„Poppers“ – Versionsunterschied
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'''Poppers''' (Mehrzahl, von englisch ''to pop = knallen'') ist eine Slang-Sammelbezeichnung für eine Gruppe flüssiger und kurzfristig wirksamer [[Droge]]n. Der Name rührt von dem Geräusch des Öffnens (Knallen) der Glas[[ampulle]]n (zur [[Inhalation]] bei [[Angina pectoris]]) her, in denen die [[Substanz]]en früher erhältlich gewesen sind. Poppers bestehen aus [[Amylnitrit]], [[Butylnitrit]], [[Isobutylnitrit]] oder Mischungen der drei Stoffe, und werden unter der Bezeichnung "Room Odorizer" (Raum-Bedufter) vertrieben. Sie haben eine stark [[Blutgefäß|gefäßerweiternde]] Wirkung ([[Vasodilatation]]). Poppers riechen stechend und verbreiten einen intensiven, chemischen Geruch, der entfernt an [[Chlor]] erinnert. Der [[Besitz]] unterliegen in [[Deutschland]] nicht dem [[Betäubungsmittel|Betäubungsmittelgesetz]], unerlaubter [[Kauf]]/[[Verkauf]]/[[Handel]] verstoßen jedoch gegen das [[Arzneimittelgesetz_%28Deutschland%29|Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln]]. Trotzdem sind Poppers in größeren Städten in den einschlägigen Kinos, Bars, etc. problemlos erhältlich. |
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'''Poppers''' (Plural, von englisch ''to pop'' „knallen“) ist eine Slang-Sammelbezeichnung für eine Gruppe flüchtiger Substanzen aus der Gruppe der Alkylnitrite. Der Name rührt von dem Geräusch des Öffnens (Knallen) der Glas[[Ampulle (Behälter)|ampullen]] (zur [[Inhalation]] bei [[Angina Pectoris]]) her, in denen die Substanzen früher erhältlich waren. In der [[Männer, die Sex mit Männern haben|MSM]]-Szene wird Poppers in der schriftlichen Konversation und in Profilen auf Sex- und Datingportalen gern mit '''PP''' abgekürzt. |
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Poppers bestehen aus [[Amylnitrit]], [[Isopropylnitrit]], [[Cyclohexylnitrit]] (und früher [[Isobutylnitrit]]) oder Mischungen daraus. Sie haben eine stark gefäßerweiternde Wirkung ([[Vasodilatation]]). Poppers haben einen charakteristischen Geruch, der entfernt an [[Chloroform]] erinnert. Durch Kontakt mit Luftsauerstoff werden Poppers relativ rasch zersetzt, was durch einen intensiven, stechenden Geruch feststellbar ist. |
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Poppers wurden ursprünglich als [[Medizin|Medikament]] gegen [[Angina Pectoris]] eingesetzt, wegen der stark be[[rausch]]enden Wirkung jedoch rasch wieder abgesetzt. Anschließend wurden sie in der [[Homosexualität|Schwulen]]-Szene verwendet, um die [[Anal]]-[[Muskulatur]] zu entspannen (Muskel-Relaxans), und so den [[Analverkehr]] zu vereinfachen. Aufgrund der spontan einsetzenden, kurz andauernden [[Rausch]]-[[Wirkung]] werden Poppers jedoch zunehmend auch von [[Heterosexuell|Heterosexuellen]] als Rauschmittel benutzt. Poppers werden außerdem eine [[Aphrodisiakum|aphrodisierende]] und schmerzhemmende Wirkung zugeschrieben. |
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== Verwendung == |
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Alkylnitrite wie etwa Amylnitrit wurden ursprünglich als [[Arzneimittel]] gegen ''[[Angina pectoris]]'' eingesetzt, jedoch wegen der nur kurzanhaltenden Wirkung bald durch andere Medikamente ersetzt. Aufgrund der spontan einsetzenden, kurz andauernden Rauschwirkung in höheren Dosierungen werden Alkylnitrite als Rauschmittel benutzt.<ref>{{Literatur| Autor= | Titel=Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik | Verlag=Springer Berlin Heidelberg | ISBN=978-3-662-48986-4 | Datum= | Online={{Google Buch | BuchID=6siSDwAAQBAJ | Seite=1916 }} | Seiten=1916 }}</ref> Außerdem werden ihnen [[Aphrodisiakum|aphrodisierende]] und schmerzhemmende Wirkungen zugeschrieben, weshalb sie teilweise vor einem [[Analverkehr]] vom penetrierten Partner verwendet werden, um den Schließmuskel zu entspannen und eventuell durch Verkrampfung auftretenden Schmerzen vorzubeugen.<ref name="Matthias Bastigkeit">{{Literatur| Autor=Matthias Bastigkeit | Titel=Rauschgifte | Verlag=Govi-Verlag | ISBN=978-3-7741-0979-7 | Datum=2003 | Online={{Google Buch | BuchID=KbWEZR1lk2MC | Seite=205 }} | Seiten=205 }}</ref> |
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⚫ | Die Dämpfe der leicht[[Flüchtigkeit|flüchtigen]] Flüssigkeit werden direkt aus ihrem Gefäß inhaliert. Die psychische Wirkung, bestehend aus einer Intensivierung von Empfindungen, setzt nach 5 bis 15 Sekunden ein und hält, abhängig von der inhalierten Menge, zwischen einer und maximal zehn Minuten an. Sie wird oft als „[[Flash (Drogenkonsum)|Flash]]“ oder „Rush“ beschrieben. Die Wirkung basiert auf einer vorübergehenden Gefäßerweiterung im Gehirn, bei der die chemische Substanz tatsächlich nur gefäßerweiternd und damit durchblutungsfördernd wirkt, jedoch selber keine [[halluzinogen]]en Eigenschaften hat. |
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Eine [[Überdosis]] kann zu [[Hypotonie]] (zu geringer [[Blutdruck]]), [[Schock (Medizin)|Schock]], [[Methämoglobinämie]], (hämolytischer) [[Anämie]] (Blutarmut) und zum [[Koma (Medizin)|Koma]] führen. Durch ihre [[ätzend]]e Wirkung können Poppers die [[Schleimhaut|Schleimhäute]] ernsthaft verletzen - speziell bei übermäßiger [[Inhalation]]. Der [[Mischkonsum]] von Poppers mit [[Viagra]] oder anderen [[Phosphodiesterase-5]]-Hemmern wie [[Cialis]] oder [[Levitra]] kann zu einem plötzlichen und lebensgefährlichen Abfall des Blutdrucks führen. Der [[Mischkonsum]] von Poppers mit [[Alkohol]] führt zu einer [[Potenz]]ierung der Wirkung. |
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In einer englischen Studie gaben 5 % aller Befragten an, im letzten Jahr mindestens einmal Poppers verwendet zu haben, damit nahmen Poppers den 8. Platz von allen angegebenen Drogen ein.<ref>Doug Bolton: [https://www.independent.co.uk/news/uk/home-news/global-drugs-survey-finds-that-nitrous-oxide-is-the-second-most-popular-drug-in-the-uk-10304708.html Global ''Drugs Survey finds that nitrous oxide is the second most popular drug in the UK'']. 8. Juni 2015. independent.co.uk</ref> |
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Eine Überdosis wird im Krankenhaus behandelt. Bei Hypotonie bzw. Schock reicht eine [[Volumengabe]] aus ([[intravenös]]e Verabreichung von [[Salze|Salzlösung]]), bei [[Methämoglobinämie]] wird das [[Antidot]] [[Methylenblau]] intravenös verabreicht. |
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In einer australischen Studie, die die Nutzung von Drogen in einer Kohorte von homosexuellen und bisexuellen Männern untersuchte, wurden Amylnitrite in der Kategorie „Party-Drogen“ von der höchsten Anzahl (32,1 %) verwendet.<ref>M. A. Hammoud, F. Jin, L. Degenhardt: ''Following Lives Undergoing Change (Flux) study: Implementation and baseline prevalence of drug use in an online cohort study of gay and bisexual men in Australia.'' 9. Januar 2017. PMID 28081482</ref> |
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Auch in China wurde unter Männern, die Sex mit Männern haben, eine hohe Anzahl gefunden (28,3 % von 576 Befragten), die in den letzten drei Monaten Poppers verwendet hatten.<ref>Z. Wang, D. Li, J. T. Lau: ''Prevalence and associated factors of inhaled nitrites use among men who have sex with men in Beijing, China.'' 28. Januar 2015. PMID 25680516</ref> |
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== Rechtliche Situation im deutschsprachigen Raum == |
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Der [[Besitz]] unterliegt in den deutschsprachigen Ländern (Deutschland, Österreich, Schweiz) keinen [[Betäubungsmittelgesetz|betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften]] und ist damit legal; der [[Kaufvertrag|Kauf]], [[Vertrieb|Verkauf]] oder [[Handel]] von Amylnitrit ohne Erlaubnis unterliegt oder verstößt jedoch gegen die [[Chemikaliengesetz]]e bzw. [[Arzneimittelgesetz]]e der entsprechenden Länder,<ref>Bundesamt für Gesundheit BAG: [https://www.bag.admin.ch/dam/bag/de/dokumente/chem/themen-a-z/factsheet-poppers.pdf.download.pdf/Poppers%20factsheet%2020230829%20-%20DE.pdf Faktenblatt August 2023 Alkylnitrite oder «Poppers»], abgerufen am 19. Oktober 2024</ref> auch in den meisten anderen europäischen Ländern sind Poppers nicht legal erhältlich.<ref name="euda.europa.eu">www.euda.europa.eu: [https://www.euda.europa.eu/publications/drug-profiles/volatile_de Flüchtige Substanzen: Drogenprofil | www.euda.europa.eu], abgerufen am 19. Oktober 2024</ref> Gelegentlich werden in [[Sexshop]]s Poppers sichergestellt, die dort illegal angeboten wurden.<ref>[https://www.news.de/reisen-und-leben/855244035/zur-ekstase-geschnueffelt/1/ ''Sexdroge Poppers: Zur Ekstase geschnüffelt.''] news.de</ref><ref>[https://www.welt.de/print-welt/article182967/Poppers-sichergestellt.html ''„Poppers“ sichergestellt. Polizei entdeckt 400 Flaschen des Schnüffelstoffs in Sex-Shop''.] In: ''[[Die Welt]].'' 8. Dezember 2005.</ref> Außerdem kann man sie über Onlineshops beziehen: Dort werden Poppers als „[[Legal Highs]]“ unter Angabe falscher Verwendungszwecke, wie etwa als „Reinigungsmittel“, „Zimmerduft“ oder „Leder-Putzmittel“, angeboten. |
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== Unerwünschte Wirkungen == |
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Durch den Konsum von Poppers kann es zu Hautrötungen (durch die Vasodilatation), [[Vertigo|Schwindel]] und gelegentlich zu nitritinduziertem [[Kopfschmerz]] kommen. Weitere, kurz anhaltende Nebenwirkungen können [[Herzrasen]], [[Übelkeit]], [[Erbrechen]], [[Sehschärfe|Sehstörungen]] und [[Schweiß|Schwitzen]] sein. |
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Das Verschlucken oder Einbringen in die Nase oder Nasen-Nebenhöhlen kann zu Verätzungen und Vergiftungen führen; bei Verschlucken sind Todesfälle dokumentiert.<ref>Jacqueline Favez, Simona Marty: {{Webarchiv |url= http://www.20min.ch/news/kreuz_und_quer/story/24279453 |wayback= 20150714223910 |text=''Poppers geschluckt statt inhaliert.'' Drama in französischer Diskothek: Eine 21-jährige Genferin stirbt, weil sie während einer Party Poppers geschluckt anstatt eingeatmet hat}} auf: ''20 Minuten Online.'' 17. Januar 2012.</ref> Beim Verschlucken wird die [[Methämoglobinämie|methämoglobinbildende]] Wirkung schlagend, was bei ausreichender Ausprägung zum Tod durch [[Hypoxämie]] führt. |
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Vor allem in Zusammenhang mit der gleichzeitigen Verwendung weiterer blutdrucksenkender Mittel kann es zu einem plötzlichen und lebensgefährlichen Abfall des Blutdrucks mit [[Schock (Medizin)|Schockzuständen]] kommen. Blutdrucksenkende Potenzmittel wie die [[PDE-5-Hemmer]] [[Sildenafil]] (Viagra), [[Tadalafil]], [[Avanafil]] oder [[Vardenafil]] verstärken die Wirkung,<ref>K. M. Smith u. a.: ''Recreational use and misuse of phosphodiesterase 5 inhibitors.'' In: ''[[J Am Pharm Assoc]].'' 45(1), Jan–Feb 2005, S. 63–72. PMID 15730119.</ref> weswegen die gleichzeitige Gabe von PDE-5-Hemmern mit [[Stickstoffmonoxid|NO]]-Donatoren (wie beispielsweise Amylnitrit) oder jeglichen anderen Nitraten kontraindiziert ist.<ref>In den [[Endothelzellen]] von Blutgefäßen wirkt das Stickstoffmonoxid NO durch [[Second Messenger|Second-Messenger]]-Mechanismen [[Muskelrelaxation|muskelrelaxierend]] und somit gefäßerweiternd. Da die [[Vene|venösen]] Blutgefäße durch bessere enzymatische Ausstattung stärker auf NO-Donatoren reagieren, kommt es im normalen Dosisbereich zunächst zu verstärkter Durchblutung und verbesserter Sauerstoffversorgung ([[Rötung]] im Gesichtsbereich, medizinisch „[[Erröten|Flush]]“).</ref> |
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Die Ausbildung einer [[Methämoglobinämie]] oder hämolytischen [[Anämie]] (Blutarmut) ist möglich. |
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Bei hypotonischem Schock wird eine Kochsalzlösung, bei Methämoglobinämie das [[Antidot]] [[Toluidinblau]] oder [[Methylenblau]], [[intravenös]] verabreicht.<ref>F. Staïkowsky, C. Zanker et al.: {{Webarchiv |url=http://pdm.medicine.wisc.edu/Staikowsky6.htm |wayback=20080610075344 |text=''Abuse of Poppers: Four Cases of Methemoglobinemia Observed in an Emergency Room''.}} (In Caen und Paris, Frankreich.)</ref> |
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Inhalierbare, organische [[Nitrit]]e verändern blutgefäßbildende Gene in Lungen- und Lebertumoren von Mäusen.<ref>D. C. Tran u. a.: ''Effects of repeated in vivo inhalant nitrite exposure on gene expression in mouse liver and lungs.'' In: ''Nitric Oxide.'' 14(4), Jun 2006, S. 279–289. PMID 16288974.</ref> [[Isobutylnitrit]] ist laut [[EU-Richtlinie|EU-Gefahrstoffrichtlinie]] als krebserregend eingestuft und in der Regel als Poppers nicht mehr erhältlich.<ref>{{ICSC|ID=1651 |Name=Isobutyl nitrite |Abruf=2017-12-26 }}</ref><ref>[https://nida.nih.gov/publications/research-reports/inhalants/what-are-unique-risks-associated-nitrite-abuse Inhalant Abuse: What are the unique risks associated with nitrite abuse?] National Institute on Drug Abuse.</ref> |
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Eine Studie an Mäusen kommt zu dem Schluss, dass Poppers das [[Immunsystem]] schwächen.<ref>J. S. James: ''Poppers: more evidence of suppressed immunity.'' In: ''AIDS Treat News.'' 20. August 1999. PMID 11366577.</ref> |
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Im Zusammenhang mit Popperskonsum werden Schädigungen der [[Netzhaut]] ([[Makuladegeneration]]) für möglich gehalten und untersucht.<ref>[https://www.medscape.org/viewarticle/771964 Adverse ⁷ Reaction in Poppers Users: Case Series of 'Poppers Maculopathy']</ref> |
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Mittlerweile sind mehrere Fälle bekannt, in denen der chronische Gebrauch von Poppers (3–4 Mal pro Woche) zur [[Makuladegeneration]] führte.<ref>J. García-Bella, J. Donate, R. Gallego-Pinazo: ''«Poppers maculopathy?» in Spain. A new ophthalmological disease.'' In: ''Arch Soc Esp Oftalmol.'' 91(8), August 2016, S. 397–379. PMID 26944208.</ref><ref>M. Pahlitzsch, S. Draghici, B. M. Mehrinfar: ''Poppers-associated maculopathy.'' In: ''Klin Monbl Augenheilkd.'' 230(7), Juli 2013, S. 727–732. PMID 23877825.</ref> |
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Eine Studie in Vancouver fand einen Zusammenhang zwischen der Nutzung von Poppers und der Gefahr einer [[HIV]]-Infektion, da mit der Nutzung die Bereitschaft für risikoreichere Sexualpraktiken steigt. Die Autoren kamen deshalb zu dem Schluss, dass die Reduzierung der Poppersnutzung, unter [[Männer, die Sex mit Männern haben|MSM]], Priorität haben sollte.<ref>T. M. Lampinen, K. Mattheis, K. Chan: ''Nitrite inhalant use among young gay and bisexual men in Vancouver during a period of increasing HIV incidence.'' In: ''BMC Public Health.'' 7, 15. März 2007, S. 35. PMID 17362516.</ref> |
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== Behauptungen über karzinogene Wirkung == |
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Dem Bereich der [[AIDS-Leugnung|AIDS-Leugner]] zuzuordnen ist die Behauptung, Poppers seien die Ursache für das Entstehen des [[Kaposi-Sarkom]]s, einer Krebsart, die fast ausschließlich bei [[AIDS]]-Kranken auftritt. Dies wird damit begründet, dass die Hauptkonsumenten von Poppers, wie auch viele AIDS-Kranke, [[Homosexuelle]] seien. Seit 1995 ist jedoch bewiesen, dass das Kaposi-Sarkom durch eine Infektion mit dem [[Humanes Herpesvirus 8|Humanen Herpesvirus 8]] (HHV-8) hervorgerufen wird, das bei gesunden Menschen in der Regel keinen Schaden anrichtet, wohl aber bei immungeschwächten Patienten mit einer fortgeschrittenen AIDS-Erkrankung.<ref>M. Schalling u. a.: ''A role for a new herpes virus (KSHV) in different forms of Kaposi’s sarcoma.'' In: ''Nat Med.'' 1(7), Jul 1995, S. 707–708. PMID 7585156.</ref> |
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== Literatur == |
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* [[Christian Scheuß]], [[Micha Schulze]] (Hrsg.): ''Poppers. Das Handbuch zur schwulen Sexdroge''. Himmelstürmer Verlag, Hamburg 2006, ISBN 3-934825-54-0. |
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== Weblinks == |
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* [https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/gesund-leben/umwelt-und-gesundheit/chemikalien/chemikalien-a-z/poppers.html Poppers] beim [[Bundesamt für Gesundheit]] Schweiz |
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* [https://www.bag.admin.ch/dam/bag/de/dokumente/chem/themen-a-z/factsheet-poppers.pdf.download.pdf/Poppers%20factsheet%2020230829%20-%20DE.pdf Faktenblatt Alkylnitrite] des Bundesamtes für Gesundheit Schweiz |
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== Einzelnachweise == |
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Aktuelle Version vom 19. April 2025, 14:07 Uhr

Poppers (Plural, von englisch to pop „knallen“) ist eine Slang-Sammelbezeichnung für eine Gruppe flüchtiger Substanzen aus der Gruppe der Alkylnitrite. Der Name rührt von dem Geräusch des Öffnens (Knallen) der Glasampullen (zur Inhalation bei Angina Pectoris) her, in denen die Substanzen früher erhältlich waren. In der MSM-Szene wird Poppers in der schriftlichen Konversation und in Profilen auf Sex- und Datingportalen gern mit PP abgekürzt.
Poppers bestehen aus Amylnitrit, Isopropylnitrit, Cyclohexylnitrit (und früher Isobutylnitrit) oder Mischungen daraus. Sie haben eine stark gefäßerweiternde Wirkung (Vasodilatation). Poppers haben einen charakteristischen Geruch, der entfernt an Chloroform erinnert. Durch Kontakt mit Luftsauerstoff werden Poppers relativ rasch zersetzt, was durch einen intensiven, stechenden Geruch feststellbar ist.
Verwendung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Alkylnitrite wie etwa Amylnitrit wurden ursprünglich als Arzneimittel gegen Angina pectoris eingesetzt, jedoch wegen der nur kurzanhaltenden Wirkung bald durch andere Medikamente ersetzt. Aufgrund der spontan einsetzenden, kurz andauernden Rauschwirkung in höheren Dosierungen werden Alkylnitrite als Rauschmittel benutzt.[1] Außerdem werden ihnen aphrodisierende und schmerzhemmende Wirkungen zugeschrieben, weshalb sie teilweise vor einem Analverkehr vom penetrierten Partner verwendet werden, um den Schließmuskel zu entspannen und eventuell durch Verkrampfung auftretenden Schmerzen vorzubeugen.[2]
Die Dämpfe der leichtflüchtigen Flüssigkeit werden direkt aus ihrem Gefäß inhaliert. Die psychische Wirkung, bestehend aus einer Intensivierung von Empfindungen, setzt nach 5 bis 15 Sekunden ein und hält, abhängig von der inhalierten Menge, zwischen einer und maximal zehn Minuten an. Sie wird oft als „Flash“ oder „Rush“ beschrieben. Die Wirkung basiert auf einer vorübergehenden Gefäßerweiterung im Gehirn, bei der die chemische Substanz tatsächlich nur gefäßerweiternd und damit durchblutungsfördernd wirkt, jedoch selber keine halluzinogenen Eigenschaften hat.
In einer englischen Studie gaben 5 % aller Befragten an, im letzten Jahr mindestens einmal Poppers verwendet zu haben, damit nahmen Poppers den 8. Platz von allen angegebenen Drogen ein.[3] In einer australischen Studie, die die Nutzung von Drogen in einer Kohorte von homosexuellen und bisexuellen Männern untersuchte, wurden Amylnitrite in der Kategorie „Party-Drogen“ von der höchsten Anzahl (32,1 %) verwendet.[4] Auch in China wurde unter Männern, die Sex mit Männern haben, eine hohe Anzahl gefunden (28,3 % von 576 Befragten), die in den letzten drei Monaten Poppers verwendet hatten.[5]
Rechtliche Situation im deutschsprachigen Raum
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Besitz unterliegt in den deutschsprachigen Ländern (Deutschland, Österreich, Schweiz) keinen betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften und ist damit legal; der Kauf, Verkauf oder Handel von Amylnitrit ohne Erlaubnis unterliegt oder verstößt jedoch gegen die Chemikaliengesetze bzw. Arzneimittelgesetze der entsprechenden Länder,[6] auch in den meisten anderen europäischen Ländern sind Poppers nicht legal erhältlich.[7] Gelegentlich werden in Sexshops Poppers sichergestellt, die dort illegal angeboten wurden.[8][9] Außerdem kann man sie über Onlineshops beziehen: Dort werden Poppers als „Legal Highs“ unter Angabe falscher Verwendungszwecke, wie etwa als „Reinigungsmittel“, „Zimmerduft“ oder „Leder-Putzmittel“, angeboten.
Unerwünschte Wirkungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Durch den Konsum von Poppers kann es zu Hautrötungen (durch die Vasodilatation), Schwindel und gelegentlich zu nitritinduziertem Kopfschmerz kommen. Weitere, kurz anhaltende Nebenwirkungen können Herzrasen, Übelkeit, Erbrechen, Sehstörungen und Schwitzen sein. Das Verschlucken oder Einbringen in die Nase oder Nasen-Nebenhöhlen kann zu Verätzungen und Vergiftungen führen; bei Verschlucken sind Todesfälle dokumentiert.[10] Beim Verschlucken wird die methämoglobinbildende Wirkung schlagend, was bei ausreichender Ausprägung zum Tod durch Hypoxämie führt.
Vor allem in Zusammenhang mit der gleichzeitigen Verwendung weiterer blutdrucksenkender Mittel kann es zu einem plötzlichen und lebensgefährlichen Abfall des Blutdrucks mit Schockzuständen kommen. Blutdrucksenkende Potenzmittel wie die PDE-5-Hemmer Sildenafil (Viagra), Tadalafil, Avanafil oder Vardenafil verstärken die Wirkung,[11] weswegen die gleichzeitige Gabe von PDE-5-Hemmern mit NO-Donatoren (wie beispielsweise Amylnitrit) oder jeglichen anderen Nitraten kontraindiziert ist.[12]
Die Ausbildung einer Methämoglobinämie oder hämolytischen Anämie (Blutarmut) ist möglich.
Bei hypotonischem Schock wird eine Kochsalzlösung, bei Methämoglobinämie das Antidot Toluidinblau oder Methylenblau, intravenös verabreicht.[13]
Inhalierbare, organische Nitrite verändern blutgefäßbildende Gene in Lungen- und Lebertumoren von Mäusen.[14] Isobutylnitrit ist laut EU-Gefahrstoffrichtlinie als krebserregend eingestuft und in der Regel als Poppers nicht mehr erhältlich.[15][16]
Eine Studie an Mäusen kommt zu dem Schluss, dass Poppers das Immunsystem schwächen.[17]
Im Zusammenhang mit Popperskonsum werden Schädigungen der Netzhaut (Makuladegeneration) für möglich gehalten und untersucht.[18] Mittlerweile sind mehrere Fälle bekannt, in denen der chronische Gebrauch von Poppers (3–4 Mal pro Woche) zur Makuladegeneration führte.[19][20]
Eine Studie in Vancouver fand einen Zusammenhang zwischen der Nutzung von Poppers und der Gefahr einer HIV-Infektion, da mit der Nutzung die Bereitschaft für risikoreichere Sexualpraktiken steigt. Die Autoren kamen deshalb zu dem Schluss, dass die Reduzierung der Poppersnutzung, unter MSM, Priorität haben sollte.[21]
Behauptungen über karzinogene Wirkung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Dem Bereich der AIDS-Leugner zuzuordnen ist die Behauptung, Poppers seien die Ursache für das Entstehen des Kaposi-Sarkoms, einer Krebsart, die fast ausschließlich bei AIDS-Kranken auftritt. Dies wird damit begründet, dass die Hauptkonsumenten von Poppers, wie auch viele AIDS-Kranke, Homosexuelle seien. Seit 1995 ist jedoch bewiesen, dass das Kaposi-Sarkom durch eine Infektion mit dem Humanen Herpesvirus 8 (HHV-8) hervorgerufen wird, das bei gesunden Menschen in der Regel keinen Schaden anrichtet, wohl aber bei immungeschwächten Patienten mit einer fortgeschrittenen AIDS-Erkrankung.[22]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Christian Scheuß, Micha Schulze (Hrsg.): Poppers. Das Handbuch zur schwulen Sexdroge. Himmelstürmer Verlag, Hamburg 2006, ISBN 3-934825-54-0.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Poppers beim Bundesamt für Gesundheit Schweiz
- Faktenblatt Alkylnitrite des Bundesamtes für Gesundheit Schweiz
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik. Springer Berlin Heidelberg, ISBN 978-3-662-48986-4, S. 1916 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑ Matthias Bastigkeit: Rauschgifte. Govi-Verlag, 2003, ISBN 978-3-7741-0979-7, S. 205 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑ Doug Bolton: Global Drugs Survey finds that nitrous oxide is the second most popular drug in the UK. 8. Juni 2015. independent.co.uk
- ↑ M. A. Hammoud, F. Jin, L. Degenhardt: Following Lives Undergoing Change (Flux) study: Implementation and baseline prevalence of drug use in an online cohort study of gay and bisexual men in Australia. 9. Januar 2017. PMID 28081482
- ↑ Z. Wang, D. Li, J. T. Lau: Prevalence and associated factors of inhaled nitrites use among men who have sex with men in Beijing, China. 28. Januar 2015. PMID 25680516
- ↑ Bundesamt für Gesundheit BAG: Faktenblatt August 2023 Alkylnitrite oder «Poppers», abgerufen am 19. Oktober 2024
- ↑ www.euda.europa.eu: Flüchtige Substanzen: Drogenprofil | www.euda.europa.eu, abgerufen am 19. Oktober 2024
- ↑ Sexdroge Poppers: Zur Ekstase geschnüffelt. news.de
- ↑ „Poppers“ sichergestellt. Polizei entdeckt 400 Flaschen des Schnüffelstoffs in Sex-Shop. In: Die Welt. 8. Dezember 2005.
- ↑ Jacqueline Favez, Simona Marty: Poppers geschluckt statt inhaliert. Drama in französischer Diskothek: Eine 21-jährige Genferin stirbt, weil sie während einer Party Poppers geschluckt anstatt eingeatmet hat ( vom 14. Juli 2015 im Internet Archive) auf: 20 Minuten Online. 17. Januar 2012.
- ↑ K. M. Smith u. a.: Recreational use and misuse of phosphodiesterase 5 inhibitors. In: J Am Pharm Assoc. 45(1), Jan–Feb 2005, S. 63–72. PMID 15730119.
- ↑ In den Endothelzellen von Blutgefäßen wirkt das Stickstoffmonoxid NO durch Second-Messenger-Mechanismen muskelrelaxierend und somit gefäßerweiternd. Da die venösen Blutgefäße durch bessere enzymatische Ausstattung stärker auf NO-Donatoren reagieren, kommt es im normalen Dosisbereich zunächst zu verstärkter Durchblutung und verbesserter Sauerstoffversorgung (Rötung im Gesichtsbereich, medizinisch „Flush“).
- ↑ F. Staïkowsky, C. Zanker et al.: Abuse of Poppers: Four Cases of Methemoglobinemia Observed in an Emergency Room. ( vom 10. Juni 2008 im Internet Archive) (In Caen und Paris, Frankreich.)
- ↑ D. C. Tran u. a.: Effects of repeated in vivo inhalant nitrite exposure on gene expression in mouse liver and lungs. In: Nitric Oxide. 14(4), Jun 2006, S. 279–289. PMID 16288974.
- ↑ International Chemical Safety Card (ICSC) für Isobutyl nitrite bei der International Labour Organization (ILO), abgerufen am 26. Dezember 2017.
- ↑ Inhalant Abuse: What are the unique risks associated with nitrite abuse? National Institute on Drug Abuse.
- ↑ J. S. James: Poppers: more evidence of suppressed immunity. In: AIDS Treat News. 20. August 1999. PMID 11366577.
- ↑ Adverse ⁷ Reaction in Poppers Users: Case Series of 'Poppers Maculopathy'
- ↑ J. García-Bella, J. Donate, R. Gallego-Pinazo: «Poppers maculopathy?» in Spain. A new ophthalmological disease. In: Arch Soc Esp Oftalmol. 91(8), August 2016, S. 397–379. PMID 26944208.
- ↑ M. Pahlitzsch, S. Draghici, B. M. Mehrinfar: Poppers-associated maculopathy. In: Klin Monbl Augenheilkd. 230(7), Juli 2013, S. 727–732. PMID 23877825.
- ↑ T. M. Lampinen, K. Mattheis, K. Chan: Nitrite inhalant use among young gay and bisexual men in Vancouver during a period of increasing HIV incidence. In: BMC Public Health. 7, 15. März 2007, S. 35. PMID 17362516.
- ↑ M. Schalling u. a.: A role for a new herpes virus (KSHV) in different forms of Kaposi’s sarcoma. In: Nat Med. 1(7), Jul 1995, S. 707–708. PMID 7585156.