zweieinhalb Jahre verloren. Auch die Festnahme führender Muslimbrüder und die Abschaltung einer Reihe islamistischer Fernsehkanäle rechtfertigte el-Baradei.[142] Das Oppositionsbündnis Nationale Heilsfront gab an, der Muslimbruderschaft weitere Beteiligung am politischen Übergang bis zur Wahl eines neuen Parlaments und eines Präsidenten zuzusichern. El-Baradei teilte mit: „Wir lehnen es total ab, Parteien auszuschließen, insbesondere islamische Gruppen“. Obwohl die Vollmachten von Übergangsstaatspräsident Adli Mansur, der sein am Anfang der gleichen Woche angetretenes Amt als Präsident des Verfassungsgerichts zusätzlich beibehielt, selbst über die exekutiven und legislativen Befugnisse hinausgingen, die sich Mursi im November in einem später aufgehobenen Ermächtigungsdekret gesichert hatte, bestritt el-Baradei am 5. Juli abermals, dass es sich bei dem Sturz Mursis durch das Militär um einen Militärputsch gehandelt hat.[107]
- Die Sprecherin der Freiheits- und Gerechtigkeitspartei (FJP), Amena Ibrahim Mustafa, beklagte, die Entscheidung des Militärs betrüge Millionen Ägypter um ihre „Teilhabe an der Demokratie und am politischen Übergangsprozess“. Die Machtübernahme führe Ägypten „zurück in die Diktatur“. Sie warf el-Baradei vor, den Staatsstreich als „Verbündeter“ des Militärs mitgetragen zu haben. Nach der Ernennung Mansurs zum Interimsstaatschef durch Militärchef Sisi hatte el-Baradei den vom Militär verkündeten „Fahrplan“ begrüßt, der die Aufhebung der Verfassung, diktatorische Befugnisse für Mansur und Neuwahlen in einem nicht näher bestimmten Zeitraum vorsah. Mitglieder seines Bündnisses mussten mindestens eine Woche zuvor in die Pläne des Militärs eingeweiht gewesen sein. Mustafa warf el-Baradei vor, seine Position als Verteidiger demokratischer Rechte aufgegeben zu haben. Die sieben von den Sicherheitskräften abgeschalteten Sender, die von islamistischen Fernsehanstalten betrieben worden waren und unter denen sich mit Misr 25 auch der Kanal der Muslimbruderschaft befand, übertrugen auch am 5. Juli weiterhin nicht wieder. Das Erscheinen der FJP-Parteizeitung „Freiheit und Gerechtigkeit“ wurde seit dem 4. Juli verboten, obwohl Militärchef Sisi in seiner etwa zehn Minuten langen Ansprache vom 3. Juli versprochen hatte, Medien- und Meinungsfreiheit zu garantieren.[107]
International
AU – Als Reaktion auf den Umsturz wurde Ägypten am 5. Juli 2013 aus der Afrikanische Union (AU) ausgeschlossen. Damit brachte die Afrikanische Union ihre Missbilligung des Vorgehens der ägyptischen Streitkräfte zum Ausdruck. In einer offiziellen Mitteilung erklärte Admore Kambudzi, der Ratssekretär des AU-Sicherheitsrates in Addis Abeba, dass es sich bei dem Vorgehen des Militärs um eine „illegale Übernahme der Macht“ handeln würde, die nicht der Verfassung Ägyptens entspreche. Der AU-Kommissionsvorsitzende Nkosazana Dlamini-Zuma betonte jedoch, dass die Afrikanische Union Ägypten wieder aufnehmen werde, wenn es dort eine demokratisch gewählte Regierung gäbe. Ferner habe sich die Revolution in Ägypten im Jahr 2011 dahingehend von der momentanen Situation unterschieden, als dass damals in Form von Hosni Mubarak ein jahrelang herrschender Diktator gestürzt worden sei. Mohammed Edrees, der ägyptische Vertreter der Afrikanischen Union, hatte vor der Entscheidung derselben versucht, den Ausschluss abzuwenden, und dabei die wichtige Rolle Ägyptens bei der Dekolonisation Afrikas betont sowie auf den Umstand verwiesen, dass Ägypten eines der Gründungsmitglieder der Afrikanischen Union sei.[142][107][143]
Deutschland – In einer ersten Reaktion am Abend des 3. Juli 2013 drückte Bundesaußenminister Guido Westerwelle seine Sorge im Hinblick auf die aktuelle Lage aus und rief alle politischen Akteure dazu auf, auf Deeskalation zu setzen und den begonnenen Weg in Richtung Demokratie „beherzt“ fortzusetzen. Ägypten brauche einen „echten nationalen Dialog, an dem alle unterschiedlichen politischen Geisteshaltungen und Kräfte teilhaben“.[144] In einer ausführlicheren Stellungnahme am 4. Juli erklärte er, es sei „ein schwerwiegender Vorgang, dass die ägyptischen Streitkräfte die verfassungsmäßige Ordnung ausgesetzt und den Präsidenten seiner Amtsbefugnisse enthoben haben“ und ein „schwerer Rückschlag für die Demokratie in Ägypten“. Er forderte „alle Verantwortlichen in Ägypten auf, jetzt besonnen vorzugehen, aufeinander zuzugehen und gemeinsam nach Wegen aus der ernsten Staatskrise zu suchen“. Deutschland sei „weiter bereit, den Aufbau einer neuen demokratischen Staatsordnung in Ägypten zu unterstützen“.[145][146]
Dänemark - „Staatsrechtlich ist es ein Militär-Putsch, den wir natürlich nie begrüßen können, denn das verlief nicht nach einem demokratischen Drehbuch, aber es musste ja etwas geschehen in Ägypten“, kommentierte der dänische Außenminister Villy Søvndal.
Iran – Das iranische Außenministerium warnte vor ausländischer Einflussnahme.[147]
Jordanien - Das jordanische Königshaus erklärte, den Wunsch des ägyptischen Volkes zu respektieren.[148]
Katar - Aus dem Außenministerium des Landes verlautete zurückhaltend, Katar unterstütze den Willen des ägyptischen Volkes und sehe in Ägypten einen Führer in der arabischen und islamischen Welt. Das Emirat hatte während der Herrschaft der Muslimbrüder das Land mit acht Milliarden Dollar unterstützt und gilt im Unterschied zu vielen Staaten der Golfregion als Unterstützer der Muslimbruderschaft und ihr nahestehender Organisationen in anderen Ländern.
Kuwait - Das Land versprach der neuen ägyptischen Regierung eine finanzielle Unterstützung von vier Milliarden Dollar.
Russland – Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses der Duma Alexej Puchow sagte: „Der arabische Frühling hatte nicht Demokratie, sondern Chaos zur Folge. Die Ereignisse in Ägypten zeigten, dass es keinen schnellen und friedlichen Übergang von autoritären Regimes zu einer demokratischen Politik gebe. Das bedeutet, dass die Demokratie kein Patentrezept ist und in den Ländern nicht funktioniert, die nicht zur westlichen Welt gehören.“[149]
Saudi-Arabien – Der König Abdullah ibn Abd al-Aziz gratulierte dem Militär. Er lobte die „Weisheit und Vermittlung“ der Militärs und fügte an, das Land sei im entscheidenden Moment gerettet worden.[150] Diese Reaktion wird vor allem damit erklärt, dass durch die Ablehnung des monarchischen Prinzips im Islam durch die Muslimbrüder zugleich die Legitimation arabischer Herrscher in Frage gestellt wird.[148] Überdies wird das Prinzip der Muslimbrüder, durch demokratische Wahlen in Regierungspositionen zu gelangen, von den Herrschern der meisten Staaten der Golfregion als gefährliche Konkurrenz abgelehnt.
Somalia – Die islamistische militante Bewegung al-Shabaab verkündete auf Twitter: „Es ist Zeit, die rosarote Brille abzunehmen und die Welt so zu sehen wie sie ist. Veränderung kommt alleine durch die Gewehrkugel (engl. bullet), nicht durch die Wahlkugel (engl. ballot). [Die Muslimbrüder] sollten vielleicht ein wenig aus der Geschichte lernen und von denjenigen, die vor ihnen in Algerien ’demokratisch gewählt’ wurden, oder von der Hamas. Wann werden die Muslimbrüder (MB) aus dem tiefen Schlaf aufwachen und die Vergeblichkeit ihrer Bemühungen um institutionelle Veränderungen erkennen. Nach einem Jahr des Hürdenlaufes ist das MB-Pferd endlich auf dem Weg zum Schlachthof und wird das Licht wohl nicht mehr erblicken.“[151]
Syrien – Der syrische Staatspräsident Baschar al-Assad nannte den Umsturz „das Ende des politischen Islams.“[150]
Türkei – Der türkische Außenminister Ahmet Davuto?lu nannte den Umsturz am 4. Juli „besorgniserregend“ und „inakzeptabel“ und forderte die sofortige Freilassung der „gewählten Führer des Landes“.[152]
Tunesien - Präsident Moncef Marzouki verurteilte den Sturz Mursis und sprach von einem „Versuch, das alte Regime zu reinstallieren“. Seine Partei bezeichnete den Sturz Mursis als „Schlag für die Demokratie“.[148]
Vereinigte Arabische Emirate - Der Herrscher Scheich Chalifa gratulierte Mansur und wünschte ihm „Erfolg bei seiner historischen Mission“.[148]
Vereinigtes Königreich – Der britische Außenminister William Hague erklärte zu den Vorgängen: „Das Vereinigte Königreich unterstützt kein militärisches Eingreifen als Weg, Konflikte in einem demokratischen System zu lösen. Die Situation ist wirklich gefährlich und wir fordern alle Seiten auf, Zurückhaltung zu zeigen und Gewalt zu vermeiden“.[150]
Vereinigte Staaten – Nachdem bei den Protesten in Alexandria ein US-amerikanischer Student erstochen worden war,[153] zogen die Vereinigten Staaten von Amerika am 29. Juni 2013 sämtliche Mitarbeiter aus ihrer Botschaft in Kairo ab.[154] Auf einer Presseerklärung in Tansania am 1. Juli 2013 erklärte Barack Obama, die Sicherheit der amerikanischen Botschaften und Konsulate in Ägypten habe für ihn höchste Priorität. Er bestehe zudem darauf, dass sowohl Mursi und seine Anhänger als auch oppositionelle Gruppen friedlich miteinander umgingen.[155]
Frage der Einordnung als „Putsch“
Kontroverse um die begriffliche Einordnung des Militärcoups
Die US-amerikanische Regierung vermied die Bezeichnung Putsch,[156] ebenso wie die neuen ägyptischen Machthaber.[157][158] Vertreter der Tamarod-Bewegung erklärten, es sei kein Putsch gewesen, da „die Armee […] doch nur den Willen des Volkes umgesetzt“ habe.[159] Mohammed el-Baradei bezeichnete den Umsturz als Korrektur eines islamistischen Lenkfehlers am Beginn einer echten Demokratie.[160] Die Muslimbrüder beharrten dagegen darauf, dass es sich bei dem Umsturz um einen Putsch gehandelt habe.[161]
Am 3. Juli bezeichnete Max Fischer die Ereignisse in der Washington Post sowohl als coup (Putsch oder Staatsstreich) als auch als Revolution.[162] Auch nach Auffassung des Direktors des Deutschen Instituts für Internationale Politik und Sicherheit der Stiftung Wissenschaft und Politik, Volker Perthes, in der deutschsprachigen Wochenzeitschrift Die Zeit vom 5. Juli handelte es sich bei dem militärischen Umsturz im Gegensatz zu der Darstellung von Putschbefürwortern zwar nicht um eine „Korrekturbewegung“, sondern um einen Putsch. Doch stelle es nach Perthes’ Einschätzung „traurige Ironie“ dar, dass das Militär „eigentlich nicht putschen wollte, sondern bis kurz vor dem Coup noch versucht hatte, die verschiedenen politischen Lager zu einem Konsens zu bewegen“. Der Putsch sei – so Perthes – moralisch gerechtfertigt gewesen, da die Militärs eine anhaltende Selbstblockade des ägyptischen politischen Systems, die zu weiterer Gewalt und schließlich zu Unregierbarkeit hätte führen können, befürchtet hätten. Die Verantwortung trage „natürlich auch Präsident Mursi selbst und seine Muslimbruderschaft“. Die Errungenschaften der Revolution von 2011 seien durch den Putsch nicht zerstört worden.[163]
Der Politologe Adel El Sayed betrachtete die Absetzung Mursis durch das Militär in einem Interview in der österreichischen Tageszeitung Kurier am 4. Juli nicht als Putsch, sondern als den „Versuch der Armee, die immer größer werdende Spaltung zu verringern“, und als möglicherweise „letzte Korrekturen“ des „Arabischen Frühlings“.[164]
Raniah Salloum wertete die Ereignisse im Spiegel vom 5. Juli als Putsch, weil die politikwissenschaftlichen Kriterien dafür vorlägen. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass viele Ägypter Mursis Sturz begrüßt hätten.[165]
Udo Kölsch, Kommentator auf NDR Info, argumentierte, es handele sich nicht um einen Putsch, da ein solcher typischerweise vorher nicht angekündigt werde.[166]
Mohamed Amjahid sprach in der Zeit zwar von einem „Volksputsch“, setzte den Begriff jedoch in Anführungszeichen.[167]
Haltung und Interessenlage der USA und anderer Staaten

Nach dem Militärcoup vom 3. Juli 2013 weigerte sich die US-Regierung, die Machtübernahme durch die Armeeführung als Putsch zu qualifizieren.[168][169][170][171][172] Stattdessen akzeptierte sie den Militärcoup nachträglich als „Schritt zur Wiederherstellung der Demokratie“.[168][169]
“The military was asked to intervene by millions and millions of people, all of whom were afraid of a descendance into chaos, into violence. […] And the military did not take over, to the best of our judgement – so far. To run the country, there’s a civilian government. In effect, they were restoring democracy.[173][174]”
„Das Militär wurde von Millionen und Abermillionen Menschen zum Einschreiten gebeten, die allesamt Angst davor hatten, in Chaos und Gewalt abzugleiten. […] Nach allem, was wir wissen, hat das Militär bisher noch nicht die Macht übernommen. Es gibt eine zivile Regierung zur Leitung des Landes. Letztlich wurde dadurch die Demokratie wiederhergestellt.[175][176]“
Die Rechtfertigung des Militärputsches durch US-Außenminister John Kerry als erfolgte Maßnahme zur Wiederherstellung der Demokratie erfolgte zu einem Zeitpunkt, als das ägyptische Militär bereits Dutzende Mursi-Anhänger in Kairo getötet hatte[177] und die von der Armee installierte Zivilregierung angekündigt hatte, die Zeltlager der Pro-Mursi-Demonstranten notfalls mit Gewalt aufzulösen.[168] Bereits kurz nach dem Putsch kamen der Vorsitzende der Vereinigten Stabschefs der US-amerikanischen Streitkräfte, Heeresgeneral Martin Dempsey, und der ägyptischen Stabschef, Generalleutnant Sedki Sobhi überein, dass „das ägyptische Militär eine angemessene Rolle beim Erhalt der Stabilität spielen“ müsse.[170] Kerry vertrat den Standpunkt der ägyptischen Militärführung, das Militär sei von Millionen Ägyptern zur Intervention aufgefordert worden.[176] Nach Einschätzung des ehemaligen deutschen Diplomaten und Attaché in Kairo, Gunter Mulack, hielten sich die offiziellen Stellen in den USA aus taktischen Gründen zurück und vermieden es deshalb, die Menschenrechtsverletzungen offen zu verurteilen.[178] Entsprechend qualifizierten auch die europäischen Regierungen den Militärcoup in Ägypten zunächst nicht als Militärputsch.[176]
Eine Sonderrolle übernahm die Regierung der Türkei unter Recep Tayyip Erdo?an, die Mursis Entmachtung weltweit als erste Regierung direkt als Coup bezeichnete. Dazu nannte sie die Tötung von annähernd 1000 Anhängern der Muslimbrüder ein „eindeutiges Massaker“, unterstellte Israel eine Mitschuld an dem Putsch in Ägypten[179][180][181][178][182] und forderte die Freilassung des gestürzten Präsidenten Mursi.[182] Erst Tage später folgten der Türkei Deutschland und die EU mit teilweise vergleichbaren Positionen, die aber von Beobachtern als vergleichsweise „halbherzig“ betrachtet wurden.[182] Neben der Türkei galten als Verbündete der Muslimbrüder zudem Tunesien, wo der Arabische Frühling seinen Anfang genommen hatte und mit der Ennahda auch eine islamistische Partei die Regierung stellte, sowie das finanzstarke Katar, das auch durch den Sitz des einflussreichen Senders Al Jazeera über Bedeutung verfügte.[178]
Am 19. August meldete die US-amerikanische Webseite The Daily Beast, die US-Regierung habe stillschweigend entschieden, den Militärcoup in Ägypten als „Putsch“ zu bewerten. Um diplomatischen Bewegungsraum zu bewahren, halte sich die Regierung offiziell jedoch mit der Benennung als „Putsch“ zurück.[183][184] Schon zuvor hatte es Philip J. Crowley, ehemaliger Sprecher des US-Außenministeriums US-Präsident Obama, als schweren Fehler des US-Präsidenten bezeichnet, den Begriff Putsch aus taktischen Gründen zu vermeiden: „Indem wir den Putsch in Ägypten nicht beim Namen genannt haben, haben wir die Glaubwürdigkeit der USA untergraben.“[172] Auch andere westliche Regierungen erschienen nach dem Urteil von Beobachtern durch ihr weitgehendes Schweigen zum Putsch in ihrem Beharren auf Demokratie als unglaubwürdig.[185]
Als Motive der US-Regierung, die Absetzung Mursis durch das Militär nicht als „Putsch“ zu bezeichnen, wird in den Medien eine Reihe zusammenhängender politischer, militärischer und wirtschaftlicher Beweggründe diskutiert:
- Sollte die US-Regierung gezwungen sein, die Entmachtung Mursis als Putsch zu bewerten, müsste sie nach einem US-Gesetz aus dem Jahr 1961 die jährlichen 1,3- oder1,5-Milliarden-US Dollar Entwicklungshilfe, von der der überwiegende Teil aus Militärhilfe besteht, beenden.[186][165][60][169][170][171][187][172][185] Die Fortsetzung der Zahlung wurde von der Sprecherin des US-Außenministeriums, Jen Psaki, mit dem großen US-amerikanischen Sicherheitsinteresse in der Region beantwortet.[172] Es wurde argumentiert, dass die Fortführung der Zahlungen im US-Interesse liege, so dass der Begriff durch semantische Kreativität umgangen worden sei.[165] Bernd Pickert warf der US-Regierung in der taz vor, dass nicht nur die Weigerung der US-Regierung, den Militärcoup als Putsch zu benennen, sondern auch die Qualifizierung der „Militärregierung“ als zivile Übergangsregierung einem „Orwellscher Neusprech“ gleichkomme.[177]
- Langfristig wird diese Militärhilfe als das einzige Instrument für die US-Regierung angesehen, um dem sinkenden Einfluss auf das Militär und auf Ägypten entgegenzuwirken.[60][169] Die Zurückhaltung der US-Regierung in der Kritik gegenüber Menschenrechtsverletzungen der ägyptischen Putschregierung wird als taktische Maßnahme gesehen, den Kontakt zur ägyptischen Führung aufrechtzuerhalten, um den Einfluss auf Ägypten als wichtigsten Verbündeten der USA in der Region und nach Israel zweitgrößten Empfänger bilateraler Wirtschaftshilfe seitens der USA zu wahren.[178] Die Hilfsgelder der USA stehen dem ägyptischen Militär dabei nicht zur freien Verfügung, sondern kommen weitgehend über Verträge mit US-Firmen über die Federal Reserve Bank of New York über ein Spezialkonto beim amerikanischen Finanzministerium direkt den Unternehmen der US-Rüstungsindustrie für Waffenlieferungen wie F-16-Kampfjets, Apache-Kampfhubschrauber, Abrams-Kampfpanzer oder Fregatten zugute,[177][169][170][172] die oftmals nicht dem strategischen Bedarfen und Wünschen des ägyptischen Militärs entsprachen.[172][177][188] Somit fließt das Geld der Finanzhilfen nicht nach Ägypten, sondern in die amerikanische Provinz und schafft oder erhält dort faktisch staatlich subventionierte Arbeitsplätze.[188] Der Einfluss, den diese Hilfe den USA gibt, wurde verschiedentlich als oft überschätzt bewertet.[177][169] Ihr Wegfall würde durch Golfstaaten wie Saudi Arabien und die Vereinigten Emirate leicht kompensiert,[60][169][178] zumal Nachbarländer Ägyptens in den ersten Tagen nach dem Militärputsch ein Vielfaches an Geldern zugesagt und bereitgestellt hätten.[177][169][181][189][178]
- Beobachter schätzten ein, das ägyptische Militär sei weniger auf die US-Militärhilfe angewiesen, mit der die ägyptische Regierung und insbesondere das ägyptische Militär seit 1979 für den Friedensvertrag mit Israel belohnt wurden,[170] als die USA auf das ägyptische Militär als Partner im Hinblick auf die Sicherheit des israelischen Staates angewiesen sei.[177][187] Die ägyptischen Militärmachthaber wurden in vielen westlichen Staaten sowie von Israel, Saudi Arabien und anderen Golfstaaten als Garant für die Bewahrung regionaler Stabilität[186][179][178] und einer Eindämmung des Islamismus gesehen.[186] Die Kritik an mangelnder Beachtung demokratischer Rechte wie der Demonstrationsfreiheit auch für die Islamisten wurden dem untergeordnet.[186]Dem Interesse des Königshauses in Saudi-Arabien würde ein demokratischer Musterstaat im arabischen Raum nach dem Urteil Gunter Mulacks angesichts der in Ägypten sehr gut organisierten und in vielen Ländern vertretenen Muslimbrüder entgegenstehen. Die Herrscherhäuser der reichen, aber wenig demokratischen Golfmonarchien wollten daher „um jeden Preis“ und mit der Zahlung von zwölf Milliarden Dollar in den den vorangegangenen Monaten an ägyptische Führung verhindern, dass eine solche Demokratie in Ägypten Begehrlichkeiten in ihren eigenen Bevölkerungen weckt und die Staaten in einen „arabischen Frühlingstaumel“ versetzen würde.[178] Israel und Lobbygruppen forderten US-Kongress und US-Regierung auf, die Unterstützung der Militärführung in Ägypten aufrechtzuerhalten.[190][181][191] Die ägyptische Armee gilt als Garant dafür, dass das ägyptisch-israelische Friedensabkommen weiterhin aufrechterhalten wird, so wie es auch unter der islamistischen Regierung der mit der radikalen Hamas verbündeten Muslimbrüder nicht aufgekündigt worden war.[190][186][169][171] Manche Beobachter sehen in der Sicherheitsfrage Israels durch die Entwicklung auf dem Sinai unter Mursi die Hauptursache für den Militärputsch in Ägypten gegen Mursi.[179][192] Die Aufmerksamkeit der internationalen Öffentlichkeit richtet sich wegen der Nähe zu Israel insbesondere auf den Sinai, wo die ägyptische Staatsgewalt angesichts bewaffneten Banden und Beduinenstämme, die eine Einmischung in ihre Angelegenheiten ablehnen, traditionell schwerer durchzusetzen ist. Besonders in dieser Region wurde eine Aktivität radikaler Islamisten zur Erzeugung internationaler Medienresonanz befürchtet.[193]
- Ägypten wird vom US-Verteidigungsministerium als verlässlicher Verbündeter angesehen, der die für den Nachschub im Afghanistankrieg und für Antiterroraktionen im Nahen Osten und Ostafrika bedeutenden Überflugrechte im ägyptischen Luftraum besonders großzügig und zügig für die US-amerikanische Luftwaffe gewährt und im Krisenfall US-amerikanische Kriegsschiffe im Sueskanal bevorzugt abgefertigt.[190] Aufgrund der Kontrolle über den Sueskanal wird Ägypten für die USA große strategische Bedeutung zugesprochen.[171]
- Zudem solle Ägypten als Verbündeter der USA und Garant der Stabilität auch dazu beitragen, den Zugriff auf die Ölvorkommen in der als politisch labil eingeschätzten Region des Nahen Ostens zu sichern.[169]
- Als weiteres mögliches Motiv wurde angeführt, dass die Regierungen der USA und europäischer Länder sich mit der ausgebliebenen Qualifizierung des Militärcoups als „Putsch“ ein politisches Druckmittel als Option gegenüber dem ägyptischen Militär offengehalten haben. In diese Richtung deutete Karim El-Gawhary für die taz die Erklärung des US-Außenministers Kerry vom 1. August: „Nach allem, was wir wissen, hat das Militär bisher noch nicht die Macht übernommen. Es gibt eine zivile Regierung.“[176]
Unabhängig von der Einordnung durch die US-Regierung gab Raniah Salloum im Spiegel an, der Begriff „Putsch“ würde nach Ansicht von Mursi-Gegnern deren „Triumph schmälern oder gar schmähen“. Mit dem „Kampf um das Wort und die Deutungshoheit“ würden sie zugleich die Frage nach der Legitimität ihres Sieges abwehren wollen.[165]
Nach Einschätzung von Günter Meyer, Leiter des Zentrums für Forschung zur Arabischen Welt an der Universität Mainz, sei der Umsturz gegen die Muslimbruderschaft zwar weder der US-amerikanischen noch der deutschen Regierung ungelegen gekommen, habe diese jedoch angesichts des Tatbestands eines Putsches in Konflikt mit dem Anspruch gebracht, für demokratische Werte einzutreten. Diese Konfliktsituation hat laut Christian Achrainer, Ägypten-Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), bereits seit der Zeit von Mubarak bestanden, während der die westlichen Regierungen vor allem auf Stabilität gesetzt hätten. Das Interesse der USA und der EU richte sich auf Energiesicherheit, den Kampf gegen den Terrorismus und den Fortbestand des Israelisch-ägyptischen Friedensvertrages. Demgegenüber sei die Forderung nach Demokratie und Menschenrechten in den Hintergrund getreten. Die Forderung, Mursi wieder ins Amt einzusetzen, sei von westlicher Seite kaum gestellt worden.[185]
Vom Umsturz bis zur Übergangsregierung
Einschränkung der Pressefreiheit und Propaganda gegen Muslimbrüder
Seit dem Sturz Mursis durch das Militär vom 3. Juli stellten sich die ägyptischen Massenmedien, die noch berichten durften, einhellig auf die Seite des Militärs und gegen die Muslimbrüder.[194][195] Pro-islamistische Fernsehsender wurden geschlossen, Journalisten festgenommen oder eingesperrt und ihre technische Ausrüstung beschlagnahmt.[195] Journalisten, die positiv von den Pro-Mursi-Demonstrationen berichten, gerieten so unter Druck.[194] Die Sichtweise der Muslimbrüder wurde nach dem Putsch von den ägyptischen Medien nahezu völlig ignoriert.[196] Ägyptische Zeitungen und Fernsehsendungen vermittelten den Eindruck, als unterstütze das ganze Land die Aktionen des Militärs. Die Berichterstattung erfolgte ungenau und unkritisch zum Nutzen des ägyptischen Militärs. Über Attacken wie die Tötung zahlreicher Anhänger der Muslimbrüder vor dem Hauptquartier der Republikanischen Garde, erfolgten kaum Berichte. Auch ausländische Medien wurden nun unterdrückt und in ihrer Berichterstattung behindert, wie beispielsweise Dirk Emmerich als Journalist für den deutschen Nachrichtensender n-tv, der mit seinem Team festgenommen wurde, als er von den Attacken auf Muslimbrüder vor dem Hauptquartier der Republikanischen Garden berichten wollte. Zudem mobilisierten Anti-Mursi-Demonstranten gegen ausländische Medien wie CNN, BBC und Al-Jazeera, demonstrierten unter anderem mit Flugblättern vor den Gebäuden der TV-Sender und feindeten ausländische Journalisten an.[195] Die Armee etablierte sich wieder fest als permanente überpolitische Kontrollinstanz.[197]
Sisi, bereits unter Mursi Verteidigungsminister, Kommandeur der ägyptischen Streitkräfte und seit Mitte Juli[198] zusätzlich stellvertretender Ministerpräsident der vom Militär eingesetzten, sogenannten Übergangsregierung, galt nach dem Militärputsch gegen den ersten gewählten Präsidenten Ägyptens als die mächtigste Figur des Landes.[199] Er verfügte bereits vor dem Militärputsch über Kontakte zu Vertretern des tiefen Staates,[199][178] der aus ehemaligen Mubarak-Anhängern bestand, die sich weiterhin in Judikative und Exekutive (Polizei und Administrative gehalten hatten, seit der Revolution viel Macht und Geld verloren hatten und eine Restauration alte Verhältnisse anstrebten und einen neuen Regierungschef anstrebten.[178] Neben diesen von der ägyptischen Revolution unberührt gebliebenen Strukturen aus dem Mubarak-System in Justiz, Polizei, Verwaltung und Geschäftswelt bildete zudem das Militär in Ägypten ebenfalls eine Art „Staat im Staate“.[199] Im Hintergrund des Militärs fand nach Einschätzung von Beobachtern eine Rückkehr der alten Eliten statt, die über die Wiederherstellung der alten wirtschaftlichen Verhältnisse eine Konterrevolution anstrebten.[178][200] Als Sisi am 3. Juli Präsident Mursi absetzte, festnehmen ließ und wenige Stunden später in Begleitung von den zivilen Mitträgern des Militärcoups mit einer Proklamation im Fernsehen auftrat, war der Verteidigungsminister lediglich der Elite des Landes bekannt, nicht jedoch einer breiteren Öffentlichkeit.[199]
Dies änderte sich Ende Juli, nachdem das Fernsehen am 23. Juli seine Ansprache bei einer Militärparade anlässlich einer Graduierung in der Militärakademie übertrug, in der Sisi verkündete: „Ich fordere alle ehrenwerten Ägypter auf, am Freitag auf die Straße zu gehen, um mich zu ermächtigen, gegen Terrorismus und Gewalt vorzugehen“.[199][201] Unterstützt von den staatlichen und privaten Medien setzte in Ägypten eine nahezu uneingeschränkter Volksverehrung um Sisi ein.[199]
Nach Ansicht der Ägypten-Expertin Sarah Hartmann waren zu dieser Zeit „alle Massenmedien – sowohl die privaten als auch die staatlichen – […] eindeutig parteiisch“. Nach Angaben der Politologen Hamadi El-Aouni bezeichneten sich viele der privaten Medien oder Sender selbst als religiös motiviert und wurden „von Milliardären aus der Golfregion“ finanziert, insbesondere aus Saudi-Arabien, „damit sie eine bestimmte Denkweise des Islams weltweit und insbesondere in der arabischen Region propagieren“.[194] Islamistische Medien versuchten nun, ihre Inhalte über Twitter und andere soziale Netzwerke zu verbreiten und die internationale Presse zu nutzen. Im Guardian und in der Washington Post veröffentlichten Muslimbrüder Artikel, mit denen sie aufzeigen wollten, dass es sich bei den Vorgängen in Ägypten um einen Putsch handelte.[195] Ein Gegengewicht zu den ägyptischen Medien bildeten arabischsprachige Auslandsprogramme, darunter al-Arabiya, Al Jazeera, die Deutsche Welle und BBC Arabic. Der in Ägypten am weitesten verbreitete und international als seriöser Sender etablierte Nachrichtenkanal Al Jazeera aus Katar wurde beschuldigt, als „Propaganda-Kanal“ für die Muslimbruderschaft gegen die „Opposition in Ägypten“ zu fungieren, so El-Aouni, weshalb einige Journalisten den Sender verlassen haben sollen. Die Polarisierung in der Informationsbeschaffung und Meinungsbildung wurde nach Ansicht El-Aounis auch durch die hohe Analphabetismusrate und die geringe Versorgung mit Fernsehern und Internetzugängen in der ägyptischen Bevölkerung gefördert: „Etwa 40 Prozent der Ägypter verfolgen ausschließlich die staatlichen Medien oder sie glauben das, was die Muslimbrüder über sich als Propaganda oder Information herausgeben“.[194][202]
Obwohl in den ersten beiden Augustwochen westliche Diplomaten verhinderten, dass Sisi die Protestcamps der Muslimbrüder mit Waffengewalt räumte, forderten Zusammenstöße seit dem Militärputsch bis zum 14. August 200 – überwiegend islamistische – Tote. Während die Medien die islamistischen Demonstranten als „Terroristen“ und „Kinderschänder“ dämonisierten, wurden erste Rufe laut, Sisi möge für das Präsidentenamt kandidieren.[199] Das Militär, die Sicherheitskräfte und die ägyptischen Medien hatten die ägyptische Bevölkerung bereits Anfang August psychologisch auf einen Schlag gegen die Muslimbrüder und eine Beendigung der Proteste vorbereitet.[176] Der Journalist Michael Thumann kam zu dem Urteil, die nicht-islamistische Opposition in Ägypten sei „ihrem neuen Herrscher, General Abdel Fatah al-Sissi“ bis zum Blutbad des 14. August „blind“ gefolgt, auch der Friedensnobelpreisträger Mohammed el-Baradei habe sich den Putschtruppen angeschlossen. Erst nach den „Panzereinsätzen gegen Unbewaffnete“, „Sniper-Schüssen gegen Protestierende“ und der faktischen Aufhebung der Bürgerrechte würden Liberale und Säkulare die Auslösung der Gewalt beklagen und dem Widerstand der Muslimbrüder zuschreiben.[200] Staatliche Medien blendeten dennoch weiterhin Millionen Mursi-Unterstützer aus und berichten nicht darüber, wie viele Islamisten tatsächlich bei der Räumung ihrer Protestlager getötet worden sind.[194]
Massenfestnahmen von Pro-Mursi-Demonstranten und Verhaftungen in der Führung der Muslimbrüder
Nach dem Sturz von Präsident Mohammed Mursi setzen die ägyptischen Sicherheitsbehörden die Islamisten massiv unter Druck. Die große Anzahl an Verhaftungen, die Intransparenz der Behörden und die Geschwindigkeit der Ereignisse trugen dazu bei, dass ägyptische Menschenrechtsorganisationen Schwierigkeiten hatten, die Verhaftungen und sonstige repressive Maßnahmen zu dokumentieren. Beobachter vermutetetn, dass Vertreter des Innenministeriums versuchten, eigene Vergehen den Muslimbrüdern anzulasten. Gamal Eid, Direktor von Arabic Network for Human Rights Information (ANHRI), kritisierte, dass das Innenministerium selbst Fehler aus der Zeit unter Mubarak abstritt und stattdessen jegliches Verschulden den Muslimbrüdern zurechnete.[203]
Am 4. Juli wurden im Laufe des Tages mindestens 43 Mitglieder der Muslimbrüder inhaftiert.[204] Laut Presseberichten sollte sich darunter auch Muhammad Badi'e, der Vorsitzende der Muslimbruderschaft, befunden haben,[204] der jedoch am 5. Juli bei den Protesten an der Rabia-al-Adawija-Moschee im Stadtteil Nasr-City frei in Erscheinung trat[142][107] und der nach Erlassen eines Haftbefehls vom 10. Juli erst in der Nacht auf den 20. August verhaftet wurde.[205] Der ehemalige stellvertretende Vorsitzende der Muslimbruderschaft, Chairat al-Schater, wurde zudem zur Fahndung freigegeben, da beiden die Anstiftung zur Tötung von Demonstranten vorgeworfen wird. Auch Saad al-Katatni, Vorsitzender der Freiheits- und Gerechtigkeitspartei, und Rashad Bajumi, stellvertretender Vorsitzende der Muslimbruderschaft, wurden inhaftiert. Laut Angaben des ägyptischen Innenministeriums werde die Inhaftierung von 300 weiteren Mitgliedern der Muslimbruderschaft vorbereitet.[204][106] Noch vor Mitte Juli waren bereits mindestens sechs hochrangige Vertreter der Muslimbrüder und zwei bekannte Salafisten festgenommen worden und weitere zehn Haftbefehle gegen Führungspersonal der Muslimbruderschaft bekannt geworden. Zusätzlich hielt das Militär laut Human Rights Watch mindestens zehn Mitglieder des Stabs des ehemaligen Präsidenten Mursi ohne Kontakt zur Außenwelt fest.[203]
Laut Karim Abdelrady, Rechtsanwalt und Wissenschaftler des ANHRI, kam es zum einen zu Festnahmen von Führungsmitgliedern und zum anderen zu willkürlichen Massenverhaftungen von Unterstützern der Islamisten. Während der Zusammenstöße vor dem Gebäude der Republikanischen Garde am 8. Juli seien mindestens 650 Menschen verhaftet worden. Die Behörden hätten die Richtigkeit der Zahl auf Anfrage bestätigt, obwohl die ursprünglich offiziell bekanntgegebenen Zahlen erheblich niedriger gewesen seien. Bei den Festgenommenen habe es sich nicht um Mitglieder der Führung der Muslimbruderschaft gehandelt, sondern um Personen, die nach dem Zufallsprinzip an vielen Orten in der Nähe des Gebäudes verhaftet wurden. Es sei davon auszugehen, dass viele von ihnen unschuldig seien und lediglich friedlich demonstriert hätten.[203]
Vereidigung des Übergangspräsidenten (4. Juli)
Adli Mansur wurde am 4. Juli als neuer Übergangspräsident Ägyptens vereidigt.[204]
Diese Position sollte er bis zu den noch nicht konkretisierten Neuwahlen beibehalten. Während die Situation in Kairo weitestgehend friedlich blieb, kam es in anderen Teilen des Landes zu Zusammenstößen zwischen Anhängern und Gegnern Mursis. So sollen in Marsa Matruh mindestens sechs Menschen ums Leben gekommen und etwa 10 Menschen verletzt worden sein. In Kafr asch-Schaich soll es im Rahmen von Auseinandersetzungen der beiden Lager zu 120 Verletzten gekommen sein. Aus Alexandria und der südägyptischen Stadt Minya seien je drei Menschen getötet worden.[204]
Verschärfung der Auseinandersetzungen (5. Juli)

Am 5. Juli, ein Freitag, wurden insgesamt mindestens 43 Menschen in Ägypten getötet und Hunderte verletzt, in den meisten Fällen bei Zusammenstößen zwischen Unterstützern und Gegnern des gestürzten Präsidenten Mursi. Die Anzahl der Toten seit dem 30. Juni verdoppelte sich damit fast auf 90. Nach offiziellen Angaben wurden 15 Menschen in Kairo getötet, darunter auch bei Scharmützeln in der Nähe des Staatssenders im Stadtteil des Tahrirplatzes.[104] 17 Menschen wurden in Alexandria bei Zusammenstöén zwischen Befürwortern und Gegnern Mursis getötet, rund 460 wurden dort bei Straßenschlachten verletzt.[107] Vier Menschen starben nach offiziellen Angaben in Ismailia und einer in Sues. Eine Person wurde in der Stadt Asyut bei Zusammenstößen zwischen Unterstützern Mursis und der Polizei getötet.[104][206][207]
Ablauf der Protestaktionen
Hunderttausende Menschen demonstrierten im ganzen Land.[142] Der gestürzten Regierung loyal gegenüberstehende Demonstranten protestierten in Kairo und anderen Provinzen gegen den Sturz Mursis und forderten seine Wiedereinsetzung als Präsident.[104] Die Muslimbrüder und weitere islamistische Organisationen hatten zuvor für den 5. Juli landesweit zu friedlichen Demonstrationen gegen die Entmachtung Mursis durch das Militär aufgerufen, um mit dieser „Freitag der Ablehnung“ genannten Aktion auszudrücken, dass sie nicht bereit sind den Militärputsch nicht hinzunehmen. Das Militär hatte Interventionen für den Fall angekündigt, dass die Demonstrationen außer Kontrolle gerieten.[143][208] Nach dem Mittagsgebet folgten Hunderttausende Islamisten in zahlreichen Städten dem Aufruf, so in Kairo oder in Alexandria, Luxor und Damanhur.[143][142][208] Die Kundgebungen verliefen zunächst friedlich ohne Zwischenfälle. Der größte Aufmarsch fand vor der Rabia-al-Adawija-Moschee in Nasr-City statt.[143][208]
Vor dem Hauptquartier der Republikanischen Garden in Kairo feuerten dann jedoch Elitesoldaten auf die Anhänger des gestürzten Präsidenten,[142] wobei vier Mursi-Anhänger nach offiziellen Angaben getötet wurden, als Demonstranten versuchten, Porträts des gestürzten Präsidenten Mursi dort aufzuhängen.[107] Ein Sprecher des Militärs hatte die Darstellungen dementiert und behauptet, die Armee habe lediglich Platzpatronen und Tränengas gegen die Demonstranten eingesetzt. Der BBC-Reporter Jeremy Bowen gab dagegen an, das Militär habe in Kairo gegenüber den bis dahin diszipliniert auftretenden Muslimbrüdern das Feuer eröffnet, als die Menge vorwärts drängte.[208]
Zuvor war auf dem Gelände rund um die Rabia-al-Adawija-Moschee im Stadtteil Nasr-City, wo die Islamisten weiterhin zu tausenden campierten, der inhaftiert geglaubte Vorsitzende der Muslimbruderschaft, Mohammed Badie, aufgetreten, um seine Anhänger zu einer Fortsetzung der Demonstrationen aufzurufen.[142][107] Am Abend wurde mitgeteilt, dass zwei führende Muslimbrüder, die der vorher erfolgten Verhaftungswelle gegen führende Personen der FJP und Muslimbruderschaft festgenommen worden waren, wieder frei seien. Ein Ausreiseverbot gegen mehr als 300 Muslimbrüder solle auf die Befreiung Mursis und anderer Kader der Organisation aus dem Gefängnis Wadi Natrun 2011 zurückzuführen sein, wegen dessen die ägyptische Justiz wegen Landesverrats gegen Mursi ermittle.[107]
Auf den Tahrirplatz hatte die Führung der „Nationalen Rettungsfront“, dem Dachverband der Opposition, unter dem Motto „Rettet die Revolution vom 30. Juni“ zehntausende Anhänger versammelt.[142] Die Gegner Mursis, die den Militäreinsatz begrüßten, riefen mit der Begründung zu Demonstrationen auf, die Islamisten würden eine „Konterrevolution“ anstreben.[208] Am Tahrir-Platz stießen Putschgegner und -befürworter zusammen, wobei laut dem Staatsfernsehen zwei Demonstranten getötet und 70 verletzt worden seien.[107]
Anschläge auf dem Sinai
Mindestens fünf Sicherheitskräfte wurden bei unabhängigen Angriffen von nicht identifizierten Bewaffneten im Nordsinai getötet.[104] Nach den Angriffen auf den Flughafen al-Arisch und Kontrollposten von Polizei und Militär wurde in den Gouvernements Sues und Süd-Sinai der Notstand ausgerufen.[142]
Gründung der Islamistengruppe Ansar al-Scharia
Am 5. Juli gab zudem eine neue Islamistengruppe ihre Gründung bekannt; diese nennt sich Ansar al-Scharia. Diese Gruppe deutet laut Eigenaussagen die Ereignisse in Ägypten als eine Kriegserklärung an den Islam in seiner Gesamtheit, also sowohl als Religion wie auch als Gesellschaftssystem, und wirft ihren Gegnern, zu denen sie säkulare Gruppen, Anhänger des früheren Präsidenten Hosni Mubarak, koptische Christen, die Sicherheitskräfte und das Militär zählt, vor, Ägypten in „einen Kreuzritter und ein weltliches Monster“ verwandeln zu wollen. Entsprechend ihrer Selbstbezeichnung setzt sich diese Gruppe für die Einführung der Scharia als allein geltendes Recht in Ägypten ein. Dabei betrachtet sie den Einsatz von Gewalt als ein legitimes Mittel zum Erreichen ihrer Ziele. Inwiefern sie mit den Muslimbrüdern in Verbindung steht, bleibt unklar.[209][210][211]
Auflösung des Parlaments
Der am 4. Juli als Interimspräsident vereidigte Adli Mansur löste am 5. Juli in seinem ersten Dekret das bisherige Übergangsparlament, den Shura-Rat auf, in dem Muslimbrüder und Salafisten eine Zweidrittel-Mehrheit besaßen.[142][107] Zudem ernannte Mansur einen neuen Geheimdienstchef.[107]
Versuche einer Regierungsbildung
Am 6. Juli wurde der Friedensnobelpreisträger Mohammed el-Baradei zum Regierungschef der Übergangsregierung ernannt. Am Abend sollte er vereidigt werden. Dies wurde aber im letzten Augenblick durch großen Widerstand der Partei des Lichts verhindert, so dass Mansur die Nominierung von el-Baradei zurückgezogen hat.[212][213]
Daraufhin wurde der Jurist und Mitgründer der Ägyptischen Sozialdemokratischen Partei, Siad Bahaa El-Din, zum Amt des Ministerpräsidenten vorgeschlagen.[214] Am gleichen Tag töteten Islamisten einen koptisch-orthodoxen Priester aus Arisch.[215]
Übergangspräsident Mansur legte einen Zeitplan vor, der zunächst die Überarbeitung der Verfassung und anschließend Parlamentswahlen innerhalb von sechs Monaten vorsieht.[216] Nach dem Zusammentreten des Parlaments sollen dann Präsidentschaftswahlen abgehalten werden.[217][218]
Anti-Mursi-Protest in Kairo (7. Juli)
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Auf dem Tahrir-Platz feiern Tausende den Putsch als „Zweite Revolution“
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Einen Tag vor der Massentötung: „Nein zum Terrorismus“
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Dank an die USA: „Die Geschichte wird Obama nie vergessen“
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Ägyptische Flagge neben Portrait von Militärchef Sisi
Einen Tag vor der Massentötung auf dem Gelände der Republikanischen Garde fand eine Anti-Mursi-Demonstration Tausender Menschen auf dem Tahrir-Platz statt. Die Voice of America-Reporterin Sharon Behn interviewte mehrere der Demonstranten auf der ihrem Bericht nach „größten Versammlung der Woche“, die betonten, dass es sich beim Sturz Mursis nicht um einen Putsch, sondern um eine „Zweite Revolution“ handle.[219][220]
Am gleichen Tag forderten Pro-Mursi-Demonstranten in Kairo die Wiedereinsetzung Mursis als Staatspräsident. Nezar AlSayyad, Vorsitzender des Center for Middle Eastern Studies, sagte gegenüber Voice of America, die Armee müsse die Pro-Mursi-Demonstranten unter Kontrolle halten, um die „Stabilität im Land“ aufrechtzuerhalten. Wenn die Pro-Mursi-Proteste weitergingen oder wenn die Armee sie auf zu blutige Weise unter Kontrolle bringen werde, so drohe Ägypten „ein weiteres Algerien“ zu werden. Der „Ruf nach einer Rückkehr des früheren Präsidenten und die Anstiftung zur Gewalt" sei „gefährlich für Ägypten“: „Im Moment rufen sie nach einer Rückkehr Mursis. Im Moment sind viele von ihnen bewaffnet. Es gibt weiterhin eine Menge von Aufwiegelung, besonders unter den Pro-Mursi-Protestierern, in einer sehr ungesunden Weise.“ Er warf den Pro-Mursi-Demonstranten eine selbstaufopfernde „Dschihadisten-Mentalität“ vor, die „tödlich für das Land“ sei. Während die Afrikanische Union Ägypten am 5. Juli aufgrund des Putsches ausgeschlossen hatte und republikanische US-Senator John McCain die Einstellung der US-Militärhilfe aufgrund des Putsches forderte, wiedes AlSayyad die Einordnung als Putsch zurück, da das Militär nicht direkt die Regierung übernommen habe. AlSayyad hatte noch vor dem Putsch vorausgesagt, dass die Armee Mursi absetzen und den Chef des Verfassungsgerichts als Interimspräsident einsetzen werde.[221]
Massentötung von Mursi-Anhängern auf dem Gelände der Republikanischen Garde (8. Juli)

8. Juli: Protestcamp auf dem Gelände der Republikanischen Garde
27. Juli: Protestcamp vor der Rabia-al-Adawija-Moschee
14. August: Protestcamps vor der Rabia-al-Adawija-Moschee und am Al-Nahda-Platz
16. August: Ramses-Platz und 15.-Mai-Brücke
Am 8. Juli erschossen ägyptische Sicherheitskräfte 53 Mursi-Anhänger, die laut offizieller Darstellung das Gebäude der Republikanischen Garde in Kairo stürmen wollten, in dem Mursi festgehalten werden sollte.[186] 435 weitere wurden nach offiziellen Angaben verletzt.[77][222] Die Sicherheitskräfte hatten den Tod von zwei Polizisten und eines Soldaten zu beklagen, sowie 42 Verletzte.[223]
Seit dem 5. Juli hatten sich vor dem Hauptquartier der Republikanischen Garde Protestteilnehmer versammelt und in Zelten kampiert,[223] um für die Freilassung Mursis zu demonstrieren, da Gerüchte besagten, dass der vom Militär gestürzte Präsident dort festgehalten werde.[224] Schon am ersten Tag der Besetzung des Geländes durch die Demonstranten waren drei Demonstranten von Staatsbeamten erschossen worden.[223]
Nach Aussagen der Muslimbrüder soll das Militär am Morgen des 8. Juli während der Verrichtung des Morgengebetes das Feuer eröffnet und mit gezielten Kopfschüssen zwischen 33 und 35 der betenden Demonstranten erschossen haben, wobei laut Angaben eines Krankenhauses in Nasr City auch fünf Kinder ums Leben gekommen seien.[224][225] The Guardian bezeugte selbst den Tod von zwei erschossenen Frauen, gab jedoch an, dass Kinder zwar angeschossen und verletzt, aber nicht ums Leben gekommen seien.[223]
Das Militär hingegen bezeichnete den Vorfall als einen Angriff „terroristischer Kräfte“. Laut Armeeangaben seien 200 Angreifer festgenommen worden, bei denen Schusswaffen aufgefunden worden seien. Ägyptische Medien sprachen im Zusammenhang mit dem Ereignis von 51 Toten.[224]
Eine auf Interviews mit Augenzeugen, Anwohnern und Medizinern sowie auf Videoanalysen fußende Recherche von Patrick Kingsley, die am 18. Juli im Guardian veröffentlicht wurde, kam zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem Ereignis entgegen der offiziellen Darstellung um einen koordinierten Überfall der Sicherheitskräfte auf größtenteils friedliche Zivilisten handelte.[223] Kingsley nannte die Tötung von mindestens 51 Menschen durch ägyptische Sicherheitskräfte am 8. Juli, bei der auch mindestens 435 Menschen verletzt wurden, das bis dahin „blutigste staatlich geführte Massaker seit dem Sturz von Husni Mubarak“[223] und „einen der blutigsten Vorfälle in der jüngeren Geschichte Ägyptens“.[226]
Yehia Moussa, offizieller Sprecher des ägyptischen Gesundheitsministeriums, war selbst in dem Protestlager anwesend und wurde nach eigenen Angaben mehrfach durch scharfe Schüsse getroffen und verletzt. Als er, wie dies häufiger nach ernsten Vorfällen geschah, vom staatlichen Fernsehen für ein Live-Interview angerufen wurde, erklärte er in der Sendung, dass er als Augenzeuge zusammen mit Sanitätern beobachtet habe, dass es sich um ein von Militärpolizei und Polizei begangenes Massaker an friedlichen Zivilisten gehandelt habe, die keine Waffen gehabt hätten, um sich zu verteidigen. Nach dieser Aussage sei jedoch die Telefonverbindung vom TV-Kanal gekappt worden und Moussa verlor noch am selben Tag wegen Verbreitung von Fehlinformationen seinen Posten als Sprecher des Gesundheitsministeriums.[227][228] Videomaterial des Journalisten Ahmed Assem, der für ein Nachrichtenblatt der Muslimvruderschaft arbeitete, soll angeblich zeigen, wie dieser selbst von Snipern des Militärs erschossen wurde.[223][229]
Vizeinterimspräsident el-Baradei verurteilte die „Gewalt“ auf Twitter und sagte, der einzige Weg sei ein friedlicher Übergang („peaceful transition“).[2]
Die ultrakonservative Partei des Lichts der radikal-islamistischen Salafisten, die bis dahin auf Seiten der Anti-Mursi-Allianz stand, erklärte daraufhin ihren Rückzug aus den Verhandlungen über eine Übergangsregierung[230] und begründete die Entscheidung als Reaktion auf das „Massaker“.[77][2]
Bildung der Übergangsregierung

Am 9. Juli wurde der frühere Finanzminister und Wirtschaftsexperte Hasim al-Beblawi zum Ministerpräsidenten der zu bildenden Übergangsregierung ernannt. Mohammed el-Baradei wurde der Posten des Vizeministerpräsidenten und Außenministers zugedacht.[231][232] Die weitere Regierungsbildung gestaltete sich in den darauffolgenden Tagen jedoch schwierig. Am 11. Juli erklärte Belabwi, bezüglich einiger Kabinettsposten müssten noch Gespräche geführt werden, er rechne jedoch mit dem Abschluss der Regierungsbildung bis zum 15. Juli.[233] Er zeigte sich zudem bereit zu einer Beteiligung der Muslimbruderschaft an der Regierung, was diese jedoch umgehend ablehnte, da die Übergangsregierung illegitim sei und Mursi wieder ins Amt eingesetzt werden müsse.[233]
Nachdem schließlich Kandidaten für alle Kabinettsposten gefunden waren, wurde die neue Regierung am 16. Juli von Übergangspräsident Mansur vereidigt.[234] Die 33 Mitglieder des Kabinetts gehören überwiegend dem liberalen politischen Lager an oder sind nicht parteigebundene Fachleute. Unter den Kabinettsmitgliedern sind drei koptische Christen und drei Frauen.[235] Keine der beiden islamistischen Parteien, welche die Vorgängerregierung unter Präsident Mursi gestützt hatten, ist an der neuen Regierung beteiligt. Während die Muslimbruderschaft eine Teilnahme an den Gesprächen zur Regierungsbildung von Anfang an ablehnte und nach der Vereidigung des Kabinetts erneut betonte, sie erkenne die neue Regierung nicht an, waren die Salafisten zunächst zu Gesprächen bezüglich einer Regierungsbeteiligung bereit gewesen, hatten sich dann aber aus den Gesprächen zurückgezogen.[234]
Zusammensetzung der Interimsregierung:
Adli Mansur[198]
Interims-Präsident
Vakant
Interims-Vizepräsident
bis 14. August 2013[236]:
Mohammed el-Baradei[237]
Hasim al-Beblawi[198]
Interims-Ministerpräsident
Abd al-Fattah as-Sisi[198]
Stellvertretender
Interims-Ministerpräsident
Ziad Bahaa El Din[198]
Stellvertretender
Interims-Ministerpräsident
32 Minister
Blau: zivil; Gelb: Militär; Grün: zivil und Militär
Übergangsregierung
Die Übergangsregierung nahm am 17. Juli ihre Arbeit auf. Die Lage blieb allerdings weiter unbefriedet. Täglich kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern und Gegnern des gestürzten Präsidenten Mursi, Schusswechseln mit den Sicherheitskräften und zahlreichen Toten.[238] Ein von Übergangspräsident Mansur am 23. Juli vorgeschlagenes Versöhnungstreffen lehnten sowohl die Muslimbrüder als auch verbündete islamistische Gruppen ab.[238]
Ab dem 14. August erfasste die größte Gewaltwelle der jüngeren ägyptischen Geschichte das Land. Bei der gewaltsamen Räumung zweier Protestcamps der Islamisten durch Militär und Polizei und den darauffolgenden Ausschreitungen sollen laut Bassem El-Smargy vom Cairo Institute for Human Rights Studies (CIHRS) nach offiziellen Todeszahlen und eigenen Berechnungen innerhalb weniger als einer Woche zwischen 1000 und 1500 Menschen getötet worden sein. Bei den allermeisten Opfern handele es sich dabei um von Polizei und Militär getötete Islamisten,[239] überwiegend aus der Muslimbruderschaft.[240] Ende August bezeichnete die Süddeutsche Zeitung die Ereignisse nach dem Sturz des Präsidenten Mursi als „die schlimmsten Unruhen in der 60-jährigen Geschichte der ägyptischen Republik“.[241]
Propaganda gegen Muslimbrüder und Repressalien gegen Medien
Die Einschränkung der Pressefreiheit und Propaganda gegen Muslimbrüder setzte sich nach dem 14. August fort. Nach der von „Hasstiraden auf die Islamisten“ (Tagesspiegel) geprägten Berichterstattung in Zeitungskommentaren und im Staatsfernsehen in den vorangegangenen Wochen verschaffte auch das Blutbad vom 14. August den Mursi-Anhängern kaum Sympathien in der übrigen Bevölkerung.[242] Besonders nach dem Blutbad vom 14. August löste sich die Berichterstattung der ägyptischen Medien und Politik von der internationalen völlig ab.[160] Die militärgestützte Führung Ägyptens und die sie stützende Öffentlichkeit stellten den Konflikt übersteigert als – so der Nahost-Korrespondent Martin Gehlen aus Kairo – „apokalyptischen Kampf“ der „heldenhaften Sicherheitskräfte“ gegen ein „terroristisches islamistisches Lager“ dar.[160][243] Während Millionen von Muslimbrüder laut Gehlen pauschal als Terroristen diffamiert wurden, wurde das Blutbad von Polizei und Armee vom 14. August, „das in der Geschichte der zivilen Welt zu den schrecklichsten Gewaltexzessen einer politischen Führung gegen das eigene Volk gehört“ (Gehlen) in chauvinistischer und polarisierender Stimmung ausgeblendet und wurden stattdessen „monströse Vernichtungsphantasien gegenüber den Muslimbrüdern“ (Gehlen) rhetorisch entwickelt.[160][197]
Sämtliche ägyptische TV-Kanäle blendeten in ihren Sendungen nach dem Blutbad vom 14. August „Ägypten kämpft gegen den Terror“ als Dauerlogo ein. Während im Sender CBC Moderatoren in Militäruniform auftraten, waren bereits seit der Machtübernahme des Militärs durch den Putsch sämtliche Fernsehkanäle verboten worden, über die Islamisten ihre Perspektive hätten darstellen können. Schließlich drohte die neue Führung auch dem in Katar ansässigen TV-Sender Al Jazeera, dem einzigen TV-Sender, in dem noch Demonstrationen der Muslimbrüder gezeigt werden oder ihre Sprecher zu Wort kommen konnten, mit dem Entzug der Lizenz, da dieser zur Gewalt aufstachele und die innere Sicherheit Ägyptens gefährde.[160][197] Angesichts der gleichgeschaltet agierenden und die von der Führung vorgegebenen Angaben weitergebenden ägyptischen Medien blieben den Muslimbrüdern für die Darstellung ihrer Version der Ereignisse lediglich ausländische Medien.[244] In dieser Situation – und nach Einschätzung des ehemaligen Diplomaten Gunter Mulacks unter Einfluss der Strukturen des tiefen Staates[178] – erklärten sich einige Tage nach dem Blutbad vom 14. August laut einer Umfrage eines unabhängigen Instituts 67 Prozent der Ägypter mit dem harten Kurs der Putschregierung gegenüber den als Terroristen behandelten Muslimbrüdern einverstanden,[245] während die Muslimbrüder von rund einem Drittel der gesamten Bevölkerung Ägyptens unterstützt wurden.[178]
Mustafa Hegasi, der Berater des Übergangspräsidenten, erklärte am Wochenende nach dem Blutbad vom 14. August, man empfinde „tiefe Bitterkeit“ über die bisherige Berichterstattung westlicher Medien, die unausgewogen zugunsten der Muslimbruderschaft berichten und deren Gewalt und Terrorakte ignorieren würden. Den akkreditierten Auslandskorrespondenten erklärte das Informationsministerium, der Militärputsch sei ein „Ausdruck des Volkswillens“ und der Einsatz von staatlicher Gewalt ein „legitimer Kampf gegen den Terrorismus“.[243][239] Michael Thumann urteilte dagegen am 15. August in der Zeit, „erstaunlich“ viele westliche Politiker und Beobachter hätten die von der gewaltsamen Beseitigung der demokratisch gewählten Regierung durch die Putschisten ausgelöste Gewalt übersehen.[200] Auch von Seiten der Muslimbrüder wurde der US-Regierung vorgeworfen, den Militärputsch gegen Präsident Mursi begrüßt und unterstützt zu haben. Laut dem Politikwissenschaftler Gamal Soltan von der American University in Kairo bildete sich sowohl bei den Putschbefürwortern wie bei den Putschgegnern eine antiwestliche Stimmung in den Medien und bei Demonstrationen aus sowie die Meinung, „vom Westen betrogen worden zu sein“: „Auf der einen Seite fühlt sich die Regierung vom Westen nicht hinreichend in dem unterstützt, was sie als Kampf gegen den Terrorismus bezeichnet. Und auf der anderen Seite fühlen sich die Muslimbrüder vom Westen in ihrem Kampf um das verlassen, was sie als Prinzipien der Demokratie und der Menschenrechte betrachten.“[246] Anfang Oktober wandte sich die staatliche ägyptische Medienbehörde Staatsinformationsdienst (SIS) bereits zum zweiten Mal in weniger als zwei Monaten in ihrer Funktion der Pressekontrolle direkt an die in Ägypten akkreditierten Auslandskorrespondenten, um deren Berichterstattung zu kritisieren und bestritt „Berichte über Beschränkungen der Medienfreiheit in Ägypten“. Die SIS drückte „tiefe Enttäuschung“ über einen Report der Organisation Reporter ohne Grenzen aus, der den neuen Herrschern um Armeechef Sisi Zensur, „deutliche Feindschaft gegenüber Medien, die sich dem Lob der Armee verweigern“ und die Verhaftung kritischer Journalisten vorwirft.[247]
Al Jazeera veröffentlichte am 3. Oktober ein angeblich aus den Monaten vor dem Putsch gegen Mursi stammendes Video, das Armeechef Sisi vor Offizieren zeigt, die ihn zu einem härteren Vorgehen gegen Presse und Rundfunk drängen. Sisi fragt im Video daraufhin, wie er die Medien denn „terrorisieren“ solle und fügt hinzu, dass es lange dauere, „bis man in der Lage ist, die Medien zu beeinflussen und zu kontrollieren“. Man habe noch nicht erreicht, was man beabsichtige, doch arbeite man daran.[247][248]
Nach Einschätzung von Michael Thumann stand Ägypten sieben Wochen nach dem Militärputsch gegen Mursi nach rechtlichen Gesichtspunkten wieder auf dem Stand der Mubarak-Zeit.[200] ARD-Korrespondent Jörg Armbruster äußerte die Befürchtung, Ägypten entwickle sich zu einem neuerlichen Militärstaat mit einer lediglich vorgeschobenen zivilen Regierung. Der tatsächliche Machthaber sei Militärchef Sisi, die Demokratisierung dagegen „sehr stark ausgebremst“.[249] Laut dem Politologen, Menschenrechtler und Vorsitzenden der Oppositionspartei Freiheitliches Ägypten, Amr Hamzawy, kam es zu einem Aufstieg des Sicherheitsapparats, der mit den gleichen Mittel wie unter Mubarak vor der Revolution 2011 Oppositionspolitiker unter Druck setzte, Anführer der Muslimbruderschaft verhaftete sowie Freiheiten und Menschenrechte einschränkte. Das Eingreifen des Militärs in die Politik nach dem Putsch gehe zunehmend in Richtung der Etablierung eines Sicherheitsstaats.[250] Das Militär hatte durch die Verhängung des Ausnahmezustands vom 14. August wie zu Zeiten Mubaraks, zu denen 800 Demonstranten zu Tode gekommen waren,[251] für die Ausschaltung der politischen Gegner alle Vollmachten in der Hand und verdammte jeglichen Widerstand gegen ihr Regime als Terror, den es hart zu bekämpfen gelte.[252] Seit dem Putsch vom 3. Juli bis zu Anfang September wurden nach Angaben der Organisation Reporter ohne Grenzen 80 Journalisten willkürlich verhaftet und fünf (8. Juli: Al-Horreya wa al-Adala-Fotograf Ahmed Samir Assem El-Sanoussi, 14. August: Rassd News Network-Fotojournalist Mosab Al-Shami, Al-Akhbar-Reporter Ahmad Abdel Gawad, Sky News-Kameramann Mick Deane, 19. August: al-Ahram-Regionalbüroleiter Tamer Abdel Raouf) getötet.[253][254] Sherif Mansur, Nahost-Koordinator des Komitees zum Schutz von Journalisten, urteilte, „Vertreter der Medien seien juristisch und körperlich stärker in Gefahr als unter Hosni Mubarak“. Wie unter der Herrschaft von Mubarak wurden Reporter bei Vorortrecherchen wieder von Personal bespitzelt, das die Vorgänge mit Kameras von Mobiltelefonen aufzeichnete.[243] Zudem wurden seit dem Blutbad vom 14. August in Ägypten arbeitende Auslandskorrespondenten während ihrer Berichterstattung von Zivilisten entführt und der Polizei oder dem Militär übergeben. Auch wenn sie meist nach wenigen Stunden wieder freigelassen wurden, wurde dies als Signal verstanden, dass kritischer Berichterstattung mit Repressalien begegnet werde.[239] Nach dem Urteil Bassem El-Smargys vom CIHRS appellierte die ständige Indoktrination durch die gleichgeschalteten Medien an das Nationalbewusstsein der ägyptischen Bevölkerung und suggerierte ihr eine Gefahr durch im Land anwesende Ausländer, so dass ein Solidaritätsgefühl mit dem ägyptischen Militär gegen das künstlich erzeugte Feindbild der Nicht-Ägypter geschaffen wurde.[239] Die Muslimbrüder wurden in den Staatsmedien dagegen bald nur noch als Terroristen bezeichnet, die die exzessive Gewalt der Polizei und der Sicherheitskräfte selbst zu verantworten hätten.[255] Laut Lina Attalah, Chefredakteurin der alternativen Nachrichtenseite Mada Masr, verbreiteten die mittlerweile weitgehend gleichgeschalteten ägyptischen Medien, sowohl Zeitungen wie Fernsehsender, den „Narrativ des Militärs eins zu eins“: „Nicht nur die staatlichen, auch die privaten Medien haben sich zu PR-Agenturen des Militärs gemacht.“[253]
Beobachter sahen die Gefahr, dass Teile der Islamisten wegen der Repressionen und der exzessiven Gewalt gegen die Gruppe mit Radikalisierung bis hin zu Gewalt und Terroranschlägen reagieren könnte und dadurch eine neue Eskalationsstufe erreicht werde,[252][178][193][256] die eine Stabilisierung Ägyptens unmöglich machen könnte.[178]
Am 3. September kündigte ein ägyptisches Gericht die Schließung des Landesbüros von Al Jazeera in Ägypten sowie von drei weiteren Sendern an. Den Anstalten wurde vorgeworfen, die Übergangsregierung zu diskreditieren und zu Unruhen anzustacheln. Al Jazeera warf der Übergangsregierung vor, die Frequenzen für den ägyptischen Ableger des Senders durch von „militärischen Einrichtungen“ östlich und westlich von Kairo gesendete Störsignale zu stören.[257]
Medienkampagne und Restriktionen gegen Flüchtlinge
Laut Ahmad Awadalla von der Flüchtlingsorganisation Africa and Middle East Refugee Assistance (AMERA) waren alle Flüchtlinge in Ägypten seit dem Sturz von Mohammed Mursi von einer prekären Sicherheitslage betroffen.[258] Eine Negativkampagne in den Medien gegen sie brachte nach dem Sturz Mursis insbesondere syrische Staatsbürger in Bedrängnis.[258][259]
Entscheidender als die seit dem Sturz Mursis geschürte feindselige Atmosphäre in weiten Teilen der ägyptischen Gesellschaft gegen die Flüchtlinge war laut AMERA die Einführung einer allgemeinen Visapflicht für Syrer als eine der ersten Maßnahmen der neuen Übergangsregierung, die Awadalla als „Dolchstoß für alle Menschen, die vor der Gewalt in Syrien fliehen müssen“ bezeichnete. Syrische Flüchtlinge, von denen rund 300.000 in Ägypten lebten, wurden übereinstimmend von Medien, insbesondere aber von Seiten des Staates, als „Söldner der Muslimbrüder“ diskriminiert.[258] Im Oktober wurde die Anzahl der syrischen Flüchtlinge in Ägypten nach Angaben des UN-Flüchtlingswerkes auf mindestens 120.000 Menschen angegeben.[259]
Laut Mohamed Dayri, Botschafter der UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR in Ägypten, entstanden aus der Medienkampagne gegen die Flüchtlinge konkrete Probleme für die Schutzsuchenden, zum Beispiel durch die Änderung beim Schulzugang für die Kinder syrischer Kriegsflüchtlinge, die erst durch die Übergangsregierung als „ausländische Staatsbürger“ zurückgestuft wurden und denen der Schulzugang durch einen langwierigen und bürokratischen Prozess erschwert wurde. Der UNHCR riet allen syrischen Flüchtlingen, sich unauffällig zu verhalten, bei Einbruch der Dunkelheit in ihren Wohnungen zu bleiben und auf eine Verbesserung der politischen Lage für sie zu warten. In der zweiten Augusthälfte sollen rund 300 Flüchtlinge in Ägypten teils grundlos festgenommen worden sein. Laut Mohamed Amjahid (Die Zeit) war die „Negativkampagne gegen Syrer“ besonders für das Militär und die Polizei hilfreich, da sie durch die somit gezogene Verbindung von angeblichen „syrischen Söldnern“ und der Muslimbruderschaft zu einer mit Panzern und Geheimdiensten zu bekämpfenden „internationalen Terrororganisation“ ein Argument bot, um die Muslimbruderschaft zu „eliminieren“.[258]
Nach einem am 17. Oktober veröffentlichten Bericht von Scherif al Sayed-Ali, Leiter der Abteilung für Flüchtlingsrechte bei Amnesty International, sollen die ägyptischen Behörden im Umgang mit syrischen Flüchtlingen massive Verletzungen des internationalen Völkerrechts begangen haben.[259][260] Da die ägyptischen Behörden neue Einreisebeschränkungen für Syrer erlassen hätten, die die Festgenommenen nicht erfüllen könnten, bleibe den Flüchtlingen oft nur die Wahl zwischen einer dauerhaften Inhaftierung oder der Abschiebung.[259] In den Gefängnissen seien unter den 946 Inhaftierten auch „zahlreiche Kinder“, teils ohne ihre Eltern.[259][260] Selbst unter zwei Jahre alte syrische Kleinkinder würden wochenlang im Gefängnis inhaftiert. Es sei in Hunderten Fällen zwangsweise Ausweisung in andere Länder der Region bekannt, darunter auch Deportationen von mehr als 70 Menschen nach Syrien.[259]
Massentötung von Mursi-Unterstützern im Protestcamp am Rabia-al-Adawija-Platz (27. Juli)
Vorgang und Opfer

Ende Juli rief die Militärführung die Bevölkerung auf, massenhaft auf die Straße zu gehen, um den Streitkräften ein Mandat für den Kampf gegen die Islamisten zu geben.[261] Nachdem am 26. Juli Hunderttausende Menschen dem Aufruf von Armeechef Sisi gefolgt waren, für die Armee auf die Straße zu gehen und ihr so ein Mandat „zur Bekämpfung des Terrors“ zu geben, starben am 27. Juli 2013 nach Angaben von Reuters beim äußerst gewaltsamen Vorgehen von Polizei und Armee gegen Muslimbrüder nach staatlichen Angaben mindestens 82 Menschen in einem Protestcamp am Rabia-al-Adawija-Platz nahe der Rabia-al-Adawija-Moschee in Nasr-City,[262][263][186][264] einem als Zentrum der Muslimbruderschaft geltenden Stadtteil Kairos.[265] Ärzte im Feldlazarett des großen pro-Mursi-Protestlagers in Nasr-City gaben an, dass mindestens 200 Protestierende getötet und 4500 verletzt wurden, die meisten davon durch versuchte Todesschüsse.[263] Nach Angaben der Sanitäter starben zahlreiche der Opfer durch gezielte Kopfschüsse.[186]
Seit dem Putsch gegen Mursi am 3. Juli belief sich damit Anfang August die Anzahl der offiziell angegebenen Toten durch die Auseinandersetzungen auf fast 300 Menschen.[266]
Reaktionen
Die Muslimbrüder sprachen in Bezug auf das Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen das Protestcamp der Muslimbrüder von einem Massaker.[267][261] Sie kündigten an, die Protestlager bis zur Freilassung des demokratisch gewählten Präsidenten aus der Untersuchungshaft besetzt zu halten.[135][261]
Mehrere Staaten drängten die vom Militär gestützten Machthaber Ägyptens, einen Ausgleich mit den Muslimbrüdern zu suchen und „das Blutvergießen zu beenden“.[1]

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton traf am 29. Juli als erste hochrangige ausländische Politikerin nach dem „Gewaltexzess gegen die Mursi-Anhänger“ Vertreter der ägyptischen Führung, darunter auch Ägyptens „neuen starken Mann, Armeechef Abdel Fattah al-Sissi, der hinter der Entmachtung Mursis am 3. Juli stand“ und drängte die ägyptische Übergangsregierung, von ihrem „Konfrontationskurs gegen die Muslimbruderschaft des abgesetzten Präsidenten“ abzurücken. Der stellvertretende Interimspräsident el-Baradei versicherte Ashton, „dass die neue Führung des Landes alles in ihrer Macht stehende tun werde, um die Krise friedlich zu beenden“.[135] Er sei zuversichtlich, dass die Proteste der Muslimbrüder sich friedlich beenden ließen. Am 29. Juli hatte das Militär erstmals mit Ashton einen hochrangigen Vertreter des Auslands „zu dem festgenommenen Präsidenten“ Mursi vorgelassen, der von den militärgestützten Putschisten abgeschirmt von der Öffentlichkeit festgehalten wurde. Ashton erklärte, sie sei per Hubschrauber zu ihm an einen ihr unbekannten Ort geflogen worden und habe zwei Stunden mit ihm geredet. Es gehe ihm gut.[1]
Der Guardian bezeichnete das Ereignis als Massaker der Polizei an Unterstützern des gestürzten Präsidenten Mursi, als schlimmstes staatlich durchgeführtes Massaker Ägyptens seit dem Sturz Mubaraks und als zweites Massaker der Sicherheitskräfte an Mursi-Unterstützern innerhalb von zwei Wochen.[268][262]
Die ägyptische Übergangsregierung bestritt, dass die Polizei scharf auf die seit dem Militärcoup in dem Protestlager versammelte Menge geschossen habe, und drohte gleichzeitig mit der Räumung des Protestlagers.[186] In den folgenden Tagen verschärfte die Übergangsregierung ihr Vorgehen gegen die Anhänger des entmachteten Staatspräsidenten und erklärte die Pro-Mursi-Proteste für illegal. Das Intermimskabinett erklärte am 31. Juli, das seit dem Sturz Mursis Anfang Juli von seinen Anhängern besetzte Protestlager auf offener Straße stelle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar.[267] Die Übergangsregierung gab an, von den Protestlagern würden „terroristische Akte“ ausgehen.[261] In einer im Fernsehen übertragenen Erklärung wurde verkündet: „Die Regierung hat beschlossen, alle Maßnahmen zu ergreifen, um diese Risiken zu beenden“. Das Kabinett habe den Innenminister angewiesen, tätig zu werden.[267][261] Am 1. August forderte das Innenministerium die Anhänger des gestürzten Präsidenten in einer im Staatsfernsehen verlesenen Erklärung auf, ihre Protestcamps in Kairo gegen sicheres Geleit zu verlassen. Den Medien gegenüber erklärte es, es existiere kein konkreter Termin für die Räumung der Lager.[269] Die Protestierer in den Camps verhielten sich ruhig und trafen Vorbereitungen zur Abwehr von Räumungsversuchen. Beim Lager Rabia-al-Adawija räumten sie die Straßen vom Müll, um Rettungsfahrzeugen die Anfahrt zu erleichtern. Sie stellten mit Sand gefüllte Eimer zum Löschen von Tränengas-Granaten bereit und stapelten hinter Barrikaden aus Ziegeln und Sandsäcken Steine auf, um sie als Wurfgeschosse einsetzen zu können.[270]
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John Kerry am 1. August:
Lob für Militär und Sturz Mursis - „Demokratie wiederhergestellt“ -
Rainer Stinner (FDP):
rügte Kerrys Aussage für „selektives Demokratieverständnis“ -
Philipp Mißfelder (CDU):
hielt zu Kerry und Sturz Mursis - Mursis „Antisemitismus war unerträglich“ -
Aiman Al-Sawahiri (Al-Qaida):
Kerry beweise, dass nicht Wahlen legitimieren, sondern Scharia
In dieser Situation erhielt die militärgestützte Übergangsregierung diplomatische Unterstützung der USA, die sich bislang bei der Bewertung zum Sturz des gewählten Präsidenten zurückgehalten hatte.[271] US-Außenminister John Kerry lobte öffentlich den Sturz des ägyptischen Staatspräsidenten und erklärte am 1. August in Pakistan, die ägyptische Armee habe mit der Absetzung Mursis die Demokratie wiederhergestellt. Das Militär habe nicht die Macht übernommen, sondern es habe die Schaffung einer zivilen Übergangsregierung bewirkt.[174][272][271][271] Während der außenpolitische Sprecher der FDP, Rainer Stinner, Kerrys Äußerung ein „selektives Demokratieverständnis“ vorwarf und der außenpolitische Sprecher der SPD, Rolf Mützenich betonte, das Vorgehen der Militärs habe die Lage in Ägypten nicht beruhigt, sondern verschärft, rechtfertigte der außenpolitische Sprecher der CDU, Philipp Mißfelder, die Äußerungen des US-Außenministers: „Ich stimme Kerry zu. Mursi war eine Gefahr für die Stabilität der Region. Sein Antisemitismus war unerträglich“.[272][273]
Neben etlichen deutschen Politikern kritisierten die Muslimbrüder die Äußerungen Kerrys. Mohammed Ali Bishr, einer der Anführer der Muslimbrüder, appellierte an die USA für eine Korrektur der Position: „Die USA sind ein Land, das von Demokratie und Menschenrechten redet und dann so etwas sagt. Ich hoffe, dass sie ihre Position überdenken und sie korrigieren.“[273]
Am 4. August meldeten Medienberichte, dass unter westlicher Vermittlung sowohl die in den Protestcamps ausharrenden Mursi-Anhänger wie auch die vom Militär eingesetzte Übergangsregierung Signale der Kompromissbereitschaft zeigten. Ein Sprecher der Pro-Mursi-Allianz erklärte seinen Respekt für die Forderungen der Massenbewegung, die am 30. Juni demonstriert habe. Er äußerte die Bereitschaft zu Verhandlungen mit der Nationalen Heilsfront, in der die weltlichen Parteien der Übergangsregierung zusammengeschlossen waren. Die Gespräche mit der neuen Führung des Landes sollten auf der Grundlage der vom Militär ausgesetzten Verfassung geführt werden. Doch dürften nicht die für den Putsch verantwortlichen Teile der Armee und ihr Sisi am politischen Dialog über die Zukunft Ägyptens beteiligt werden. Man sei zu einer politischen Lösung bereit, solange sie auf der Legitimität der Verfassung gründet sei. Das vom Militär ausgesetzte Grundgesetz müsse wieder in Kraft gesetzt werden.[266][273]
Die Übergangsregierung bestand zwar weiter auf eine Schließung der beiden Protestcamps der Mursi-Anhänger in Kairo, betonte aber, dass sie auf eine Blockade setze und nicht auf eine Stürmung, die ein neues Blutbad auslösen könnte. Nachdem das Militär die Lager offenbar blockiert hat, versprach das Innenministerium den Anhängern Mursis freien Abzug und „eine politische Integration“. Allerdings müssten sich diejenigen verantworten, die Verbrechen begangen hätten. Interimsvizepräsident el-Baradei sagte im Fernsehen: „Es gibt keine Lösung in Ägypten, die sich auf Ausschluss gründen kann. Salafisten, Muslimbruderschaft, Säkulare, Liberale und wer auch immer - wir sind zum Zusammenleben verdammt.“[266][273]
Zudem meldete sich die Extremisten-Organisation Al-Kaida zu dem Konflikt in Ägypten zu Wort und forderte die Muslimbrüder per Internetbotschaft auf, sich für eine Regierung auf Grundlage des islamischen Rechts (Scharia) einzusetzen. Al-Kaida-Chef Aiman Al-Sawahiri verkündete auf dem Hintergrund der Äußerungen von US-Außenminister John Kerry, der den Putsch gegen Mursis als „Wiederherstellung der Demokratie“ verteidigt hatte, die Entwicklungen in Ägypten würden beweisen, dass Demokratie als Weg zur islamischen Herrschaft nicht tauge. Die Legitimität liege nicht in Wahlen und Demokratie sondern in der Scharia.[266][273]
Blutbad durch Räumung der Protestlager am Rabia-al-Adawija- und Al-Nahda-Platz (14. August)
Am 14. August kam es in Kairo zu Unruhen, die auf ganz Ägypten übergriffen. Seit dem Morgen ging das Militär mit großer Härte gegen die Anhänger der Muslimbrüder vor. Sicherheitskräfte stürmten die beiden Pro-Mursi-Protestlager in Kairo.[274] Der Guardian nannte die blutige Auflösung der Protestcamps in Kairo ein „Massaker der Sicherheitskräfte an rund 1000 Pro-Mursi-Demonstranten“[4] und die schlimmste der drei Massentötungen seit dem Sturz Mursis von Anfang Juli.[275] Human Rights Watch sprach von dem „schlimmsten Ereignis ungesetzlicher Massentötungen in der modernen Geschichte Ägyptens“ und warf den Einsatzkräften vor, gegen die einfachsten internationalen Polizeistandards verstoßen zu haben.[276] Seit dieser Eskalation erlaubte die militärgestützte Übergangsregierung der Polizei offziell, scharfe Munition einzusetzen, „um sich selbst oder wichtige Regierungsgebäude zu verteidigen“ (taz/afp/dpa).[277]
Hergang
Im Vorfeld hatte die US-Regierung den Militärcoup nachträglich gebilligt, als die von der Armee installierte Zivilregierung angekündigt hatte, die Zeltlager notfalls mit Gewalt aufzulösen.[168] Am 11. August hatte die Nachrichtenagentur Reuters die Wahrscheinlichkeit weiteren Blutvergießens angekündigt, da Sicherheits- und Regierungsquellen am 11. August bekanntgaben, dass für den 12. August das Vorgehen der Polizei gegen die Unterstützer Mursis erwartet werde. Noch am 11. August berichtete Reuters über friedliche Protestaktionen der Unterstützer Mursis mit der Forderung der Wiedereinsetzung Mursis als legitimen Präsidenten wie dem Ritt eines Kindes auf einem mit Militärsymbolen und der Beschriftung „Ägyptischer Armeechef General Abdel Fattah al-Sisi“ versehenen Esel über den Rabia-al-Adawija-Platz.[278][279]
Am 14. August 2013 räumten Militär und Polizei mit Waffengewalt und schwerem Gerät zwei Protestlager von Anhängern Mursis in Kairo.[3] Das erste Protestlager auf dem Al-Nahda-Platz im in Gizeh gelegenen Stadtteil Dokki wurde von der Polizei am Vormittag innerhalb von drei Stunden mit blutiger Gewalt geräumt.[236][276]
Auch das zweite und größere Lager vor der Rabia-al-Adawija-Moschee in Nasr-City wurde bis zum Abend vollständig mit entsprechender Brutalität geräumt.[236][276] Die Protestteilnehmer wehrten sich mit Knüppeln, Steinen und Macheten gegen die angreifenden Sicherheitskräfte und schossen Feuerwerkskörper auf die anrückenden Truppen.[274]
Augenzeugenberichten zufolge sollen die Sicherheitskräfte angeblich das Feldlazarett der Demonstranten in Brand gesetzt haben, wobei einige Menschen verbrannt seien.[280]
Nach Augenzeugenberichten von vor Ort befindlichen Journalisten schoss die Militärpolizei bei der Räumung der Lager mit scharfer Munition auf die Protestierenden.[274][281] Bewaffnete Kräfte feuerten auch von Häuserdächern aus in die Menge.[274] Die Regierung versicherte dagegen noch am 14. August, die Sicherheitskräfte hätten nur Tränengas und Gummigeschosse eingesetzt.[281]
Zusätzlich zum Schusswaffeneinsatz setzten die Sicherheitskräfte Tränengas ein, rückten mit Bulldozern und gepanzerten Fahrzeugen auf die Zeltstädte vor[274] und zerstörten von den Demonstranten errichtete Barrikaden.[282]
Nachdem das Protestlager am Al-Nahda-Platz nahe der Universität von Kairo aufgelöst worden war, zogen Mursi-Anhänger zum Kairoer Oberschichtviertel Mohandesin und versammelten sich vor der Mustafa-Mahmud-Moschee.[283] Medienberichten zufolge wollten Muslimbrüder dort auf dem Mustafa-Mahmud-Platz ein neues Protestlager errichten. Auch dort versuchen Sicherheitskräfte, die Menge mit Gewalt zu vertreiben. Augenzeugenberichten nach versuchten auch Bewohner des Stadtteils, eine neue Zeltstadt dort zu verhindern. Die Moderatoren des Staatsfernsehens riefen die Bürger auf, sich im ganzen Land den Muslimbrüdern entgegenzustellen.[274] Es kam zu heftigen Zusammenstößen und Feuergefechten. Hastig wurden Barrikaden errichtet und Demonstranten, die Wurfgeschosse benötigten, rissen den Asphalt auf.[283]
Auch in anderen ägyptischen Orten lieferten sich Sicherheitskräfte Zusammenstöße mit Anhängern des gestürzten Präsidenten Mursi. Die Muslimbrüder riefen ihre Unterstützer zu Protesten in ganz Ägypten auf. In Alexandria, in Sues und in Port Said wurde geschossen. In der Provinz Fayum im Südwesten Kairos wurden bei Zusammenstößen nach Krankenhausangaben mindestens neun Menschen getötet. In mehreren Städten griffen Mursi-Anhänger Verwaltungsgebäude und Polizeiwachen an.[274]
Das öffentliche Leben soll fast überall in Ägypten zum Erliegen gekommen sein. Der Zugverkehr von und nach Kairo wurde unterbrochen, wichtige Straßen abgeriegelt. Auch die Straße zwischen dem Kairoer Stadtzentrum und Flughafen wurde zwischenzeitlich gesperrt. Die Armee wollte damit verhindern, dass weitere Mursi-Unterstützer nach Kairo gelangen konnten.[274]
Opfer

Bei der gewaltsamen Intervention wurden mindestens Hunderte von Menschen getötet: Laut Regierungsangaben vom 15. August waren 638 Tote und mehr als 4.200 Verletzte zu beklagen.[3] Medienberichten zufolge wurden die meisten durch gezielte Schüsse von Scharfschützen erschossen.[276] nach Nach Angaben der Muslimbruderschaft soll die Anzahl der Toten 2.000 überschreiten.[3] Spätere westliche Medienberichte geben eine Anzahl von mindestens 900 (Matthias Gebauer/Der Spiegel am 23. August 2013 und Najima El Moussaoui/Deutsche Welle am 9. September 2013) oder rund 1000 (Patrick Kingsley/The Guardian am 19. September 2013) getöteten pro-Mursi-Demonstranten bei dem Sturm der Sicherheitskräfte auf die Protestcamps in Kairo am 14. August an.[255][284][4][5]
Die Regierungsangaben zur Zahl der Toten wichen von Beginn an stark von denen der Muslimbrüder ab und wurden in den folgenden zwei Tagen schrittweise und beträchtlich erhöht. Während Innen- und Gesundheitsministerium am Abend des 14. August noch 278 Tote, darunter 43 Polizisten, und 1.403 Verletzte angaben, sprachen die Muslimbrüder an diesem Tag bereits von 2.200 Toten und etwa 10.000 Verletzten.[285][286] Am 15. August meldeten Medien als Regierungsangabe bereits mehr als 500 Tote, während ein Sprecher der Muslimbruderschaft 4.500 Tote angegeben habe.[287]
Am Rabia-al-Adawija-Platz befand sich unter den Toten auch die in die Brust und in den Rücken geschossene, 17-jährige Tochter von Mohamed al-Beltagi, Generalsekretär der Freiheits- und Gerechtigkeitspartei, dem politischen Arm der Muslimbruderschaft.[288][274] Besondere Resonanz rief die Tötung der jungen Asma al-Beltagi durch die ägyptischen Sicherheitskräfte in der türkischen Öffentlichkeit hervor, wo sich der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdo?an am 22. August in einer live auf Ülke TV ausgestrahlten Sendung zu Tränen gerührt zeigte, als eine Videoaufzeichnung abgespielt wurde, in der ein Brief von Asmas Vater, Mohamed al-Beltagi, verlesen wurde.[289]
Medienberichten zufolge griffen ägyptische Sicherheitskräfte im Zuge der Räumung auch mehrere internationale Journalisten gezielt an und töteten einige.[290][291]
Reaktionen

Die Übergangsregierung lobte die Polizei für die Einsätze und „Zurückhaltung“.[3][281] Bereits am Mittag des 14. August wandte sich Übergangs-Premierminister Hasim al-Beblawi an die ägyptische Bevälkerung und lobte das Innenministerium für das Verhalten der Sicherheitskräfte. Die Polizei habe Zurückhaltung gezeigt. Zugleich warnte drohte er, dass seine Übergangsregierung rücksichtslos gegen Provokateure vorgehen werde.[274]
Ahmed al-Tayeb distanzierte sich als Imam der Azhar-Universität zurückhaltend vom Vorgehen der Regierung. Er sagte in einer Audiobotschaft, die im Staatsfernsehen ausgestrahlt wurde, er habe nicht gewusst, dass die Sicherheitskräfte die Proteste am Mittwoch auflösen würden. Er verurteilte das Blutvergießen und forderte ein Ende der Zusammenstöße.[274]
Dem von den Sicherheitskräften an den Massen von pro-Mursi-Demonstranten am 14. August verübten Blutbad folgten später am selben Tag in mehreren ägyptischen Städten Vergeltungsangriffe an der Polizei durch radikale Islamisten, die die Kontrolle in diesen Städten übernahmen. In Kerdasa, das von einigen der schlimmsten dieser Angriffe betroffen war, wurde ein Polizeirevier gestürmt und elf Polizisten getötet und verschandelt. Offenbar mit Mobiltelefonen aufgenommene und ins Internet gestellte Videos zeigten getötete Polizisten mit durchschnittenen Kehlen.[292][4]
Am Nachmittag des 14. August verhängte Übergangspräsident Adli Mansur einen einmonatigen Ausnahmezustand über das Land[286] sowie nächtliche Ausgangssperren in Kairo und in elf anderen Provinzen, darunter auch die Städte Alexandria und Sues.[236][293] Die Polizei erhielt dadurch weitreichende Befugnisse, Verhaftungen ohne richterlichen Beschluss durchzuführen.[293] Dieser Schritt wurde seitens der Regierung mit der „Gefahr für Sicherheit und Ordnung“ durch „gezielte Sabotage und Angriffe auf private und öffentliche Gebäude“ und Todesopfer „durch extremistische Gruppen“ begründet.[286] Landesweit sollen bis zum 15. August mehr als 560 Menschen von der Polizei festgenommen worden sein.[3]

Der Interimsvizepräsident und Friedensnobelpreis-Träger Mohammed el-Baradei trat am 14. August aus Protest gegen die Gewalt zurück[236] und distanzierte sich entschieden von der Verhängung von Ausnahmezustand und Ausgangssperren.[293]
Der ägyptische Botschafter in Großbritannien, Ashraf ElKholy, bestand darauf, dass die Behörden „keine exzessive Gewalt“ angewendet hatten. Der Ausbruch der Gewalt sei durch die Unterstützer Mursis herbeigeführt worden. Der hohe Blutzoll gehe teilweise darauf zurück, dass die Protestierer sich in ihrer Rücksichtslosigkeit gegenseitig getötet hätten. Die Sicherheitskräfte seien gezungen gewesen zu reagieren und hätten das Feuer „selbstverständlich“ lediglich erwidert.[294][295] Es habe keinen Unterschied zu der Vorgehensweise von David Cameron mit den Demonstrationen bei den Unruhen in London gegeben.[296] Wenn die Demonstranten keinerlei Waffen gehabt hätten, wäre niemand verletzt worden, doch da sie Schusswaffen gehabt hätten, hätten sich die Sicherheitskräfte verteidigen müssen.[296][295] Kholy verglich die einjährige Regierung Mursis mit der Machtübernahme der Islamisten im Iran nach der Revolution von 1979 und sagte, dass die Ideologie der Muslimbruderschaft - wie der Nationalsozialismus - danach strebe, die ägyptische Gesellschaft zu dominieren. Die Muslimbruderschaft müsse wie die Nationalsozialisten entfernt werden.[296]
Die Europäische Union verurteilte die Eskalation der Gewalt in Ägypten scharf und rief die Sicherheitskräfte zur Mäßigung auf. Die Rechte aller Bürger auf Meinungsäußerung und friedlichen Protest müssten gewahrt bleiben, verlangte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton in Brüssel.[297] Auch die USA verurteilten die Gewalt gegen die Demonstranten aufs Schärfste. „Wir haben das ägyptische Militär und die Sicherheitskräfte mehrfach dazu aufgefordert, sich zurückzuhalten und die Rechte seiner Bürger zu achten“, sagte ein Sprecher des Weißen Hauses in Washington. Durch das harte Eingreifen werde die „Stabilität in der Region gefährdet“.[298]
Während sich die koptische Kirche demonstrativ hinter das Vorgehen von Polizei und Militär stellte[299][300] und auch ein deutscher Vertreter der katholischen Gemeinde in Kairo das Vorgehen der ägyptischen Sicherheitskräfte öffentlich im deutschen Fernsehen verteidigte,[301] berichtete die Washington Post am 16. August, laut Darstellung des EU-Sonderbeauftragten Bernardino Leóns habe nach Ansicht der US-Regierung zwei Wochen vor dem Blutbad die greifbare Möglichkeit eines Friedensabkommens von Muslimbrüdern und Übergangsregierung bestanden. Dieses sei jedoch am Widerstand der militärgestützten Übergangsregierung unter Sisi gescheitert, die stattdessen die blutige Beendigung der Protestlager befohlen hatte.[302][303][304]
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John McCain: forderte früh Militärhilfe-Stopp[221]
Der US-Senator Lindsey Graham, der Anfang August mit seinem Kollegen John McCain zu einem Gespräch bei Armeechef Sisi gewesen war, gab nun an, Sisi, der für die Absetzung des gewählten ägyptischen Präsidenten Mursis von den USA zuvor gelobt worden war, habe auf ihn den Eindruck gemacht, sich in einem „Machtrausch“ zu befinden. Den Ministerpräsidenten der Übergangsregierung Hazem Beblawi bezeichnete Graham als „Katastrophe“.[190][305] Beblawi habe Verhandlungen mit den Muslimbrüdern strikt abgelehnt. Durch Bruch vorher getätigter Absprachen mit den Muslimbrüdern habe die ägyptische Führung die um Vermittlung bemühten US- und europäischen Politiker vor den Muslimbrüdern so düpiert, dass eine Erklärung zum Gewaltverzicht nicht mehr durchzusetzen gewesen sei. Zudem verdächtigten US-Diplomaten Vertreter der Vereinigten Arabischen Emirate, der ägyptischen Führung eine Belohnung für die Vernichtung der Muslimbrüder versprochen zu haben. Auch Israel werde von Seiten politischer Kreise in Washington eines „doppelten Spieles“ verdächtigt. Die israelische Regierung und entsprechende Lobbygruppen im US-Kongress hatten zuvor die US-Regierung aufgefordert, die US-amerikanische Unterstützung für die Führung des ägyptischen Militärcoups aufrechtzuerhalten.[190]
Laut Guardian verurteilte das „internationale Komitee“ das Massaker, im Gegensatz zu seiner verhältnismäßiger Stille gegenüber den zwei ähnlichen Massentötungen der vorangegangenen Wochen nahe dem Rabia-al-Adawija.[306]
Laut New York Times sahen Analysten in der Attacke der Sicherheitskräfte das deutlichste Zeichen dafür, dass der ägyptische Polizeistaat wieder mit voller Gewalt erschien. Emad Shahin, Politikwissenschaftler an der American University in Cairo, sagte, man erlebe „den Beginn einer systematischen Bekämpfung [systematic crackdown] der Muslimbruderschaft, anderer Islamisten und anderer Opponenten des Militärcoups.“ „Am Ende“, so Shahin, „wird der Westen die siegende Seite unterstützen.“[307]
Militärchef Sisi sagte in einem Interview im Oktober, die „Verluste“ seien geringer gewesen als zuvor befürchtet, doch sei es unabdingbar gewesen die Sitzblockade aufzulösen, da der ägyptische Staat sonst demontiert worden wäre.[308]
Ausnahmezustand
Der seit dem „Massaker an Islamisten“ durch die Sicherheitskräfte am 14. August von der militärgestützten Übergangsregierung verhängte Ausnahmezustand wurde Mitte September um zwei Monate bis Mitte November 2013 verlängert, was die Übergangsregierung mit einer anhaltend kritischen Sicherheitslage begründete.[309][310]
Durch den Ausnahmezustand erhielten Behörden und Einsatzkräfte Sonderrechte beim Vorgehen gegen Proteste und Versammlungen.[7] Zudem erschwerten die nach dem Sturz Mursis reaktivierten Notstandsgesetze die Arbeit der Presse, indem sie die Streitkräften berechtigten, Kritiker jeder Art jederzeit festzunehmen und gegebenenfalls vor ein Militärgericht zu stellen.[8]
Beobachter sehen in der seit dem Sturz Mursis im Juli andauernden Gewaltserie ein Zeichen für die wachsende Instabilität in Ägypten. Die Wirtschaft und der Tourismus in Ägypten leideten Anfang Oktober bereits deutlich unter der politischen Instabilität.[10][311] Amnesty International gab am 10. September an, dass allein zwischen dem 14. und 18. August mindestens 1089 Menschen getötet wurden, viele in Folge von exzessiver, grob unverhältnismäßiger und ungesetzlicher sowie tödlicher Gewaltanwendung der Sicherheitskräfte.[312] Von den über 1000 im Juli und August 2013 ums Leben gekommenen Menschen waren nahezu alle Zivilisten, die gegen Militärchef Sisi demonstriert hatten und von den Sicherheitskräften erschossen wurden.[6] Anfang Oktober betrug die Anzahl - soweit bekannt geworden - der seit dem Sturz Mursis Getöteten bis zu 2000 und wuchs wöchentlich weiter an.[9]
Konditionen zu Ausnahmezustand und Ausgangssperre
Am 24. August verkürzte die Übergangsregierung die nächtliche Ausgangssperre, die in 14 der 27 Provinzen galt und Teil des vom Militär verhängten Ausnahmezustands war. Mit Ausnahme der Freitage, an denen es nach den Gebeten oft zu Demonstrationen von Mursi-Anhängern kam, wurde der Beginn der weiterhin morgens um 6 Uhr endenden Ausgangssperre von 19 auf 21 Uhr um zwei Stunden verschoben, was als Zeichen angesehen wurde, dass sich die Regierung nach den heftigen Auseinandersetzungen zwischen Militär und Demonstranten wieder in der Position sah, die Lage kontrollieren zu können.[313][314][315]
Anfang September stellte Übergangspräsident Adli Mansur im staatlichen Fernsehen ein Ende der Notstandsgesetze und eine Rückkehr zu einer regulären Regierung wie geplant für Mitte September für den Fall in Aussicht, dass sich die Sicherheitslage weiter verbessere. Nach Medienberichten mit Berufung auf die Nachrichtenagentur AFP hatte sich zuvor die „Lage im Land leicht entspannt“, nachdem die Übergangsregierung „den Plan eines Verbots der Muslimbrüderschaft“ zuvor aufgegeben habe.[257]
Am 12. September wurde der zuvor für einen Monat verhängte Ausnahmezustand über 14 Provinzen von dem durch das Militär eingesetzten Übergangspräsidenten Adli Mansur, der noch Anfang September ein Ende der Notstandsgesetze für Mitte September in Aussicht gestellt hatte, um weitere zwei Monate verlängert.[316][309][7][257] Die Zahl der vom 14. August bis Mitte September durch die Sicherheitskräfte festgenommenen Mursi-Anhänger überstieg 2000.[317][78]
Verfolgung von Muslimbrüdern und Verbot ihrer Organisationen
Unmittelbar mit Sturz Mursis, der Außerkraftsetzung der Verfassung durch Sisi und der Auflösung des Oberhauses durch Mansur begann bereits die Verhaftung führender Kader der Muslimbruderschaft durch den alten repressiven Sicherheitsapparat.[34] Er kam zu Massenfestnahmen von Pro-Mursi-Demonstranten und Verhaftungen in der Führung der Muslimbrüder.
Während nach dem Blutbad vom 14. August der UN-Generalsekretär, Ban Ki-moon, die ägyptischen Behörden und die „politischen Führer“ am 17. August aufforderte, einen glaubhaften Plan zur Eindämmung der Gewalt zu schaffen und den politischen Prozess wiederzubeleben,[318][319][320] prüfte die ägyptische Übergangsregierung Medienberichten zufolge bereits auf Vorschlag al-Biblawis hin die Möglichkeit, die Muslimbruderschaft für illegal zu erklären.[318][300][320] Al-Biblawi erklärte, es könne „keine Versöhnung geben, mit denjenigen, an deren Händen Blut klebt“. Die Übergangsregierung drohte, mit „eiserner Faust“ gegen „Terrorismus“ vorzugehen. Behörden ermittelten gegen 250 Unterstützer der Muslimbrüder wegen Mordes, versuchten Mordes und Terrorismus.[318]
Sieben Wochen nach dem Putsch war laut Matthias Gebauer (Der Spiegel) das „gesamte Führungspersonal“ der nach dem 14. August „unnachgiebig“ verfolgten Muslimbrüderschaft durch die rigorose Verhaftungswelle entweder „tot oder inhaftiert“,[245] nach anderen Presseberichten zumindest zum Großteil inhaftiert.[321][322][240] Unter den Festgenommenen befand sich auch der Chef der Muslimbrüderschaft, Muhammad Badi.[322] Landesweit hatte die Interimsregierung Hunderte Mursi-Anhänger festnehmen lassen und die Befehlskette der Organisation zu ihrer Basis durchbrochen.[321] Gegen den abgesetzten Präsidenten Mursi, der sich zu diesem Zeitpunkt wegen angeblicher Verschwörung mit der radikalen Palästinenserbewegung Hamas bei der Befreiung von Insassen eines Gefängnisses 2011 in Untersuchungshaft befand, leitete die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen Beteiligung an der Tötung von Demonstranten im Dezember 2012 vor dem Ittihadija-Palast in Kairo ein, ohne Angaben über Mursis Rolle bei den gewaltsamen Übergriffen auf die Demonstranten bekanntzugeben.[322] Nach dem Blutbad vom 14. August unterbanden Militär und Polizei strikt jegliche Kundgebung. An den geplanten Wegstrecken für Protestmärsche wurden Scharfschützen auf Dächern postiert und im Staatsfernsehen mit scharfen Schüssen gedroht.[245]

In der Nacht auf den 20. August wurde der Anführer der Mulsimbruderschaft, Muhammad Badi'e, verhaftet, nachdem bereits am 10. Juli ein Haftbefehl gegen ihn erlassen worden war. Unter den zu diesem Zeitpunkt rund 900 seit dem Putsch getöteten Menschen befand sich auch sein Sohn.[205] Sein Anwalt erhob später den Vorwurf, der 70-Jährige Muhammad Badi'e sei zu Beginn der Haft misshandelt worden.[276]
Während am 24. August in Kairo eine weitere Sitzung des Gerichtsverfahrens gegen den ehemaligen Präsidenten Hosni Mubarak und seine Söhne Alaa und Gamal stattfand, wurde ein anderer Prozess gegen Anführer der Muslimbruderschaft, darunter Mohammed Badie und fünf weitere Führungskader, nach wenigen Minuten auf den 29. Oktober vertagt.[314][315]
Am 28. August teilte Interimsministerpräsident Beblawi mit, die Übergangsregierung strebe nicht weiter an, die Muslimbruderschaft aufzulösen und aus der Politik auszuschließen.[323] Zu diesem Zeitpunkt und somit innerhalb der beiden auf das Blutbad vom 14. August folgenden Wochen waren bereits rund 2000 Muslimbrüder einschließlich nahezu ihrer gesamten Führungsriege festgenommen worden.[324]
Am 2. September stellte ein die Übergangsregierung beratendes Juristengremium einen Antrag auf Verbot der Muslimbruderschaft, unter Berufung auf ein Gesetz, das nicht-staatlichen Akteuren die Bildung paramilitärischer Gruppen untersagt. Nach Angaben aus Justizkreisen wurde der Prozessbeginn vor dem Staatsrat für den 12. November erwartet.[325] Nach den Vorwürfen wegen Spionage, Missmanagement, Korruption und Anderem wurden Mursi sowie weitere 14 Muslimbrüder Anfang September wegen Anstiftung zum Mord angeklagt. Bei der gewaltsamen Auflösung einer Kundgebung vor dem Präsidentenpalast Anfang Dezember 2012 sollen nach Sichtweise der ägyptischen Justiz mindestens sieben Demonstranten getötet worden sein. Experten kritisieren das Verfahren und äußerten die Ansicht, die Anklage diene der Übergangsregierung zur Fortsetzung ihres harten Kurses gegen die Muslimbruderschaft. Joachim Paul, Leiter des Nordafrika-Büros der Heinrich-Böll-Stiftung in Tunis, wertete die Anklage als Beleg dafür, dass „die jetzige Regierung und die jetzigen Machthaber mit allen juristischen Mitteln vorgehen, um die Muslimbruderschaft in den Untergrund zu drängen“. Ronald Meinardus von der Friedrich-Naumann-Stiftung in Kairo kritisierte das Vorgehen der Übergangsregierung als „Kampagne der Kriminalisierung“.[284] Am 7. September beschuldigte die Staatsanwaltschaft Mursi der Justizbeleidigung, da Mursi 22 Richter des Wahlbetrugs bei den Parlamentswahlen von 2005 beschuldigt habe.[326]
Nach Medienberichten vom 23. September 2013 erklärte ein Gericht in Kairo die Muslimbruderschaft in einem Eilverfahren und in Abwesenheit von Vertretern aus der Muslimbruderschaft für illegal und untersagte ihr sowie „jeder aus ihr hervorgegangenen oder zu ihr gehörenden Institution“ jegliche Aktivitäten.[327][328][329] Dies konnte auch ein Verbot des politischen Arms der Muslimbrüder, der Partei für Freiheit und Gerechtigkeit, bedeuten.[329]
Gleichzeitig beschloss der Richter die Konfeszierung des Vermögens und der Immobilien der Muslimbruderschaft durch die Regierung. Somit ging die militärgestützte Interimsregierung mit ihren Repressionen gegen die Muslimbruderschaft weiter als der 2011 gestürzte Präsident Husni Mubarak, der den Mitgliedern der zu jener Zeit ebenfalls verbotenen Muslimbruderschaft ermöglicht hatte, an Parlamentswahlen als „Unabhängige“ teilzunehmen.[328] Wenige Tage zuvor war bereits das Vermögen führender Muslimbrüder eingefroren worden.[329][78]
Der Verbotsbeschluss bedeutete eine weitere Eskalation in der Auseinandersetzung zwischen der militärgestützten Übergangsregierung und den Anhängern von des geputschten Präsidenten Mursi.[330] Die Muslimbruderschaft verurteilte den Verbotsbeschluss als „korrupte und politisch motivierte Entscheidung“. In einer auf dem offiziellen Twitter-Account der Muslimbruderschaft veröffentlichten Erklärung teilte sie mit, die Justiz könne nicht ändern, dass die Muslimbruderschaft ein fester Bestandteil der ägyptischen Gesellschaft sei. Sie werde nach ihrer offiziellen Auflösung weiterhin „präsent bleiben“.[327]
In der westlichen Presse wurde am selben Tag darauf hingewiesen, dass das Verbot der Muslimbrüderschaft die Organisation betraf, welche aus den ersten freien Wahlen im bevölkerungsreichsten arabischen Land als stärkste Kraft hervorgegangenen war.[327] Der Prozess vor dem Eil-Gericht folgte auf eine Klage der linken Tagammu-Partei, die argumentiert hatte, die Muslimbrüder würden die nationale Sicherheit gefährden.[328] Der Antrag für die Gerichtsorder zum Parteiverbot kam somit von einer konkurrierenden Splitterpartei, die im ersten freien Parlament Ägyptens mit lediglich vier Mandate eine weit geringere Legitimierung vorzuweisen hatte als die an Stimmengewicht dreißigfach stärkere Fraktion der Muslimbruderschaft.[276] Das Handelsblatt vertrat zeitgleich die Wertung: „Der demokratische Neubeginn in Ägypten geht weiter – jedoch ohne die Muslimbrüder.“[331] Martin Gehlen kommentierte in der Zeit, der Versuch, ein Viertel der ägyptischen Bevölkerung pauschal als Terroristen zu stigmatisieren, gefährde die Aussöhnung zwischen den politischen Lagern, vertiefe die Polarisierung in einem in der jüngeren Geschichte des Ägyptens nie gekannten Ausmaß und berge das Risiko einer unkontrollierbaren Gewalteskalation.[276][332] Obwohl die gesamte Führung der Muslimbruderschaft inhaftiert wurde, über den gestürzten Präsident Mursi sämtliche Nachrichten fehlten, die Organisation der Muslimbruderschaft per Gerichtsbeschluss verboten und ihr Vermögen eingezogen wurde, „Abertausende Demonstranten“ in den Hafteinrichtungen „gequält“ und mehr als tausend Menschen bis Anfang Oktober durch Polizei und Militär erschossen worden seien, bekämen die neuen Machthaber die Lage in Ägypten nicht unter ihre Kontrolle.[332]
Am 9. Oktober teilten die Medien mit, dass der geputschte Prädident Mursi, der seit Anfang Juli an einem unbekannten Ort festgehalten wurde, sich ab dem 4. November vor Gericht wegen Anstiftung zum Mord an Demonstranten verantworten müsse.[333][334] Den Angeklagten werden Folter und Tötung von Demonstranten vor dem Präsidentenpalast vorgeworfen, wo rund ein Dutzend Menschen bei gewaltsamen Auseinandersetzungen im Dezember 2012 getötet worden waren, die gegen die Entscheidung des damaligen Präsidenten protestiert hatten, seine Machtbefugnisse per Dekret auszuweiten.[334]
Nachdem zuvor bereits die Muslimbrüder-Partei verboten worden war, erkannte die Übergangsregierung der Muslimbruderschaft auch den Status als Nichtregierungsorganisation ab. Allen Organisationen, die den Muslimbrüdern zuarbeiteten oder von ihnen finanziert wurden, wurde die Rechtsgrundlage als NGO entzogen.[335] Der Minister für Soziale Solidarität, Ahmed El-Borai, erließ am 9. Oktober auf Grundlage von Artikel 42 des NGO-Gesetzes einen Beschluss zur offiziellen Auflösung der NGO der Muslimbruderschaft, die bereits über Jahrzehnte hinweg in Ägypten außerhalb des gesetzlichen Rahmens gearbeitet hatte und erst im März 2013 formell als NGO registriert worden war.[336] Gleichzeitig kündigte die Tamarod-Bewegung, die im Juni maßgeblich zum Sturz des Präsidenten Mursi und der Muslimbrüder-Partei als regierender Partei beigetragen hatte, selbst jedoch weder über Parteistatus noch über ein politisches Programm verfügte, ihren Antritt bei den für Anfang 2014 geplanten Parlamentswahlen an.[335]
Übergriffe auf Christen (Mitte August)
Unmittelbar nachdem die Armee in Kairo bei der gewaltsamen Auslösung der Sitzproteste von Islamisten „ein Blutbad mit Hunderten Toten angerichtet hatte“, kam es insbesondere im anteilig stärker christlich besiedelten Oberägypten zu Attacken auf mindestens 42 Kirchen, 122 Läden, fünf Schulen und 51 Häuser, in den Verwaltungsbezirken oder Provinzen Minya, Asyut, Fayum, Giza, Sues, Sohag, Bani Suwaif, Luxor und Nord-Sinai an, von denen am 14. August mindestens 37 in Brand gesetzt oder beschädigt wurden.[337][317][338][339] Von Seiten der Muslimbruderschaft war den Christen zuvor vorgeworfen worden, das Militär zu unterstützen.[317] Mindestens vier Menschen, darunter drei koptische Christen und ein Muslim, starben nach Angaben von Human Rights Watch und Amnesty International bei den Angriffen in Delga, Minya Stadt und Kairo.[337][340] Im ganzen Land wurden laut Amnesty International mehr als 200 in christlichem Besitz befindliche Immobilien angegriffen, wobei 43 Kirchen ernsthaft beschädig wurden.[340] In der nahe Minya gelegenen Stadt Delga, wo 62 koptische Familien aus ihren Häusern vertrieben wurden und zwei Kopten getötet wurden,[339] beendeten Sicherheitskräfte erst Ende September den dort von Islamisten ausgerufenen Schariastaat.[338]
Die offiziellen Angaben der ägyptischen Regierung sprechen davon, dass „Anhänger Mursis“ (Die Zeit) drei christliche Kirchen in Brand gesetzt hätten, nachdem Sicherheitskräfte mit der Räumung zweier Protestlager von Mursi-Unterstützern in Kairo begonnen hatten.[341]
Menschenrechtsgruppen machten zunächst verschiedene Gruppierungen oder Individuen verantwortlich, auch Aktionen von Provokateuren aus dem Geheimdienst wurden bekannt.[47]
Frühe Meldungen
Bereits unmittelbar nach der gewaltsamen Räumung der Protestlager der Mursi-Anhänger am 14. August 2013 sollen radikale Islamisten nach Angaben christlicher Aktivisten in sozialen Netzwerken drei Kirchen angegriffen und Feuer vor Kirchen in den Provinzen Minya und Sohag gelegt haben.[342][281] Laut Mitteilung des anglikanischen Bistums von Ägypten in Kairo griffen Mursi-Anhänger die anglikanische Kirche in Suez mit Steinen und Brandsätzen an. Auch eine katholische Kirche in Suez sei angegriffen worden.[281] Der koptisch-katholische Bischof von Asyut, Kyrillos William Samaan, gab gegenüber Kirche in Not an, in den Städten Sohag, Fayum und Bani Suwaif sowie auf der Sinai-Halbinsel seien Kirchen von Islamisten angegriffen und Christen bedroht worden.[343]
Nach Angaben aus Sicherheitskreisen wurde in Abanub in der Provinz Asyut eine koptische Kirche durch Extremisten niedergebrannt. Die christliche Zeitung Watani gab an, Islamisten hätten insgesamt 35 Kirchen oder andere Einrichtungen der Kopten angegriffen.[344][48] Einem Bericht im Spiegel zufolge wurde von Seiten der Armee am 16. August von der Kirche des Heiligen Georg in Kairo aus auf eine an der Kirche vorbeimarschierende Menge von 3000 Islamisten geschossen. Nach Angaben von Armeeangehörigen sollen dabei mehrere Islamisten in schweren Gefechten getötet worden sein.[345]
Opfer und Schäden
Vom 14. August bis zum 17. August kam es nach Angaben von christlichen Aktivisten landesweit zu 85 Übergriffen auf christliche Kirchen, Schulen und Gemeindezentren sowie auf im Besitz von Christen befindliche Geschäfte und Häuser.[300] Nach anderen Angaben vom 18. August berichteten christliche Websites von 49 Angriffen in den vorangegangenen Tagen.[345] Martin Gehlen fasste am 18. August zusammen, dass „in einem beispiellosen Rachefeldzug islamistischer Radikaler“ seit dem Blutbad vom 14. August 63 Kirchen angezündet und geplündert wurden. Die Welle der Überfälle konzentrierte sich bis zu diesem Zeitpunkt vor allem auf mittelägyptische Städte mit starken islamistischen Kräften und einem christlichen Bevölkerungsanteil von teilweise bis zu 30 Prozent, wie Bani Suwaif, Fayum, Minya, Sohag und Asyut.[346] Amnesty International berichtete im Oktober, es seien 43 Kirchen ernsthaft beschädig worden.[340]
Beispiele für bekanntgewordene Übergriffe:
- Fünf katholische Schulen in Minya, Sues und Asyut brannten teilweise bis auf die Grundmauern nieder.[346]
- In Sues und Asyut wurden zwei Klöster zerstört.[346]
- In Minya wurde ein kirchliches Waisenhaus schwer beschädigt.[346] Ein 33-jähriger christlicher Kellner und ein muslimischer Koch verbrannten bei lebendigem Leibe in einer Toilette des Restaurantschiffs Mermaid, in der sie sich zuvor verbarrikadiert hatten.[347]
- In Kairos Stadtzentrum wurde laut Al Jazeera der Konvent der Franziskanerinnen angegriffen.[346]
- In Alexandria lynchte der Mob auf offener Straße einen koptischen Taxifahrer, der mit seinem Wagen unbeabsichtigt in eine Pro-Mursi-Demonstration geraten war.[346]
- In Kairo wurden laut der katholischen Kirchenführung 58 Wohnhäuser, 85 Geschäfte und 16 Apotheken geplündert.[346]
- In Luxor wurden drei in koptischem Besitz befindliche Hotels angezündet.[346]
- In Bani Suwaif wurden nach Angaben der Nachrichtenagentur AP der Schulleiterin drei Nonnen der Franziskanerinnen-Schule auf offener Straße sexuell misshandelt sowie die Franziskanerinnen-Schule geplündert und in Brand gesetzt.[346]
- In der in der oberägyptischen Provinz Minya gelegenen Kleinstadt Delga riefen Islamisten einen Scharia-Staat aus. 40 christliche Familien flüchteten aus dem Ort, nachdem ihre Häuser niedergebrannt worden waren. Die Angehörigen der christlichen Minderheit, die in Delga zurückgeblieben waren, wurden vier Wochen lang von Islamisten mit Schutzgelderpressung und Entführungen terrorisiert, bis Sicherheitskräfte die staatliche Kontrolle über den Ort wiederherstellen konnten.[317][347]
Reaktionen und Wertungen
Der Pfarrer der deutschsprachigen, katholischen Sankt-Markus-Gemeinde in Kairo, Monsignore Joachim Schroedl, sprach am 15. August im ZDF von angezündeten Kirchen, die belegen würden, dass es sich bei den „fundamentalistischen Muslimbrüdern“ nicht um demokratische Demonstranten, sondern um „terroristische Elemente“ handeln würde. Den Einsatz der Sicherheitskräfte gegen die Protestcamps der Muslimbrüder bewertete er trotz Hunderter von Toten als „sehr verantwortungsvolles Verhalten“ von Polizei und Militär.[301]
Der deutsche Bundesaußenminister Guido Westerwelle distanzierte sich daraufhin von dieser Einschätzung in derselben Heute-Journal-Sendung,[348] wertete es stattdessen als „Niederlage der internationalen Diplomatie“, dass es nicht gelungen sei, „ein Blutbad in Ägypten“ zu verhindern,[349][348] betonte aber zugleich, der Schutz der Christen in Ägypten sei ein wichtiges Anliegen der deutschen Politik.[348]
Die koptisch-orthodoxe Kirche erklärte in der Nacht vom 16. auf den 17. August ihre Unterstützung im Kampf gegen „bewaffnete gewalttätige Gruppen und schwarzen Terrorismus“[346] und ihre Solidarität mit Polizei und Armee,[299][300] die wenige Monate zuvor noch als erklärter Feind der Christen aufgetreten war und im Oktober 2011 28 christliche Demonstranten getötet hatte.[345][317]
Die Muslimbruderschaft verurteilte die Angriffe auf Kirchen und forderte ihre Anhänger zur Zurückhaltung auf, warf den Kopten in einer Stellungnahme jedoch eine Mitschuld vor, indem diese sich gegen die Muslimbrüder gestellt hätten.[345][337]
Als Ursache für die Übergriffe auf die Kopten gilt nicht ihre Zugehörigkeit zu einer religiösen Minderheit an, sondern der Umstand, dass die christliche Minderheit den Putsch gegen den Präsidenten Mursi unterstützt hatte.[48][47] Festgemacht wird die Mitverantwortung der koptischen Minderheit an dem Sturz von Mursi unter anderem auch daran, dass der Patriarch von Alexandrien, Papst Tawadros II., am Putschtag, den 3. Juli, der Rede von General Sisi auf der Rednerbühne beigewohnt hatte.[47][346][48] Salafisten und Muslimbrüder sollen dies den Kopten angelastet gaben.[338] Tawadros II. hatte sich zu diesem Zeitpunkt seiner noch kurzen Amtszeit bereits von der Politik seines Vorgängers, Papst Schenuda III., gelöst. Dieser hatte von 1971 bis zu seinem Tod im März 2012 die Kirche geführt, indem er politische Positionen mied und die enge Zusammenarbeit mit dem Staat anstrebte. Tawadros II. lobte dagegen den Putsch gegen Mursi öffentlich mit Dankesgesten an die Armee. Als zweites Feindbild der Islamisten wird der koptische Unternehmer Naguib Sawiris angesehen, der in offener Ablehnung der Muslimbrüderschaft die Aktivistenbewegung „Tamarod“ finanziert hatte, deren Protestmärsche dem Putsch vorausgegangen waren.[48]
Die Übergangsregierung verbot der Bevölkerung am Abend des 18. August, Bürgerwehren aufzustellen: die Bildung von „Volkskomitees“ zur Sicherung von Vierteln, so das Innenministerium, „die benutzt werden, um illegale Handlungen zu begehen“, sei untersagt.[346] General Sisi versprach den Christen im August, dass die Armee den Aufbau der zerstörten Kirchen aus eigenen Mitteln bezahlen werde.[317] Doch wurde bemängelt, dass die neuen nichtislamistischen Herrscher sich unwillig oder unfähig zum Schutz der Kopten durch staatliche Sicherheitskräfte gezeigt hätten.[338][339][350] Konfessionelle Konflikte existierten zwar bereits in den Jahren vor dem Sturz Husni Mubaraks von Februar 2011, aber seit der Revolution von 2011 hätten die alten Regelungsmechanismen, in denen Vertreter des im März 2012 verstorbenen koptischen Papstes Schenuda III., Polizeioffiziere und Repräsentanten der muslimischen Azhar Lösungen zum Schutz der Kopten fanden, nicht mehr funktioniert. Angesichts ausbleibenden Schutzes drohe ein Anhalten einer Abwanderung der Kopten trotz des Willens zur Koexistenz in betroffenen Gemeinden.[338] Beispiel:
Die sich selbst als „liberale“ ägyptische Nichtregierungsorganisation bezeichnende Egyptian Center for Public Policy Studies (ECPPS) nannte in ihrem Report „Oppressed under different regimes — Egypt’s Christians between sectarian violence and state negligence“ von September 2013 die Zerstörung von 30 Gotteshäusern und über 60 christlichen Läden, Häusern und Autos im August 2013 die „heftigsten gewaltsamen Szenen in Ägyptens jüngerer Geschichte“,[338][351][339][350][352] benannte jedoch nicht die Initiatoren der Attacken.[339]
In einem am 9. Oktober verbreiteten Bericht von Amnesty International warf die Menschenrechtsorganisation der ägyptischen Militärregierung vor, die Christen nicht ausreichend gegen Angriffe von Islamisten geschützt zu haben, weshalb es zu der verheerenden Gewaltwelle gegen die koptische Minderheit Mitte August gekommen sei. Laut Amnesty International hätten die Sicherheitskräfte nach der Absetzung Mursis Anfang Juli wissen müssen, dass „ein Teil der Muslimbrüder“ (Die Welt) ihre Wut an Christen auslassen würde, doch seien keine rechtzeitigen Vorkehrungen getroffen worden, die Gewalt zu stoppen. Amnesty International forderte eine unabhängige Untersuchung der Vorfälle.[353][341][340][354] Aus von Amnesty International dokumentierten Graffitis der Angreifer an den Wänden mit Slogans wie „Mursi ist mein Präsident“ und „Sie töteten unsere Brüder während des Gebets“ folgerte die Menschenrechtsorganisationen, dass die Angriffe höchstwahrscheinlich konfessionell bedingt und mit den Ereignisse des „harten Vorgehens der Sicherheitskräfte gegen Mursi-Unterstützer in Kairo“ verknüpft waren. Den Attacken seien häufig Aufstachelungen in lokalen Moscheen und durch religiöse Führer vorausgegangen. Hassiba Hadj Sahraoui, die stellvertretende Direktorin der Abteilung für den Mittleren Osten und Nordafrika von Amnesty International, kritisierte auch die Führung der Muslimbruderschaft: „Angesichts der Tatsache, dass diese Attacken als Vergeltung für das harte Vorgehen gegen pro-Mursi Sitzstreiks ausgeführt wurden, äußerte sich die Führung der Muslimbruderschaft zu spät und zu ausweichend zu den Angriffen, indem sie Schlägertrupps für die Attacken verantwortlich machte.“ Die „christliche Gemeinschaft in ganz Ägypten“ sei „von einigen Unterstützern des abgesetzten Präsidenten Mohamed Mursi ausgewählt [worden], um für Racheaktionen für die Ereignisse in Kairo herzuhalten“.[340] Die Nahost-Expertertin Ruth Jüttner von Amnesty International in Deutschland kritisierte, „dass koptische Christen offenbar von Anhängern des ehemaligen Präsidenten Mursi für Racheaktionen ausgewählt wurden und die Regierung sie nicht schützt.“[341]
R4bia-Kampagne

Auf den weitgehend friedlich verlaufenden Kundgebungen vor 28 Moscheen in Kairo demonstrierten am 23. August Tausende Anhänger Mursis gegen die Armeeführung.[321] Über das Staatsfernsehen hatte die militärgestützte Übergangsregierung verbreitet, jeglicher Protest werde sofort niedergeschlagen. Die seit Wochen strikt entsprechend der Regierungslinie berichtenden Sender hatten der Bevölkerung geraten zu Hause zu bleiben, da es in dem von den Medien vielgelobten „Kampf gegen den Terrorismus“ zu Gewalt kommen könne.[255] Auf den sich Nachmittags auflösenden Demonstrationen protestierten die Musi-Anhänger mit dem neuen Symbol ihrer Protestbewegung, einer schwarzen Hand auf gelbem Hintergrund, die den sogenannten Mursi-Gruß mit vier ausgestreckten Fingern und dem quer über die Handfläche gelegten Daumen bildet.[321][182] Dieses „R4bia“-Emblem soll an die vielhundertfache Tötung von Demonstranten durch die Armee vor der Rabia-al-Adawija-Moschee vom 14. August erinnern und spielt auf die arabische Bedeutung des Mädchennamens Rabia (deutsch: „Vierte“) an.[321] Zudem stand das R4bia-Zeichen für den Rabia-al-Adawija-Platz in Ägypten, der zum zentralen Demonstrationsort für Mursi-Anhänger geworden war.[355] Als Symbol für die blutige Stürmung des größten Protestlagers der Islamisten durch die Sicherheitskräfte wurde es somit ein bleibendes Zeichen des Widerstands der Muslimbruderschaft.[309] Auch transnational wurde das R4bia-Zeichen als Symbol der Pro-Mursi-Proteste von Demonstranten verwendet, wie am folgenden Wochenende auf einer von verschiedenen Gewerkschaften, Verbänden und Bürgerrechtsbewegungen organisierten Solidaritätskundgebung Tausender Menschen auf dem zentralen S?hhiye-Platz im türkischen Ankara oder am 17. und 24. August auf Demonstrationen im deutschen Berlin.[355][356][357] Auch der deutsche Verfassungsschutz ordnete die internationale R4bia-Bewegung, die sich gegen die Machtübernahme durch das ägyptische Militär wendete und zu der auch Demonstrationen in Stuttgart mit mehreren Tausend Teilnehmern in Verbindung standen, den Muslimbrüdern zu.[358][359][360]
Fortsetzung der Gewalt und Blutbad bei der Al-Fetah-Moschee am Ramses-Platz (16. August)
Proteste von Islamisten[361]
rot: Ausgewählte Orte islamistischer Proteste vom 14.-16. August gelb: Weitere im Zusammenhang mit der Staatskrise relevante Orte |
Nach dem Freitagsgebet demonstrierten am 16. August in mehreren Städten Ägyptens Zehntausende gegen Polizeigewalt und die Entmachtung von Präsident Mursi.[362]
Nach Angaben der Übergangsregierung wurden bei Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und Anhängern des gestürzten Präsidenten am 16. August landesweit erneut mindestens 173 Zivilisten getötet und 1330 Menschen verletzt.[299][300][240] Davon fielen 95 Todesopfer allein auf Kairo, wo auch ein Sohn des Chefs der Muslimbruderschaft, Muhammad Badi'e, erschossen wurde.[299] In Ismailia wurden nach Angaben aus Krankenhäusern vier Demonstranten getötet. In der Hafenstadt Damietta starben Sanitätern zufolge acht Demonstranten.[362]
Zentrum der Proteste in Kairo war der Ramses-Platz, wohin Tausende Demonstranten von den Moscheen nach dem Freitagsgebet zu einer zentralen Kundgebung zogen.[363][362] Die Polizei schoss mit Tränengas und scharfer Munition, nach Zeugenberichten wurden Steine und Brandsätze geworfen.[363] Patrick Kingsley berichtete für den Guardian, er sei „Augenzeuge eines Massakers“ an mindestens 19 Menschen am Ramses-Platz geworden.[363][364] Der Guardian bezeugte Dutzende von Leichen auf dem Boden der Al-Fetah-Moschee am Ramses-Platz liegend gesehen zu haben.[364] Ein Sprecher der Muslimbruderschaft gab an, dass 45 Menschen am Ramses-Platz von Seiten der Putschisten getötet worden seien.[364][362] Aus dem Innenministeriums hieß es dagegeb, Dutzende Demonstranten hätten die nahe gelegene Ezbekija-Polizeistation attackiert, worauf ein Gefecht mit Schusswaffen auf beiden Seiten entbrannt sei, bei dem mehrere unbeteiligte Zivilisten getötet worden seien.[362]
Ein zweites Zentrum der Gewalt in Kairo war die 15.-Mai-Brücke.[363] Sie wurde am 16. August zu einem Hauptschauplatz blutiger Gefechte zwischen Sicherheitskräften und protestierenden Anhängern der Muslimbrüder.[365] Menschen sprangen in Panik von der Brücke.[363]
Seit dem 14. August erhöhte sich die offizielle Zahl der Toten in ganz Ägypten damit auf mehr als 800, die der getöteten Polizisten auf 57.[299][300] Die Regierung nahm Massenverhaftungen vor. Nach offiziellen Angaben wurden vom 16. August bis zum 17. August 1004 Personen festgenommen, darunter nach Angabe aus Sicherheitskreisen auch ein Bruder von al-Qaida-Chef Aiman Al-Sawahiri.[299]
Am 17. August räumten Mitglieder einer Spezialeinheit nach heftigen, aber unblutigen Schusswechseln mit bewaffneten Anhängern Mursis gewaltsam die von Polizei, Militär und einer Menschenmenge belagerte Al-Fateh-Moschee im Stadtzentrum Kairos, in der sich mindestens 700 Mursi-Anhänger nach einer Demonstration vom 16. August nach Beginn der Ausgangssperre verbarrikadiert und laut Augenzeugenberichten aus Angst vor den Sicherheitskräften und Schlägerbanden um freies Verlassen der Moschee verhandelt hatten.[299][300][366][367][368][320] Dabei wurden nach Angaben der Übergangsregierung 385 Menschen festgenommen.[320]
Ein Bericht von Amnesty International, der die Ergebnisse eines Teams der Menschenrechtsorganisation bei der Besichtigung in Krankenhäusern und Leichenhallen in Kairo auswertete, beschrieb als Auffälligkeit bei den Opfern zahlreiche Einschüsse in Kopf und Brust. Der Ägyptologe Henning Franzmeier erklärte, dass die Sicherheitskräfte „nicht zwischen friedlichen und gewaltbereiten Demonstranten“ unterscheiden würden.[369][370]
Massentod von Untersuchungshäftlingen (18. August)
Am 18. August wurden nach Angaben der Übergangsregierung 36 Häftlinge getötet, die nach offiziellen Angaben versucht haben sollen, aus der Haft zu entkommen. Über den Verlauf der gewaltsamen Auseinandersetzungen bei dem Fluchtversuch wurden unterschiedliche Berichte in Umlauf gebracht.[371][370]
Die Regierung gab an, die Polizei habe Tränengas eingesetzt, um den Ausbruch zu verhindern, wobei 36 der Fluchtwilligen erstickt seien. Vonseiten der Muslimbruderschaft wurden zunächst 52 ihrer Mitglieder als Todesopfer angegeben, später korrigiert auf 35. Ihrer Darstellung nach hatte es sich um keinen Fluchtversuch gehandelt.[371][370]
Das inzwischen vierte und diesmal in Polizeigewahrsam geschehene Blutbad an Anhängern der Muslimbruderschaft rief auch unter Mursi-Gegnern und Unterstützern des Militärputsches Reaktionen des Entsetzens hervor.[372]
Ausreise el-Baradeis (18. August)
Der in der vorangegangenen Woche aus Protest gegen die exzessive Gewalt der Militärs bei der Räumung der Muslimbrüder-Lager zurückgetretene Vizepräsident Mohammed el Baradei flog am 18. August nach Wien, Medienberichten zufolge angeblich aus Furcht um sein Leben flüchtend.[372]
Haftentlassung Mubaraks und Frage der Restauration von Mubarak-Strukturen
Aufgrund der Haftentlassung von Husni Mubarak, der Ägypten bis 2011 autoritär als Staatspräsident regiert hatte, wurde am 22. August eine erneute Verschärfung der Lage in Ägypten befürchtet.[373][245][374] Der Entlassung Mubaraks, gegen den noch mehrere Gerichtsprozesse liefen, wurde Symbolwert beigemessen, da seine juristische Aburteilung somit als gescheitert erschien. Die Muslimbrüder, die den Sturz Mursis durch das Militär von Beginn an als Versuch zur Wiederherstellung der alten Verhältnisse wie unter Mubarak gewertet hatten, sahen in der Haftentlassung Mubaraks einen Beleg dafür und kündigten Proteste an.[245]
Im August ernannte Übergangspräsident Mansur anderthalb Dutzend Gouverneure, von denen die meisten ehemalige Generäle aus Polizei oder Armee waren, was von Beobachtern in der FAZ als Zeichen für das Fortbestehen oder Wiedererstarken des Repressionsapparats aus der Zeit unter Mubarak gewertet wurde.[375][283] Zu den sich mehrenden Anzeichen, dass das Militär seine Position festigte, gehörte auchg die Pressekonferenz, die Innenminister Mohamed Ibrahim, der noch dem alten Sicherheitsapparats entsammte, am späten Abend 14. August abhielt. Er hob hervor, dass 21 Polizeistationen angegriffen worden seien und versprach, dass die Sicherheit in Ägypten nach Stabilisierung der Lage besser sein werde als vor dem 25. Januar 2011, als der Aufstand gegen Mubarak begann.[283]
Frage der Präsidentschaftskandidatur Sisis
Der seit dem Putsch gegen Musi als „der starke Mann Ägyptens“ geltende Militärchef Sisi beschrieb sich in einem Interview der Washington Post am 4. August als einen Menschen, der nicht nach der Herrschaft strebe und deutete an, dass er trotz steigender Popularität das Präsidentenamt für sich ausschließe.[266]
Anfang September wuchs die Unterstützung für eine mögliche Kandidatur Sisis für die voraussichtlich Anfang 2014 abzuhaltende Präsidentenwahl weiter. Als für den Putsch gegen Mursi an führender Stelle verantwortlicher „starker Mann“ hatte er mit seinem wiederholten rabiaten militärischen Vorgehen gegen die Muslimbrüder in den vorangegangenen Wochen eine Solidarisiserung eines großen Teils des Volkes mit der Armee erreicht. Insbesondere nahm er darüber hinaus eine zentrale Stellung im Übergangsprozess in Ägypten ein, an dessen Ende Neuwahlen und eine überarbeitete Verfassung angekündiht waren.[376]
Nach Meldungen vom 9. Oktober hielt der „maßgeblich am Sturz Mursis beteiligte“ Militärchef Sisi in einem Interview offen, ob er eine Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl 2014 anstrebe. Er halte es derzeit für unangemessen, „diese Frage im Licht der Herausforderungen und Risiken zu stellen, die das Land durchmacht“.[333] Zu diesem Zeitpunkt war bereits eine heftige Diskussion über seine mögliche Präsidentschaftskandidatur im Gang, zu der man ihn durch Sammeln von Unterschriften zu bewegen versuchte.[44] Als Führer einer Allianz von bedeutenden Persönlichkeiten aus der Mubarak-Ära, Vertretern aus dem Polizei- und Militärapparat, der Business-Eliten und vieler Politiker, die nach der Revolution bekannt geworden waren, war sein Porträt „auf Plakatwänden, Schulranzen und auf Süssigkeiten“ allgegenwärtig.[44][6] Die Online-Ausgabe des deutschen Massenblattes Bild-Zeitung kommentierte im Zusammenhang mit dem fehlenden Ausschluss seiner Kandidatur im Interview Sisis und der Kandidatschaftskampagne für Sisi, die Armeeführung hätte politische Ambitionen zuvor stets bestritten, doch gelte der „aktuelle Übergangspräsident Adli Mansur [...] im Grund genommen als Marionette al-Sisis“.[377] Mansur, der noch von Mubarak persönlich zum stellvertretenden Leiter des höchsten ägyptischen Gerichts ernannt worden war, kontrollierte als „Marionette des Militärs“ (Markus Bickel/Die Zeit) und Chef des Verfassungsgerichts seit dem Putsch gegen Mursi sowohl Legislative als auch Exekutive und vereinigte somit größtmögliche Verfügungsgewalt in seinem Amt.[34]
Im Oktober veröffentlichte die mit den Islamisten sympathisierende Nachrichtenseite Rasd angeblich nicht freigegebene Audio-Mitschnitte, die aus einem Gespräch zwischen Sisi und Jasser Rizk, dem Chefredakteur der Staatszeitung Al-Masry Al-Youm, stammen sollen und als Beleg dienen sollten, dass sich Militächef Sisi auch nach den im offiziellen politischen Fahrplan baldig vorgesehenen Neuwahlen und der Wahl einer neuen Regierung unabhängig vom Wahlausgang weitreichende Befugnisse sichern wolle, die ihn in seiner Position unantastbar machen. In dem von Rasd veröffentlichten Gespräch soll Sisi dem Chefredakteur sagen: „Sie sollten eine Kampagne starten mit anderen Intellektuellen zusammen. Fordern Sie, dass die Verfassung einen Artikel bekommt, der General Sisi Immunität gibt in seiner Position als Verteidigungsminister und ihm erlaubt, das Amt zu behalten. Auch für den Fall, dass er nicht Präsident wird.“[6][378] Ob Sisi selbst bei den Präsidentschaftswahlen kandidieren wolle oder nicht, hatte der General weiterhin offengelassen. Die Unterschriftenkampagne mit der Forderung, dass Sisi der nächste Präsident wird, sollte zu diesem Zeitpunkt angeblich bereits Millionen Unterschriften gesammelt haben. Wer hinter der Kampagne stand, war nicht bekannt geworden.[6]
Mitte Oktober übermalten sowohl von der Regierung bezahlte Malertrupps, als auch Anwohner die Fassaden immer wieder mit weißer Farbe, die Nacht für Nacht erneut von Sisi-Gegnern mit Botschaften wie „C.C. Mörder“ oder „C.C. Verräter“ besprüht wurden (die Buchstaben „C.C.“ stehen Englisch ausgesprochen für den Namen des Militächefs „Sisi“).[379]
Militäroperation auf dem Sinai
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Lage ausgewählter Orte auf dem Sinai |
Nach dem Sturz von Husni Mubarak hatten sich in der nördlichen Sinai-Halbinsel islamistische Milizen und Schmugglerbanden etabliert.[260] Die Region wurde zu einer Hochburg militanter Islamisten.[380] Seitdem die Armee Anfang Juli Präsident Mursi stürzte, verstärkten Dschihadisten ihre Angriffe auf staatliche Einrichtungen, Polizeistationen und Militärstützpunkte deutlich auf dem Sinai.[381][380][260] Daraufhin ging die Armee bei einer Militäroffensive unter anderem massiv gegen bewaffnete Gruppen nahe der israelischen Grenze vor.[260]
Verlauf
Am Morgen des 19. August, einen Tag nachdem 36 Häftlinge bei einem Transport in Polizeigewahrsam nach offiziellen Angaben erstickt sind,[371][372] beschossen Gotteskrieger im nördlichen Sinai nahe der ägyptischen-palästinensischen Grenzstadt Rafah Kleinbusse mit Polizisten und töteten 25 Polizisten. Es handelte sich bei dem Blutbad seit Jahren um die schwerste Gewalttat auf der Sinai-Halbinsel, deren nördlicher Teil zunehmend außer Kontrolle geriet.[372] Am Abend des 29. August töteten Soldaten an einer Straßensperre vor dem Stützpunkt der Multinationalen Beobachtermission auf dem Sinai vier mutmaßliche Extremisten. Laut Angabe eines Angehörigen der Sicherheitskräfte sollen sich die bewaffneten Männer nach Beginn der Ausgangssperre mit ihrem Fahrzeug auf den Stützpunkt Al-Gora zubewegt und sich an dem Kontrollposten geweigert haben anzuhalten, worauf die Soldaten alle vier Insassen des Fahrzeugs getötet hätten. Die Multinationale Beobachtermission überwacht die Einhaltung des Friedensabkommens zwischen Israel und Ägypten. Seit dem Sturz des Präsidenten Mursi durch das Militär hatten die Angriffe militanter Islamisten auf Polizei und Armee im Norden der Sinai-Halbinsel zugenommen.[382]
Anfang September startete die ägyptische Armee eine großangelegte Offensive gegen militante Islamisten, die auf der Sinai-Halbinsel Stützpunkte errichtet hatten. Militärsprecher Ahmad Ali kündigte im September an: „Wir schreiten gegen die Terroristen ein, anstatt einfach nur auf Terroranschläge zu reagieren“.[381] Nach einer durch zwei Selbstmordanschläge bedingten kurzen Pause führte das Militär seine am 7. September begonnene Offensive auf dem Sinai gegen islamistische Extremisten fort, die als die größte derartige Offensive in der jüngeren Vergangenheit gilt.[309] Am Wochenende von Ende August zu Anfang September wurde auf der Sinai-Halbinsel der Al-Kaida-Anführer Adel Habara festgenommen. Beobachter vermuteten einen Zusammenhang zwischen der Festnahme und dem in der darauffolgenden Woche verübten und laut Korrespondentenberichten in seiner Art in Ägypten ungewöhnlichen Sprengstoffattentat auf den ägyptischen Innenminister Mohammed Ibrahim in Kairo, das die Muslimbrüderschaft scharf verurteilte.[265] Bis zum 10. September töteten Soldaten auf der strategisch wichtigen und an Israel und den Gazastreifen grenzenden Halbinsel Armeeangaben zufolge mindestens 29 Verdächtige.[309] Am 11. September zerstörte ein Selbstmordattentäter das Hauptquartier der Sicherheitskräfte in Rafah, wobei mindestens drei Menschen getötet und zehn weitere verletzt wurden.[44] Am 13. September griffen Kampfhubschrauber Stellungen mutmaßlicher Rebellen in einem Dutzend Dörfer südlich der Stadt Scheich Suwaid und in der Nähe von Arisch an.[309] Am 15. September meldete der Armeesprecher, „dem Terrornetzwerk Al-Kaida nahestehende Aufständische“ hätten auf dem Sinai seit Anfang Juli mehr als 100 Angehörige der Sicherheitskräfte getötet.[311][383] Bis Anfang Oktober beliefen sich die offiziellen Verluste der Sicherheitskräfte auf 125 Tote bei fast 1000 weiteren Verletzten.[381]
Am 5. Oktober wurden laut der staatlichen Nachrichtenagentur Mena bei einem Feuergefecht zwischen Soldaten und Aufständischen vier Menschen erschossen.[384] Bewaffnete hatten einen Armeeposten auf einer Verbindungsstraße zwischen Kairo und der Suezkanal-Stadt Ismailia angegriffen und wurden getötet, wobei in ihrem Fahrzeug Sturmgewehre gefunden worden seien.[385][384]
Der Süden der strategisch wichtigen Sinai-Halbinsel, wo auch der Badeort Scharm El-Scheich liegt, blieb hingegen Anfang Oktober ruhig,[44] bis am 7. Oktober zwölf Polizisten starben und Dutzende verletzt wurden, als eine Autobombe vor dem Hauptquartier der Sicherheitskräfte in Al-Tur detonierte, wo eine Sitzung hochrangiger Offiziere stattfand.[311][386][44] Über die mutmaßlichen Attentäter wurde zunächst nichts bekannt.[311]
Am 7. Oktober kam es landesweit zu Angriffen, bei denen 18 Angehörige von Armee und Polizei getötet wurden. In der Stadt Al-Tur im Süden der Sinai-Halbinsel starben nach Angaben aus Sicherheitskreisen zwölf Polizisten, als eine Autobombe auf dem Gelände der Sicherheitsdirektion detonierte. Dutzende wurden verletzt. In dem Gebäude fand zum Zeitpunkt des Anschlags eine Sitzung hochrangiger Offiziere statt.[311][386] Über die mutmaßlichen Attentäter wurde zunächst nichts bekannt.[311] In der Stadt Ismailia in der Nähe des Suez-Kanals erschossen Unbekannte sechs Soldaten, die sich bei einem Kontrollposten aufhielten.[311][387] 35 Menschen sollen bei dieser Attacke in der Nähe der Ortschaft Abu Suwair verletzt worden sein.[311][386]
Am 11. Oktober wurden mindestens neun Soldaten bei Bombenanschlägen auf ihre Fahrzeuge auf dem Sinai verletzt.[380] Am späten Abend des 16. Oktober brachen nach Angaben aus Sicherheitskreisen in der Nähe eines Kontrollpunkts der Sicherheitskräfte in der Stadt Arisch Kämpfe mit dem Militär aus, bei denen sechs „Aufständische“ getötet wurden.[260]
Am 13. Oktober wurde ein US-Amerikaner in seiner Gefängniszelle in Ismailia nahe dem Sueskanal erhängt aufgefunden. Sicherheitsbeamte sagten, er habe offenbar Selbstmord begangen. Der Mann war am 27. August unter dem Verdacht in Polizeigewahrsam genommen worden, gegen eine Ausgangssperre verstoßen zu haben. Das ägyptische Innenministerium teilte mit, zum Zeitpunkt seiner Festnahme hätten die Sicherheitskräfte auf eine Autobombe vor einer Polizeistation in der Stadt Sheikh Zwayed im Nord-Sinai reagiert. Seine Haft war am 26. August, einen Tag vor seinem Tod, um 30 Tage verlängert worden. Bereits im September war ein Franzose für angebliche Verletzung einer Ausgangssperre in Kairo in ägyptischer Haft gestorben, als ihn Mitgefangene zu Tode geschlagen hatten.[388]
Kritik
Die staatlichen ägyptischen Medien unterstützten den Kurs der neuen Führung widerspruchslos und gaben an, dass die Bevölkerung auf dem Sinai, darunter Beduinen, Stammesführer und lokale Würdenträger, die Armeeoffensive begrüße. Die fast vollständige Abriegelung der Sinai-Halbinsel durch das Militär erschwerte es dagegen Journalisten, ein objektives Bild der Lage zu erhalten. Im September wurde der Reporter Ahmad Abu Draa, der zuvor von Angriffen der Armee auf Zivilisten berichtet hatte, von Sicherheitskräften festgenommen und vom Militär beschuldigt, Falschmeldungen zu verbreiten und einen „Informationskrieg“ gegen die Übergangsregierungstruppen zu führen.[381]
Im Oktober wurde in den Medien gemeldet, dass es Journalistinnen der US-amerikanischen Online-Magazine Slate und McClatchy gelungen sei, auf den Sinai vorzudringen. Ihre Berichte bestätigen demnach Abu Draas Vorwürfe, dass die ägyptische Armee in der Region nicht nur gegen angebliche Aufständische vorgeht, sondern gegen jeden, der Kontakte mit mutmaßlichen Rebellen unterhält, womit in der von Stammesbeziehungen geprägten Beduinen-Gesellschaft fast jede Person betroffen sei.[381][389] [390] Die Anzahl der von der Armee getöteten Opfer unter den Zivilisten seit Beginn der Militäroperation belief sich nach Angaben von Ibrahim al-Minai, dem Anführer eines Bündnisses verschiedener Stammesgruppen auf dem Sinai, auf mindestens 52 Menschen, darunter 16 Frauen und Kinder. Zwei Tage, nachdem Minai mit der Journalistin Nadine Marroushi vom Online-Magazin Slate gesprochen hatte, soll das Militär seine beiden Häuser und die Versammlungshalle seines Stammesverbandes bombardiert haben. Der Chef der Sicherheitskräfte in Nordsinai, Generalmajor Samih Baschadi, wies die Vorwürfe zurück und gab an, nur ausgewählte Ziele anzugreifen, ohne Unschuldige zu treffen.[381]
Christoph Sydow fasste das Vorgehen des Militärs auf dem Sinai im Spiegel zusammen: „Üblicherweise laufen die Angriffe nach folgendem Muster ab: Zuerst greift die Armee Dörfer, in denen sie Kämpfer vermutet, mit Hubschraubern an. Anschließend rücken Bodentruppen ein. Das weitere Vorgehen unterscheidet sich dann nach Angaben von Augenzeugen von Dorf zu Dorf. Mal beschießen die Soldaten sämtliche Häuser mit Panzern, mal machen die Streitkräfte alle Häuser dem Erdboden gleich. Andernorts ziehen die Truppen plündernd von Haus zu Haus und nehmen alles mit, was sich zu Geld machen lässt.“[381]
Aufkommende Konflikte zwischen liberalen Oppositionellen und Staatsapparat
Während die salafistische Al-Nur-Partei, die sich bereit erklärt hatten, an der Gestaltung der Übergangsperiode mitzuwirken, von staatlicher Repression ausgenommen wurde,[78] teilten im September Medienberichte mit, dass sich die Machthaber nach dem Putsch nicht darauf beschränkten, die Muslimbrüder und ihre Verbündeten mit großer Härte zu bekämpfen,[78][391] sondern sich auch die Aktivisten der „Demokratiebewegung“ von ihnen bedroht sahen.[391] Repressionen der Staatsführung richteten sich demnach nicht nur gegen die Muslimbrüder und andere Unterstützer des vom Militär gestürzten Präsidenten, sondern auch gegen die säkulare Opposition, so dass auch Linke, Liberale und Gewerkschafter von der Willkür der Machthaber betroffen seien.[253] So protestierten mehrere Hundert Demonstranten vor der Generalstaatsanwaltschaft in Kairo mit Slogans auf ihren Transparenten wie „Achtung, der Mubarak-Staat ist wieder da!“ und Parolen wie „Nieder mit der Militärherrschaft!“ oder „Lasst alle Gefangenen frei!“. „Unter säkularen Aktivisten“, urteilte Martin Gehlen in der Zeit, gehe „inzwischen die Angst um, der Sicherheitsapparat werde sich nach den Muslimbrüdern nun auch die Kritiker aus den Reihen der Demokratiebewegung vorknöpfen.“ Während die „Hetzkampagnen in den gleichgeschalteten TV-Kanälen“ ungebrochen anhielten, würden sich die Anzeichen mehren, so Gehlen, „dass auch nicht-islamistische Oppositionelle mit exemplarischen Festnahmen, Gerüchten über Ermittlungsverfahren, Verhören sowie Anklagedrohungen zum Schweigen gebracht werden sollen“.[391]
Als frühes Beispiel wurde dem nach Wien geflohenen Mohamed el-Baradei, der sein Amt als Interims-Vizepräsident aus Protest gegen das Blutbad der Sicherheitskräfte Mitte August niedergelegt hatte, von der Justiz ein Prozess angekündigt, weil er das „öffentliche Vertrauen“ verraten habe.[391]
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Amr Hamzawy
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Wael Ghonim
Im weiteren Verlauf kam es laut Heba Moreyef von Human Rights Watch zu einer Einschüchterungskampagne des Machtapparates, beispielsweise gegen 35 der prominentesten Oppositionellen des Volksaufstandes gegen Mubarak von 2011. Darunter befanden sich der international bekannte Blogger Wael Ghonim, der liberale Politologe, Menschenrechtler und Vorsitzende der oppositionellen Partei Freiheitliches Ägypten, Amr Hamzawy, sowie die Mitbegründer der Demokratiebewegung 6. April, Esraa Abdel Fattah und Ahmed Maher, die alle beschuldigt wurden, für ihre politischen Aktivitäten finanzielle Leistungen von den USA und anderen Staaten erhalten zu haben. Bei diesen Maßnahmen handele es sich um eine einschüchternde Warnung für „die gesamte NGO-Szene“, da die neuen autoritären Machthaber nach dem Putsch gegen Mursi, wie dieser zuvor selbst auch, „nicht an einer politisch agilen Zivilgesellschaft interessiert“ seien.[391]
In der ersten Septemberhälfte wurde der investigative Journalist Ahmed Abu Daraa verhaftet und verhört sowie in der Presse als „Terrorist“ bezeichnet, nachdem er Ende August darüber berichtet hatte, dass durch Angriffe von Apache-Hubschraubern auf angebliche Extremisten-Verstecke auch Häuser von Zivilisten zerstört wurden.[391] Seine Berichte über Angriffe der Armee gegen islamistische Rebellen auf dem Sinai widersprachen den offiziellen Angaben, worauf er unter dem Vorwurf vor das Militärgericht gestellt wurde, Falschinformationen über das Militär verbreitet zu haben.[253] Zuvor war Ahmed Abu Daraa besonders durch Reportagen über den Menschenschmuggel auf dem Sinai bekannt wurde, in den er auch Polizei und Militär als verwickelt ansah. Laut Robert Mahoney von der Nichtregierungsorganisation Committee to Protect Journalists (CPJ) erinnere „die Festnahme von Ahmed Abu Deraa [...] an die Mubarak-Ära, in der Journalisten massiv gehindert wurden, über Aktivitäten des Militärs auf der Sinai-Halbinsel zu berichten“.[391] Der Prozess gegen Abu Daraa rief in Ägypten große Aufmerksamkeit hervor, da er gleichzeitig die Frage der Pressefreiheit und die der Militärprozesse gegen Zivilisten berührte und damit zwei zentrale Forderungen des zurückliegenden Volksaufstandes gegen Husni Mubarak.[8] Zur selben Zeit wie Daraa wurde auch Haitham Mohamadeen verhaftet und verhört, ein Arbeiter- und Menschenrechtsanwalt und Mitbegründer der Partei revolutionärer Sozialisten, die sich als eine der wenigen säkularen Gruppierungen gegen die neue Militärherrschaft der Putschisten gegen Mursi ausgesprochen hatte.[391] Er galt als „eines der bekannten Gesichter der Revolution“ und wurde Anfang September beschuldigt, einer Geheimorganisation anzugehören, war jedoch Mitte September wieder auf freiem Fuß.[253] Laut Mohammed Kamal, Mitglied im Führungsbüro der Bewegung des 6. April, waren die Verhaftungen Teil der Bekämpfung der revolutionären Opposition von 2011 durch das Putschregime von 2013: „Das Regime wendet sich gegen alle Revolutionäre vom 25. Januar 2011“. Die Aktivisten der Bewegung des 6. April, die während der ägyptischen Revolution 2011 maßgeblich am Sturz Husni Mubaraks beteiligt waren und weltweit als „Helden des Arabischen Frühlings“ gefeiert wurden, sollen nach dem Militärputsch gegen Mursi „endgültig in die Defensive“ (taz) gegenüber der neuen säkulare Führung geraten sein, die gegen Oppositionelle vorgehe. Laut Kamal würden die Aktivisten der 6.-April-Bewegung nun von fast allen TV-Kanälen ausgeschlossen und auch Falschnachrichten gezielt verbreitet, um kritische Gruppierungen zu diskreditieren. Trotz einer im Verfassungskomitee festgehaltenen offizielle Quote für die Jugend seien die Aktivisten des 6. April nicht berücksichtigt worden. Profiteur sei die Tamarod-Bewegung, die als jene Bewegung, die erfolgreich gegen den Präsidenten Mursi mobilisiert hatte und jetzt bedingungslos das Militär unterstützte, anstelle der Bewegung des 6.-April zwei Personen in das Verfassungskomitee entsenden durfte.[253] Laut Bahieddin Hassan, Direktor des Cairo Institute for Human Rights Studies wurden auch Mitarbeiter lokaler Menschenrechtsgruppen durch die neuen Machthaber nach dem Putsch „als fünfte Kolonne der Muslimbrüder verteufelt, als ausländische Agenten oder als Homosexuelle“.[391]
Ezzedine Choukri Fishere, ehemaliger ägyptischer Botschafter in Israel, machte zwar Ende August die Muslimbrüder weiterhin für den Militärputsch verantwortlich, indem er ihnen vorwarf, das Militär zur Absetzung Mursis eingeladen zu haben. Doch bezeichnete er das Militär dabei selbst als undemokratisch und sah den Zeitrahmen, in dem eine „stabile Demokratie“ den Autoritarismus ablösen werde, als ungeklärte Frage an. Obwohl er sich von der Betrachtung der Ereignisse als Putsch oder Coup distanzierte, sprach er davon, dass „sich in Ägypten Demokraten mit der Diktatur arrangieren“ und es keine Alternative dazu gebe, „um Ägypten in die Richtung einer pluralistischen Demokratie zu lenken“, auch wenn im Laufe der Ereignisse „Hunderte von unschuldigen Zivilisten getötet“ worden seien. Letztendlich zähle er darauf, dass „keine der beiden nicht demokratischen Kräfte Ägypten dauerhaft beherrschen können [werde], weder die Muslimbruderschaft noch das Militär“. Die Generäle könnten sich seiner Ansicht nach ihre Unterstützung nicht mehr allein durch Manipulation der Medien, Erfindung und Lancierung politischer Figuren und Wahlfälschung versichern.[71]
Nach Einschätzung von Cilja Harders, Leiterin der Arbeitsstelle „Politik des Vorderen Orients“ an der Freien Universität Berlin, von Ende August, müsse das Militär sein hartes Vorgehen gegen die Islamisten auf wenige Monate beschränken und in diesem Zeitraum sein Versprechen von Sicherheit und Stabilität einlösen, um den Rückhalt von anderen politischen Kreisen nicht zu verlieren: „Wenn die anderen politischen Kräfte den Eindruck gewinnen, dass sich die Repression im Zweifel auch gegen sie selbst wenden kann, werden sie eine harte Linie des Militärs nicht endlos weitertragen.“[256]
Der Leiter der Egyptian federation of independent trade unions (EFITU), einer Gruppe, die während der zur Absetzung Mubaraks führenden Aufstände von 2011 gegründet worden war, warnte Ende September, Ägypten könne eine „dritte Revolution“ bevorstehen, wenn die Interimsregierung nicht den Forderungen der frustrierten Arbeiterbewegung entgegenkomme. Forscher wiesen zudem darauf hin, dass eine Auflösung der Muslimbruderschaft einen verheerenden Effekt auf deren Fahigkeit haben würde, humanitäre Programme aufrechtzuerhalten, die in der Vergangenheit medizinische Hilfe und Nahrung für Millionen von Ägyptern geboten hatten. Steven Brooke, der als Wissenschaftler das Ausmaß der Sozialarbeit der Muslimbruderschaft untersuchte, sagte, jede Entscheidung zu einem Verbot der Muslimbruderschaft werde starke soziale Auswirkungen haben. Das von der Muslimbruderschaft geleistete Ausmaß an medizinischer Hilfe könne nicht von dem dazu unfähigen Staat und nur schwer von anderen Wohlfahrtsverbädnen erreicht werden.[67]
Martin Gehlen warf dem militärgestützten Regime Anfang Oktober in der Zeit eine Politik von „Ressentiments, Ausländerhass und Größenwahn“ vor, die keinen Widerspruch westlicher Vertreter bei der Einstufung der Muslimbruderschaft als terroristische Vereinigung gelten lasse: „Die Anhänger der neuen herrschenden Klasse fantasieren ihre Heimat inzwischen hoch zum globalen Vorbild im Kampf gegen den Terrorismus. Wie aggressive Sektenmissionare fallen sie über jeden westlichen Gesprächspartner her, bezichtigen ihn der Ignoranz, seine Regierung als fünfte Kolonne der Muslimbrüder und willigen Mitläufer einer amerikanisch-israelischen Megaverschwörung zur Aufteilung Ägyptens. Wer dieses gegen jede Kritik immunisierte Terroristen-Narrativ nicht teilt, ist als Gesprächspartner von vorneherein verdächtig. Anreisende westliche Politiker, die für eine Reintegration der Muslimbrüder werben, werden bestenfalls noch höflich angehört. Stattdessen greifen faktenfreie Ressentiments, blinder Ausländerhass und chauvinistischer Größenwahn in so massiver Weise um sich, als habe es die politische Selbstbefreiung des 80-Millionen-Volkes mit ihrer Revolution im Januar 2011 nie gegeben.“[332]
Patrick Kingsley berichtete Anfang Oktober im Guardian, dass, während Unterstützer Mursis ihren Protest gegen die „brutale“ Behandlung von Islamisten durch die Armee oft bis hinein in die nächtliche Ausgangssperre fortsetzen würden, eine noch kleinere Minderheit der Ägypter während der Sperrstunde durch Schlagen auf Töpfe und Pfannen von ihren Küchenfenstern aus ihrer Opposition gegenüber dem Autoritarismus sowohl der Armee als auch der Muslimbruderschaft Ausdruck verleihen wollten.[5][392][393] Die Mehrheit der Ägypter sehe als Auswahl jedoch nur Armee oder Muslimbruderschaft an und habe sich auf die Seite der Armee gestellt.[5]
Menschenrechtsorganisationen stuften das gewaltsame Vorgehen der Sicherheitskräfte nach dem Sturz Mursis als schlimmer ein als in den letzten Mubarak-Jahren, als Beschwerden zumindest gelegentlich nachgegangen worden sei. Das Innenministerium wurde nun von Mohammed Ibrahim geführt, der für sein blutiges Vorgehen, wie beispielsweise in einem Lager von Flüchtlingen aus dem Sudan im Jahr 2005, bekannt war. Anfang Oktober befürchteten Menschenrechtsorganisationen eine Ausweitung des von Staatsrepressalien gefährdeten Kreises. Bei den in den vorangegangenen Wochen vorgenommenen Festnahmen von allein in Kairo über 3000 Anhängern Mursis war die Polizei oft überfallartig im Morgengrauen in Wohnungen eingebrochen, obwohl die Gesuchten keinen Widerstand leisteten. Dies wurde als Versuch gewertet, wieder ein Klima der Angst zu verbreiten. Rashid Hammuda, ein in London lebender Politologe, wertete in einer ägyptischen Tageszeitung die Verhaftung von Mohamadeen und Daraa sowie die Polizeirazzia in einem Büro der Jugendorganisation 6. April als klare Warnung der Militärführung an die revolutionäre Jugend, die Militärführung könne mit den Revolutionären dasselbe tun wie mit den Muslimbrüdern. Ahmed Maher von der Jugendbewegung 6. April erklärte, man sei wieder auf den Anfang zurückgeworfen. Die Jugendbewegung 6. April führte die ersten, vorsichtigen Proteste gegen die Verlängerung des Ausnahmezustandes an, zu denen - wie Astrid Frefel in der NZZ kommentierte, „wieder ebenso viel Mut wie am 25. Januar 2011“ gehörte habe.[44]
Das Arabische Netzwerk für Menschenrechte gab an, das Justizministerium habe zwei neue Gesetze mit einer weit gefassten, unklaren Definition des Begriffs „Terror“ ausgearbeitet, unter die praktisch jeder Protest falle, um Restriktionen gegen Regimekritiker durchzusetzen. Dies bedeute eine Umkehr der Errungenschaften der Revolution von 2011 und zeige die Absicht des Staates, die Menschen zum Schweigen zu bringen und zu einem Polizeistaat zurückzukehren. Zudem dehnte die Übergangsregierung die Untersuchungshaft für schwere Anschuldigungen von 15 auf 45 Tage aus und das Justizministerium übertrug den privaten Sicherheitsdiensten an den Universitäten polizeiliche Vollmachten. Vertreter der Übergangsregierung, insbesondere liberale Minister, betonten dagegen immer wieder, es sei nicht von einer Rückkehr zu einem Polizeistaat zu sprechen, sondern es gelte die Gefahr durch die Muslimbruderschaft zu bannen.[44]
Das Editorial des Guardian vom 9. Oktober bezeichnete Ägypten als „Land im Griff einer Diktatur“, für das neben den Tötungen auch die Anzahl der das Land verlassenden Ägypter signifikant sei sowie die Bestätigung vieler, die in Opposition zu Mursi gestanden hatten wie etwa el-Baradei, dass Ägypten sich nun in Richtung des „Faschismus“ bewegte.[9] Opponenten würden als Nicht-Ägypter gebrandmarkt. So hatte el-Baradei Ende September öffentlich über Twitter gemahnt, in Ägypten laufe eine „systematische faschistische Kampagne von ‘hoheitlichen Quellen’ und ‘unabhängigen’ Medien gegen das Beharren auf dem Wert des Menschenlebens und der Unumgänglichkeit des nationalen Konsens“. El-Baradei war selbst Ziel einer Schmähkampagne von Journalisten und Politikern geworden, die seinen Rücktritt als Vizepräsident der Interimsregierung als „unpatriotisch“ bezeichnet hatten und ihn beschuldigten, die Übergangsregierung in einem kritischen Moment im Stich gelassen zu haben. Später wurde er beschuldigt, mit der internationalen Muslimbruderschaft kollaboriert zu haben, um die post-Mursi-Übergangsregierung zu sabotieren.[394]
Proteste an Universitäten
Seit Mitte September das neue akademische Jahr begonnen hatte, wurden die großen Universitäten des Landes regelmäßig Schauplatz von Demonstrationen unter dem Motto „Studenten gegen den Putsch“. Die Studierenden verlangten insbesondere die Freilassung aller in den vorangegangen Wochen verhafteten Kommilitonen, beklagten sich jedoch auch über die schlechten Bedingungen an den Universitäten. Vereinzelt gab es Zusammenstöße mit Studenten, die sich hinter das Militär und die von ihm eingesetzte Übergangsführung stellen.[35] Damit hatten die aus dem Putsch gegen Mursi hervorgegangenen Unruhen in Ägypten auch die Universitäten des Landes erfasst. Mindestens 29 Menschen wurden verletzt, als es nach Angaben staatlicher Medien und Sicherheitskreise am 28. September zu Auseinandersetzungen zwischen Anhängern und Gegnern Musis in drei Hochschulen in Kairo und Städten im Nil-Delta kam. Einige Beteiligte trugen demnach Schusswaffen und Brandsätze bei sich.[395]
Am 20. Oktober kam es in Kairo zum zweiten Protesttag in Folge an der Al-Azhar-Universität, die zu den angesehensten Bildungseinrichtungen der islamischen Welt gehört und an der viele Anhänger der Muslimbruderschaft studierten.[277] Bei den Demonstrationen der Studenten der Universität gegen die Regierung und das Militär[396] ereigneten sich Zusammenstöße zwischen der Polizei und Anhängern Mursis.[396][277] Die Demonstranten hatten versucht zu der Stelle vorzudringen, an der sich bis August eines der Mursi-Protestcamps befunden hatte.[396] Die Polizei belagerte die Universität, in der sich Hunderte von Mursi-Anhängern befanden,[277] und setzte Tränengas gegen sie ein.[396] Die Studenten warfen Medienberichten zufolge im Gebäude Steine.[277][397] Die Polizei soll ein Dutzend Studenten festgenommen haben. Das ägyptische Innenministerium behauptete, rund 3000 Demonstranten hätten die Straßen rund um den Campus blockiert, weshalb die Intervention notwendig geworden sei.[396]
40. Jahrestag des Jom-Kippur-Krieges (6. Oktober)
Anlässlich des 40. Jahrestages des Jom-Kippur-Krieges mit Israel, der von der ägyptischen Übergangsregierung als ägyptischer Sieg betrachtet wurde,[392] hatten sowohl Anhänger des gestürzten Präsidenten Mursi als auch Unterstützer der Armee, die Mursi gestürzt hatte, zu Kundgebungen aufgerufen.[385] Bei den Kundgebungen und Protesten kam es mehrfach zu Zusammenstößen zwischen Islamisten und ihren Gegnern. Sicherheitskräfte gingen massiv gegen Unterstützer der Muslimbruderschaft vor.[398] Zuvor hatten Armeeführung beziehungsweise Regierung den Militärgegnern offen gedroht und angekündigt, dass jeder, der „an diesem Jahrestag gegen die Armee demonstriert“, als Agent für ausländische Mächte und nicht als Aktivist oder Demonstrant betrachtet werden würde.[399][37][383][400][401] Tausende Anhänger der Muslimbrüder demonstrierten erneut trotz Warnungen der Regierung für den vom Militär gestürzten Präsidenten.[398]
Die Demonstrationen des 6. Oktober waren die größten seit Wochen. Dennoch erreichte kein einziger der vielen Protestmärsche den Tahrir-Platz. Die Mehrheit der landesweit über 50 getöteten Demonstranten, von denen die meisten bei Straßenschlachten in Kairo ums Leben kamen, sollen laut Ärzteberichten mit scharfer Munition getötet worden sein. Zum ersten Mal seit dem Sturz des Präsidenten Mursi ging ein großer Teil der gegen die Islamisten gerichteten Gewalt von Zivilisten aus. In mehreren Vierteln Kairos kam es zu brutalen Attacken auf die Demonstranten. Augenzeugen berichteten, dass Anwohner mit Rückendeckung der Sicherheitskräfte das Feuer auf Mursi-Anhänger eröffnet hätten. Die Krawalle zwischen Mursi-Anhängern, Quartierbewohnern und Schlägertrupps dauerten vielerorts bis spät in die Nacht an. Die Muslimbruderschaft nannte das Ereignis ein weiteres „Massaker“, während die Regierung von einer „Fortsetzung des Kampfes gegen den Terrorismus“ sprach.[401]
Opfer
Am 6. Oktober wurden bei den seit dem 4. Oktober andauernden landesweiten Protesten der Muslimbrüder gegen Übergangsregierung und Militär nach offiziellen Angaben mindestens 57 Menschen getötet, davon mindestens 46 in Kairo (mindestens 24 in Gizeh), sechs in Bani Sweif und zwei in Minya (mindestens einer in Delga).[9][402][403][386][10][383][398][385][384] Fast alle Todesopfer stammte aus den Reihen der Mursi-Anhänger.[401] Die meisten der Opfer seien an Schusswunden gestorben.[384][400] Darüber hinaus gab es nach offiziellen Angaben 391 Verletzte, bei 191 der Verletzten handele es sich um „kritische Fälle“ mit Frakturen und Schusswunden in Brust und Kopf und Kopftraumata.[402] Schon am 6. Oktober hatten internationale Medien gemeldet, dass mehrere der getöteten Islamisten Schusswunden an Kopf und Körper aufwiesen.[399]
Hergang
In Kairo wurden insgesamt mehrere Stadtviertel Schauplatz stundenlanger Straßenkämpfe,[385][392][404] wie beispielsweise am Ramses-Platz.[405]
Zu tödlichen Gewaltszenen kam es, als in Kairo Zehntausende Unterstützer von Mursi in Richtung Tahrir-Platz marschierten, auf dem sich bereits Tausende Unterstützer der Armee oder Anhänger der militärgestützten Interimsregierung versammelt hatten,[398][385] während ursprünglich Islamisten dort eine Großkundgebung geplant hatten.[385][399] Soldaten, Polizei und bewaffnete „Bürgerwehren“ blockierten den Mursi-Unterstützern den Weg und begannen zu schießen.[392] Die Polizei schoss in der Umgebung des Tahrir-Platzes mit Schrot, Tränengas und Gummigeschossen,[404][384][399] später auch Salven aus Schnellfeuerwaffen, um die Anhänger Mursis zurückzudrängen.[384] Der Einsatz der Sicherheitskräfte richtete sich in erster Linie gegen Mursi-Anhänger.[404] Die Mursi-Anhänger wurden durch den Polizeieinsatz in das Stadtviertel Dokki in Westkairo zurückgedrängt. Bereitschaftspolizisten fassten Demonstranten und schlugen auf sie ein, bevor sie diese in Handschellen abführten, während Anwohner Beifall klatschten. In einem anderen Stadtteil sprangen Demonstranten in den Nil, als sie von Polizisten verfolgt wurden.[404] Nach Angabe des Fotografen Mosa'ab Elshamy, der an der Spitze des Protestmarsches teilnahm, wurde dem Protestzug der Mursi-Unterstützer, der Dokki um etwa 15 Uhr erreichte und weitgehend aus Familien, Frauen und Kindern bestanden haben soll, zunächst mit Tränengas, daraufhin mit Plastikgeschossen und schließlich mit scharfen Schüssen begegnet.[392] Banden von Bürgerwehren und Polizisten in Zivilkleidung attackierten in einigen Straßen Leute, die sie verdächtigten, Ausländer, Journalisten oder Muslimbrüder zu sein.[392] Patrick Kingsley berichtete im Guardian berichtete, dass Polizei, Armee und säkulare Anwohner auf der Westseite des Tahrir-Platzes Kugeln und Tränengas auf den Protestmarsch abgefeuert hätten. Entgegen einiger Berichte, die behaupteten, dass einige Personen im Protestmarsch Schusswaffen mit sich führten, hätten sich laut Elshamy die Protestteilnehmer, unter denen sich auch nicht mit der Muslimbruderschaft verbundene Fußballfans des harten Kerns befanden, drei Stunden lang durch Würfe von Steinen und brennenden Reifen behauptet, bis sie sich zurückzogen. Beim Rückzug seien einige niedergeschossen worden.[392] Andere Medien gaben an, Mursis Unterstützer hätten unter anderem Brandbomben auf die Polizei geworfen, worauf diese mit Schüssen und Tränengas reagiert habe.[385] Wieder andere Berichte sprachen davon, dass Demonstranten gegen Sicherheitskräfte „Feuerbomben“ eingesetzt und mit „Vogelschrot“ geschossen hätten.[399] Stefan Maier gab in der Tagesschau an, einige „Muslimbrüder“ hätten zur Gewalt gegriffen, die „mehr und mehr Gegengewalt“ erzeugt habe. Anwohner hätten dann Steine von den Häusern geworfen.[406] Auf der Ostseite des Tahrirplatzes fand weiter die Veranstaltung der Armeeunterstützer statt.[392] An dem von zahlreichen Panzern und gepanzerten Truppenfahrzeugen gesicherten Tahrir-Platz mussten sich die Besucher vor dem Zugang zum Platz strengen Kontrollen unterziehen. Viele der pro-Militär-Demonstranten trugen Porträts von Armeechef Sisi.[398][37]
Nach offiziellen Angaben nahm die Polizei über 423 Anhänger der Muslimbruderschaft fest, denen vom Innenministerium unter anderem Vandalismus und Schusswaffeneinsatz vorgeworfen wurden.[385][384] Die Muslimbruderschaft forderte auf ihrer Internetseite eine internationale Untersuchung der Vorfälle.[385] Vereinzelt kam es am 6. Oktober auch zu gewaltsamen Übergriffen der islamistischen Demonstranten auf Anhänger der Armee.[401] So verprügelten nach Angaben von Aktivisten islamistische Demonstranten in Kairo die bekannte Fernsehmoderatorin Buthaina Kamel, eine erklärte Gegnerin der Muslimbruderschaft, die 2012 als einzige Frau versucht hatte, für das Präsidentenamt zu kandidieren und zu den Mitbegründern der Bewegung „Schayfeenkom“ gehörte.[398][401] Fast alle Todesopfer an diesem Tag stammten dagegen aus den Reihen der Mursi-Anhänger.[401]
Auch in anderen Städten postierten sich Sicherheitskräfte um die wichtigsten Plätze.[398][399] In Alexandria, Suez und Aswan kam es ebenfalls zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Mursi-Anhängern und -Gegnern.[404][400][37]
Reaktionen und Stellungnahmen
Während das Präsidialamt der Interimsregierung Landesverrat im Auftrag ausländischer Mächte als verantwortlich für die Proteste vermutete, verteidigte Diaa al Sawy, ein Sprecher der oppositionellen Allianz, die Märsche der Mursi-Unterstützer auf den Tahrir-Platz als legitim. Der Protest habe sich nicht gegen die Armee als nationale Institution gerichtet, sondern gegen einzelne Offiziere, welche die Truppe zu einer Miliz umwandeln wollten.[37]
In einem vor der Gewalt vom 6. Oktober aufgenommenen und am 7. Oktober in einer privaten ägyptischen Tageszeitung veröffentlichten Interview erklärte Militärchef Sisi, er habe Mursi im Februar erklärt, dass Mursi gescheitert und sein Projekt beendet sei. Mursi habe Ägypten in Richtung eines Bürgerkrieges getrieben. Die nationalen ägyptischen Interessen würden sich von denen der Organisation der Muslimbruderschaft unterscheiden.[61][409]
Der ehemalige ägyptische Mufti Ali Gum'a forderte vor einem Publikum, in dem sich Militärchef Sisi, Militäroffiziere und versammelte Polizeichefs befanden, dazu auf, die Protestierenden zu erschießen: „Schießt [scharf) mit voller [Kraft]. Wir müssen unsere Stadt und unser Ägypten von diesen Hooligans säubern. Sie verdienen nicht unsere ägyptische [Identität].“,[336][407] „Schlagt auf sie ein und opfert nicht eure Soldaten für diese Ketzer“.[408]
Vorwurf der Straffreiheit bei Verbrechen gegen Mursi-Anhänger
Markus Symank schrieb einen Tag nach den Vorfällen vom 6. Oktober für die Deutsche Welle, dass keine „unabhängigen Untersuchungen zu den Massakern an islamistischen Demonstranten während der vergangenen Monate“ durchgeführt worden seien. „Sicherheitskräfte wie auch Zivilisten, die auf Seiten der Übergangsregierung kämpfen“, so Symank, hätten „in dem derzeitigen Klima der Straffreiheit keine Konsequenzen zu befürchten.“ Es sei kurze Zeit zuvor ein Video bekannt geworden, in dem Armeechef Abdel Fattah al-Sisi den Sicherheitskräften außerdem zusichere, „dass sie keine rechtlichen Konsequenzen zu fürchten hätten, sollten Demonstranten durch ihr Vorgehen umkommen.“[401]
Einfrieren von Teilen der US-Militärhilfe
Am 9. Oktober teilte das US-Außenministerium mit, die US-Regierung werde bestimmte großformatige militärische Systeme sowie finanzielle Unterstützung für die ägyptische Übergangsregierung zunächst zurückhalten, bis ein „glaubwürdiger Fortschritt“ in den politischen Reformen seit dem Sturz von Präsident Mursi gemacht und eine neue Regierung in freien und fairen Wahlen bestimmt worden sei.[410][411][412]
Umfang und Form der Einschränkungen
Mit dem Beschluss zu den Einschränkungen der Militärhilfe kürzten die USA erstmals seit dem 30 Jahre zurückliegenden Friedensvertrag von Camp David ihre jährliche Militär- und Wirtschaftshilfe für Ägypten von 1,5 Milliarden Dollar deutlich.[413] Unter anderem wurde damit die Lieferung von Kampfhubschraubern, Kampfflugzeugen und Panzern vorerst gestoppt.[411] Der genaue Betrag der geplanten Kürzung wurde zunächst nicht offiziell bekanntgegeben,[410] doch sollten von den mehr als 1,2 Milliarden Dollar Militärhilfe vorerst 260 Millionen Dollar an Geldleistungen eingefroren werden.[411][412] Weder Mittel für den Grenzschutz und die innere Sicherheit noch für Gesundheit und Bildung seien von der Maßnahme betroffen.[410][411] Kurz vor der offiziellen Mitteilung war am selben Tag bekanntgeworden, dass der Anteil der Finanzhilfe, der nicht an die Regierung, sondern an andere Institutionen in Ägypten gehe, ungekürzt bleiben solle.[333] Während ein Teil der US-Militärhilfe an Ägypten eingefroren werden sollte, sollten „Mittel zur Bekämpfung des Terrorismus sowie für die Sicherheit auf der Halbinsel Sinai an der Grenze zu Israel“ weiter gezahlt werden.[412][414] Auch die Lieferung von Ersatzteilen und die Zusammenarbeit bei militärischem Training werde fortgesetzt.[412][413] Neben der militärischen Unterstützung werde auch die Fortführung der Wirtschaftshilfe geprüft, wofür eine Entscheidung noch in derselben Woche möglich sei.[414] Reuters meldete, die US-Regierung habe „nach dem Sturz des islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi im Juli“ angekündigt, „die Zahlung von rund 585 Millionen Dollar für militärische Zwecke auszusetzen“ und wolle dies einem „Insider zufolge [...] nun fortsetzen“.[414] Es werde noch in derselben Woche die offizielle Mitteilung der Kürzung der US-Militär- und Wirtschaftshilfe für Ägypten um mehrere Hundert Millionen Dollar erwartet.[333] Von den ungekürzten jährlichen Zahlungen der USA „an Ägypten“ von 1,5 Milliarden Dollar belief sich die Militärhilfe auf 1,3 Milliarden Dollar.[333][410]
Die Zahlungen wurden nach dem Sturz Mursis im Juli vorerst gestoppt. Die noch nicht ausbezahlte US-Hilfe für das Haushaltsjahr 2013 in Höhe von 584 Millionen Dollar wurde kurz zuvor auf einem Sonderkonto „geparkt“, so dass sichergestellt wurde, dass der US-Regierung der Zugriff auf das Geld auch nach Ende des Haushaltsjahrs am 1. Oktober möglich blieb.[410] In den USA, deren Regierung bis zu diesem Zeitpunkt vermied, bei dem Militärputsch gegen Mursi offiziell von einem Putsch zu sprechen, weil sie in diesem Fall rechtlich verpflichtet wäre, die Finanzhilfen sofort einzustellen,[333] plädierten immer mehr US-Abgeordnete mit Verweis auf die anhaltende Gewalt in Ägypten dafür, die Hilfszahlungen zu stoppen.[333][414] Eine Kürzung sei bereits seit dem Sturz von Präsident Mursi durch das Militär im Gespräch gewesen, Ende August hätten die Sicherheitsberater von US-Präsident Obama auch offiziell eine Kürzung empfohlen.[333] Bereits im Juli hatten die USA die Lieferung von vier F-16 Kampfjets an Ägypten gestoppt.[411] Auch anderes schweres Kampfgerät wie Abrams M1A1 Panzer, Abwehrraketen und Apache-Hubschrauber wurden bereits seit Anfang Juli nicht mehr ausgeliefert.[413]
Das Geld der jährlichen Militärhilfe der USA an Ägypten kommt hauptsächlich US-amerikanischen Rüstungskonzernen zugute, da die Militärhilfe zu großen Teilen an die Lieferung von in den USA hergestellten Waffen gebunden ist.[411]
Reaktionen und Bedeutung
Die Qualifizierung als „Putsch“ nahm die US-Regierung nach wie vor nicht offiziell für den Militärputsch gegen Präsident Mursi im Juli vor.[415] Noch Anfang Oktober war die noch ausstehende Tranche für das Jahr 2013 überwiesen worden.[188] US-Außenminister Kerry versicherte, es gehe den USA „keineswegs um einen Rückzug aus der Beziehung“ mit der militärgestützten ägyptischen Führung: „Wir wollen, dass die Übergangsregierung Erfolg hat.“ Ein direkter und klarer Bezug der Einschränkung des US-Engagements zu dem gewaltsamen Vorgehen der Militärregierung gegen die Demonstranten und Anhänger des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi wurde nicht genannt.[412]
Die ägyptische Übergangsregierung bezeichnete den Beschluss der US-Regierung als „falsch“ und die Frage aufwerfend, „ob die USA bereit sind, die Bemühungen der ägyptischen Regierung für mehr Sicherheit im Land zu unterstützen“. Ägypten werde sich „ausländischem Druck“ nicht beugen und in inneren Angelegenheiten auch künftig „vollkommen unabhängig entscheiden“.[412]
Sebastian Sons, Ägypten-Experte des Deutschen Orient Instituts, bewertete die Kürzungen der US-Regierung als „eher halbherzigen Schritt“ und rechnete aufgrund der Sicherheitsrisiken nicht damit, dass die US-Regierung die durch den Putsch hervorgegangenen Machthaber komplett fallen lasse. Ägypten kontrollierte den strategisch wichtigen Suez-Kanal, war neben Jordanien der einzige Staat der Region, der Frieden mit Israel geschlossen hatte und fungierte als einer der zentralen Verbündeten der USA in der Region. So war Ägypten nach Israel bislang auch der zweitgrößte Empfänger von US-Militärhilfe. Laut Sons sei die US-Führung der Überzeugung, dass das ägyptische Militär der „vertrauenswürdigste und sicherste Partner“ sei, um „Stabilität, Sicherheit für Israel, die Bekämpfung des internationalen Terrorismus, die Eingrenzung der Muslimbrüder“ als Ziele der US-Politik umzusetzen. Tatsächlich, so Sons, „seien die USA sogar froh darüber, dass die Muslimbrüder nicht mehr an der Macht seien“.[412]
Robert Springborg, Ägypten-Experte an der Naval Postgraduate School in den USA, bezeichnete die Kürzungen als unwirksame und eher „symbolische Geste“: „Das wird überhaupt keine Auswirkungen auf das Verhalten von Militär und Regierung in Ägypten haben“, „Das ägyptische Militär wird seine Strategie nicht wegen ein paar Panzern und Flugzeugen ändern."[412]
Martin Gehlen kommentierte dagegen in der Zeit, der Lieferstopp werde Ägyptens Armee härter treffen, als die betroffenen Geldbeträge vermuten ließen. Nach einer Bilanz des Congressional Research Service seien 80 Prozent aller ägyptischen Waffenkäufe aus dem US-Haushalt finanziert, und die gesperrte US-Militärtechnik sei auch dann nicht zu ersetzen, wenn die reichen Golfstaaten wie Saudi-Arabien die Unterstützung übernehmen. Falls die US-Regierung in einer zweiten Phase auch noch Ersatzteillieferungen und Wartungsverträge stoppen würden, so Gehlen, werde die Einsatzkraft der ägyptischen Armee rapide verfallen, da die Infrastruktur des ägyptischen Militärs für Wartung und Reparatur seiner Panzer, Hubschrauber und Flugzeuge unzureichend sei.[413]
Khaled Elgindy vom US-amerikanischen Brookings Institut, bemängelte, der Beschluss zur Kürzung „tue niemandem wirklich weh“, Er glaube nicht, dass die USA damit die im Bezug auf Menschenrechte und Demokratie-Standards wichtigen, deutlichen Signale gesendet habe.[412]
Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, bot den zuständigen ägyptischen Stellen Zusammenarbeit mit dem IWF bei der Stabilisierung der ägyptischen Wirtschaft an. Der IWF könne als Partner in bestehende Kooperationen zwischen Ägypten und den Golfstaaten eintreten. Vor dem Putsch Mursis im Juli hatte es Verhandlungen um einen 4,8 Milliarden Dollar umfassenden Kredit des IWF an Ägypten gegeben. Die neue Militärführung, die nach dem Putsch bereits mit Milliardenbeträgen von reichen Golfstaaten unterstützt wurde, nahm jedoch „angesichts der mit den Kredithilfen verbundenen unpopulären Auflagen“ (Reuters) keine Verhandlungen mit den IWF-Vertretern auf.[416][417]
Ausarbeitung einer neuen Verfassung
Verfassung von 2012
Nach ihrem Sieg in den ersten freien ägyptischen Wahlen 2012 hatte die Muslimbruderschaft ein Gremium bestimmt, das das unter Husni Mubarak geltende Grundgesetz ersetzen sollte. Nachdem die Mitglieder monatelang keinen Entwurf vorgelegt hatten, hatte der damals neu gewählte Staatspräsident Mursi schließlich im November 2012 die Entwicklung selbst vorangetrieben. Laut Stephan Roll von der Stiftung Wissenschaft und Politik hatte sich Mursi dabei „über das Gesetz gestellt und die Verfassung im Schnelldurchlauf vom Verfassunggebenden Komitee verabschieden lassen“.[418] Die Verfassung war von der Bevölkerung per Referendum mit einer Mehrheit von 64 Prozent der Stimmen bestätigt worden, unter teilweisem Boykott der Opposition und bei einer Wahlbeteiligung von 33 Prozent.[419] „Die Verfassung war seither“, so Roll, „sicherlich ein ganz zentraler Streitpunkt zwischen Muslimbruderschaft und Opposition.“[418]
Merkmale der Verfassung von 2012 waren unter anderem:
- Die Prinzipien der Scharia blieben wie in den früheren Verfassungen Grundlage der Gesetzgebung (Artikel 2).[418][21][66][68][75][76][74]
- Die Interpretation dieser Prinzipien wurde nicht länger dem Verfassungsgericht, sondern den Gelehrten des Al-Azhar Islam-Instituts überlassen (Artikel 4).[418][21][68][75][76][74]
- Die Unabhängigkeit der Justiz wurde in einigen Punkten gestärkt. Entsprechende Passagen in der Verfassung konnten allerdings mit Gesetzen ausgehöhlt werden.[418]
Erarbeitung des neuen Entwurfes
Am 3. Juli 2013 war die Verfassung nach dem Sturz Mursis durch das Militär von Militärchef Sisi außer Kraft gesetzt worden.[418][419] Vier Verfassungsexperten und sechs hochrangige Richter erhielten den Auftrag, ab dem 21. Juli erste Vorschläge für ein neues Grundgesetz zu erarbeiten.[418][419] Seit Anfang September ließ die Übergangsregierung ein neues Verfassunggebendes Komitee mit 50 Mitgliedern über die Änderungsvorschläge für den neuen Verfassungsentwurf beraten. Der Verfassungswentwurf sollte dann Anfang November 2013 präsentiert werden. Der Plan sah vor, dass die ägyptische Bevölkerung anschließend innerhalb von 30 Tagen in einem Referendum über den Verfassunsgentwurf abstimmt.[418][419] Das Vorliegen einer überarbeiteten Version wurde als Voraussetzung für die Neuwahlen für ein Parlament und einen Staatspräsidenten angesehen.[418][419]
In dem Gremium saßen unter anderem Menschenrechtler, Jugendaktivisten, Politiker und zwei Vertreter des islamistischen Lagers. Obwohl in dem Verfassungsgebenden Komitee zwar deutlich mehr gesellschaftliche Gruppierungen vertreten waren als 2012, wurde die Zusammensetzung von Beobachtern als kritisch eingestuft. So sagte Stephan Roll (SWP): „Es ist kein gewähltes, sondern ein ernanntes Komitee. Das ist aus Demokratie-Sicht problematisch.“[418]
Damit erarbeitete innerhalb nur eines Jahres zum zweiten Mal ein Gremium in Ägypten eine neue Verfassung. Die strittigen Punkte im Entwurf blieben in etwa dieselben wie 2012. Öffentlich am stärksten reflektiert wurden die emotional sensiblen Themen wie das Verhältnis zwischen Religion und Staat und die Rolle von Minderheiten. In Fachkreisen wurden technische Themen wie Justiz und Rolle des Militärs als zentral angesehen. Während es aber bei dem unter Mursis Regierung erstellten Verfassungsentwurf eine breite und scharfe öffentliche Diskussion um den Inhalt des damals aktuellen Verfassungsentwurfes gegeben hatte, fand die Diskussion über den neuen Verfassungsentwurf nach dem Putsch kaum öffentlich statt.[418]
Fachliche Einschätzungen
Ägyptenexperten wie Stephan Roll und Björn Bentlage (Universität Halle) vermuteten, dass der als islamistisch aufgefasste umstrittene Artikel 4 nicht in die neue Verfassung übernommen wird. während die die Artikel zu den Bürger- und Grundrechten wie der Versammlungs- und Redefreiheit bestehen bleiben. Als entscheidend für die demokratische Entwicklung wird die zukünftige Rolle der Justiz eingeschätzt. Das stärkste Augenmerk wird von Seiten der Fachkreise auf die zukünftige Rolle des Militärs gerichtet, dessen Vorrechte bisher in der neuen Verfassung nicht ausgestaltet wurden. Das Militär zeigte sich weiterhin nicht bereit, auf Privilegien zu verzichten, sondern hielt an seiner Autonomie fest, auch künftig den Verteidigungsminister zu benennen und sein Budget nicht vollständig offenzulegen. Zudem beharrte es darauf, dass alle das Militär betreffenden Vergehen vor einem Militärgericht verhandelt werden, einschließlich solcher von in den weitverzweigten Wirtschaftsbetrieben des Militärs arbeitenden Zivilisten.[418]
Geplante Verschärfung der Einschränkungen im Demonstrationsrecht
Mitte Oktober meldete die Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM), Ägyptens Innenminister, Polizeigeneral Mohamed Ibrahim, plane eine darstische Einschränkung des Demonstrationsrechts, die einen „herben Rückschlag für die junge Demokratie und einen Rückfall in die Zeiten der Militärdiktatur“ darstellen würde. Bei dem Gesetzentwurf handele es sich um einen nur teilweise modifizierten Text der Muslimbrüder, der mit Bestimmungen zur Terrorismusbekämpfung vermengt worden sei. Die IGFM kritisierte die völlige Intransparenz des Gesetzgebungsverfahrens und die schwerwiegenden Eingriffe in das Recht auf Versammlungsfreiheit als inakzeptabel. Die Formulierungen im Gesetzentwurf seien äußerst vage gehalten, ein „Recht“ auf Versammlungen werde verwährt, Sitzstreiks würden grundsätzlich verboten werden. Teile des unter Verschluss gehaltenen Gesetzentwurfes waren zuvor ägyptischen Medien zugespielt und veröffentlicht worden.[260]
Die in Ägypten ansässige Menschenrechtsorganisation Arab Network for Human Rights Information (ANHRI) sagte, der Gesetzentwurf erinnere an die Verhältnisse unter Husni Mubarak und dem früheren Innenminister Habib al-Adli. Ägypten brauche keine weiteren Gesetze mit Restriktionen der Rechte und Freiheiten.[420]
Staatliche Kontrolle über Moscheen und Prediger
Im Oktober meldeten Medien Pläne der neuen Machthaber zur Einschränkung des Einflusses der Muslimbruderschaft auf die Religion. Das Ministerium für religiöse Angelegenheiten zielte mit einer Reihe von Gesetzen darauf ab, die Moscheen des Landes stärker unter staatliche Kontrolle zu stellen.[421]
Einige der umgesetzten oder geplanten Änderungen:
- Seit Oktober durften nur noch Imame mit einem Abschluss der als moderat geltenden Al-Azhar-Universität die Freitagspredigt halten.[421]
- Diese Regelung bedeutete eine effektive Entlassung von rund 53.000 Predigern durch die militärgestützte Übergangsregierung.[421] Der Minister für religiöse Stiftungen, Mohamed Mokhtar Gomaa, begründete seine Maßnahme vom 10. September 2013 laut der Zeitung „Egypt Online“ damit, die Imame besäßen keine staatliche Zulassung und stellten mit ihren fundamentalistischen Ansichten eine Bedrohung für die Sicherheit des Landes dar. Betroffen waren laut dem Bericht vor allem kleine autonome Moscheen und Gebetsstätten.[422]
- Die Verbreitung politischer Botschaften von der Kanzel sollte künftig zum Entzug der Lizenz führen.[421]
- Markus Symank kommentierte in der Deutschen Welle, regimetreue Imame dürften auch künftig Religion und Politik vermischen, denn das Politikverbot für Imame gelte offenbar nur für die eine Hälfte der Gesellschaft. Aktivisten hätten angesichts des Vorgehens der Übergangsregierung gewarnt, dass anstelle der Islamisten künftig die neuen Machthaber die Moscheen für ihre Propaganda missbrauchen könnten. In den vorangegangenen Wochen hätten bereits zahlreiche Imame den Sicherheitskräften, die brutal gegen die Mursi-Anhänger vorgehen, „ihren Segen gegeben“. Ein Scheich, der häufig auf dem Tahrirplatz in Kairo predigte, hatte offen zum Mord an Mitgliedern der Hamas, dem palästinensischen Arm der Muslimbruderschaft, aufgerufen. Auch Vertreter der Al-Azhar hatten nach dem Putsch Hetze gegen Mursi-Anhänger betrieben wie der frühere Großmufti Ali Gum'a. Gum'a hatte Armeechef Sisi für dessen „außergewöhnlichen Mut“ gelobt, den Muslimbrüdern dagegen das Recht abgesprochen hatte, sich als Ägypter bezeichnen zu dürfen[421] und dazu aufgerufen, die Protestteilnehmer zu töten.[336][407][408]
- Freitagspredigten sollen nur noch in Moscheen erlaubt sein, die mindestens 80 Quadratmeter groß sind.[421]
- Während in Ägypten mehr als 110.000 registrierte Moscheen bestanden, war die Anzahl der Imame mit Al-Azhar-Zertifikat mit 58.000 weitaus zu niedrig, um flächendeckend jede Moschee mit einem Imam versorgen zu können. Besonders in Oberägypten, wo die Islamisten ihre Hochburgen hatten, befanden sich viele Moscheen im Besitz von Familiensippen, die in der Regel auch bestimmten, wer bei den Freitagsgebeten als Imam aufritt. Die Regierung beabsichtigte, diesem Dilemma mit weiteren gesetzlichen Einschränkungen beizukommen.[421]
Weitere Gewalttaten und Auseinandersetzungen
August
Das Ministry of State for Antiquities (MSA) ließ aus Sicherheitsgründen alle Museen und archäologischen Fundstätten schließen.[423][424] Während der Auseinandersetzungen hatten pro-Mursi-Demonstranten Wachhäuschen an den Eingängen des Nationalmuseums Alexandria und des Malawi-Nationalmuseums im mittelägyptischen Minya zerstört, ohne dass in den Museen selbst Schäden angerichtet wurden.[423] Am 15. August wurde das Malawi-Nationalmuseum in Minya geplündert. Von über 1000 Exponaten konnte etwa ein Dutzend sichergestellt werden.[425]
Am Abend des 19. August wurde ein Journalist der ägyptischen Zeitung al-Ahram nach Beginn der Ausgangsperre auf dem Rückweg von einem Treffen mit dem Gouverneur einer Provinz im Nildelta an einem Kontrollpunkt des Militärs erschossen und ein Kollege verletzt, obwohl für Journalisten und Mitarbeiter von Medien eine offizielle Ausnahmeregelung bei der Handhabung der Ausgangssperre galt.[322]
Am 23. August kam mindestens ein Mursi-Anhänger ums Leben, als ein Mob eine Kundgebung in der Stadt Tanta angriff. In mehreren anderen Städten des Nildeltas griffen Unbekannte Häuser von Islamisten an.[321]
Am 28. August ereigneten sich laut ägyptischen Medienberichten gewaltsame Zusammenstöße zwischen demonstrierenden Muslimbrüdern und der Polizei in der Provinz Bani Suwaif, bei denen zwei Demonstranten getötet und acht verletzt worden sein sollen. Zu den Auseinandersetzungen soll es gekommen sein, als eine Militärpatrouille versucht habe, eine Versammlung aufzulösen. Während die Opfer nach Angaben von Ärzten alle Schusswunden erlitten, gab ein hoher Militär an, die Sicherheitskräfte hätten nicht geschossen.[426]
Am 30. August forderten trotz eines Großaufgebots der Sicherheitskräfte Zehntausende Menschen bei Protesten die Wiedereinsetzung des vom Militär gestürzten Präsidenten Mursi. Bei Zusammenstößen zwischen Anhängern und Gegnern Mursis kam es dabei nach Medienberichten zu mindestens sechs Toten und mindestens 50 Verletzten sowie zu zahlreichen Festnahmen.[427][324][382] Die blutigen Straßenschlachten fanden unter anderem in Mursis Geburtsstadt Sagasig sowie in Port Said statt,[427][324][382] andere Auseinandersetzungen nach ägyptischen Medienberichten auch in Banha, Alexandria und in Bani Suwaif.[427][382] Laut Innenministerium kam es zudem in al-Buhaira und Tanta zu Ausschreitungen.[427] In Kairo zogen Unterstützer Mursis in mehreren Gruppen durch die Straßen, mieden die von Polizei und Armee streng bewachten Schauplätze und zerstreuten sich kurz vor Einsetzen der nächtlichen Ausgangssperre, für deren Missachtung die Übergangsregierung mit Konsequenzen gedroht hatte.[324] Im Kairoer Bezirk Al-Nosha wurden an einer Straßensperre der Polizei kurz vor Beginn der Protestaktionen zwei Polizisten erschossen und laut Innenministerium zwei weitere Polizisten verletzt. Am Abend erschossen Unbekannte in der Stadt Arisch einen Polizisten. Insgesamt starben bei den parallel zu den Protesten erfolgten Angriffen von Extremisten auf die Polizei drei Polizisten.[427][324][382]
September
Anfang September starben bei einem Sprengstoffanschlag auf den ägyptischen Innenminister Mohammed Ibrahim in der Nähe seines Hauses im Kairoer Stadtteil Nasr-City, den der Innenminister unverletzt überstand, nach staatlichen Angaben zwei Menschen, darunter der Fahrer eines mit Sprengstoff beladenen Autos. Die Muslimbrüderschaft verurteilte den Anschlag scharf. Beobachter vermuteten einen Zusammenhang zwischen dem laut Korrespondentenberichten in seiner Art in Ägypten ungewöhnlichen Sprengstoffattentat und der am vorangegangenen Wochenende auf der Sinai-Halbinsel erfolgten Festnahme des Al-Kaida-Anführers Adel Habara.[265]
Am 11. September kamen bei zwei Selbstmordanschlägen, zu denen sich eine militante Gruppe namens Dschund al-Islam bekannte, auf ein örtliches Hauptquartier der ägyptischen Sicherheitskräfte und einen Kontrollposten des Militärs mindestens sechs Menschen ums Leben.[309]
Mitte September haben die Freitagsproteste der Anhänger des gestürzten Präsidenten Mursi wieder an Zulauf gewonnen, nachdem sie nach dem harten Vorgehen der Polizei und des Militärs in den vorangegangenen Wochen zunächst schwächer geworden waren. Am 13. September kam es zu landesweiten Demonstrationen von Mursi-Anhängern, bei denen diese in ganz Ägypten auf die Straßen strömten und Plakate mit dem R4bia-Zeichen in die Höhe hielten, als Symbol für das am 14. August von Sicherheitskräften überrannte Protestlager der Islamisten und damit für den Widerstand der Muslimbruderschaft. In Alexandria, wo sich Anhänger und Gegner Mursis mit Steinen bewarfen, wurde ein Mensch wurde getötet.[309]
Am 16. September erlangten die Sicherheitskräfte die Kontrolle über die oberägyptische Stadt Delga zurück, die seit dem Putsch vom 3. Juli von Islamisten kontrolliert worden war und wo es zahlreiche Übergriffen islamischer Extremisten auf die örtliche christliche Minderheit gegeben hatte.[4][428]
Am 19. September stürmten Anti-Terror-Polizisten die am Rande Kairos gelegene Stadt Kerdasa als weiteren von Islamisten kontrollierten Ort, unter Einsatz von Panzern und Helikoptern. Bei den Zusammenstößen zwischen bewaffneten Grupen und Sicherheitskräften starb auch ein Polizeigeneral.[292][4][428]
In Kairo legte am 19. September der Fund zweier selbstgebauter Sprengsätze an einem Bahnhof im Süden der Stadt den U-Bahnverkehr nahezu vollständig lahm.[429][4]
Oktober
Am Abend des 1. Oktober erreichte erstmals seit dem Putsch von Anfang Juli wieder einer der täglichen kleinen Protestzüge der Anhänger des gestürzten Präsidenten Mursi den Tahrir-Platz in Kairo.[35][36][37] Rund Hundert Menschen skandierten: „Nieder mit der Militärregierung!“[36]
Am 4. Oktober kam es nach Wochen der „angespannten Ruhe“ (Der Spiegel) bei landesweiten Protestmärschen der Anhänger des gestürzten Präsidenten zu mehreren neuen Zusammenstößen oder Ausschreitungen zwischen Anhängern Mursis und dessen Gegnern sowie den Sicherheitskräften,[430][431] bei denen nach offiziellen Angaben mindestens vier Menschen in Kairo erschossen wurden.[431][432] Es handelte sich bei den Demonstrationen um die größten seit der Räumung der Protestlager von Mursi-Unterstützern in Kairo vom 14. August.[432] In Kairo kam es in mehreren Stadtteilen zu Auseinandersetzungen zwischen Islamisten und Polizei, nachdem Tausende Mursi-Anhänger nach dem Freitagsgebet in mehreren Stadtvierteln Parolen gegen das Militär und Armeechef Sisi skandierten[430][431][432] und für die Wiedereinsetzung Mursis demonstrierten.[433] Als die Demonstranten auf den Tahrir-Platz wollten, gingen die Sicherheitskräfte mit Warnschüssen und Tränengas gegen sie vor, riegelten den Tahrir-Platz ab und drängten die Demonstranten auf einen anderen Platz ab.[431] Als Muslimbrüder zum Präsidentenpalast und zum Verteidigungsministerium ziehen wollten, hinderte das Militär sie daran, und die Sicherheitskräfte setzten Tränengas ein.[430][433] Aus Militärfahrzeugen in der Nähe des Tahrir-Plates wurde mit scharfer Munition geschossen, nach Angaben von Augenzeugen in die Menge der Unterstützer der Muslimbruderschaft.[430][432][434][435] Beistehende Zuschauer schlossen sich Soldaten bei dem Angriff an, warfen Steine auf die Demonstranten, die diese daraufhin zurückwarfen.[435] Rettungskräfte gaben an, ein Mensch sei in Kairos Zentrum erschossen worden. Auf dem Tahrir-Platz hinderten Armee und Polizei einen Demonstrationszug mit Mursi-Anhängern daran, auf den Platz zu gelangen. Zu weiteren Auseinandersetzungen kam es auf der zu den Pyramiden führenden Straße.[430] Im Stadtteil Nasr City marschierten Tausende islamistische Demonstranten in einem Protestzug in Richtung der Rabia-al-Adawija-Moschee, wo das Protestlager im August blutig von den Sicherheitskräften geräumt worden war, und hielten Fotos von getöteten Muslimbrüdern hoch.[431] Die Sicherheitskräfte verstärkten daraufhin ihre Präsenz und erklärten, Sitzstreiks seien nicht zugelassen. Demonstranten und ihre Gegner am Rande der Protestzüge bewarfen sich gegenseitig mit Steinen.[432] In einem weiteren Stadtteil Kairos sollen laut einem Augenzeugenbericht Islamisten und ihre Gegner mit Schrotflinten aufeinander geschossen haben.[431] Zu Auseinandersetzungen kam es auch in Alexandria sowie in Orten im Nil-Delta. Nach Angaben des Innenministeriums kam dort niemand ums Leben. Mediziner hatten dagegen zuvor davon gesprochen, dass in der Stadt Assiut vier Menschen gestorben seien.[432] In Alexandria gingen Hunderte Anhänger der Muslimbruderschaft und ihre Gegner aufeinander los, die Polizei setzte dabei wie auch in der Industriestadt al-Mahalla Tränengas ein.[430] Laut dem Leiter der Sanitätsdienste wurden mindestens 45 Menschen verletzt.[431]
Am 11. Oktober kam es in mehreren Orten Ägyptens erneut zu Protesten. Dabei wurde in der Provinz Scharkija nördlich von Kairo ein Mensch getötet.[380][436] Dutzende wurden in Alexandria verletzt, als ein Wagen in die Demonstranten fuhr.[436] Das Innenministerium bekräftigte seine Warnung, gegebenenfalls mit Gewalt gegen die Islamisten vorzugehen. In Kairo wurden rund um den Tahrir-Platz, die US-Botschaft und andere zentrale Plätze die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt. Rund 2000 Islamisten versammelten sich in Kairo zu Protesten und schwenkten vor dem Präsidentenpalast Bilder von Mursi. Die von der Muslimbruderschaft angeführte Anti-Putsch-Allianz, die die Demonstration organisiert hatte, hatte die Teilnehmer zuvor aufgerufen, dem Tahrir-Platz fernzubleiben, um weitere gewalttätige Zusammenstöße zu verhindern.[380] In Alexandria trieben Sicherheitskräfte die Unterstützer Mursis mit Tränengas auseinander, als diese mit Gegnern des entmachteten Präsidenten aneinandergerieten.[380][437]
Am 20. Oktober wurden bei einem Drive-by-Shooting im Karoier Stadtteil Warak nach offiziellen Angaben drei, laut der Nachrichtengarentur dpa vier, Menschen getötet, darunter ein achtjähriges Mädchen.[438][277][439][397] Die vermummten Täter schossen auf eine Gruppe von Menschen, die während einer christlichen Hochzeit vor der koptischen Jungfrau-Maria-Kirche stand, und entkamen.[438][277] Über das Motiv der Angreifer machte das Ministerium zunächst keine Angaben.[277] Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel titulierte die Täter als „Extremisten“, die Tagezeitung Die Welt als „Terroristen“.[438][397] Die Polizei leitete im Kairoer Vorort Al-Waraak eine Großfahndung ein. Es handelte sich um den ersten Angriff auf Christen in Kairo seit dem Militärputsch gegen Staatspräsident Mursi. Die linke Tagammu-Partei nahm den Vorfall zum Anlaß, den Muslimbrüdern vorzuwerfen, sie hätten Unfrieden zwischen den verschiedenen Religionsgruppen gestiftet. Die ägyptische Muslimbruderschaft distanzierte sich in einer Erklärung ihres Pressebüros in London von dem Angriff.[438]
Weblinks
- Tagesschau: Massenproteste in Ägypten: Militär stellt Mursi Ultimatum (1. Juli 2013)
Dossiers und Themenauswahlen:
- Deutsche Welle: Ägypten im Umbruch, Dossier von Peter Hille vom 20. August 2013
- Stern: Ägypten – Aktuelles, Hintergründe und Bilder
- Süddeutsche Zeitung: Proteste in Ägypten – Aktuelles, Hintergründe und Analysen
- Süddeutsche Zeitung: Ägypten im Umbruch – Aktuelles, Hintergründe und Analysen
- Süddeutsche Zeitung: Ägypten nach Mubarak – Aktuelles, Hintergründe und Analysen
- Handelsblatt: Politik – Ägypten – Alles zu Ägypten., Dossier seit dem 27. Januar 2011
- ARD: Ausnahmezustand in Ägypten, Dossier
- Tagesanzeiger: Staatskrise in Ägypten, Dossier
- Die Zeit: Thema: Umbruch in Ägypten, Themenauswahl
- Neues Deutschland: Artikel zum Schlagwort „Ägypten“, Themenauswahl
TV-Berichte:
- Rede von Präsident Mursi zur Lage in Ägypten am 02.07.2013, phoenix, Rede von Präsident Mursi zur Lage in Ägypten mit Synchronübersetzung (Moderation: Simone Fibiger)
- Rede von Verteidigungsminister Abdel Fattah al-Sisi am 03.07.2013, phoenix, Erklärung des Militärs durch Militärchef Abd al-Fattah as-Sisi im ägyptischen Fernsehen mit Synchronübersetzung
- Erklärung zur Absetzungs Mursis am 03.07.2013, phoenix, die Erklärungen von Mohammed el-Baradei (Führer Oppsitionsbündnis Nationale Heilsfront), Tawadros II. (Koptischer Papst) und Ahmed Tayeb (Al Azhar-Scheich) mit Synchronübersetzung
- Aktuelles zur Lage in Ägypten: der Tag am 03.07.2013, phoenix, 3. Juli 2013, Bericht zur Lage in Ägypten zum Zeitpunkt des Putsches; Moderation: Michael Kolz; u.a. mit Guido Westerwelle (Bundesaußenminister, FDP) und Prof. Andreas Dittmann (Nahostexperte, Universität Gießen)
- Tahrir - der Platz der Befreiung, ZDF-auslandsjournal. 4. Juli 2013, Dokumentation von Dietmar Ossenberg (die Entwicklung bis zum Putsch am Beispiel der Demonstrationen am Tahrisplatz)
TV-Diskussionsrunden:
- Wieder Staatskrise in Ägypten: Phoenix Runde am 28.11.2012, phoenix, Diskussionsrunde unter dem Titel „Wieder Staatskrise in Ägypten - Mursi, der neue Pharao?“; Moderation: P?nar Atalay; Gesprächspartner: Stephan Roll (Stiftung Wissenschaft und Politik), Sonja Hegasy (Zentrum Moderner Orient), Melinda Crane (Freie Journalistin) und Rainer Stinner (FDP, Außenpolitischer Sprecher)
- Aufruhr in Ägypten - Presseclub am 18.08.2013, phoenix, Moderation: WDR-Chefredakteur Jörg Schönenborn; Gesprächspartner: Bettina Gaus (taz), Richard Kiessler, Loay Mudhoon (Deutsche Welle), Cornelia Wegerhoff (WDR)
- "Ägypten zwischen Glaube und Gewalt - erwartet der Westen zu viel?" , ZDF, "maybrit illner" vom 22. August 2013, Moderation: Maybrit Illner; Gesprächspartner: Philipp Mißfelder (außenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion), Peter Scholl-Latour, Hamed Abdel-Samad, Lubna Azzam (Stiftung Wissenschaft und Politik), Mazen Okasha.
Einzelnachweise
- ↑ a b c EU will in Ägypten eine friedliche Lösung vermitteln, Reuters Deutschland, 30. Juli 2013, archiviert vom Original am 12. Oktober 2013.
- ↑ a b c d News / Middle East - At Least 51 Killed in Egypt as Tensions Soar (englisch). Voice of America News, 8. Juli 2013, archiviert vom Original am 13. Oktober 2013.
- ↑ a b c d e f g Ausnahmezustand in Ägypten – Regierung bestätigt mehr als 600 Tote, Zeit Online, 15. August 2013, archiviert vom Original am 16. August 2013.
- ↑ a b c d e f g Egyptian police storm second Islamist stronghold (englisch). The Guardian, von Patrick Kingsley, archiviert vom Original am 21. September 2013.
- ↑ a b c d Cairo under the curfew: all-night parties (englisch). The Guardian, 6. Oktober 2013, von Patrick Kingsley, archiviert vom Original am 7. Oktober 2013.
- ↑ a b c d e f Ägyptens Militärchef: Wie General Sisi seine Macht sichert, Spiegel Online, 17. Oktober 2013, von Raniah Salloum, archiviert vom Original am 17. Oktober 2013.
- ↑ a b c Machtkampf - Mansour verlängert Ausnahmezustand, Zeit Online, 12. September 2013, archiviert vom Original am 19. September 2013.
- ↑ a b c Ägypten - Maulkorb für Ägyptens Medien, Deutsche Welle, 29. September 2013, von Markus Symank, archiviert vom Original am 7. Oktober 2013.
- ↑ a b c d Egypt: from bad to worse - Try as he might, General Sisi cannot contain the continued protest against his takeover (englisch). The Guardian, 9. Oktober 2013, Editorial, archiviert vom Original am 11. Oktober 2013.
- ↑ a b c Angreifer töten ägyptische Soldaten nahe Suez-Kanal, Reuters Deutschland, 7. Oktober 2013, archiviert vom Original am 9. Oktober 2013.
- ↑ a b c d e f g h i j k l m Egypt's protests against the ruling regimes – timeline (englisch). The Guardian, 14. August 2013, von Jason Rodrigues, archiviert vom Original am 8. Oktober 2013.
- ↑ Parlament in Ägypten aufgelöst - Verzweifelter Kampf gegen das Chaos, Süddeutsche.de, 15. Juni 2012, von Sonja Zekri, archiviert vom Original am 11. Oktober 2013.
- ↑ a b Egyptians vote amid political uncertainty (englisch). Aljazeera, 16. Juni 2012, archiviert vom Original am 16. Oktober 2013.
- ↑ a b c d e f g h i j k l m n o p q r Ein Jahr Präsident Mursi - Chronologie des Scheiterns, n-tv, 29. Juni 2013, archiviert vom Original am 10. Oktober 2013.
- ↑ Islamist wird ägyptischer Präsident - Militärs lassen Mursi siegen, n-tv, 24. Juni 2012, archiviert vom Original am 10. Oktober 2013.
- ↑ a b Ägyptischer Präsident greift durch - Mursi entmachtet Militär, n-tv, 12. August 2012, archiviert vom Original am 10. Oktober 2013.
- ↑ Friedensfürst oder absolutistischer Herrscher? - Mursi ergreift die Macht, n-tv, 22. November 2012, archiviert vom Original am 10. Oktober 2013.
- ↑ Verfassungserklärung - Mursi macht sich zu Ägyptens "neuem Pharao", Die Welt, 22. November 2012, archiviert vom Original am 16. Oktober 2013.
- ↑ Neue Verfassung für Ägypten - Islamisten beschließen Entwurf, n-tv, 30. November 2012, archiviert vom Original am 10. Oktober 2013.
- ↑ Mursi - Ägypten stärkt Rolle der Scharia, Frankfurter Rundschau, 30. November 2012, von Julia Gerlach, archiviert vom Original am 16. Oktober 2013.
- ↑ a b c Egypt - Comparing Egypt's 1971 constitution to today (englisch). Al Jazeera, 9. Dezember 2012, archiviert vom Original am 16. Oktober 2013.
- ↑ Mursi annulliert Sondervollmachten - Opposition sieht nur Manöver, n-tv, 8. Dezember 2012, archiviert vom Original am 10. Oktober 2013.
- ↑ Offizielle Zahl aus Ägypten - 63,8 Prozent für Verfassung, n-tv, 25. Dezember 2012, archiviert vom Original am 10. Oktober 2013.
- ↑ Jahrestag der Revolution in Ägypten - Tote und Verletzte bei Protesten, n-tv, 25. Januar 2013, archiviert vom Original am 10. Oktober 2013.
- ↑ Proteste, Krawalle, Todesurteile - Ägypten erlebt blutigen Jahrestag, n-tv, 26. Januar 2013, archiviert vom Original am 10. Oktober 2013.
- ↑ Todesurteil gegen ägyptische Fußballfans - Krawalle überfordern Polizei, n-tv, 27. Januar 2013, archiviert vom Original am 10. Oktober 2013.
- ↑ Mursi verhängt Ausnahmezustand - Straßenschlachten gehen weiter, n-tv, 28. Januar 2013, archiviert vom Original am 10. Oktober 2013.
- ↑ Nach Unruhen in Ägypten - Militär warnt vor Staatskollaps, n-tv, 29. Januar 2013, archiviert vom Original am 10. Oktober 2013.
- ↑ Zwei Jahre nach Mubaraks Rücktritt - Tausende protestieren gegen Mursi, n-tv, 11. Februar 2013, archiviert vom Original am 10. Oktober 2013.
- ↑ Formale Fehler führen zu Verzögerung - Ägypten-Wahl ist abgesagt, n-tv, 8. März 2013, archiviert vom Original am 10. Oktober 2013.
- ↑ Parlamentswahl in Ägypten - Weitere Oppositionsgruppe kündigt Boykott an, n-tv, 26. Februar 2013, archiviert vom Original am 10. Oktober 2013.
- ↑ a b c d e f g h i j k l m n o p q r s Protokoll - Der Tag, als das Militär Mursi absetzte, stern.de, 3. Juli 2013, archiviert vom Original am 13. Oktober 2013.
- ↑ Egypt's interim president dissolves Shura Council: State TV (englisch). Ahram Online, 5. Juli 2013, archiviert vom Original am 13. Oktober 2013.
- ↑ a b c d e f g h i j k Staatsstreich in Ägypten - Die gestohlene Revolution, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6. Juli 2013, von Markus Bickel, archiviert vom Original am 13. Oktober 2013.
- ↑ a b c Ashton will ägyptischen Dialog anstoßen, derStandard.at, 2. Oktober 2013 (Printversion: Der Standard, 3. Oktober 2013), von Astrid Frefel, archiviert vom Original am 5. Oktober 2013.
- ↑ a b c Mursi-Anhänger protestieren auf Tahrir-Platz in Kairo, Reuters Deutschland, 2. Oktober 2013, archiviert vom Original am 6. Oktober 2013.
- ↑ a b c d e f Tote bei Krawallen in Ägypten - An einer neuen Front, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6. Oktober 2013, von Markus Bickel, archiviert vom Original am 8. Oktober 2012.
- ↑ a b c d e f g Innenpolitischer Machtkampf in Ägypten - Am Rande der Unregierbarkeit (Übersetzung: Laura Overmeyer; alternativ auf: swp-berlin.org, Stiftung Wissenschaft und Politik, Kurz gesagt, 28. Februar 2013), Qantara.de, 27. Februar 2013, von Nagwan El Ashwal, archiviert vom Original (Alternativ auf: swp-berlin.org) am 9. Oktober 2013; Englische Originalfassung: Egypt on the brink of ungovernability, swp-berlin.org, 19. Februar 2013, von Nagwan El Ashwal, archiviert vom Original am 9. Oktober 2013.
- ↑ a b c d e f Loay Mudhoon; in: Aufruhr in Ägypten - wird aus dem arabischen Frühling ein blutiger Herbst?, Presseclub (ARD), 18. August 2013, Moderation: WDR-Chefredakteur Jörg Schönenborn; Gesprächspartner: Bettina Gaus (taz), Richard Kiessler, Loay Mudhoon (Deutsche Welle), Cornelia Wegerhoff (WDR), archiviert vom Original am 14. Oktober 2013. Zugleich: Aufruhr in Ägypten - Presseclub am 18.08.2013, YouTube, veröffentlicht vom YouTube-Kanal am 19.08.2013 phoenix; Aufruhr in Ägypten - wird aus dem arabischen Frühling ein blutiger Herbst?, ARD Mediathek.
- ↑ Karama! - Die Bedeutung der ‚Würde‘ bei den arabischen Aufständen (PDF), Deutschlandradio, Forschung und Gesellschaft, 15. August 2013, von Julia Tieke, archiviert vom Original (PDF) am 14. Oktober 2013.
- ↑ a b c Wer stützt die Übergangsregierung? - Ägyptens Generäle haben neue Freunde, tagesschau.de, 19. August 2013, Interview von Alexander Steininger mit Gunter Mulack, archiviert vom Original am 10. Oktober 2013.
- ↑ a b c Ägypten - Ein böser Präzedenzfall, Zeit Online, 4. Juli 2013, von Michael Thumann, archiviert vom Original am 10. Oktober 2013.
- ↑ Umsturz in Ägypten - Mursis Gegner fürchten "endlosen Rache-Kreislauf", Die Welt, 5. Juli 2013, von Birgit Svensson, archiviert vom Original am 17. Oktober 2013.
- ↑ a b c d e f g h i Staatliche Repression in Ägypten - Anti-Terror-Kampagne wie zur Zeit Mubaraks, Neue Zürcher Zeitung, 7. Oktober 2013, von Astrid Frefel, archiviert vom Original am 7. Oktober 2013.
- ↑ a b c d e f g h Stephan Roll: Ägyptens Unternehmerelite nach Mubarak - Machtvoller Akteur zwischen Militär und Muslimbruderschaft (PDF), SWP-Studien 2013/S 14, Stiftung Wissenschaft und Politik - Deutsches Institut für Internationale Politik und Sicherheit, Berlin, Juli 2013, hier S. 5f., archiviert vom Original am 8. Oktober 2013.
- ↑ a b c d e f g h Militärputsch in Ägypten - Willkommen in der Coupokratie, Süddeutsche.de, 13. Juli 2013, von Tomas Avenarius, archiviert vom Original am 10. Oktober 2013.
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-Tag. Der Name „FAZ-NET_2013-08-18_VTA“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert. - ↑ a b c Gewalt in Ägypten: Dutzende Islamisten bei Fluchtversuch getötet, Spiegel Online, 18. August 2013, archiviert vom Original am 22. August 2013.
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