Zum Inhalt springen

„Zimmerwalder Manifest“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
[ungesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
m
Markierungen: Mobile Bearbeitung Mobile Web-Bearbeitung
 
(75 dazwischenliegende Versionen von 52 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
<!-- schweizbezogen -->
Das '''Zimmerwalder Manifest''' wurde in der Zimmerwalder Konferenz ([[5. September|5.]] - [[8. September]] [[1915]]), einer geheimen [[Internationale|internationalen sozialistischen Konferenz]] im [[Kanton Bern|Berner]] Dorf [[Zimmerwald]], verabschiedet. In verschiedenen Grundsatzfragen kam es zu keiner Einigung. Die revolutionären Ansichten Lenins und seiner Anhänger wurden von der Mehrheit abgelehnt.
Das '''Zimmerwalder Manifest''' wurde von [[Leo Trotzki]] verfasst und auf der [[Zimmerwalder Konferenz]] ([[5. September|5.]] bis [[8. September]] [[1915]]), einer geheimen [[Internationale|internationalen sozialistischen Konferenz]] im [[Kanton Bern|Berner]] Dorf [[Zimmerwald]], verabschiedet. In verschiedenen Grundsatzfragen kam es zu keiner Einigung. Die revolutionären Ansichten [[Wladimir Iljitsch Lenin|Lenins]] und seiner Anhänger wurden von der Mehrheit abgelehnt.


===Inhalt des Manifestes===
==Inhalt des Manifestes==
Die Zimmerwalder Konferenz wurde auf Initiative des Schweizer Sozialdemokraten [[Robert Grimm]] einberufen, um die Kräfte der [[Sozialistische Internationale|Sozialistischen Internationale]], die infolge der [[Burgfriedenspolitik]] zu Beginn des Ersten Weltkriegs zerbrochen war, neu zu formieren.
Die Unterzeichneten erklärten den [[Erster Weltkrieg|1. Weltkrieg]] zum "Krieg der [[Kapitalist|Kapitalisten]]" und forderten die sozialistischen Kräfte zur Einigkeit im Kampf für den Frieden auf. Sie riefen die sozialistischen Parteien aller Nationen auf, ihre Zustimmung zu [[Kriegskredit]]en zu verweigern (siehe auch: [[Burgfriedenspolitik]]) und bezeugten allen Opfern des Krieges ihre uneingeschränkte Solidarität.


Die Unterzeichnenden erklärten den [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] zum «Krieg der [[Kapitalist]]en» und forderten die sozialistischen Kräfte zur Einigkeit im Kampf für den Frieden auf. Sie riefen die sozialistischen Parteien aller Nationen auf, ihre Zustimmung zu [[Kriegskredit]]en zu verweigern, und bezeugten allen Opfern des Krieges ihre uneingeschränkte [[Solidarität]].
===Teilnehmer und Unterzeichner===

Die prominentesten Teilnehmer der Konferenz waren
== Teilnehmer und Unterzeichner ==
*der zu dieser Zeit im Schweizer Exil lebende [[Lenin|Wladimir Iljitsch Uljanow]], genannt Lenin, sowie
'''Die prominentesten Teilnehmer der Konferenz waren'''
*der zu dieser Zeit im Schweizer Exil lebende [[Wladimir Iljitsch Lenin|Wladimir Iljitsch Uljanow]], genannt Lenin, sowie
*ein weiterer späterer Führer der [[Oktoberrevolution]], [[Leo Trotzki]].
*ein weiterer späterer Führer der [[Oktoberrevolution]], [[Leo Trotzki]].


Das Manifest unterzeichneten
'''Das Manifest unterzeichneten'''


'''im Namen der internationalen sozialistischen Konferenz''':
im Namen der internationalen sozialistischen Konferenz:
*für die deutsche Delegation: [[Georg Ledebour]], [[Adolph Hoffmann]];
*für die deutsche Delegation: [[Georg Ledebour]], [[Adolph Hoffmann]];
*für die französische Delegation: A. Bourderon, A. Merrheim;
*für die französische Delegation: A. Bourderon, [[Alphonse Merrheim|A. Merrheim]];
*für die italienische Delegation: G.E. Modigliani, Constantino Lazzari;
*für die italienische Delegation: G. E. Modigliani, Constantino Lazzari;
*für die russische Delegation: N. Lenin, Paul Axelrod, M. Bobrow;
*für die russische Delegation: [[Wladimir Iljitsch Lenin|W. I. Lenin]], [[Pawel Borissowitsch Axelrod|Paul Axelrod]], M. Bobrow;
*für die polnische Delegation: St. Lapinski, A. Warski, Cz. Hanecki;
*für die polnische Delegation: St. Lapinski, [[Adolf Warski|A. Warski]], [[Karl Radek]] im Namen von [[Jakub Ganezki|Cz. Hanecki]];
'''für die interbalkanische sozialistische Föderation''':
für die interbalkanische sozialistische Föderation:
*im Namen der rumänischen Delegation: C. Rakowski,
*im Namen der rumänischen Delegation: [[Christian Georgijewitsch Rakowski]],
*im Namen der bulgarischen Delegation: Wassil Kolarow;
*im Namen der bulgarischen Delegation: [[Wassil Kolarow]];
*für die schwedische und norwegische Delegation: [[Zeth Höglund]], [[Ture Nerman]];
*für die schwedische und norwegische Delegation: [[Zeth Höglund]], [[Ture Nerman]];
*für die holländische Delegation: H. Roland-Holst;
*für die niederländische Delegation: [[Henriette Roland Holst]];
*für die schweizerische Delegation: [[Robert Grimm]], [[Charles Naine]].
*für die schweizerische Delegation: [[Robert Grimm]], [[Charles Naine]].


Da den englischen Delegierten die Reisepässe verweigert wurden, konnten sie zur Konferenz nicht anreisen und folglich das Manifest auch nicht unterzeichnen.
Da den englischen Delegierten die Reisepässe verweigert wurden, konnten sie zur Konferenz nicht anreisen und folglich das Manifest auch nicht unterzeichnen. Dem Schweizer Staatsschutz scheint die Konferenz entgangen zu sein,<ref>Urs P. Engeler: ''Grosser Bruder Schweiz,'' 1990</ref> was z.&nbsp;B. im Kontext zu sehen ist, dass auch Lenin 1914 auf sein Asylgesuch als politisch Verfolgter des [[Zarismus]] hin «ohne grössere Probleme» Aufnahme in der Schweiz erhielt.<ref>[http://www.swissinfo.ch/ger/Lenin_und_die_Revolution,_die_nicht_stattfand.html?cid=142286 Swissinfo: Lenin und die Revolution, die nicht stattfand]</ref>

==Lenins Zusatzprotokoll==
Dem von Trotzki verfassten ''Zimmerwalder Manifest'' fügte Lenin vor der Annahme ein eigenes, radikaleres Zusatzprotokoll hinzu, in welchem er das proletarische Potential zur Umwandlung des «imperialistischen Krieges» in einen Bürgerkrieg ansprach. In seiner Ambivalenz zwischen [[Pazifismus|pazifistischen]] und [[Kommunismus|kommunistischen]] Elementen trug das Manifest in der Folge entscheidend zur Spaltung der [[Sozialistische Internationale|Sozialistischen Internationale]] in «Sozialpatrioten» (Diktion des 1.&nbsp;Kongresses der Kommunistischen Internationale) und «revolutionäre [[Proletariat|Proletarier]]» bei.


== Weblink ==
===Lenins Zusatzprotokoll===
* [http://www.marxists.org/deutsch/archiv/trotzki/1915/09/zimmerwald.htm ''Das Zimmerwalder Manifest'' Wortlaut des Manifestes, Beitrag von Einde O’Callaghan] für das [[Marxists Internet Archive]].
Geschrieben von Leo Trotzki, fügte Lenin dem Zimmerwalder Manifest vor seiner Annahme ein eigenes, radikaleres Zusatzprotokoll hinzu, in welchem er das proletarische Potential zur Umwandlung des "imperialistischen Krieges" in einen Bürgerkrieg ansprach. In seiner Ambivalenz zwischen [[Pazifismus|pazifistischen]] und [[Kommunismus|kommunistischen]] Elementen trug das Manifest in der Folge entscheidend zur Spaltung der [[Sozialistische Internationale|Sozialistischen Internationale]] in ''Sozialpatrioten'' (''Diktion des 1. Kongresses der Kommunistischen Internationalen'') und ''revolutionäre [[Proletarier]]'' bei.


== Einzelnachweise ==
===Konferenz von Kienthal===
<references />
Vom 24. bis 30. April [[1916]] fand in [[Kienthal]], einem Bergdorf im Berner Oberland, eine weitere internationale Konferenz statt, an der sich kriegskritische Vertreter der sozialistischen Parteien zusammenfanden. Im Vergleich zu Zimmerwald hatte die revolutionäre Richtung (sogenannte ''Zimmerwalder Linke'') gegenüber der zentristischen an Einfluss gewonnen. Der Wille zum revolutionären Klassenkampf und die Verurteilung des Sozialpatriotismus haben in der Resolution der Konferenz Eingang gefunden.


[[Kategorie:Historisches Dokument (Erster Weltkrieg)]]
===Liquidation der Zimmerwalder Vereinigung===
[[Kategorie:Politik (Erster Weltkrieg)]]
Mit der Gründung der [[Komintern|Kommunistischen Internationalen]] am [[4. März]] [[1919]] in [[Moskau]] und der hier beschlossenen Liquidation der Zimmerwalder Vereinigung ging ''alles, was wirklich revolutionär [...] war'' (Protokoll des 1. Kongresses der Kommunistischen Internationale, Hamburg 1921, S. 147) in die Kommunistische Internationale über und Sozialistische und Kommunistische Internationale gingen von da an getrennte Wege.
[[Kategorie:Geschichte der Arbeiterbewegung (Schweiz)]]
[[Kategorie:Wald BE]]
[[Kategorie:Politikgeschichte (Kanton Bern)]]
[[Kategorie:Politik 1915]]

Aktuelle Version vom 6. September 2024, 14:00 Uhr

Das Zimmerwalder Manifest wurde von Leo Trotzki verfasst und auf der Zimmerwalder Konferenz (5. bis 8. September 1915), einer geheimen internationalen sozialistischen Konferenz im Berner Dorf Zimmerwald, verabschiedet. In verschiedenen Grundsatzfragen kam es zu keiner Einigung. Die revolutionären Ansichten Lenins und seiner Anhänger wurden von der Mehrheit abgelehnt.

Inhalt des Manifestes

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Zimmerwalder Konferenz wurde auf Initiative des Schweizer Sozialdemokraten Robert Grimm einberufen, um die Kräfte der Sozialistischen Internationale, die infolge der Burgfriedenspolitik zu Beginn des Ersten Weltkriegs zerbrochen war, neu zu formieren.

Die Unterzeichnenden erklärten den Ersten Weltkrieg zum «Krieg der Kapitalisten» und forderten die sozialistischen Kräfte zur Einigkeit im Kampf für den Frieden auf. Sie riefen die sozialistischen Parteien aller Nationen auf, ihre Zustimmung zu Kriegskrediten zu verweigern, und bezeugten allen Opfern des Krieges ihre uneingeschränkte Solidarität.

Teilnehmer und Unterzeichner

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die prominentesten Teilnehmer der Konferenz waren

Das Manifest unterzeichneten

im Namen der internationalen sozialistischen Konferenz:

für die interbalkanische sozialistische Föderation:

Da den englischen Delegierten die Reisepässe verweigert wurden, konnten sie zur Konferenz nicht anreisen und folglich das Manifest auch nicht unterzeichnen. Dem Schweizer Staatsschutz scheint die Konferenz entgangen zu sein,[1] was z. B. im Kontext zu sehen ist, dass auch Lenin 1914 auf sein Asylgesuch als politisch Verfolgter des Zarismus hin «ohne grössere Probleme» Aufnahme in der Schweiz erhielt.[2]

Lenins Zusatzprotokoll

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dem von Trotzki verfassten Zimmerwalder Manifest fügte Lenin vor der Annahme ein eigenes, radikaleres Zusatzprotokoll hinzu, in welchem er das proletarische Potential zur Umwandlung des «imperialistischen Krieges» in einen Bürgerkrieg ansprach. In seiner Ambivalenz zwischen pazifistischen und kommunistischen Elementen trug das Manifest in der Folge entscheidend zur Spaltung der Sozialistischen Internationale in «Sozialpatrioten» (Diktion des 1. Kongresses der Kommunistischen Internationale) und «revolutionäre Proletarier» bei.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Urs P. Engeler: Grosser Bruder Schweiz, 1990
  2. Swissinfo: Lenin und die Revolution, die nicht stattfand