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„Ontologie (Informatik)“ – Versionsunterschied

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'''Ontologien''' im [[Datenmanagement]] sind meist sprachlich gefasste und formal geordnete Darstellungen einer Menge von Begriffen und der zwischen ihnen bestehenden Beziehungen in einem bestimmten Gegenstandsbereich (in Anlehnung an den klassischen Begriff der [[Ontologie]]). Sie werden dazu genutzt, „[[Wissen]]“ in digitalisierter und formaler Form zwischen Prozessen (oft [[Anwendungsprogramm]]en) und Diensten auszutauschen. Wissen umfasst dabei sowohl Allgemeinwissen als auch Wissen über sehr spezielle Themengebiete und Vorgänge.
{{inuse | --[[Benutzer:Guntram|Guntram]]}}


Ontologien enthalten [[Inferenz]]- und [[Integritätsbedingung|Integritätsregeln]], also Regeln zu Schlussfolgerungen und zur Gewährleistung ihrer Gültigkeit. Ontologien haben mit der Idee des [[Semantisches Web|semantischen Webs]] einen Aufschwung erfahren und sind damit Teil der [[Wissensrepräsentation]] im Teilgebiet [[Künstliche Intelligenz]]. Im Unterschied zu einer [[Taxonomie]], die nur eine [[Hierarchie|hierarchische]] Unter[[gliederung]] bildet, stellt eine Ontologie ein [[Netzwerk]] von Informationen mit logischen Relationen dar.
Ontologien sind durch die Idee des [[semantisches Web|Semantic Web]] in den letzten Jahren einem größeren Kreis von Wissenschaftlern aber auch der Internet-Community bekannt geworden. Da der Ontologiebau bislang ein ''Cutting-Edge''-Gebiet war, also eine ''final frontier'' der Künstliche-Intelligenz-Forschung, war es schwierig den hier gebräuchlichen Begriff der Ontologie genau zu erfassen. Zu groß war die Unübersichtlichkeit der zahlreichen Formate und Ansätze. Mittlerweile sind verschiedene Bücher zum thema erschienen, ein Indiz dafür, dass etwas Ruhe in die Forschung gekommen ist und sich nennenswerte Standards etabliert haben. Dieser Artikel soll unter Rückgriff auf nun vorhandene Fachliteratur das zerklüftete Gebiet der Ontologie-Forschung und des Ontologiebaus referieren. '''Die Erstellung''' von Ontologien wird in '''dem separaten Artikel [[Ontologiebau]]''' dargestellt. In dem Artikel [[Ontologiedatenbank]] sollen die inzwischen verfügbaren Ontologie-Bibliotheken und -Datenbestände zusammengetragen werden. Besonders hervorgehoben seien an dieser Stelle die Bestrebungen, das Wikipedia als semantisches Netz aufzurüsten: [http://meta.wikimedia.org/wiki/Semantic_MediaWiki Semantisches Wikipedia].


In Veröffentlichungen wird meist von einer „expliziten formalen Spezifikation einer Konzeptualisierung“ (Begriffsbildung)<ref name="Gruber">{{Literatur|Autor=T. R. Gruber|Titel=A translation approach to portable ontologies|Sammelwerk=Knowledge Acquisition|Band=5|Nummer=2|Verlag=Academic Press|Seiten=199–220|Hrsg=|Datum=1993|Online=[http://ksl-web.stanford.edu/KSL_Abstracts/KSL-92-71.html ksl-web.stanford.edu]|Abruf=2017-02-22}}</ref> gesprochen. Da Ontologien über eine hohe semantische Ausdrucksstärke verfügen, sind sie geeignet, auch komplexe Datenmodelle oder Wissensrepräsentationen darzustellen. Damit kann auch in kollaborativen Projekten der Konsens einer großen Anzahl von Partnern mit Hilfe einer Ontologie formalisiert werden.<ref>{{cite journal|last1=Feilmayr|first1=Christina|last2=Wöß|first2=Wolfram|title=An analysis of ontologies and their success factors for application to business|journal=Data & Knowledge Engineering|date=2016|pages=1–23|url=http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0169023X1500110X|accessdate=2017-05-23}}</ref>
==Geschichte==


== Zweck ==
Ursprünglich ist Ontologie ein philosophischer Begriff. Siehe [[Ontologie]]. Als Vorläufer einer expliziten Formalisierung des Ontologiebegriffs müssen [[Charles S. Peirce]], [[Edmund Husserl]] und [[Nino Cocchiarella]] genannt werden.
{{Belege fehlen}}
Ontologien dienen als Mittel der [[Datenstruktur|Strukturierung]] und zum [[Datenaustausch]], um
* bereits bestehende Wissensbestände zusammenzufügen,
* in bestehenden Wissensbeständen zu suchen und diese zu editieren und
* aus Typen von Wissensbeständen neue Instanzen zu generieren.


Die meisten bekannten Anwendungen kennen keine individuellen Instanzen und beschränken sich auf wissenschaftliche Zwecke zur Systematisierung der Nutzung von Begriffsräumen. Ontologien sind bekannt für genetische Daten in der [[Bioinformatik]] oder räumliche Information in der [[Geosemantik]].
[[Willard Van Orman Quine]] hat in ''Ontologische Relativität'' (engl. Orig. 1969) einen Ontologiebegriff vorgetragen, der mit der Tradition der klassischen Auffassung des Ontologiebegriffs in der Philosophie brach. Nach Quine ist Sein: Gehalt einer gebundenen Variable zu sein. In ''Unterwegs zur Wahrheit'' findet sich folgende Darstellung: "Empirisch von Belang sind an einer Ontologie ausschließlich die besagten neutralen Knoten, die sie zur Struktur der Theorie beiträgt." (W.V.O.Quine, Unterwegs zur Wahrheit, §13 Auflösung der Ontologie, Paderborn u.a. 1995, S.45.). Siehe auch [[Stellvertreterfunktion]].


Neue Anwendungen sind zu erwarten, wenn die Ontologien als Typen zur Instantiierung von individuellen Informationskonzepten verwendet werden, beispielsweise in der Humanmedizin für die fallspezifische medizinische Dokumentation, die Patientenakte. Bereits entwickelte Anwendungen in der Humanmedizin stellen bisher keine Verbindung zwischen bekannten Klassifikationssystemen der klinischen Praxis her. Stattdessen binden sie bislang lediglich an einzelne Klassifikationen für wissenschaftliche Arbeit an.
Im Bereich der künstliche Intelligenz Forschung wurde der Begriff Ontologie wohl zuerst in einem Artikel von R. Neches u.a. 1991 vorgestellt.


Experimente zur gewinnbringenden Nutzung von Ontologien in betriebswirtschaftlicher Anwendungssoftware wurden von [[SAP]] veröffentlicht.<ref>{{Literatur|Autor=Daniel Oberle|Titel=How ontologies benefit enterprise applications|Band=5|Nummer=6|Verlag=IOS Press|Hrsg=Semantic Web journal|Datum=2014|Online=[http://www.semantic-web-journal.net/system/files/swj212_2.pdf semantic-web-journal.net] |Format=PDF |KBytes=|DOI=10.3233/SW-130114|Abruf=2017-02-22}}</ref>
Heute am häufigsten im Web of Science zitiert ist der Artikel von Thomas R. Gruber, A Translation Approach to Portable Ontology Specifications. Technical Report KSL 92-71. Knowledge Systems Laboratory, Stanford University, Revised April 1993. http://tomgruber.org/writing/ontolingua-kaj-1993.htm. Grubers Definition siehe unter Definitionen.


In der Brückenfunktion zwischen verschiedenen Klassifikationen und zu benachbarten Begriffswelten liegt die Stärke ontologischer Konzepte: Sie erlauben das Ablösen der konzeptionellen Arbeit von festen Textvorlagen und Textbausteinen und den Übergang zu wechselnden Zusammenstellungen halbfertig formulierter Texte zum Abfassen individueller Texte.
Von da an hat sich der Begriff Ontologie als explizite Formalisierung ausgebreitet, wurde von künstliche Intelligenz Forschung verwendet und von der Bioinformatik (Ashburner 2000) und weiteren Fächern aufgegriffen.


== Aufbau und Typen ==
1999 stellte Tim Berners Lee seine Vision des [[Semantic Web]] vor. Heute am häufigsten zitiert ist Berners Lee 2001.
Analog zu einer [[Datenbank]], in der Struktur ([[Datenbankschema]]) und Inhalt ([[Daten]]) ein Ganzes bilden, gehören auch bei einer Ontologie die Regeln und die Begriffe zusammen. Klassische Datenbanken bieten meist keine ausreichenden Informationen über die Bedeutung der gespeicherten Daten. Anwendern von [[Computer]]n ist oft nicht bewusst, dass Daten über nicht unmittelbar erkennbare [[Metadaten]] verfügen und dass diese unter Umständen einen größeren Nutzen haben als die Daten selbst.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.datensicherheit.de/aktuelles/abhoerskandal-metadaten-inhalt-22403 |titel=Abhörskandal: Metadaten oft aufschlussreicher als der eigentliche Inhalt |werk=datensicherheit.de |datum=2013-09-23 |zugriff=2017-09-11 }}</ref> Ontologien sollen weitergehende Beschreibungen der Daten sowie der Regeln über deren Zusammenhang liefern. Diese Beschreibungen erlauben es, weitere Rückschlüsse aus den vorhandenen Daten zu ziehen, Widersprüche in den Daten zu erkennen und fehlendes Wissen zu ergänzen. Diese Rückschlüsse werden durch [[Inferenz]] abgeleitet, also durch logisches Folgern.


Unter „Ontology learning“ (vielleicht mit „ontologisches Lernen“ zu übersetzen) kann der Prozess beschrieben werden, bei dem eine Ontologie durch automatische Verfahren weiteres Wissen akquiriert. In diesem Prozess wird Wissen durch einen automatisierten Prozess erzeugt, während Ontologien sonst durch Eingaben menschlicher Experten Wissen hinzugewinnen.
Abschließend eine grafische Darstellung des Zitationsraums.


Von der Möglichkeit von [[Relation (Datenbank)|Relationen]] über Relationen (in [[Resource Description Framework|RDF]] als ''[[Reifikation]]'' bezeichnet) und Regeln wird unter anderem aufgrund ihrer Komplexität in der Praxis relativ selten Gebrauch gemacht, obwohl gerade diese Merkmale Ontologien von anderen [[Begriffssystem]]en unterscheiden.
[[Bild:Ontology_AND_Web_1990-2005.jpg|framed|Document-[[Cocitation ]] im [[Web of Science]]: Ontology AND Web, 1990-2005. ]]


=== Bestandteile ===
Im Folgenden werden die Bestandteile am Beispiele der Ontologie „[[Landkarte]]“ beschrieben:
* {{Anker|Klasse}}'''Begriffe, Klassen''' (im Englischen: ''concepts'', oft mit dem [[Falscher Freund|falschen Freund]] „Konzepte“ übersetzt): Die Beschreibung gemeinsamer Eigenschaften wird als Begriff definiert (z.&nbsp;B. „Stadt“ oder „Land“). ''Begriffe'' werden auch ''Klassen'' genannt. Diese können in einer [[Hierarchie]] mit Über- und Unterklasse angeordnet werden.
* '''Typen:''' Typen repräsentieren Objekttypen in der Ontologie und stellen die zur Verfügung stehenden Typen in Klassen dar. Diese werden anhand vorher definierter Begriffe erzeugt und als ''Types'' bezeichnet (z.&nbsp;B. ''Stadt'' als Typ des Begriffs ''topologisches Element'' der Klasse ''Punkte'' oder ''Fluss'' als Typ des Begriffs ''topologisches Element'' der Klasse ''Linien'')
* '''Instanzen:''' Instanzen repräsentieren Objekte in der Ontologie. Sie werden anhand vorher definierter Begriffe erzeugt und auch als ''Individuals'' bezeichnet (z.&nbsp;B. München als Instanz des Begriffs ''topologischer Ort'' vom Typ Stadt oder Deutschland als Instanz des Begriffs ''topologischer Ort'' vom Typ Land).
* '''Relationen:''' Relationen werden verwendet, um zu beschreiben, welche Beziehungen zwischen den Instanzen bestehen (z.&nbsp;B. Stadt München ''liegt in'' Land Deutschland) und auch als Eigenschaften bezeichnet.
* '''Vererbung:''' Es ist möglich, Relationen und Eigenschaften der Begriffe zu vererben. Dabei werden alle Eigenschaften an das erbende Element weitergegeben. [[Mehrfachvererbung]] bei Begriffen ist grundsätzlich möglich. Durch den Einsatz von Transitivität können Instanzen in einer Bottom-Up-Hierarchie aufgebaut werden. Dabei spricht man von Delegation (z.&nbsp;B. ist Berlin die ''Hauptstadt'' von Deutschland und München die Hauptstadt von Bayern).
* '''Axiome:''' [[Axiom]]e sind Aussagen innerhalb der Ontologie, die immer wahr sind. Diese werden normalerweise dazu verwendet, Wissen zu repräsentieren, das nicht aus anderen Begriffen abgeleitet werden kann (z.&nbsp;B. „Zwischen Amerika und Europa existiert keine Zugverbindung.“).


=== Ontologietypen ===
Grundsätzlich unterteilt man Ontologien in zwei Typen:
* '''Lightweight-Ontologien''' beinhalten Begriffe, [[Taxonomie]]n und Beziehungen zwischen Begriffen und Eigenschaften, welche diese beschreiben. Daher sind Lightweight-Ontologien typischerweise für eine bestimmte Anwendungsdomäne entworfen.
* '''Heavyweight-Ontologien''' sind eine Erweiterung von Lightweight-Ontologien und fügen diesen Axiome und Einschränkungen hinzu, wodurch die beabsichtigte Bedeutung einzelner Aussagen innerhalb der Ontologie klarer wird. Eine besondere Form von Heavyweight-Ontologien sind Kernontologien. Diese stellen eine präzise Definition strukturierten Wissens in einem bestimmten Bereich dar, der sich über mehrere Anwendungsdomänen hin erstreckt. Kernontologien sollten dabei auf Basisontologien aufsetzen, um von deren Formalisierung und starker Axiomatisierung zu profitieren. Dazu werden in Kernontologien neue Konzepte und Relationen für den betrachteten Anwendungsbereich hinzugefügt und von den Basisontologien spezialisiert.


== Definitionen ==
== Erstellung ==
Eine Ontologie ist abhängig davon, von wem sie eingesetzt wird. Beispielsweise kann es bei einer Ontologie über Weine für ein Restaurant wichtig sein, auch passende Speisen zu den Weinen in der Ontologie aufzunehmen. Ist der Benutzer dagegen ein Weinabfüller, dürfte der Bereich der Speisen völlig uninteressant sein. Dagegen ist es für den Abfüller wichtig, welche verschiedenen Kork- und Flaschensorten existieren.


Zur Erstellung und Erweiterung von Ontologien wurden verschiedene formalisierte Prozessabläufe vorgeschlagen. Die Verfahren nach Holsapple und Joshi, nach [[Asunción Gómez-Pérez|Gómez-Pérez]] oder Uschold widmen sich verstärkt der Zusammenarbeit von Experten des Wissensgebietes der Ontologie und Informatikern oder allgemeiner Formalisten. Automatisch unterstützende Verfahren haben entweder das Ziel, eine vollständige Konstruktion der Ontologie vorzunehmen (wie etwa das Verfahren von [[Alexander Mädche]]) oder bestehende Ontologien durch Begriffsvorschläge zu erweitern (beispielsweise das Verfahren von Faatz und Steinmetz). Bei der Erstellung von Ontologien kann auch die Verschmelzung bestehender Ontologien von Interesse sein. Hierzu gibt es ein formales Verfahren nach Stumme und Mädche. Im Projekt „Ontoverse“<ref>[http://wwwalt.phil-fak.uni-duesseldorf.de/infowiss/admin/public_dateien/files/35/1204546795ontoverse_.pdf wwwalt.phil-fak.uni-duesseldorf.de] (PDF)</ref> wird der Ansatz verfolgt, eine Ontologie kollaborativ aufzubauen und als Wiki zu realisieren.
Unter einer '''Ontologie''' versteht man in der [[Informatik]] im Bereich der [[Wissensrepräsentation]] ein formal definiertes System von Begriffen und/oder [[Konzept]]en und [[Relation]]en zwischen diesen Begriffen.
Zusätzlich enthalten Ontologien - zumindest implizit - [[Regel]]n.


=== Beispiel-Ontologie ===
In vielen Fällen handelt es sich bei den als Ontologien bezeichneten Strukturen lediglich um [[kontrollierte Vokabularien]] wie [[Klassifikation]]en oder [[Thesaurus|Thesauri]].
[[Datei:Ontschichten.svg|mini|400px|Beispielontologie]]
Von der Möglichkeit von [[Relation]]en über Relationen (in [[RDF]] als ''[[Reification]]'' bezeichnet) und Regeln wird unter anderem aufgrund ihrer Komplexität relativ selten Gebrauch gemacht, obwohl gerade diese Merkmale Ontologien von anderen [[Begriffssystem]]en unterscheiden.
Die nebenstehende Abbildung zeigt das Funktionsprinzip einer Ontologie. Die obere Ebene zeigt die Ontologie, die Begriffe und Relationen enthält. Begriffe werden durch Ellipsen dargestellt und Relationen durch Pfeile. Die Rechtecke stellen einfache Container für Informationen dar. Die Relationen verbinden zwei Begriffe miteinander und schränken diese gleichzeitig ein, beispielsweise
wird ein Kunstwerk von einem Künstler erzeugt.


Begriffe können zur Vererbung herangezogen werden. Aus diesem Grund besitzen die Maler und Bildhauer ebenfalls die Relationen Name und Vorname. Der dicke Pfeil kennzeichnet die Vererbung. Die beiden Relationen ''schlägt'' und ''malt'' sowie ''gemaltVon'' und ''geschlagenVon'' sind vererbte Relationen von ''erzeugt'' und ''hergestelltVon''. Die ursprünglichen Relationseigenschaften bleiben dabei erhalten, können jedoch erweitert werden.
Analog zu einer [[Datenbank]], wo Struktur ([[Datenbankschema]]) und Inhalt ([[Daten]]) ein Ganzes bilden, gehören auch bei einer Ontologie die Regeln und die Konzepte zusammen.


Die Relationen ''malt'' und ''gemaltVon'' besitzen inverse Beziehungen zueinander, wodurch weitere Logik in die Ontologie integriert wird, die es ermöglicht, dass von einem Maler auf seine Kunstwerke und umgekehrt von einem Bild auf seinen Maler geschlossen werden kann.
Sprachen zur Beschreibung von Ontologien sind zum Beispiel
[[RDF-Schema]], [[DAML plus OIL|DAML+OIL]], [[F-Logic]], die vom [[World Wide Web Consortium]] (W3C) als Sprache des semantischen Webs propagierte [[Web Ontology Language]] (OWL), [[WSML]] oder die unter ISO/IEC 13250:2000 normierte [[XTM]] (''XML Topic Maps'')


Die untere Ebene der Abbildung zeigt Instanzen der Ontologie. Diese werden durch einen blauen Punkt dargestellt. Das Kürzel (I1) steht dabei für den [[Eindeutigkeit|eindeutigen]] Ressourcennamen der Instanz. Im Semantischen Web wird ein [[Uniform Resource Identifier|URI]] zur Kennzeichnung verwendet. Eine Besonderheit besitzt die Instanz des Malers Raffaello Santi. Dieser verwendet bereits existierende Instanzen, nämlich I3 vom Typ Ölzeichnung und I6 vom Typ Galleria dell’Accademia.
==Typen==


=== Ontologie-Editoren ===
Nach der Art der Repräsentation von Ontologien unterscheidet man folgende Typen:
{{Hauptartikel|Ontologie-Editor}}
Verschiedene Software-Werkzeuge unterstützen die Konstruktion von Ontologien in diversen Ontologie-Sprachen.


=== Ontologiesprachen ===
#[[Taxonomie]] (= Systematik): Objekte werden streng hierarchisch klassifiziert (z. B. „A ist Kind von B“). Taxonomien werden häufig durch [[Baum (Graphentheorie)|Bäume]] visualisiert.
Formale Sprachen zur Beschreibung von Ontologien sind unter anderem das [[RDF-Schema]], [[DAML+OIL]], [[F-Logic]], die vom [[World Wide Web Consortium]] für das semantische Web propagierte [[Web Ontology Language]] (OWL), die [[Web Service Modeling Language]] (WSML) und die unter ISO/IEC 13250:2000 normierten [[Topic Map]]s. Auch das [[Knowledge Interchange Format]] (KIF) wird gelegentlich benutzt.
#[[Thesaurus]]: Objekte werden beliebig miteinander in Beziehung gesetzt (z. B. „A ist ein B“, „A ist verwandt mit B“).
#[[Logisch-mathematische Repräsentation]]: Objektbeziehungen werden über formale Notationen dargestellt (z. B. „<code>[[Synonym|synonym]](a, b) := synonym(b, a);</code>“).


== Geschichte ==
Auch beim Wissensbereich (oft Wissensdomäne genannt), aus dem die Begriffe und Relationen der Ontologie stammen, gibt es unterschiedliche, oftmals komplementäre Typen:
Ursprünglich ist [[Ontologie]] als Lehre vom Seienden eine philosophische Disziplin und Teil der [[Metaphysik]].


Als Vorläufer einer expliziten Formalisierung des Ontologiebegriffs sind [[Charles Sanders Peirce|Charles S. Peirce]] und [[Edmund Husserl]] zu nennen. Eine formale Sicht auf die philosophische Ontologie hatte auch [[Alonzo Church]] 1958<ref>''Ontological Commitment''. In: T''he Journal of Philosophy'', 55, S. 1008–1014</ref> sowie [[Willard Van Orman Quine]]. Quine hat einen Ontologiebegriff vorgetragen, der mit der Tradition der klassischen Auffassung des Ontologiebegriffs in der Philosophie brach. Nach Quine meint „Sein“: Wert einer gebundenen Variable zu sein.<ref>Einschlägige Texte sind ''Von einem logischen Standpunkt'', engl. Orig. 1961 und ''Ontologische Relativität'', engl. Orig. 1969</ref> In ''Unterwegs zur Wahrheit'' findet sich die These: „Empirisch von Belang sind an einer Ontologie ausschließlich die besagten neutralen Knoten, die sie zur Struktur der Theorie beiträgt.“<ref>(W. V. O. Quine: ''Unterwegs zur Wahrheit'', §&nbsp;13 Auflösung der Ontologie, Paderborn u.&nbsp;a. 1995, S.&nbsp;45.)</ref>
# eine Ontologie kann den Versuch darstellen, Allgemeinwissen oder umfassendes und möglicherweise alltägliches Weltwissen abzubilden,
# eine Ontologie kann einen eingeschränkten, fachspezifischen Wissensbereich abbilden.


Im Bereich der künstlichen Intelligenz wurde der Begriff „Ontologie“ ab Anfang der 1990er Jahre durch einen Artikel von Neches et al.<ref>Robert Neches, Richard Fikes, Tim Finin, Thomas Gruber, Ramesh Patil, Ted Senator, William R. Swartout: ''Enabling technology for knowledge sharing''. In: AI Magazine, Band 12, Nummer 3, 1991 [http://www.isi.edu/isd/KRSharing/vision/AIMag.html isi.edu]</ref> und nachfolgende Publikationen<ref name="Gruber" /> populär.
==Anwendung==
=== Inferenzen ===
=== Wiederverwendung ===
=== Ontologiebau durch Aufbau auf bestehenden Ontologien ===
===Anwendungsgebiete===


Von da an hat sich der Begriff „Ontologie“ als explizite Formalisierung ausgebreitet, wurde in der Künstliche-Intelligenz-Forschung verwendet und von der Bioinformatik<ref>[[Michael Ashburner|M Ashburner]], CA Ball, JA Blake, D Botstein, H Butler, JM Cherry, AP Davis, K Dolinski, SS Dwight, JT Eppig, MA Harris, DP Hill, L Issel-Tarver, A Kasarskis, S Lewis, JC Matese, JE Richardson, M Ringwald, GM Rubin, G Sherlock: ''Gene ontology: tool for the unification of biology. The Gene Ontology Consortium''. In: ''Nat Genet.'', 2000 May, 25(1), S. 25–29, PMID 10802651</ref> und weiteren Fächern aufgegriffen.


1999 stellte [[Tim Berners-Lee]] im Buch ''Weaving the Web'' seine Vision des [[Semantic Web]] vor.<ref>{{Literatur|Autor=Tim Berners-Lee, Fischetti, Mark Fischetti|Titel=[[Tim Berners Lee#Weaving the Web|Weaving the Web]]|Ort=|ISBN=978-0-06-251587-2|Seiten=chapter 12|Hrsg=[[HarperSanFrancisco]]|Datum=1999}}</ref> Vielmals zitiert ist in diesem Zusammenhang auch der Artikel ''The Semantic Web'' von Berners-Lee u.&nbsp;a. aus dem Jahre 2001, in dem er auch die Verwendung von Ontologien im Zusammenhang mit dem ''Semantic Web'' beschreibt.<ref>Tim Berners-Lee, James Hendler, Ora Lassila: ''[https://www.scientificamerican.com/article/the-semantic-web The Semantic Web: a new form of Web content that is meaningful to computers will unleash a revolution of new possibilities.]'' In: ''[[Scientific American]]'', 284 (5), S. 34–43, Mai 2001 (dt.: ''Mein Computer versteht mich''. In: ''[[Spektrum der Wissenschaft]]'', August 2001, S. 42–49)</ref>
== weiterführende Themen ==


== Siehe auch ==
Die Anzahl der Methoden zur Erstellung von Ontologien ist groß. Zahlreiche Überlegungen sind erforderlich, bevor man sich für die Wahl einer Methode oder eines Systems entscheidet. Dieser Bereich ist heute bekannt als "Ontological Engineering". Das Gebiet des [[Ontologiebau]]s wird daher in einem separaten Artikel behandelt. Dort wird auf die Fragen nach unterschiedlichen Methoden der Erstellung und zu den existierenden Sprachen für die Erstellung eingegangen.
* [[Formale Begriffsanalyse]]. Ontologien im Sinne der Informatik lassen sich mathematisch mit den Mitteln der Formalen Begriffsanalyse darstellen. Es besteht also zwischen beiden Gebieten eine enge Verwandtschaft.
* [[Systemtheorie]]. Während die Ontologie ihren Fokus darauf hat, grundsätzliche Strukturen zu erfassen, bzw. in großen Datenmengen diese Strukturen zu erkennen und abzuleiten, versucht die Systemtheorie zumindest im technischen Bereich auch weitergehende Aspekte solcher Strukturen zu erfassen, z.&nbsp;B. quantitative Aspekte und deren zeitliches Verhalten.


== Literatur ==
Nachdem sich die Wissenschaftsgemeine dieser welt und die Internetgemeinde anschickt, ein semantisches Netz des gesamten (Fach-)Wissens herzustellen, ist die Frage von größter Bedeutung, wie dieses bereitgestellte Wissen genutzt werden kann. Diese Frage wird in dem separaten Artikel [[Ontologiedatenbank]] behandelt.
* Daniel Oberle, Nicola Guarino, Steffen Staab: [http://userpages.uni-koblenz.de/~staab/Research/Publications/2009/handbookEdition2/what-is-an-ontology.pdf ''What is an ontology?''] (PDF; 578&nbsp;kB). In: ''Handbook on Ontologies''. 2nd edition. Springer, 2009.
* Wolfgang Hesse: ''Ontologie(n)''. In: ''Informatik Spektrum'', 25, 2002, S. 477–480.
* Steffen Staab, Rudi Studer: ''Handbook on Ontologies.'' Springer Verlag, 2004, ISBN 3-540-40834-7
* Tim Berners-Lee, Mark Fischetti: [http://www.w3.org/People/Berners-Lee/Weaving/ ''Weaving the web: the original design and ultimative destiny of the World Wide Web by its inventors''.] 1. Auflage. San Francisco, HarperCollins, 1999, ISBN 0-06-251586-1; aktuelle Auflage: New York, HarperBusiness, 2006, ISBN 0-06-251587-X; dt. Ausgabe: Tim Berners-Lee mit Mark Fischetti: ''Der Web-Report: der Schöpfer des World Wide Webs über das grenzenlose Potential des Internets''. Econ, München 1999, ISBN 3-430-11468-3
* Tim Berners-Lee, James Hendler, Ora Lassila: ''[https://www.scientificamerican.com/article/the-semantic-web The Semantic Web: a new form of Web content that is meaningful to computers will unleash a revolution of new possibilities]''. In: ''[[Scientific American]]'', 284 (5), S. 34–43, May 2001 (dt.: [http://www.spektrum.de/artikel/827866 ''Mein Computer versteht mich''.] In: ''[[Spektrum der Wissenschaft]]'', August 2001, S. 42–49)
* Andreas Faatz, Ralf Steinmetz: [http://olp.dfki.de/ecai04/final-faatz.pdf ''Precision and Recall for Ontology Enrichment''.] (PDF; 103&nbsp;kB)
* Asunción Gomez-Perez, Mariano Fernández-Lopez, Oscar Corcho: ''Ontological Engineering''. Springer Verlag 2004.
* Siegfried Handschuh, Steffen Staab (Hrsg.): ''Annotation for the Semantic Web''. IOSPress, Amsterdam 2003.
* Pascal Hitzler, Markus Krötzsch, Sebastian Rudolph, York Sure: ''[http://www.semantic-web-grundlagen.de/ Semantic Web. Grundlagen].'' Springer 2008, ISBN 978-3-540-33993-9.
* Clyde W. Holsapple, K. D. Joshi: [http://portal.acm.org/citation.cfm?id=503147 ''A collaborative approach to ontology design''], Communications of the [[Association for Computing Machinery|ACM]] 45/2 (2002), S. 42–47.
* Ludger Jansen, Barry Smith (Hrsg.): ''Biomedizinische Ontologie. Wissen strukturieren für den Informatik-Einsatz''. vdf Hochschulverlag AG an der ETH Zürich, Zürich 2008, ISBN 978-3-7281-3183-6.
* Alexander Mädche: ''Ontology Learning for the Semantic Web''. Kluwer Academic Publishers, 2002.
* [[Barry Smith (Ontologe)|Barry Smith]] et al.: [http://genomebiology.com/2005/6/5/R46 ''Relations in Biomedical Ontologies''.] In: ''Genome Biology'', 2005/6/5.
* Barry Smith, Bert Klagges: [http://ontology.buffalo.edu/bio/Lebensformen.pdf ''Philosophische Dimensionen der biomedizinischen Forschung''.] (PDF; 266&nbsp;kB) In: ''Allgemeine Zeitschrift für Philosophie'', 30/1, 2005, S. 5–26.
* Mike Uschold, Michael Grüninger: [http://www.aiai.ed.ac.uk/project/oplan/documents/1996/96-ker-intro-ontologies.pdf ''Ontologies: principles, methods, and applications''.] (PDF; 469&nbsp;kB) In: ''Knowledge Engineering Review'', 11/2, 1996, S. 93–155.


=== Grundlegendes zu Ontologie ===
==Siehe auch==
* [http://www-ksl.stanford.edu/kst/what-is-an-ontology.html What is an Ontology?] „An ontology is a specification of a conceptualization.“ (Tom Gruber)
* [[Gerichteter azyklischer Graph]] (Repräsentationsmöglichkeit von Ontologien)
* [http://tomgruber.org/writing/ontology-definition-2007.htm Ontology by Tom Gruber]
* [[Taxonomie]]
* [https://gi.de/informatiklexikon/ontologien Lexikoneintrag zu Ontologie auf der Web-Site der Deutschen Gesellschaft für Informatik]
* [[Ontologie (Bioinformatik)]]
* [http://ontology.buffalo.edu/ Buffalo Ontology Site]
* [[Medizinische Ontologie (Onto Med)]]
* [http://ontology.buffalo.edu/smith Barry Smith’s Ontology Page] ([[Barry Smith (Ontologe)|Barry Smith]])
* [http://ncor.us/ National Center for Ontological Research]
* [http://www.ifomis.uni-saarland.de/ Institute for Formal Ontology and Medical Information Science]
* [http://www.tele-task.de/archive/lecture/overview/6014/ Videoaufzeichnung einer Vorlesung von Harald Sack über Ontologien] am [[Hasso-Plattner-Institut]]. Die zugehörigen Folien kann man bei [http://www.slideshare.net/lysander07/12-ontology-engineering-semantic-web-technologien-ws201011 slideshare.net] herunterladen.


=== Biomedizinische Ontologie ===
* [http://www.onto-med.de/ Research Group: Ontologies in Medicine] ''IMISE'', [[Universität Leipzig]]
* [http://onto.eva.mpg.de/ Ontologies at the MPI for Evolutionary Anthropology]
* [http://www.geneontology.org/ Gene Ontology Consortium]
* [http://www.godatabase.org/ Gene Ontology Database]
* [http://www.brenda-enzymes.org/ Ontologiesammlung der Enzymdatenbank BRENDA]
* [http://www.bioontology.org/ National Center for Biomedical Ontology]


==Literatur==
=== Anwendungen ===
* [http://semantic-mediawiki.org/ Semantic MediaWiki] (eine [[MediaWiki]]-Erweiterung für das Semantische Web)
*Steffen Staab und Rudi Studer (Hg.), ''Handbook on Ontologies'', Springer Verlag, Heidelberg, 2004
* [http://kaon2.semanticweb.org/ KAON2 OWL-DL und ‚DL-safe rules‘ Inferenzmaschine]
*Siegfried Handschuh und Steffen Staab (Hg.), ''Annotation for the Semantic Web'', IOSPress, Amsterdam, 2003
* OntoStudio (Grafischer Ontologie-Editor, Unterstützung für RDF(S), OWL und F-Logic, grafischer Regeleditor, Download bei semafora systems) (deutsch/englisch)
*Clyde W. Holsapple und K. D. Joshi, ''A collaborative approach to ontology design'', Communications of the [[ACM]], Volume 45, Issue 2 (February 2002), S. 42 - 47, 2002, http://portal.acm.org/citation.cfm?id=503147
* [http://protege.stanford.edu/ protégé – Grafischer Ontology-Editor (Open Source)]
*Asunción Gomez-Perez, Mariano Fernando-Lopez und Oscar Corcho, ''Ontology Engineering'', Springer Verlag, 2004
* [https://cidoc-crm.org/ CIDOC Conceptual Reference Model – Ontologie für Begriffe und Informationen im Bereich des Kulturerbes] (englisch)
*Mike Uschold und Michael Grüninger, ''Ontologies: principles, methods, and applications'', 1996, S. 93-155, [[Knowledge Engineering]] Review, Vol. 11, Nr. 2, http://citeseer.ist.psu.edu/uschold96ontologie.html
* [http://jena.sourceforge.net/ Jena – A Semantic Web Framework for Java] (englisch)
*Alexander Mädche, ''Ontology Learning for the Semantic Web'', Kluwer Academic Publishers, 2002
* [http://mayor2.dia.fi.upm.es/oeg-upm/index.php/en/downloads/60-webode WebODE – Ontologie-Entwicklungswerkzeug] (englisch)


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Wiktionary}}
* http://www-ksl.stanford.edu/kst/what-is-an-ontology.html "An ontology is a specification of a conceptualization." (Tom Gruber)
{{Commonscat|Ontology|Ontologie (Informatik)}}
* http://www.onto-med.de Research Group: Ontologies in Medicine; <i>imise</i>, Universität Leipzig


== Einzelnachweise ==
[[Kategorie:Dokumentationssprache]]
<references />
[[Kategorie:Künstliche Intelligenz]]


{{Normdaten|TYP=s|GND=4827894-4|REMARK=„Wissensverarbeitung“; „Wissensbasis“ ist gesondert unter {{GND|4289274-0}} erfasst.}}
[[da:Ontologi (datalogi)]]

[[en:Ontology (computer science)]]
[[Kategorie:Dokumentationssprache]]
[[es:Ontología (Informática)]]
[[Kategorie:Semantisches Web]]
[[et:Ontoloogia (arvutiteadus)]]
[[fr:Ontologie (informatique)]]
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Aktuelle Version vom 22. Mai 2025, 09:17 Uhr

Ontologien im Datenmanagement sind meist sprachlich gefasste und formal geordnete Darstellungen einer Menge von Begriffen und der zwischen ihnen bestehenden Beziehungen in einem bestimmten Gegenstandsbereich (in Anlehnung an den klassischen Begriff der Ontologie). Sie werden dazu genutzt, „Wissen“ in digitalisierter und formaler Form zwischen Prozessen (oft Anwendungsprogrammen) und Diensten auszutauschen. Wissen umfasst dabei sowohl Allgemeinwissen als auch Wissen über sehr spezielle Themengebiete und Vorgänge.

Ontologien enthalten Inferenz- und Integritätsregeln, also Regeln zu Schlussfolgerungen und zur Gewährleistung ihrer Gültigkeit. Ontologien haben mit der Idee des semantischen Webs einen Aufschwung erfahren und sind damit Teil der Wissensrepräsentation im Teilgebiet Künstliche Intelligenz. Im Unterschied zu einer Taxonomie, die nur eine hierarchische Untergliederung bildet, stellt eine Ontologie ein Netzwerk von Informationen mit logischen Relationen dar.

In Veröffentlichungen wird meist von einer „expliziten formalen Spezifikation einer Konzeptualisierung“ (Begriffsbildung)[1] gesprochen. Da Ontologien über eine hohe semantische Ausdrucksstärke verfügen, sind sie geeignet, auch komplexe Datenmodelle oder Wissensrepräsentationen darzustellen. Damit kann auch in kollaborativen Projekten der Konsens einer großen Anzahl von Partnern mit Hilfe einer Ontologie formalisiert werden.[2]

Ontologien dienen als Mittel der Strukturierung und zum Datenaustausch, um

  • bereits bestehende Wissensbestände zusammenzufügen,
  • in bestehenden Wissensbeständen zu suchen und diese zu editieren und
  • aus Typen von Wissensbeständen neue Instanzen zu generieren.

Die meisten bekannten Anwendungen kennen keine individuellen Instanzen und beschränken sich auf wissenschaftliche Zwecke zur Systematisierung der Nutzung von Begriffsräumen. Ontologien sind bekannt für genetische Daten in der Bioinformatik oder räumliche Information in der Geosemantik.

Neue Anwendungen sind zu erwarten, wenn die Ontologien als Typen zur Instantiierung von individuellen Informationskonzepten verwendet werden, beispielsweise in der Humanmedizin für die fallspezifische medizinische Dokumentation, die Patientenakte. Bereits entwickelte Anwendungen in der Humanmedizin stellen bisher keine Verbindung zwischen bekannten Klassifikationssystemen der klinischen Praxis her. Stattdessen binden sie bislang lediglich an einzelne Klassifikationen für wissenschaftliche Arbeit an.

Experimente zur gewinnbringenden Nutzung von Ontologien in betriebswirtschaftlicher Anwendungssoftware wurden von SAP veröffentlicht.[3]

In der Brückenfunktion zwischen verschiedenen Klassifikationen und zu benachbarten Begriffswelten liegt die Stärke ontologischer Konzepte: Sie erlauben das Ablösen der konzeptionellen Arbeit von festen Textvorlagen und Textbausteinen und den Übergang zu wechselnden Zusammenstellungen halbfertig formulierter Texte zum Abfassen individueller Texte.

Aufbau und Typen

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Analog zu einer Datenbank, in der Struktur (Datenbankschema) und Inhalt (Daten) ein Ganzes bilden, gehören auch bei einer Ontologie die Regeln und die Begriffe zusammen. Klassische Datenbanken bieten meist keine ausreichenden Informationen über die Bedeutung der gespeicherten Daten. Anwendern von Computern ist oft nicht bewusst, dass Daten über nicht unmittelbar erkennbare Metadaten verfügen und dass diese unter Umständen einen größeren Nutzen haben als die Daten selbst.[4] Ontologien sollen weitergehende Beschreibungen der Daten sowie der Regeln über deren Zusammenhang liefern. Diese Beschreibungen erlauben es, weitere Rückschlüsse aus den vorhandenen Daten zu ziehen, Widersprüche in den Daten zu erkennen und fehlendes Wissen zu ergänzen. Diese Rückschlüsse werden durch Inferenz abgeleitet, also durch logisches Folgern.

Unter „Ontology learning“ (vielleicht mit „ontologisches Lernen“ zu übersetzen) kann der Prozess beschrieben werden, bei dem eine Ontologie durch automatische Verfahren weiteres Wissen akquiriert. In diesem Prozess wird Wissen durch einen automatisierten Prozess erzeugt, während Ontologien sonst durch Eingaben menschlicher Experten Wissen hinzugewinnen.

Von der Möglichkeit von Relationen über Relationen (in RDF als Reifikation bezeichnet) und Regeln wird unter anderem aufgrund ihrer Komplexität in der Praxis relativ selten Gebrauch gemacht, obwohl gerade diese Merkmale Ontologien von anderen Begriffssystemen unterscheiden.

Im Folgenden werden die Bestandteile am Beispiele der Ontologie „Landkarte“ beschrieben:

  • Begriffe, Klassen (im Englischen: concepts, oft mit dem falschen Freund „Konzepte“ übersetzt): Die Beschreibung gemeinsamer Eigenschaften wird als Begriff definiert (z. B. „Stadt“ oder „Land“). Begriffe werden auch Klassen genannt. Diese können in einer Hierarchie mit Über- und Unterklasse angeordnet werden.
  • Typen: Typen repräsentieren Objekttypen in der Ontologie und stellen die zur Verfügung stehenden Typen in Klassen dar. Diese werden anhand vorher definierter Begriffe erzeugt und als Types bezeichnet (z. B. Stadt als Typ des Begriffs topologisches Element der Klasse Punkte oder Fluss als Typ des Begriffs topologisches Element der Klasse Linien)
  • Instanzen: Instanzen repräsentieren Objekte in der Ontologie. Sie werden anhand vorher definierter Begriffe erzeugt und auch als Individuals bezeichnet (z. B. München als Instanz des Begriffs topologischer Ort vom Typ Stadt oder Deutschland als Instanz des Begriffs topologischer Ort vom Typ Land).
  • Relationen: Relationen werden verwendet, um zu beschreiben, welche Beziehungen zwischen den Instanzen bestehen (z. B. Stadt München liegt in Land Deutschland) und auch als Eigenschaften bezeichnet.
  • Vererbung: Es ist möglich, Relationen und Eigenschaften der Begriffe zu vererben. Dabei werden alle Eigenschaften an das erbende Element weitergegeben. Mehrfachvererbung bei Begriffen ist grundsätzlich möglich. Durch den Einsatz von Transitivität können Instanzen in einer Bottom-Up-Hierarchie aufgebaut werden. Dabei spricht man von Delegation (z. B. ist Berlin die Hauptstadt von Deutschland und München die Hauptstadt von Bayern).
  • Axiome: Axiome sind Aussagen innerhalb der Ontologie, die immer wahr sind. Diese werden normalerweise dazu verwendet, Wissen zu repräsentieren, das nicht aus anderen Begriffen abgeleitet werden kann (z. B. „Zwischen Amerika und Europa existiert keine Zugverbindung.“).

Grundsätzlich unterteilt man Ontologien in zwei Typen:

  • Lightweight-Ontologien beinhalten Begriffe, Taxonomien und Beziehungen zwischen Begriffen und Eigenschaften, welche diese beschreiben. Daher sind Lightweight-Ontologien typischerweise für eine bestimmte Anwendungsdomäne entworfen.
  • Heavyweight-Ontologien sind eine Erweiterung von Lightweight-Ontologien und fügen diesen Axiome und Einschränkungen hinzu, wodurch die beabsichtigte Bedeutung einzelner Aussagen innerhalb der Ontologie klarer wird. Eine besondere Form von Heavyweight-Ontologien sind Kernontologien. Diese stellen eine präzise Definition strukturierten Wissens in einem bestimmten Bereich dar, der sich über mehrere Anwendungsdomänen hin erstreckt. Kernontologien sollten dabei auf Basisontologien aufsetzen, um von deren Formalisierung und starker Axiomatisierung zu profitieren. Dazu werden in Kernontologien neue Konzepte und Relationen für den betrachteten Anwendungsbereich hinzugefügt und von den Basisontologien spezialisiert.

Eine Ontologie ist abhängig davon, von wem sie eingesetzt wird. Beispielsweise kann es bei einer Ontologie über Weine für ein Restaurant wichtig sein, auch passende Speisen zu den Weinen in der Ontologie aufzunehmen. Ist der Benutzer dagegen ein Weinabfüller, dürfte der Bereich der Speisen völlig uninteressant sein. Dagegen ist es für den Abfüller wichtig, welche verschiedenen Kork- und Flaschensorten existieren.

Zur Erstellung und Erweiterung von Ontologien wurden verschiedene formalisierte Prozessabläufe vorgeschlagen. Die Verfahren nach Holsapple und Joshi, nach Gómez-Pérez oder Uschold widmen sich verstärkt der Zusammenarbeit von Experten des Wissensgebietes der Ontologie und Informatikern oder allgemeiner Formalisten. Automatisch unterstützende Verfahren haben entweder das Ziel, eine vollständige Konstruktion der Ontologie vorzunehmen (wie etwa das Verfahren von Alexander Mädche) oder bestehende Ontologien durch Begriffsvorschläge zu erweitern (beispielsweise das Verfahren von Faatz und Steinmetz). Bei der Erstellung von Ontologien kann auch die Verschmelzung bestehender Ontologien von Interesse sein. Hierzu gibt es ein formales Verfahren nach Stumme und Mädche. Im Projekt „Ontoverse“[5] wird der Ansatz verfolgt, eine Ontologie kollaborativ aufzubauen und als Wiki zu realisieren.

Beispiel-Ontologie

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Beispielontologie

Die nebenstehende Abbildung zeigt das Funktionsprinzip einer Ontologie. Die obere Ebene zeigt die Ontologie, die Begriffe und Relationen enthält. Begriffe werden durch Ellipsen dargestellt und Relationen durch Pfeile. Die Rechtecke stellen einfache Container für Informationen dar. Die Relationen verbinden zwei Begriffe miteinander und schränken diese gleichzeitig ein, beispielsweise wird ein Kunstwerk von einem Künstler erzeugt.

Begriffe können zur Vererbung herangezogen werden. Aus diesem Grund besitzen die Maler und Bildhauer ebenfalls die Relationen Name und Vorname. Der dicke Pfeil kennzeichnet die Vererbung. Die beiden Relationen schlägt und malt sowie gemaltVon und geschlagenVon sind vererbte Relationen von erzeugt und hergestelltVon. Die ursprünglichen Relationseigenschaften bleiben dabei erhalten, können jedoch erweitert werden.

Die Relationen malt und gemaltVon besitzen inverse Beziehungen zueinander, wodurch weitere Logik in die Ontologie integriert wird, die es ermöglicht, dass von einem Maler auf seine Kunstwerke und umgekehrt von einem Bild auf seinen Maler geschlossen werden kann.

Die untere Ebene der Abbildung zeigt Instanzen der Ontologie. Diese werden durch einen blauen Punkt dargestellt. Das Kürzel (I1) steht dabei für den eindeutigen Ressourcennamen der Instanz. Im Semantischen Web wird ein URI zur Kennzeichnung verwendet. Eine Besonderheit besitzt die Instanz des Malers Raffaello Santi. Dieser verwendet bereits existierende Instanzen, nämlich I3 vom Typ Ölzeichnung und I6 vom Typ Galleria dell’Accademia.

Ontologie-Editoren

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Verschiedene Software-Werkzeuge unterstützen die Konstruktion von Ontologien in diversen Ontologie-Sprachen.

Ontologiesprachen

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Formale Sprachen zur Beschreibung von Ontologien sind unter anderem das RDF-Schema, DAML+OIL, F-Logic, die vom World Wide Web Consortium für das semantische Web propagierte Web Ontology Language (OWL), die Web Service Modeling Language (WSML) und die unter ISO/IEC 13250:2000 normierten Topic Maps. Auch das Knowledge Interchange Format (KIF) wird gelegentlich benutzt.

Ursprünglich ist Ontologie als Lehre vom Seienden eine philosophische Disziplin und Teil der Metaphysik.

Als Vorläufer einer expliziten Formalisierung des Ontologiebegriffs sind Charles S. Peirce und Edmund Husserl zu nennen. Eine formale Sicht auf die philosophische Ontologie hatte auch Alonzo Church 1958[6] sowie Willard Van Orman Quine. Quine hat einen Ontologiebegriff vorgetragen, der mit der Tradition der klassischen Auffassung des Ontologiebegriffs in der Philosophie brach. Nach Quine meint „Sein“: Wert einer gebundenen Variable zu sein.[7] In Unterwegs zur Wahrheit findet sich die These: „Empirisch von Belang sind an einer Ontologie ausschließlich die besagten neutralen Knoten, die sie zur Struktur der Theorie beiträgt.“[8]

Im Bereich der künstlichen Intelligenz wurde der Begriff „Ontologie“ ab Anfang der 1990er Jahre durch einen Artikel von Neches et al.[9] und nachfolgende Publikationen[1] populär.

Von da an hat sich der Begriff „Ontologie“ als explizite Formalisierung ausgebreitet, wurde in der Künstliche-Intelligenz-Forschung verwendet und von der Bioinformatik[10] und weiteren Fächern aufgegriffen.

1999 stellte Tim Berners-Lee im Buch Weaving the Web seine Vision des Semantic Web vor.[11] Vielmals zitiert ist in diesem Zusammenhang auch der Artikel The Semantic Web von Berners-Lee u. a. aus dem Jahre 2001, in dem er auch die Verwendung von Ontologien im Zusammenhang mit dem Semantic Web beschreibt.[12]

  • Formale Begriffsanalyse. Ontologien im Sinne der Informatik lassen sich mathematisch mit den Mitteln der Formalen Begriffsanalyse darstellen. Es besteht also zwischen beiden Gebieten eine enge Verwandtschaft.
  • Systemtheorie. Während die Ontologie ihren Fokus darauf hat, grundsätzliche Strukturen zu erfassen, bzw. in großen Datenmengen diese Strukturen zu erkennen und abzuleiten, versucht die Systemtheorie zumindest im technischen Bereich auch weitergehende Aspekte solcher Strukturen zu erfassen, z. B. quantitative Aspekte und deren zeitliches Verhalten.

Grundlegendes zu Ontologie

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Biomedizinische Ontologie

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Wiktionary: Ontologie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Ontologie (Informatik) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b T. R. Gruber: A translation approach to portable ontologies. In: Knowledge Acquisition. Band 5, Nr. 2. Academic Press, 1993, S. 199–220 (ksl-web.stanford.edu [abgerufen am 22. Februar 2017]).
  2. Christina Feilmayr, Wolfram Wöß: An analysis of ontologies and their success factors for application to business. In: Data & Knowledge Engineering. 2016, S. 1–23 (sciencedirect.com [abgerufen am 23. Mai 2017]).
  3. Daniel Oberle: How ontologies benefit enterprise applications. Hrsg.: Semantic Web journal. Band 5, Nr. 6. IOS Press, 2014, doi:10.3233/SW-130114 (semantic-web-journal.net [PDF; abgerufen am 22. Februar 2017]).
  4. Abhörskandal: Metadaten oft aufschlussreicher als der eigentliche Inhalt. In: datensicherheit.de. 23. September 2013, abgerufen am 11. September 2017.
  5. wwwalt.phil-fak.uni-duesseldorf.de (PDF)
  6. Ontological Commitment. In: The Journal of Philosophy, 55, S. 1008–1014
  7. Einschlägige Texte sind Von einem logischen Standpunkt, engl. Orig. 1961 und Ontologische Relativität, engl. Orig. 1969
  8. (W. V. O. Quine: Unterwegs zur Wahrheit, § 13 Auflösung der Ontologie, Paderborn u. a. 1995, S. 45.)
  9. Robert Neches, Richard Fikes, Tim Finin, Thomas Gruber, Ramesh Patil, Ted Senator, William R. Swartout: Enabling technology for knowledge sharing. In: AI Magazine, Band 12, Nummer 3, 1991 isi.edu
  10. M Ashburner, CA Ball, JA Blake, D Botstein, H Butler, JM Cherry, AP Davis, K Dolinski, SS Dwight, JT Eppig, MA Harris, DP Hill, L Issel-Tarver, A Kasarskis, S Lewis, JC Matese, JE Richardson, M Ringwald, GM Rubin, G Sherlock: Gene ontology: tool for the unification of biology. The Gene Ontology Consortium. In: Nat Genet., 2000 May, 25(1), S. 25–29, PMID 10802651
  11. Tim Berners-Lee, Fischetti, Mark Fischetti: Weaving the Web. Hrsg.: HarperSanFrancisco. 1999, ISBN 978-0-06-251587-2, S. chapter 12.
  12. Tim Berners-Lee, James Hendler, Ora Lassila: The Semantic Web: a new form of Web content that is meaningful to computers will unleash a revolution of new possibilities. In: Scientific American, 284 (5), S. 34–43, Mai 2001 (dt.: Mein Computer versteht mich. In: Spektrum der Wissenschaft, August 2001, S. 42–49)