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Mellat-Park und Sokal-Affäre: Unterschied zwischen den Seiten

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Die '''Sokal-Affäre''' (auch Sokal-Debatte, -Kontroverse) war eine Auseinandersetzung über die intellektuellen Standards in den [[Sozialwissenschaften|Sozial]]- und [[Geisteswissenschaften]], die durch die Veröffentlichung eines [[Hoax]]-Artikels des Physikers [[Alan Sokal]] in der sozialwissenschaftlichen Fachzeitschrift „Social Text“ ausgelöst wurde. Sokals Artikel erschien 1996 in einer den {{lang|en|[[Science Wars]]}} (Wissenschaftskriegen) gewidmeten Ausgabe, die die US-spezifische Auseinandersetzung zwischen [[Wissenschaftlicher Realismus|Wissenschaftlichem Realismus]] und [[Postmoderne]] thematisieren sollten. Sokals Beitrag war in postmodernem Jargon formuliert und gab vor, die [[Quantengravitation]] als [[Linguistik|linguistisches]] und [[Sozialkonstruktivismus|soziales Konstrukt]] zu deuten, wobei die [[Quantenphysik]] die postmodernistische Kritik stütze. Sokal hatte dabei absichtlich zahlreiche logische und inhaltliche Fehler eingestreut, was von den Redakteuren der Zeitschrift − sie hatten für die [[Schlussredaktion]] keine Physikexperten hinzugezogen − jedoch nicht erkannt wurde. Es folgte eine wissenschaftstheoretische und öffentliche Debatte über mangelnde intellektuelle Strenge bei der Bewertung pseudowissenschaftlicher Artikel in den Sozial- und Geisteswissenschaften und einen möglicherweise schädlichen Einfluss postmoderner Philosophie auf diese Wissenschaften. Weiterhin wurde diesen Disziplinen vorgeworfen, naturwissenschaftliche Konzepte in sinnloser oder missbräuchlicher Weise für ihre Lehren zu verwenden.
[[Bild:Park Mellat Tehran.JPG|thumb|240px|Eingang des Mellat-Parks]]
Der '''Mellat-Park''' ({{faS|پارک ملت}} ''Pārk-e Mellat'', ehemals ''Pārk-e Schāhanschāhī'') ist ein Park im Norden von [[Teheran]]. Er ist das größte Erholungsgebiet der Stadt.


== Vorgeschichte ==
Der Park befindet sich am Fuße des [[Elburs-Gebirge]]s, südlich des Teheraner Messegeländes und des Enghelab-[[Golfplatz]]es. Im Westen grenzt er an den Parkway Chamran und die Seoul-Straße, im Osten an die [[Valiasr-Straße]]. Er wird vom Schmelzwasser des 4000 m hohen [[Tochal]] bewässert.
1996 reichte der amerikanische [[Physiker]] [[Alan Sokal]] einen
Aufsatz mit dem Titel ''Transgressing the Boundaries: Towards a Transformative Hermeneutics of Quantum Gravity'' (deutsch: ''Die Grenzen überschreiten: Auf dem Weg zu einer transformativen [[Hermeneutik]] der [[Quantengravitation]]'') bei der amerikanischen, für ihre postmoderne Ausrichtung bekannten Zeitschrift für [[Cultural studies]] ''[[Social Text]]'' zur Veröffentlichung ein. Diese druckte ihn unbeanstandet mit anderen in einer Sondernummer ab.


Kurz nach der Veröffentlichung bekannte Sokal in einer anderen Zeitschrift, ''[[Lingua Franca (Zeitschrift)|Lingua Franca]]'', dass es sich bei dem Aufsatz um eine [[Parodie]] handle.
Der Park bietet breite Spazierwege, einen Bootsverleih, [[Rollerskating|Rollerskatebahnen]], eine [[Voliere|Vogelvoliere]], Imbisse und Cafés. Eine [[Pferderennbahn]] befindet sich in seiner unmittelbaren Nähe.
Er habe die zusammengesuchten Zitate verschiedener postmoderner Denker mit dem typischen [[Jargon]] dieser Denkrichtung zu einem Text montiert, dessen unsinniger Inhalt bei Beachtung wissenschaftlicher Standards, so der Vorwurf an die Herausgeber von ''Social Text'', als solcher hätte erkannt werden müssen. Dabei äußerte er bereits in diesem ersten Artikel Sympathie für linke kritische Wissenschaftsdiskussionen und bezeichnet sich selbst als links und als Internationalist.


==Debatte==
Im Park ist die [[Dampflok]] der ersten Bahnstrecke des Landes deponiert. Sie wurde von dem [[Belgien|belgischen]] „Atelier de Tubize“ gebaut und 1887 an den Iran verkauft.
Dieser Vorfall löste im akademischen Milieu und der Presse (der Fall kam immerhin bis auf die Titelseite der [[The New York Times|New York Times]]) eine öffentliche Diskussion aus, wie dieser Vorfall im Besonderen und die Seriosität der postmodernen Philosophie im Allgemeinen zu bewerten sei. Sokal und Vertreter des kritisierten Personenkreises führten die Diskussion in weiteren Zeitschriftenartikeln fort und verteidigten ihre Standpunkte.


1997 veröffentlichte Sokal zusammen mit seinem belgischen Kollegen
Weitere Parks mit dem gleichen Namen befinden sich in [[Ahwas]] und [[Buschehr]].
[[Jean Bricmont]] dazu ein Buch mit dem Titel ''Impostures Intellectuelles'' (übersetzt: ''Intellektuelle Hochstapeleien'', deutscher Titel: ''Eleganter Unsinn — Wie die Denker der Postmoderne die Wissenschaften missbrauchen''<ref>Rezensiert unter [http://www.welt.de/print-welt/article581193/Hermeneutik_der_Quantengravitation.html Hermeneutik der Quantengravitation] in der Welt vom 21. August 1999</ref>), in dem er seine Thesen erklärt und an Beispielen von Texten bedeutender, nach Ansicht von Sokal postmoderner französischer Philosophen erläutert (namentlich [[Jean Baudrillard]], [[Gilles Deleuze]] und [[Félix Guattari]], [[Luce Irigaray]], [[Julia Kristeva]], [[Jacques Lacan]], [[Bruno Latour]] und [[Paul Virilio]] sowie – obwohl kein Postmoderner, als historisches Beispiel – [[Henri Bergson]]). In diesem Buch gaben Sokal und Bricmont – neben der Verteidigung gegen den vermuteten Missbrauch der Wissenschaft – auch ein politisches Motiv für ihren Vorstoß an. Sie bekannten sich zur politischen Linken und vertraten die Meinung, dass die zunehmende Verbreitung der postmodernen Denkrichtung in der Linken deren Fähigkeit zu wirkungsvoller [[Gesellschaftskritik]] schwäche.


== Siehe auch ==
==Literatur==
*Alan Sokal/Jean Bricmont: ''Impostures Intellectuelles'', Paris 1997
* [[Laleh-Park]]
**englische Ausgabe: ''Fashionable Nonsense. Postmodern Intellectuals' Abuse of Science'', New York 1998
**deutsche Ausgabe: ''Eleganter Unsinn. Wie die Denker der Postmoderne die Wissenschaft mißbrauchen'', München 1999 ISBN 978-3423330657


==Siehe auch==
[[Kategorie:Parkanlage in Teheran]]
* [[Dr.-Fox-Experiment]]
* [[Grubenhund (Zeitung)|Grubenhund]]
* [[Betrug und Fälschung in der Wissenschaft]]
* [[Erkenntnistheorie]]
* [[Sozialkonstruktivismus]]


== Weblinks ==
[[en:Mellat park]]
* [http://www.physics.nyu.edu/faculty/sokal/ Website von Alan Sokal mit umfangreicher Materialsammlung zum Vorgang]
[[fa:پارک ملت]]
* [http://www.physics.nyu.edu/faculty/sokal/transgress_v2/transgress_v2_singlefile.html Sokal, A.D. (1996). Transgressing the Boundaries: Towards a Transformative Hermeneutics of Quantum Gravity. ''Social Text''. 46/47:217-252]
[[fr:Parc Mellat]]
* Hans-Joachim Niemann: Übersetzung von Alan Sokal, Experimente eines Physikers mit den Sozialwissenschaften, Sic et Non 1997 (Original: A Physicist Experiments With Cultural Studies, Lingua Franca, May/June 1996, pp. 62-64. 1996.) Volltext (http://journ.sicetnon.org/index.php/sic/article/view/68 PDF]; 133 kB)
[[tr:Mellat Park]]
* [http://web.archive.org/web/20090616120119/http://www.falter.at/web/heureka/archiv/98_5/03.php Kommentar von Bruno Latour]
* [http://www.elsewhere.org/pomo Ein Generator für "postmoderne Artikel"]

== Einzelnachweise ==
<references />

[[Kategorie:Wissenschaftliche Kontroverse]]
[[Kategorie:Wissenschaftstheorie]]
[[Kategorie:Postmoderne]]
[[Kategorie:Wissenschaftlicher Witz]]

Version vom 31. März 2013, 03:16 Uhr

Die Sokal-Affäre (auch Sokal-Debatte, -Kontroverse) war eine Auseinandersetzung über die intellektuellen Standards in den Sozial- und Geisteswissenschaften, die durch die Veröffentlichung eines Hoax-Artikels des Physikers Alan Sokal in der sozialwissenschaftlichen Fachzeitschrift „Social Text“ ausgelöst wurde. Sokals Artikel erschien 1996 in einer den Science Wars (Wissenschaftskriegen) gewidmeten Ausgabe, die die US-spezifische Auseinandersetzung zwischen Wissenschaftlichem Realismus und Postmoderne thematisieren sollten. Sokals Beitrag war in postmodernem Jargon formuliert und gab vor, die Quantengravitation als linguistisches und soziales Konstrukt zu deuten, wobei die Quantenphysik die postmodernistische Kritik stütze. Sokal hatte dabei absichtlich zahlreiche logische und inhaltliche Fehler eingestreut, was von den Redakteuren der Zeitschrift − sie hatten für die Schlussredaktion keine Physikexperten hinzugezogen − jedoch nicht erkannt wurde. Es folgte eine wissenschaftstheoretische und öffentliche Debatte über mangelnde intellektuelle Strenge bei der Bewertung pseudowissenschaftlicher Artikel in den Sozial- und Geisteswissenschaften und einen möglicherweise schädlichen Einfluss postmoderner Philosophie auf diese Wissenschaften. Weiterhin wurde diesen Disziplinen vorgeworfen, naturwissenschaftliche Konzepte in sinnloser oder missbräuchlicher Weise für ihre Lehren zu verwenden.

Vorgeschichte

1996 reichte der amerikanische Physiker Alan Sokal einen Aufsatz mit dem Titel Transgressing the Boundaries: Towards a Transformative Hermeneutics of Quantum Gravity (deutsch: Die Grenzen überschreiten: Auf dem Weg zu einer transformativen Hermeneutik der Quantengravitation) bei der amerikanischen, für ihre postmoderne Ausrichtung bekannten Zeitschrift für Cultural studies Social Text zur Veröffentlichung ein. Diese druckte ihn unbeanstandet mit anderen in einer Sondernummer ab.

Kurz nach der Veröffentlichung bekannte Sokal in einer anderen Zeitschrift, Lingua Franca, dass es sich bei dem Aufsatz um eine Parodie handle. Er habe die zusammengesuchten Zitate verschiedener postmoderner Denker mit dem typischen Jargon dieser Denkrichtung zu einem Text montiert, dessen unsinniger Inhalt bei Beachtung wissenschaftlicher Standards, so der Vorwurf an die Herausgeber von Social Text, als solcher hätte erkannt werden müssen. Dabei äußerte er bereits in diesem ersten Artikel Sympathie für linke kritische Wissenschaftsdiskussionen und bezeichnet sich selbst als links und als Internationalist.

Debatte

Dieser Vorfall löste im akademischen Milieu und der Presse (der Fall kam immerhin bis auf die Titelseite der New York Times) eine öffentliche Diskussion aus, wie dieser Vorfall im Besonderen und die Seriosität der postmodernen Philosophie im Allgemeinen zu bewerten sei. Sokal und Vertreter des kritisierten Personenkreises führten die Diskussion in weiteren Zeitschriftenartikeln fort und verteidigten ihre Standpunkte.

1997 veröffentlichte Sokal zusammen mit seinem belgischen Kollegen Jean Bricmont dazu ein Buch mit dem Titel Impostures Intellectuelles (übersetzt: Intellektuelle Hochstapeleien, deutscher Titel: Eleganter Unsinn — Wie die Denker der Postmoderne die Wissenschaften missbrauchen[1]), in dem er seine Thesen erklärt und an Beispielen von Texten bedeutender, nach Ansicht von Sokal postmoderner französischer Philosophen erläutert (namentlich Jean Baudrillard, Gilles Deleuze und Félix Guattari, Luce Irigaray, Julia Kristeva, Jacques Lacan, Bruno Latour und Paul Virilio sowie – obwohl kein Postmoderner, als historisches Beispiel – Henri Bergson). In diesem Buch gaben Sokal und Bricmont – neben der Verteidigung gegen den vermuteten Missbrauch der Wissenschaft – auch ein politisches Motiv für ihren Vorstoß an. Sie bekannten sich zur politischen Linken und vertraten die Meinung, dass die zunehmende Verbreitung der postmodernen Denkrichtung in der Linken deren Fähigkeit zu wirkungsvoller Gesellschaftskritik schwäche.

Literatur

  • Alan Sokal/Jean Bricmont: Impostures Intellectuelles, Paris 1997
    • englische Ausgabe: Fashionable Nonsense. Postmodern Intellectuals' Abuse of Science, New York 1998
    • deutsche Ausgabe: Eleganter Unsinn. Wie die Denker der Postmoderne die Wissenschaft mißbrauchen, München 1999 ISBN 978-3423330657

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Rezensiert unter Hermeneutik der Quantengravitation in der Welt vom 21. August 1999