„Seitenlinienorgan“ – Versionsunterschied
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[[Datei:Sharks Lateral Line.svg|mini|Lage des Seitenlinienorgans (rote Linien) bei einem Hai]] |
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'''Seitenlinienorgane''' sind [[Sinnesorgan]]e für Druckreize. Fast alle im Wasser lebenden [[Fische]], [[Amphibien]] und viele im Wasser lebende [[Reptilien]] wie zum Beispiel [[Krokodile]] haben Seitenlinienorgane. Die Organe werden zu hunderten bis zu tausenden entlang der Körperseite angelegt. Bei vielen Fischen kann man sie als eine gestrichelte Linie (= Laterallinie) in der Rumpfmitte sehen, daher der Name. Die durch das Seitenlinienorgan vermittelte Wahrnehmung ist auch als '''Ferntastsinn''' bekannt. |
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[[Datei:African Clawed Frog.JPG|mini|[[Krallenfrosch|Glatter Krallenfrosch]] (''Xenopus laevis'') mit Seitenlinienorgan, sichtbar an den länglichen, weißen Hautpapillen]] |
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'''Seitenlinienorgane''' sind [[Sinnesorgan|Hautsinnesorgane]] bei [[Anamnia|„niederen Wirbeltieren“]] (Anamnia) und dienen der [[Exterozeption]] (Außenwahrnehmung) im Wasser. Nahezu alle [[Fische]] sowie die dauerhaft im Wasser lebenden [[Amphibien]] (beispielsweise [[Krallenfrösche]] oder [[Olme]]), Amphibien[[larve]]n und [[Schwanzlurche]] während des Wasseraufenthalts verfügen über Seitenlinienorgane. Bei [[Amnioten]] (Reptilien, Säugetiere, Vögel) fehlen sie stets. Die [[Rezeptorzelle|Sinneszellen]] sind zu hunderten bis tausenden entlang der Körperlänge und in mehreren Linien auf dem Kopf angelegt (ursprünglich nur hier). Bei vielen Fischen sind sie als eine Linie von Poren an den Körperlängsseiten (= Laterallinie) erkennbar, daher kommt der Name. Die durch das Seitenlinienorgan vermittelte Wahrnehmung ist auch als '''Ferntastsinn''' bekannt. Adäquate Reize sind Druckwellen, die in einem Röhren-System entstehen, wenn ein anderer Fisch oder ähnliches vorbeischwimmt. |
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== Aufbauprinzipien == |
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⚫ | Bei Lorenzini-Ampullen handelt es sich um gallertgefüllte Kanäle, die tief in die Haut eindringen und an deren Enden [[Nervenzelle]]n zum Teil in die Ampullen hineinwachsen. Die Ampullen können außer Druck auch Kälte sowie chemische und elektrische Reize empfangen. Adäquate Reize sind schwache Ströme, die etwa bei der Muskelaktivität von Beutetieren entstehen. |
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Die Neuromastzellen bestehen aus [[Haarzellen]], die ein oder mehrere unbewegliche [[Zilie|Cilien]] besitzen. Dabei handelt es sich um fingerförmige Gebilde, die von [[Gel|Gallerte]] (der Cupula<ref>V. Storch und U. Welsch: ''Kükenthal Zoologisches Praktikum'', 25. Aufl., S. 365</ref>) umhüllt sind und ins freie Wasser ragen.<ref>Clare V. H. Baker, Paul O’Neill und Ruth B. Mccole: [http://faculty.weber.edu/rmeyers/Placode%20evolution.pdf ''Lateral Line, Otic and Epibranchial Placodes: Developmental and Evolutionary Links?''] (PDF) In: ''Journal of Experimental Zoology'', Bd. 310B, 2008, S. 370–383 (englisch, abgerufen am 22. Februar 2015)</ref> Der vom Wasser abgewandten Seite der Haarzellen sind Nervenzellen angeknüpft, die die Signale aufnehmen, wenn die Zilien durch einen äußeren Reiz gebogen werden. |
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Die Neuromasten bestehen aus Zellen, die ein oder mehrere '''Cilien''' besitzen. Dabei handelt es sich um fingerförmige Gebilde, die von [[Gallerte]] umhüllt sind und ins freie Wasser ragen. Am Ende der Haare sind [[Nervenzelle]]n, die die Signale aufnehmen. |
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⚫ | An beiden Flanken läuft eine Porenreihe über den Körper. Diese Poren führen in einen Kanal, der sich unmittelbar unter der Haut befindet. In diesen Kanal, der mit einer gallerten Masse ausgefüllt ist, ragen viele Sinneszellen, jeweils ein langes [[Zilie|Kinocilium]] und viele [[Mikrovilli]]. Diese werden in Anhäufungen von einer Schutzmembran, der Cupula umgeben. Die Gallertsäule im Kanal kommt durch Wasserdruckwellen in Schwingung, wodurch die Fortsätze der Sinneszellen in bestimmte Richtungen gebogen werden. |
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⚫ | Ohne diese Gallertsäule würde Wasser in die Kanäle einströmen und sich darin mit den Strömungsrichtungen verteilen, die nichts mit der Richtung der Wasserdruckwellen zu tun haben. So aber wird die Gallertsäule nach vorne, hinten, oben, unten und gleichzeitig in Richtung zu den Sinneszellen mit unterschiedlicher Intensität gedrückt. Dadurch nimmt der Fisch feinste Strömungsänderungen und Wasserdruckwellen wahr, wie sie ein anschwimmender Feind oder ein Hindernis verursacht (Ferntastsinn). |
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⚫ | Ohne diese Gallertsäule würde Wasser in die Kanäle einströmen und sich darin mit Strömungsrichtungen verteilen, die nichts mit der Richtung der Wasserdruckwellen zu tun haben. So aber wird die Gallertsäule nach vorne, hinten, oben, unten und gleichzeitig in Richtung zu den Sinneszellen mit unterschiedlicher Intensität gedrückt. Dadurch nimmt der Fisch feinste Strömungsänderungen und Wasserdruckwellen wahr, wie sie ein anschwimmender Feind oder ein Hindernis |
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== Weblinks == |
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{{Commonscat|Lateral line system|Seitenlinienorgan}} |
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* [http://www.spektrum.de/lexikon/neurowissenschaft/seitenlinienorgane/11615 Seitenlinienorgane], Eintrag im ''Lexikon der Neurowissenschaft'', [[Spektrum der Wissenschaft|spektrum.de]] |
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== Einzelnachweise == |
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<references /> |
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* http://www.haiwelt.de/haie/sinne/seitenl/seitenl.php |
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* http://www.sinnesphysiologie.de/proto02/sinntops/hoeren/preview/seitenlinie.html |
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[[Kategorie:Anatomie der Fische]] |
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* http://www.sinnesphysiologie.de/hvsinne/mechano/seiten.htm |
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Aktuelle Version vom 12. März 2024, 21:30 Uhr

Seitenlinienorgane sind Hautsinnesorgane bei „niederen Wirbeltieren“ (Anamnia) und dienen der Exterozeption (Außenwahrnehmung) im Wasser. Nahezu alle Fische sowie die dauerhaft im Wasser lebenden Amphibien (beispielsweise Krallenfrösche oder Olme), Amphibienlarven und Schwanzlurche während des Wasseraufenthalts verfügen über Seitenlinienorgane. Bei Amnioten (Reptilien, Säugetiere, Vögel) fehlen sie stets. Die Sinneszellen sind zu hunderten bis tausenden entlang der Körperlänge und in mehreren Linien auf dem Kopf angelegt (ursprünglich nur hier). Bei vielen Fischen sind sie als eine Linie von Poren an den Körperlängsseiten (= Laterallinie) erkennbar, daher kommt der Name. Die durch das Seitenlinienorgan vermittelte Wahrnehmung ist auch als Ferntastsinn bekannt. Adäquate Reize sind Druckwellen, die in einem Röhren-System entstehen, wenn ein anderer Fisch oder ähnliches vorbeischwimmt.
Aufbauprinzipien
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Es gibt unterschiedliche Aufbauprinzipien für Seitenlinienorgane, darunter die Lorenzini-Ampullen und die Neuromasten.
Bei Lorenzini-Ampullen handelt es sich um gallertgefüllte Kanäle, die tief in die Haut eindringen und an deren Enden Nervenzellen zum Teil in die Ampullen hineinwachsen. Die Ampullen können außer Druck auch Kälte sowie chemische und elektrische Reize empfangen. Adäquate Reize sind schwache Ströme, die etwa bei der Muskelaktivität von Beutetieren entstehen.
Die Neuromastzellen bestehen aus Haarzellen, die ein oder mehrere unbewegliche Cilien besitzen. Dabei handelt es sich um fingerförmige Gebilde, die von Gallerte (der Cupula[1]) umhüllt sind und ins freie Wasser ragen.[2] Der vom Wasser abgewandten Seite der Haarzellen sind Nervenzellen angeknüpft, die die Signale aufnehmen, wenn die Zilien durch einen äußeren Reiz gebogen werden.
Während der Evolution hat sich bei einigen Fischen das Seitenlinienorgan zu Elektrorezeptoren umgewandelt. Diese werden teilweise zur geomagnetischen Navigation benutzt. Die wandernden Fische können sich so am Erdmagnetfeld orientieren.
Mechanismus
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]An beiden Flanken läuft eine Porenreihe über den Körper. Diese Poren führen in einen Kanal, der sich unmittelbar unter der Haut befindet. In diesen Kanal, der mit einer gallerten Masse ausgefüllt ist, ragen viele Sinneszellen, jeweils ein langes Kinocilium und viele Mikrovilli. Diese werden in Anhäufungen von einer Schutzmembran, der Cupula umgeben. Die Gallertsäule im Kanal kommt durch Wasserdruckwellen in Schwingung, wodurch die Fortsätze der Sinneszellen in bestimmte Richtungen gebogen werden.
Ohne diese Gallertsäule würde Wasser in die Kanäle einströmen und sich darin mit den Strömungsrichtungen verteilen, die nichts mit der Richtung der Wasserdruckwellen zu tun haben. So aber wird die Gallertsäule nach vorne, hinten, oben, unten und gleichzeitig in Richtung zu den Sinneszellen mit unterschiedlicher Intensität gedrückt. Dadurch nimmt der Fisch feinste Strömungsänderungen und Wasserdruckwellen wahr, wie sie ein anschwimmender Feind oder ein Hindernis verursacht (Ferntastsinn).
Schwarmfische wie zum Beispiel Sardinen nutzen das Seitenlinienorgan zum Schutz vor Fressfeinden: Die Fische bilden einen riesigen Schwarm, der sich wie ein einzelner großer Fisch verhält. Jede kleine Bewegungsänderung des Nachbarfisches führt zu einer ebensolchen bei den anderen, da schon kleinste Druckunterschiede gefühlt werden.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Seitenlinienorgane, Eintrag im Lexikon der Neurowissenschaft, spektrum.de
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ V. Storch und U. Welsch: Kükenthal Zoologisches Praktikum, 25. Aufl., S. 365
- ↑ Clare V. H. Baker, Paul O’Neill und Ruth B. Mccole: Lateral Line, Otic and Epibranchial Placodes: Developmental and Evolutionary Links? (PDF) In: Journal of Experimental Zoology, Bd. 310B, 2008, S. 370–383 (englisch, abgerufen am 22. Februar 2015)