Civis – Europas Medienpreis für Integration und Berlin-Gropiusstadt: Unterschied zwischen den Seiten
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[[Bild:gropiusstadt_closeup.jpg|thumb|300px|Die Gropiusstadt]] |
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Der '''CIVIS-Medienpreis''' wurde [[1985]] von der Beauftragten der Bundesregierung für Ausländerfragen gemeinsam mit der [[ARD]] (in der Zuständigkeit des [[Westdeutscher Rundfunk|Westdeutschen Rundfunks]]) und der [[Freudenberg Stiftung]] Weinheim ins Leben gerufen. Er steht unter dem Motto: "Leben in der kulturellen Vielfalt - gegen [[Rassismus]] und [[Ausgrenzung]]" in Deutschland. |
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Die '''Gropiusstadt''' ist ein [[Ortsteil]] im [[Bezirk Neukölln]] von [[Berlin]]. Sie entstand von [[1962]] bis [[1975]] als [[Satellitenstadt|Satellitensiedlung]] oder [[Großwohnsiedlung]] zwischen den alten Siedlungen [[Berlin-Britz|Britz]], [[Berlin-Buckow|Buckow]] und [[Berlin-Rudow|Rudow]]. Im Zuge der Verwaltungsreform [[2002]] wurde sie als eigenständiger Ortsteil von Rudow und Buckow abgetrennt. |
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Seit [[1995]] kam der '''Jugendvideopreis zur interkulturellen Medienerziehung''' als fester Bestandteil des civis Medienpreises Deutschland hinzu. Er wurde von der Regionalen Arbeitsstelle für Ausländerfragen, Jugendarbeit und Schule e.V. (RAA) in Berlin organisiert und durchgeführt und seit [[2000]] europaweit ausgeschrieben. |
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[[Bild:Lage_Gropiusstadt_in_Berlin.png|thumb|Lage in Berlin]] |
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Ergänzt wurde der Medienpreis seit dem Jahr 2000 durch den europäischen [[Fernsehpreis]] '''civis europe'''. Alle Fernsehprogrammveranstalter der [[Europäische Union|Europäischen Union ]]sowie der damaligen EU-Beitrittskandidaten [[Polen]], [[Ungarn]] und [[Tschechien]] konnten am Wettbewerb teilnehmen. Dieser Preis prämierte Beiträge, die ein Europa der kulturellen Vielfalt beispielhaft darstellen und sich auf der Basis gemeinsamer europäischer Grundwerte gegen Rassismus und [[Fremdenfeindlichkeit]] einsetzen. |
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Die rund 18.500 Wohnungen der von [[Walter Gropius]] geplanten Trabantenstadt wurden zu 90% als Sozialwohnungen errichtet und seit den 80er Jahren gilt die Gropiusstadt als [[sozialer Brennpunkt]]. Über Berlin hinaus bekannt geworden ist sie vor allem durch das Buch ''[[Wir Kinder vom Bahnhof Zoo]]'', dessen Autorin [[Christiane F.]] hier aufwuchs. |
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== Planung == |
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Seit [[2003]] wird der '''ARD Medienpreis CIVIS für Integration und kulturelle Vielfalt''' als europäischer Fernsehpreis sowie als deutscher [[Hörfunkpreis|Hörfunk]]- und Fernsehpreis jeweils in den Kategorien Information und Unterhaltung vergeben. Im Jahr [[2004]] kam der '''Young CIVIS media prize''' hinzu. |
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Mitte der [[50er Jahre]] begannen erste Vorüberlegungen für die Schaffung einer Großsiedlung im Süden Neuköllns. Die Wiederaufbauarbeit nach dem Krieg gewann an Dynamik und getreu dem Motto der [[Charta von Athen]] sollte auch in die dichtbebauten [[Gründerzeit]]viertel ''Licht, Luft und Sonne!'' einziehen. Für die Bewohner der dabei abzureißenden Hinter- und Seitenhäuser musste aber neuer Wohnraum geschaffen werden. |
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== Preisträger == |
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*2005 |
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**Europäischer CIVIS-Fernsehpreis, Unterhaltung: ''"[[Der Grenzer und das Mädchen]]"'' von [[Hartmut Schoen]], Deutschland |
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**Europäischer CIVIS-Fernsehpreis, Information:''"Nabila"'' von [[Hakan Berthas]] und [[Johan Bjerkner]], Schweden |
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**Deutscher CIVIS-Fernsehpreis, Unterhaltung: ''"Folgeschäden"'' von [[Florian Hanig]] |
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**Deutscher CIVIS-Fernsehpreis, Information: ''"Abschiebung im Morgengrauen - Alltag in der Ausländerbehörde"'' von [[Michael Richter]] |
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**Deutscher CIVIS-Hörfunkpreis, Information: ''"Adrian Fischer: deutsch-schwarz-fremd"'' von [[Bastian Wierzioch]] |
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**Europäischer ROMA Fernsehpreis:''"For all my life"'' von [[Romualds Pipars]], Lettland |
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**Young CIVIS media prize: ''"Weisse Ameisen"'' von [[Renate Gosiewski]], Polen |
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*2004 |
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**Europäischer CIVIS-Fernsehpreis, Unterhaltung: ''"Les filles de Mohamed"'' von [[Sílvia Munt]], Spanien |
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**Europäischer CIVIS-Fernsehpreis, Information:''"New Stars of Europe"'' von [[Axel Boisen]], Dänemark |
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**Deutscher CIVIS-Fernsehpreis, Unterhaltung: ''"Karamuk"'' von [[Sülbiye V. Günar]] |
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**Deutscher CIVIS-Fernsehpreis, Information: ''"NPD auf dem Vormarsch - Wie Rechtsextreme in den Kommunen Wahlerfolge erzielen"'' von [[Alexander Kobylinski]] und [[Caroline Walter]] |
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**Deutscher CIVIS-Hörfunkpreis, Unterhaltung: ''"[[Lilipuz]]: Papa, was ist der Islam?"'' von [[Karlheinz Koinegg]] |
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**Deutscher CIVIS-Hörfunkpreis, Information: ''"Geschichten aus Parallelistan: Unterwegs mit jungen Aussiedlern in Bayern"'' [Feature] von [[Frederik Kunth]] |
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**Young CIVIS media prize: ''"Himmelfilm - How were skies when you were young?"'' von [[Sanne Kurz]] und [[Jiska Rickels]] |
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*2003 |
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**Hörfunk, Unterhaltung: ''"Zeit im Dunkeln"'' von [[Henning Mankell]] in der Bearbeitung von [[Erik Uddenberg]], Regie: [[Alexander Schuhmacher]] |
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**2003 Hörfunk, Information: ''"Notruf. Eine türkische Ärztin auf dem Kiez"'' [Feature] von [[Maria Consiglia]] |
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*2002 |
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**Fernsehen: ''"Das rote Quadrat: Die Feuerfalle von [[Rostock]]"'' von [[Kamil Taylan]] |
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**Hörfunk: ''"Alles klar, oder was?! Türkisch als neue Jugendsprache?"'' [Feature] von [[Sabine Eichhorst]] |
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**Jugendvideopreis: ''"69 Quarters"'' von [[Kadir Kara]] |
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*2000 Hörfunk: ''"[[Angermünde]] und anderswo"'' von [[Anselm Weidner]], Regie: [[Renate Heitzmann]] |
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*1999 Hörfunk: ''"Zusammengeschlagen und vergessen - Opfer rassistischer Gewalt in Deutschland"'' von [[Andrea Nienhuisen]] und [[Anselm Weidner]] |
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*1999 Hörfunk: ''"Jetzt sind wir die verdammten Russen - Spätaussiedler in Nordrhein-Westfalen"'' [Feature] von [[Monika Siegfried-Hagenow]] |
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*1998 Hörfunk: ''"Sir Alfred: Exterritorial"'' von [[Said (Schriftsteller)|Said]], Regie: [[Annette Jainski]] |
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*1997: [[Feridun Zaimoğlu]] |
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Aus Überlegungen, die in Britz gelegene [[Hufeisensiedlung]] von [[Bruno Taut]] nach Süden zu erweitern, entstand die Idee, die an der südlichen Stadtgrenze Berlins gelegene Ackerfläche für das Wohnungsbauvorhaben zu nutzen. Im Mai 1958 begannen erste Grundstücksankäufe für die Großsiedlung [[Berlin-Britz|Britz]]-[[Berlin-Buckow|Buckow]]-[[Berlin-Rudow|Rudow]] (BBR), wie der Planungsname nach den beteiligten Stadtteilen lautete. Ab [[1962]] betreute der [[Bauhaus]]-Architekt [[Walter Gropius]] mit seinem Büro ''The Architects Collaborative (TAC)'' federführend die Planung. Er wollte die "mannigfaltigen Elemente des herkömmlichen Stadtlebens" mit den damals modernen Methoden des Städtebaus verbinden. |
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[[Kategorie:Hörfunkpreis]] |
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[[Kategorie:Fernsehpreis]] |
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Die Konzeption sah als Reminiszenz an die Hufeisensiedlung kreisrunde Baukörper mit dazwischenliegenden, überschaubaren Wohnvierteln und Einfamilienhaussiedlungen vor, in denen zentral Geschäftszentren und eine Anbindung an die zu verlängernde U-Bahnlinie 7 eingebettet waren. Große Grünflächen dazwischen sollten die Bebauung auflockern und den Bewohnern zur Naherholung dienen. |
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Mit dem [[Berliner Mauer|Mauerbau]] nach [[1961]] änderten sich schlagartig die Rahmenbedingungen in West-Berlin: da keine Wachstumsflächen nach außen mehr verfügbar waren, mussten die Bauvorhaben nun deutlich verdichtet werden. Statt der ursprünglich vorgesehenen 14.500 Wohnungen wurden die Planungen modifiziert, die endgültige Planfassung sah auf 264 [[Hektar|ha]] fast 19.000 Wohneinheiten für mehr als 50.000 Menschen vor. Als Folge der höheren Dichte wurden nun mehr Flächen für [[Infrastruktur]]einrichtungen ([[Schule]]n, [[Einkaufszentrum|Einkaufszentren]], etc.) und Stellplätze benötigt, so dass die Gebäude auf der verbleibenden Fläche deutlich in die Höhe wachsen mussten. Statt der von Gropius vorgesehenen maximal fünf Geschosse hat das höchste hier stehende Gebäude (Wohnhochhaus Ideal, Fritz-Erler-Allee) 30 Etagen (mit 89 m Höhe das dritthöchste deutsche Wohngebäude nach dem Kölner Colonia-Tower und dem Hamburger Mundsburgtower I). Auch die [[Grünfläche]]n wurden deutlich reduziert. |
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== Bauphase == |
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[[Bild:gropiusstadt.jpg|thumb|300px|Die Gropiusstadt von Süden (Brandenburg)]] |
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Am [[7. November]] [[1962]] legte der damalige regierende Bürgermeister [[Willy Brandt]] im Beisein von [[Walter Gropius]] feierlich den Grundstein für den ersten Bauabschnitt. Die Bebauung entstand komplett in Regie der städtischen Wohungsbaugesellschaften GEHAG und DEGEWO, private Investoren kamen praktisch nicht zum Zug. Ab [[1965]] begann man parallel zum Siedlungsbau die U-Bahn von Britz-Süd nach [[Berlin-Rudow|Rudow]] zu verlängern. Entlang der U-Bahn-Stationen entstanden Stadtteilzentren, entlang der Strecke entstand oberirdisch ein Grünzug. [[1969]] starb Gropius, [[1972]] wurde die Siedlung nach dem berühmten Bauhaus-Architekten benannt. Die Vollendung der Siedlung [[1975]] erlebte er nicht mehr. Nach Abschluss der Bauarbeiten waren für 1,74 Milliarden Mark 18.500 Wohneinheiten mitsamt Verkehrserschließung und Infrastrukturfolgeeinrichtungen entstanden. |
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== Weitere Entwicklung == |
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Stellte die Gropiusstadt in den ersten Jahren einen attraktiven Stadtteil dar, der Lebensqualität bot, die es in der Innenstadt oft nicht gab, so entwickelte er sich ab Ende der 70er durch den hohen Sozialwohnungsanteil von 90% zum Problemgebiet. Auch die von [[Le Corbusier]] geprägte, stark ideologisierte Stadtplanung der 50er und 60er Jahre führte vielfach nicht zu den gewünschten Ergebnissen und brachte damals ungeahnte Probleme mit sich. Auch die vom Berliner [[Senat]] gegen den Willen Gropius durchgeführten Planänderungen trugen ihren Teil zur Lage bei. |
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Die noch nicht allzu stark bewachsenen Freiflächen hatten wenig Aufenthaltsqualität, dunkle Ecken und Treppenhäuser entwickelten sich zu Angsträumen. Die Bewohner blieben in ihren Appartements eher unter sich und trotz vielfältiger sozialer Einrichtungen entwickelte sich das soziale Leben nicht wie erwartet. Die Bewohner bemängelten den Verlust innerstädtischer Urbanität durch die weiten Freiflächen, die Nachbarschaftsprobleme durch die hohe Wohndichte und den Verlust des [[Kiez]]-Gefühls. Die Mieterfluktuation stieg, ebenso wie die Leerstandsquote. Die in der Gropiusstadt aufwachsende Christiane F gibt in ihrem Buch ''[[Wir Kinder vom Bahnhof Zoo]]'' eine eindrucksvolle Darstellung der sozialen Probleme. |
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[[1986]] wurden mit großen Investitionen Wohnumfeldverbesserungen vorgenommen. Das öffentliche Grün wurde entsprechend Gropius' ursprünglichen Vorstellungen aufgewertet, Plätze umgestaltet und man versuchte mit gezielten Maßnahmen zusätzliche Angebote (z.B. Jugendclubs, [[Quartiersmanagement]]) für die Bewohner zu schaffen. |
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Nach der [[Wende]] änderten sich die Verhältnisse signifikant. Der großzügige Bundeszuschuss für die Berliner Städtebauförderung entfiel, die Wohnnachfrage sank, weil die Berliner auch ins Umland ziehen können und Zuzügler aus Osteuropa ließen den Ausländeranteil ansteigen. Seit [[2001]] ist kein Wohnberechtigungsschein mehr für den Bezug der Wohnungen erforderlich, weshalb die Attraktivität der Gropiusstadt wieder merklich zugenommen hat. Die Leerstandquote liegt nach Angaben der Wohnungsbaugesellschaft DEGEWO, die einer der Haupteigentümer ist, im einstelligen Bereich. |
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Das Ladenzentrum an der Johannistaler Chausee hat sich von einem Stadtteilzentrum zu einem [[Einkaufszentrum]] von überörtlicher Bedeutung entwickelt. Die ''Gropius-Passagen'' gehören heute mit über 85.000 m² Einkaufsfläche und 170 Geschäften zu den größten [[Einkaufszentrum|Einkaufszentren]] in Deutschland. |
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== Verkehrsanbindung/Öffentlicher Nahverkehr == |
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Die zentrale Anbindung an die Innenstadtbezirke erfolgt über die [[U-Bahnlinie_7_(Berlin)|U-Bahn (Linie 7)]]. In der Gropiusstadt liegen die Bahnhöfe Johannisthaler Chaussee, Lipschitzallee, Wutzkyallee und Zwickauer Damm. Um alle 4 Bahnhöfe herum wurden die zentralen Versorgungseinrichtungen für die Bewohner errichtet. |
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== Kirchen/Gemeinden == |
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In der Gropiusstadt entstanden in der Bauphase und auch danach eine Reihe neuer Kirchengemeinden |
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* [http://www.sankt-dominicus.de/ St. Dominicus (Katholisch) ] |
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* [http://www.kirchenregion5.de/ Martin-Luther King (Evangelisch)] |
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* [http://www.kirchenregion5.de/ Gropiusstadt-Süd (Evangelisch)] |
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== Schulen == |
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* [http://www.walt-disney-gs.cidsnet.de/ Walt-Disney Grundschule] |
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* Hugo-Heimann-Grundschule |
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* [http://www.marien-grund.cidsnet.de/ St. Marien Grundschule] |
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* Martin-Lichtenstein-Grundschule |
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* [http://www.grundschule-am-regenweiher.de/schule.html Grundschule am Regenweiher] |
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* Liebig-Oberschule (Realschule) |
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* Wildmeister-Oberschule (Hauptschule) |
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* Helmholtz-Oberschule (Gesamtschule) |
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* [http://www.wgs.cidsnet.de/profil.htm Walter Gropius Schule (Gesamtschule)] |
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== Literatur == |
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* [[Christiane F.]]: ''Wir Kinder vom Bahnhof Zoo'', [[Heyne]] 1999, [[ISBN]] 3453162897 |
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== Bilder/Ansichten == |
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* [http://www.soost-berlin.de/web/ Webcam im Sollmanweg, Richtung Osten] |
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{{Navigationsleiste Ortsteile Berlins im Bezirk Neukölln}} |
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{{Koordinate Artikel|52.4250000_N_13.4666667_E_type:PPLX|52°25'30 N 13°28'00 O}} |
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[[Kategorie:Ort in Berlin|Gropiusstadt, Berlin]] |
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[[Kategorie:Großsiedlung]] |
Version vom 7. Januar 2006, 23:39 Uhr

Die Gropiusstadt ist ein Ortsteil im Bezirk Neukölln von Berlin. Sie entstand von 1962 bis 1975 als Satellitensiedlung oder Großwohnsiedlung zwischen den alten Siedlungen Britz, Buckow und Rudow. Im Zuge der Verwaltungsreform 2002 wurde sie als eigenständiger Ortsteil von Rudow und Buckow abgetrennt.
Die rund 18.500 Wohnungen der von Walter Gropius geplanten Trabantenstadt wurden zu 90% als Sozialwohnungen errichtet und seit den 80er Jahren gilt die Gropiusstadt als sozialer Brennpunkt. Über Berlin hinaus bekannt geworden ist sie vor allem durch das Buch Wir Kinder vom Bahnhof Zoo, dessen Autorin Christiane F. hier aufwuchs.
Planung
Mitte der 50er Jahre begannen erste Vorüberlegungen für die Schaffung einer Großsiedlung im Süden Neuköllns. Die Wiederaufbauarbeit nach dem Krieg gewann an Dynamik und getreu dem Motto der Charta von Athen sollte auch in die dichtbebauten Gründerzeitviertel Licht, Luft und Sonne! einziehen. Für die Bewohner der dabei abzureißenden Hinter- und Seitenhäuser musste aber neuer Wohnraum geschaffen werden.
Aus Überlegungen, die in Britz gelegene Hufeisensiedlung von Bruno Taut nach Süden zu erweitern, entstand die Idee, die an der südlichen Stadtgrenze Berlins gelegene Ackerfläche für das Wohnungsbauvorhaben zu nutzen. Im Mai 1958 begannen erste Grundstücksankäufe für die Großsiedlung Britz-Buckow-Rudow (BBR), wie der Planungsname nach den beteiligten Stadtteilen lautete. Ab 1962 betreute der Bauhaus-Architekt Walter Gropius mit seinem Büro The Architects Collaborative (TAC) federführend die Planung. Er wollte die "mannigfaltigen Elemente des herkömmlichen Stadtlebens" mit den damals modernen Methoden des Städtebaus verbinden.
Die Konzeption sah als Reminiszenz an die Hufeisensiedlung kreisrunde Baukörper mit dazwischenliegenden, überschaubaren Wohnvierteln und Einfamilienhaussiedlungen vor, in denen zentral Geschäftszentren und eine Anbindung an die zu verlängernde U-Bahnlinie 7 eingebettet waren. Große Grünflächen dazwischen sollten die Bebauung auflockern und den Bewohnern zur Naherholung dienen.
Mit dem Mauerbau nach 1961 änderten sich schlagartig die Rahmenbedingungen in West-Berlin: da keine Wachstumsflächen nach außen mehr verfügbar waren, mussten die Bauvorhaben nun deutlich verdichtet werden. Statt der ursprünglich vorgesehenen 14.500 Wohnungen wurden die Planungen modifiziert, die endgültige Planfassung sah auf 264 ha fast 19.000 Wohneinheiten für mehr als 50.000 Menschen vor. Als Folge der höheren Dichte wurden nun mehr Flächen für Infrastruktureinrichtungen (Schulen, Einkaufszentren, etc.) und Stellplätze benötigt, so dass die Gebäude auf der verbleibenden Fläche deutlich in die Höhe wachsen mussten. Statt der von Gropius vorgesehenen maximal fünf Geschosse hat das höchste hier stehende Gebäude (Wohnhochhaus Ideal, Fritz-Erler-Allee) 30 Etagen (mit 89 m Höhe das dritthöchste deutsche Wohngebäude nach dem Kölner Colonia-Tower und dem Hamburger Mundsburgtower I). Auch die Grünflächen wurden deutlich reduziert.
Bauphase

Am 7. November 1962 legte der damalige regierende Bürgermeister Willy Brandt im Beisein von Walter Gropius feierlich den Grundstein für den ersten Bauabschnitt. Die Bebauung entstand komplett in Regie der städtischen Wohungsbaugesellschaften GEHAG und DEGEWO, private Investoren kamen praktisch nicht zum Zug. Ab 1965 begann man parallel zum Siedlungsbau die U-Bahn von Britz-Süd nach Rudow zu verlängern. Entlang der U-Bahn-Stationen entstanden Stadtteilzentren, entlang der Strecke entstand oberirdisch ein Grünzug. 1969 starb Gropius, 1972 wurde die Siedlung nach dem berühmten Bauhaus-Architekten benannt. Die Vollendung der Siedlung 1975 erlebte er nicht mehr. Nach Abschluss der Bauarbeiten waren für 1,74 Milliarden Mark 18.500 Wohneinheiten mitsamt Verkehrserschließung und Infrastrukturfolgeeinrichtungen entstanden.
Weitere Entwicklung
Stellte die Gropiusstadt in den ersten Jahren einen attraktiven Stadtteil dar, der Lebensqualität bot, die es in der Innenstadt oft nicht gab, so entwickelte er sich ab Ende der 70er durch den hohen Sozialwohnungsanteil von 90% zum Problemgebiet. Auch die von Le Corbusier geprägte, stark ideologisierte Stadtplanung der 50er und 60er Jahre führte vielfach nicht zu den gewünschten Ergebnissen und brachte damals ungeahnte Probleme mit sich. Auch die vom Berliner Senat gegen den Willen Gropius durchgeführten Planänderungen trugen ihren Teil zur Lage bei.
Die noch nicht allzu stark bewachsenen Freiflächen hatten wenig Aufenthaltsqualität, dunkle Ecken und Treppenhäuser entwickelten sich zu Angsträumen. Die Bewohner blieben in ihren Appartements eher unter sich und trotz vielfältiger sozialer Einrichtungen entwickelte sich das soziale Leben nicht wie erwartet. Die Bewohner bemängelten den Verlust innerstädtischer Urbanität durch die weiten Freiflächen, die Nachbarschaftsprobleme durch die hohe Wohndichte und den Verlust des Kiez-Gefühls. Die Mieterfluktuation stieg, ebenso wie die Leerstandsquote. Die in der Gropiusstadt aufwachsende Christiane F gibt in ihrem Buch Wir Kinder vom Bahnhof Zoo eine eindrucksvolle Darstellung der sozialen Probleme.
1986 wurden mit großen Investitionen Wohnumfeldverbesserungen vorgenommen. Das öffentliche Grün wurde entsprechend Gropius' ursprünglichen Vorstellungen aufgewertet, Plätze umgestaltet und man versuchte mit gezielten Maßnahmen zusätzliche Angebote (z.B. Jugendclubs, Quartiersmanagement) für die Bewohner zu schaffen.
Nach der Wende änderten sich die Verhältnisse signifikant. Der großzügige Bundeszuschuss für die Berliner Städtebauförderung entfiel, die Wohnnachfrage sank, weil die Berliner auch ins Umland ziehen können und Zuzügler aus Osteuropa ließen den Ausländeranteil ansteigen. Seit 2001 ist kein Wohnberechtigungsschein mehr für den Bezug der Wohnungen erforderlich, weshalb die Attraktivität der Gropiusstadt wieder merklich zugenommen hat. Die Leerstandquote liegt nach Angaben der Wohnungsbaugesellschaft DEGEWO, die einer der Haupteigentümer ist, im einstelligen Bereich.
Das Ladenzentrum an der Johannistaler Chausee hat sich von einem Stadtteilzentrum zu einem Einkaufszentrum von überörtlicher Bedeutung entwickelt. Die Gropius-Passagen gehören heute mit über 85.000 m² Einkaufsfläche und 170 Geschäften zu den größten Einkaufszentren in Deutschland.
Verkehrsanbindung/Öffentlicher Nahverkehr
Die zentrale Anbindung an die Innenstadtbezirke erfolgt über die U-Bahn (Linie 7). In der Gropiusstadt liegen die Bahnhöfe Johannisthaler Chaussee, Lipschitzallee, Wutzkyallee und Zwickauer Damm. Um alle 4 Bahnhöfe herum wurden die zentralen Versorgungseinrichtungen für die Bewohner errichtet.
Kirchen/Gemeinden
In der Gropiusstadt entstanden in der Bauphase und auch danach eine Reihe neuer Kirchengemeinden
Schulen
- Walt-Disney Grundschule
- Hugo-Heimann-Grundschule
- St. Marien Grundschule
- Martin-Lichtenstein-Grundschule
- Grundschule am Regenweiher
- Liebig-Oberschule (Realschule)
- Wildmeister-Oberschule (Hauptschule)
- Helmholtz-Oberschule (Gesamtschule)
- Walter Gropius Schule (Gesamtschule)
Literatur
- Christiane F.: Wir Kinder vom Bahnhof Zoo, Heyne 1999, ISBN 3453162897
Bilder/Ansichten