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„Stadtturm (Enns)“ – Versionsunterschied

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==== Galerie und Dach ====
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Die Galerie über der Turmuhr gibt den Blick nach allen Seiten frei. 2012 entschloss man sich, eine LED-Beleuchtung anzubringen, die aus Anlass der 800-Jahr-Feierlichkeiten immer in dem der Jahreszeit entsprechenden Farbspektrum leuchten soll.<ref name=galerie>{{Internetquelle | url=http://www.enns.at/system/web/news.aspx?bezirkonr=0&menuonr=218854458&detailonr=222947605 | titel= Stadtturm in neuem Glanz | zugriff=2013-06-26}}</ref>
Die [[Galerie (Architektur)|Galerie]] über der Turmuhr gibt den Blick nach allen Seiten frei. 2012 entschloss man sich, eine [[Leuchtdiode|LED]]-Beleuchtung anzubringen, die aus Anlass der 800-Jahr-Feierlichkeiten immer in dem der Jahreszeit entsprechenden Farbspektrum leuchten soll.<ref name=galerie>{{Internetquelle | url=http://www.enns.at/system/web/news.aspx?bezirkonr=0&menuonr=218854458&detailonr=222947605 | titel= Stadtturm in neuem Glanz | zugriff=2013-06-26}}</ref>
Das Dach mit reicher Gliederung besteht nach wie vor aus Kupfer. Die Messingkugel auf der Turmspitze mit einem Durchmesser von 0,9&nbsp;Metern trägt eine geflügelte, 1,37 Meter hohe Geniusfigur, die in Anlehnung an die antike Viktoria als Siegesengel und 1568 von kritischen Zeitgenossen als ''Abgott'' bezeichnet wurde. <ref name=bergf /><ref name=festschrift> Lackner Helmut: ''Stadttürme in Österreich - Zeichen bürgerlichen Selbstbewusstseins'' in: Viatori per urbes castraque. Festschrift für Herwig Ebner zum 75. Geburtstag. Hrsg.: Helmut Bräuer - Gerhard Jaritz - Käthe Sonnleitner,Institut für Geschichte der Karl-Franzens-Univ., Graz 2003. S. 441–444</ref>
Das Dach mit reicher Gliederung besteht nach wie vor aus Kupfer. Die Messingkugel auf der Turmspitze mit einem Durchmesser von 0,9&nbsp;Metern trägt eine geflügelte, 1,37 Meter hohe Geniusfigur, die in Anlehnung an die antike Viktoria als Siegesengel und 1568 von kritischen Zeitgenossen als ''Abgott'' bezeichnet wurde. <ref name=bergf /><ref name=festschrift> Lackner Helmut: ''Stadttürme in Österreich - Zeichen bürgerlichen Selbstbewusstseins'' in: Viatori per urbes castraque. Festschrift für Herwig Ebner zum 75. Geburtstag. Hrsg.: Helmut Bräuer - Gerhard Jaritz - Käthe Sonnleitner,Institut für Geschichte der Karl-Franzens-Univ., Graz 2003. S. 441–444</ref>



Version vom 2. Juli 2013, 20:55 Uhr

Stadtturm Enns
Stadtturm Enns, ehemaliger Glocken- und Wachtturm

Stadtturm Enns, ehemaliger Glocken- und Wachtturm

Daten
Ort Enns
Baustil Gotik und Renaissance
Baujahr 1564–1568
Höhe 60 m
Koordinaten 48° 13′ 0″ N, 14° 28′ 30″ OKoordinaten: 48° 13′ 0″ N, 14° 28′ 30″ O
Stadtturm Enns (Oberösterreich)
Stadtturm Enns (Oberösterreich)

Der Stadtturm Enns ist das von 1564 bis 1568 unter Kaiser Maximilian II. auf Wunsch der Bevölkerung als Glocken-, Wach- und Uhrturm mit Stilelementen der Gotik und der Renaissance erbaute 60 Meter hohe Wahrzeichen der Stadt Enns im Bezirk Linz-Land in Oberösterreich.[1] Seit 2009 befindet sich im Türmerzimmer ein Hotelzimmer.[2]

Geschichte des Turmbaus

Stadtturm Enns 1898

Der Bau des Ennser Stadtturms fiel in eine Blütezeit der Stadt. Der Handel mit Wein, Holz, Eisen, Salz und Leinwand florierte und auch die zu Beginn des 16. Jahrhunderts erbaute Donaubrücke vom Tabor nach Mauthausen brachte der Stadt zusätzliche Einnahmen.[3]

Die Zeit vor Baubeginn

Als 1553 die Pfarrrechte von Lorch auf die ehemalige, turmlose Minoritenkirche übertragen wurden, benötigte man einen Kirchturm für die Glocken.[4] Ausschlaggebend für die Erbauung war auch das Repräsentationsbedürfnis der Ennser Bürger.[5] Zwar war die aus dem 14. Jahrhundert stammende Minoritenkirche mit vielen Stiftungen bedacht worden, sie musste aber zusammen mit dem Kloster 1551 im Zuge der Reformation von den Mönchen aufgegeben werden. Da die Pfarrkirche Lorch für die Ennser Bürger zu abgelegen war, kam es zu einer Neuordnung der Seelsorge. In der Translations-Urkunde vom 22. August 1553 verfügte König Ferdinand I., Ordensprovinzial, dass alle Pfarrrechte der Lorcher Kirche auf die Minoriten überzugehen hatten. Da das für die Seelsorge vorgesehene Gotteshaus keinen Glockenturm hatte, befahl er gleichzeitig, die Bürgergemeinde mit einem solchen auszustatten. Eine Inschrift deutet darauf hin, dass der Bau zu Beginn der Regierungszeit Kaiser Maximilians II. begann und nach vier Jahren vollendet wurde.[4] Beispielgebend für den Turm waren ähnliche Bauwerke in Perchtoldsdorf, Budweis, Pettau und Judenburg.[5]

Der Bau des Stadtturms

Mit dem Bau des Stadtturms wurde nach den Anweisungen der Stadtverwaltung begonnen. Der Turm sollte in der Mitte des Marktplatzes stehen, wo sich damals in unmittelbare Nähe das von den Bewohnern gestiftete Marienheiligtum Scheiblingskirche befand. Da das kleine Gotteshaus bereits schwere Bauschäden aufwies, erfüllte Kaiser Maximilian II. mit dem am 23. Dezember 1565 erlassenen Patent die Bitte um Erlaubnis zum Abriss des Gebäudes unter teilweiser Wiederverwendung des Baumaterials. Der niederösterreichische Vizekanzler Geheimrat Georg Gienger von Rotteneck unterstützte die Bürger bei der Finanzierung des Kupferdaches, übernahm den Ankauf der Kupferbleche und sorgte dafür, dass noch im Herbst das Material auf dem Wasserweg von Wien nach Enns gebracht wurde. Nach vierjähriger Bauzeit konnte der Turm vollendet werden.[4]

Baumeister

Bis zum Jahr 1977 vermutete man, dass der Italiener Christoph Canavale der Baumeister des Ennser Stadtturms war,[5] da er damals in mehreren oberösterreichischen Städten und Märkten als Baumeister tätig[4] und auch mit dem Neubau von Schloss Ennsegg beschäftigt war. Augustin Hartl stellte jedoch Canavale als Baumeister des Stadtturms in Frage, da sich die von ihm konzipierten Bauten durch kubische Geschlossenheit, sparsame Gliederung und Schmucklosigkeit auszeichneten.[6] Man geht jetzt eher davon aus, dass Hansen von Mainz für den Bau verantwortlich war („in beysein Maister Hansen von Mainz, Maurer der den thuern zu Enns gebaut“).[6] Der Stil des Ennser Stadtturms scheint zu seiner architektonischen Handschrift besser zu passen.

Baukosten

Die Gesamtkosten des Ennser Stadtturms lassen sich aufgrund fehlender Belege nicht sicher feststellen. Es existiert nur eine vom Kammeramtsverwalter Sigmund Strasser unterschriebene Teilrechnung, die für den Zeitraum vom 1. Juli bis 22. September 1567 die Summe von zehn Gulden, fünf Kreuzern und zwei Pfennigen für Arbeiten am Kupferdach enthält.[7] Einziger Hinweis auf die Gesamtkosten ist ein Notizzettel vom Ende des 18. Jahrhunderts, der die Gesamtkosten auf 10.960 Gulden beziffert. Damit hätten zur damaligen Zeit rund 20 Bürgerhäuser gebaut werden können. Bei der geschätzten Einwohnerzahl von höchstens 1.600 Personen in 247 Häusern stellte der Bau des Turmes somit eine beachtliche monetäre Leistung dar.[4]

Die Zeit danach

Am 12. April des Jahres 1798 sollte das Kreisamt des Traunviertels, in dessen Amtsbereich auch Enns lag, prüfen, ob der Stadtturm abgebrochen werden sollte. Der Turm galt als Unzierde. Zudem sollte der Verkauf des Abbruchmaterials der Stadt Einnahmen verschaffen. Die Turmuhr hätte am Rathaus angebracht werden sollen. Das Kreisamt des Traunviertels holte beim Magistrat Enns ein Gutachten ein. Da die Ennser mehrheitlich gegen den Abbruch des Turms waren, bemühte man sich um eine ausführliche Begründung, warum der Stadtturm für die Stadt unentbehrlich sei. Man gab an, dass die Uhr das Rathaus zu sehr belasten würde. Ein weiterer, für die Stadt wesentlicher Grund, den Turm zu behalten, lag darin, dass man sonst keine Möglichkeit sah, das Glockengeläute unterzubringen. Der Magistrat der Stadt argumentierte ferner, dass aufgrund der ständig durchmarschierenden Truppen und der Feuersgefahr ein Wachturm dringend erforderlich sei. Am 5. Juli 1798 wurde ein entsprechender Bericht dem Kreishauptmann Albert Graf von Clam vorgelegt. Dieser pflichtete dem Magistrat in allen angeführten Punkten bei. In der Sitzung am 19. Juli 1798 nahm die Landesregierung diese Darstellung zur Kenntnis.[6]

Im Jahr 1860 war der Stadtturm ein weiteres Mal gefährdet. Durch Sturm und Regen war das Dach des Turmes schwer in Mitleidenschaft gezogen worden und benötigte eine Reparatur. Die Alternative wäre gewesen, den Turm samt seiner Kupfereindeckung vollständig abzutragen und durch eine Plattform zu ersetzen, ähnlich der des Schlosses Ennsegg. Mit dem geschätzten Erlös von 4655 Gulden aus dem Verkauf des Dachkupfers hätte die Plattform finanziert werden können. Da aber die Neuwahl der Gemeindevertretung bevorstand und die Jahreszeit bereits fortgeschritten war, einigte man sich jedoch auf die Dachreparatur.[6] In der Bevölkerung war der Turm stets relativ fest verankert. Ein möglicher Abriss, vor einer Wahl, war so vom Tisch. Im Jahr 1940 wurde durch eine Ausnahmegenehmigung die Restaurierung des Kupferdaches ermöglicht. Die von Rudolf Steinbüchler 1939 vorgelegten Entwürfe einer kompletten Ausstattung der Turmfassade mit Fresken und die 1952 von Otto Götzinger geplante Ausmalung blieben unausgeführt.[5]

Im Laufe der Zeit gab es immer wieder Debatten und Ereignisse, die das ursprüngliche und architektonisch eindrucksvolle Erscheinungsbild des Stadtturmes bedrohten und als Störereignisse bezeichnet wurden. Größere Änderungen wurden jedoch nicht vorgenommen.[6]

Architektur und Ausstattung

Turmbemalung an der Südseite des Stadtturms

Der Stadtturm Enns besteht zum großen Teil aus Konglomeratgestein, Granit und Ziegel. Der Grundriss des Turms beträgt rund 10,7×10,7 Meter im Geviert und hat mit der Turmfigur eine Höhe von etwa 60 Metern.[5] Im Stadtturm sind die Baustile Gotik und Renaissance vereint. Es handelt sich um einen viergeschossigen Quaderbau mit Ecklisenen, Doppelspitzbögen, Friesen und Kaffgesimsen. Er ist in vier Felder (Geschosse) eingeteilt; vor allem das Dach deutet auf den Folgebaustil der Gotik, die Renaissance, hin.[1]

Erstes Geschoss & Anbau

Der Eingang befindet sich im ersten Geschoss auf der Südseite; darüber ist eine gemäß der Inschrift aus der Zeit des Turmbaus stammende Sonnenuhr aufgemalt. Sie füllt ein sechs Meter breites und drei Meter hohes Feld mit einfachen Fresken aus. Der Schattenstab sowie die längs der dreiseitigen Umrandung angebrachten Stundenzeichen ermöglichen ein genaues Ablesen der Uhrzeit.[8]

Die Inschrift der Sonnenuhr lautet:

Sonnenuhr und lateinische Inschrift

“CEPIT UT OBLATOS SIBI MAXIMILIANUS HONORES
IMPERII HOC ANASI SURGERE COEPIT OPUS
CYNTHIUS AD QUARTUM SCEPTRI CUM VERTERAT ANNUM
SUSCEPTI FINIS GRATA LABORIS ERAT

ASPICIS EXIGUAM NEC MAGNI NOMINIS URBEM
QUAM TAMEN AETERNUS CURAT AMATQUE DEUS
HAEC DE LAUREACO RELIQUA EST, HIS MARCUS IN ORIS
CUM LUCA CHRISTI DOGMA PROFESSUS ERAT”

Frei übersetzt lautet dieser Text:

„Als Maximilian die Huldigung als Herrscher entgegennahm
Begann sich zu Enns dieser Bau zu erheben
Als der Cynthier (Sonnengott) das Jahr zum vierten mal während
seiner Herrschaft wandte, war die gewünschte Vollendung des
unternommenen Werkes vollendet.

Du siehst die kleine Stadt, ohne bedeutenden Namen
Für die jedoch Gott der Ewige in Liebe sorgt.
Sie ist der Rest von Lauriacum. In dieser Gegend hat Markus
Mit Lukas Christi Lehre verkündet.“[9]

Auch Baubeginn und Vollendung können von einer Inschrift an der Südseite des Turms abgelesen werden: INITIUM EXSTRUCTIONIS ANNO MDLXIV FINIS ANNO MDLXVIII. Auf der Ostseite befindet sich im ersten Geschoss das Ennser Stadtwappen und der Hinweis auf das Stadtrecht von Enns vom 22. April 1212. Unterhalb des Wappens sind die Jahre der Turmrenovierung 1772, 1837, 1883, 1940, 1962, 1977 und 1995 verzeichnet, allerdings kaum lesbar, da sie bei einer der Renovierungen übermalt wurden. Bei schlechtem Wetter lässt sich die Inschrift jedoch gut entziffern.[5] [10] Des Weiteren befand sich bis etwa Mitte des 20.Jahrhunderts ein öffentliches Waaghaus an der Ostseite des Turmes.[11] Ähnlich dem Waaghaus der Stadt Linz, bestand dessen Aufgabe darin, Waren wie Wolle, Heu oder Salz zu wiegen. [12]

Zweites und drittes Geschoss

Die Südseite eines weiteren Feldes in Höhe des zweiten Geschosses ist seit 1883 mit dem österreichischen Doppeladler bemalt, der mit dem gespaltenen Wappenschild des Hauses Habsburg-Lothringen belegt ist. Dabei steht der Bindenschild für Habsburg und Österreich und der rote Schrägrechtsbalken in Gold mit den 3 gestümmelten silbernen Adlern für Lothringen. Der Schild ist mit der Kette des Ordens vom Goldenen Vlies umgeben. Die Felder an der Nord- und Ostseite sind ohne Bemalung. Im dritten Geschossfeld öffnen sich auf allen vier Seiten die gotischen Fenster der Glockenstube mit rundbogigen Giebeln auf einem horizontalen Gesimse. [1][5]

Uhrwerk im Ennser Stadtturm

Viertes Geschoss

Im vierten Geschoss befindet sich das mechanische Uhrwerk.[5] Nach außen hin, werden die Ziffernblätter der Turmuhr in allen vier Himmelsrichtungen gezeigt. Auf der Südseite zieren in den Ecken des Uhrfelds Symbolen der vier Evangelisten

  • Adler (Johannes)
  • Geflügelter Mensch (Matthäus)
  • Stier (Lukas)
  • Löwe (Markus)

das Ziffernblatt.[1] Oberhalb der Uhr befindendet sich Jahreszahl 1564, die das Erbauungsjahr des Stadtturms datiert. Die sich auf der Ost-, Nord-, und Weststeite rund um das Ziffernblatt befindenden Jahreszahlen 1772, 1837 und 1883 geben die ersten Jahre der Turmrenovierung an. Die erste und letzte Ziffer der Jahreszahl 1772 wurde in gotischen Schriftzeichen i und z auf das Ziffernblatt gemalt. [8]

Alte Altarplatte der Scheiblingskirche

Galerie und Dach

Die Galerie über der Turmuhr gibt den Blick nach allen Seiten frei. 2012 entschloss man sich, eine LED-Beleuchtung anzubringen, die aus Anlass der 800-Jahr-Feierlichkeiten immer in dem der Jahreszeit entsprechenden Farbspektrum leuchten soll.[13] Das Dach mit reicher Gliederung besteht nach wie vor aus Kupfer. Die Messingkugel auf der Turmspitze mit einem Durchmesser von 0,9 Metern trägt eine geflügelte, 1,37 Meter hohe Geniusfigur, die in Anlehnung an die antike Viktoria als Siegesengel und 1568 von kritischen Zeitgenossen als Abgott bezeichnet wurde. [1][5]

Das Turminnere

Innen gelangt man über 95 Steinstufen entlang der Außenwände zur Glockenstube. Das Geläute besteht aus sechs Glocken mit einem Gesamtgewicht von 6,14 Tonnen. Über weitere 62 Stufen aus Holz, vorbei am Uhrwerk, gelangt man in die alte Türmerstube. Dort steht ein Tisch mit einer Marmorplatte. Dabei handelt es sich um die Altarplatte der 1565 abgerissenen Scheiblingskirche.[1]

Eingang zum Hotelzimmer im Ennser Stadtturm

Seit 2009 befindet sich im Ennser Stadtturm ein über 71 Stufen erreichbares Hotelzimmer. Die 2008 im Rahmen der Feier der tausendsten Stammtischzusammenkunft der Herren zu Enns entwickelte Idee wurde vom Ennser Architekten Theodor Haas unter Berücksichtigung der Belange des Denkmalschutzes umgesetzt. Dabei wurden 23 Putz- und Farbschichten freigelegt und dokumentiert. In einer Raumnische wurden die vermutlich originale Seildurchführung des Uhrenaufzuges und der ursprüngliche Ladenboden gefunden.[14][15][16]

Die Glocken

Immakulata-Glocke

Im dritten Turmgeschoss ist die mit Schallfenstern ausgestattete Glockenstube untergebracht. Man nimmt an, dass einige der Glocken aus der Lorcher Kirche stammten und durch das 1553 an die Minoritenkirche übertragene Pfarrrecht in den Stadtturm kamen. Im Ersten Weltkrieg wurden die Glocken für Rüstungszwecke eingeschmolzen. 1922 wurden neue Glocken angeschafft, die später dem Zweiten Weltkrieg zum Opfer fielen. Im Jahre 1948 wurden wiederum neue Glocken aus der Glockengießerei St. Florian beschafft[8]:

Name Gewicht Durchmesser Ton
Herz Jesu 2868 kg 166 cm h
Maximilian 1459 kg 132 cm dis
Immakulata 825 kg 111 cm fis
Floriani 624 kg 92 cm cis
Josefi 423 kg 98 cm ais
Leopoldi 350 kg 97 cm h

Der Turmwächter

Die Hauptaufgabe des vom Bürgermeister der Stadt ernannten Turmwächters war die Feuerwache um im Falle eines Schadfeuers Alarm mit einer Trompete oder einem Horn auszulösen. Der Turmwächter war angehalten, die vorgeschriebenen Signale zu geben. In der Mundart wird der Turm als „Turn“ ausgesprochen. Daher wurde der Turmwächter „Thurner“ gerufen, der zusätzlich Repräsentationspflichten zu erfüllen hatte und vier Gesellen ausbilden musste. Die Turmwächter leisteten ihren Dienst in der Stube innerhalb der Galerie mit einem steinernen Tisch, einer Bank und einem Kachelofen als Inventar.[6]

Die genauen Anweisungen zur Brandmeldung waren in der Feuerlöschordnung der Stadt Enns (1847) geregelt. Nach den Aufzeichnungen hatte der Turmwächter Tag und Nacht von Viertelstunde zu Viertelstunde auf den offenen Gang zu treten und durch dreimaliges Ho!-Rufen nach allen vier Seiten seine Wachsamkeit zu zeigen. Bemerkte er tatsächlich einen Brand, musste der Turmwächter sofort die große Glocke im Turm anschlagen. Sechs Schläge bedeuteten ein Feuer in der Stadt, vier eines in den Vorstädten Schmidberg, Lerchental oder Reintal, und mit drei Schlägen wurde ein Feuer in der Vorstadt Enghagen angezeigt. Zwei Schläge bedeuteten Feuer im Pfarrbezirk auf dem Land und ein Schlag eines in der Nähe des Pfarrbezirkes. Dazu zählten Mauthausen, Asten, St. Florian, Tillysburg, Hargelsberg, Kronstorf, Ernsthofen, St. Valentin, Rems und St. Pantaleon. Bei Tag musste der Turmwächter unmittelbar nach Bekanntgabe des Feuers eine Signalfahne aushängen. Nachts hingegen musste eine Laterne ausgehängt und mittels eines Sprachrohres in alle vier Richtungen ausgerufen werden, wo es brannte.[6]

Bis in die 1920er Jahre blieb diese Regelung mit einigen kleineren Änderungen bestehen. 1935 wurde die Turmwächterstelle dem Schuhmacher Gustav Höllmüller übertragen. Als Entlohnung durfte er frei im Turm wohnen, erhielt Läutegebühren und die Hälfte der Turmbesteigungsgebühren. Durch die Modernisierung haben sich die meisten der Verpflichtungen eines Turmwächters erübrigt.[6]

Sage – Die Riesin vom Stadtturm

Der Ennser Stadtturm verdankt seine Bekanntheit nicht nur seinem imposanten Erscheinungsbild sondern auch einer Sage. Glaubt man der Sage, so war es das Ziel des Baumeisters, den höchsten freistehenden Turm Österreichs zu bauen, der alles bisher Dagewesene in den Schatten stellen und die Kunst des Baumeisters hervorheben sollte. Zur Vollendung des Bauwerks arbeiteten die Handwerker Tag für Tag, um die 156 Stufen zu hauen. Kurz vor der Vollendung wurde er darauf aufmerksam gemacht, dass der riesige Steinquader, der seinen Platz ganz oben im Turm finden sollte, nicht in diese Höhe zu hieven war. Daraufhin tobte und schimpfte der Baumeister,[17] worauf eine Riesin erschien, die nicht nur den Baumeister überragte, sondern zugleich den Steinquader in ihre Schürze steckte und Stufe für Stufe den Turm hinauf trug. Oben im Turmzimmer lud sie den Stein ab, wo er heute noch zu finden ist.[17] Die unter dem Schwibbogen hängende Rippe der Riesin wird in Hohenecks Genealogie beschrieben und befand sich bis zu den Franzosenkriegen 1809 im Stadtturm und ist seither verschwunden. Man geht heute davon aus, dass es sich um den Knochen eines urzeitlichen Tieres oder Wals gehandelt haben muss.[18]

Literatur

  • Eduard Straßmayr: Der Ennser Stadtturm. In: Jahrbuch des Oberösterreichischen Musealvereines. 97. Bd., 1952, ISSN 0379-0819, S. 121–134, online (PDF; 1,27 MB).
  • Gottfried Kneifel (Hrsg.): Rund um den Stadtturm. Beiträge zur Geschichte der ältesten Stadt Österreichs. Trauner, Linz 1998, ISBN 3-85320-915-7.
  • Gottfried Kneifel (Hrsg.): Mein Enns. Beiträge zur Geschichte der ältesten Stadt Österreichs. Landesverlag, Linz 1988, ISBN 3-85214-497-3.
  • Helmut Lackner (Hrsg.): Stadttürme in Österreich - Zeichen bürgerlichen Selbstbewusstseins in: Viatori per urbes castraque. Festschrift für Herwig Ebner zum 75. Geburtstag. (Hrsg.): Helmut Bräuer - Gerhard Jaritz - Käthe Sonnleitner, Institut für Geschichte der Karl-Franzens-Univ., Graz 2003, ISBN: 3-901921-19-2.
Commons: Stadtturm – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Stadtturm – Enns. Abgerufen am 22. April 2013.
  2. Zimmer mit Aussicht. In: Oberösterreichische Nachrichten, 31. Juli 2012. Abgerufen am 26. April 2013.
  3. Gottfried Kneifel: Mein Enns. Beiträge zur Geschichte der ältesten Stadt Österreichs. 1988, S. 345.
  4. a b c d e Landesmuseum.at. (PDF; 2,4 MB) Abgerufen am 27. März 2013. (PDF; 2,4 MB)
  5. a b c d e f g h i Lackner Helmut: Stadttürme in Österreich - Zeichen bürgerlichen Selbstbewusstseins in: Viatori per urbes castraque. Festschrift für Herwig Ebner zum 75. Geburtstag. Hrsg.: Helmut Bräuer - Gerhard Jaritz - Käthe Sonnleitner,Institut für Geschichte der Karl-Franzens-Univ., Graz 2003. S. 441–444
  6. a b c d e f g h Gottfried Kneifel: Rund um den Stadtturm. Beiträge zur Geschichte der ältesten Stadt Österreichs. Trauner Verlag, Linz 1998. S. 215 Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag. Der Name „kneifel“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert.
  7. Stadtarchiv Enns, Schachtel 13, B I 36.
  8. a b c Gottfried Kneifel: Rund um den Stadtturm. Beiträge zur Geschichte der ältesten Stadt Österreichs. Trauner Verlag, Linz 1998. S. 217 f.
  9. Eduard Straßmayr: Der Ennser Stadtturm. In: Jahrbuch des Oberösterreichischen Musealvereines. 97. Bd., 1952, S. 121–134.
  10. Tourismus Stadtmarketing Enns. Abgerufen am 22. Mai 2013.
  11. Kneifel Herbert: Enns in alten Ansichten1996, S.13.
  12. linz.at. (PDF; 2,4 MB) Abgerufen am 30. Juni 2013. (PDF; 9,74 MB)
  13. Stadtturm in neuem Glanz. Abgerufen am 26. Juni 2013.
  14. Bezirksrundschau Enns. Abgerufen am 28. Mai 2013.
  15. Webseite Pixel Hotel. Abgerufen am 30. April 2013.
  16. Tourismus Stadtmarketing Enns. Abgerufen am 28. Mai 2013.
  17. a b Website Donau Oberösterreich. Abgerufen am 23. März 2013.
  18. Website Tourismus und Stadtmarketing Enns GmbH. Abgerufen am 23. März 2013.