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„Prostitution“ – Versionsunterschied

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[[Datei:A German prostitute's self-portrait in a brothel.jpg|mini|hochkant|[[Prostitution in Deutschland|Prostituierte in Deutschland]] (1999)]]'''Prostitution''' (von [[latein]]isch ''prostituere'' „nach vorn/zur Schau stellen, preisgeben“) bezeichnet die Zurverfügungstellung [[Sexuelle Handlung|sexueller Handlungen]] gegen [[Entgelt]]. Seit den 1970er-Jahren wird die Vornahme sexueller Handlungen gegen Entgelt unter dem Begriff ''[[Sexarbeit]]'' subsumiert. Erfolgt die Prostitution unfreiwillig, ist es [[Zwangsprostitution]].
[[Bild:0405.Annabell 002.jpg|thumb|250px|Moderne Prostituierte]]
'''Prostitution''' (von [[Lateinische Sprache|lateinisch]] ''prostituere'': „sich öffentlich hinstellen“) bezeichnet die Vornahme [[Sex|sexueller Handlungen]] gegen Entgelt.


Prostitution findet sich in allen Epochen und Kulturen. Die gesellschaftliche Bewertung unterliegt bis heute ungebrochen einem starken Wandel und wird von politisch-[[Weltanschauung|weltanschaulichen]] sowie religiösen Vorstellungen beeinflusst. In der Prostitution tätige Menschen, ''Prostituierte'', gehören in vielen Kulturen einer sozialen Gruppe an, die bis heute von [[Menschenhandel]], Gewalt, [[Ausbeutung]], [[Diskriminierung]], [[Stigmatisierung]] und Verfolgung bedroht ist. Über Jahrhunderte sind Prostituierte darüber hinaus der Gefahr von gesellschaftlichen und politischen Anfeindungen ausgesetzt gewesen, bis hin zur [[Kaserne|Kasernierung]], [[Deportation]] und Ermordung. Wurden sie vielerorts wahlweise als Kriminelle oder als Opfer abgestempelt, gab es seit Ende des 19. Jahrhunderts einen Wandel in der öffentlichen Meinung. In westlichen Gesellschaften wenden sich seit dem späten 20. Jahrhundert Prostitutionsverbände und Menschenrechtsorganisationen gegen Diskriminierung.
== Evolutionär- /Anthropologischer Hintergrund ==


== Geschichte ==
=== Ursachen in den Geschlechtsunterschieden ===
=== Altertum ===
{{Hauptartikel|Prostitution in der Antike}}
[[Datei:NAMA Courtisane & client.jpg|mini|hochkant|Kurtisane in Griechenland]]
[[Datei:Pompeii - Lupanar - Erotic Scene - MAN.jpg|mini|Darstellung aus einem [[Lupanar (Pompeji)|Lupanar]] in Pompeji]]
[[Datei:Lupanare.PNG|mini|Blick in eine Zelle des pompejanischen [[Bordell]]s von ''Africanus und Victor'']]


Im [[Altertum]], so zum Beispiel in [[Babylon]] und bei den [[Phönizier]]n in [[Tyros]], existierte vor mehr als 3000 Jahren die sogenannte [[Tempelprostitution]]. Frauen vollzogen dort sexuelle Handlungen gegen „Geschenke“ an den Tempel oder Opfergaben für die Gottheit. Dies stand immer in einem kultischen Zusammenhang und galt als den Göttern wohlgefällig. Im ''[[Gilgamesch-Epos]]'' 6. Tafel Verse 5 bis 79 sieht Albert Schott eine Kritik an den Auswüchsen der kultischen Prostitution.<ref>''Das Gilgamesch-Epos.'' übersetzt und mit Anmerkungen versehen von Albert Schott. Verlag Reclam, Stuttgart 1988, ISBN 3-15-007235-2, S. 12.</ref> Für die Zeit der [[Antikes Griechenland|griechischen Antike]] sind Prostituierte im heutigen Sinne bezeugt, also ohne sakralen Hintergrund. Die Griechen unterschieden zwischen der gewöhnlichen „[[Hure]]“ (πόρνη ''pórnē'') und der „Gesellin“ ({{grcS|ἑταῖρα}}, [[Hetäre]]). Auch die Feldzüge [[Alexander der Große|Alexanders des Großen]] wurden von zahlreichen Prostituierten begleitet. Sowohl Männer als auch Frauen boten ihre sexuellen Dienste an, doch wie bei den Griechen wurde auch bei den Römern die Inanspruchnahme dieser Leistungen nur den Männern zugestanden. In Rom arbeiteten die frei geborenen Prostituierten zumeist auf dem Straßenstrich, Sklavinnen in „Pinten“ und Bordellen.<ref>Bettina Eva Stumpp: ''Prostitution in der römischen Antike.'' Akademie Verlag, Berlin 2001.</ref> Einblick in das Bordellwesen liefern insbesondere die Funde aus dem [[Lupanar (Pompeji)|Lupanar]] in [[Pompeji]].
==== Grund- Bedürfnisse des Mannes ====


Im [[Altes Testament|Alten Testament]] wird das Gewerbe sowohl als kultische als auch als Erwerbsprostitution erwähnt, zum Beispiel {{B|Spr|6|26}}. Die Prostitutionsverbote {{B|Lev|19|29}} und {{B|Dtn|23|18}} beziehen sich nur auf kultische Prostitution.<ref>Franz Kogler (Hrsg.): ''Herders neues Bibellexikon.'' Freiburg im Breisgau 2008, ISBN 978-3-451-32150-4.</ref> Es wird als naheliegend angesehen, dass ein Witwer die Dienste von Prostituierten in Anspruch nimmt. Dies wird von [[Tamar (Schwiegertochter des Juda)|Tamar]], der Schwiegertochter [[Juda (Bibel)|Judas]], ausgenutzt, die sich prostituiert, damit Juda die ihr vorenthaltene [[Levirat]]sehe an ihr vollzieht {{Bibel|Gen|38|12–30}}. Der dabei gezeugte Sohn Perez und seine Mutter Tamar werden im Neuen Testament als Vorfahren Jesu in seinem Stammbaum genannt {{Bibel|Mt|1|3}}. Neben Tamar findet sich mit [[Rahab]] noch eine weitere Frau im Stammbaum Jesu, die üblicherweise als Prostituierte gedeutet wird ({{B|Jos|2}}; {{B|Mt|1|5}}). Im [[Neues Testament|Neuen Testament]] wird erzählt, dass [[Jesus Christus|Jesus]] mit allen gesellschaftlichen Außenseitern einen respektvollen Umgang pflegte {{Bibel|Lk|7|36–50}}, doch wird Prostitution in den [[Paulusbriefe]]n verworfen {{Bibel|1 Kor|6|15 f.}}, im christlich geprägten Weltbild dann in Verbindung gebracht mit Scham oder Sünde.
Die Ursachen für Prostitution liegen hauptsächlich im Geschlechtstrieb von Männern, der eine Nachfrage schafft, sowie in dem Wunsch von Prostituierten und Zuhältern, Geld zu verdienen, der ein Angebot für diese Nachfrage erzeugt.
Soweit bekannt ist, hat es zu allen Zeiten und unter allen Gesellschaftsformen bei einem Teil der Männer den Wunsch gegeben, außerhalb [[Monogamie|monogamer]] Beziehungen und ohne besonderes emotionales Engagement Sex zu haben. Dies betrifft sowohl Männer, die in einer monogamen Beziehung leben, als auch Männer, die zum aktuellen Zeitpunkt keine Beziehung haben.


Die ersten schriftlichen Überlieferungen von [[Prostitution in Japan]] gehen auf das 8. Jahrhundert zurück, dürften aber viel weiter zurückreichen. [[Mätresse|Kurtisanen]] genossen Prestige und Anerkennung.
==== Grund- Bedürfnisse der Frau ====


=== Mittelalter ===
Einerseits scheint dieser Wunsch bei Frauen – ebenfalls zu allen Zeiten und in allen Gesellschaften – weniger stark ausgeprägt gewesen zu sein als bei Männern, so dass es für Männer schwierig bis unmöglich sein kann, Partner aus Neigung für solche Beziehungen zu finden, und sie auf bezahlte Dienstleistungen ausweichen. Für manche Männer kann es aus wirtschaftlichen Gründen oder wegen mangelnder persönlicher Attraktivität sogar vorübergehend oder dauerhaft unmöglich sein, eine monogame Beziehung einzugehen; auch in diesem Fall kann eine Nachfrage nach bezahlter Dienstleistung zur Befriedigung des Geschlechtstriebs entstehen.
{{Hauptartikel|Prostitution im Mittelalter}}
[[Datei:1537 Braunschweiger Monogrammist Bordellszene anagoria.JPG|mini|Bordellszene des [[Braunschweiger Monogrammist]]en (1537), [[Gemäldegalerie (Berlin)|Gemäldegalerie Berlin]]]]
Die kirchliche Moral verurteilte die Prostitution; dennoch argumentierten einflussreiche Autoren wie [[Augustinus von Hippo|Augustinus]], es handele sich um ein „kleineres Übel“. Der Prostitution wurde eine Ventilfunktion für die sexuellen Bedürfnisse derer zugesprochen, die das [[Ehe#Mittelalter|mittelalterliche Heiratsrecht]] benachteiligte. Gerade im [[Spätmittelalter]] gab es in vielen deutschen Städten Bordelle, die im Besitz der Gemeinde waren – Prostitution war nicht nur geduldet, sondern institutionalisiert. Die Stadträte verpachteten die Bordelle an Hurenwirte, die sich verpflichteten, gewissen Auflagen nachzukommen, etwa Hygienebestimmungen oder Vereinbarungen über die Bezahlung der Huren.
Neben dieser Sonderform der Prostitution im Spätmittelalter gehen Historiker von häufiger Gelegenheitsprostitution und fahrenden Prostituierten aus, insbesondere in ländlichen Gebieten.
Im Mittelalter wurden Prostituierte in städtischen Frauenhäusern oder Privatbordellen nicht nur mit [[latein]]ischen Ausdrücken bezeichnet, sondern auch mit Umschreibungen wie „freie Frauen“, „freie Töchter“, „gemeine Frauen“ ''(gemeyn frauwen)'', „gemeine Weiber“, „Fensterhennen“ (''vensterhennen''), „Hübschlerinnen“, während man bei Prostituierten, die sich von Ort zu Ort bewegten, von „fahrenden Frauen“, „trippâniersen“ oder „soldiersen“ sprach.<ref>Helmut Hundsbichler, Harry Kühnel (Hrsg.): ''Alltag im Spätmittelalter.'' Verlag Styria, Graz/Wien/Köln 1996, ISBN 3-222-12451-5, S. 41 f.; Peter Schuster: ''Das Frauenhaus. Städtische Bordelle in Deutschland (1350–1600).'' Schöningh, Paderborn 1992, ISBN 3-506-78251-7.</ref>


==== Prostitution als Erprobungsfeld ====
=== Renaissance und frühe Neuzeit ===
{{Belege fehlen||Dieser Abschnitt}}
In spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Städten waren die „Hübschlerinnen“ oft [[zunft]]ähnlich organisiert. Mit der [[Reformation]] verloren viele Prostituierte ihre Rechte und wurden aus den Städten vertrieben, weil die protestantische Sichtweise die Prostituierten als Sinnbild und Überbleibsel der Verderbtheit der katholischen Gesellschaft ansah. Viele von ihnen wurden als [[Hexe]]n verbrannt.<ref>Stephan Gottschalt: ''Die Neuordnung der gewerblichen Prostitution durch die Reformation.'' Grin, München 2010, ISBN 978-3-640-97504-4, S. ??.</ref><!--SEITE der Fundstelle? Selbstverlag?--> In Österreich wurden die im Mittelalter in vielen Städten eingerichteten Frauenhäuser im Laufe des 16.&nbsp;Jahrhunderts wieder geschlossen.<ref>Blog-Beitrag von {{Internetquelle |autor=Michael Hammer |url=https://www.derstandard.at/story/2000126732115/warum-die-kirche-prostitution-tolerierte-und-wieder-verdammte |titel=Prostitution im Wandel der Zeit: Warum die Kirche Prostitution tolerierte – und wieder verdammte |werk=[[Der Standard|derStandard.at]] |datum=2021-05-21 |abruf=2021-05-23}}</ref>
Die Zeit der [[Renaissance]] war neben Kunst, Kultur und Wissenschaft in [[Europa]] auch eine Blütezeit des Kurtisanenwesens, eine gesellschaftlich akzeptierte Form der Prostitution. Vor allem in [[Rom]], das auch „Haupt der Welt“ genannt wurde ''(Roma caput mundi)'', bestimmte diese Form der Prostitution wesentlich den Ruf und das Erscheinungsbild der Stadt. Die speziellen Gesellschaftsstrukturen und das kulturelle Klima in Rom im 16. Jahrhundert schufen die Voraussetzungen für ein Nebeneinander klerikaler Prachtentfaltung und käuflichen Geschlechtsverkehrs.
Bei Feiern, Theateraufführungen, Gelagen und Empfängen vor allem kirchlicher Würdenträger wurde die Abwesenheit von Frauen immer mehr als Verlust und Mangel empfunden. Um diese „Lücke“ zu füllen, lud man Kurtisanen zu solchen Gesellschaften ein. Das Wort „Kurtisane“ leitet sich ab von ''Cortigiana'' („Hofdame“) und bezeichnete um 1500 die gehobene Prostituierte, vergleichbar mit den [[Hetäre]]n des antiken Griechenlands.
{{Siehe auch|Kurtisanenwesen in Rom unter den Renaissancepäpsten}}


=== 17. Jahrhundert ===
Andererseits gibt es eine Nachfrage nach Prostituierten auch bei Männern, die die Möglichkeit hätten, freiwillige Partner zu finden. In diesen Fällen kann die Bequemlichkeit eine Rolle spielen, da in die Anbahnung einer sexuellen Transaktion mit Prostituierten weder Zeit noch Mühe investiert werden muss. In anderen Fällen kann es sein, dass besondere sexuelle Vorlieben vorhanden sind, für die wiederum nicht leicht ein passender Partner zu finden wäre.
{{Hauptartikel|Prostitution in Frankreich}}
Die Verheerungen des [[Dreißigjähriger Krieg|Dreißigjährigen Krieges]] (1618–1648) bedingte vielerorts einen Zerfall der Gesellschaft und ihrer Normen. Entwurzelte Frauen, aber auch andere weibliche Angehörige und Ehefrauen der Soldaten, schlossen sich den umher ziehenden Heeren als ''Trosshuren'' an. Der [[Tross]] erreichte teilweise solche Dimensionen, dass er von eigens [[Bestallung|bestallten]] [[Feldwebel#Ausgehendes Mittelalter und Frühe Neuzeit|Hurenweibeln]] organisiert werden musste. Ein Frauenschicksal dieser Zeit schildert [[Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen]] um&nbsp;1670 im Romanzyklus ''[[Trutz Simplex]]''.


Bei den kaiserlichen Truppen waren Prostituierte in vier Klassen unterteilt: Die erste und oberste Kategorie nahm die [[Mätresse]] ein, die zweite die [[Konkubine]], die dritte die [[Metze]], die vierte und unterste die [[Hure]].<ref>[https://www.30jaehrigerkrieg.de/schoch-don-kaspar-kaspar-schach-caspar-von/ Schoch (''„Don Kaspar“, „Kaspar“, „Cäsperle“, Schach), Caspar von'', Fußnote 47; in: ''Der Dreißigjährige Krieg in Selbstzeugnissen, Chroniken und Berichten''], 21. Februar 2013, abgerufen am 20. Februar 2024.</ref>
=== Ursachen in vererbten Verhaltensmustern ===


Im [[Königreich Frankreich]] war die Prostitution im 17. Jahrhundert strafbar. Im Jahr 1658 hatte [[Ludwig XIV.]] verfügt, dass alle Frauen, die der Prostitution nachgingen, wegen Unzucht oder Ehebruchs verurteilt würden, in die Salpêtrière zu internieren seien, bis sie [[Buße (Religion)|Buße]] getan hätten und durch einen Priester die [[Absolution]] erhalten hätten.<ref>Franz S. Hügel: ''Zur Geschichte, Statistik und Regelung Der Prostitution.'' Dogma, 2012, ISBN 978-3-95507-579-8, S.&nbsp;143.</ref> Gleichwohl gab es Straßenprostitution und Bordellwesen. Gleichzeitig blühte die Kultur der [[Kurtisane]]n und [[Mätresse]]n, von denen einige so mächtig und reich wurden, dass sie sogar Regierungsgeschäfte beeinflussen konnten und auf etlichen Ölgemälden porträtiert wurden. Die ganze Zunft der damaligen Kunst war von Prostituierten als Modell abhängig, da die bürgerliche Frau sich nie als Modell für ein Gemälde zur Verfügung gestellt hätte. Auch in der [[Darstellende Kunst|darstellenden Kunst]], wie Theater, Oper oder Ballett, waren die Übergänge zur Prostitution fließend, so dass in der [[Oper#Italien|italienischen Oper]] aus [[Anstand|Schicklichkeit]] Frauen sogar ganz untersagt wurde zu singen und Frauenrollen mit [[Kastrat]]en besetzt wurden.
Es ist nicht klar, warum Männer einen stärkeren Drang nach unverbindlichen Sexualkontakten außerhalb von länger dauernden Paarbeziehungen haben als Frauen. Nach einer Theorie liegt der Grund in unterschiedlichen, genetisch verankerten Fortpflanzungsstrategien von Männern und Frauen. Danach soll es zur Weitergabe der Gene für Männer – aber nicht für Frauen – vorteilhaft sein, auch Nachkommen in die Welt zu setzen, um die sie sich nicht selbst kümmern können. Dieser [[Selektion]]svorteil soll zu entsprechenden vererbten Verhaltensmustern geführt haben.


=== 18. Jahrhundert ===
[[Datei:Étienne Jeaurat 001.jpg|mini|''Transport der Freudenmädchen zur Polizeiwache,'' [[Étienne Jeaurat]], 1755]]


Im Jahr 1794 wurde im §&nbsp;999 des [[Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten|Preußischen Allgemeinen Landrechts]] festgelegt, dass sich „liederliche Weibspersonen … in die unter Aufsicht des Staates geduldeten Hurenhäuser“ zu begeben hätten. Als „liederliche Weibspersonen“ galten Frauen, „welche mit ihrem Körper ein Gewerbe betreiben“ wollen.
== Geschichte der Prostitution in Kultur und Gesellschaft==


Der britisch-niederländische Arzt und Sozialreformer [[Bernard Mandeville|Bernard de Mandeville]] sprach sich 1724 in einer populären Streitschrift für eine legalisierte, staatlich kontrollierte Prostitution aus.<ref name="bdm" /> Seine ''Bescheidene Streitschrift für Öffentliche Freudenhäuser'' enthält eine für die Zeit angesichts verschiedener [[Querelle des femmes|Querelles des femmes]] durchaus einfühlsame und differenzierte Geschlechterpsychologie.<ref name="bdm" /> [[Jonathan Swift]]s etwas später erschienene Satire ''[[A Modest Proposal]]'' spielt vermutlich auf den 1729 bereits sprichwörtlich gewordenen Titel an.<ref name="bdm" /> Als Mittel gegen die Verbreitung von [[Sexuell übertragbare Erkrankung|Geschlechtskrankheiten]] empfiehlt Mandeville, die Prostituierten kostenlos medizinisch zu behandeln, wenn sie eine Ansteckung freiwillig meldeten, aber sie zu verbannen und hart zu bestrafen, wenn sie diese verbärgen.<ref name="bdm">Bernard de Mandeville: ''Eine Bescheidene Streitschrift für Öffentliche Freudenhäuser Oder ein Versuch über die Hurerei wie sie jetzt im Vereinigten Königreich praktiziert wird.'' Verfasst von einem Laien. Aus dem Englischen, annotiert und mit einem Essay versehen von Ursula Pia Jauch. Carl Hanser Verlag, München 2001, S. 60, Anmerkung 55, ebenso S. 140.</ref>
=== Antike ===
[[Bild:Lupanare.PNG|thumb|Zimmer eines [[Lupanar]] in [[Pompeji]]]]
Schon im [[Altertum]], so in [[Babylon]], existierte vor mehr als 3000 Jahren die so genannte [[Tempelprostitution]]. Gegen Geschenke wurden dort von Frauen sexuelle Handlungen vollzogen. Dies stand jedoch in einem kultischen Zusammenhang und galt als den Göttern wohlgefällig. In der griechischen [[Antike]] sind Prostituierte ([[Hetäre]]n) im heutigen Sinne bezeugt, das heißt ohne sakralen Hintergrund.
Die Feldzüge [[Alexander der Große|Alexanders des Großen]] wurden unter anderem von zahlreichen Prostituierten begleitet.


=== 19. Jahrhundert ===
Im alten Griechenland wurde deutlich zwischen der gewöhnlichen "Hure" (Porna) und der "Gesellin" (Hetäre) unterschieden:
[[Datei:(Albi) Au Salon de la rue des Moulins - Henri de Toulouse-Lautrec 1894 MTL.inv180( small).jpg|mini|''Au Salon de la rue des Moulins'' von [[Henri de Toulouse-Lautrec]], 1894]]
[[Bild:Liegende Hetäre.jpg|thumb|Aufreizend liegende [[Hetäre]] - Römisches Relief (ohne Kopf)]]
[[Datei:No. 9 Girls Kusakabe Kimbei.jpg|mini|hochkant|Prostituierte in einem Bordell in [[Yokohama]], Ende 19. Jahrhundert; Fotografie von [[Kusakabe Kimbei]]]]
* Die Hetäre war im Gegensatz zur Porna hochgebildet, ausgebildet in Musik und Tanz und durfte (im Gegensatz zur Ehefrau) bei Männerrunden anwesend sein und auch in politischen Dingen mitreden. Gesellschaftlich stand sie sehr hoch, ein Besuch bei ihr galt nicht als Ehebruch. (Vgl. [[Geisha]])
[[Datei:Josef Engelhart Loge im Sophiensaal 1903.jpg|mini|''Loge im Sophiensaal'' von [[Josef Engelhart]], 1903]]


Wegen des Bevölkerungswachstums in der Zeit der [[Industrielle Revolution|industriellen Revolution]] nahm die Zahl der Prostituierten insbesondere im 19. Jahrhundert zu. Ein immer größer werdender Anteil der Stadtbevölkerung lebte in [[Armut]]. Besonders betroffen waren davon Frauen, die meistens nur über eine geringe Ausbildung verfügten und denen häufig nur Tätigkeiten offen standen, in denen sie geringfügige Gehälter verdienten. Zu den [[Gelegenheitsprostitution|Gelegenheitsprostituierten]] zählten [[Dienstbote|Dienstmädchen]], [[Modist]]innen, [[Blumenfrau]]en und Wäscherinnen, die sich auf diese Weise ihr Gehalt aufbessern mussten. Manche Frauen waren nur durch die Prostitution in der Lage, ausreichend Geld für ihren Lebensunterhalt zu verdienen. [[Karl Marx]] konnotierte 1844 die Prostitution als eine besondere Ausdrucksform der allgemeinen Prostitution des Arbeiters.<ref>„Prostitution is only a particular expression of the universal prostitution of the worker“, aus Karl Marx: ''Economic and philosophical manuscripts,'' 1844.</ref>
* Die Pornas waren meist freigelassene Sklavinnen, welche auf der Straße ihr Brot verdienen mußten.


Immer mehr Staaten gingen dazu über, die Prostitution gesetzlich zu regulieren. Eine solche Regulierung, gerechtfertigt durch eine beabsichtigte soziale, gesundheitspolitische oder auch [[moral]]ische Kontrolle, machte es den Prostituierten praktisch unmöglich, ihrem Milieu zu entkommen. Die Reglementierung zementierte auch die sexuelle [[Doppelmoral]], die Prostituierte gesellschaftlich ächtete, die Prostitution aber gleichzeitig als ein für Männer notwendiges Übel oder erwünschtes Erprobungsfeld ansah. Man wollte jederzeit auf sie zurückgreifen können, sie jedoch nicht als gesellschaftliche Normalität anerkennen. Viele Frauen der Mittelschicht wehrten sich gegen diese Doppelmoral.
Im [[Römisches Reich|römischen]] Reich waren zum überwiegenden Teil [[Sklave|Sklavinnen]] und Sklaven beschäftigt. Prostitution war im antiken Rom ein großer Geschäftszweig. Es gab regelrechte Spezialisierungen: Prostituierte, die es etwa bevorzugt auf Friedhöfen taten, Bordelle für Tiere und sogar für Kinder. Die Entlohnung war oft gering, die billigsten Prostituierten verlangten den Gegenwert eines Brotes, wenn einige auch besser bezahlt wurden. Außerdem war der Beruf der Prostutuierten nicht immer klar von anderen zu trennen. So waren Schankmädchen im allgemeinen auch Prostituierte. Jedoch auch einfache Frauen waren als Prostituierte tätig, selbst aus ritterlichen - ja sogar aus senatorischen Kreisen gab es Prostituierte. Das nahm in der frühen [[Römische Kaiserzeit|Römischen Kaiserzeit]] solche Ausmaße an, daß Kaiser [[Augustus]] Gesetze gegen die Prostitution höher gestellter Frauen erließ. Auch die Ehegesetzgebung war zu Ungunsten der Prostituierten, die nur unter ihrem Stand heiraten durften. Da jedoch eine Ehe meist der einzige Weg aus der Prostitution waren und Prostitierte weit unten auf der Standesleiter standen, war die Auswahl sehr gering. Dennoch soll der Reitz der Prostitution groß auf manche Frauen der Oberschicht gewesen sein. So wurde sogar der Frau des römischen Kaisers [[Claudius]] nachgesagt, sie würde der Prostitution nachgehen.


In [[Freie Hansestadt Bremen|Bremen]] wurde im sogenannten ''Bremer Reglement'' von 1852 festgelegt, dass die Prostitution „kein Gewerbe im eigentlichen Sinne“ sei. Durch diese Unterscheidung zwischen Prostitution und erlaubtem Gewerbe wurde die [[Sittenwidrigkeit (Deutschland)|Sittenwidrigkeit]] unmittelbar juristisch verankert.<ref>Romina Schmitter: ''Prostitution – Das älteste Gewerbe der Welt?'' In: ''Aus Politik und Zeitgeschichte.'' 9/2013, S. 23 f.</ref>
=== Mittelalter ===


In [[Vereinigtes Königreich Großbritannien und Irland|Großbritannien]] wurden in den Jahren ab 1864 die [[Contagious Diseases Acts]] mit dem Zweck der medizinischen Kontrolle zur Vermeidung der sich immer weiter ausbreitenden Geschlechtskrankheiten erlassen. [[Josephine Butler]] führte den Kampf der [[Ladies’ National Organisation]] gegen die Contagious Diseases Acts an. Diese Kampagne, die in Prostituierten weniger ‚Schuldige‘ als Opfer männlicher Lüsternheit sah, „veränderte […] die politische Landschaft [[Viktorianisches Zeitalter|Großbritanniens während der spätviktorianischen Zeit]]. Mit der Kampagne wurden soziale und sexuelle Konventionen hinterfragt, die nie zuvor öffentlich diskutiert wurden. Die Kampagne radikalisierte zahlreiche Frauen, härtete sie gegenüber öffentlichen Angriffen und Verleumdungen ab und schuf eine Infrastruktur des politischen Protests“.<ref>Philipps, S.&nbsp;86.</ref> Die Erlasse wurden 1883 außer Kraft gesetzt und 1885 vollständig aufgehoben. Das Problem war dadurch aber nicht aus der Welt geschafft, da die Erlasse wichtig waren. Nachdem die [[Frauenbewegung]] ihr Ziel erreicht hatte, ließ das Interesse an den Rechten der Prostituierten nach. Eine große Verelendung war die Folge, da die Bordelle auf Betreiben der Frauenverbände geschlossen worden waren und die Prostituierten dazu gezwungen waren, auf die Straße zu gehen, wo sie polizeilicher Willkür und Gewalt durch Kunden und konkurrierende [[Zuhälterei|Zuhälter]] erst recht schutzlos ausgeliefert waren. Folge war, dass die Prostitutionskriminalität in die Höhe schoss. Die Geschlechtskrankheiten breiteten sich durch die nun nicht mehr kontrollierbare und kontrollierte Prostitution ungehemmt aus und fingen an, das Bürgertum zu durchsetzen, da die Hauptkunden zumeist die Söhne und Ehemänner der bürgerlichen Frauen waren, die sich in den Verbänden engagierten.
Im [[12. Jahrhundert]] werden die ersten [[Bordell]]e im Europa des [[Mittelalter]]s urkundlich erwähnt. Eines der ältesten Deutschlands (noch betriebenen) ist in [[Minden]] in Westfalen zu finden. Ironischerweise waren oftmals Klöster oder Kirchen die Betreiber dieser bordellähnlichen Betriebe.


In der Kunst des ausgehenden 19. Jahrhunderts war ein deutlicher Bewertungswandel der Prostitution zu beobachten. Aus politischen Gründen wurde dies oft abgetan: „Vertreter der [[Naturalismus (Bildende Kunst)|naturalistischen]] Schule wie [[Richard Dehmel]], [[Max Dauthendey]], [[Otto Erich Hartleben]], [[Otto Julius Bierbaum]] und [[Karl Bleibtreu]] widmeten sich der Befreiung der Frau von moralischen Konventionen, der freien Liebe und der Erhöhung der Prostituierten zur ‚venus vulgivaga‘ (umherschweifende Venus) in einer Weise, die eher lüstern als politisch zu nennen war.“ ([[Gordon A. Craig]]).
=== Neuzeit/ Beginnende Industrialisierung ===
[[Bild:Étienne Jeaurat 001.jpg|thumb|''Transport der Freudenmädchen zur Polizeiwache'', [[Étienne Jeaurat]], 1755]]
In Europa nahm die Zahl der Prostituierten insbesondere im 19. Jahrhundert zu. Die zunehmende Landflucht führte dazu, dass ein immer größer werdender Anteil der Stadtbevölkerung nicht in der Lage war, einen Lohn zu verdienen, der für den Lebensunterhalt ausreichte. Besonders betroffen waren davon Frauen, die in aller Regel nur über eine geringe Ausbildung verfügten und denen häufig nur Berufe offen standen, in denen sie geringfügige Gehälter verdienten. Zu den sogenannten Gelegenheitsprostituierten zählten [[Dienstmädchen]], [[Modist]]innen, Blumenfrauen und Wäscherinnen, die sich auf diese Weise ihr Gehalt aufbessern mußten. Manche Frauen waren allein über die Prostitution in der Lage, ausreichend Geld für ihren Lebensunterhalt zu verdienen.


==== Gesetzliche Regelungsversuche ====
=== 20. Jahrhundert ===
[[Datei:Bundesarchiv Bild 101II-MW-1019-07, Frankreich, Brest, Soldatenbordell.jpg|mini|Soldatenbordell in einer ehemaligen Synagoge, Brest, Frankreich, 1940]]
Auf der Ebene des Völkerrechts gab es Versuche, sich auf Standards zur Bekämpfung von Prostitution und Menschenhandel zu einigen. Beispiele sind unter anderem das ''Internationale Übereinkommen vom 18. Mai 1904 zur Gewährung wirksamen Schutzes gegen den Mädchenhandel'' und die [[Konvention zur Unterbindung des Menschenhandels und der Ausnutzung der Prostitution anderer]] von 1949.<ref>{{Internetquelle |autor=Sonja Dolinsek |url=http://www.geschichte-menschenrechte.de/schluesseltexte/konventionzur-unterbindung-desmenschenhandels-1949-und-erklaerung-ueber-prostitution-und-menschenrechte-1986/ |titel=Konvention zur Unterbindung des Menschenhandels (1949) und Erklärung über Prostitution und Menschenrechte (1986) |werk=Quellen zur Geschichte der Menschenrechte |hrsg=Arbeitskreis Menschenrechte im 20. Jahrhundert |datum=2016-09 |offline=1 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20170111171031/http://www.geschichte-menschenrechte.de/schluesseltexte/konventionzur-unterbindung-desmenschenhandels-1949-und-erklaerung-ueber-prostitution-und-menschenrechte-1986/ |archiv-datum=2017-01-11 |abruf=2017-01-11}}</ref>


Während des Zweiten Weltkrieges wurden von der Wehrmacht und der SS [[Wehrmachtsbordell]]e eingerichtet. Frauen, die bei dieser Form der [[Zwangsarbeit in der Zeit des Nationalsozialismus|Zwangsarbeit]] mit Geschlechtskrankheiten angesteckt wurden, wurden in Vernichtungslager verbracht oder exekutiert. In den Konzentrationslagern gab es [[Lagerbordell]]e. Es war bei allen Kriegsparteien üblich, Kriegsbordelle einzurichten. Den von den japanischen Besetzern Ostasiens [[Euphemismus|euphemistisch]] sogenannten „[[Trostfrauen]]“, meistens Chinesinnen und Koreanerinnen, drohte ähnliches.
Dies führte dazu, dass immer mehr Staaten dazu übergingen, die Prostitution gesetzlich zu regulieren. Eine solche Regulierung, gerechtfertigt durch eine beabsichtigte soziale, gesundheitspolitische oder auch moralische Kontrolle, machte es den Prostituierten praktisch unmöglich, ihrem Milieu zu entkommen. Die Reglementierung zementierte auch die sexuelle [[Doppelmoral]], die Prostituierte gesellschaftlich ächtete, die Prostitution aber gleichzeitig als ein für Männer notwendiges Übel oder erwünschtes Erprobungsfeld ansah.
{{Siehe auch|Militärprostitution}}


[[Datei:Interior of a brothel in Naples, Italy 1945 (1) - Five prostitutes waiting for customers.jpg|mini|Prostituierte in einem Bordell in [[Neapel]], 1945]]
==== Gegenaktionen ====


In der [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]] bediente sich das Ministerium für Staatssicherheit der offiziell seit 1968 unter Strafe stehenden Prostitution zur Informationsgewinnung über den „Klassenfeind“.<ref>Quelle vielleicht (!): ''Der Spiegel,'' 4. Januar 2004.</ref> Die Prostitution wurde nicht nur geduldet, sondern sogar durch Schulungen gefördert. Es wurden sowohl männliche als auch weibliche Prostituierte eingesetzt. Die Staatssicherheit der DDR nannte diese Art des Einsatzes „Frauenspezifische Verwendung“. Mit Informationen über sexuelle Deviationen der „Zielpersonen“ (d.&nbsp;h. der Kunden) wurden Dissidenten erpressbar. Haupteinsatzorte bei West-Besuchern waren die [[Intershop (Handel)|Intershops]] sowie die [[Leipziger Messe]], internationale Kongresse und Veranstaltungen und die dazu genutzten [[Devisenhotel]]s.
Viele Frauen der Mittelschicht wehrten sich gegen diese Doppelmoral.
{{Siehe auch|Prostitution in der Deutschen Demokratischen Republik}}
[[Josephine Butler]] war eine entschiedene Kämpferin [[Großbritannien]]s, die den Kampf der [[Ladies' National Organisation]] gegen die [[Contagious Disease Acts]] anführte. Diese Kampagne, die in Prostituierten weniger "''Schuldige''" als die Opfer männlicher Lüsternheit sah, veränderte die politische Landschaft Großbritanniens der Spätviktorianischen Zeit. Mit der Kampagne, die sich für Prostituierte einsetzte, wurden soziale und sexuelle Konventionen hinterfragt, die nie zuvor öffentlich diskutiert wurden. Die Kampagne radikalisierte zahlreiche Frauen der britischen Mittelschicht, härtete sie ab gegenüber öffentlichen Angriffen und Verleumdungen und schuf eine Infrastruktur des politischen Protests. Sie erreichte schließlich 1886 die Abschaffung der Erlasse, die Prostituierte zum Opfer staatlicher Willkür machte. Vergleiche auch den Hauptartikel [[Contagious Disease Acts]].


Nach der [[Sexuelle Revolution|sexuellen Revolution]] ist die Prostitution in einigen Ländern von einem Tabuthema allmählich in den Rang eines gesellschaftlich zumindest hingenommenen Alltagsphänomens aufgerückt. Dies kommt auch durch Darstellungen in Kunst, Musik und Literatur zum Ausdruck. Während in dem Film [[Frühstück bei Tiffany (Film)|Frühstück bei Tiffany]] von 1961 noch Andeutungen gemacht werden, wurde das Thema in Liedern wie [[Honky Tonk Women]] (1969) von den [[The Rolling Stones|Rolling Stones]] und ''Lady Bump'' (1975) von [[Penny McLean]] zunehmend deutlicher angesprochen. Anfang des 20.&nbsp;Jahrhunderts bot laut einer Erhebung des [[Justizministerium der Vereinigten Staaten|Department of Justice]] jede fünfzigste Frau in den USA zwischen 20 und 30 Jahren sexuelle Dienste für Geld an. Eine in einem [[Bordell]] tätige Prostituierte konnte auf ein Jahreseinkommen von in heutigen Geldwert umgerechnet 76.000 US-Dollar pro Jahr kommen. Um 2009 verdiente eine Straßenprostituierte in [[Chicago]] durchschnittlich etwa 18.000 US-Dollar.<ref>[[Steven Levitt]], [[Stephen J. Dubner]]: ''Superfreakonomics.'' HarperCollins, New York 2009.</ref> Teile der [[Frauenbewegung]] lehnten und lehnen die Prostitution scharf ab, während andere dessen Legalität ausdrücklich unterstützen und Prostituierte in ihren Arbeitskämpfen unterstützten. Die sich inzwischen etablierende [[Hurenbewegung]] der 1980er und 1990er Jahre kann als ein Teil der Frauenbewegung angesehen werden.<ref>{{Internetquelle |autor=Mareen Heying |url=https://www.digitales-deutsches-frauenarchiv.de/themen/die-hurenbewegung-als-teil-der-zweiten-frauenbewegung |titel=Die Hurenbewegung als Teil der Zweiten Frauenbewegung |abruf=2021-06-02}}; vergleiche auch Mareen Heying: ''Konstruktion und Funktion des „anderen“ Körpers: Verdrängung, Gewalt und Kontrolle aus Sicht von deutschen und italienischen Prostituiertenbewegungen in den 1980er- und 1990er-Jahren'' In: ''Soziale Probleme. Zeitschrift für soziale Probleme und soziale Kontrolle.'' Band 29, Nr. 2, 2018 (=&nbsp;''Körper, Sexualität und Soziale Arbeit im Prostitutionsfeld: Körperbilder und Körperpraktiken zwischen Diskriminierung, Stigmatisierung und Normalisierung.'' Sonderheft), S. 99–115.</ref>
=== 20. Jahrhundert ===


Die zunehmende Globalisierung und Öffnung der Grenzen verändert das Bild der Prostitution. Frauen aus Ländern mit prekären Lebensverhältnissen drängen in die reichen Staaten oder werden angeworben oder angelockt, was die einheimischen Prostituierten zum Teil verdrängt und neue Strukturen mit sich bringt.
Während des II. Weltkriegs wurden von der [[Wehrmacht]] und der [[Schutzstaffel|SS]] Hunderte von [[Wehrmachtsbordell]]en eingerichtet. Frauen, die sich bei dieser Form der Zwangsarbeit mit Geschlechtskrankheiten ansteckten, wurden erschossen. Den von den Japanern euphemistisch so genannten "[[Trostfrauen]]", meist Chinesinnen und Koreanerinnen, drohte ähnliches.


=== 21. Jahrhundert ===
Ein weniger brutales System der Prostitution für ihre Truppen betrieben allerdings auch alle anderen Kriegsparteien.
[[Datei:Rotlichviertel Frankfurt Main.JPG|mini|Das [[Frankfurter Rotlichtviertel|Rotlichtviertel von Frankfurt am Main]] bei Nacht, Mai 2005]]


2001 wurde ein Rückgang der Prostitutionskunden in der westlichen Welt beobachtet, was zum einen auf eine Zunahme der Möglichkeiten sexueller Aktivitäten außerhalb von Partnerschaften in Gestalt von [[Seitensprung]]portalen, Swingerclubs sowie Telefon- und Internetangeboten und zum anderen auf die Folgen von Finanz- und Wirtschaftskrisen zurückgeführt wird. Gleichzeitig ist eine Zunahme des Prostitutionsangebots zu verzeichnen.<ref>Sven-Axel Månsson: ''Man’s Practice in Prostitution: The case of Sweden.'' Vortrag des Autors beim 15. World Congress for Sexology, 24.–28. Juni 2001, Paris.</ref>
=== Umgang mit dem Thema in der DDR ===


Der [[Europäischer Gerichtshof|Europäische Gerichtshof]] erklärte im November 2001, dass Prostitution zu den [[Beruf|Erwerbstätigkeiten]] gehört, die „Teil des gemeinschaftlichen Wirtschaftslebens“ im Sinne von {{Art.|2|EG|dejure}} [[Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft|EG]] sind.<ref>EuGH vom 20. November 2001 – Rs. C-268/99</ref> In Deutschland gewann [[Felicitas Schirow]] im Dezember 2001 mit einem [[Urteil (Recht)|Urteil]] des [[Verwaltungsgericht Berlin|Berliner Verwaltungsgerichtes]] einen Prozess, den sie um die vom Berliner Bezirksamt Wilmersdorf geforderte Schließung ihres Bordellbetriebs, des ''[[Café Pssst!]],'' führte. In der Urteilsbegründung des Gerichtes hieß es, die Prostitution sei heute nicht mehr als sittenwidrig anzusehen, es habe eine Veränderung der Wertvorstellungen gegeben. Prostitution sei zu einer sozialen Realität geworden, die es zu akzeptieren gelte. Dennoch stellte das [[Bezirksamt]] [[Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf|Charlottenburg-Wilmersdorf]] im Februar 2001 gegen das Urteil Antrag auf Zulassung der [[Berufung (Recht)|Berufung]].<ref>[http://www.berlin.de/ba-charlottenburg-wilmersdorf/aktuelles/chronik/artikel.418909.php „Café Pssst“ gegen Land Berlin, 28. Februar 2001.] In: Website des Bezirksamtes Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin (abgerufen am 1. Juli 2014)</ref> Parallel dazu gewann [[Stephanie Klee]] einen Prozess, in dem sie erfolgreich ihren Lohn für sexuelle Dienstleistungen einklagte. Beide Urteile konnten als [[Präzedenzfall]] gewertet werden und gelten für das Zustandekommen des im Januar 2002 in Kraft getretenen [[Prostitutionsgesetz]]es als bedeutend.
Auch in der [[DDR]] bediente sich die [[Stasi]] der - offiziell seit 1968 unter Strafe stehenden - Prostitution zur Informationsgewinnung über den "Klassenfeind". Die Prostitution wurde nicht nur geduldet, sondern sogar durch Schulungen gefördert. <!--Es wurden sowohl männliche, als auch weibliche Prostituierte eingesetzt. Mit Informationen über sexulle Deviationen der "Zielpersonen" (Freier) wurden die Dissidenten dann erpressbar.-->
[[Image:Kitagawa Utamaro.jpg|thumb|260px|[[Japanischer Farbholzschnitt]] von [[Kitagawa Utamaro]], der eine Prostituierte mit ihrem Kunden darstellt]]


Der [[Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter]] (FEMM) des [[Europäisches Parlament|Europäischen Parlaments]] schlug dem Parlament im sogenannten Honeyball-Report, benannt nach der Vorsitzenden [[Mary Honeyball]], die Empfehlung des „[[Prostitution in Schweden|Schwedischen Modells]]“ vor.<ref>{{Internetquelle |autor=Mary Honeyball |url=https://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//NONSGML+REPORT+A7-2014-0071+0+DOC+PDF+V0//DE |titel=BERICHT über sexuelle Ausbeutung und Prostitution und deren Auswirkungen auf die Gleichstellung der Geschlechter |format=PDF |abruf=2020-04-24}}</ref> Bereits 2004 wurde festgestellt, dass 6 Jahre nach der Einführung der Kundenbestrafung sowohl die Prostitution in Schweden generell als auch die Prostitution in Außenbereichen abnimmt.<ref>[https://www.transcrime.it/wp-content/uploads/2013/11/09_MON-EU-TRAF_II2.pdf transcrime.it] Transcrime, MON-EU-TRAF II – A Study for monitoring the international trafficking in human beings for the purpose of sexual exploitation in the EU member States, Transcrime Report no. 9, Trento 2004, S. 101</ref> Am 26. Februar 2014 wurde die Resolution zur Empfehlung des Schwedischen Modells vom Europäischen Parlament verabschiedet.<ref>[http://diestandard.at/1392686359831/Europaparlament-stimmt-ueber-Freierbestrafung-ab diestandard.at]</ref> Die nicht bindende Resolution wurde mit 343 Stimmen angenommen, 139 Abgeordnete stimmten dagegen, 105 enthielten sich.<ref>[https://www.europarl.europa.eu/news/de/news-room/content/20140221IPR36644/html/Die-Freier-bestrafen-nicht-die-Prostituierten-fordert-das-Parlament ''Die Freier bestrafen, nicht die Prostituierten, fordert das Parlament''] In: europarl.europa.eu</ref><ref>{{Webarchiv |url=http://www.votewatch.eu/en/sexual-exploitation-and-prostitution-and-its-impact-on-gender-equality-motion-for-resolution-vote-fe.html |text=Sexual exploitation and prostitution and its impact on gender equality – votewatch.eu |wayback=20140308094357}}</ref> Ähnlich positionierte sich der [[Europarat]] am 8. April 2014 mit der Resolution 1983 (2014).<ref>[http://assembly.coe.int/nw/xml/XRef/X2H-Xref-ViewPDF.asp?FileID=20716&lang=en Europarat: Resolution 1983 (2014)]</ref> Menschenrechts-, Frauen- und Prostituiertenverbände, wie Gesundheitsexperten, Wissenschaftler und Polizeiverbände kritisierten die Beweisaufnahme und Quellenrecherche als unzureichend, selektiv und manipulativ und führten ins Feld, dass bei einer Kundenbestrafung das Abrutschen der Prostituierten in die Illegalität und dunkle Kanäle zu befürchten ist, wo sie nicht mehr erreichbar wären.<ref>''Deutscher Frauenrat'': {{Webarchiv |url=http://www.frauenrat.de/deutsch/infopool/nachrichten/informationdetail/article/-f303b1b78e.html |text=Stellungnahme des Frauenrates Freierbestrafung – Deutscher Frauenrat lehnt FEMM-Vorstoß gegen Prostitution ab |wayback=20140222235454}}, 29. Januar 2014</ref>
= Freiwillige Prostitution =


Die gesellschaftliche Wahrnehmung der Prostitution im beginnenden 21. Jahrhunderts ist geprägt von der Zersplitterung in verschiedene Positionen und Anschauungen, die von totalem Verbot und massiver Kriminalisierung bis zu völliger Legalisierung und Anerkennung als Erwerbstätigkeit reichen. Als Kontrapunkt zu den Prostitutionsgegnern, die sich selbst [[Abolitionismus (Prostitution)|Abolitionisten]] (nach dem [[Abolitionismus]] zur Abschaffung der [[Sklaverei]]) nennen, formierten sich national und international Menschenrechtsverbände und Aktivistengruppen, die mit immer größerem Selbstbewusstsein die Anerkennung und Entkriminalisierung der Prostitution forderten. Bis zur Gegenwart werden die Kämpfe zwischen den Parteien in der öffentlichen Diskussion und in den Medien erbittert geführt, wozu auch die [[Soziale Medien|sozialen Medien]] und das [[Internet]] mit den [[Medienmanipulation|Manipulationsmöglichkeiten]] genutzt werden.
Die Ausübung der modernen Prostitution unterscheidet sich erstaunlich wenig von der historischen.
Gleich geblieben ist in allen Epochen die Unterteilung in '''freiwilliger''' oder '''unfreiwilliger ''' Ausübung.
Beratungsangebote zur freiwilligen Prostitution bieten Organisationen wie z.B. Hydra und BSD, die gezielt eine "Einstiegsberatung" anbieten, um Frauen den Einstieg zu erleichtern und sie vor Problemen (z.B. mit [[Zuhälter]]n und [[Freier]]n) zu bewahren bzw. festzustellen und zu beraten, ob der Beruf der Prostituierten überhaupt dem entspricht, was sich die interessierte Frau davon verspricht.


Im Sommer 2025 erschien der "Abschlussbericht - Evaluation des Prostituiertenschutzgesetzes", in dem die nach wie vor lückenhafte Datenlage beklagt wird. Dies gelte nicht zuletzt für die Darstellungen der Prostitutionsgegner. Im Fazit auf Seite 18 heißt es "Die Behauptung, dass völker- und europarechtliche Abkommen (...) mehrheitlich ein grundsätzliches Sexkaufverbot empfehlen, trifft schlicht nicht zu." Weiterhin wird dort die Kritik erwähnt, dass eine Legalisierung der Prostitution die Nachfrage und somit den Menschenhandel fördern würde. Dazu heißt es "Valide Belege für diese Kritik gibt es bislang nicht". Die Behauptung, allein in Deutschland würden 180.000 bis 360.000 Personen in der Zwangsprostitution ausgebeutet, sei "nicht sonderlich plausibel".<ref>''BMFSFJ:'' [https://www.bmfsfj.de/resource/blob/266220/48609c967693e7454e58950a6fa43cdb/evaluation-prostituiertenschutzgesetz-abschlussbericht-data.pdf Abschlussbericht der Evaluation des Prostituiertenschutzgesetzes]</ref>
== Erscheinungsformen des Berufsstandes ==


== Formen und Ausprägungen ==
Die Erscheinungsformen der freiwilligen Prostitution sind mannigfach, sowohl hinsichtlich der Person der Prostituierten als auch hinsichtlich ihrer Dienstleistung.
=== Definitionen ===
Prostitution ist im [[Prostituiertenschutzgesetz]] definiert als der Verkauf von sexuellen Handlungen aller Art, wobei diese von der verkaufenden Person ausgeübt, zugelassen oder in direkter Anwesenheit der kaufenden Person vorgeführt wird. Diese Definition umfasst auch erotische und [[Tantra-Massage]]n, deshalb müssen sich auch Masseurinnen und Masseure als Prostituierte anmelden.<ref>{{Internetquelle |autor=tantramassageverband e.&nbsp;V. |url=https://www.tantramassage-verband.de/prostituiertenschutzgesetz-und-tantramassage-tmv/ |titel=Prostituiertenschutzgesetz und Tantramassage |abruf=2024-07-22}}</ref> Nicht zur Prostitution gehören Vorführungen mit ausschließlich darstellerischem Charakter wie zum Beispiel [[Striptease]] oder auch bezahlter [[Cybersex]], da der Kunde nicht direkt anwesend ist.


=== Datenlage ===
=== Unterteilung zwischen Berufung und Beruf ===
Erkenntnisse und Daten werden hauptsächlich an Krisenorten wie Krankenhäusern, Psychiatrien, Kinderheimen, Flüchtlingslagern, Polizeistationen und/oder Gefängnissen erhoben und sind durch die besonderen Umstände und Situationen der betroffenen Personen, den damit verbundenen Problemen sowie den kulturellen, sozialen und politischen Hintergründen beeinflusst. Es gibt Umfragen – sowohl unter Prostituierten als auch unter Kunden, die jedoch nicht immer repräsentativ sind.


Präzise Angaben über Anzahl der Prostituierten gab es in Deutschland bis Ende 2013 nicht.<ref name="BMFSFJ">[[Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend]]: ''Prostitution.'' Januar 2014 [http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/gleichstellung,did=97962.html (online)]</ref><ref>[http://dipbt.bundestag.de/extrakt/ba/WP18/603/60307.html Kleine Anfrage] der Fraktion der [[Die Linke|Linken]]</ref> 2017 trat die ''Verordnung über die Führung einer Bundesstatistik nach dem Prostituiertenschutzgesetz (Prostitutions-Statistikverordnung – ProstStatV)'' in Kraft.<ref>https://www.gesetze-im-internet.de/proststatv/BJNR193400017.html</ref>
====Hobbyprostituierte====:


=== GESA-Studie ===
Männer und Frauen, welche eigentlich anderen Berufszweigen nachgehen und nur nebengewerblich der Prostitution nachgehen, um sich nebenher etwas dazuzuverdienen oder sexuelle Phantasien auszuleben, zu welchen sie in regulären Partnerschaften nicht in der Lage sind:
Die GESA-Studie ''Psychische Gesundheit von Sexarbeiter*innen in der Covid-19 Pandemie''<!--sic--> aus dem Jahr 2021 enthält eine Tabelle ''Kontexte der Prostitution'' mit Angaben von 50 befragten Prostituierten.<ref>[https://www.researchgate.net/publication/355544704_GESA-Studie_Psychische_Gesundheit_von_Sexarbeiterinnen_in_der_Covid-19_Pandemie GESA-Studie. ''Psychische Gesundheit von Sexarbeiter*innen in der Covid-19 Pandemie<!--sic-->'' von Anna Mühlen], Janette Rudy, Anna Böckmann und Daniel Deimel.</ref> Demnach arbeiten nur die wenigsten Prostituierten auf dem Straßenstrich, im Wohnwagen oder Bordellen, jedoch die meisten im Escort-Service oder in Privatwohnungen.
{| class="wikitable zebra"
|-
|+ Kontexte der Berufsausübung<br /><small>(n=50, Mehrfachangaben möglich)</small>
|-
| 56 % || Escort-Service
|-
| 54 % || Privatwohnung
|-
| 42 % || Hotelzimmer
|-
| 36 % || Internetplattform
|-
| 16 % || Sexualassistenz
|-
| 12 % || BDSM-Studio
|-
| 12 % || Auto
|-
| {{0}}8 % || Saunaclub / Massagestudio / Swingerclub
|-
| {{0}}6 % || Laufhaus / Bordell
|-
| {{0}}2 % || Straßenstrich
|-
| {{0}}2 % || Wohnwagen
|}


=== Prostitution im öffentlichen Raum ===
* '''Sexuelle Gruppe''':
[[Datei:Bmc perrache.JPG|mini|Prostitution in Wohnmobilen in Lyon (Frankreich) 2006]]
Hier finden sich zumeist partnerschaftlich und familiär gebundene Personen (Filmbeispiel: "Belle de Jour" von Luis Bun~uel 1967, mit Catherine Deneuve).
[[Datei:Walletjes 001-2.jpg|mini|hochkant|[[Koberfenster]] in Amsterdam]]
Diese Gruppe steht in der Verbrauchergunst am Höchsten, da der vorausgesetzte "Spass- Effekt für beide Seiten" das schlechte Gewissen vieler Kunden und Kundinnen, diese Dienstleistung in Anspruch nehmen zu müssen, beruhigt, der finanzielle Aspekt ist hier eher nebensächlich und wird als großmütige Spende für gemeinsamen Spaß verstanden. (Siehe hierzu auch [[Swingerclub]])
[[Datei:2009-10-03-bel-ami-berlin-by-RalfR-08.jpg|mini|Bar in einem Edelbordell]]
Bei der [[Öffentliche Prostitution|öffentlichen Prostitution]] stehen die Prostituierten an bestimmten, offiziell dafür vorgesehenen oder inoffiziell bekannten, offen einsehbaren Stellen und bieten sich potentiellen Kunden an. So findet Prostitution an Straßen, in Hotelbars, [[Motel|Raststätten]] und an ähnlichen Orten statt. Relativ neu ist die [[Verrichtungsbox]] als kontrollierte Variante des Straßenstrichs. Bei der Straßenprostitution wird die Dienstleistung in der Regel entweder im Auto oder in [[Hotel]]s durchgeführt, oft in sogenannten [[Stundenhotel]]s. Einige Prostituierte warten in [[Wohnwagen]] oder Wohnmobilen, die ihren Arbeitsplatz darstellen, an Parkplätzen oder Autobahnraststätten auf Kunden. [[Stefan Zweig]] gibt einen Hinweis auf den Ursprung des Begriffs „Strichmädchen“ in seinem Buch [[Die Welt von Gestern]]: „In Wien wurden sie allgemein ‚Strichmädchen‘ genannt, weil ihnen von der Polizei mit einem unsichtbaren Strich das Trottoir abgegrenzt war, das sie für ihre Werbezwecke benutzen durften...“<ref name="zweigdwvg">[https://www.projekt-gutenberg.org/zweig/weltgest/chap004.html ''Projekt Gutenberg, Stefan Zweig, Die Welt von Gestern, Kapitel Eros Matutinus''] Stefan Zweig, Die Welt von Gestern, Erinnerungen eines Europäers; die Erstausgabe erschien 1944 im Bermann-Fischer Verlag zu Stockholm</ref>


=== Prostitutionsstätten ===
* '''Finanzielle Gruppe''':
[[Datei:Zuganstüren in einem Bordell.JPG|mini|Eingangstüren zu einem Bordell (2011)]]
Hier finden sich hauptsächlich SchülerInnen, StudentInnen und Lehrlinge, aber auch Arbeitslose oder SozialhilfeempfängerInnen.
Diese Gruppe steht in der Hierarchie unter der Ersteren, ist aber dennoch sehr beliebt, da sich die Nutzer nicht als "ausbeuterische Freier" sehen, sondern als "Unterstützer" und "Helfer".


[[Bordell]]e sind spezielle Häuser, die über einen Kontaktraum verfügen, in denen der Kunde eine Prostituierte oder einen [[Männliche Prostitution|Stricher]] (''[[Schwules Bordell|House of Boys]]'') auswählen kann und dann mit ihr oder ihm ein Zimmer für den Sex (ähnlich einem [[Stundenhotel]]) aufsucht. Abwandlungen sind [[Laufhaus|Laufhäuser]] oder Straßen mit schaufensterähnlichen Räumen im Erdgeschoss, in denen die Prostituierten sitzen.


Bei Modellprostitution mieten die Prostituierten Zimmer in sogenannten Modellwohnungen, manchmal nur für eine begrenzte Zeit. Sie werben zum Beispiel in Lokalzeitungen oder im Internet, um Kunden anzuziehen. Einige Betreiber von solchen Modellwohnungen setzen gezielt auf diese Art des Angebots, um immer neue Gesichter zu garantieren und damit Kundeninteresse zu wecken. Zum Teil sind diese Häuser untereinander vernetzt und die Prostituierten sind in ein [[Rotationsprinzip]] eingebunden.
==== Professionelle Prostituierte ====


Bei Prostitution in [[Kontaktsauna|Kontaktsaunen]] oder sogenannten ''Partytreffs'' sitzen die Prostituierten in einer gewollt wohnlichen Atmosphäre und bieten sich so den Kunden an. Für die Ausübung der sexuellen Handlungen sucht man entweder Einzelräume auf oder sie finden auf sogenannten „Spielwiesen“ statt, wobei es durchaus vorkommen kann, dass mehrere Paare gleichzeitig die ausgehandelte Tätigkeit durchführen (bis hin zum [[Gruppensex]]). Gewöhnlich wird vom Kunden ein Pauschalbetrag als Eintritt bezahlt, der ein kaltes oder warmes Buffet, Getränke sowie Wellnessangebote wie [[Sauna]] oder [[Whirlpool (Becken)|Whirlpool]] beinhaltet, jedoch keine sexuellen Dienstleistungen&nbsp;– diese sind direkt mit den Prostituierten zu vereinbaren.
Professionelle Prostituierte üben die Dienstleistung hauptberuflich aus, d. h. sie bestreiten ihren Hauptlebensunterhalt mit der Ausübung.
Diese Gruppe ist im Nutzerkreis nicht sonderlich beliebt. "Professionelle" gilt mehr oder weniger als Schimpfwort. Grund ist das Vorurteil der illusionslosen (seelenlosen) Ausübung des Berufes, die befürchtete Reduktion des Nutzers zur reinen "Brieftasche".
Das Vorurteil, ist wie alle Vorurteile nicht ganz ungerechtfertigt, tritt doch gerade hier das Wesen des Machtkampfes '''Mann vs. Frau''' am stärksten, deutlichsten, unverschnörkeltesten und am kältesten zu Tage.


In sogenannten ''Flatrate-Bordellen,'' auch Pauschalclubs genannt, zahlten Kunden zu Beginn einen Pauschalbetrag und konnten danach die Dienstleistungen der Frauen unbegrenzt nutzen. Diese Geschäftsstrategie ist seit Einführung des [[Prostituiertenschutzgesetz]]es im Jahr 2016 illegal.<ref>Stefano Casertano: [https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/flatrate-bordelle-der-fleischmarkt-am-rand-von-berlin/12178724.html ''Flatrate-Bordelle: Der Fleischmarkt am Rand von Berlin.''] In: ''[[Tagesspiegel]].'' 13. August 2015, abgerufen am 23. Mai 2021.</ref>
=== Angebotene Dienstleistungen ===


In [[Nachtclub]]s sitzen Prostituierte als [[Animierdame]]n an der Bar. Einige bekommen Provision, wenn sie mit den Gästen trinken und so deren Konsum fördern.
Bei den angebotenen Dienstleistungen geht es vom Sex in allen möglichen Varianten über die Unterhaltung, an deren Ende Sex steht, bis zur Unterhaltung, die Sex einschließen kann, aber nicht muss.


=== Begleitservice und Besuchsprostitution ===
=== Finanzielle Regelung ===
Bei Begleitservice oder Besuchsprostitution (Callgirls, Callboys) werden Prostituierte direkt über Kontaktanzeigen im Internet und Printmedien oder über Vermittlungsagenturen (sog. [[Begleitagentur|Escortagenturen]]) gebucht. Die gewünschte sexuelle Dienstleistung wird beim Kunden zu Hause, in einem Hotel oder in einer separat angemieteten Wohnung erbracht. Bei gehobenen Escortdiensten gehen die gebuchten Prostituierten unter Umständen auch auf Reise oder lassen sich auf Bestellung ins Ausland ein- und ausfliegen. Im Internet findet die Anbahnung meist über Erotikportale und Foren statt. Letztere dienen auch dem Austausch über Gütekriterien der Leistung. Zu den bekanntesten Callgirls gehörte [[Xaviera Hollander]].


=== Angebot diverser Sexualpraktiken ===
Art und Umfang der sexuellen Dienstleistungen wird zwischen Prostituierten und Verbrauchern im Vorfeld verhandelt. Nicht angesprochene Wünsche sind in der Regel nicht im Preis enthalten, so dass es im Bedarfsfalle zu Nachforderungen seitens der Prostituierten kommen kann und darf.
[[Datei:Spintriae 003.jpg|mini|Spintria]]
Angeboten werden eine Reihe von [[Sexualpraktik]]en. Von der Vielfalt der Stellungen und Praktiken zeugen schon die Abbildungen auf den [[Spintria]]e aus dem [[Römisches Reich|Römischen Reich]].


Prostitution funktioniert nach den Gesetzen des Marktes; somit werden auch die von zahlenden Kunden verlangten Praktiken, Personen und Präferenzen in Bezug auf Geschlecht, Alter, Aussehen, Tätowierungen, Intimschmuck, Haut- und Haarfarbe, Figur sowie körperliche und sonstige Besonderheiten jeglicher Art der Nachfrage entsprechend angeboten.
=== Ausübungsformen und -arten ===


Für [[Sadomasochismus|Sadomasochisten]] findet in [[BDSM|SM]]-Studios eine Prostitutionsform statt, welche auf den sexuellen Genuss von „Strenge und Schmerz“ aufbaut. Die aktiv Ausübenden werden [[Domina (BDSM)|Domina/Sado]] genannt, die passiv „Duldenden“ Sklave/Sklavia. Diese Szene zählt sich selbst in der Regel nicht zum herkömmlichen Prostitutionsgewerbe. Allerdings sprechen sich einige Prostituierte dafür aus, auch Prostitution im BDSM-Bereich explizit als solche zu benennen.<ref>Cem Yıldız: ''Fucking Germany: Das letzte Tabu oder mein Leben als Escort.'' Westend Verlag, Frankfurt am Main 2009, ISBN 978-3-938060-39-1.</ref>
Die gewerbsmäßige Prostitution gibt es in mehreren Varianten, welche sehr stark von Herkunft, gesellschaftlicher Schicht und Bildungsgrad der jeweiligen Person abhängen:


In manchen ostasiatischen Ländern werden auch Menschenaffen für sexuellen Missbrauch angeboten, wobei nicht deutlich wird, ob die Befriedigung sodomistischer Kunden oder die Versklavung der Tiere das Hauptmotiv liefert.<ref>Hannes Jaenecke berichtet über [https://www.welt.de/fernsehen/article2299260/Hannes-Jaenicke-und-die-versklavten-Orang-Utans.html sexuelle Ausbeutung von Orang-Utangs in Bordellen]</ref>
*Straßenprostitution ([[Straßenstrich]]): Die Prostituierten stehen an bestimmten, offiziell dafür vorgesehenen oder inoffiziell bekannten Stellen am Straßenrand und bieten sich potentiellen Kunden an. Abwandlungen sind Prostitution in Hotelbars, [[Raststätte]]n und an ähnlichen Orten. Bei der Straßenprostitution findet der Sex in der Regel entweder im Auto des Freiers oder in [[Hotel]]s statt, oft in so genannten [[Stundenhotel]]s, die darauf spezialisiert sind.
*Wohnwagenprostitution: Diese Geschäftsform findet man an einigen Land- und Bundesstraßen zumeist im ländlichen Raum. Die Prostituierten warten in Wohnwagen, die auf einsamen Parkplätzen oder Feldwegmündungen stehen, auf Kunden.
*Prostitution in [[Bordell]]en: Hier findet die Prostitution in speziellen Häusern statt, die über einen Kontaktraum verfügen, in denen der Freier eine Prostituierte oder einen Stricher ([[House of Boys]]) auswählen kann und dann mit ihr oder ihm ein Zimmer für den Sex (ähnlich einem [[Stundenhotel]]) aufsucht. Abwandlungen sind [[Laufhaus|Laufhäuser]] oder Straßen mit schaufensterähnlichen Räumen im Erdgeschoss, in denen die Prostituierten sitzen (zum Beispiel die [[Herbertstraße]] in [[Hamburg]] oder die Helenenstraße in [[Bremen]]).
:Die Prostituierten sind meist faktisch [[Angestellter|Angestellte]] oder befinden sich in noch größerer Abhängigkeit vom Bordell oder einzelnen Zuhältern, wenn auch aus rechtlichen Gründen oft die Fiktion geschaffen wird, sie seien selbständig.
* Modellprostitution: Die Prostitutierten oder ihre Zuhälter mieten Zimmer in so genannten [[Modellwohnung]]en an, die häufig ehemalige Gewerberäume oder Mietwohnungen sind. Sie werben in [[Lokalzeitung]]en oder im [[Internet]], um Kunden anzuziehen
*Prostitution auf Anruf ([[Callgirl]]s, [[Callboy]]s): Die Prostituierten werden direkt oder über eine Agentur vom Freier gebucht. Der Sex wird beim Kunden zu Hause, in einem Hotel oder in der eigenen oder extra angemieteten Wohnung vollzogen.
*Eine Sonderform der Prostitution stellt die [[Sexualassistenz]] (auch ''Surrogat-Therapie'' genannt) dar. Behinderte, die behinderungsbedingt keine andere Möglichkeit der sexuellen Befriedigung haben, nehmen die Dienste von männlichen oder weiblichen Sexualassistenten in Anspruch. Sexualassistenten sind auf die besonderen Bedürfnisse der [[Behindertensexualität]] spezialisierte Prostituierte. Inzwischen gibt es spezielle Ausbildungsgänge zu Sexualassistenten. Bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen können die Kosten einer Sexualassistenz vom Sozialamt übernommen werden. Eine Kostenübernahme durch die [[Krankenkasse]] (‚Sex auf Krankenschein‘) ist jedoch in der BRD – anders als etwa in den Niederlanden – gesetzlich ausgeschlossen.


=== Sexualassistenz oder Surrogatpartner ===
Art und Umfang der sexuellen Dienstleistungen und der dafür zu entrichtende Preis werden meistens im Vorfeld ausgehandelt und entrichtet.
Als Sonderform der Prostitution gilt die [[Surrogatpartnerschaft]] (auch ''Sexualassistenz'' oder ''Sexualbegleitung'' genannt) dar, die alte und behinderte Menschen bei der sexuellen Bedürfnisbefriedigung unterstützen soll. Sexualassistenten führen Handlungen für Menschen aus, wozu diese aufgrund körperlicher Einschränkungen nicht fähig sind. Dabei können auch emotionale Partnerschaften eingegangen werden.<ref>{{Internetquelle |autor=Der Spiegel |url=https://www.spiegel.de/gesundheit/sex/sexualbegleitung-fuer-behinderte-umsetzung-von-grundrecht-oder-prostitution-a-1129343.html |titel=Sexualbegleitung für Behinderte: Umsetzung von Grundrecht oder Prostitution? |datum=2017-01-10 |abruf=2021-04-19}}</ref> Im Gegensatz zu vielen anderen therapeutischen oder behinderungsspezifischen Hilfen obliegt die Finanzierung dieser Dienstleistung in aller Regel den betroffenen Menschen selbst. Auch eine Kostenübernahme durch die [[Krankenkasse]]n (‚Sex auf Krankenschein‘) ist in Deutschland – anders als etwa in den Niederlanden – gesetzlich ausgeschlossen. In [[Dänemark]] werden mit staatlicher Hilfe bessere Möglichkeiten zur Befriedigung sexueller Bedürfnisse für behinderte Menschen angeboten, das heißt, es werden nach Wunsch Prostituierte für diese Menschen engagiert.<ref>{{Internetquelle |autor=Deutscher Bundestag |url=https://www.bundestag.de/resource/blob/559826/06db0317f5a4a17221c4e1d374c87773/wd-6-052-18-pdf-data.pdf |titel=Sexualassistenz für Menschen mit Behinderungen |werk=Wissenschaftliche Dienste |hrsg=Bundestag |datum=2018-04-27 |format=PDF |abruf=2021-02-01}}</ref> Sexualassistenten werden in Deutschland durch spezielle (therapeutische) Ausbildungsgänge geschult, um auf die besonderen Bedürfnisse behinderter Menschen einzugehen. Allerdings ist die Ausbildung in vielen anderen Ländern unterschiedlich geregelt oder nicht vorhanden.<ref>{{Internetquelle |autor=Bazuin, Anneke; Eisen-Raetsch, Renate; Weiser, Sigrid; Zinsmeister, Julia |url=https://www.profamilia.de/fileadmin/publikationen/Fachpublikationen/expertise_sexuelle_assistenz.pdf |titel=Sexuelle Assistenz für Frauen und Männer mit Behinderungen |hrsg=Pro Familia |datum=2005 |format=PDF |abruf=2021-02-01}}</ref>


=== Orte der Prostitution ===
=== Männliche Prostitution ===
{{Hauptartikel|Männliche Prostitution}}
Männliche Prostitution richtet sich an einen überwiegend männlichen Kundenkreis. In der sozialen Arbeit werden trotz schwieriger Abgrenzung oft Callboys als besser situierte und selbstbestimmter arbeitende Sexarbeiter von den Strichern unterschieden, die zumeist in prekären Verhältnissen leben. Die Leiterin der Kriseninterventionsstelle der Aids-Hilfe in [[Frankfurt am Main]] schätzt den Anteil von Männern unter den Prostituierten in Frankfurt auf 30 Prozent. Die meisten von ihnen seien heterosexuell und suchen aus reiner Geldnot in Kneipen, Bars, Parks und Toiletten nach Kunden.<ref>{{Internetquelle |autor=Friederike Tinnappel |url=https://www.fr.de/rhein-main/schwierige-lage-maennlicher-huren-11500084.html |titel=Die schwierige Lage männlicher Huren |hrsg=[[Frankfurter Rundschau]] |datum=2019 |abruf=2024-07-19}}</ref> Aktuelle Studien geben für Deutschland einen Männeranteil von 8–12 % in der Prostitution an.<ref>{{Literatur |Autor=Christine Körner, Elfriede Steffan |Titel=Lebenslagen männlicher Sexarbeiter und HIV/STI-Prävention |Sammelwerk=Soziale Arbeit |Band=69 |Nummer=2 |Datum=2020 |ISSN=0490-1606 |DOI=10.5771/0490-1606-2020-2-61 |Seiten=61–68 |Online=https://www.nomos-elibrary.de/index.php?doi=10.5771/0490-1606-2020-2-61 |Abruf=2025-02-09}}</ref>


Männliche Prostitution mit einem weiblichen Kundenkreis stellt die Ausnahme in Deutschland dar. Eine Sonderform stellen die [[Bumster]]s oder Beachboys dar, die in Urlaubsländern prostitutionsähnliche Verhältnisse mit Sextouristinnen eingehen.<ref>{{Internetquelle |autor=Roland Mischke |url=https://www.welt.de/lifestyle/article7306125/Reife-Frauen-auf-einem-erotischen-Trip.html |titel=Weiblicher Sextourismus: Reife Frauen auf einem erotischen Trip - WELT |werk=Die Welt |datum=2010-04-29 |sprache=de |abruf=2025-02-09}}</ref>
Prostitution findet oft im Rahmen des [[Rotlichtmilieu]]s, manchmal in einem [[Rotlichtviertel]] statt.


=== Sextourismus ===
In Städten oder Ländern mit rigiden Sperrgebietsverordnungen sind, wegen der verschärften Konkurrenzsituation auf engem Raum, die Prostituierten eher dem Zugriff von Zuhältern ausgesetzt. Eine Prostituierte ohne Zuhälter wird hier oft von den Zuhältern der anderen Prostituierten gewaltsam vertrieben.
{{Hauptartikel|Sextourismus}}


== Zielgruppe ==
=== Euphemismen und Pejorationen ===
{{Hauptartikel|Kunde (Prostitution)}}
Die Zielgruppe von Prostitution bilden vor allem Männer, die spezifisch als ''Freier'', allgemeiner und zunehmend als ''Kunden, Klienten'' oder ''Gäste'' bezeichnet werden. Für die Bezeichnung von Frauen haben sich entsprechende weibliche Formen eingebürgert (''Kundin'', ''Freierin''). Gegner der Prostitution bezeichnen sie als ''Ausbeuter''.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/amnesty-international-will-entkriminalisierung-von-prostitution-13746245.html |titel=Amnesty will Prostitution entkriminalisieren |hrsg=[[Frankfurter Allgemeine Zeitung]] GmbH |datum=2015-08-12 |sprache=de |abruf=2022-11-01}}</ref>


{| class="wikitable float-right sortable zebra" style="text-align:right;"
==== Umgangssprachlicher Berufsbegriff ====
|+ Anteil der Männer, die schon einmal für Sex bezahlt haben
|-
! Land
! Anteil
! Stichprobe
! Jahr
! Quelle
|-
|style="text-align:left;"|[[Finnland]]
| 13 %
| 624
| 1999
|style="text-align:left;"|Rotkirch u.&nbsp;a.<ref>E. Haavio-Mannila, A. Rotkirch: ''Gender liberalisation and polarisation: Comparing sexuality in St.Petersburg, Finland and Sweden, The Finish Review of East European Studies.'' Band 7, 2000, Nr. 3–4.</ref>


|-
Für Prostitution gibt es – wie für viele mit der [[Sexualität]] verbundenen Konzepte – zahlreiche [[Euphemismus|euphemistische]] (beschönigende) und [[Pejoration|pejorative]] (abwertende) Umschreibungen:
|style="text-align:left;"| [[Norwegen]]
| 11 %
| 1617
| 1992
|style="text-align:left;"|Leridon u.&nbsp;a.<ref name="Leridon">H. Leridon, G. Zesson, M. Hubert: ''The Europeans and their sexual partners.'' 1998 In: M. Hubert, N. Bajos und T. Sandfort (Hrsg.): ''Sexual Behaviour and HIV/AIDS in Europe.'' P. UCL Lyngbye, London 2000; ''Mænd der betaler kvinder – om brug av prostitution.'' Roskilde Universitetsforlag, Roskilde</ref>


|-
==== Umgangssprachliche Bezeichnungen für Berufsstand und -umfeld (deutsch) ====
|style="text-align:left;"| [[Schweden]]
| 13 %
| 1475
| 1996
|style="text-align:left;"|Lewin u.&nbsp;a.<ref>B. Lewin (Hrsg.): ''Sex in Sweden. On the Swedish Sexual Life.'' The National Institute of Public Health, Stockholm 1998.</ref>


|-
* ältestes Gewerbe der Welt
|style="text-align:left;"| [[Dänemark]]
| 14 %
| 6350
| 2005
|style="text-align:left;"|Lautrup<ref>Claus Lautrup: ''Det skal ikke vaere eb krop mod krop – oplevelse… En sociologisk undersogelse om prostitutionskunder.'' Kopenhagen 2005, ISBN 87-91509-24-6.</ref>


|-
* horizontales Gewerbe
|style="text-align:left;"| [[Großbritannien (Insel)|Großbritannien]]
| 7 %
| 7941
| 1991
|style="text-align:left;"|Wellings u.&nbsp;a.<ref>K. Wellings u.&nbsp;a.: ''Sexual Behaviour in Britain. The National Survey of Sexual Attitudes and Lifestyles.'' Penguin Books, London 1994.</ref>


|-
* Rotlicht- Gewerbe
|style="text-align:left;"| [[Niederlande]]
| 14 %
| 392
| 1989
|style="text-align:left;"|Leridon u.&nbsp;a.<ref name="Leridon" />
|-
|style="text-align:left;"| [[Schweiz]]
| 19 %
| 1260
| 1992
|style="text-align:left;"|Leridon u.&nbsp;a.<ref name="Leridon" />


|-
* Rotlicht- Milieu
|style="text-align:left;"| [[Spanien]]
| 39 %
| 409
| 1992
|style="text-align:left;"|Leridon u.&nbsp;a.<ref name="Leridon" />


|-
* nur Straße/ Milieu (mit entsprechender Betonung)
|style="text-align:left;"| [[Russland]]
| 10 %
| 870
| 1996
|style="text-align:left;"| Rotkirch u.&nbsp;a.<ref>E. Haavio-Mannila, A. Rotkirch: ''Gender liberalisation and polarisation: Comparing sexuality in St.Petersburg, Finland and Sweden.'' The Finish Review of East European Studies, Bd. 7, 2000, Nr. 3–4.</ref>


|-
==== Umgangssprachliche Umschreibungen für die/den Auszuübenden (deutsch) ====
|style="text-align:left;"| [[Vereinigte Staaten]]
| 16 %
| 1709
| 1992
|style="text-align:left;"|Michael u.&nbsp;a.<ref>R. T. Michael, J. H. Gagnon, E. O. Laumann, [[Gina Kolata|G. Kolata]]:
''Sex in America: A Definitive Survey.'' Little, Brown and Company, Boston 1994.</ref>


|-
Die Anbieter sexueller Dienstleistungen werden unabhängig vom Geschlecht als ''Prostituierte'' bezeichnet. Für Prostituierte gibt es zahlreiche umgangssprachliche Bezeichnungen, welche sich pro Preissektor überraschend peinlich genau von einander abgrenzen.
|style="text-align:left;"| [[Australien]]
In den folgenden Aufzählungen sind sie nach "Wert" aufsteigend von links nach rechts sortiert:
| 16 %
| k. A.
| 2003
|style="text-align:left;"|Weitzner<ref>Ronald Weitzner: ''Prostitution as a form of Work.'' In: ''Sociology Compass.'' 1 (1), 2007.</ref>


|-
* weibliche Bezeichnungen: Nutte, Bordsteinschwalbe (für Straßenprostituierte), Dirne, Hure, Callgirl
|style="text-align:left;"| [[Deutschland]]
| 18 %
| 524
| 1994
|style="text-align:left;"|Kleiber u.&nbsp;a.<ref name="kleiber-velten">Dieter Kleiber, Doris Velten: ''Prostitutionskunden: Eine Untersuchung über soziale und psychologische Charakteristitika von Besuchern weiblicher Prostituierter in Zeiten von AIDS.'' Nomos Verlag, Baden-Baden 1994, ISBN 3-7890-3260-3.</ref>
|}


Wie viele Prostitutionskundinnen und -kunden es gibt, ist nicht genau bekannt. Udo Gerheim, Universität Oldenburg, schrieb 2012: {{" |Es muss daher konstatiert werden, dass zur Zeit keine verlässlichen und abgesicherten quantitativen Primärdaten über das soziale Feld der Prostitution existieren.}}<ref>Udo Gerheim: ''Die Produktion des Freiers – Macht im Feld der Prostitution Eine soziologische Studie.'' transcript Genderstudies. transcript Verlag, Bielefeld 2012, ISBN 978-3-8376-1758-0, S. 7 ({{Webarchiv |url=http://www.transcript-verlag.de/ts1758/ts1758_1.pdf |text=transcript-verlag.de |wayback=20150513062912}} PDF).</ref> Die in wissenschaftlichen und journalistischen Werken genannten Größenordnungen von 1,2 Millionen Kunden pro Tag und 400.000 Prostituierten in Deutschland<ref>Gudrun Friese: ''Huren auf den Barrikaden.'' In: ''Emma.'' 2/1986, S. 20. Zitiert nach: Petra Schmackpfeffer: ''Frauenbewegung und Prostitution: über das Verhältnis der alten und neuen deutschen Frauenbewegung zur Prostitution.'' BIS Verlag, 1999, ISBN 3-8142-0329-1, S. 85.[https://oops.uni-oldenburg.de/655/1/688.pdf (online)]</ref> sind lediglich Schätzwerte und Hochrechnungen, die teilweise aus den 1980er-Jahren stammen. Hochgerechnet auf die männliche Bevölkerung bedeutet dies, ''dass im Durchschnitt jeder Mann zwischen 20 und 59 einmal monatlich eine Prostituierte aufsucht.''<ref>Petra Schmackpfeffer: ''Frauenbewegung und Prostitution: über das Verhältnis der alten und neuen deutschen Frauenbewegung zur Prostitution.'' BIS Verlag, 1999, ISBN 3-8142-0329-1, S. 85.([https://oops.uni-oldenburg.de/655/1/688.pdf online]). Zitiert nach: Sabine Grenz: ''(Un)heimliche Lust – Über den Konsum sexueller Dienstleistungen.'' VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2005, ISBN 3-531-14776-5, S. 19.</ref><ref>Bei einer männlichen Bevölkerung zwischen 18 und 60 Jahren in Höhe von 23,831 Millionen im Jahr 2012 gemäß 12. koordinierter Bevölkerungsvorausberechnung DESTATIS, Variante 1 [https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Bevoelkerung/Bevoelkerungsvorausberechnung/Tabellen/VorausberechnungGebietsstandBundesland.xls?__blob=publicationFile (online)]</ref> Neuere Berechnungen gehen jedoch von deutlich weniger Sexarbeitenden aus. Eine Studie aus dem Jahr 2023 des Erotikportals Erobella kommt zu dem Ergebnis, dass es 88.800 Prostituierte hierzulande gibt, die Organisation Doña Carmen spricht von rund 90.000 Sexarbeitenden.<ref>{{Internetquelle |url=https://erobella.com/lust/wie-viele-sexarbeiterinnen-gibt-es-in-deutschland/ |titel=Wie viel Sexarbeiter:innen gibt es in Deutschland? |werk=Erobella |abruf=2023-11-20}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.donacarmen.de/in-deutschland-arbeiten-90-000-sexarbeiter-innen/ |titel=In Deutschland arbeiten 90.000 Sexarbeiter/innen – Doña Carmen e.&nbsp;V. |abruf=2023-11-20}}</ref>
* männliche Bezeichnungen: Stricher, Callboy, Gigolo


Hintergrund für die schlechte Datenlage ist, dass die Prostitution als Themengebiet wenig [[Reputation]] verspricht und als anstößig gilt. Vorhandene Untersuchungen beschränken sich meist auf juristische, medizinische und sozial-hygienische Aspekte. Warum sich Untersuchungen vorwiegend mit der männlichen Nachfrageseite beschäftigen, beschreibt Gerheim wie folgt: {{" |Im Vergleich zur bisherigen administrativen Regulation der Prostitution kann diese staatsfeministisch inspirierte Machttechnologie als entscheidender sozialpolitischer und juristischer Paradigmenwechsel betrachtet werden. Die Rollen in diesem gesellschaftlichen Drama sind in Gestalt des Kunden als männlicher (Gewalt-)Täter und der weibliche Prostituierten als hilfloses weibliches Opfer unwiderruflich festgelegt.}}<ref>Gerheim, S. 9.</ref> Die spärlich vorliegenden quantitativen Ergebnisse unterliegen zudem hohen Unsicherheiten. Diese ergeben sich aufgrund unterschiedlicher Erhebungsmethoden (telefonisch, online, schriftlich, persönlich), Erhebungspersonal (Mann oder Frau), Verständnis von Prostitution und der Häufigkeit der Prostitutionsnachfrage (einmalig, gelegentlich, regelmäßig).
* historische Bezeichnungen (deutsch): Freudenmädchen, Kurtisane, Hurer (für männl. Prostituierte, heute kaum mehr in Gebrauch)


Für Deutschland haben Kleiber und Velten 1994 die Ergebnisse ihrer quantitativ empirischen Untersuchung vorgelegt. Dieser zufolge haben 18 % der männlichen Bevölkerung zwischen 15 und 74 Jahren bereits käuflichen Sex nachgefragt.<ref>Udo Gerheim: ''Motive der männlichen Nachfrage nach käuflichem Sex.'' In: ''Aus Politik und Zeitgeschichte.'' 9/2013, S.&nbsp;44.</ref> Für die dänischen Daten konnte zudem 2005 differenziert werden, dass 60 % der prostitutiv aktiven Männer nur einmaligen bis geringen (bis zu fünf Mal) Kontakt zu Prostituierten hatten.<ref>Claus Lautrup: ''Det skal ikke vaere eb krop mod krop – oplevelse… En sociologisk undersogelse om prostitionskunder.'' Kopenhagen 2005.</ref>
==== Umgangssprachliche Umschreibungen für den Kundenkreis (deutsch) ====


Männliche Prostitutionskunden stammen aus allen sozialen Schichten und Altersgruppen, wobei die 20–40-Jährigen nach einer sozialstrukturellen Analyse der bundesrepublikanischen Freiergruppe nach Kleiber (2004) mit 72 % überrepräsentiert sind. Auch waren mit 56 % die ledigen Männer am stärksten vertreten gegenüber 34 % Verheirateten und 10 % Geschiedenen.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.transcript-verlag.de/ts1758/ts1758_1.pdf |text=transcript-verlag.de |wayback=20150513062912}} (PDF) Kleiber 2004, zitiert nach Gerheim</ref> Früher wurde gelegentlich, etwa im [[Kinsey-Report]], von einer Überrepräsentation älterer Männer gesprochen. Zudem führten Kleiber und Velten aus, dass überdurchschnittlich viele Kunden zwischen 20 und 40 Jahre alt, ledig oder geschieden sind und Abitur oder Fachabitur haben oder aus akademisch vorgebildeten Kreisen stammen. Es werden drei idealisierte Kundentypen präsentiert: 1. Der Playboy, 2. Der Verlierer und 3. Der Familienvater.<ref>Dieter Kleiber, Doris Velten: ''Prostitutionskunden: Eine Untersuchung über soziale und psychologische Charakteristitika von Besuchern weiblicher Prostituierter in Zeiten von AIDS.'' Nomos Verlag, Baden-Baden 1994, ISBN 3-7890-3260-3.</ref>
* weibliche Bezeichnungen: Freierin, Kundin, Kulantin


Doris Velten hat in ihrer Dissertation im Jahr 1997 bei 62 qualitativ-standardisierten Interviews mit Kunden zwei signifikante Alterskohorten bei dem Erstbesuch von Prostituierten beschrieben. So waren 47 % der Männer bei ihrem Erstbesuch jünger als 20 Jahre und 45 % zwischen 20 und 30 Jahre.<ref>Doris Velten: ''Aspekte der sexuellen Sozialisation. Eine Analyse qualitativer Daten zu biographischen Entwicklungsmustern von Prostitutionskunden.'' Dissertation. Berlin 1994.</ref>
* männliche Bezeichnungen: Bock (äußerst abfällig), Freier, Kunde, Gast, (Sugar-)Daddy


In Bezug auf weiblichen [[Sextourismus]] in der [[Karibik]] sind Hinweise auf eine Überrepräsentanz von Frauen der amerikanischen weißen Mittelschicht erkennbar.<ref>Lorna Martin: [https://www.theguardian.com/travel/2006/jul/23/jamaica.theatre.theobserver ''Sex, sand and sugar mummies in a Caribbean beach fantasy.''] In: ''The Guardian.'' 23. Juli 2006.</ref>
=== Prostitution International ===


Deutliche Unterschiede hinsichtlich Einkommen und Bildung lassen sich allerdings bezüglich der von männlichen Kunden nachgefragten Prostitutionssegmente beobachten. So ist die Finanzkraft der Kunden entscheidend für das nachgefragte Prostitutionssegment. Während Straßen- und Beschaffungsprostitution tendenziell eher von finanzschwachen Männern nachgefragt wird, orientieren sich finanzstärkere Männer eher im Hochpreissegment von Escort- und Hotelprostitution. Geld und Sexualität sind daher beides Mangelprodukte, die in der Prostitution getauscht werden.<ref>Grenz, S. 32.</ref> Dabei kann das ''Bezahlen zugleich Macht und Ohnmacht bedeuten,''<ref>Grenz, S. 34.</ref> markiert es doch die Bedürftigkeit der Kunden und verweist auf ihr Unvermögen, ''ohne Geld bei Frauen erfolgreich zu sein.''<ref>Grenz, S. 50.</ref>
==== Deutschland ====


=== Jedermann-Hypothese ===
* In Deutschland gibt es etwa 400.000 berufsmäßige Prostituierte. Dazu kommen noch eine Reihe von [[Gelegenheitsprostitution|Gelegenheitsprostituierten]], deren Zahl je nach Definition unterschiedlich angegeben wird.
Einer [[Hypothese]] zufolge gibt es keine hinsichtlich sozialer oder kultureller Merkmale typischen Kunden.<ref>Gerheim, S. 11 und 15 ({{Webarchiv |url=http://www.transcript-verlag.de/ts1758/ts1758_1.pdf |text=transcript-verlag.de |wayback=20150513062912}} PDF).</ref> Während die Jedermann-Hypothese ''auch international mehrfach belegt ist,''<ref>Cecilie Høigård, Liv Finstad: ''Seitenstraßen – Geld, Macht und Liebe oder der Mythos von der Prostitution.'' Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 1987, ISBN 3-499-18390-0.</ref><ref>J. Chetwynde u.&nbsp;a.: ''Knowledge, attidudes and activities of male clients of femal sesx workers: risk factors for HIV.'' In: ''New Zealand medivcal Journal.'' 14. September 1994.</ref> steht sie offensichtlich im Widerspruch zum Befund, dass eine Mehrheit der Männer keine Prostitutionskunden sind.
**Davon sind geschätzt 95&nbsp;% weiblich und 5&nbsp;% männlich.
<!-- **Die Dienste der berufsmäßigen Prostituierten werden täglich von etwa 1,2 Millionen Männern in Anspruch genommen. Der Umsatz liegt heute bei über 6 Mrd. Euro im Jahr. (Anmerkung eines kritischen Lesers: Dementsprechend läge die Durchschittsvergütung pro "Akt" bei 13,70€) -->
*Herkunftsländer:
:Nach Schätzungen von [[Hydra]] und anderen Hilfsorganisationen arbeiten in Deutschland 100 000 bis 200 000 Ausländerinnen als Prostituierte, davon ein erheblicher und zunehmender Teil [[Osteuropa|Osteuropäerinnen]]; [[Kolumbien]], [[Thailand]] und [[Schwarzafrika]] sind weitere bedeutende Herkunftsgebiete. Viele dieser Frauen werden von kriminellen Banden eingeschleust und dann zur Prostitution gezwungen. Oft greifen die Frauen aus psychischen Gründen auf Drogen zurück, die ihnen oft von denselben Banden verkauft werden. Schätzungen zufolge sind etwa 90% aller ausländischen Prostituierten drogenabhänigig.


Gerheim schrieb 2012 hinsichtlich des Umfangs der männlichen Prostitutionsnachfrage:<ref>Gerheim, S. 16–17.</ref>
In den [[1990er]] Jahren machten in Deutschland gewerkschaftsähnliche [[Selbsthilfegruppe]]n Prostituierter auf die rechtlose Situation von Prostituierten aufmerksam und forderten die Anerkennung von Prostitution als Beruf. Mit dem Prostitutionsgesetz (Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostitution – [[ProstG]] vom [[20. Dezember]] [[2001]]; BGBl. I S. 3983) wurde die Prostitution in Deutschland gesetzlich geregelt. Vereinbarungen über sexuelle Handlungen gegen Entgelt begründen eine rechtswirksame Forderung der Prostituierten, sie gelten nicht mehr als rechtswidrig. Da die [[Menschenwürde]] nicht zur Disposition des Staates steht, auch nicht durch [[Gesetz]], ist die Prostitution nach Auffassung von manchen Juristen auch weiterhin sittenwidrig (vgl. Palandt-Heinrichs § 138 BGB Rn. 52), durch das ProstG entstehe aber nach Vornahme der sexuellen Handlungen ein gesetzliches [[Schuldverhältnis]]. Nach Ansicht des [[Verwaltungsgericht]]es Berlin war jedoch die Prostitution bereits vor dem Prostitutionsgesetz nicht mehr sittenwidrig: "...die staatliche Verpflichtung zum Schutz der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG) darf nicht dazu mißbraucht werden, den einzelnen durch einen Eingriff in die individuelle Selbstbestimmung gleichsam vor sich selbst zu schützen..." (VG Berlin, Urteil vom 01.12.2000, VG 35 A 570.99). Der [[Europäischer Gerichtshof|Europäische Gerichtshof]] hat klargestellt, dass Prostitution zu den [[Beruf|Erwerbstätigkeiten]] gehört, die "Teil des gemeinschaftlichen Wirtschaftslebens" im Sinne von Art. 2 EG sind (EuGH v. 20.11.2001 – Rs. C-268/99).
{{Zitat
|Text=Es kann festgestellt werden, dass auch global betrachtet nur ein kleiner Teil der männlichen Gesamtbevölkerung Prostitution aktiv und regelmäßig nutzt und dass für eine relevante Größe der Männer die Nachfrage nach käuflichen Sex lediglich ein singuläres bzw. marginales Ereignis darstellt.}}


=== Feministische Sichtweisen ===
Seit [[2002]] nehmen als Folge des [[Prostitutionsgesetz]]es auch [[Gesetzliche Krankenversicherung|gesetzliche Krankenversicherungen]] Prostituierte auf, da sie als Mitarbeiterinnen ihres [[Arbeitgeber]]s entweder als [[Arbeitnehmer]]innen oder als [[Scheinselbstständigkeit|Scheinselbstständige]] gelten. Grundsätzlich könnten sich Prostituierte auch privat krankenversichern; allerdings werden sie von privaten Krankenversicherungen in der Regel wegen zu hoher Risiken abgelehnt.
Gemäß der feministischen Kritik der historischen und zweiten Frauenbewegung stellt Prostitution ''einen existenziellen Angriff auf das sexuelle Selbstbestimmungsrecht von Frauen dar und degradiert diese zu einem Tauschobjekt männlich sexueller Unterwerfungslust.'' Entsprechend werden Kunden mit [[Vergewaltigung|Vergewaltigern]] gleichgesetzt,<ref>Petra Schmackpfeffer: ''Frauenbewegung und Prostitution. Über das Verhältnis der alten und neuen Frauenbewegung zur Prostitution.'' Oldenburg 1989.</ref><ref>Mary Honeyball: ''Treat Prostitution like rape.'' In: ''The Independent.'' Open house. 28. Januar 2008. Zitiert nach: Gerheim, S. 9 ({{Webarchiv |url=http://www.transcript-verlag.de/ts1758/ts1758_1.pdf |text=transcript-verlag.de |wayback=20150513062912}} PDF).</ref> was jedoch in der wissenschaftlichen Diskussion strittig ist.<ref>siehe Gerheim, S. 24 ({{Webarchiv |url=http://www.transcript-verlag.de/ts1758/ts1758_1.pdf |text=transcript-verlag.de |wayback=20150513062912}} PDF).</ref> Die Radikalfeministin [[Andrea Dworkin]] hat diese Gleichsetzung männlicher Sexualität mit Gewalt mit publizistischer Unterstützung der [[Emma (Zeitschrift)|EMMA]]-Herausgeberin [[Alice Schwarzer]] bereits 1987 geäußert.<ref>Andrea Dworkin: ''Pornographie – Männer beherrschen Frauen.'' Mit einem Vorwort von Alice Schwarzer. EMMA-Frauenverlag, Köln 1987, ISBN 3-922670-15-6, S. 24.</ref> Dworkin geht dabei von der Annahme aus, dass Gewalt ein essentieller und naturgegebener Bestandteil der männlichen Sexualität ist. Entsprechend werden Prostitutionskunden als „normale“ Männer verstanden, die Frauen vergewaltigen.<ref>Andrea Dworkin: ''Pornographie – Männer beherrschen Frauen.'' Mit einem Vorwort von Alice Schwarzer. EMMA-Frauenverlag, Köln 1987, ISBN 3-922670-15-6, S. 24.</ref> Prostitution wird dabei als spezielle Form männlicher Gewalt gegen Frauen interpretiert. Demzufolge ''sind alle Kunden Vergewaltiger, weil sie Frauen missbrauchen, indem sie durch Geld ihre Zustimmung erzwingen.''<ref>Sheila Jeffreys: ''The idea of Prostitution.'' Spinifex Press, North Melbourne (Australia) 1997. Zitiert nach: Grenz, S. 14.</ref><ref>Janice G. Raymond: ''Prostitution as Violence Against Women. NGO Stonewalling in Bejing and Elsewhere.'' Women’s Studies International Forum. O.O. 1998. Zitiert nach: Grenz, S. 14.</ref>


=== Motivation ===
Prostituierte unterliegen paradoxerweise auch nach der Einführung des Prostituierten-Gesetzes weiterhin dem Werbeverbot, d.h. es darf (§119, §120 OWiG) nicht für die Ausübung sexueller Dienstleistungen geworben werben. Das ist der Grund, warum es in einschlägigen Zeitungen derart viele Anzeigen für "Massage-Salons" gibt und sich das mannigfaltig auslegbare Wort "Modell" für die Prostituierte etabliert hat.
Ein weiterer Ansatz ist die Charakterisierung aus Sicht der Kunden. So behauptet eine schwedische Studie, dass Männer, die nach Einführung der Kundenbestrafung weiterhin käuflichen Sex nachfragen, eine ''kranke perverse Sexualität'' besitzen.<ref>Report 2004: ''Purchasing Sexual Services in Sweden and the Netherlands. Legal Regulation and Experiences.'' An abbreviated English Version. A Report by a Working Group on the legal regulation of sexual services, Ministry od Justice and the Police, Oslo, Norway.</ref>


Auf der Grundlage ihrer Stichprobe unterschied Doris Velten in ihrer biografischen Kunden-Studie<ref>Doris Velten: ''Aspekte der sexuellen Sozialisation. Eine Analyse qualitativer Daten zu biographischen Entwicklungsmustern von Prostitutionskunden.'' Dissertation. Berlin 1994. Zitiert nach: Grenz, S. 20–21.</ref> in Deutschland sechs Kategorien von Kunden:
Eine Existenzgründung in Rahmen einer [[Ich-AG]] ist möglich (Stand [[2005]]) und wird beim Vorliegen der festgelegten Vorausetzungen von den ortszuständigen [[Bundesagentur für Arbeit|Arbeitsagenturen]] unterstützt.


# enttäuschter Romantiker: Er ist zumeist älter als 40 Jahre und verheiratet, geschieden oder ledig und kommt in allen Bildungsschichten vor. Er nutzt die Prostitution als Ersatz für empfundene Defizite in der privaten Partnerschaft. Er hätte lieber eine feste Partnerin und wäre dieser treu. Das gelingt ihm aber nicht, da es entweder zurzeit keine Partnerin gibt oder sie sich sexuell verweigert.
Die [[Rotlichtmilieu#Machtverhältnisse im deutschen Rotlichtmilieu|Machtverhältnisse im deutschen Rotlichtmilieu]] haben sich im Laufe der Zeit massiv verändert.
# rationaler Stratege: Er ist im Durchschnitt 39 Jahre alt und ebenfalls verheiratet, geschieden oder ledig. Im Gegensatz zum enttäuschten Romantiker kann er seinen Prostitutionsbesuch rational durch Defizite erklären, ohne das Gefühl zu haben, etwas zu tun, was einer privaten Partnerschaft schaden könnte.
# liberalisierter Kunde: Er ist ebenfalls über 40, aber in der Regel geschieden und verfügt über ein geringeres Bildungsniveau. Er hat sich von traditionellen Partnerschaftsvorstellungen freigemacht (liberalisiert) und geht zu Sexarbeitenden, weil er Lust an der Überschreitung von Grenzen hat. Gleichwohl kann sein prostitutiver Erstkontakt auch aus einem Defizitgefühl erfolgt sein. In Veltens Beispiel stellt dieser Kundentyp eine Ausnahme dar.
# Hedonist: Er ist durchschnittlich Mitte 30, ledig und mit unterschiedlichem Bildungsniveau. Er besucht Prostituierte weniger aufgrund privater sexueller Defizite, sondern aus Lust an der Prostitution. Er hat eher unkonventionelle Partnerschaftsideale und keine Schwierigkeiten, die eigenen Kundenaktivitäten mit seinem Selbstbild zu vereinbaren.
# zwiespältiger Kunde: Er ist zwischen 20 und 30 Jahre alt. Er kann seine Kundenaktivitäten überhaupt nicht mit seinem Selbstbild vereinbaren, obwohl er keine konventionellen Beziehungsvorstellungen hegt. Er erlebt die Prostitutionsbesuche als unkontrollierbare rauschhafte Dynamik, die er zur Herstellung seiner Männlichkeit nutzt und von denen er sich abhängig fühlt. Er bereut den Prostitutionsbesuch, doch das Gefühl der Minderwertigkeit als Mann zwingt ihn zu Wiederholung und zur erneuten Wiederherstellung von Männlichkeit.
# neugieriger Single: Er stellt wie der liberalisierte Kunde ebenfalls eine Ausnahme in der untersuchten Stichprobe dar. Er hat nicht-traditionelle Beziehungswünsche und weit mehr sexuelle Spontankontakte als andere Kundentypen. Er geht aus Neugier zu Prostituierten, eventuell nach einer festen Partnerschaft und in der Regel auch nur wenige Male im Verlauf seines Lebens. Kunde zu sein, ist mit seinem Selbstbild nicht vereinbar, weil ihm der Kontakt zu wenig erotisch vorkommt.


Eine historische Auswertung finnischer Akten von Polizei, Gerichten und Gesundheits- und Ordnungsbehörden im Umfeld der Prostitution des 19. Jahrhunderts unterteilt die Kunden in
==== Schweden ====
# Studenten, Soldaten, Seeleute, Arbeiter und Männergruppen,
# verheiratete ältere Männer aus der Mittelklasse und Oberschicht,
# alleinstehende, obdachlose arme Männer sowie
# Abenteurer auf der Suche nach spezifischen sexuellen Erfahrungen.<ref>Anti Häkkinen: ''Clients of Prostituttes – A historical Perspective of Finnland. Nordic Symposium of Prostitution Research. 2.-4. April 1997.'' Zitiert nach Gerheim, S. 15 ({{Webarchiv |url=http://www.transcript-verlag.de/ts1758/ts1758_1.pdf |text=transcript-verlag.de |wayback=20150513062912}} PDF).</ref>


Die Erkenntnisse soziologischer und psychologischer Motivforschung über die Gründe männlicher Nachfrage nach käuflicher Sexualität jenseits pathologisierender Diskurse (Sexualpathologie) sind spärlich und verweisen auf ganz unterschiedliche Motivbündel. Jüngere Untersuchungsmodelle gehen jedoch davon aus, dass die männliche Nachfrage weniger eine definierte Rolle ist, sondern sie wird mehr als sozialer Prozess verstanden, der sich in unterschiedlichen Sinnstrukturen untergliedern lässt.<ref>Gerheim, S. 18 ({{Webarchiv |url=http://www.transcript-verlag.de/ts1758/ts1758_1.pdf |text=transcript-verlag.de |wayback=20150513062912}} PDF).</ref>
In Schweden ist Prostitution allgemein verboten, wobei im Gegensatz zu den üblichen Vorschriften sich hier die Kunden strafbar machen, nicht die Prostituierten.
[[Datei:Johannes Baeck 1637. Der verlorene Sohn.jpg|mini|''[[Verlorener Sohn|Der verlorene Sohn]]'' von Johannes Baeck (1637). Der verlorene Sohn verprasst sein Erbe bei den Huren. Öl auf Leinwand, 123 × 184 cm]]
Historisch wird die männliche Nachfrage mit einer Ventilfunktion in Verbindung gebracht. Dem liegt die Vorstellung einer männlichen Dampfkesselsexualität<ref>Volker Handke u.&nbsp;a.: ''Männliche Sexualitäten.'' Diskussionspapier zu Workshop 10 der Arbeitstagung des Forums Männer in Theorie und Praxis der Geschlechterverhältnisse: ''Männlichkeiten in Bewegung–Analysen, Perspektiven, Positionen.'' Gunda-Wernder-Institut für Feminismus und Geschlechterdemokratie an der Heinrich-Böll-Stiftung. Berlin, 1./2. Oktober 2010. [http://www.gwi-boell.de/sites/default/files/assets/gwi-boell.de/images/downloads/WS-10_Handke-Goosses_Sexualitaeten_Endf.pdf (online)]</ref> zugrunde. So wird von männlichem Triebstau und Triebabfuhr gesprochen. Diese Vorstellung hat ihre Ursprünge in der medizinischen [[Humoralpathologie|Säftelehre]], nach der die männlichen Genitalien eng mit dem sogenannten uro-genitalen Apparat verbunden sind. Männliche Sexualität wird auf die [[Samenerguss|Ejakulation]] reduziert, die ähnlich wie der Harndrang einer vermeintlich „natürlichen“ Entleerung bedürfe.


Hinzu kommt die weit verbreitete Annahme, dass Männer wegen ihres stärkeren Sexualtriebs eine entsprechende Triebabfuhr brauchen, da ansonsten die Gesellschaft gefährdet sei.<ref>Andrea Rothe: ''Männer, Prostitution, Tourismus. Wenn Herren reisen&nbsp;…'' Verlag Westfälisches Dampfboot, Münster 1997, ISBN 3-89691-408-1. Zitiert nach: Grenz, S. 22</ref> Zusammen mit dem historischen [[Masturbation]]sverbot ergibt sich so die Gefahrenabwehr als erste Begründung für die männliche Prostitutionsnachfrage.
==== USA ====
{{Zitat
In fast allen US-amerikanischen Bundesstaaten ist Prostitution sowie die Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen strafbar (Ausnahme: Teile [[Nevada]]s). Dies bedeutet allerdings nicht, dass es in den USA keine Prostitution gibt. Im Gegenteil, es sind vom Straßenstrich bis zu teuren Callgirls viele Formen vertreten.
|Text=''Die Hure schützt die bürgerliche Gesellschaft vor Unzucht, Vergewaltigung, Verführung, Betrug, Ehebruch, Selbstbefleckung (Piraten, Mordbrenner, Seeräubervolk). Nur durch die Schamlosigkeit der Huren ist die Keuschheit der Frauen und Jungfrauen möglich.''
|Autor=Doris Velten
|Quelle=''Aspekte der sexuellen Sozialisation.'' Berlin, 1994.<ref>Christina von Braun: ''Scham und Schamlosigkeit.'' In: T. Natter, u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Die nackte Wahrheit. Klimt, Schiele, Kokoschka und andere Skandale.'' Verlag Prestel, München 2005, ISBN 3-7913-3284-8. Zitiert nach: Gerheim, S. 68. ({{Webarchiv |url=http://www.transcript-verlag.de/ts1758/ts1758_1.pdf |text=transcript-verlag.de |wayback=20150513062912}} PDF).</ref>}}


Für die männliche Sexualität wird ferner eine besondere Objektbezogenheit angenommen. Diesen Objektbezug männlicher Sexualität beschrieb der Begründer der Psychoanalyse [[Sigmund Freud]] mit den Worten: ''Wo sie lieben, begehren sie nicht, und wo sie begehren, können sie nicht lieben. Sie brauchen Objekte, die sie nicht lieben brauchen, um ihre Sinnlichkeit von ihren geliebten Objekten fernzuhalten.''<ref>Sigmund Freud: ''Beiträge zur Psychologie des Liebeslebens.'' Zitiert nach: Doris Velten: ''Aspekte der sexuellen Sozialisation. Eine Analyse qualitativer Daten zu biographischen Entwicklungsmustern von Prostitutionskunden.'' Dissertation. Berlin 1994.</ref>
==== Japan ====
Vor dem Hintergrund dieser angenommenen Selbstbezogenheit des männlichen sexuellen Begehrens wird die Reduktion der Frau zum Sexualobjekt interpretiert. Prostitution erhält zudem eine gegenüber der bürgerlichen Ehe ''Kompensations- und Surrogatfunktion''<ref>Gerheim, S. 67. ({{Webarchiv |url=http://www.transcript-verlag.de/ts1758/ts1758_1.pdf |text=transcript-verlag.de |wayback=20150513062912}} PDF).</ref> zur Regulation des männlichen Triebhaushaltes. ''Sie ermöglicht es Männer ihre „stets anwesende“ Sexualenergie ohne emotionale Bindungserwartungen und ohne soziale Konsequenzen wie Heirat oder Verlobung ungehindert und jederzeit ausagieren zu können.''<ref>Gerheim, S. 67. ({{Webarchiv |url=http://www.transcript-verlag.de/ts1758/ts1758_1.pdf |text=transcript-verlag.de |wayback=20150513062912}} PDF).</ref> Dementsprechend entspringe die männliche Nachfrage nach käuflichem Sex einer bürgerlichen Doppelmoral mit dem ''patriarchalen Mythos, dass die männliche Über- und weibliche Unterordnung ein „erotischer“ Lustgewinn für den Mann sei.''<ref>Gerheim, S. 20. ({{Webarchiv |url=http://www.transcript-verlag.de/ts1758/ts1758_1.pdf |text=transcript-verlag.de |wayback=20150513062912}} PDF).</ref>
In Japan ist Prostitution weit verbreitet und der Übergang zu "unbezahltem, freiwilligen" Geschlechtsverkehr viel fließender als im Westen. Millionen von jungen Mädchen haben zumindest zeitweise in [[Hostess]]-Clubs gearbeitet; Hunderttausende Oberschülerinnen verkaufen ihre Körper oder ihre Begleitung im [[Enjokosai]]-System.


Im Widerspruch zur angenommenen Selbstbezogenheit und Objektfixierung des männlichen sexuellen Begehrens stehen allerdings Befunde, denen zufolge das Lustempfinden der Prostituierten ein wesentliches Nachfragemerkmal von Kunden ist und die glaubwürdige Inszenierung der weiblichen Lust und des weiblichen Begehrens ein wesentliches Qualitätsmerkmal der nachgefragten käuflichen Sexualität darstellt.<ref>Tamara Domentat: ''Lass dich verwöhnen – Prostitution in Deutschland.'' Aufbau Verlag, Berlin 2003, ISBN 3-7466-7046-2, S. 102.</ref>
Die japanischen [[Geisha]]s stellen dagegen eine Art gebildeter Unterhalterinnen dar. Zum [[Geschlechtsverkehr]] kommt es mit ihnen in der Regel nicht; sie gehören daher nicht zu den Prostituierten.


Die Prostitutionsforscherin Sabine Grenz hat im Jahr 2005 anhand von 19 narrativen Interviews zur männlichen Nachfrage nach käuflicher Sexualität die folgenden zentralen Diskursmuster zur männlichen Prostitutionsnachfrage benannt: 1. Heteronormative Reproduktion von Männlichkeit durch Ausschluss von Homosexualität, 2. triebdynamische Selbstkonzepte und 3. das Fortbestehen sexueller Doppelmoral als männliche Machtstrategie.<ref>Sabine Grenz: ''(Un)heimliche Lust. Über den Konsum sexueller Dienstleistungen.'' VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2005, ISBN 3-531-34776-4.</ref> Sie führt dazu aus: {{" |Der am häufigsten aufgeführte Grund dafür, zu Prostituierten zu gehen, ist insbesondere für alleinstehende Männer der leichte und garantierte Zugang zu Sex, und für Männer, die in Partnerschaft leben, die Suche nach Abwechslung bzw. der Wunsch nach sexuellen Praktiken, die die Ehefrau nicht teilen möchte.}}<ref>Grenz, S. 22.</ref>
Prostitution ist weniger ehrenrührig als im Westen. Auf der Seite der Männer ist es ganz normal, den [[Geschäftspartner]] in einschlägige Clubs auf Firmenkosten auszuführen; auf der Seite der Frauen ist Prostitution fast immer freiwillig und wird ganz pragmatisch als eine Methode gesehen, schneller an Geld zu kommen als mit normalen Jobs. Dies illustriert ein häufiges Motiv [[Manga|japanischer Comics
Doris Velten fasst entsprechend zusammen:
]], wo der [[Vater]] oder der Freund beim Besuch eines Hostess-Clubs auf seine eigene Tochter bzw. Freundin trifft.
{{Zitat
|Text=Prostitutionskontakte dienen nahezu immer der Minimierung sexueller Unzufriedenheiten.
|Autor=Doris Velten
|Quelle=''Aspekte der sexuellen Sozialisation.'' Berlin 1994.<ref>Doris Velten: ''Aspekte der sexuellen Sozialisation. Eine Analyse qualitativer Daten zu biographischen Entwicklungsmustern von Prostitutionskunden.'' Dissertation. Berlin 1994. Zitiert nach: Grenz, S. 23.</ref>}}
In der jüngsten, an [[Pierre Bourdieu]] angelehnten, Feld-Habitus-dynamischen Untersuchung der männlichen Prostitutionsnachfrage aus dem Jahr 2012 hat Udo Gerheim<ref>Gerheim, S. 20. ({{Webarchiv |url=http://www.transcript-verlag.de/ts1758/ts1758_1.pdf |text=transcript-verlag.de |wayback=20150513062912}} PDF).</ref> schließlich die folgenden vier generalisierten Motivstrukturen beschrieben:
# Die sexuelle Motiv-Dimension. Sie gilt als die ''bedeutsamste Motiv-Dimension'' und ''ist auf sämtliche Angebotsmuster des Prostitutionsumfeldes ausgerichtet, die auf eine unmittelbar körperlich-sexuelle Funktionslogik abzielen. Hierzu zählen sowohl genuine sexuelle Motive als auch körperliche-erotische Wünsche der Männer nach Zärtlichkeit und Körperkontakt.''
# Die soziale Motiv-Dimension. Diese ist zweigeteilt: ''Zum einen ist sie funktional auf kommunikativ-emotionale Bedürfnismuster der Kunden ausgerichtet. Zum anderen ist sie auf destruktive Motivmuster menschlicher oder männlicher Sozialität bezogen (Macht-, Gewalt- und Dominanzmuster, Frauenhass).''
# Die psychische Motiv-Dimension. ''Sie zielt auf psychodynamische Bedürfnisstrukturen von Kunden ab. Dabei geht es primär darum, psychische Spannungszustände wie Scham- und Schuldgefühle, narzisstische Kränkungen, Selbstwertkrisen, Depressionen etc. oder andere missliebige Spannungslagen (etwa Langeweile oder Frustration) in der Prostitution auszuagieren.''
# Die Erotisierung der Subkultur. ''Sie umfasst zum einen die libidinöse Besetzung des Prostitutionsumfeldes als (antibürgerliche) Subkultur. Zum anderen wird hiermit die enorme sexuelle Anziehungskraft des Felds als sexuelle Omnipotenzdimension der Generierung und Befriedigung sexueller Wünsche und Fantasien verbunden.''


Ferner unterscheidet Gerheim hinsichtlich der Einstiegsmotive und der Motive der kontinuierlichen Nachfragepraxis.
==== Zweite und Dritte Welt ====


* Als ''Einstiegsmotive'' werden die Neugier und nicht willentliche oder situationsbedingte Prozesse, die durch zufällig wahrgenommene Reize ausgelöst sind und durch „Alkoholkonsum, akute psychische Probleme oder Gruppendynamik“ vorhandene „moralische Zweifel oder ästhetische Bedenken“ außer Kraft setzen, genannt. Als drittes Einstiegsmotiv benennt Gerheim {{" |habituelle Krisen bzw. identitär aufgeladene sexualbiografische Ablaufstörungen}}. Dazu werden „fehlende Sexualerfahrung, kommunikative Probleme im Kontakt mit Frauen, subjektiv empfundene Unattraktivität, Verlust der Partnerin, ein ›quälender‹ Wunsch nach sexueller Abwechslung, privat unrealisierbare sexuelle Praktiken“ gezählt.<ref>Gerheim, S. 301–302. ({{Webarchiv |url=http://www.transcript-verlag.de/ts1758/ts1758_1.pdf |text=transcript-verlag.de |wayback=20150513062912}} PDF).</ref>
Viele Länder sind Ziel eines [[Sextourismus]], zum Beispiel [[Kenia]], [[Tschechien]], die [[Philippinen]], [[Thailand]] und die [[Karibik]]
* Die ''kontinuierliche Nachfragepraxis'' begründet Gerheim zum einen mit einer {{" |anhaltenden Kompensationsstrategie bei fortlaufender habitueller Krise, vornehmlich als klassische Kompensation von Problemen in der privaten oder partnerschaftlichen Sexualität}}. Demnach übt die Prostitution einen starken „Sogeffekt“ auf die Kunden aus. Dabei {{" |haben sich empirisch folgende Motive gezeigt: der allzeit mögliche, garantierte, direkte und unkomplizierter Zugriff auf jede denkbare gewünschte Sexualität, das Praktizieren von ‚reiner‘ bzw. ‚pornografischer‘ Sexualität ohne Vorlaufzeit, bereinigt von einer romantisch-zärtlichen körperlichen Annäherungsphase, die Ich-Zentrierung der Interaktion bei Ausschluss von Beziehungserwartungen, die raum-zeitliche Begrenztheit der intimen Begegnung, die Befreiung von Verantwortung für die (sexuelle) Situation, die Möglichkeit männliche Rollenbilder und geschlechtsspezifische Anforderungen zu transzendieren (‚passiv‘ oder ‚anders‘ sein können) und privat unrealisierbare sexuelle Settings und Inszenierungen zu erwirken}}.<ref>Gerheim, S. 303. ({{Webarchiv |url=http://www.transcript-verlag.de/ts1758/ts1758_1.pdf |text=transcript-verlag.de |wayback=20150513062912}} PDF).</ref>
Letzteres steht allerdings insoweit im Widerspruch zu vorherigen Befunden, als die tatsächlich nachgefragten sexuellen Praktiken sich nur wenig oder überhaupt nicht von privaten partnerschaftlichen Sexualpraktiken unterscheiden. Die Mehrheit der befragten Kunden der Hydra Studie<ref name="hydra">Prostituierten-Projekt Hydra (Hrsg.): ''Freier: Das heimliche Treiben der Männer.'' Verlag am Galgenberg, Hamburg 1991, ISBN 3-87058-103-4. Zitiert nach: Tamara Domentat: ''Lass dich verwöhnen: Prostitution in Deutschland.'' Aufbau, Berlin 2003, ISBN 3-7466-7046-2, S. 96.</ref> äußerten eher passive Bedürfnisse nach Zärtlichkeit, Nähe, Streicheln, Kuscheln, Unterhaltung und viel Zeit.


=== Stellungnahmen und Selbstzeugnisse von Kunden ===
In der Debatte um die Kundenbestrafung erschien in Frankreich das Manifest „Hände weg von meiner Hure“,<ref>{{Internetquelle |url=https://www.causeur.fr/touche-pas-a-ma-pute-24765.html |titel=Touche pas à ma pute! {{!}} Causeur |datum=2014-05-12 |offline=1 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20140512013650/https://www.causeur.fr/touche-pas-a-ma-pute-24765.html |archiv-datum=2014-05-12 |abruf=2022-06-21}}</ref> und in Deutschland der „Offene Brief an Alice Schwarzer“ der sog. „Freieroffensive“.<ref>[http://www.freieroffensive.blogspot.de/ Offener Brief der Freieroffensive an Alice Schwarzer] Januar 2014</ref> In einigen Dokumentarfilmen kommen Kunden als Interviewpartner zu Wort.<ref>{{Webarchiv |url=http://www1.wdr.de/fernsehen/information/frautv/sendungen/Freier103_ch-1.html |text=Frau-TV (WDR), Dokumentarfilm: „Der Freier, das unbekannte Wesen“ |wayback=20150118075949}}</ref>


== Rahmenbedingungen ==
= Unfreiwillige Ausübung des Berufstandes =
=== Unfreiwillige Prostitution und Zwangsprostitution ===
{{Belege fehlen||Dieser Abschnitt}}
{{Hauptartikel|Zwangsprostitution}}
Die Gründe, aus denen Menschen sich dazu gezwungen sehen, Sex als Arbeit auszuüben, können sehr unterschiedlich sein und sind oft mehrschichtig. Die Abgrenzung zwischen Zwang und freiwilliger Berufswahl kann schwierig sein. In wirtschaftlich schwachen Ländern, beispielsweise in Ländern der Dritten Welt, ergreifen die Menschen diese Tätigkeit meistens, weil sie sonst keine andere Möglichkeit sehen, ihren täglichen Lebensunterhalt zu bestreiten.


=== Zuhälterei ===
Die Gründe, aus denen Prostituierte diese Tätigkeit wählen oder zu ihr gezwungen werden, können sehr unterschiedlich sein und sind oft mehrschichtig. Die Abgrenzung zwischen Zwang und freiwilliger Berufswahl kann schwierig sein. Auch freiwillige Prostituierte in Abhängigkeitsverhältnisse gebracht und letzlich zur Prostitution gezwungen werden. In wirtschaftlich schwachen Ländern, v.a in Ländern der Dritten Welt, ergreifen manche Menschen diese Tätigkeit, weil sie keine andere Möglichkeit haben, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.
{{Belege fehlen||Dieser Abschnitt}}
{{Hauptartikel|Zuhälterei}}
[[Datei:Abb187BerlinerZuhalter erwartet seineLiebe nach derKontrolle.jpg|mini|Das Warten eines Zuhälters auf eine Prostituierte nach der ärztlichen Kontrolle (Berlin, 1890)]]
Zuhälter üben oft Zwang auf die für sie tätigen Prostituierten aus, entweder damit sie sich überhaupt prostituieren oder damit sie den gewünschten Anteil an den Einnahmen an ihn oder sie abliefern. Bei allen Formen der Prostitution können die Prostituierten unter der [[Kontrolle]] eines männlichen oder weiblichen Zuhälters stehen. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Zuhälter die Prostituierten unter Einsatz von [[Gewalt]] oder [[Psyche|psychischer]] [[Manipulation]] (also durch gezieltes Ausnutzen persönlicher Schwächen), gelegentlich auch suchterzeugender [[Droge]]n, in einem Zustand der Abhängigkeit halten. In solchen Situationen geht der Verdienst ganz oder weitgehend an die Zuhälter. Eine Gegenleistung wird bestenfalls darin geleistet, indem für den Schutz der Prostituierten in dem oft nicht ungefährlichen Milieu gesorgt wird.


Zuhälterei kann aber dazu führen, dass Prostituierte mehr verdienen. So zeigt eine empirische Analyse von Prostituierten in Chicago, dass Zuhälter zahlungskräftigere und -willigere Kunden rekrutieren als Prostituierte alleine. Auch können Prostituierte mit Zuhältern vor Gewalt von Kunden besser geschützt sein.<ref>Steven Levitt, Sudhir Venkatesh: {{Webarchiv |url=http://economics.uchicago.edu/pdf/Prostitution%205.pdf |text=''Empirical Analysis of Street-Level Prostitution.'' |wayback=20090612102728}} September 2007. (PDF; 1,6&nbsp;MB).</ref>
== Kriminelle Nutzung ==


=== Zuhälterei ===
=== Menschenhandel ===
{{Belege fehlen||Dieser Abschnitt}}
Insbesondere gibt es einen Bereich des grenzüberschreitenden [[Menschenhandel]]s, bei dem Menschen aus wirtschaftlich schwachen Ländern oder armen ländlichen Gebieten von Menschenhändlern unter Vorspiegelung legaler Arbeitsmöglichkeiten an andere Orte gelockt oder verschleppt werden, wo sie durch körperliche und seelische [[Gewalt]] und [[Freiheitsberaubung]] in persönliche und finanzielle Abhängigkeit gebracht und dann zur Prostitution gezwungen werden.


=== Prostitution Minderjähriger und Kinderprostitution ===
Zuhälter üben oft Zwang auf die für sie tätigen Prostituierten aus, entweder damit sie sich überhaupt prostituieren oder damit sie den vom Zuhälter gewünschten Anteil an den Einnahmen an ihn abliefern.
{{Hauptartikel|Prostitution Minderjähriger}}
Bei allen Formen der Prostitution können die Prostituierten unter der Kontrolle eines – meist männlichen – [[Zuhälter]]s stehen, was jedoch bei männlichen Prostituierten unüblich ist. Es ist nicht ungewöhnlich, dass ein Zuhälter die Prostituierten unter Einsatz von Gewalt oder psychischer Manipulation (also durch gezieltes Ausnutzen persönlicher Schwächen), gelegentlich auch suchterzeugender [[Droge]]n, in einem Zustand der Abhängigkeit hält; eine besondere gewaltsame Abhängigkeit wird im Fall des [[Menschenhandel]]s (siehe auch [[Sklaven#Moderne_Sklaverei|Moderne Sklaverei]]) geschaffen. Betroffen sind häufig Frauen aus Südamerika, Osteuropa und Südostasien. In solchen Situationen geht der Verdienst ganz oder weitgehend an den Zuhälter.
Kinderprostitution war bereits im Altertum bekannt. Schon der römische Dichter [[Martial]] begrüßte es in einem seiner [[Epigramm]]e, dass Kaiser [[Domitian]] ein Gesetz gegen die Prostitution Minderjähriger erlassen hatte.<ref>{{Literatur |Autor=Jens Leberl |Titel=Domitian und die Dichter Poesie als Medium der Herrschaftsdarstellung |Verlag=Vandenhoeck & Ruprecht |Datum=2004 |ISBN=3-525-25253-6 |Seiten=290 |Kommentar=Verweis auf Henriksen |Online={{Google Buch |BuchID=nWcUebWz0rcC |Seite=290 |Linktext=Vorschau |Hervorhebung=Henriksen}}}}</ref>


Schätzungen von [[UNICEF]] zufolge werden vier Millionen Kinder im Rahmen von internationaler Kinderprostitution kommerziell sexuell ausgebeutet; nach Schätzungen der [[UNESCO]] zwei Millionen.<ref>{{Webarchiv |url=http://sagesf.org/worldwide-systems-prostitution |text=Worldwide Systems of Prostitution |wayback=20150912014016}} sagesf.org</ref><ref>Kristina Touzenis: [http://unesdoc.unesco.org/images/0018/001883/188397e.pdf Trafficking in human beings. Human rights and trans-national criminal law, developments in law and practices.] In: unesco.org, 2003 (PDF), ISBN 978-92-3-104182-2</ref>
=== Drogenbedingte Prostitution ===


Im deutschen Strafrecht greifen, wenn eine Einwilligung oder sogar das Angebot von einer Person unter 14 Jahren vorliegt, für sexuelle Handlungen §§&nbsp;176 und 176a [[Strafgesetzbuch|StGB]] ([[Sexueller Missbrauch von Kindern (Deutschland)|Sexueller Missbrauch von Kindern]]). In Ländern wie Deutschland oder den Niederlanden wird das Phänomen der [[Zwangsprostitution#Rekrutierung nach der Loverboy-Methode|Loverboys]] beobachtet, die minderjährige Mädchen rekrutieren.<ref>[https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-71261416.html ''PROSTITUTION: Morgens Mathe, mittags Hure''] – Der Spiegel 27/2010.</ref>
Ein Grund für Prostitution können Zwangslagen sein, wie die Geldbeschaffung für [[Drogen]] ([[Drogenkriminalität]], [[Beschaffungskriminalität]]).


=== Menschenhandel ===
=== Gewalt ===
[[Datei:Sex worker statue Oudekerksplein Amsterdam.jpg|mini|hochkant|Sex-Worker-Denkmal Belle im Amsterdamer Rotlichtviertel [[De Wallen]] mit der Aufschrift „Respect sex workers all over the world.“]]
Prostitution findet häufig „im Verborgenen“ statt, was vielfach als Grund dafür angesehen wird, dass Prostituierte mitunter Opfer von psychischer und physischer Gewalt werden. [[Mordserie|Serienmörder]] wählen mitunter Prostituierte als Opfer, wie beispielsweise [[Jack the Ripper]] und [[Robert Pickton]]. Zudem berichteten 92 % aller befragten Prostituierten einer 2004 vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in Auftrag gegebenen Studie davon, in ihrem Umfeld körperliche Gewalt zu erleben. 70 % aller befragten Frauen gaben außerdem an, schon mindestens einmal sexuelle Gewalt erlebt zu haben. Diese Befunde sind um ein Mehrfaches höher als jene der repräsentativen Bundesstudie aller in Deutschland lebenden Frauen.<ref>BMFSMJ (Hrsg.): ''Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland. Eine repräsentative Untersuchung zu Gewalt gegen Frauen in Deutschland, Zusammenfassung zentraler Studienergebnisse'' Bonn 2004 ([https://www.bmfsfj.de/ bmfsfj.de]).</ref> Das Risiko körperlicher Gewalt durch Zuhälter, Freier und/oder Bordellbetreiber ist bei Frauen und Mädchen, die bereits in jungen Jahren mit der Prostitution begonnen haben, besonders hoch.<ref>{{Literatur |Autor=Gerhard Schreiber |Titel=Im Dunkel der Sexualität. Sexualität und Gewalt |Verlag=De Gruyter |Ort=Boston/Berlin |Datum=2022 |ISBN=978-3-11-071759-4 |Seiten=387}}</ref>

Interessenvertretungen riefen den 17. Dezember als „Internationalen Tag gegen Gewalt an Sexarbeiter_innen“ (International Day to End Violence Against Sex Workers) aus.<ref>Sonja Dolinsek: [https://menschenhandelheute.net/2011/12/17/17-dezember-der-internationale-tag-gegen-gewalt-an-sexarbeiter_innen-international-day-to-end-violence-against-sex-workers/ ''7. Dezember: Der Internationale Tag gegen Gewalt an Sexarbeiter_innen (International Day to End Violence Against Sex Workers)''] In: menschenhandelheute.net</ref>
[[Datei:Prostitute tj.jpg|mini|hochkant|Eine Prostituierte in Tijuana, Mexiko]]

=== Beschaffungsprostitution ===

Drogenabhängigkeit kann ein Grund für den Einstieg in die Prostitution sein, über die dann die Drogenbeschaffung finanziert wird. So motivierte Prostitution wird [[Beschaffungsprostitution]] genannt. Dass die Abhängigkeit der Prostitution vorausgeht, wird häufig beobachtet, insbesondere führte [[Crack (Droge)|Crack]] in den USA zu einem Anstieg der Beschaffungsprostitution.<ref name="recursive2019">{{Literatur |Autor=Ronet Bachman, Samantha Rodriguez, Erin M. Kerrison, Chrysanthi Leon |Titel=The Recursive Relationship between Substance Abuse, Prostitution, and Incarceration: Voices from a Long-Term Cohort of Women |Sammelwerk=Victims & Offenders |Band=14 |Nummer=5 |Datum=2019-07-04 |ISSN=1556-4886 |Seiten=587–605 |DOI=10.1080/15564886.2019.1628146}}</ref> In einer Metastudie wurde der Rückgang der Prostitutionsausübung im Zuge des erfolgreichen Drogenentzugs beobachtet.<ref>{{Literatur |Autor=Luke Johnson, Lucy C Potter, Harriet Beeching, Molly Bradbury, Bella Matos, Grace Sumner, Lorna Wills, Kitty Worthing, Robert W Aldridge, Gene Feder, Andrew C Hayward, Neha Pathak, Lucy Platt, Al Story, Binta Sultan, Serena A Luchenski |Titel=Interventions to improve health and the determinants of health among sex workers in high-income countries: a systematic review |Sammelwerk=The Lancet Public Health |Band=8 |Nummer=2 |Datum=2023-02 |ISSN=2468-2667 |Seiten=e141–e154 |DOI=10.1016/S2468-2667(22)00252-3}}</ref> Sucht und Prostitution stehen jedoch auch in einem Wechselverhältnis, indem Drogen die Prostitutionstätigkeit ertragen helfen oder Drogengebrauch Teil der Sexarbeit ist.<ref name="recursive2019" /> Für Deutschland wird angenommen, dass bis zu 80 % der weiblichen Drogenabhängigen ihren Konsum mit Prostitution finanzieren, weshalb ein entsprechender „Drogenstrich“ oft in der Nähe der [[Drogenszene]] angesiedelt ist.<ref>{{Literatur |Autor=Svenja Korte-Langner |Hrsg=Heino Stöver, Christiane Lieb |Titel=Drogengebrauchende, der Sexarbeit nachgehende Frauen – von der Notwendigkeit frauenspezifischer Schutzräume |Sammelwerk=GENDER.FRAU.SUCHT. Genderfragen in (Post-)Corona-Zeiten |Verlag=Pabst Science Publishers |Datum=2023 |ISBN=978-3-95853-845-0 |Seiten=39-50 |Online=https://www.pabst-publishers.com/shop-checkout/detailansicht.html?cmd%5Bfal%5D=8138}}</ref> Beschaffungsprostitution kann mit einer besonders hohen Gefahr der Infektion mit [[Sexuell übertragbare Erkrankung|STI]] einhergehen, der Gesundheitszustand der Betroffenen ist überdurchschnittlich schlecht. Hinzu kommen Stigmatisierungen auch durch nicht-abhängige Prostituierte.<ref>{{Literatur |Autor=Christiane Bernard |Titel=Frauen in Drogenszenen: Spezifika ihrer Lebenssituation |Sammelwerk=Handbuch Drogen in sozial- und kulturwissenschaftlicher Perspektive |Verlag=Springer Fachmedien Wiesbaden |Ort=Wiesbaden |Datum=2019 |ISBN=978-3-658-22137-9 |Seiten=611–626 |DOI=10.1007/978-3-658-22138-6_41}}</ref>

=== Gesundheitliche und sozialhygienische Aspekte ===
Schlechte Arbeitsbedingungen, aber auch die fehlende gesellschaftlichen Akzeptanz und damit verbundene Rechtlosigkeit werden als Ursache für ein körperliches und psychisches Ausbrennen ([[Burn-out]]) gesehen, unter denen einige Prostituierte leiden.<ref>Martina Schuster: ''Mit Professionalität gegen Burnout.'' In: Elisabeth von Dücker, Museum der Arbeit Hamburg (Hrsg.): ''Sexarbeit: Prostitution-Lebenswelten und Mythen.'' Bremen 2005.</ref> Eine Studie von 2005 ergab, dass 41 % der Straßenprostituierten Gewalt erlebten. Täter sind aber auch die eigenen Beziehungspartner. Es wurden Knochenbrüche, Verstauchungen, Verletzungen im Gesicht bis hin zu Brandwunden beschrieben.<ref>Christa Oppenheimer: ''Gewalterfahrungen und Gesundheitssituation bei Prostituierten.'' In: ''Sozialextra.'' September 2005, Springer Verlag, S. 37.</ref>

In einer Lübecker Studie (110 Teilnehmerinnen) aus dem Jahr 2007 wurde bei einem Viertel der untersuchten Straßenprostituierten eine behandlungsdürftige sexuell übertragbare Krankheit diagnostiziert. Fast die Hälfte war von einer akuten Infektion betroffen oder hatte eine solche hinter sich. In Bezug auf [[Syphilis]] und [[Hepatitis B]] war der Prozentsatz im Vergleich zu einer sich nicht prostituierenden Kontrollgruppe signifikant erhöht. Nicht signifikant erhöht waren: [[Chlamydien]]infektion, [[bakterielle Vaginose]], [[Candida (Pilze)|Candidainfektion]] und [[HIV]]. Die Verbreitung von [[Hepatitis C]] betrug bei Prostituierten 4,5 % und bei der sich nicht prostituierenden Kontrollgruppe 0 %.

Sexuell übertragbare Krankheiten können über einen längeren Zeitraum bestehen und erhebliche Folgeschäden und Folgekosten nach sich ziehen, welche sich durch ungeschützten Geschlechtsverkehr, Zahl der Kunden und deren weiteren Sexualpartner potenzieren. Aufgrund der in Deutschland seit 2001 vorgeschriebenen Freiwilligkeit der Untersuchung empfiehlt die Studie ein vermehrtes Zugehen auf die Prostituierten und die Schaffung einer langfristigen Vertrauensbasis.<ref>Anna Wolff: ''Untersuchung zum Infektionsstatus von Prostituierten in Lübeck.'' Doktorarbeit Lübeck 2007, S. 52–54 ([https://www.zhb.uni-luebeck.de/epubs/ediss468.pdf#page=52 PD: 484&nbsp;kB, 78&nbsp;Seiten] auf zhb.uni-luebeck.de).</ref>

Eine Untersuchung des [[Robert Koch-Institut]]s (1425 Untersuchungspersonen) von 2010/11 in mehreren Gesundheitsämtern kommt zu dem Schluss, dass sich die Raten von sexuell übertragbaren Krankheiten bei den Prostituierten der Untersuchungsgruppe über die Gesundheitsämter teils drastisch unterschieden, aber insgesamt nicht viel höher schienen als bei der Allgemeinbevölkerung. Es konnte allerdings eine hohe Infektionsquote bei Personen festgestellt werden, die erst vor kurzen der Prostitution nachgehen, unter 20 Jahre alt sind, Drogen nehmen, ohne Deutschkenntnisse, nicht alphabetisiert sind, keine Krankenversicherung haben oder auf Nachfrage Sex ohne Kondom praktizieren. Die Studie sieht einen dringenden Bedarf an präventiven Maßnahmen, auch aufsuchenden Beratungs- und Untersuchungsangeboten durch Streetworkern und konstatiert: „Präventives Verhalten ist schwer, solange die Frauen nicht die Erfahrung machen, dass sie durch ihr eigenes Verhalten ihre Zukunft gestalten können und langfristig positive Perspektiven sehen. Und schließlich gibt es wie bei vielen Menschen die Tendenz, medizinische Hilfe nur bei akuten Beschwerden aufzusuchen. Frauen, die zur Prostitution gezwungen werden, können sich oft auch nicht vor [[Sexuell übertragbare Erkrankung|sexuell übertragbaren Erkrankungen]] oder ungewollten Schwangerschaften schützen.“<ref>{{Webarchiv |url=http://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/S/STI/Studien/KABPsurvSTI/KABPsurvSTI_inhalt.html |text=RKI – Sexuell übertragbare Infektionen (STI) – KABP-Surv STI Studie bei weibliche Prostituierten (2010/2011) |wayback=20130424032511}}</ref> Die HIV-Quote liege bei 0,2 % und sei bei Prostituierten in den Niederlanden mit 2 % um ein Vielfaches höher.

Dennoch warnte der Bochumer Dermatologe [[Norbert H. Brockmeyer]], Präsident der [[Deutsche STI-Gesellschaft – Gesellschaft zur Förderung der Sexuellen Gesundheit|Deutschen STI-Gesellschaft]] (DSTIG), im Dezember 2013 anlässlich der Tagung „Sexarbeit und STI-Forschung“ in [[Köln]] vor Restriktionen für weibliche Prostituierte und vor Strafverfolgung von Kunden: {{" |Wenn wir von unserem Vorgehen bei der HIV-Infektion lernen wollen, dann sehen wir, dass alle Staaten, die versucht haben, über Zwangsmaßnahmen die HIV-Epidemiologie einzudämmen, dramatische Zuwächse an Infektionen hatten.}} Er warnt vor ähnlichen Effekten in Deutschland, wenn weibliche Prostituierte und Kunden in Deutschland Strafen oder noch stärkere Stigmatisierungen befürchten müssen.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/infektionskrankheiten/aids/article/849645/prostitution-aerzte-regen-vorurteilsfreien-umgang.html |titel=Prostitution: Ärzte regen vorurteilsfreien Umgang an |werk=[[Ärzte Zeitung]] |abruf=2016-10-22}}</ref>

=== Ausstieg ===
Die Bedingungen für einen Ausstieg gestalten sich für Prostituierte im Allgemeinen schwierig, da sich beispielsweise bei Bewerbungen Probleme bei der Darstellung des Lebenslaufs ergeben können. Milieubedingte soziale und finanzielle Abhängigkeiten erschweren eine andere Berufswahl und selbst die Rückkehr in das Heimatland. Der Ausstieg scheint für viele Prostituierte nicht nur finanziell riskant.<ref>[https://www.sperrgebiet-hamburg.de/ausstieg.html ''Ausstieg aus der Prostitution – Sperrgebiet Hamburg''] In: ''sperrgebiet-hamburg.de'', abgerufen am 19. Dezember 2018.</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.giessener-anzeiger.de/lokales/stadt-giessen/nachrichten-giessen/giessen-prostituierte-berichtet-zum-weltfrauentag-von-leben-vor-und-nach-ausstieg_18600330 |titel=Gießen: Prostituierte berichtet zum Weltfrauentag von Leben vor und nach Ausstieg |hrsg=Gießener Anzeiger |datum=2018-03-11 |abruf=2018-07-14}}</ref>

In Deutschland liegt die Verantwortung für die Ausstiegsförderung vor allem bei den Bundesländern.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/gleichstellung,did=132008.html |titel=Wie will die Bundesregierung den Ausstieg aus der Prostitution fördern? |werk=Fragen und Antworten zum Bericht der Bundesregierung zu den Auswirkungen des Prostitutionsgesetzes |hrsg=BMFSFJ |datum=2010-01-02 |offline=1 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20141101230947/http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/gleichstellung,did=132008.html |archiv-datum=2014-11-01 |abruf=2014-11-05}}</ref> Die meiste Hilfe wird von [[Nichtregierungsorganisation]]en übernommen. In [[Esslingen am Neckar|Esslingen]] existierte ab den 1980er-Jahren ein Modellprojekt des Landratsamtes („Esslinger-Modell“), das Prostituierten den Ausstieg durch Zahlung des doppelten Sozialhilfesatzes und Ausbildungsangebote ermöglichen sollte. Durch die [[Arbeitslosengeld II|Hartz IV]]-Reformen im Jahre 2005 musste dieses Projekt jedoch eingestellt werden.<ref>{{Literatur |Autor= |Hrsg=Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend |Titel=Reglementierung von Prostitution |Auflage= |Ort= |Datum=2007 |ISBN= |Seiten=63 |Online=https://www.bmfsfj.de/blob/84534/764b646c1afece104ab1796ad7e7cc60/prostitutionsgesetz-gutachten-1-data.pdf}}</ref> In Berlin sorgte 2009 der Fall einer Prostituierten für Aufmerksamkeit, die aus psychischen Gründen den Ausstieg vollziehen wollte und von Sozialhilfe abhängig war, der jedoch vom [[Jobcenter]] Leistungskürzungen angedroht wurden, falls sie die Prostitution nicht weiterhin im Nebengewerbe ausführen werde.<ref>{{Internetquelle |autor=Sarah Liebigt |url=https://www.nd-aktuell.de/artikel/142396.entweder-prostitution-n-oder-geld-weg.html |titel=Entweder Prostitution – oder Geld weg |werk=[[Nd|Neues Deutschland]] |datum=2009-01-19 |abruf=2021-02-12}}</ref>

== Gesellschaftliche und politische Akzeptanz ==
=== Gesellschaftliche Bewertungen ===
Prostitution wird häufig als „unmoralisch“, „unsittlich“ und „gesellschaftsverderbend“ betrachtet. Von Teilen der Bevölkerung werden Prostituierte als „minderwertig“ angesehen. Ihnen werden meist automatisch negative Eigenschaften zugeschrieben, wie Amoralität oder Würdelosigkeit. Sie haben einen Randgruppenstatus, da sie nicht den von der Mehrheit der Bevölkerung vertretenden ''Normalitätsvorstellungen'' entsprechen.<ref>Beate Leopold, Elfriede Steffan, Nikola Paul: ''Dokumentation zur rechtlichen und sozialen Situation von Prostituierten in der Bundesrepublik Deutschland.'' 1997, S. 13.</ref> Häufig war die Bewertung von der Doppelmoral geprägt, dass die nachfragenden Männer unabhängig von ihrem Handeln anerkannt wurden und vor Geschlechtskrankheiten zu schützende Vulnerable Gruppe gesehen wurden. Ende des 19. Jahrhunderts wurde diese Doppelmoral mit der Bewegung der [[Suffragetten]] stark kritisiert.

Im Zuge des [[Riehl-Skandal|Falles Riehl]] und der danach durchgeführten polizeilichen Verfolgung und [[Ausweisung|Landesverweisung]] von Straßen-Sexarbeiterinnen, — nicht aber der Bordellleiterin Riehl, die kurz nach ihrer Verurteilung wieder frei gelassen wurde —, merkte [[Karl Kraus]] 1907 an:

<blockquote>„Wäre der Strizzi Staat so ehrlich, zu bekennen, daß er die Kontrolle der Prostitution sich lediglich aus dem Motiv der Gewinnsucht sichern, daß er einfach auf die Steuern der konzessionierten Bordelle nicht verzichten will, seine Lumperei hätte einen gewissen Stil und bedürfte der kläglichen Ausrede auf die Moral nicht.“<ref>{{Literatur |Autor=Karl Kraus |Titel=Sittlichkeit und Kriminalität |Band=1 |Auflage=2. |Verlag=Buchhandlung L. Rosner |Ort=Wien und Leipzig |Datum=1907-01 |Kapitel=Die Ära nach dem Fall Riehl |Seiten=299-300}}</ref></blockquote>

Im [[NS-Staat]] galten Prostituierte als [[Asoziale (Nationalsozialismus)|asozial]].<ref>Robert Sommer im Interview mit Franziska von Kempis: ''[https://www.sueddeutsche.de/politik/himmler-kz-bordelle-1.104717 Himmlers KZ-Bordelle – „Die verfluchten Stunden am Abend“].'' In: ''[[Süddeutsche Zeitung]],'' 19. Juni 2009.</ref> Infolge der [[Nationalsozialistische Propaganda|nationalsozialistischen Propaganda]] verbreitete sich in Deutschland die Vorstellung, dass diese [[Diskriminierung]] einem „[[Gesundes Volksempfinden|gesunden Volksempfinden]]“ entsprechen würde.

Bis in die 1960er-Jahre galten Frauen bereits als verachtungswürdig, sobald sie einmal von der Gesellschaft als „[[gefallenes Mädchen]]“ betrachtet wurden.

In den meisten Ländern ist Prostitution verboten (siehe [[Prostitution nach Ländern]]).

Die Bekämpfung der Prostitution wird mit der Sorge um den allgemeinen sittlichen Zustand der Gesellschaft begründet sowie mit der Durchsetzung bestimmter Wert- und Moralvorstellungen (Arbeits- und Ausbildungsverbot für Frauen oder diesbezügliche Beschränkungen, Abtreibungsverbot, Strafbarkeit homosexueller Handlungen usw.) begründet. Dazu kommt, dass Prostituierte auch öffentlich stigmatisiert wurden: Im [[Mittelalter]] mussten Prostituierte besondere Schleier und Bänder tragen. Noch bis in die Moderne hinein wurden Frauen und Männern, die in den Verdacht der Prostitution gerieten, in Akten als „[[Häufig wechselnder Geschlechtsverkehr|sexuell auffällig]]“ oder „abnorm“ geführt. Zur Zeit des [[Nationalsozialismus]] wurden diese systematisch erfasst. In den [[Konzentrationslager]]n mussten sie als ''Asoziale'' einen [[Asoziale (Nationalsozialismus)|Schwarzen Winkel]] tragen.

Laut einer Umfrage von Infratest dimap in Deutschland aus dem Jahr 1999 bejahten über 70 % der Altersgruppen zwischen 18 und 59 Jahren die Frage, ob Prostitution ein anerkannter Beruf mit Steuer- und Sozialversicherungspflicht sein soll. 66 % der Männer und 69 % der Frauen sprachen sich dafür aus. Methodisch wurde die Umfrage allerdings insoweit kritisiert, als nach „Pflichten“ und nicht nach „Rechten“ für Prostituierte gefragt wurde. Eine andere Formulierung hätte den Kritikern zufolge zu anderen Ergebnissen führen können.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.bmfsfj.de/doku/Publikationen/prostitutionsgesetz/pdf/gesamt.pdf |text=Cornelia Helfferich u.&nbsp;a. Sozialwissenschaftliches Frauenforschungsinstitut Freiburg: Untersuchung „Auswirkungen des Prostitutionsgesetzes“ im Auftrag des BMFSFJ |format=PDF |wayback=20150715002320}}</ref>

Bis 2002 wurde die bis dahin als sittenwidrig geltende Prostitution legalisiert, wodurch eine Steuerpflicht, aber aufgrund der fast ausschließlich als selbständige Tätigkeit ausgeführten Prostitution für die Betroffenen keine Sozialversicherungspflicht, eingeführt wurde.

2013 löste ein von Alice Schwarzer ins Leben gerufener und von zahlreichen Personen des öffentlichen Lebens unterzeichneter [[Appell gegen Prostitution|Appells gegen Prostitution]]<ref>[https://www.emma.de/thema/emma-appell-gegen-prostitution-111249 ''EMMA-Appell gegen Prostitution''] In: ''emma.de'', abgerufen am 19. Dezember 2018.</ref> mit über 10.000 Unterzeichnern<ref>{{Internetquelle |url=https://www.emma.de/artikel/appell-ueber-10000-unterschriften-313103 |titel=Appell: Über 10.000 Unterschriften |werk=emma.de |datum=2020-12-20 |abruf=2022-12-22}}</ref> eine gesellschaftliche Debatte aus. Darin wurde unter anderem ein besserer Schutz der von Menschenhandel und Prostitution betroffenen und eine ''„Ächtung und, wenn nötig, auch Bestrafung der Freier; also der Frauenkäufer, ohne die dieser Menschenmarkt nicht existieren würde.“'' gefordert. Als Gegenreaktion wurde vom [[Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen]] der [[Appell FÜR Prostitution für die Stärkung der Rechte und für die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen von Menschen in der Sexarbeit|Appell für Prostitution]] initiiert und fand ebenfalls einige prominente Unterstützer und über 1.400 Unterzeichner.<ref>{{Internetquelle |url=http://sexwork-deutschland.de/?page_id=85 |titel=Appell FÜR Prostitution |offline=1 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20131205172139/http://sexwork-deutschland.de/?page_id=85 |archiv-datum=2013-12-05 |abruf=2013-12-05}}</ref>

Die so ausgelöste Debatte machte auch das 1999 erstmals in Schweden eingeführte sogenannte [[Nordisches Modell für Prostitution|Nordische Modell]] in Deutschland bekannt, wonach von Prostitution betroffene als Opfer sexueller Gewalt verstanden werden und deshalb keine Strafen fürchten, sondern mit präventiven Maßnahmen und Ausstiegshilfen erreicht werden sollen, wohingegen alle Profiteure kriminalisiert werden. Neu ist dabei, dass erstmals auch die Nachfragenden Kunden als Profiteure kriminalisiert und als ''„sexuelle Ausbeuter“'' stigmatisiert werden.

In Deutschland sprach sich laut einer Anfang 2014 veröffentlichten Emnid-Umfrage nach wie vor eine Mehrheit der Bevölkerung gegen das Verbot von Prostitution aus. Allerdings plädierten bereits 18 % für eine Bestrafung von Freiern nach schwedischem Vorbild und 10 % befürworteten ein traditionelles Komplettverbot. Bei dem Thema unentschlossen war laut den Meinungsforschern ein ungewöhnlich hoher Anteil von knapp einem Sechstel.<ref>[https://www.jesus.de/umfrage-mehrheit-der-deutschen-gegen-prostitutionsverbot/ ''Umfrage: Mehrheit der Deutschen gegen Prostitutionsverbot''] In: ''jesus.de'', Januar 2014, abgerufen am 19. Dezember 2018.</ref>

2017 wurde das [[Prostituiertenschutzgesetz]] eingeführt, welches Betroffene besser schützen soll. Eine einseitige Bestrafung der Nachfrageseite wurde allein bei Verletzung der Kondompflicht vorgesehen.

=== Mediale Rezeption ===
{{Siehe auch|Wir Kinder vom Bahnhof Zoo|Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo}}

=== Rechtslage ===
'''Grundlagen'''

Grundsätzlich lassen sich aus rechtlicher Sicht vier Modelle zur Regulierung der Prostitution feststellen:<ref name="Di Nicola">{{Internetquelle |autor=Di Nicola, Andrea; Orfano, Isabella; Cauduro, Andrea; Conci, Nicoletta |url=https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/80851/ |titel=Study on National Legislation on Prostitution and Trafficking in Woman and Children |hrsg=Transcrime. Joint Research Center on Transnational Crime, European Parliament |datum=2005 |abruf=2023-03-14}}, S. 15.</ref><ref name="Renzikowski">{{Internetquelle |autor=Renzikowski, Joachim |url=https://publikationen.uni-tuebingen.de/xmlui/handle/10900/64233 |titel=Reglementierung von Prostitution: Ziele und Probleme – Eine kritische Betrachtung des Prostitutionsgesetzes |hrsg=Gutachten im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend |datum=2007 |abruf=2023-03-14}}, S. 10 ff.</ref><ref name="Rahden">{{Webarchiv |url=http://www.sjoe.at/content/frauen/themen/koerper/article/618.html |text=Prostitution – zwischen Ablehnung, Marginalisierung und Akzeptanz – Interview mit Eva van Rahden von SILA |wayback=20101009212732}}</ref>

# Nach dem ''Prohibitionsprinzip'' werden alle mit Prostitution in Verbindung stehenden Handlungen und Personen unter Strafe gestellt. Einen Sonderfall stellt das [[Nordisches Modell für Prostitution|Nordische Modell]] dar, das zuerst 1998 in [[Schweden]] etabliert wurde: Dieses verfolgt den Ansatz einer asymmetrischen Kriminalisierung, nachdem nur jene Person bestraft wird, die sexuelle Dienstleistungen nachfragt, nicht jene, die sie anbietet.<ref>{{Internetquelle |autor=Renzikowski, Joachim |url=https://publikationen.uni-tuebingen.de/xmlui/handle/10900/64233 |titel=Reglementierung von Prostitution: Ziele und Probleme – Eine kritische Betrachtung des Prostitutionsgesetzes |hrsg=Gutachten im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend |datum=2007 |abruf=2023-03-14}}, S. 12 f.</ref>
# Das ''Abolitionsprinzip'' zielt auf die langfristige Abschaffung der Prostitution, während sie staatlicherseits mehr oder weniger toleriert wird. Verboten ist aber die Erzielung von Einnahmen aus der Prostitution anderer (zum Beispiel Zuhälterei), zum Teil auch das Betreiben von Bordellen (''neuer Abolitionismus'').<ref name="Di Nicola" /><ref name="Renzikowski" /> Das Abolitionsprinzip nach dieser Definition ist nicht deckungsgleich mit den Zielen der historischen [[Abolitionismus (Prostitution)|Abolitionsbewegung]].
# Gemäß dem ''Regulationsprinzip'' ist Prostitution legal, aber staatlich reglementiert – beispielsweise mittels Sperrbezirken, Registrierungspflichten oder obligatorischen medizinischen Untersuchungen.<ref>In der [[Weimarer Republik]] wurde eine ''Kokottensteuer'' erwogen. In der Kabinettsitzung vom 5.&nbsp;Juni 1930 heißt es: „Reichskanzler gegen Salzsteuer, bittet um andere Vorschläge.“ Der damalige Reichsfinanzminister Moldenhauer schlug vor: „a) Kokotten-Steuer, b) Kurzerock-Steuer, […].“ [https://www.bundesarchiv.de/aktenreichskanzlei/1919-1933/0000/bru/bru1p/kap1_2/kap2_46/para3_2.html Akten der Reichskanzlei] Abgerufen am 9.&nbsp;September 2018.</ref> Als Beispiele für die Praktizierung des Regulationsprinzip gelten die [[Niederlande]] und Deutschland.
# Das ''Entkriminalisierungsprinzip'' sieht Prostitution als Form der Erwerbsarbeit an und regelt sie entsprechend, das heißt, Prostitution wird entkriminalisiert.<ref name="Rahden" /> In Reinform wird dies jedoch in keinem Land praktiziert.

'''Prostitutionsgesetz (2002)'''

In Deutschland ist Prostitution von Erwachsenen, die dieser freiwillig nachgehen, seit dem Inkrafttreten des [[Prostitutionsgesetz]]es (ProstG) am 1. Januar 2002 legalisiert. In Bezug auf die Sittenwidrigkeit hingegen bestehen Vorbehalte, primär zum Zweck des Jugendschutzes.<ref>Christian F. Majer: ''Der Prostitutionsvertrag und die guten Sitten.'' In: ''JSE.'' 3/2012, S. 5 ff. ([http://www.zeitschrift-jse.de/files/JSE-3-2012.pdf PDF]).</ref> Während früher Verträge über geschlechtliches Verhalten als sittenwidrig und damit gem. {{§|138|BGB|buzer}} Abs.&nbsp;1 BGB als nichtig angesehen wurden, erkennt {{§|1|ProstG|buzer}} Satz&nbsp;1 ProstG erstmals einen Entgeltanspruch von Prostituierten an, der – nachträglich – entsteht, wenn die sexuellen Handlungen vorgenommen worden sind. Entsprechend ist auch das [[Verfügungsgeschäft]] über dieses Entgelt wirksam. Allerdings ist davon das [[Verpflichtungsgeschäft]] zu unterscheiden. Da die Bereitschaft zu geschlechtlichem Verhalten um der Menschenwürde willen jederzeit widerruflich sein muss, kann ein [[Erfüllung (Recht)|Erfüllungsanspruch]] hinsichtlich der Leistung der Prostituierten nicht bestehen.

'''Prostituiertenschutzgesetz (2017)'''

Am 1. Juli 2017 trat ein neues [[Prostituiertenschutzgesetz]] zur Reformierung des Prostitutionsgesetzes in Kraft, das die Regulierung der Prostitution verschärft.

Das Prostituiertenschutzgesetz enthält unter anderem folgende wesentliche Neuregelungen:
* Eine Anmeldepflicht für Prostituierte sowie die Ausweispflicht mittels Anmeldebescheinigung während der Ausübung der Tätigkeit
* Verpflichtendes Informations- und Beratungsgespräch sowie obligatorische regelmäßige Gesundheitsberatung für Prostituierte
* Zuverlässigkeitsprüfung und Pflichten für Bordellbetreiber, Erlaubnispflicht für die Eröffnung einer Prostitutionsstätte
* Eine gesetzliche [[Kondompflicht]], bei Nichteinhaltung begeht der Kunde oder die Kundin eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 € belegt ist.

'''Lokale Regelungen'''
Prostitution findet je nach örtlicher Sittenverordnung statt. Manche Städte haben [[Sperrbezirk]]e eingerichtet. Das heißt, dass Prostituierte ihrem Beruf nur an Orten nachgehen dürfen, an denen kein [[Wohngebiet]] ist und sich keine Schulen, Krankenhäuser, Kirchen oder sonstigen sozialen oder religiösen Einrichtungen befinden. Nicht selten bildete sich infolgedessen ein [[Rotlichtmilieu]], wenn nicht gar ein ganzes [[Rotlichtviertel]] aus. Prägnante Beispiele sind in [[Hamburg]]-St. Pauli die [[Reeperbahn]] oder das [[Frankfurt-Bahnhofsviertel|Bahnhofsviertel in Frankfurt am Main]].

'''Regelungen aufgrund der COVID-19-Pandemie in Deutschland'''

Im Rahmen der [[COVID-19-Pandemie in Deutschland]] wurde die Ausübung von Prostitution aus Gründen des Infektionsschutzes vorübergehend verboten. Dies hat zu einer Zunahme der illegalen Prostitution geführt.<ref>{{Internetquelle |autor=Emilie Pröpstl |url=https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/illegale-prostitution-nimmt-durch-corona-pandemie-zu-4767058.html |titel=Illegale Prostitution nimmt durch Corona-Pandemie zu |werk=[[Tagesspiegel]] |datum=2021-04-10 |abruf=2023-03-14}}</ref>

=== Diskussion um die Legalisierung ===
Kritiker der Prostitution verweisen auf die finanzielle und sexuelle Ausbeutung der Prostituierten bis hin zur [[Zwangsprostitution]] oder die Ausbreitung von Geschlechtskrankheiten. Die Käuflichkeit der sexuellen Dienstleistung laufe zumindest Gefahr, den Menschen selbst zu einem käuflichen Objekt zu degradieren. Hierin liege ein Verstoß gegen die [[Menschenwürde]] der Prostituierten vor.

[[Gloria Steinem]] behauptet, eine Legalisierung könne dazu führen, dass der Staat Frauen zur Prostitution anhält. In Nevada habe die Regierung die Prostitution im Vergleich zur Sozialhilfe als [[Win-win]]-Situation betrachtet und vorangetrieben, bis dies durch massive Öffentlichkeitsaktionen gestoppt wurde.<ref>{{Internetquelle |autor=[[Emma Brockes]] |url=https://www.theguardian.com/books/2015/oct/17/gloria-steinem-activist-interview-memoir-my-life-on-the-road |titel=Gloria Steinem: 'If men could get pregnant, abortion would be a sacrament' |hrsg=The Guardian |datum=2015-10-17 |sprache=en |abruf=2016-10-21}}</ref>

Befürworter des Entkriminalisierungsprinzips sind hingegen bemüht, die Prostitution als einen normalen Beruf zu etablieren. 2004 behauptete die Wiener Stadtsoziologin Julia Ortner, Erfahrungen in diversen Ländern zeigten, dass das Verbot nicht funktioniere und die Bedingungen für die Frauen durch ein Verbot noch schlechter geworden seien. Dies gelte besonders, wenn nicht die Freier, sondern nur die Prostituierten bestraft würden.<ref name="Falter2004">Julia Ortner: {{Webarchiv |url=http://www.falter.at/print/F2004_23_3.php |text=''Verunsicherte Voyeure.'' |wayback=20120212002755}} In: ''[[Falter (Wochenzeitung)|Falter]].'' 23/04 vom 2. Juni 2004.</ref>

Befürworter des Regulationsprinzips erwarten von der Durchführung regelmäßiger Untersuchungen sowie der behördlichen Registrierung aller Prostituierten eine effizientere Bekämpfung von AIDS und anderen [[Sexuell übertragbare Erkrankung|sexuell übertragbaren Erkrankungen]].<ref name="Kriminalstatistik">[https://www.wienerzeitung.at/_em_daten/_funkinform/2014/06/17/140617_D1442_gerichtliche_kriminalstatistik_2009_statistik_austria.pdf Gerichtliche Kriminalstatistik 2009] [[Statistik Austria]], ISBN 978-3-902703-54-5, S. 22: Durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 243/1989 wurde der §&nbsp;210 StGB, der bislang die gewerbsmäßige gleichgeschlechtliche Unzucht mit einer Person männlichen Geschlechts unter Strafe stellte, aufgehoben. Diese gesetzliche Maßnahme ist das Ergebnis einer ausführlichen Diskussion, in der die Befürworter hauptsächlich dahingehend argumentierten, dass die im Zusammenhang mit der Verbreitung von AIDS getroffenen Gegenmaßnahmen, insbesondere die Durchführung regelmäßiger Untersuchungen sowie die behördliche Registrierung aller Prostituierten, durch die allgemeine Strafbarkeit der männlichen homosexuellen Prostitution in ihrer Effizienz stark beeinträchtigt würden.</ref>

In Deutschland wurde auch eine Altersgrenze diskutiert. So gab es im Jahre 2014 innerhalb der Großen Koalition Vorschläge, die Altersgrenze auf 21 Jahre heraufzusetzen.<ref>[https://www.deutschlandfunk.de/prostitutionsgesetz-altersgrenze-sehr-problematisch.694.de.html?dram:article_id=294752 ''Prostitutionsgesetz – „Altersgrenze sehr problematisch“. Sönke Rix im Gespräch mit Thielko Grieß''] In: deutschlandfunk.de</ref> Inwieweit eine solche Maßnahme vor Zwangsprostitution schütze, war umstritten. Kritiker befürchteten, dass die 18- bis 21-Jährigen dadurch wieder in die Illegalität gedrängt würden.<ref>Miriam Hollstein: [https://www.welt.de/politik/deutschland/article129038414/Neues-Mindestalter-fuer-Prostituierte-spaltet-Koalition.html ''Käuflicher Sex: Neues Mindestalter für Prostituierte spaltet Koalition''] In: welt.de, 13. Juni 2014.</ref>

== Verbände, Selbsthilfegruppen und Fachberatungsstellen ==
Die erst im 20. Jahrhundert in der Öffentlichkeit sichtbare [[Hurenbewegung]] ist sehr dezentral organisiert.

=== Deutschland ===
Es gibt eine Vielzahl von Hilfsorganisationen, die sich für die Verbesserung der Lebenssituation in der Prostitution einsetzen.

Die [[Gewerkschaft]] [[Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft|ver.di]] versucht, mit einem ''Arbeitskreis Prostitution'' (Fachbereich 13 Besondere Dienstleistungen), die Interessen von Prostituierten zu vertreten. Dabei konzentriert sich die Gewerkschaft auf die [[Arbeitsrecht (Deutschland)|arbeitsrechtliche]] Absicherung von Prostituierten, unter anderem mit einem Muster-[[Arbeitsvertrag (Deutschland)|Arbeitsvertrag]]. Daneben hat sich 2002 für selbstständige Prostituierte und Betreiber von Bordellen oder bordellartigen Betrieben der [[Bundesverband Sexuelle Dienstleistungen]] (BSD) gegründet. Seit 2007 gibt es als reinen Arbeitgeberverband den Unternehmerverband Erotik Gewerbe Deutschland. Als Netzwerk unterstützen sich die Mitglieder beim Umgang mit Behörden und versuchen die Öffentlichkeit über den Wirtschaftszweig aufzuklären.<ref>[https://www.uegd.de/verband ''Unternehmerverband Erotik Gewerbe Deutschland''] uegd.de</ref> Seit Oktober 2013 existiert auch der von Prostituierten mit dem Ziel der Verbesserung ihrer Lebens- und Arbeitsbedingungen gegründete [[Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen]] (BesD). Allgemein ist der Organisationsgrad derzeit sowohl auf Arbeits-, als auch auf Kapitalseite noch gering.

Das ''Bündnis der Fachberatungsstellen für Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter'' (bufas) setzt sich ein für die dauerhafte Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen von Prostituierten, deren rechtliche und soziale Gleichstellung mit anderen Erwerbstätigen sowie die Entkriminalisierung der Prostitution. Die älteste deutsche Selbsthilfeorganisation für „Sexarbeiter“ [[Hydra (Verein)|Hydra]] befindet sich in Berlin und besteht als Verein seit 1980. Im Jahr 2023 sind 35 Fachberatungsstellen im bufas Mitglied.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.bufas.net/mitglieder/ |titel=Mitglieder |werk=bufas e.&nbsp;V. |sprache=de-DE |abruf=2023-07-25}}</ref> Sie sind in freier oder kirchlicher Trägerschaft organisiert und finanzieren sich aus öffentlichen Geldern und Spenden. Alle zwei Jahre veranstaltete bufas eine Jahresfachtagung. Im Jahr 2014 wurde diese unter dem Namen „Sexarbeitskongress“ zusammen mit dem BesD ausgerichtet,<ref>[http://sexarbeits-kongress.de/ sexarbeits-kongress.de]</ref> 2016 fand der bislang letzte Kongress statt,<ref>{{Internetquelle |url=http://sexarbeits-kongress.de/politik-tag-2016/ |titel=Politik-Tag 2016 {{!}} Sexarbeits-Kongress |abruf=2023-07-25}}</ref> der Termin 2018 wurde aus organisatorischen Gründen abgesagt.<ref>{{Internetquelle |url=http://sexarbeits-kongress.de/ |titel=Sexarbeits Kongress |abruf=2023-07-25}}</ref> Der BesD startete mit dem Hurenkongress 2019 ein Nachfolgeformat,<ref>{{Internetquelle |autor=Lilli |url=https://www.berufsverband-sexarbeit.de/index.php/2019/11/03/bericht-zu-hurenkongress-und-sexwork-messe-2019-zahlen-und-fakten/ |titel=Bericht zu Hurenkongress und Sexwork-Messe 2019: Zahlen und Fakten |werk=BesD e. V. {{!}} Berufsverband Sexarbeit |datum=2019-11-03 |sprache=de-DE |abruf=2023-07-25}}</ref> das 2021 coronabedingt nicht stattfand.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.hurenkongress.de/ |titel=Hurenkongress |hrsg=BesD e.&nbsp;V. |sprache=de-DE |abruf=2023-07-25}}</ref>

Das [[Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend|Bundesfamilienministerium]] finanziert für den Zeitraum 2009–2014 drei Modellprojekte für den beruflichen Umstieg von Prostituierten. Diwa in Berlin, OPERA in Nürnberg und P.&nbsp;I.&nbsp;N.&nbsp;K. in Freiburg. Ähnliche Projekte beispielsweise beim Verein ''Madonna'' in [[Bochum]] wurden und werden auch auf kommunaler Ebene zeitweise finanziert.

Der 1993 gegründete [[Arbeitskreis der Facheinrichtungen für Sexarbeitende im deutschsprachigen Raum]] (AKSD) besteht aus elf Mitgliedseinrichtungen im deutschsprachigen Raum, davon zehn in Deutschland. Er setzt sich ein für die Verbesserung der gesellschaftlichen und psychosozialen Situation männlicher Prostituierter. Schwerpunkt der Tätigkeit sind gesundheitsfördernde Maßnahmen (einschließlich Prävention von [[Sexuell übertragbare Erkrankung|STI]]) und eine sozialpädagogische und psychosoziale Versorgung mittels Anlauf- und Beratungsstellen. Daneben bieten Gesundheitsämter seit 2001 eine kostenlose Testung und Beratung im Hinblick auf sexuelle übertragbare Krankheiten an.

In Frankfurt am Main ist die 1998 gegründete Selbsthilfeorganisation [[Doña Carmen]] für Prostituierte ansässig. Sie arbeitet unabhängig von staatlicher Finanzierung und vertritt insbesondere die Rechte migrantischer Prostituierter. Sie bietet Bordellführungen für Frauen an, gibt die Zeitung „La Muchacha“ heraus und organisiert die Frankfurter Prostitutionstage.

Seit 1987 existiert der [[Bundesweiter Koordinierungskreis gegen Menschenhandel|Bundesweite Koordinierungskreis gegen Menschenhandel e.&nbsp;V.]] Dieser ist ein Zusammenschluss von Fachberatungsstellen für Betroffene von [[Menschenhandel]]. Hierunter fallen Opfer von sexueller Ausbeutung, Arbeitsausbeutung und Zwangsheirat. Der Koordinierungskreis vereint 43 Mitgliedsorganisationen.


=== Internationale Organisationen ===
Besonders in Verbindung mit Menschenhandel können Zuhälter Teil [[Organisierte Kriminalität|organisierter Kriminalität]] sein oder von entsprechenden Organisationen ([[Mafia]]), kontrolliert werden.
Solwodi wurde 1985 von der katholischen Schwester [[Lea Ackermann]] in Kenia gegründet und ist seit 1987 in Deutschland aktiv. Der Verein betreibt in Deutschland 19 Beratungsstellen, ist international in sechs Ländern aktiv und gilt als größte Organisation dieser Art.
Bei der [[Zwangsprostitution|erzwungenen Prostitution]] werden Menschen aus wirtschaftlich schwachen Ländern oder armen ländlichen Gebieten von [[Menschenhändler]]n unter Vorspiegelung legaler Arbeitsmöglichkeiten an andere Orte verschleppt, wo sie durch [[Körperverletzung|körperliche und seelische Gewalt]] und [[Freiheitsberaubung]] in persönliche und finanzielle Abhängigkeit gebracht und dann zur Prostitution gezwungen werden ([[Menschenhandel]]).


International sind Beratungsstellen und Interessenvertretungen im 1991 gegründeten ''Network of Sex Work Projects'' (NSWP) organisiert. Ein Vorläufer des NSWP war das ''International Committee for Prostitutes’ Rights'' (ICPT), das 1985 in Amsterdam die ''World Charter For Prostitutes’ Rights'' veröffentlichte. Ein Zusammenschluss europäischer Hurenorganisationen ist seit 2004 das ''International Committee on the Rights of Sexworkers in Europe'' (ICRSE).
=== Kinderprostitution ===


{{Siehe auch|Internationaler Hurentag|Internationaler Hurentag (2. Juni)}}
Schätzungen von [[UNICEF]] zufolge werden weltweit etwa drei bis vier Millionen Kinder im Rahmen von [[Kinderprostitution]] kommerziell sexuell ausgebeutet; dabei ist die Definition von "Kind" meist "Person unter 18 Jahren". Prostitution von Personen unter 14 Jahren geschieht ebenfalls, ist aber sehr viel seltener.


== Siehe auch ==
== Verbände und Selbsthilfegruppen ==
* [[Prostitution nach Ländern]]
Die [[Gewerkschaft]] ver.di versucht, mit einem ''Arbeitskreis Prostitution'' (Fachbereich 13 Besondere Dienstleistungen), die Interessen von Prostituierten zu vertreten. Dabei konzentriert sich die Gewerkschaft auf die [[Arbeitsrecht|arbeitsrechtliche]] Absicherung von Prostituierten, unter anderem mit einem Muster-[[Arbeitsvertrag]].
* [[Prostitution in Deutschland]]
* [[Prostitution in Österreich]]
* [[Prostitution in der Schweiz]]
* [[Liste von Abkürzungen in der Sexarbeit]]


{{Portal|Prostitution}}
Als [[Arbeitgeberverband]] im Bereich der Prostitution gibt es den [[Bundesverband_Sexuelle_Dienstleistungen|''Bundesverband sexuelle Dienstleistungen e.V.]]'' (BSD) mit Sitz in [[Berlin]].


== Literatur ==
Darüber hinaus gibt es zahlreiche [[Selbsthilfegruppe]]n und ‚Huren-Projekte‘ wie etwa [[Hydra]].
Allgemein:
* Theodora Becker: ''Dialektik der Hure. Von der «Prostitution» zur «Sexarbeit».'' Verlag Matthes & Seitz, Berlin 2023, ISBN 978-3-7518-2009-7.
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Prostitutionsmilieu und Zuhälterwirtschaft:
==Siehe auch==
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*[[Sittlichkeitsverein]]
*[[Tempelprostitution]]
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* Néstor Osvaldo Perlongher: ''O negócio do michê, prostituição viril am São Paulo'', 1.a edição 1987, editora brasiliense
* John Preston: ''Hustling'' : a gentleman's guide to the fine art of homosexual prostitution. - New York : Masquerade Books, 1994. - ISBN 1-563-33137-3


==Weblinks==
== Weblinks ==
{{Commonscat|audio=1|video=1}}
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{{Wiktionary}}
*[http://www.diakonie.de/de/html/hilfe/513.html Prostitution und Menschenhandel]
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*[http://www.mlwerke.de/beb/beaa/beaa_207.htm August Bebel &ndash; Die Prostitution - eine notwendige soziale Institution der bürgerlichen Welt]
* {{DNB-Portal|4047516-5}}
*[http://www.morgenwelt.de/kolumne/000410-bordsteinschwalbe-rio.htm Brief aus Rio: Ansichten einer Bordsteinschwalbe]
* ''Amnesty International'': [https://www.amnesty.de/presse/2015/8/12/statement-zur-resolution-fuer-die-rechte-von-sexarbeiterinnen-und-sexarbeitern Statement zur Resolution für die Rechte von Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern] (August 2015)
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*[http://www.nadir.org/nadir/periodika/jungle_world/_98/31/27b.htm Jungle World: Prostitution in der DDR]
* Prostituiertenschutzgesetz: [https://norm.gekko.de/prostschg Gesetz zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen]


== Anmerkungen ==
<references />


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Aktuelle Version vom 9. Juli 2025, 11:22 Uhr

Prostituierte in Deutschland (1999)

Prostitution (von lateinisch prostituere „nach vorn/zur Schau stellen, preisgeben“) bezeichnet die Zurverfügungstellung sexueller Handlungen gegen Entgelt. Seit den 1970er-Jahren wird die Vornahme sexueller Handlungen gegen Entgelt unter dem Begriff Sexarbeit subsumiert. Erfolgt die Prostitution unfreiwillig, ist es Zwangsprostitution.

Prostitution findet sich in allen Epochen und Kulturen. Die gesellschaftliche Bewertung unterliegt bis heute ungebrochen einem starken Wandel und wird von politisch-weltanschaulichen sowie religiösen Vorstellungen beeinflusst. In der Prostitution tätige Menschen, Prostituierte, gehören in vielen Kulturen einer sozialen Gruppe an, die bis heute von Menschenhandel, Gewalt, Ausbeutung, Diskriminierung, Stigmatisierung und Verfolgung bedroht ist. Über Jahrhunderte sind Prostituierte darüber hinaus der Gefahr von gesellschaftlichen und politischen Anfeindungen ausgesetzt gewesen, bis hin zur Kasernierung, Deportation und Ermordung. Wurden sie vielerorts wahlweise als Kriminelle oder als Opfer abgestempelt, gab es seit Ende des 19. Jahrhunderts einen Wandel in der öffentlichen Meinung. In westlichen Gesellschaften wenden sich seit dem späten 20. Jahrhundert Prostitutionsverbände und Menschenrechtsorganisationen gegen Diskriminierung.

Kurtisane in Griechenland
Darstellung aus einem Lupanar in Pompeji
Blick in eine Zelle des pompejanischen Bordells von Africanus und Victor

Im Altertum, so zum Beispiel in Babylon und bei den Phöniziern in Tyros, existierte vor mehr als 3000 Jahren die sogenannte Tempelprostitution. Frauen vollzogen dort sexuelle Handlungen gegen „Geschenke“ an den Tempel oder Opfergaben für die Gottheit. Dies stand immer in einem kultischen Zusammenhang und galt als den Göttern wohlgefällig. Im Gilgamesch-Epos 6. Tafel Verse 5 bis 79 sieht Albert Schott eine Kritik an den Auswüchsen der kultischen Prostitution.[1] Für die Zeit der griechischen Antike sind Prostituierte im heutigen Sinne bezeugt, also ohne sakralen Hintergrund. Die Griechen unterschieden zwischen der gewöhnlichen „Hure“ (πόρνη pórnē) und der „Gesellin“ (altgriechisch ἑταῖρα, Hetäre). Auch die Feldzüge Alexanders des Großen wurden von zahlreichen Prostituierten begleitet. Sowohl Männer als auch Frauen boten ihre sexuellen Dienste an, doch wie bei den Griechen wurde auch bei den Römern die Inanspruchnahme dieser Leistungen nur den Männern zugestanden. In Rom arbeiteten die frei geborenen Prostituierten zumeist auf dem Straßenstrich, Sklavinnen in „Pinten“ und Bordellen.[2] Einblick in das Bordellwesen liefern insbesondere die Funde aus dem Lupanar in Pompeji.

Im Alten Testament wird das Gewerbe sowohl als kultische als auch als Erwerbsprostitution erwähnt, zum Beispiel Spr 6,26 EU. Die Prostitutionsverbote Lev 19,29 EU und Dtn 23,18 EU beziehen sich nur auf kultische Prostitution.[3] Es wird als naheliegend angesehen, dass ein Witwer die Dienste von Prostituierten in Anspruch nimmt. Dies wird von Tamar, der Schwiegertochter Judas, ausgenutzt, die sich prostituiert, damit Juda die ihr vorenthaltene Leviratsehe an ihr vollzieht (Gen 38,12–30 EU). Der dabei gezeugte Sohn Perez und seine Mutter Tamar werden im Neuen Testament als Vorfahren Jesu in seinem Stammbaum genannt (Mt 1,3 EU). Neben Tamar findet sich mit Rahab noch eine weitere Frau im Stammbaum Jesu, die üblicherweise als Prostituierte gedeutet wird (JosEU; Mt 1,5 EU). Im Neuen Testament wird erzählt, dass Jesus mit allen gesellschaftlichen Außenseitern einen respektvollen Umgang pflegte (Lk 7,36–50 EU), doch wird Prostitution in den Paulusbriefen verworfen (1 Kor 6,15 f. EU), im christlich geprägten Weltbild dann in Verbindung gebracht mit Scham oder Sünde.

Die ersten schriftlichen Überlieferungen von Prostitution in Japan gehen auf das 8. Jahrhundert zurück, dürften aber viel weiter zurückreichen. Kurtisanen genossen Prestige und Anerkennung.

Bordellszene des Braunschweiger Monogrammisten (1537), Gemäldegalerie Berlin

Die kirchliche Moral verurteilte die Prostitution; dennoch argumentierten einflussreiche Autoren wie Augustinus, es handele sich um ein „kleineres Übel“. Der Prostitution wurde eine Ventilfunktion für die sexuellen Bedürfnisse derer zugesprochen, die das mittelalterliche Heiratsrecht benachteiligte. Gerade im Spätmittelalter gab es in vielen deutschen Städten Bordelle, die im Besitz der Gemeinde waren – Prostitution war nicht nur geduldet, sondern institutionalisiert. Die Stadträte verpachteten die Bordelle an Hurenwirte, die sich verpflichteten, gewissen Auflagen nachzukommen, etwa Hygienebestimmungen oder Vereinbarungen über die Bezahlung der Huren. Neben dieser Sonderform der Prostitution im Spätmittelalter gehen Historiker von häufiger Gelegenheitsprostitution und fahrenden Prostituierten aus, insbesondere in ländlichen Gebieten. Im Mittelalter wurden Prostituierte in städtischen Frauenhäusern oder Privatbordellen nicht nur mit lateinischen Ausdrücken bezeichnet, sondern auch mit Umschreibungen wie „freie Frauen“, „freie Töchter“, „gemeine Frauen“ (gemeyn frauwen), „gemeine Weiber“, „Fensterhennen“ (vensterhennen), „Hübschlerinnen“, während man bei Prostituierten, die sich von Ort zu Ort bewegten, von „fahrenden Frauen“, „trippâniersen“ oder „soldiersen“ sprach.[4]

Renaissance und frühe Neuzeit

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In spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Städten waren die „Hübschlerinnen“ oft zunftähnlich organisiert. Mit der Reformation verloren viele Prostituierte ihre Rechte und wurden aus den Städten vertrieben, weil die protestantische Sichtweise die Prostituierten als Sinnbild und Überbleibsel der Verderbtheit der katholischen Gesellschaft ansah. Viele von ihnen wurden als Hexen verbrannt.[5] In Österreich wurden die im Mittelalter in vielen Städten eingerichteten Frauenhäuser im Laufe des 16. Jahrhunderts wieder geschlossen.[6] Die Zeit der Renaissance war neben Kunst, Kultur und Wissenschaft in Europa auch eine Blütezeit des Kurtisanenwesens, eine gesellschaftlich akzeptierte Form der Prostitution. Vor allem in Rom, das auch „Haupt der Welt“ genannt wurde (Roma caput mundi), bestimmte diese Form der Prostitution wesentlich den Ruf und das Erscheinungsbild der Stadt. Die speziellen Gesellschaftsstrukturen und das kulturelle Klima in Rom im 16. Jahrhundert schufen die Voraussetzungen für ein Nebeneinander klerikaler Prachtentfaltung und käuflichen Geschlechtsverkehrs. Bei Feiern, Theateraufführungen, Gelagen und Empfängen vor allem kirchlicher Würdenträger wurde die Abwesenheit von Frauen immer mehr als Verlust und Mangel empfunden. Um diese „Lücke“ zu füllen, lud man Kurtisanen zu solchen Gesellschaften ein. Das Wort „Kurtisane“ leitet sich ab von Cortigiana („Hofdame“) und bezeichnete um 1500 die gehobene Prostituierte, vergleichbar mit den Hetären des antiken Griechenlands.

17. Jahrhundert

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Die Verheerungen des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648) bedingte vielerorts einen Zerfall der Gesellschaft und ihrer Normen. Entwurzelte Frauen, aber auch andere weibliche Angehörige und Ehefrauen der Soldaten, schlossen sich den umher ziehenden Heeren als Trosshuren an. Der Tross erreichte teilweise solche Dimensionen, dass er von eigens bestallten Hurenweibeln organisiert werden musste. Ein Frauenschicksal dieser Zeit schildert Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen um 1670 im Romanzyklus Trutz Simplex.

Bei den kaiserlichen Truppen waren Prostituierte in vier Klassen unterteilt: Die erste und oberste Kategorie nahm die Mätresse ein, die zweite die Konkubine, die dritte die Metze, die vierte und unterste die Hure.[7]

Im Königreich Frankreich war die Prostitution im 17. Jahrhundert strafbar. Im Jahr 1658 hatte Ludwig XIV. verfügt, dass alle Frauen, die der Prostitution nachgingen, wegen Unzucht oder Ehebruchs verurteilt würden, in die Salpêtrière zu internieren seien, bis sie Buße getan hätten und durch einen Priester die Absolution erhalten hätten.[8] Gleichwohl gab es Straßenprostitution und Bordellwesen. Gleichzeitig blühte die Kultur der Kurtisanen und Mätressen, von denen einige so mächtig und reich wurden, dass sie sogar Regierungsgeschäfte beeinflussen konnten und auf etlichen Ölgemälden porträtiert wurden. Die ganze Zunft der damaligen Kunst war von Prostituierten als Modell abhängig, da die bürgerliche Frau sich nie als Modell für ein Gemälde zur Verfügung gestellt hätte. Auch in der darstellenden Kunst, wie Theater, Oper oder Ballett, waren die Übergänge zur Prostitution fließend, so dass in der italienischen Oper aus Schicklichkeit Frauen sogar ganz untersagt wurde zu singen und Frauenrollen mit Kastraten besetzt wurden.

18. Jahrhundert

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Transport der Freudenmädchen zur Polizeiwache, Étienne Jeaurat, 1755

Im Jahr 1794 wurde im § 999 des Preußischen Allgemeinen Landrechts festgelegt, dass sich „liederliche Weibspersonen … in die unter Aufsicht des Staates geduldeten Hurenhäuser“ zu begeben hätten. Als „liederliche Weibspersonen“ galten Frauen, „welche mit ihrem Körper ein Gewerbe betreiben“ wollen.

Der britisch-niederländische Arzt und Sozialreformer Bernard de Mandeville sprach sich 1724 in einer populären Streitschrift für eine legalisierte, staatlich kontrollierte Prostitution aus.[9] Seine Bescheidene Streitschrift für Öffentliche Freudenhäuser enthält eine für die Zeit angesichts verschiedener Querelles des femmes durchaus einfühlsame und differenzierte Geschlechterpsychologie.[9] Jonathan Swifts etwas später erschienene Satire A Modest Proposal spielt vermutlich auf den 1729 bereits sprichwörtlich gewordenen Titel an.[9] Als Mittel gegen die Verbreitung von Geschlechtskrankheiten empfiehlt Mandeville, die Prostituierten kostenlos medizinisch zu behandeln, wenn sie eine Ansteckung freiwillig meldeten, aber sie zu verbannen und hart zu bestrafen, wenn sie diese verbärgen.[9]

19. Jahrhundert

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Au Salon de la rue des Moulins von Henri de Toulouse-Lautrec, 1894
Prostituierte in einem Bordell in Yokohama, Ende 19. Jahrhundert; Fotografie von Kusakabe Kimbei
Loge im Sophiensaal von Josef Engelhart, 1903

Wegen des Bevölkerungswachstums in der Zeit der industriellen Revolution nahm die Zahl der Prostituierten insbesondere im 19. Jahrhundert zu. Ein immer größer werdender Anteil der Stadtbevölkerung lebte in Armut. Besonders betroffen waren davon Frauen, die meistens nur über eine geringe Ausbildung verfügten und denen häufig nur Tätigkeiten offen standen, in denen sie geringfügige Gehälter verdienten. Zu den Gelegenheitsprostituierten zählten Dienstmädchen, Modistinnen, Blumenfrauen und Wäscherinnen, die sich auf diese Weise ihr Gehalt aufbessern mussten. Manche Frauen waren nur durch die Prostitution in der Lage, ausreichend Geld für ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Karl Marx konnotierte 1844 die Prostitution als eine besondere Ausdrucksform der allgemeinen Prostitution des Arbeiters.[10]

Immer mehr Staaten gingen dazu über, die Prostitution gesetzlich zu regulieren. Eine solche Regulierung, gerechtfertigt durch eine beabsichtigte soziale, gesundheitspolitische oder auch moralische Kontrolle, machte es den Prostituierten praktisch unmöglich, ihrem Milieu zu entkommen. Die Reglementierung zementierte auch die sexuelle Doppelmoral, die Prostituierte gesellschaftlich ächtete, die Prostitution aber gleichzeitig als ein für Männer notwendiges Übel oder erwünschtes Erprobungsfeld ansah. Man wollte jederzeit auf sie zurückgreifen können, sie jedoch nicht als gesellschaftliche Normalität anerkennen. Viele Frauen der Mittelschicht wehrten sich gegen diese Doppelmoral.

In Bremen wurde im sogenannten Bremer Reglement von 1852 festgelegt, dass die Prostitution „kein Gewerbe im eigentlichen Sinne“ sei. Durch diese Unterscheidung zwischen Prostitution und erlaubtem Gewerbe wurde die Sittenwidrigkeit unmittelbar juristisch verankert.[11]

In Großbritannien wurden in den Jahren ab 1864 die Contagious Diseases Acts mit dem Zweck der medizinischen Kontrolle zur Vermeidung der sich immer weiter ausbreitenden Geschlechtskrankheiten erlassen. Josephine Butler führte den Kampf der Ladies’ National Organisation gegen die Contagious Diseases Acts an. Diese Kampagne, die in Prostituierten weniger ‚Schuldige‘ als Opfer männlicher Lüsternheit sah, „veränderte […] die politische Landschaft Großbritanniens während der spätviktorianischen Zeit. Mit der Kampagne wurden soziale und sexuelle Konventionen hinterfragt, die nie zuvor öffentlich diskutiert wurden. Die Kampagne radikalisierte zahlreiche Frauen, härtete sie gegenüber öffentlichen Angriffen und Verleumdungen ab und schuf eine Infrastruktur des politischen Protests“.[12] Die Erlasse wurden 1883 außer Kraft gesetzt und 1885 vollständig aufgehoben. Das Problem war dadurch aber nicht aus der Welt geschafft, da die Erlasse wichtig waren. Nachdem die Frauenbewegung ihr Ziel erreicht hatte, ließ das Interesse an den Rechten der Prostituierten nach. Eine große Verelendung war die Folge, da die Bordelle auf Betreiben der Frauenverbände geschlossen worden waren und die Prostituierten dazu gezwungen waren, auf die Straße zu gehen, wo sie polizeilicher Willkür und Gewalt durch Kunden und konkurrierende Zuhälter erst recht schutzlos ausgeliefert waren. Folge war, dass die Prostitutionskriminalität in die Höhe schoss. Die Geschlechtskrankheiten breiteten sich durch die nun nicht mehr kontrollierbare und kontrollierte Prostitution ungehemmt aus und fingen an, das Bürgertum zu durchsetzen, da die Hauptkunden zumeist die Söhne und Ehemänner der bürgerlichen Frauen waren, die sich in den Verbänden engagierten.

In der Kunst des ausgehenden 19. Jahrhunderts war ein deutlicher Bewertungswandel der Prostitution zu beobachten. Aus politischen Gründen wurde dies oft abgetan: „Vertreter der naturalistischen Schule wie Richard Dehmel, Max Dauthendey, Otto Erich Hartleben, Otto Julius Bierbaum und Karl Bleibtreu widmeten sich der Befreiung der Frau von moralischen Konventionen, der freien Liebe und der Erhöhung der Prostituierten zur ‚venus vulgivaga‘ (umherschweifende Venus) in einer Weise, die eher lüstern als politisch zu nennen war.“ (Gordon A. Craig).

20. Jahrhundert

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Soldatenbordell in einer ehemaligen Synagoge, Brest, Frankreich, 1940

Auf der Ebene des Völkerrechts gab es Versuche, sich auf Standards zur Bekämpfung von Prostitution und Menschenhandel zu einigen. Beispiele sind unter anderem das Internationale Übereinkommen vom 18. Mai 1904 zur Gewährung wirksamen Schutzes gegen den Mädchenhandel und die Konvention zur Unterbindung des Menschenhandels und der Ausnutzung der Prostitution anderer von 1949.[13]

Während des Zweiten Weltkrieges wurden von der Wehrmacht und der SS Wehrmachtsbordelle eingerichtet. Frauen, die bei dieser Form der Zwangsarbeit mit Geschlechtskrankheiten angesteckt wurden, wurden in Vernichtungslager verbracht oder exekutiert. In den Konzentrationslagern gab es Lagerbordelle. Es war bei allen Kriegsparteien üblich, Kriegsbordelle einzurichten. Den von den japanischen Besetzern Ostasiens euphemistisch sogenannten „Trostfrauen“, meistens Chinesinnen und Koreanerinnen, drohte ähnliches.

Prostituierte in einem Bordell in Neapel, 1945

In der DDR bediente sich das Ministerium für Staatssicherheit der offiziell seit 1968 unter Strafe stehenden Prostitution zur Informationsgewinnung über den „Klassenfeind“.[14] Die Prostitution wurde nicht nur geduldet, sondern sogar durch Schulungen gefördert. Es wurden sowohl männliche als auch weibliche Prostituierte eingesetzt. Die Staatssicherheit der DDR nannte diese Art des Einsatzes „Frauenspezifische Verwendung“. Mit Informationen über sexuelle Deviationen der „Zielpersonen“ (d. h. der Kunden) wurden Dissidenten erpressbar. Haupteinsatzorte bei West-Besuchern waren die Intershops sowie die Leipziger Messe, internationale Kongresse und Veranstaltungen und die dazu genutzten Devisenhotels.

Nach der sexuellen Revolution ist die Prostitution in einigen Ländern von einem Tabuthema allmählich in den Rang eines gesellschaftlich zumindest hingenommenen Alltagsphänomens aufgerückt. Dies kommt auch durch Darstellungen in Kunst, Musik und Literatur zum Ausdruck. Während in dem Film Frühstück bei Tiffany von 1961 noch Andeutungen gemacht werden, wurde das Thema in Liedern wie Honky Tonk Women (1969) von den Rolling Stones und Lady Bump (1975) von Penny McLean zunehmend deutlicher angesprochen. Anfang des 20. Jahrhunderts bot laut einer Erhebung des Department of Justice jede fünfzigste Frau in den USA zwischen 20 und 30 Jahren sexuelle Dienste für Geld an. Eine in einem Bordell tätige Prostituierte konnte auf ein Jahreseinkommen von in heutigen Geldwert umgerechnet 76.000 US-Dollar pro Jahr kommen. Um 2009 verdiente eine Straßenprostituierte in Chicago durchschnittlich etwa 18.000 US-Dollar.[15] Teile der Frauenbewegung lehnten und lehnen die Prostitution scharf ab, während andere dessen Legalität ausdrücklich unterstützen und Prostituierte in ihren Arbeitskämpfen unterstützten. Die sich inzwischen etablierende Hurenbewegung der 1980er und 1990er Jahre kann als ein Teil der Frauenbewegung angesehen werden.[16]

Die zunehmende Globalisierung und Öffnung der Grenzen verändert das Bild der Prostitution. Frauen aus Ländern mit prekären Lebensverhältnissen drängen in die reichen Staaten oder werden angeworben oder angelockt, was die einheimischen Prostituierten zum Teil verdrängt und neue Strukturen mit sich bringt.

21. Jahrhundert

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Das Rotlichtviertel von Frankfurt am Main bei Nacht, Mai 2005

2001 wurde ein Rückgang der Prostitutionskunden in der westlichen Welt beobachtet, was zum einen auf eine Zunahme der Möglichkeiten sexueller Aktivitäten außerhalb von Partnerschaften in Gestalt von Seitensprungportalen, Swingerclubs sowie Telefon- und Internetangeboten und zum anderen auf die Folgen von Finanz- und Wirtschaftskrisen zurückgeführt wird. Gleichzeitig ist eine Zunahme des Prostitutionsangebots zu verzeichnen.[17]

Der Europäische Gerichtshof erklärte im November 2001, dass Prostitution zu den Erwerbstätigkeiten gehört, die „Teil des gemeinschaftlichen Wirtschaftslebens“ im Sinne von Art. 2 EG sind.[18] In Deutschland gewann Felicitas Schirow im Dezember 2001 mit einem Urteil des Berliner Verwaltungsgerichtes einen Prozess, den sie um die vom Berliner Bezirksamt Wilmersdorf geforderte Schließung ihres Bordellbetriebs, des Café Pssst!, führte. In der Urteilsbegründung des Gerichtes hieß es, die Prostitution sei heute nicht mehr als sittenwidrig anzusehen, es habe eine Veränderung der Wertvorstellungen gegeben. Prostitution sei zu einer sozialen Realität geworden, die es zu akzeptieren gelte. Dennoch stellte das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf im Februar 2001 gegen das Urteil Antrag auf Zulassung der Berufung.[19] Parallel dazu gewann Stephanie Klee einen Prozess, in dem sie erfolgreich ihren Lohn für sexuelle Dienstleistungen einklagte. Beide Urteile konnten als Präzedenzfall gewertet werden und gelten für das Zustandekommen des im Januar 2002 in Kraft getretenen Prostitutionsgesetzes als bedeutend.

Der Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter (FEMM) des Europäischen Parlaments schlug dem Parlament im sogenannten Honeyball-Report, benannt nach der Vorsitzenden Mary Honeyball, die Empfehlung des „Schwedischen Modells“ vor.[20] Bereits 2004 wurde festgestellt, dass 6 Jahre nach der Einführung der Kundenbestrafung sowohl die Prostitution in Schweden generell als auch die Prostitution in Außenbereichen abnimmt.[21] Am 26. Februar 2014 wurde die Resolution zur Empfehlung des Schwedischen Modells vom Europäischen Parlament verabschiedet.[22] Die nicht bindende Resolution wurde mit 343 Stimmen angenommen, 139 Abgeordnete stimmten dagegen, 105 enthielten sich.[23][24] Ähnlich positionierte sich der Europarat am 8. April 2014 mit der Resolution 1983 (2014).[25] Menschenrechts-, Frauen- und Prostituiertenverbände, wie Gesundheitsexperten, Wissenschaftler und Polizeiverbände kritisierten die Beweisaufnahme und Quellenrecherche als unzureichend, selektiv und manipulativ und führten ins Feld, dass bei einer Kundenbestrafung das Abrutschen der Prostituierten in die Illegalität und dunkle Kanäle zu befürchten ist, wo sie nicht mehr erreichbar wären.[26]

Die gesellschaftliche Wahrnehmung der Prostitution im beginnenden 21. Jahrhunderts ist geprägt von der Zersplitterung in verschiedene Positionen und Anschauungen, die von totalem Verbot und massiver Kriminalisierung bis zu völliger Legalisierung und Anerkennung als Erwerbstätigkeit reichen. Als Kontrapunkt zu den Prostitutionsgegnern, die sich selbst Abolitionisten (nach dem Abolitionismus zur Abschaffung der Sklaverei) nennen, formierten sich national und international Menschenrechtsverbände und Aktivistengruppen, die mit immer größerem Selbstbewusstsein die Anerkennung und Entkriminalisierung der Prostitution forderten. Bis zur Gegenwart werden die Kämpfe zwischen den Parteien in der öffentlichen Diskussion und in den Medien erbittert geführt, wozu auch die sozialen Medien und das Internet mit den Manipulationsmöglichkeiten genutzt werden.

Im Sommer 2025 erschien der "Abschlussbericht - Evaluation des Prostituiertenschutzgesetzes", in dem die nach wie vor lückenhafte Datenlage beklagt wird. Dies gelte nicht zuletzt für die Darstellungen der Prostitutionsgegner. Im Fazit auf Seite 18 heißt es "Die Behauptung, dass völker- und europarechtliche Abkommen (...) mehrheitlich ein grundsätzliches Sexkaufverbot empfehlen, trifft schlicht nicht zu." Weiterhin wird dort die Kritik erwähnt, dass eine Legalisierung der Prostitution die Nachfrage und somit den Menschenhandel fördern würde. Dazu heißt es "Valide Belege für diese Kritik gibt es bislang nicht". Die Behauptung, allein in Deutschland würden 180.000 bis 360.000 Personen in der Zwangsprostitution ausgebeutet, sei "nicht sonderlich plausibel".[27]

Formen und Ausprägungen

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Prostitution ist im Prostituiertenschutzgesetz definiert als der Verkauf von sexuellen Handlungen aller Art, wobei diese von der verkaufenden Person ausgeübt, zugelassen oder in direkter Anwesenheit der kaufenden Person vorgeführt wird. Diese Definition umfasst auch erotische und Tantra-Massagen, deshalb müssen sich auch Masseurinnen und Masseure als Prostituierte anmelden.[28] Nicht zur Prostitution gehören Vorführungen mit ausschließlich darstellerischem Charakter wie zum Beispiel Striptease oder auch bezahlter Cybersex, da der Kunde nicht direkt anwesend ist.

Erkenntnisse und Daten werden hauptsächlich an Krisenorten wie Krankenhäusern, Psychiatrien, Kinderheimen, Flüchtlingslagern, Polizeistationen und/oder Gefängnissen erhoben und sind durch die besonderen Umstände und Situationen der betroffenen Personen, den damit verbundenen Problemen sowie den kulturellen, sozialen und politischen Hintergründen beeinflusst. Es gibt Umfragen – sowohl unter Prostituierten als auch unter Kunden, die jedoch nicht immer repräsentativ sind.

Präzise Angaben über Anzahl der Prostituierten gab es in Deutschland bis Ende 2013 nicht.[29][30] 2017 trat die Verordnung über die Führung einer Bundesstatistik nach dem Prostituiertenschutzgesetz (Prostitutions-Statistikverordnung – ProstStatV) in Kraft.[31]

Die GESA-Studie Psychische Gesundheit von Sexarbeiter*innen in der Covid-19 Pandemie aus dem Jahr 2021 enthält eine Tabelle Kontexte der Prostitution mit Angaben von 50 befragten Prostituierten.[32] Demnach arbeiten nur die wenigsten Prostituierten auf dem Straßenstrich, im Wohnwagen oder Bordellen, jedoch die meisten im Escort-Service oder in Privatwohnungen.

Kontexte der Berufsausübung
(n=50, Mehrfachangaben möglich)
56 % Escort-Service
54 % Privatwohnung
42 % Hotelzimmer
36 % Internetplattform
16 % Sexualassistenz
12 % BDSM-Studio
12 % Auto
08 % Saunaclub / Massagestudio / Swingerclub
06 % Laufhaus / Bordell
02 % Straßenstrich
02 % Wohnwagen

Prostitution im öffentlichen Raum

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Prostitution in Wohnmobilen in Lyon (Frankreich) 2006
Koberfenster in Amsterdam
Bar in einem Edelbordell

Bei der öffentlichen Prostitution stehen die Prostituierten an bestimmten, offiziell dafür vorgesehenen oder inoffiziell bekannten, offen einsehbaren Stellen und bieten sich potentiellen Kunden an. So findet Prostitution an Straßen, in Hotelbars, Raststätten und an ähnlichen Orten statt. Relativ neu ist die Verrichtungsbox als kontrollierte Variante des Straßenstrichs. Bei der Straßenprostitution wird die Dienstleistung in der Regel entweder im Auto oder in Hotels durchgeführt, oft in sogenannten Stundenhotels. Einige Prostituierte warten in Wohnwagen oder Wohnmobilen, die ihren Arbeitsplatz darstellen, an Parkplätzen oder Autobahnraststätten auf Kunden. Stefan Zweig gibt einen Hinweis auf den Ursprung des Begriffs „Strichmädchen“ in seinem Buch Die Welt von Gestern: „In Wien wurden sie allgemein ‚Strichmädchen‘ genannt, weil ihnen von der Polizei mit einem unsichtbaren Strich das Trottoir abgegrenzt war, das sie für ihre Werbezwecke benutzen durften...“[33]

Prostitutionsstätten

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Eingangstüren zu einem Bordell (2011)

Bordelle sind spezielle Häuser, die über einen Kontaktraum verfügen, in denen der Kunde eine Prostituierte oder einen Stricher (House of Boys) auswählen kann und dann mit ihr oder ihm ein Zimmer für den Sex (ähnlich einem Stundenhotel) aufsucht. Abwandlungen sind Laufhäuser oder Straßen mit schaufensterähnlichen Räumen im Erdgeschoss, in denen die Prostituierten sitzen.

Bei Modellprostitution mieten die Prostituierten Zimmer in sogenannten Modellwohnungen, manchmal nur für eine begrenzte Zeit. Sie werben zum Beispiel in Lokalzeitungen oder im Internet, um Kunden anzuziehen. Einige Betreiber von solchen Modellwohnungen setzen gezielt auf diese Art des Angebots, um immer neue Gesichter zu garantieren und damit Kundeninteresse zu wecken. Zum Teil sind diese Häuser untereinander vernetzt und die Prostituierten sind in ein Rotationsprinzip eingebunden.

Bei Prostitution in Kontaktsaunen oder sogenannten Partytreffs sitzen die Prostituierten in einer gewollt wohnlichen Atmosphäre und bieten sich so den Kunden an. Für die Ausübung der sexuellen Handlungen sucht man entweder Einzelräume auf oder sie finden auf sogenannten „Spielwiesen“ statt, wobei es durchaus vorkommen kann, dass mehrere Paare gleichzeitig die ausgehandelte Tätigkeit durchführen (bis hin zum Gruppensex). Gewöhnlich wird vom Kunden ein Pauschalbetrag als Eintritt bezahlt, der ein kaltes oder warmes Buffet, Getränke sowie Wellnessangebote wie Sauna oder Whirlpool beinhaltet, jedoch keine sexuellen Dienstleistungen – diese sind direkt mit den Prostituierten zu vereinbaren.

In sogenannten Flatrate-Bordellen, auch Pauschalclubs genannt, zahlten Kunden zu Beginn einen Pauschalbetrag und konnten danach die Dienstleistungen der Frauen unbegrenzt nutzen. Diese Geschäftsstrategie ist seit Einführung des Prostituiertenschutzgesetzes im Jahr 2016 illegal.[34]

In Nachtclubs sitzen Prostituierte als Animierdamen an der Bar. Einige bekommen Provision, wenn sie mit den Gästen trinken und so deren Konsum fördern.

Begleitservice und Besuchsprostitution

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Bei Begleitservice oder Besuchsprostitution (Callgirls, Callboys) werden Prostituierte direkt über Kontaktanzeigen im Internet und Printmedien oder über Vermittlungsagenturen (sog. Escortagenturen) gebucht. Die gewünschte sexuelle Dienstleistung wird beim Kunden zu Hause, in einem Hotel oder in einer separat angemieteten Wohnung erbracht. Bei gehobenen Escortdiensten gehen die gebuchten Prostituierten unter Umständen auch auf Reise oder lassen sich auf Bestellung ins Ausland ein- und ausfliegen. Im Internet findet die Anbahnung meist über Erotikportale und Foren statt. Letztere dienen auch dem Austausch über Gütekriterien der Leistung. Zu den bekanntesten Callgirls gehörte Xaviera Hollander.

Angebot diverser Sexualpraktiken

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Spintria

Angeboten werden eine Reihe von Sexualpraktiken. Von der Vielfalt der Stellungen und Praktiken zeugen schon die Abbildungen auf den Spintriae aus dem Römischen Reich.

Prostitution funktioniert nach den Gesetzen des Marktes; somit werden auch die von zahlenden Kunden verlangten Praktiken, Personen und Präferenzen in Bezug auf Geschlecht, Alter, Aussehen, Tätowierungen, Intimschmuck, Haut- und Haarfarbe, Figur sowie körperliche und sonstige Besonderheiten jeglicher Art der Nachfrage entsprechend angeboten.

Für Sadomasochisten findet in SM-Studios eine Prostitutionsform statt, welche auf den sexuellen Genuss von „Strenge und Schmerz“ aufbaut. Die aktiv Ausübenden werden Domina/Sado genannt, die passiv „Duldenden“ Sklave/Sklavia. Diese Szene zählt sich selbst in der Regel nicht zum herkömmlichen Prostitutionsgewerbe. Allerdings sprechen sich einige Prostituierte dafür aus, auch Prostitution im BDSM-Bereich explizit als solche zu benennen.[35]

In manchen ostasiatischen Ländern werden auch Menschenaffen für sexuellen Missbrauch angeboten, wobei nicht deutlich wird, ob die Befriedigung sodomistischer Kunden oder die Versklavung der Tiere das Hauptmotiv liefert.[36]

Sexualassistenz oder Surrogatpartner

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Als Sonderform der Prostitution gilt die Surrogatpartnerschaft (auch Sexualassistenz oder Sexualbegleitung genannt) dar, die alte und behinderte Menschen bei der sexuellen Bedürfnisbefriedigung unterstützen soll. Sexualassistenten führen Handlungen für Menschen aus, wozu diese aufgrund körperlicher Einschränkungen nicht fähig sind. Dabei können auch emotionale Partnerschaften eingegangen werden.[37] Im Gegensatz zu vielen anderen therapeutischen oder behinderungsspezifischen Hilfen obliegt die Finanzierung dieser Dienstleistung in aller Regel den betroffenen Menschen selbst. Auch eine Kostenübernahme durch die Krankenkassen (‚Sex auf Krankenschein‘) ist in Deutschland – anders als etwa in den Niederlanden – gesetzlich ausgeschlossen. In Dänemark werden mit staatlicher Hilfe bessere Möglichkeiten zur Befriedigung sexueller Bedürfnisse für behinderte Menschen angeboten, das heißt, es werden nach Wunsch Prostituierte für diese Menschen engagiert.[38] Sexualassistenten werden in Deutschland durch spezielle (therapeutische) Ausbildungsgänge geschult, um auf die besonderen Bedürfnisse behinderter Menschen einzugehen. Allerdings ist die Ausbildung in vielen anderen Ländern unterschiedlich geregelt oder nicht vorhanden.[39]

Männliche Prostitution

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Männliche Prostitution richtet sich an einen überwiegend männlichen Kundenkreis. In der sozialen Arbeit werden trotz schwieriger Abgrenzung oft Callboys als besser situierte und selbstbestimmter arbeitende Sexarbeiter von den Strichern unterschieden, die zumeist in prekären Verhältnissen leben. Die Leiterin der Kriseninterventionsstelle der Aids-Hilfe in Frankfurt am Main schätzt den Anteil von Männern unter den Prostituierten in Frankfurt auf 30 Prozent. Die meisten von ihnen seien heterosexuell und suchen aus reiner Geldnot in Kneipen, Bars, Parks und Toiletten nach Kunden.[40] Aktuelle Studien geben für Deutschland einen Männeranteil von 8–12 % in der Prostitution an.[41]

Männliche Prostitution mit einem weiblichen Kundenkreis stellt die Ausnahme in Deutschland dar. Eine Sonderform stellen die Bumsters oder Beachboys dar, die in Urlaubsländern prostitutionsähnliche Verhältnisse mit Sextouristinnen eingehen.[42]

Die Zielgruppe von Prostitution bilden vor allem Männer, die spezifisch als Freier, allgemeiner und zunehmend als Kunden, Klienten oder Gäste bezeichnet werden. Für die Bezeichnung von Frauen haben sich entsprechende weibliche Formen eingebürgert (Kundin, Freierin). Gegner der Prostitution bezeichnen sie als Ausbeuter.[43]

Anteil der Männer, die schon einmal für Sex bezahlt haben
Land Anteil Stichprobe Jahr Quelle
Finnland 13 % 624 1999 Rotkirch u. a.[44]
Norwegen 11 % 1617 1992 Leridon u. a.[45]
Schweden 13 % 1475 1996 Lewin u. a.[46]
Dänemark 14 % 6350 2005 Lautrup[47]
Großbritannien 7 % 7941 1991 Wellings u. a.[48]
Niederlande 14 % 392 1989 Leridon u. a.[45]
Schweiz 19 % 1260 1992 Leridon u. a.[45]
Spanien 39 % 409 1992 Leridon u. a.[45]
Russland 10 % 870 1996 Rotkirch u. a.[49]
Vereinigte Staaten 16 % 1709 1992 Michael u. a.[50]
Australien 16 % k. A. 2003 Weitzner[51]
Deutschland 18 % 524 1994 Kleiber u. a.[52]

Wie viele Prostitutionskundinnen und -kunden es gibt, ist nicht genau bekannt. Udo Gerheim, Universität Oldenburg, schrieb 2012: „Es muss daher konstatiert werden, dass zur Zeit keine verlässlichen und abgesicherten quantitativen Primärdaten über das soziale Feld der Prostitution existieren.“[53] Die in wissenschaftlichen und journalistischen Werken genannten Größenordnungen von 1,2 Millionen Kunden pro Tag und 400.000 Prostituierten in Deutschland[54] sind lediglich Schätzwerte und Hochrechnungen, die teilweise aus den 1980er-Jahren stammen. Hochgerechnet auf die männliche Bevölkerung bedeutet dies, dass im Durchschnitt jeder Mann zwischen 20 und 59 einmal monatlich eine Prostituierte aufsucht.[55][56] Neuere Berechnungen gehen jedoch von deutlich weniger Sexarbeitenden aus. Eine Studie aus dem Jahr 2023 des Erotikportals Erobella kommt zu dem Ergebnis, dass es 88.800 Prostituierte hierzulande gibt, die Organisation Doña Carmen spricht von rund 90.000 Sexarbeitenden.[57][58]

Hintergrund für die schlechte Datenlage ist, dass die Prostitution als Themengebiet wenig Reputation verspricht und als anstößig gilt. Vorhandene Untersuchungen beschränken sich meist auf juristische, medizinische und sozial-hygienische Aspekte. Warum sich Untersuchungen vorwiegend mit der männlichen Nachfrageseite beschäftigen, beschreibt Gerheim wie folgt: „Im Vergleich zur bisherigen administrativen Regulation der Prostitution kann diese staatsfeministisch inspirierte Machttechnologie als entscheidender sozialpolitischer und juristischer Paradigmenwechsel betrachtet werden. Die Rollen in diesem gesellschaftlichen Drama sind in Gestalt des Kunden als männlicher (Gewalt-)Täter und der weibliche Prostituierten als hilfloses weibliches Opfer unwiderruflich festgelegt.“[59] Die spärlich vorliegenden quantitativen Ergebnisse unterliegen zudem hohen Unsicherheiten. Diese ergeben sich aufgrund unterschiedlicher Erhebungsmethoden (telefonisch, online, schriftlich, persönlich), Erhebungspersonal (Mann oder Frau), Verständnis von Prostitution und der Häufigkeit der Prostitutionsnachfrage (einmalig, gelegentlich, regelmäßig).

Für Deutschland haben Kleiber und Velten 1994 die Ergebnisse ihrer quantitativ empirischen Untersuchung vorgelegt. Dieser zufolge haben 18 % der männlichen Bevölkerung zwischen 15 und 74 Jahren bereits käuflichen Sex nachgefragt.[60] Für die dänischen Daten konnte zudem 2005 differenziert werden, dass 60 % der prostitutiv aktiven Männer nur einmaligen bis geringen (bis zu fünf Mal) Kontakt zu Prostituierten hatten.[61]

Männliche Prostitutionskunden stammen aus allen sozialen Schichten und Altersgruppen, wobei die 20–40-Jährigen nach einer sozialstrukturellen Analyse der bundesrepublikanischen Freiergruppe nach Kleiber (2004) mit 72 % überrepräsentiert sind. Auch waren mit 56 % die ledigen Männer am stärksten vertreten gegenüber 34 % Verheirateten und 10 % Geschiedenen.[62] Früher wurde gelegentlich, etwa im Kinsey-Report, von einer Überrepräsentation älterer Männer gesprochen. Zudem führten Kleiber und Velten aus, dass überdurchschnittlich viele Kunden zwischen 20 und 40 Jahre alt, ledig oder geschieden sind und Abitur oder Fachabitur haben oder aus akademisch vorgebildeten Kreisen stammen. Es werden drei idealisierte Kundentypen präsentiert: 1. Der Playboy, 2. Der Verlierer und 3. Der Familienvater.[63]

Doris Velten hat in ihrer Dissertation im Jahr 1997 bei 62 qualitativ-standardisierten Interviews mit Kunden zwei signifikante Alterskohorten bei dem Erstbesuch von Prostituierten beschrieben. So waren 47 % der Männer bei ihrem Erstbesuch jünger als 20 Jahre und 45 % zwischen 20 und 30 Jahre.[64]

In Bezug auf weiblichen Sextourismus in der Karibik sind Hinweise auf eine Überrepräsentanz von Frauen der amerikanischen weißen Mittelschicht erkennbar.[65]

Deutliche Unterschiede hinsichtlich Einkommen und Bildung lassen sich allerdings bezüglich der von männlichen Kunden nachgefragten Prostitutionssegmente beobachten. So ist die Finanzkraft der Kunden entscheidend für das nachgefragte Prostitutionssegment. Während Straßen- und Beschaffungsprostitution tendenziell eher von finanzschwachen Männern nachgefragt wird, orientieren sich finanzstärkere Männer eher im Hochpreissegment von Escort- und Hotelprostitution. Geld und Sexualität sind daher beides Mangelprodukte, die in der Prostitution getauscht werden.[66] Dabei kann das Bezahlen zugleich Macht und Ohnmacht bedeuten,[67] markiert es doch die Bedürftigkeit der Kunden und verweist auf ihr Unvermögen, ohne Geld bei Frauen erfolgreich zu sein.[68]

Jedermann-Hypothese

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Einer Hypothese zufolge gibt es keine hinsichtlich sozialer oder kultureller Merkmale typischen Kunden.[69] Während die Jedermann-Hypothese auch international mehrfach belegt ist,[70][71] steht sie offensichtlich im Widerspruch zum Befund, dass eine Mehrheit der Männer keine Prostitutionskunden sind.

Gerheim schrieb 2012 hinsichtlich des Umfangs der männlichen Prostitutionsnachfrage:[72]

„Es kann festgestellt werden, dass auch global betrachtet nur ein kleiner Teil der männlichen Gesamtbevölkerung Prostitution aktiv und regelmäßig nutzt und dass für eine relevante Größe der Männer die Nachfrage nach käuflichen Sex lediglich ein singuläres bzw. marginales Ereignis darstellt.“

Feministische Sichtweisen

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Gemäß der feministischen Kritik der historischen und zweiten Frauenbewegung stellt Prostitution einen existenziellen Angriff auf das sexuelle Selbstbestimmungsrecht von Frauen dar und degradiert diese zu einem Tauschobjekt männlich sexueller Unterwerfungslust. Entsprechend werden Kunden mit Vergewaltigern gleichgesetzt,[73][74] was jedoch in der wissenschaftlichen Diskussion strittig ist.[75] Die Radikalfeministin Andrea Dworkin hat diese Gleichsetzung männlicher Sexualität mit Gewalt mit publizistischer Unterstützung der EMMA-Herausgeberin Alice Schwarzer bereits 1987 geäußert.[76] Dworkin geht dabei von der Annahme aus, dass Gewalt ein essentieller und naturgegebener Bestandteil der männlichen Sexualität ist. Entsprechend werden Prostitutionskunden als „normale“ Männer verstanden, die Frauen vergewaltigen.[77] Prostitution wird dabei als spezielle Form männlicher Gewalt gegen Frauen interpretiert. Demzufolge sind alle Kunden Vergewaltiger, weil sie Frauen missbrauchen, indem sie durch Geld ihre Zustimmung erzwingen.[78][79]

Ein weiterer Ansatz ist die Charakterisierung aus Sicht der Kunden. So behauptet eine schwedische Studie, dass Männer, die nach Einführung der Kundenbestrafung weiterhin käuflichen Sex nachfragen, eine kranke perverse Sexualität besitzen.[80]

Auf der Grundlage ihrer Stichprobe unterschied Doris Velten in ihrer biografischen Kunden-Studie[81] in Deutschland sechs Kategorien von Kunden:

  1. enttäuschter Romantiker: Er ist zumeist älter als 40 Jahre und verheiratet, geschieden oder ledig und kommt in allen Bildungsschichten vor. Er nutzt die Prostitution als Ersatz für empfundene Defizite in der privaten Partnerschaft. Er hätte lieber eine feste Partnerin und wäre dieser treu. Das gelingt ihm aber nicht, da es entweder zurzeit keine Partnerin gibt oder sie sich sexuell verweigert.
  2. rationaler Stratege: Er ist im Durchschnitt 39 Jahre alt und ebenfalls verheiratet, geschieden oder ledig. Im Gegensatz zum enttäuschten Romantiker kann er seinen Prostitutionsbesuch rational durch Defizite erklären, ohne das Gefühl zu haben, etwas zu tun, was einer privaten Partnerschaft schaden könnte.
  3. liberalisierter Kunde: Er ist ebenfalls über 40, aber in der Regel geschieden und verfügt über ein geringeres Bildungsniveau. Er hat sich von traditionellen Partnerschaftsvorstellungen freigemacht (liberalisiert) und geht zu Sexarbeitenden, weil er Lust an der Überschreitung von Grenzen hat. Gleichwohl kann sein prostitutiver Erstkontakt auch aus einem Defizitgefühl erfolgt sein. In Veltens Beispiel stellt dieser Kundentyp eine Ausnahme dar.
  4. Hedonist: Er ist durchschnittlich Mitte 30, ledig und mit unterschiedlichem Bildungsniveau. Er besucht Prostituierte weniger aufgrund privater sexueller Defizite, sondern aus Lust an der Prostitution. Er hat eher unkonventionelle Partnerschaftsideale und keine Schwierigkeiten, die eigenen Kundenaktivitäten mit seinem Selbstbild zu vereinbaren.
  5. zwiespältiger Kunde: Er ist zwischen 20 und 30 Jahre alt. Er kann seine Kundenaktivitäten überhaupt nicht mit seinem Selbstbild vereinbaren, obwohl er keine konventionellen Beziehungsvorstellungen hegt. Er erlebt die Prostitutionsbesuche als unkontrollierbare rauschhafte Dynamik, die er zur Herstellung seiner Männlichkeit nutzt und von denen er sich abhängig fühlt. Er bereut den Prostitutionsbesuch, doch das Gefühl der Minderwertigkeit als Mann zwingt ihn zu Wiederholung und zur erneuten Wiederherstellung von Männlichkeit.
  6. neugieriger Single: Er stellt wie der liberalisierte Kunde ebenfalls eine Ausnahme in der untersuchten Stichprobe dar. Er hat nicht-traditionelle Beziehungswünsche und weit mehr sexuelle Spontankontakte als andere Kundentypen. Er geht aus Neugier zu Prostituierten, eventuell nach einer festen Partnerschaft und in der Regel auch nur wenige Male im Verlauf seines Lebens. Kunde zu sein, ist mit seinem Selbstbild nicht vereinbar, weil ihm der Kontakt zu wenig erotisch vorkommt.

Eine historische Auswertung finnischer Akten von Polizei, Gerichten und Gesundheits- und Ordnungsbehörden im Umfeld der Prostitution des 19. Jahrhunderts unterteilt die Kunden in

  1. Studenten, Soldaten, Seeleute, Arbeiter und Männergruppen,
  2. verheiratete ältere Männer aus der Mittelklasse und Oberschicht,
  3. alleinstehende, obdachlose arme Männer sowie
  4. Abenteurer auf der Suche nach spezifischen sexuellen Erfahrungen.[82]

Die Erkenntnisse soziologischer und psychologischer Motivforschung über die Gründe männlicher Nachfrage nach käuflicher Sexualität jenseits pathologisierender Diskurse (Sexualpathologie) sind spärlich und verweisen auf ganz unterschiedliche Motivbündel. Jüngere Untersuchungsmodelle gehen jedoch davon aus, dass die männliche Nachfrage weniger eine definierte Rolle ist, sondern sie wird mehr als sozialer Prozess verstanden, der sich in unterschiedlichen Sinnstrukturen untergliedern lässt.[83]

Der verlorene Sohn von Johannes Baeck (1637). Der verlorene Sohn verprasst sein Erbe bei den Huren. Öl auf Leinwand, 123 × 184 cm

Historisch wird die männliche Nachfrage mit einer Ventilfunktion in Verbindung gebracht. Dem liegt die Vorstellung einer männlichen Dampfkesselsexualität[84] zugrunde. So wird von männlichem Triebstau und Triebabfuhr gesprochen. Diese Vorstellung hat ihre Ursprünge in der medizinischen Säftelehre, nach der die männlichen Genitalien eng mit dem sogenannten uro-genitalen Apparat verbunden sind. Männliche Sexualität wird auf die Ejakulation reduziert, die ähnlich wie der Harndrang einer vermeintlich „natürlichen“ Entleerung bedürfe.

Hinzu kommt die weit verbreitete Annahme, dass Männer wegen ihres stärkeren Sexualtriebs eine entsprechende Triebabfuhr brauchen, da ansonsten die Gesellschaft gefährdet sei.[85] Zusammen mit dem historischen Masturbationsverbot ergibt sich so die Gefahrenabwehr als erste Begründung für die männliche Prostitutionsnachfrage.

Die Hure schützt die bürgerliche Gesellschaft vor Unzucht, Vergewaltigung, Verführung, Betrug, Ehebruch, Selbstbefleckung (Piraten, Mordbrenner, Seeräubervolk). Nur durch die Schamlosigkeit der Huren ist die Keuschheit der Frauen und Jungfrauen möglich.

Doris Velten: Aspekte der sexuellen Sozialisation. Berlin, 1994.[86]

Für die männliche Sexualität wird ferner eine besondere Objektbezogenheit angenommen. Diesen Objektbezug männlicher Sexualität beschrieb der Begründer der Psychoanalyse Sigmund Freud mit den Worten: Wo sie lieben, begehren sie nicht, und wo sie begehren, können sie nicht lieben. Sie brauchen Objekte, die sie nicht lieben brauchen, um ihre Sinnlichkeit von ihren geliebten Objekten fernzuhalten.[87] Vor dem Hintergrund dieser angenommenen Selbstbezogenheit des männlichen sexuellen Begehrens wird die Reduktion der Frau zum Sexualobjekt interpretiert. Prostitution erhält zudem eine gegenüber der bürgerlichen Ehe Kompensations- und Surrogatfunktion[88] zur Regulation des männlichen Triebhaushaltes. Sie ermöglicht es Männer ihre „stets anwesende“ Sexualenergie ohne emotionale Bindungserwartungen und ohne soziale Konsequenzen wie Heirat oder Verlobung ungehindert und jederzeit ausagieren zu können.[89] Dementsprechend entspringe die männliche Nachfrage nach käuflichem Sex einer bürgerlichen Doppelmoral mit dem patriarchalen Mythos, dass die männliche Über- und weibliche Unterordnung ein „erotischer“ Lustgewinn für den Mann sei.[90]

Im Widerspruch zur angenommenen Selbstbezogenheit und Objektfixierung des männlichen sexuellen Begehrens stehen allerdings Befunde, denen zufolge das Lustempfinden der Prostituierten ein wesentliches Nachfragemerkmal von Kunden ist und die glaubwürdige Inszenierung der weiblichen Lust und des weiblichen Begehrens ein wesentliches Qualitätsmerkmal der nachgefragten käuflichen Sexualität darstellt.[91]

Die Prostitutionsforscherin Sabine Grenz hat im Jahr 2005 anhand von 19 narrativen Interviews zur männlichen Nachfrage nach käuflicher Sexualität die folgenden zentralen Diskursmuster zur männlichen Prostitutionsnachfrage benannt: 1. Heteronormative Reproduktion von Männlichkeit durch Ausschluss von Homosexualität, 2. triebdynamische Selbstkonzepte und 3. das Fortbestehen sexueller Doppelmoral als männliche Machtstrategie.[92] Sie führt dazu aus: „Der am häufigsten aufgeführte Grund dafür, zu Prostituierten zu gehen, ist insbesondere für alleinstehende Männer der leichte und garantierte Zugang zu Sex, und für Männer, die in Partnerschaft leben, die Suche nach Abwechslung bzw. der Wunsch nach sexuellen Praktiken, die die Ehefrau nicht teilen möchte.“[93] Doris Velten fasst entsprechend zusammen:

„Prostitutionskontakte dienen nahezu immer der Minimierung sexueller Unzufriedenheiten.“

Doris Velten: Aspekte der sexuellen Sozialisation. Berlin 1994.[94]

In der jüngsten, an Pierre Bourdieu angelehnten, Feld-Habitus-dynamischen Untersuchung der männlichen Prostitutionsnachfrage aus dem Jahr 2012 hat Udo Gerheim[95] schließlich die folgenden vier generalisierten Motivstrukturen beschrieben:

  1. Die sexuelle Motiv-Dimension. Sie gilt als die bedeutsamste Motiv-Dimension und ist auf sämtliche Angebotsmuster des Prostitutionsumfeldes ausgerichtet, die auf eine unmittelbar körperlich-sexuelle Funktionslogik abzielen. Hierzu zählen sowohl genuine sexuelle Motive als auch körperliche-erotische Wünsche der Männer nach Zärtlichkeit und Körperkontakt.
  2. Die soziale Motiv-Dimension. Diese ist zweigeteilt: Zum einen ist sie funktional auf kommunikativ-emotionale Bedürfnismuster der Kunden ausgerichtet. Zum anderen ist sie auf destruktive Motivmuster menschlicher oder männlicher Sozialität bezogen (Macht-, Gewalt- und Dominanzmuster, Frauenhass).
  3. Die psychische Motiv-Dimension. Sie zielt auf psychodynamische Bedürfnisstrukturen von Kunden ab. Dabei geht es primär darum, psychische Spannungszustände wie Scham- und Schuldgefühle, narzisstische Kränkungen, Selbstwertkrisen, Depressionen etc. oder andere missliebige Spannungslagen (etwa Langeweile oder Frustration) in der Prostitution auszuagieren.
  4. Die Erotisierung der Subkultur. Sie umfasst zum einen die libidinöse Besetzung des Prostitutionsumfeldes als (antibürgerliche) Subkultur. Zum anderen wird hiermit die enorme sexuelle Anziehungskraft des Felds als sexuelle Omnipotenzdimension der Generierung und Befriedigung sexueller Wünsche und Fantasien verbunden.

Ferner unterscheidet Gerheim hinsichtlich der Einstiegsmotive und der Motive der kontinuierlichen Nachfragepraxis.

  • Als Einstiegsmotive werden die Neugier und nicht willentliche oder situationsbedingte Prozesse, die durch zufällig wahrgenommene Reize ausgelöst sind und durch „Alkoholkonsum, akute psychische Probleme oder Gruppendynamik“ vorhandene „moralische Zweifel oder ästhetische Bedenken“ außer Kraft setzen, genannt. Als drittes Einstiegsmotiv benennt Gerheim „habituelle Krisen bzw. identitär aufgeladene sexualbiografische Ablaufstörungen“. Dazu werden „fehlende Sexualerfahrung, kommunikative Probleme im Kontakt mit Frauen, subjektiv empfundene Unattraktivität, Verlust der Partnerin, ein ›quälender‹ Wunsch nach sexueller Abwechslung, privat unrealisierbare sexuelle Praktiken“ gezählt.[96]
  • Die kontinuierliche Nachfragepraxis begründet Gerheim zum einen mit einer „anhaltenden Kompensationsstrategie bei fortlaufender habitueller Krise, vornehmlich als klassische Kompensation von Problemen in der privaten oder partnerschaftlichen Sexualität“. Demnach übt die Prostitution einen starken „Sogeffekt“ auf die Kunden aus. Dabei „haben sich empirisch folgende Motive gezeigt: der allzeit mögliche, garantierte, direkte und unkomplizierter Zugriff auf jede denkbare gewünschte Sexualität, das Praktizieren von ‚reiner‘ bzw. ‚pornografischer‘ Sexualität ohne Vorlaufzeit, bereinigt von einer romantisch-zärtlichen körperlichen Annäherungsphase, die Ich-Zentrierung der Interaktion bei Ausschluss von Beziehungserwartungen, die raum-zeitliche Begrenztheit der intimen Begegnung, die Befreiung von Verantwortung für die (sexuelle) Situation, die Möglichkeit männliche Rollenbilder und geschlechtsspezifische Anforderungen zu transzendieren (‚passiv‘ oder ‚anders‘ sein können) und privat unrealisierbare sexuelle Settings und Inszenierungen zu erwirken“.[97]

Letzteres steht allerdings insoweit im Widerspruch zu vorherigen Befunden, als die tatsächlich nachgefragten sexuellen Praktiken sich nur wenig oder überhaupt nicht von privaten partnerschaftlichen Sexualpraktiken unterscheiden. Die Mehrheit der befragten Kunden der Hydra Studie[98] äußerten eher passive Bedürfnisse nach Zärtlichkeit, Nähe, Streicheln, Kuscheln, Unterhaltung und viel Zeit.

Stellungnahmen und Selbstzeugnisse von Kunden

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In der Debatte um die Kundenbestrafung erschien in Frankreich das Manifest „Hände weg von meiner Hure“,[99] und in Deutschland der „Offene Brief an Alice Schwarzer“ der sog. „Freieroffensive“.[100] In einigen Dokumentarfilmen kommen Kunden als Interviewpartner zu Wort.[101]

Rahmenbedingungen

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Unfreiwillige Prostitution und Zwangsprostitution

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Die Gründe, aus denen Menschen sich dazu gezwungen sehen, Sex als Arbeit auszuüben, können sehr unterschiedlich sein und sind oft mehrschichtig. Die Abgrenzung zwischen Zwang und freiwilliger Berufswahl kann schwierig sein. In wirtschaftlich schwachen Ländern, beispielsweise in Ländern der Dritten Welt, ergreifen die Menschen diese Tätigkeit meistens, weil sie sonst keine andere Möglichkeit sehen, ihren täglichen Lebensunterhalt zu bestreiten.

Das Warten eines Zuhälters auf eine Prostituierte nach der ärztlichen Kontrolle (Berlin, 1890)

Zuhälter üben oft Zwang auf die für sie tätigen Prostituierten aus, entweder damit sie sich überhaupt prostituieren oder damit sie den gewünschten Anteil an den Einnahmen an ihn oder sie abliefern. Bei allen Formen der Prostitution können die Prostituierten unter der Kontrolle eines männlichen oder weiblichen Zuhälters stehen. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Zuhälter die Prostituierten unter Einsatz von Gewalt oder psychischer Manipulation (also durch gezieltes Ausnutzen persönlicher Schwächen), gelegentlich auch suchterzeugender Drogen, in einem Zustand der Abhängigkeit halten. In solchen Situationen geht der Verdienst ganz oder weitgehend an die Zuhälter. Eine Gegenleistung wird bestenfalls darin geleistet, indem für den Schutz der Prostituierten in dem oft nicht ungefährlichen Milieu gesorgt wird.

Zuhälterei kann aber dazu führen, dass Prostituierte mehr verdienen. So zeigt eine empirische Analyse von Prostituierten in Chicago, dass Zuhälter zahlungskräftigere und -willigere Kunden rekrutieren als Prostituierte alleine. Auch können Prostituierte mit Zuhältern vor Gewalt von Kunden besser geschützt sein.[102]

Insbesondere gibt es einen Bereich des grenzüberschreitenden Menschenhandels, bei dem Menschen aus wirtschaftlich schwachen Ländern oder armen ländlichen Gebieten von Menschenhändlern unter Vorspiegelung legaler Arbeitsmöglichkeiten an andere Orte gelockt oder verschleppt werden, wo sie durch körperliche und seelische Gewalt und Freiheitsberaubung in persönliche und finanzielle Abhängigkeit gebracht und dann zur Prostitution gezwungen werden.

Prostitution Minderjähriger und Kinderprostitution

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Kinderprostitution war bereits im Altertum bekannt. Schon der römische Dichter Martial begrüßte es in einem seiner Epigramme, dass Kaiser Domitian ein Gesetz gegen die Prostitution Minderjähriger erlassen hatte.[103]

Schätzungen von UNICEF zufolge werden vier Millionen Kinder im Rahmen von internationaler Kinderprostitution kommerziell sexuell ausgebeutet; nach Schätzungen der UNESCO zwei Millionen.[104][105]

Im deutschen Strafrecht greifen, wenn eine Einwilligung oder sogar das Angebot von einer Person unter 14 Jahren vorliegt, für sexuelle Handlungen §§ 176 und 176a StGB (Sexueller Missbrauch von Kindern). In Ländern wie Deutschland oder den Niederlanden wird das Phänomen der Loverboys beobachtet, die minderjährige Mädchen rekrutieren.[106]

Sex-Worker-Denkmal Belle im Amsterdamer Rotlichtviertel De Wallen mit der Aufschrift „Respect sex workers all over the world.“

Prostitution findet häufig „im Verborgenen“ statt, was vielfach als Grund dafür angesehen wird, dass Prostituierte mitunter Opfer von psychischer und physischer Gewalt werden. Serienmörder wählen mitunter Prostituierte als Opfer, wie beispielsweise Jack the Ripper und Robert Pickton. Zudem berichteten 92 % aller befragten Prostituierten einer 2004 vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in Auftrag gegebenen Studie davon, in ihrem Umfeld körperliche Gewalt zu erleben. 70 % aller befragten Frauen gaben außerdem an, schon mindestens einmal sexuelle Gewalt erlebt zu haben. Diese Befunde sind um ein Mehrfaches höher als jene der repräsentativen Bundesstudie aller in Deutschland lebenden Frauen.[107] Das Risiko körperlicher Gewalt durch Zuhälter, Freier und/oder Bordellbetreiber ist bei Frauen und Mädchen, die bereits in jungen Jahren mit der Prostitution begonnen haben, besonders hoch.[108]

Interessenvertretungen riefen den 17. Dezember als „Internationalen Tag gegen Gewalt an Sexarbeiter_innen“ (International Day to End Violence Against Sex Workers) aus.[109]

Eine Prostituierte in Tijuana, Mexiko

Beschaffungsprostitution

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Drogenabhängigkeit kann ein Grund für den Einstieg in die Prostitution sein, über die dann die Drogenbeschaffung finanziert wird. So motivierte Prostitution wird Beschaffungsprostitution genannt. Dass die Abhängigkeit der Prostitution vorausgeht, wird häufig beobachtet, insbesondere führte Crack in den USA zu einem Anstieg der Beschaffungsprostitution.[110] In einer Metastudie wurde der Rückgang der Prostitutionsausübung im Zuge des erfolgreichen Drogenentzugs beobachtet.[111] Sucht und Prostitution stehen jedoch auch in einem Wechselverhältnis, indem Drogen die Prostitutionstätigkeit ertragen helfen oder Drogengebrauch Teil der Sexarbeit ist.[110] Für Deutschland wird angenommen, dass bis zu 80 % der weiblichen Drogenabhängigen ihren Konsum mit Prostitution finanzieren, weshalb ein entsprechender „Drogenstrich“ oft in der Nähe der Drogenszene angesiedelt ist.[112] Beschaffungsprostitution kann mit einer besonders hohen Gefahr der Infektion mit STI einhergehen, der Gesundheitszustand der Betroffenen ist überdurchschnittlich schlecht. Hinzu kommen Stigmatisierungen auch durch nicht-abhängige Prostituierte.[113]

Gesundheitliche und sozialhygienische Aspekte

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Schlechte Arbeitsbedingungen, aber auch die fehlende gesellschaftlichen Akzeptanz und damit verbundene Rechtlosigkeit werden als Ursache für ein körperliches und psychisches Ausbrennen (Burn-out) gesehen, unter denen einige Prostituierte leiden.[114] Eine Studie von 2005 ergab, dass 41 % der Straßenprostituierten Gewalt erlebten. Täter sind aber auch die eigenen Beziehungspartner. Es wurden Knochenbrüche, Verstauchungen, Verletzungen im Gesicht bis hin zu Brandwunden beschrieben.[115]

In einer Lübecker Studie (110 Teilnehmerinnen) aus dem Jahr 2007 wurde bei einem Viertel der untersuchten Straßenprostituierten eine behandlungsdürftige sexuell übertragbare Krankheit diagnostiziert. Fast die Hälfte war von einer akuten Infektion betroffen oder hatte eine solche hinter sich. In Bezug auf Syphilis und Hepatitis B war der Prozentsatz im Vergleich zu einer sich nicht prostituierenden Kontrollgruppe signifikant erhöht. Nicht signifikant erhöht waren: Chlamydieninfektion, bakterielle Vaginose, Candidainfektion und HIV. Die Verbreitung von Hepatitis C betrug bei Prostituierten 4,5 % und bei der sich nicht prostituierenden Kontrollgruppe 0 %.

Sexuell übertragbare Krankheiten können über einen längeren Zeitraum bestehen und erhebliche Folgeschäden und Folgekosten nach sich ziehen, welche sich durch ungeschützten Geschlechtsverkehr, Zahl der Kunden und deren weiteren Sexualpartner potenzieren. Aufgrund der in Deutschland seit 2001 vorgeschriebenen Freiwilligkeit der Untersuchung empfiehlt die Studie ein vermehrtes Zugehen auf die Prostituierten und die Schaffung einer langfristigen Vertrauensbasis.[116]

Eine Untersuchung des Robert Koch-Instituts (1425 Untersuchungspersonen) von 2010/11 in mehreren Gesundheitsämtern kommt zu dem Schluss, dass sich die Raten von sexuell übertragbaren Krankheiten bei den Prostituierten der Untersuchungsgruppe über die Gesundheitsämter teils drastisch unterschieden, aber insgesamt nicht viel höher schienen als bei der Allgemeinbevölkerung. Es konnte allerdings eine hohe Infektionsquote bei Personen festgestellt werden, die erst vor kurzen der Prostitution nachgehen, unter 20 Jahre alt sind, Drogen nehmen, ohne Deutschkenntnisse, nicht alphabetisiert sind, keine Krankenversicherung haben oder auf Nachfrage Sex ohne Kondom praktizieren. Die Studie sieht einen dringenden Bedarf an präventiven Maßnahmen, auch aufsuchenden Beratungs- und Untersuchungsangeboten durch Streetworkern und konstatiert: „Präventives Verhalten ist schwer, solange die Frauen nicht die Erfahrung machen, dass sie durch ihr eigenes Verhalten ihre Zukunft gestalten können und langfristig positive Perspektiven sehen. Und schließlich gibt es wie bei vielen Menschen die Tendenz, medizinische Hilfe nur bei akuten Beschwerden aufzusuchen. Frauen, die zur Prostitution gezwungen werden, können sich oft auch nicht vor sexuell übertragbaren Erkrankungen oder ungewollten Schwangerschaften schützen.“[117] Die HIV-Quote liege bei 0,2 % und sei bei Prostituierten in den Niederlanden mit 2 % um ein Vielfaches höher.

Dennoch warnte der Bochumer Dermatologe Norbert H. Brockmeyer, Präsident der Deutschen STI-Gesellschaft (DSTIG), im Dezember 2013 anlässlich der Tagung „Sexarbeit und STI-Forschung“ in Köln vor Restriktionen für weibliche Prostituierte und vor Strafverfolgung von Kunden: „Wenn wir von unserem Vorgehen bei der HIV-Infektion lernen wollen, dann sehen wir, dass alle Staaten, die versucht haben, über Zwangsmaßnahmen die HIV-Epidemiologie einzudämmen, dramatische Zuwächse an Infektionen hatten.“ Er warnt vor ähnlichen Effekten in Deutschland, wenn weibliche Prostituierte und Kunden in Deutschland Strafen oder noch stärkere Stigmatisierungen befürchten müssen.[118]

Die Bedingungen für einen Ausstieg gestalten sich für Prostituierte im Allgemeinen schwierig, da sich beispielsweise bei Bewerbungen Probleme bei der Darstellung des Lebenslaufs ergeben können. Milieubedingte soziale und finanzielle Abhängigkeiten erschweren eine andere Berufswahl und selbst die Rückkehr in das Heimatland. Der Ausstieg scheint für viele Prostituierte nicht nur finanziell riskant.[119][120]

In Deutschland liegt die Verantwortung für die Ausstiegsförderung vor allem bei den Bundesländern.[121] Die meiste Hilfe wird von Nichtregierungsorganisationen übernommen. In Esslingen existierte ab den 1980er-Jahren ein Modellprojekt des Landratsamtes („Esslinger-Modell“), das Prostituierten den Ausstieg durch Zahlung des doppelten Sozialhilfesatzes und Ausbildungsangebote ermöglichen sollte. Durch die Hartz IV-Reformen im Jahre 2005 musste dieses Projekt jedoch eingestellt werden.[122] In Berlin sorgte 2009 der Fall einer Prostituierten für Aufmerksamkeit, die aus psychischen Gründen den Ausstieg vollziehen wollte und von Sozialhilfe abhängig war, der jedoch vom Jobcenter Leistungskürzungen angedroht wurden, falls sie die Prostitution nicht weiterhin im Nebengewerbe ausführen werde.[123]

Gesellschaftliche und politische Akzeptanz

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Gesellschaftliche Bewertungen

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Prostitution wird häufig als „unmoralisch“, „unsittlich“ und „gesellschaftsverderbend“ betrachtet. Von Teilen der Bevölkerung werden Prostituierte als „minderwertig“ angesehen. Ihnen werden meist automatisch negative Eigenschaften zugeschrieben, wie Amoralität oder Würdelosigkeit. Sie haben einen Randgruppenstatus, da sie nicht den von der Mehrheit der Bevölkerung vertretenden Normalitätsvorstellungen entsprechen.[124] Häufig war die Bewertung von der Doppelmoral geprägt, dass die nachfragenden Männer unabhängig von ihrem Handeln anerkannt wurden und vor Geschlechtskrankheiten zu schützende Vulnerable Gruppe gesehen wurden. Ende des 19. Jahrhunderts wurde diese Doppelmoral mit der Bewegung der Suffragetten stark kritisiert.

Im Zuge des Falles Riehl und der danach durchgeführten polizeilichen Verfolgung und Landesverweisung von Straßen-Sexarbeiterinnen, — nicht aber der Bordellleiterin Riehl, die kurz nach ihrer Verurteilung wieder frei gelassen wurde —, merkte Karl Kraus 1907 an:

„Wäre der Strizzi Staat so ehrlich, zu bekennen, daß er die Kontrolle der Prostitution sich lediglich aus dem Motiv der Gewinnsucht sichern, daß er einfach auf die Steuern der konzessionierten Bordelle nicht verzichten will, seine Lumperei hätte einen gewissen Stil und bedürfte der kläglichen Ausrede auf die Moral nicht.“[125]

Im NS-Staat galten Prostituierte als asozial.[126] Infolge der nationalsozialistischen Propaganda verbreitete sich in Deutschland die Vorstellung, dass diese Diskriminierung einem „gesunden Volksempfinden“ entsprechen würde.

Bis in die 1960er-Jahre galten Frauen bereits als verachtungswürdig, sobald sie einmal von der Gesellschaft als „gefallenes Mädchen“ betrachtet wurden.

In den meisten Ländern ist Prostitution verboten (siehe Prostitution nach Ländern).

Die Bekämpfung der Prostitution wird mit der Sorge um den allgemeinen sittlichen Zustand der Gesellschaft begründet sowie mit der Durchsetzung bestimmter Wert- und Moralvorstellungen (Arbeits- und Ausbildungsverbot für Frauen oder diesbezügliche Beschränkungen, Abtreibungsverbot, Strafbarkeit homosexueller Handlungen usw.) begründet. Dazu kommt, dass Prostituierte auch öffentlich stigmatisiert wurden: Im Mittelalter mussten Prostituierte besondere Schleier und Bänder tragen. Noch bis in die Moderne hinein wurden Frauen und Männern, die in den Verdacht der Prostitution gerieten, in Akten als „sexuell auffällig“ oder „abnorm“ geführt. Zur Zeit des Nationalsozialismus wurden diese systematisch erfasst. In den Konzentrationslagern mussten sie als Asoziale einen Schwarzen Winkel tragen.

Laut einer Umfrage von Infratest dimap in Deutschland aus dem Jahr 1999 bejahten über 70 % der Altersgruppen zwischen 18 und 59 Jahren die Frage, ob Prostitution ein anerkannter Beruf mit Steuer- und Sozialversicherungspflicht sein soll. 66 % der Männer und 69 % der Frauen sprachen sich dafür aus. Methodisch wurde die Umfrage allerdings insoweit kritisiert, als nach „Pflichten“ und nicht nach „Rechten“ für Prostituierte gefragt wurde. Eine andere Formulierung hätte den Kritikern zufolge zu anderen Ergebnissen führen können.[127]

Bis 2002 wurde die bis dahin als sittenwidrig geltende Prostitution legalisiert, wodurch eine Steuerpflicht, aber aufgrund der fast ausschließlich als selbständige Tätigkeit ausgeführten Prostitution für die Betroffenen keine Sozialversicherungspflicht, eingeführt wurde.

2013 löste ein von Alice Schwarzer ins Leben gerufener und von zahlreichen Personen des öffentlichen Lebens unterzeichneter Appells gegen Prostitution[128] mit über 10.000 Unterzeichnern[129] eine gesellschaftliche Debatte aus. Darin wurde unter anderem ein besserer Schutz der von Menschenhandel und Prostitution betroffenen und eine „Ächtung und, wenn nötig, auch Bestrafung der Freier; also der Frauenkäufer, ohne die dieser Menschenmarkt nicht existieren würde.“ gefordert. Als Gegenreaktion wurde vom Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen der Appell für Prostitution initiiert und fand ebenfalls einige prominente Unterstützer und über 1.400 Unterzeichner.[130]

Die so ausgelöste Debatte machte auch das 1999 erstmals in Schweden eingeführte sogenannte Nordische Modell in Deutschland bekannt, wonach von Prostitution betroffene als Opfer sexueller Gewalt verstanden werden und deshalb keine Strafen fürchten, sondern mit präventiven Maßnahmen und Ausstiegshilfen erreicht werden sollen, wohingegen alle Profiteure kriminalisiert werden. Neu ist dabei, dass erstmals auch die Nachfragenden Kunden als Profiteure kriminalisiert und als „sexuelle Ausbeuter“ stigmatisiert werden.

In Deutschland sprach sich laut einer Anfang 2014 veröffentlichten Emnid-Umfrage nach wie vor eine Mehrheit der Bevölkerung gegen das Verbot von Prostitution aus. Allerdings plädierten bereits 18 % für eine Bestrafung von Freiern nach schwedischem Vorbild und 10 % befürworteten ein traditionelles Komplettverbot. Bei dem Thema unentschlossen war laut den Meinungsforschern ein ungewöhnlich hoher Anteil von knapp einem Sechstel.[131]

2017 wurde das Prostituiertenschutzgesetz eingeführt, welches Betroffene besser schützen soll. Eine einseitige Bestrafung der Nachfrageseite wurde allein bei Verletzung der Kondompflicht vorgesehen.

Mediale Rezeption

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Grundlagen

Grundsätzlich lassen sich aus rechtlicher Sicht vier Modelle zur Regulierung der Prostitution feststellen:[132][133][134]

  1. Nach dem Prohibitionsprinzip werden alle mit Prostitution in Verbindung stehenden Handlungen und Personen unter Strafe gestellt. Einen Sonderfall stellt das Nordische Modell dar, das zuerst 1998 in Schweden etabliert wurde: Dieses verfolgt den Ansatz einer asymmetrischen Kriminalisierung, nachdem nur jene Person bestraft wird, die sexuelle Dienstleistungen nachfragt, nicht jene, die sie anbietet.[135]
  2. Das Abolitionsprinzip zielt auf die langfristige Abschaffung der Prostitution, während sie staatlicherseits mehr oder weniger toleriert wird. Verboten ist aber die Erzielung von Einnahmen aus der Prostitution anderer (zum Beispiel Zuhälterei), zum Teil auch das Betreiben von Bordellen (neuer Abolitionismus).[132][133] Das Abolitionsprinzip nach dieser Definition ist nicht deckungsgleich mit den Zielen der historischen Abolitionsbewegung.
  3. Gemäß dem Regulationsprinzip ist Prostitution legal, aber staatlich reglementiert – beispielsweise mittels Sperrbezirken, Registrierungspflichten oder obligatorischen medizinischen Untersuchungen.[136] Als Beispiele für die Praktizierung des Regulationsprinzip gelten die Niederlande und Deutschland.
  4. Das Entkriminalisierungsprinzip sieht Prostitution als Form der Erwerbsarbeit an und regelt sie entsprechend, das heißt, Prostitution wird entkriminalisiert.[134] In Reinform wird dies jedoch in keinem Land praktiziert.

Prostitutionsgesetz (2002)

In Deutschland ist Prostitution von Erwachsenen, die dieser freiwillig nachgehen, seit dem Inkrafttreten des Prostitutionsgesetzes (ProstG) am 1. Januar 2002 legalisiert. In Bezug auf die Sittenwidrigkeit hingegen bestehen Vorbehalte, primär zum Zweck des Jugendschutzes.[137] Während früher Verträge über geschlechtliches Verhalten als sittenwidrig und damit gem. § 138 Abs. 1 BGB als nichtig angesehen wurden, erkennt § 1 Satz 1 ProstG erstmals einen Entgeltanspruch von Prostituierten an, der – nachträglich – entsteht, wenn die sexuellen Handlungen vorgenommen worden sind. Entsprechend ist auch das Verfügungsgeschäft über dieses Entgelt wirksam. Allerdings ist davon das Verpflichtungsgeschäft zu unterscheiden. Da die Bereitschaft zu geschlechtlichem Verhalten um der Menschenwürde willen jederzeit widerruflich sein muss, kann ein Erfüllungsanspruch hinsichtlich der Leistung der Prostituierten nicht bestehen.

Prostituiertenschutzgesetz (2017)

Am 1. Juli 2017 trat ein neues Prostituiertenschutzgesetz zur Reformierung des Prostitutionsgesetzes in Kraft, das die Regulierung der Prostitution verschärft.

Das Prostituiertenschutzgesetz enthält unter anderem folgende wesentliche Neuregelungen:

  • Eine Anmeldepflicht für Prostituierte sowie die Ausweispflicht mittels Anmeldebescheinigung während der Ausübung der Tätigkeit
  • Verpflichtendes Informations- und Beratungsgespräch sowie obligatorische regelmäßige Gesundheitsberatung für Prostituierte
  • Zuverlässigkeitsprüfung und Pflichten für Bordellbetreiber, Erlaubnispflicht für die Eröffnung einer Prostitutionsstätte
  • Eine gesetzliche Kondompflicht, bei Nichteinhaltung begeht der Kunde oder die Kundin eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 € belegt ist.

Lokale Regelungen Prostitution findet je nach örtlicher Sittenverordnung statt. Manche Städte haben Sperrbezirke eingerichtet. Das heißt, dass Prostituierte ihrem Beruf nur an Orten nachgehen dürfen, an denen kein Wohngebiet ist und sich keine Schulen, Krankenhäuser, Kirchen oder sonstigen sozialen oder religiösen Einrichtungen befinden. Nicht selten bildete sich infolgedessen ein Rotlichtmilieu, wenn nicht gar ein ganzes Rotlichtviertel aus. Prägnante Beispiele sind in Hamburg-St. Pauli die Reeperbahn oder das Bahnhofsviertel in Frankfurt am Main.

Regelungen aufgrund der COVID-19-Pandemie in Deutschland

Im Rahmen der COVID-19-Pandemie in Deutschland wurde die Ausübung von Prostitution aus Gründen des Infektionsschutzes vorübergehend verboten. Dies hat zu einer Zunahme der illegalen Prostitution geführt.[138]

Diskussion um die Legalisierung

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Kritiker der Prostitution verweisen auf die finanzielle und sexuelle Ausbeutung der Prostituierten bis hin zur Zwangsprostitution oder die Ausbreitung von Geschlechtskrankheiten. Die Käuflichkeit der sexuellen Dienstleistung laufe zumindest Gefahr, den Menschen selbst zu einem käuflichen Objekt zu degradieren. Hierin liege ein Verstoß gegen die Menschenwürde der Prostituierten vor.

Gloria Steinem behauptet, eine Legalisierung könne dazu führen, dass der Staat Frauen zur Prostitution anhält. In Nevada habe die Regierung die Prostitution im Vergleich zur Sozialhilfe als Win-win-Situation betrachtet und vorangetrieben, bis dies durch massive Öffentlichkeitsaktionen gestoppt wurde.[139]

Befürworter des Entkriminalisierungsprinzips sind hingegen bemüht, die Prostitution als einen normalen Beruf zu etablieren. 2004 behauptete die Wiener Stadtsoziologin Julia Ortner, Erfahrungen in diversen Ländern zeigten, dass das Verbot nicht funktioniere und die Bedingungen für die Frauen durch ein Verbot noch schlechter geworden seien. Dies gelte besonders, wenn nicht die Freier, sondern nur die Prostituierten bestraft würden.[140]

Befürworter des Regulationsprinzips erwarten von der Durchführung regelmäßiger Untersuchungen sowie der behördlichen Registrierung aller Prostituierten eine effizientere Bekämpfung von AIDS und anderen sexuell übertragbaren Erkrankungen.[141]

In Deutschland wurde auch eine Altersgrenze diskutiert. So gab es im Jahre 2014 innerhalb der Großen Koalition Vorschläge, die Altersgrenze auf 21 Jahre heraufzusetzen.[142] Inwieweit eine solche Maßnahme vor Zwangsprostitution schütze, war umstritten. Kritiker befürchteten, dass die 18- bis 21-Jährigen dadurch wieder in die Illegalität gedrängt würden.[143]

Verbände, Selbsthilfegruppen und Fachberatungsstellen

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Die erst im 20. Jahrhundert in der Öffentlichkeit sichtbare Hurenbewegung ist sehr dezentral organisiert.

Es gibt eine Vielzahl von Hilfsorganisationen, die sich für die Verbesserung der Lebenssituation in der Prostitution einsetzen.

Die Gewerkschaft ver.di versucht, mit einem Arbeitskreis Prostitution (Fachbereich 13 Besondere Dienstleistungen), die Interessen von Prostituierten zu vertreten. Dabei konzentriert sich die Gewerkschaft auf die arbeitsrechtliche Absicherung von Prostituierten, unter anderem mit einem Muster-Arbeitsvertrag. Daneben hat sich 2002 für selbstständige Prostituierte und Betreiber von Bordellen oder bordellartigen Betrieben der Bundesverband Sexuelle Dienstleistungen (BSD) gegründet. Seit 2007 gibt es als reinen Arbeitgeberverband den Unternehmerverband Erotik Gewerbe Deutschland. Als Netzwerk unterstützen sich die Mitglieder beim Umgang mit Behörden und versuchen die Öffentlichkeit über den Wirtschaftszweig aufzuklären.[144] Seit Oktober 2013 existiert auch der von Prostituierten mit dem Ziel der Verbesserung ihrer Lebens- und Arbeitsbedingungen gegründete Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen (BesD). Allgemein ist der Organisationsgrad derzeit sowohl auf Arbeits-, als auch auf Kapitalseite noch gering.

Das Bündnis der Fachberatungsstellen für Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter (bufas) setzt sich ein für die dauerhafte Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen von Prostituierten, deren rechtliche und soziale Gleichstellung mit anderen Erwerbstätigen sowie die Entkriminalisierung der Prostitution. Die älteste deutsche Selbsthilfeorganisation für „Sexarbeiter“ Hydra befindet sich in Berlin und besteht als Verein seit 1980. Im Jahr 2023 sind 35 Fachberatungsstellen im bufas Mitglied.[145] Sie sind in freier oder kirchlicher Trägerschaft organisiert und finanzieren sich aus öffentlichen Geldern und Spenden. Alle zwei Jahre veranstaltete bufas eine Jahresfachtagung. Im Jahr 2014 wurde diese unter dem Namen „Sexarbeitskongress“ zusammen mit dem BesD ausgerichtet,[146] 2016 fand der bislang letzte Kongress statt,[147] der Termin 2018 wurde aus organisatorischen Gründen abgesagt.[148] Der BesD startete mit dem Hurenkongress 2019 ein Nachfolgeformat,[149] das 2021 coronabedingt nicht stattfand.[150]

Das Bundesfamilienministerium finanziert für den Zeitraum 2009–2014 drei Modellprojekte für den beruflichen Umstieg von Prostituierten. Diwa in Berlin, OPERA in Nürnberg und P. I. N. K. in Freiburg. Ähnliche Projekte beispielsweise beim Verein Madonna in Bochum wurden und werden auch auf kommunaler Ebene zeitweise finanziert.

Der 1993 gegründete Arbeitskreis der Facheinrichtungen für Sexarbeitende im deutschsprachigen Raum (AKSD) besteht aus elf Mitgliedseinrichtungen im deutschsprachigen Raum, davon zehn in Deutschland. Er setzt sich ein für die Verbesserung der gesellschaftlichen und psychosozialen Situation männlicher Prostituierter. Schwerpunkt der Tätigkeit sind gesundheitsfördernde Maßnahmen (einschließlich Prävention von STI) und eine sozialpädagogische und psychosoziale Versorgung mittels Anlauf- und Beratungsstellen. Daneben bieten Gesundheitsämter seit 2001 eine kostenlose Testung und Beratung im Hinblick auf sexuelle übertragbare Krankheiten an.

In Frankfurt am Main ist die 1998 gegründete Selbsthilfeorganisation Doña Carmen für Prostituierte ansässig. Sie arbeitet unabhängig von staatlicher Finanzierung und vertritt insbesondere die Rechte migrantischer Prostituierter. Sie bietet Bordellführungen für Frauen an, gibt die Zeitung „La Muchacha“ heraus und organisiert die Frankfurter Prostitutionstage.

Seit 1987 existiert der Bundesweite Koordinierungskreis gegen Menschenhandel e. V. Dieser ist ein Zusammenschluss von Fachberatungsstellen für Betroffene von Menschenhandel. Hierunter fallen Opfer von sexueller Ausbeutung, Arbeitsausbeutung und Zwangsheirat. Der Koordinierungskreis vereint 43 Mitgliedsorganisationen.

Internationale Organisationen

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Solwodi wurde 1985 von der katholischen Schwester Lea Ackermann in Kenia gegründet und ist seit 1987 in Deutschland aktiv. Der Verein betreibt in Deutschland 19 Beratungsstellen, ist international in sechs Ländern aktiv und gilt als größte Organisation dieser Art.

International sind Beratungsstellen und Interessenvertretungen im 1991 gegründeten Network of Sex Work Projects (NSWP) organisiert. Ein Vorläufer des NSWP war das International Committee for Prostitutes’ Rights (ICPT), das 1985 in Amsterdam die World Charter For Prostitutes’ Rights veröffentlichte. Ein Zusammenschluss europäischer Hurenorganisationen ist seit 2004 das International Committee on the Rights of Sexworkers in Europe (ICRSE).

Portal: Prostitution – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Prostitution

Allgemein:

  • Theodora Becker: Dialektik der Hure. Von der «Prostitution» zur «Sexarbeit». Verlag Matthes & Seitz, Berlin 2023, ISBN 978-3-7518-2009-7.
  • Margit Brückner, Christa Oppenheimer: Lebenssituation Prostitution. Sicherheit, Gesundheit und soziale Hilfen. Helmer Verlag, Königstein 2006, ISBN 978-3-89741-205-7.
  • Vern Leroy Bullough: History of Prostitution. University Books, New Hyde Park, NY 1964 (übersetzt ins Italienische als Italian as Storia Della Prostituzione. dall Oglio, Mailand 1967).
  • Norbert Campagna: Prostitution. Eine philosophische Untersuchung. Parerga, Berlin 2005, ISBN 978-3-937262-15-4.
  • Tamara Domentat: Lass dich verwöhnen – Prostitution in Deutschland. Aufbau, Berlin 2003, ISBN 3-7466-7046-2.
  • Elisabeth von Dücker (Hrsg.): Sexarbeit. Prostitution – Lebenswelten und Mythen. Edition Temmen, Bremen 2005, ISBN 3-86108-542-9.
  • Pierre Dufour: Geschichte der Prostitution. 2 Bände. Nachdruck: Reprint Eichborn-Verlag, Frankfurt am Main 1995, ISBN 3-8218-0517-X.
  • Marcel Feige: Das Lexikon der Prostitution. Das ganze ABC der Ware Lust. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2003, ISBN 3-89602-520-1.
  • Michaela Freund-Widder: Frauen unter Kontrolle: Prostitution und ihre staatliche Bekämpfung in Hamburg vom Ende des Kaiserreiches bis zu den Anfängen der Bundesrepublik. Münster 2007.
  • Alice Frohnert: Ansichten der Prostitution. Dimensionen des heutigen Frauenbildes, dargestellt am Beispiel der Prostitutionsthematik in Texten der Boulevardpresse. Fischer, Frankfurt am Main 1992, ISBN 3-89406-675-X.
  • Alice Frohnert: Dimensionen der Prostitution, Poly- und Monogamie: analysiert im Rahmen der patriarchalischen Gesellschaftsordnung. Weidler, Berlin 1992, ISBN 3-925191-67-4.
  • Sabine Grenz: (Un)heimliche Lust: Über den Konsum sexueller Dienstleistungen. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2005, ISBN 3-531-14776-5.
  • Sabine Grenz, Martin Lücke (Hrsg.): Verhandlungen im Zwielicht. Momente der Prostitution in Geschichte und Gegenwart. Transcript, Bielefeld 2006, ISBN 3-89942-549-9.
  • Max Gruber: Die Prostitution vom Standpunkte der Sozialhygiene aus betrachtet. Vortrag. 1900.
  • Cecilie Høigård, Liv Finstad: Seitenstraßen – Geld, Macht und Liebe oder der Mythos von der Prostitution. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1987, ISBN 3-499-18390-0.
  • Fritz Koch: Verwaltete Lust: Stadtverwaltung und Prostitution in Frankfurt am Main 1866–1968. Wiesbaden 2010.
  • Malte König: Der Staat als Zuhälter. Die Abschaffung der reglementierten Prostitution in Deutschland, Frankreich und Italien im 20. Jahrhundert (= Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom. Band 131). De Gruyter, Berlin 2016.
  • Sybille Krafft: Zucht und Unzucht: Prostitution und Sittenpolizei im München der Jahrhundertwende. München 1996.
  • Christian Friedrich Majer: Der Prostitutionsvertrag und die guten Sitten. In: Jura Studium & Examen. Ausgabe 3, 2012, S. 5–22 (zeitschrift-jse.de [PDF]).
  • Laurie Penny: Fleischmarkt: Weibliche Körper im Kapitalismus. Edition Nautilus, Hamburg 2012, ISBN 978-3-89401-755-2.
  • Nils Johan Ringdal: Die neue Weltgeschichte der Prostitution. [1997] Piper, München/Zürich 2006, ISBN 3-492-04797-1.
  • Julia Roos: Weimar through the Lens of Gender. Prostitution Reform, Woman’s Emancipation, and German Democracy, 1919–1933. University of Michigan Press, Ann Arbor 2010.
  • Philipp Sarasin: Prostitution. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
  • Claudia Thoben: Prostitution in Nürnberg: Wahrnehmung und Maßregeln zwischen 1871 und 1945. Nürnberg 2007.
  • Prostitution unter den Völkern der alten und neuen Welt geschichtlich und staatsrechtlich dargestellt. Stuttgart 1874 (Nachdruck: Reprint Verlag Leipzig, Holzminden 1999, ISBN 3-8262-1602-4).

Prostitutionsmilieu und Zuhälterwirtschaft:

Migration und Sexarbeit:

  • Laura María Agustín: Sex at the Margins: Migration, Labour Markets and the Rescue Industry. Zed Books, London 2007, ISBN 978-1-84277-860-9 (Rezension siehe reflect-online.org).
  • Sheila Jeffreys: Die industrialisierte Vagina. Die politische Ökonomie des globalen Sexhandels. Marta Press, Hamburg 2014, ISBN 978-3-944442-09-9.
Commons: Prostitution – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Prostitution – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
  1. Das Gilgamesch-Epos. übersetzt und mit Anmerkungen versehen von Albert Schott. Verlag Reclam, Stuttgart 1988, ISBN 3-15-007235-2, S. 12.
  2. Bettina Eva Stumpp: Prostitution in der römischen Antike. Akademie Verlag, Berlin 2001.
  3. Franz Kogler (Hrsg.): Herders neues Bibellexikon. Freiburg im Breisgau 2008, ISBN 978-3-451-32150-4.
  4. Helmut Hundsbichler, Harry Kühnel (Hrsg.): Alltag im Spätmittelalter. Verlag Styria, Graz/Wien/Köln 1996, ISBN 3-222-12451-5, S. 41 f.; Peter Schuster: Das Frauenhaus. Städtische Bordelle in Deutschland (1350–1600). Schöningh, Paderborn 1992, ISBN 3-506-78251-7.
  5. Stephan Gottschalt: Die Neuordnung der gewerblichen Prostitution durch die Reformation. Grin, München 2010, ISBN 978-3-640-97504-4, S. ??.
  6. Blog-Beitrag von Michael Hammer: Prostitution im Wandel der Zeit: Warum die Kirche Prostitution tolerierte – und wieder verdammte. In: derStandard.at. 21. Mai 2021, abgerufen am 23. Mai 2021.
  7. Schoch („Don Kaspar“, „Kaspar“, „Cäsperle“, Schach), Caspar von, Fußnote 47; in: Der Dreißigjährige Krieg in Selbstzeugnissen, Chroniken und Berichten, 21. Februar 2013, abgerufen am 20. Februar 2024.
  8. Franz S. Hügel: Zur Geschichte, Statistik und Regelung Der Prostitution. Dogma, 2012, ISBN 978-3-95507-579-8, S. 143.
  9. a b c d Bernard de Mandeville: Eine Bescheidene Streitschrift für Öffentliche Freudenhäuser Oder ein Versuch über die Hurerei wie sie jetzt im Vereinigten Königreich praktiziert wird. Verfasst von einem Laien. Aus dem Englischen, annotiert und mit einem Essay versehen von Ursula Pia Jauch. Carl Hanser Verlag, München 2001, S. 60, Anmerkung 55, ebenso S. 140.
  10. „Prostitution is only a particular expression of the universal prostitution of the worker“, aus Karl Marx: Economic and philosophical manuscripts, 1844.
  11. Romina Schmitter: Prostitution – Das älteste Gewerbe der Welt? In: Aus Politik und Zeitgeschichte. 9/2013, S. 23 f.
  12. Philipps, S. 86.
  13. Sonja Dolinsek: Konvention zur Unterbindung des Menschenhandels (1949) und Erklärung über Prostitution und Menschenrechte (1986). In: Quellen zur Geschichte der Menschenrechte. Arbeitskreis Menschenrechte im 20. Jahrhundert, September 2016, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 11. Januar 2017; abgerufen am 11. Januar 2017.
  14. Quelle vielleicht (!): Der Spiegel, 4. Januar 2004.
  15. Steven Levitt, Stephen J. Dubner: Superfreakonomics. HarperCollins, New York 2009.
  16. Mareen Heying: Die Hurenbewegung als Teil der Zweiten Frauenbewegung. Abgerufen am 2. Juni 2021.; vergleiche auch Mareen Heying: Konstruktion und Funktion des „anderen“ Körpers: Verdrängung, Gewalt und Kontrolle aus Sicht von deutschen und italienischen Prostituiertenbewegungen in den 1980er- und 1990er-Jahren In: Soziale Probleme. Zeitschrift für soziale Probleme und soziale Kontrolle. Band 29, Nr. 2, 2018 (= Körper, Sexualität und Soziale Arbeit im Prostitutionsfeld: Körperbilder und Körperpraktiken zwischen Diskriminierung, Stigmatisierung und Normalisierung. Sonderheft), S. 99–115.
  17. Sven-Axel Månsson: Man’s Practice in Prostitution: The case of Sweden. Vortrag des Autors beim 15. World Congress for Sexology, 24.–28. Juni 2001, Paris.
  18. EuGH vom 20. November 2001 – Rs. C-268/99
  19. „Café Pssst“ gegen Land Berlin, 28. Februar 2001. In: Website des Bezirksamtes Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin (abgerufen am 1. Juli 2014)
  20. Mary Honeyball: BERICHT über sexuelle Ausbeutung und Prostitution und deren Auswirkungen auf die Gleichstellung der Geschlechter. (PDF) Abgerufen am 24. April 2020.
  21. transcrime.it Transcrime, MON-EU-TRAF II – A Study for monitoring the international trafficking in human beings for the purpose of sexual exploitation in the EU member States, Transcrime Report no. 9, Trento 2004, S. 101
  22. diestandard.at
  23. Die Freier bestrafen, nicht die Prostituierten, fordert das Parlament In: europarl.europa.eu
  24. Sexual exploitation and prostitution and its impact on gender equality – votewatch.eu (Memento vom 8. März 2014 im Internet Archive)
  25. Europarat: Resolution 1983 (2014)
  26. Deutscher Frauenrat: Stellungnahme des Frauenrates Freierbestrafung – Deutscher Frauenrat lehnt FEMM-Vorstoß gegen Prostitution ab (Memento vom 22. Februar 2014 im Internet Archive), 29. Januar 2014
  27. BMFSFJ: Abschlussbericht der Evaluation des Prostituiertenschutzgesetzes
  28. tantramassageverband e. V.: Prostituiertenschutzgesetz und Tantramassage. Abgerufen am 22. Juli 2024.
  29. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Prostitution. Januar 2014 (online)
  30. Kleine Anfrage der Fraktion der Linken
  31. https://www.gesetze-im-internet.de/proststatv/BJNR193400017.html
  32. GESA-Studie. Psychische Gesundheit von Sexarbeiter*innen in der Covid-19 Pandemie von Anna Mühlen, Janette Rudy, Anna Böckmann und Daniel Deimel.
  33. Projekt Gutenberg, Stefan Zweig, Die Welt von Gestern, Kapitel Eros Matutinus Stefan Zweig, Die Welt von Gestern, Erinnerungen eines Europäers; die Erstausgabe erschien 1944 im Bermann-Fischer Verlag zu Stockholm
  34. Stefano Casertano: Flatrate-Bordelle: Der Fleischmarkt am Rand von Berlin. In: Tagesspiegel. 13. August 2015, abgerufen am 23. Mai 2021.
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  36. Hannes Jaenecke berichtet über sexuelle Ausbeutung von Orang-Utangs in Bordellen
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