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„Werner Hegemann“ – Versionsunterschied

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'''Werner Hegemann''' (*[[15. Juni]] [[1881]] in [[Mannheim]]; † [[12. April]] [[1936]] in [[New York City]]) war ein Stadtplaner, Architekturkritiker, und politischer Schriftsteller.
'''Werner Hegemann''' (* [[15. Juni]] [[1881]] in [[Mannheim]]; † [[12. April]] [[1936]] in [[New York City|New York]], [[New York (Bundesstaat)|NY]]) war ein Stadtplaner, [[Architekturkritik]]er und politischer Schriftsteller.


Hegemann war als Stadtplaner eine international bekannte Figur,
Hegemann war als Stadtplaner eine international bekannte Figur, eine zeitgenössische Größe als Architekturkritiker und gehörte als Schriftsteller zum Kreis der Linksliberalen, die die [[Weimarer Republik]] zu stärken suchten.
eine zeitgenössische Größe als Architekturkritiker und
gehörte als Schriftsteller zum Kreis der Linksliberalen, die die
Weimarer Republik zu stärken suchten.


== Familie, Studium==
== Familie, Studium ==
Als einer der jüngeren Söhne eines Fabrikanten besuchte Hegemann aufgrund der Scheidung seiner Eltern Schulen und Internate in verschiedenen deutschen Ländern. Der Tod seines Vaters 1900 machte ihn finanziell unabhängig und nach dem Abitur 1901, einem Semester in Berlin und dem Militärdienst verbrachte er zwei Jahre in [[Paris]] und auf Reisen. In Berlin hatte ihm sein Onkel, der Architekt [[Otto March]], eine Ersatzfamilie geboten und sein Interesse an Kunst und Architektur geweckt.
Als einer der jüngeren Söhne eines Fabrikanten
besuchte Hegemann aufgrund der Scheidung
seiner Eltern Schulen und Internate
in verschiedenen deutschen Ländern.
Der Tod seines Vaters 1900 machte ihn finanziell
unabhangig und nach Abitur 1901, einem Semester
in [[Berlin]] und Militärdienst verbrachte er
zwei Jahre in [[Paris]] und auf Reisen. In Berlin
hatte ihm sein Onkel, der Architekt [[Otto March]] (1845-1913),
eine Ersatzfamilie geboten und ihn mit
einem Interesse für Kunst und Architektur ausgestattet.


Nachdem Hegemann in Paris [[Charles Gide]] und in Philadelphia [[Simon Patten]] gehört hatte, entschied er sich für das Studium der [[Nationalökonomie]] in Berlin, Straßburg und München. 1905 heiratete er die Lehrerin Alice Hesse – auch sie ließ sich für Nationalökonomie einschreiben –, und 1906 wurde ihre Tochter Ellis geboren. Hegemann promovierte 1908 bei [[Lujo Brentano]] und [[Walter Lotz]] mit einer Arbeit zu Mexikos [[Goldstandard|Goldwährung]].
Nachdem Hegemann in Paris [[Charles Gide]] und in [[Philadelphia]]
[[Simon Patten]] gehört hatte, entschied er sich
für das Studium der [[Nationalökonomie]] in Berlin, [[Straßburg]]
und [[München]]. 1905 heiratete er die Lehrerin Alice Hesse
- auch sie ließ sich für Nationalökonomie
einschreiben - und 1906 wurde ihre Tochter Ellis geboren.
Hegemann promovierte 1908 bei [[Lujo Brentano]] und
[[Walter Lotz]] mit einer Arbeit zu Mexikos Goldwährung.


== Stadtplanung==
== Stadtplanung ==
=== USA 1909 ===
Noch 1908 reiste Hegemann mit seiner Familie in die [[Vereinigte Staaten|USA]]. Beeindruckt vom [[Progressivismus]], interessierte er sich für [[Sozialpolitik]]. Er besuchte die soeben eingerichtete Housing Inspection in Philadelphia, berichtete über die städtische Ausstellung der [[Municipal Art Society]] und des [[Committee on Congestion]] in [[New York City|New York]]. Hier entstand, zusammen mit March, die Idee, die Pläne des Berliner Wettbewerbs um einen Gesamtbebauungsplan in einer ersten internationalen Städtebauausstellung öffentlich zu präsentieren. March, bereits beim Anstoß des Wettbewerbs führend, erwies sich auch hier als einflussreicher Organisator. Hegemann bewarb sich in [[Boston]] um eine Mitarbeit an der Städteausstellung ''Boston 1915'', einer [[Philanthropie|philanthropischen]] Unternehmung, die Boston bis 1915 zu einer Musterstadt machen wollte, und wurde Mitglied des Exhibit Committee.


=== USA 1909===
=== Berlin 1910–1912 ===
Ende 1909 wurde Hegemann achtundzwanzigjährig zum Generalsekretär der [[Internationale Städtebauausstellung|Internationalen Städtebauausstellung]] ernannt. Die im Mai 1910 eröffnete Ausstellung zeigte die Berliner Wettbewerbspläne, deutsche und internationale Beispiele für Architektur und Stadtplanung; sie wurde noch im selben Jahr als [[Internationale Städtebau-Ausstellung Düsseldorf 1910]] wiederholt und anschließend teilweise in London auf der ''International Town Planning Conference'' sowie in Zürich gezeigt. Hegemann war nicht nur ihr [[Pressesprecher]], sondern agierte als Führer für ein zahlreiches Publikum vom auswärtigen Fachbesucher bis zu politischen Vereinen.


Sein Erfolg in der Öffentlichkeitsarbeit trug ihm den Auftrag ein, die offizielle Darstellung der Ausstellung zu verfassen. Seine zwei Bände ''Der Städtebau'', 1911 und 1913, gelten als ein „Gründungsdokument des Fachs“. Hegemann verschaffte der neuen Disziplin nicht nur eine Tradition, sondern mit seiner kulturgeschichtlichen Erzählung auch einen sozialen Auftrag – eine Gemengelage, die seine Rezensenten begeisterte.
Noch 1908 reiste Hegemann mit seiner Familie in die
[[Vereinigten Staaten|USA]]. Beeindruckt vom ''[[Progressivism]]'',
interessierte er sich für [[Sozialpolitik]].
Er besuchte die soeben eingerichtete
Housing Inspection in Philadelphia, berichtete
über die städtische Ausstellung der
Municipal Art Society und des Committee on Congestion in
[[New York]]. Hier entstand, zusammen mit March,
die Idee, die Pläne
des Berliner Wettbewerbs um einen Gesamtbebauungsplan
in einer ersten internationalen
Städtebauausstellung öffentlich zu präsentieren.
March, bereits beim Anstoß des Wettbewerbs
führend, erwies sich auch hier als einflußreicher Organisator.
Hegemann bewarb sich in [[Boston]] um eine Mitarbeit
an der Städteausstellung "Boston 1915", eine
philanthropische Unternehmung, die Boston bis 1915
zu einer Musterstadt machen wollte,
und wurde Mitglied des Exhibit Committee.


Hegemann, der – zu unbekanntem Zeitpunkt – der [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]] beitrat, arbeitete 1912 bei einer Baugenossenschaft mit, die ein Reformsiedlungsprojekt, das der „gemischten Bauweise“, verwirklichte. Sein Versuch, die mit der Ausstellung gewonnene Popularität in konkrete kommunalpolitische Ziele umzusetzen, schlug jedoch fehl. Er gründete den ''Propaganda-Ausschuß für [[Groß-Berlin]]'', eine frühe Form einer [[Bürgerinitiative]], und konnte [[Käthe Kollwitz]] dafür gewinnen, eigens ein Plakat und Signum zu zeichnen. Die Versammlungen dieses Ausschusses erregten Aufsehen, konnten jedoch die politischen Entscheidungsträger nicht zugunsten einer gezielten Wohn- und Grünflächenpolitik beeinflussen.
=== Berlin 1910 - 1912===


=== USA 1913–1920 ===
Ende 1909 wurde Hegemann zum Generalsekretär der
Daher kehrte Hegemann 1913 in die Vereinigten Staaten zurück, inzwischen allein, da seine Reisen die Ehe ruinierten. Auf Empfehlung von [[Wilhelm Marx (Politiker, 1851)|Wilhelm Marx]] war er vom [[People’s Institute of New York]] eingeladen worden, in amerikanischen Städten Vorträge über Stadtplanung zu halten. Seine Tour begann in New York City und führte ihn in über zwanzig Städte. In seinen Vorträgen debattierte er Chancen und Gefahren der jeweiligen [[Stadtentwicklung]] und riet von der Nachahmung europäischer Vorbilder ab.
Internationalen Städtebauausstellung ernannt.
Die im Mai 1910 eröffnete Ausstellung zeigte
die Berliner Wettbewerbspläne, deutsche und
internationale Beispiele für Architektur und
Stadtplanung, wurde noch im selben Jahr in [[Düsseldorf]]
wiederholt und teilweise in [[London]] gezeigt.
Hegemann war nicht nur ihr Pressesprecher,
sondern agierte als
Führer für ein zahlreiches Publikum vom auswärtigen
Fachbesucher bis zu politischen Vereinen.


Am Ende stand ein Engagement in den Westküstenstädten [[Oakland (Kalifornien)|Oakland]] und [[Berkeley (Kalifornien)|Berkeley]], die ihn mit einem großen Planungsbericht beauftragten (1915 publiziert). Hier entwickelte Hegemann eine strikte Hierarchie der Planungsbereiche und forderte die Kooperation städtischer Gruppen zur Lenkung der Stadtentwicklung, die Wende von innerstädtischer Verschönerung zur Optimierung des [[Ensemble (Architektur)|Ensembles]] städtischer Funktionen.
Sein Erfolg in der Öffentlichkeitsarbeit trug
ihm den Auftrag ein, die offizielle Darstellung
der Ausstellung zu verfassen.
Seine zwei Bände "Der Städtebau", 1911 und 1913,
gelten als ein "Gründungsdokument des Fachs".
Hegemann verschaffte der neuen Disziplin nicht nur
eine Tradition, sondern mit seiner kulturgeschichtlichen
Erzählung auch einen sozialen Auftrag,
eine Gemengelage, die seine Rezensenten begeisterte.


Für die Rückreise wählte Hegemann die Pazifikroute. Zu Beginn des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkriegs]] wurde sein deutsches Schiff aufgebracht und die Passagiere in [[Mosambik]] interniert. Ihm gelang es, als blinder Passagier an Bord eines Seglers zu fliehen, der ihn in den amerikanischen Südstaaten an Land setzte. Zurück in New York, machte er sich als Planungsberater selbstständig.
Hegemann, der - zu unbekanntem Zeitpunkt - der [[SPD]] beitrat,
arbeitete 1912 bei einer Baugenossenschaft
mit, die ein Reformsiedlungsprojekt, das der
"gemischten Bauweise", verwirklichte.
Sein Versuch, die mit der Ausstellung gewonnene Popularität in
konkrete kommunalpolitische Ziele umzusetzen, schlug jedoch fehl.
Er gründete den "Propaganda-Ausschuß für Groß-Berlin",
eine frühe Form von [[Bürgerinitiative]], und konnte
[[Käthe Kollwitz]] dafür gewinnen, eigens ein Plakat und Signum
zu zeichnen. Die Versammlungen dieses
Ausschusses erregten Aufsehen,
konnten jedoch die politischen Entscheidungsträger
nicht zugunsten einer gezielten Wohn- und Grünflächenpolitik
beeinflußen.


1916 gründete Hegemann mit dem Landschaftsarchitekten [[Elbert Peets]] eine eigene Firma, die sich auf Vorortsiedlungen spezialisierte. Nach einem kurzzeitigen Engagement für eine Werkssiedlung der Kohler Co. in [[Wauwatosa]], [[Wisconsin]] gelang der Firma mit dem Auftrag für Washington Highlands (1916–1919) ein Erfolg, während zwei weitere große Anlagen aufgrund der Wirtschaftskrise nicht vollendet werden konnten. Die Erschließung einer ehemaligen Farm, heute als historisches Denkmal geschützt, vereint Elemente formaler mit informeller Landschaftsgestaltung und moderner Siedlungsplanung, die vom [[Reihenhaus]] bis zum [[Villa#Nach dem Zweiten Weltkrieg|Anwesen]] reicht.
===USA 1913-1920===


Bei schlechter werdender Auftragslage widmeten Hegemann und Peets sich einer Sammlung hervorragender Beispiele amerikanischer Architektur und Stadtplanung. Ihr 1922 gemeinsam publizierter Thesaurus ''American Vitruvius'' mit 1200 Abbildungen führte mit Peets’ Skizzen seiner Europareise den Blickwinkel des [[Flaneur]]s in der Stadt ein, während Hegemann die Vorbilder kritisch kommentierte. Die typologisch angelegte und weit gefasste Übersicht – Platz, Baugruppe, Straße, Grün und Stadtplan – trug zur Selbstentdeckung der neuen Disziplin bei, indem sie deren Agenda erweiterte. Zunächst wenig wohlwollend aufgenommen, stieg der Ruf des Buches, als es 1923 für den Grundbestand einer jeden Fachbibliothek empfohlen wurde.
Daher kehrte Hegemann 1913 in die Vereinigten Staaten zurück,
inzwischen allein, da seine Reisen die Ehe ruinierten.
Er war vom People's Institute of New York eingeladen worden,
in amerikanischen Städten Vorträge über Stadtplanung zu halten.
Seine Tour begann in New York City und führte ihn
in über zwanzig Städte. Hegemann verblüffte seine
Gastgeber damit, daß er sich vor Ort
umstandslos ein eigenes Bild
verschaffte und dabei mehr Wert auf die Infrastruktur als
auf das Erscheinungsbild legte. In seinen
Vorträgen debattierte er Chancen und Gefahren der
jeweiligen Stadtentwicklung und riet von der Nachahmung
europäischer Vorbilder ab.


Inzwischen hatte Hegemann seine zweite Frau, Ida Belle Guthe, auch sie Lehrerin, kennengelernt. Sie heirateten 1920 und sollten vier Kinder bekommen. Mit ihr brach Hegemann nun auf, um nach einem längeren Italienaufenthalt nach Deutschland zurückzukehren.
Am Ende stand ein Engagement in den Westküstenstädten
[[Oakland]] und [[Berkeley]] (Kalifornien), die ihn mit einem großen
Planungsbericht beauftragten, 1915 publiziert.
Hier entwickelte Hegemann
eine strikte Hierarchie der Planungsbereiche und forderte
die Kooperation städtischer Gruppen zur Lenkung der
Stadtentwicklung, die Wende von
innerstädtischer Verschönerung zur Optimierung
des Ensembles städtischer Funktionen.


== Architektur ==
Für die Rückreise wählte Hegemann die Pazifikroute.
=== Verbindungen ===
Zu Beginn des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkriegs]]
Die Ernennung zum Herausgeber des Katalogs der Städtebauausstellung im schwedischen [[Göteborg]] 1923 erlaubte Hegemann Kontakte zu Architekten und Planer zu erneuern.
wurde sein deutsches
Schiff aufgebracht und die Passagiere in [[Mozambique]]
interniert. Ihm gelang es, als blinder
Passagier an Bord eines Seglers zu fliehen,
der ihn in den amerikanischen Südstaaten an Land setzte.
Zurück in New York, machte er sich als Planungsberater
selbständig.


In der Folge gab er 1924 eine deutsche Ausgabe des Gemeinschaftswerks ''Amerikanische Architektur'' heraus. Sie richtete sich gegen die europäische Avantgarde und ihre amerikanischen Helden [[Frank Lloyd Wright]] und [[Louis Sullivan]], um eine Lanze für den [[Beaux-Arts]]-Stil der ''[[American Renaissance]]'' zu brechen. Von den Modernen heftig abgelehnt – so wünschte [[Adolf Rading]], solche Bücher solle man verbrennen –, vermittelte das Werk mit seiner typologischen Breite ein realistisches Bild vom amerikanischen Baugeschehen.
1916 gründete Hegemann mit dem Landschaftsarchitekten
[[Elbert Peets]] (1886-1868) eine eigene Firma, die sich auf
Vorortsiedlungen spezialisierte. Nach einem
kurzzeitigen Engagement für eine Werkssiedlung
der Kohler Co. in [[Wisconsin]] gelang der Firma mit
dem Auftrag für Washington Highlands (1916-1919) ein Erfolg,
während zwei weitere große Anlagen aufgrund der
Wirtschaftskrise nicht vollendet werden konnten.
Die Erschließung einer ehemaligen Farm, heute als
historisches Denkmal geschützt, vereint Elemente formaler mit
informeller Landschaftsgestaltung und moderner
Siedlungsplanung, die vom Reihenhaus bis zum Anwesen reicht.


=== Kritiker ===
Bei schlechter werdender Auftragslage widmeten
1924 wurde Hegemann Herausgeber der bekannten Architekturzeitschrift ''[[Wasmuths Monatshefte für Baukunst]]'' und des ebenfalls im Wasmuth Verlag erscheinenden ''[[Der Städtebau|Städtebau]]''. Die außergewöhnlich hohe Zahl, stilistische Bandbreite und internationale Herkunft der besprochenen Bauten machten die von ihm redigierte Zeitschrift zur Ausnahmeerscheinung unter den zeitgenössischen Journalen. Mit einem literarisch-polemischen Kritikstil, der sich vom Manifest-Stil der Modernen scharf abhob, opponierte Hegemann gegen formalen [[Moderne (Architektur)|Modernismus]] und akademische [[Tradition]]en und votierte für eine gemäßigte Moderne. «Le journal, c’est un monsieur», hörte [[Jacobus Johannes Pieter Oud|J. J. P. Oud]] 1927 über Hegemann sagen.
Hegemann & Peets sich einer Sammlung hervorragender Beispiele
amerikanischer Architektur und Stadtplanung.
Ihr 1922 gemeinsam publizierter Thesaurus
"American Vitruvius"
mit 1200 Abbildungen führte mit Peets' Skizzen
seiner Europareise den Blickwinkel des Flaneurs in der
Stadt ein, während Hegemann die Vorbilder kritisch
kommentierte. Die typologisch angelegte und weit gefaßte
Übersicht - Platz, Baugruppe, Straße, Grün und Stadtplan -
trug zur Selbstentdeckung der neuen Disziplin
bei, indem sie deren Agenda erweiterte.
Zunächst wenig wohlwollend aufgenommen,
stieg der Ruf des Buches, als es 1923 für den Grundbestand
einer jeden Fachbibliothek empfohlen wurde.


Hegemann bewegte auch Andersdenkende, bei ihm zu schreiben. Er inszenierte Streitfälle um der anschließenden Beiträge und Diskussionen willen, und er kritisierte durch Auslassung – Architekten des [[Der Ring|Rings]] wurden selten besprochen – wie durch Protektion, etwa der [[Stuttgarter Schule (Architektur)|Stuttgarter Schule]]. Auch darin heftig umstritten, sahen ihn die Initiatoren des [[Congrès Internationaux d’Architecture Moderne|CIAM]] gar als einen „Erzfeind“, reüssierte er mit der Belebung der Debatten, so dass [[Paul Westheim]] ihn „einen geborenen Widersprecher“ nannte.
Inzwischen hatte Hegemann seine zweite Frau,
Ida Belle Guthe, auch sie Lehrerin, kennengelernt.
Sie heirateten 1920 und sollten vier Kinder bekommen.
Mit ihr brach Hegemann nun auf, um nach einem
längeren Italienaufenthalt nach Deutschland zurückzukehren.


Zeitweise mit der konservativen Architektengruppe ''[[Der Block]]'' assoziiert, wandte Hegemann sich ab 1930 der großstädtischen Moderne [[Erich Mendelsohn]]s und der Brüder [[Hans Luckhardt|Hans]] und [[Wassili Luckhardt]] zu, in der er eine kommende Klassik erkannte, um sie nachdrücklich zu unterstützen. Daher endete seine Herausgeberschaft der Architekturzeitschrift 1933 mit einer kritischen Abrechnung mit [[Paul Schmitthenner (Architekt)|Paul Schmitthenner]], der, lange von Hegemann protegiert, sich zu [[Adolf Hitler]] bekannt hatte.
== Architektur==
=== Verbindungen===


== Schriftsteller ==
Sich in Europa wiedereinzuführen, half Hegemann die Bestellung
=== Bücher ===
zum Herausgeber des Katalogs der Städtebauausstellung
Hegemann debütierte 1924 unter dem Pseudonym ''Manfred Maria Ellis'' als politischer Schriftsteller. Er kritisierte die idealistische Tradition deutschen politischen Denkens, das die Vergangenheit zum Maßstab der Gegenwart machte. In fiktiven Gesprächen realer und erdachter Personen arrangierte er die Lob- und Widerreden auf Heroen der [[Revisionismus|revisionistischen]] Geschichtsdeutung wie [[Friedrich II. (Preußen)|Friedrich den Großen]] und [[Napoleon Bonaparte|Napoleon]]. Der hochliterarische Stil übertrug in satirischer Absicht seinem Leser das Denken und vor allem das Urteil; er wollte zur Demokratie erziehen.
im schwedischen [[Göteborg]] 1923. Sie ging
auf Kontakte von 1910 zurück und Hegemann traf hier erneut
auf Architekten und Planer aus aller Welt, was er für
seine folgende Tätigkeit nutzte.


Die angeblichen ''Deutschen Schriften'' von Ellis veröffentlichte Hegemann in bearbeiteter Fassung. Den ''Fridericus'' von 1925 erweiterte er im folgenden Jahr, ''Napoleon'' erschien 1927, und 1928 folgte ''Der gerettete Christus'', der Jesus als barmherzigen Wohltäter fortleben ließ und Ermittlungen auf sich zog, die jedoch eingestellt wurden.
In der Folge gab er 1924 eine deutsche Ausgabe
des Gemeinschaftswerks
als "Amerikanische Architektur" heraus. Sie richtete
sich nun gegen die europäische Avantgarde und ihre
amerikanischen Helden [[Frank Lloyd Wright]] und [[Louis Sullivan]],
um eine Lanze für den [[Beaux-Arts]]-Stil
der ''[[American Renaissance]]'' zu brechen.
Von den Modernen heftig abgelehnt - so wünschte
[[Adolf Rading]], solche Bücher solle man verbrennen -,
vermittelte das Werk mit seiner typologischen Breite
ein realistisches Bild vom amerikanischen Baugeschehen.


=== Kritiker===
=== Reaktionen ===
Auch Hegemanns historisch-politische Schriften machten ihm zahlreiche Feinde. Insbesondere die Historiker lehnten ihn vehement ab. Sie zählten ihn zu den Autoren „Historischer Belletristik“; „Dilettanten“ und „haßerfüllte Gegner des alten Kaiserreiches“, so [[Wilhelm Schüßler (Historiker)|Wilhelm Schüßler]].
1924 wurde Hegemann Herausgeber
der bekannten Architekturzeitschrift "Wasmuths Monatshefte
für Baukunst" und des ebenfalls im Wasmuth Verlag erscheinenenden
"Städtebau".
Die außergewöhnlich hohe Zahl, stilistische Bandbreite
und internationale Herkunft der besprochenen Bauten
machten die von ihm redigierte Zeitschrift zur Ausnahmeerscheinung
unter den zeitgenössischen.
Mit einem literarisch-polemischen Kritikstil,
der sich vom Manifest-Stil der Modernen scharf abhob,
opponierte Hegemann gegen formalen Modernismus und
akademischen Traditionalismus und votierte für eine
gemäßigte Moderne. "'Le journal, c'est un monsieur"',
hörte [[Johannes Jakobus Pieter Oud|J.J.P. Oud]] 1927 sagen.


Hegemanns Satiren wurden entweder nicht als solche verstanden oder aber scharf abgelehnt. Dennoch gelang es ihm, sich vor allem unter Kollegen einen Ruf zu erarbeiten, was ihm zunehmend Gelegenheit gab, auch für politische Zeitschriften wie ''[[Das Tage-Buch]]'' und ''[[Die Weltbühne]]'' zu schreiben.
Hegemann bewegte auch Andersdenkende, bei ihm zu schreiben,
er inszenierte Streitfälle um der anschließenden
Beiträge und Diskussionen willen und er kritisierte
durch Auslassung - Architekten des ''[[Der Ring|Rings]]'' wurden
selten besprochen - wie durch Protektion, etwa der
[[Stuttgarter Schule]].
Auch darin heftig umstritten,
sahen ihn die Initiatoren des
[[Congres International d'Architecture Monderne|CIAM]]
gar als einen `Erzfeind',
reüssierte er mit der Belebung der Debatten,
so daß [[Paul Westheim]] ihn
"einen geborenen Widersprecher" nannte.


=== ''Das Steinerne Berlin'' ===
Zeitweise mit der konservativen
1930 führte Hegemann politische und architektonische Kritik in seinem Buch ''Das steinerne Berlin'' zusammen, in dem er die Berliner Baugeschichte Revue passieren ließ. In satirischer Verschiebung porträtierte er die preußischen Könige als [[Antiheld]]en bürgerlichen Freiheitsstrebens und zugleich als Helden im Vergleich zur späteren gleichgültigen Bürokratie, die die „[[Mietskaserne]]n<nowiki />stadt“ Berlin ermöglicht hatte. Parallel dazu spielte er [[Andreas Schlüter (Architekt)|Schlüter]] und [[Johann Gottfried Schadow|Schadow]] als Genien mit bürgerlichen Tugenden aus, um andererseits [[Karl Friedrich Schinkel|Schinkel]] als ästhetischen und politischen [[Opportunismus|Opportunisten]] darzustellen. Er plädierte für eine humane Stadt von Eigentum und Eigenheim, Grünflächen und öffentlichem Verkehr.
Architektengruppe ''[[Der Block]]'' assoziiert,
wandte Hegemann sich ab 1930 der großstädtischen Moderne
der [[Erich Mendelsohn|Mendelsohn]] und
[[Hans und Wassili Luckhardt|Luckhardt]] zu,
in der er eine kommende Klassik erkannte,
um sie nachdrücklich zu unterstützen.
Daher endete seine Herausgeberschaft
für die Architekturzeitschrift
1933 mit einer kritischen Abrechnung
mit [[Paul Schmitthenner]], der, lange von Hegemann
protegiert, sich zu
[[Adolf Hitler]] bekannt hatte.


Von Architekten weniger geschätzt und von Historikern wenig beachtet, wurde das Buch vor allem von Schriftstellern wie [[Joseph Roth]], [[Franz Blei]] und [[Carl von Ossietzky]] gelobt. [[Walter Benjamin]] rief Hegemann zum „Querulanten vorm Weltgericht“ aus, und [[Franz Hessel]] rühmte die Lehre des „Tua res agitur!“


== Schriftsteller==
=== Publizistik ===
1930 hatte Hegemann einer weiteren Fassung des Fridericus-Themas bereits ein Vorwort vorangestellt, das deutlich vor dem Führerkult warnte. 1931 griff er [[Gottfried Benn]] wegen dessen Nähe zum [[Nationalsozialismus]] an und sagte ihm die unvermeidliche Vereinnahmung als Opfer oder Täter voraus. Nach einer längeren Vortragsreise in Südamerika, wo er neuerlich gegen die Kopie europäischer Ästhetik und Planungsinstrumente auftrat, widmete er sich vermehrt den Warnungen vor den Nationalsozialisten.
=== Bücher===
1924, unter dem Pseudonym ''Manfred Maria Ellis]'', hatte
Hegemann als politischer Schriftsteller debütiert.
Er kritisierte die idealistische Tradition
deutschen politischen Denkens, das die Vergangenheit
zum Maßstab der Gegenwart machte. In fiktiven
Gesprächen realer und erdachter Personen
arrangierte er die Lob- und Widerreden
auf Heroen der revisionistischen Geschichtsdeutung
wie [[Friedrich II. von Preußen|Friedrich den Großen]]
und [[Napoleon I. Bonaparte|Napoleon]].
Der hochliterarische Stil
übertrug in satirischer Absicht seinem Leser das
Denken und vor allem das Urteil;
er wollte zur Demokratie erziehen.


Hegemann konzipierte eine Artikelserie, die die historischen Vorbilder der [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|NSDAP]] kritisch-satirisch auf Tauglichkeit befragte: ''Der Alte Fritz, der erste Nazi''. Daraus entstand sein letztes deutsches Buch, die ''Entlarvte Geschichte'', das am Tag des [[Reichstagsbrand]]es erschien und unter dem Schutz einer satirischen Widmung an [[Paul von Hindenburg|Hindenburg]] und Hitler noch erfolgreich verkauft werden konnte.
Die angeblichen "Deutschen Schriften" des Ellis
teilte Hegemann in Nachbearbeitungen auf.
Den "Fridericus" von 1925 erweiterte er
im folgenden Jahr, "Napoleon" erschien 1927,
und 1928 folgte "Der gerettete Christus",
der Jesus als barmherzigen Wohltäter fortleben ließ
und - wie schon Werke von
[[George Grosz|Grosz]] und [[Walter Hasenclever|Hasenclever]] -
staatsanwaltschaftliche Ermittlungen auf sich zog,
die jedoch eingestellt wurden.


=== Reaktionen===
== Exil ==
Hegemann verließ aufgrund der Warnungen seines Verlegers [[Jakob Hegner]] noch im Februar 1933 das Land. Er fuhr in die Schweiz, wohin ihm seine Familie im April folgte. Bei den [[Bücherverbrennung 1933 in Deutschland|Bücherverbrennungen]] des 10. Mai 1933 wurden Hegemann und Emil Ludwig als „Geschichtsverfälscher“ namentlich genannt; im Mai 1934 wurde sein Haus beschlagnahmt, im Juni 1935 Hegemann ausgebürgert und ihm noch 1938 der Doktortitel aberkannt.


[[Alvin Johnson]] lud Hegemann ein, in New York an der [[The New School|New School of Social Research]] Stadtplanung zu lehren. Im November 1933 traf die Familie in New York ein, und Hegemann, der zwar der Hoffnung Ausdruck gab, dass Hitler nicht viel länger als ein Jahr regieren werde, und sich doch zugleich der Kriegsvorbereitungen gewiss war, begann seine Lehrtätigkeit unter zahlreichen deutschen Kollegen. 1935 gelang es seinem früheren Mitarbeiter [[Joseph Hudnut]], inzwischen Dekan der Architekturfakultät der Columbia University, das Geld aufzubringen, um Hegemann als Dozenten anstellen zu können. Hegemann las über Planung im Rahmen eines neuen, an den Sozialwissenschaften orientierten [[Curriculum (Pädagogik)|Curriculums]].
Auch seine historisch-politischen Schriften machten
Hegemann zahlreiche Feinde.
Insbesondere die Historiker lehnten ihn vehement ab.
Sie zählten ihn wie [[Emil Ludwig]] und
andere zu den Autoren "Historischer Belletristik";
"Dilettanten" und "haßerfüllte Gegner des alten
Kaiserreiches", so [[Wilhelm Schüßler]].


In den USA nahm Hegemann seine politische Kritik erneut auf, um angesichts der politischen Erfahrungen in Deutschland [[Franklin D. Roosevelt|Roosevelts]] [[New Deal]] zu unterstützen. So forderte er etwa in seinem letzten Buch ''City Planning Housing'' von 1936, Slumlords entschädigungslos zu enteignen. Der zweite Band und ein großer, an den ''American Vitruvius'' anschließender [[Thesaurus]] zeitgenössischer Planung wurden nach seinem Tod von seinen Freunden herausgegeben.
Die Hegemann auszeichnende Satire
wurde nicht erkannt, sondern schlug sich in
der Unerbittlichkeit der Ablehnung nieder.
Sie aber trug Hegemann Ruhm unter Kollegen und
damit wachsende Gelegenheiten zu politischer Publizistik ein,
so in ''[[Das Tagebuch|Tagebuch]]'' und
''[[Die Weltbühne|Weltbühne]]''.


Hegemann erlag im April 1936 in New York den Komplikationen einer [[Lungenentzündung]].
=== "Das Steinerne Berlin"===


== Werkauswahl ==
1930 führte Hegemann politische und architektonische
=== Monografien ===
Kritik in seinem Buch über die Berliner Baugeschichte
zusammen, "Das steinerne Berlin" von 1930.
In satirischer Verschiebung porträtierte er die
preußischen Könige als Antihelden bürgerlichen
Freiheitsstrebens, doch zugleich als Helden
im Vergleich zur späteren gleichgültigen Bürokratie,
die jene "Mietskasernenstadt" ermöglicht hatte.
Parallel dazu spielte er [[Andreas Schlüter|Schlüter]]
und [[Gottfried Schadow|Schadow]]
als Genien mit bürgerlichen Tugenden aus, um
[[Karl Friedrich Schinkel|Schinkel]]
als ästhetischen und politischen Opportunisten darzustellen.
Er plädierte für eine humane Stadt von Eigentum und
Eigenheim, Grünflächen und öffentlichem Verkehr.


'''als Autor'''
Von Architekten weniger geschätzt und von Historikern
* ''The American [[Vitruv]]ius. An Architect’s Handbook of Civic Art''. Vieweg, Braunschweig 1988, ISBN 3-528-08740-4.
wenig beachtet, wurde das Buch vor allem von
* ''Amerikanische Architektur & Stadtbaukunst. Ein Überblick über den heutigen Stand der amerikanischen Baukunst in ihrer Beziehung zum Städtebau''. Wasmuth, Berlin 1925.
Schriftstellern wie [[Joseph Roth|Roth]],
** 2. Auflage 1927: {{URN|nbn:de:kobv:83-goobi-1042974}} Digitalisat der Universitätsbibliothek der Technischen Universität Berlin.
[[Franz Blei|Blei]] und [[Carl von Ossietzky|Ossietzky]] gelobt.
* ''City Planning Housing''. Architectural Book Publications, New York 1936.
[[Walter Benjamin]] rief Hegemann zum "Querulanten vorm
** Band 1:''Historical and Sociological''.
Weltgericht" aus und [[Franz Hessel]] rühmte
* ''Der gerettete Christus oder Iphigenies Flucht vor dem Ritualopfer''. Kiepenheuer, Potsdam 1928.
die Lehre des "Tua res agitur!".
* ''Das Jugendbuch vom großen König oder Kronprinz Friederichs Kampf um die Freiheit''. Verlag Hegner, Hellerau 1930.
* ''Entlarvte Geschichte''. Olms, Hildesheim 1979, ISBN 3-8067-0821-5 (Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1933).
* ''Facades of Buildings, Fronts of old and modern business and dwelling Houses, 500 Illustrations collected by Werner Hegemann''. Ernest Benn Ltd., London 1929.
* ''Fridericus oder Das Königsopfer''. Neue, erw. Auflage. Verlag Hegner, Hellerau 1926 ([https://digital.ub.uni-potsdam.de/content/titleinfo/21272 Digitalisat]).
* ''Napoleon oder „Kniefall vor dem Heros“''. Verlag Hegner, Hellerau 1927.
* ''Reihenhausfassaden'' (Deutsche Ausgabe von ''Facades of Buildings''). Ernst Wasmuth Verlag, Berlin 1929.
* ''Report on a City Plan for the Municipalities of Oakland & Berkeley …'' [ohne Ortsangabe], 1915.
* ''Der Städtebau nach den Ergebnissen der Allgemeinen Städtebauausstellung in Berlin und Düsseldorf''. Wasmuth, Berlin 1911–1913.
** Band 1: ''Berlin''. 1911.
** Band 2: ''Verkehrswesen, Freiflächen Paris, Wien, Budapest, München, Cöln, London, Stockholm, Chicago, Boston''. 1913.
* ''Das steinerne Berlin. 1930, Geschichte der größten Mietkasernenstadt der Welt'' (Bauwelt-Fundamente; 3). Vieweg, Braunschweig 1988, ISBN 3-528-18603-8.


'''als Herausgeber'''
=== Publizistik===
* ''[[Wasmuths Monatshefte für Baukunst]] (und Städtebau).'' Verlag Ernst Wasmuth, Berlin 1924–1933.
* Manfred Maria Ellis: ''Deutsche Schriften.'' 2. Auflage. Sanssouci-Verlag, Berlin 1924,
** Band 1: ''Iphigenie. Ein Lustspiel''.
** Band 2: ''Iphigenienromantik, Friedrichslegenden, Sühnopferwahn, 1.–3. von 7 Gesprächen über das Königsopfer''.
** Band 3: ''Friedrich II. als Werther, Christi Rettung vom Opfertod, die letzten 4 der 7 Gespräche über das Königsopfer''.


=== Aufsätze ===
1930 hatte Hegemann einer weiteren Fassung des
* ''Die Ausstellung für Städtebau und Städtische Kunst in New York''. In: ''Städtebau'', 1909, 6, S. 127–131, 146–148.
Fridericus-Themas bereits ein Vorwort vorangestellt,
* ''The Debasement of the Professions''. In: Pierre van Passen, James Waterman Wise (Hrsg.): ''Nazism. An Assault on Civilization''. New York 1934, S.&nbsp;59–75.
das deutlich vor dem Führerkult warnte.
* ''Das deutsche Wohnhaus''. In: ''Bauwelt'', 1932, 23, S. 1165–1172 (und in: ''MB'' 16 (1932), S. 559–566).
1931 verwarnte er [[Gottfried Benn]]
* ''[[Emil Ludwig]] zum fünfzigsten Geburtstag''. In: ''[[Die Weltbühne]]'', 20. Januar 1931, 27, S. 96–100.
wegen seiner Nähe zum [[Nationalsozialismus]]
* {{WasmuthsBaukunst |Autor=Werner Hegemann |Titel=Erich Mendelsohn’s [[Kaufhaus Schocken]] Chemnitz |Jahr=1930 |Heft=8 |Seiten=345–350 |Werkliste=1 |zlb=282}}
und sagte ihm eine unvermeidliche Vereinnahmung
* ''[[Heinrich Mann]]? [[Adolf Hitler|Hitler]]? [[Gottfried Benn]]? Oder [[Johann Wolfgang von Goethe|Goethe]]?'' In: ''Tagebuch'', 11. April 1931, 12, S.&nbsp;580–588. https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=dtb&datum=1931&page=644&size=45
als Opfer oder Täter voraus.
* ''Die krystallische Form gotischer Kirchen und ihre Vorplätze. Betrachtungen zum [[Münsterplatz (Ulm)|Ulmer Münsterplatz]]-Wettbewerb''. In: ''Städtebau'', 1925, 20, S.&nbsp;29–44 ([https://digital.zlb.de/viewer/image/16297425_1925/35/ Digitalisat] der [[Zentral- und Landesbibliothek Berlin]]).
Nach einer längeren Vortragsreise in Südamerika,
* {{WasmuthsBaukunst |Autor=Werner Hegemann |Titel=Künstlerische Tagesfragen beim Bau von Einfamilienhäusern. Die Nachfolge [[Alfred Messel|Messels]], [[Paul Schultze-Naumburg|Schultze-Naumburg]] und [[Ernst May]], Flaches und schiefes Dach |Jahr=1927 |Heft=3 |Seiten=106–127 |Werkliste=1 |zlb=122}}
wo er neuerlich gegen die Kopie europäischer
* {{WasmuthsBaukunst |Autor=Werner Hegemann |Titel=[[Paul Mebes|Mebes]], [[Karl Friedrich Schinkel|Schinkel]], die neuen Luckhardts, USA und USSR |Jahr=1932 |Heft=2 |Seiten=57–65 |Werkliste=1}}
Ästhetik und Planungsinstrumente auftrat,
* {{WasmuthsBaukunst |Autor=Werner Hegemann |Titel=Paul Wolf und [[Heinrich Tessenow]] |Jahr=1927 |Heft=4 |Seiten=173–182 |Werkliste=1 |zlb=189}}
widmete er sich vermehrt den Warnungen
* {{WasmuthsBaukunst |Autor=Werner Hegemann |Titel=Stuttgarter Schildbürgerstreiche und Berliner Bauausstellung 1930 |Jahr=1928 |Heft=1 |Seiten=8–12 |Werkliste=1 |zlb=21}}
vor den Nationalsozialisten.
* ''Turmhaus Reichstag''. In: ''[[Die Weltbühne]]'', 4. März 1930, 26, S. 275–280.
* {{WasmuthsBaukunst |Autor=Werner Hegemann |Titel=Warnung vor „Akademismus“ und „Klassizismus“ |Jahr=1927 |Heft=1 |Seiten=1–10 |Kommentar=zusammen mit Leo Adler |Werkliste=1 |zlb=16}}
* {{WasmuthsBaukunst |Autor=Werner Hegemann |Titel=Weimarer [[Bauhaus]] und ägyptische Baukunst |Jahr=1924 |Heft=3 |Seiten=69–86 |Kommentar=zusammen mit Leo Adler |Werkliste=1 |zlb=79}}
* ''Eine wichtige Berliner Stadtbaufrage: [[Erich Mendelsohn]]s Herpich-Umbau in der Leipziger Straße''. In: ''Städtebau'', 1925, 20, S.&nbsp;156&nbsp;f.


== Literatur ==
Hegemann konzipierte eine Artikelserie,
'''Leben und Werk'''
die die akklamierten historischen Vorbilder der
* Caroline Flick: ''Werner Hegemann (1881–1936). Stadtplanung, Architektur, Politik. Ein Arbeitsleben in Europa und den USA''. K.&nbsp;G. Saur Verlag, München 2005, ISBN 3-598-23228-4 (Einzelveröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin, Band&nbsp;84. 2&nbsp;Bände, erster umfassender monographischer Überblick über Leben und Werk). Rez. von Gerhard Knoll in: ''Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands'', 2008, 54, S.&nbsp;293–306.
[[NSDAP]] kritisch-satirisch auf Tauglichkeit befragte:
* {{NDB|8|224|225|Hegemann, Werner|Klaus Kratzsch|116571284}}
''Der Alte Fritz, der erste Nazi''.
Daraus entstand sein letztes deutsches Buch,
die "Entlarvte Geschichte", das am Tag des
[[Reichstagsbrand]]es erschien und unter dem Schutz
einer satirischen Widmung an
[[Paul von Hindenburg|Hindenburg]] und [[Adolf Hitler|Hitler]]
noch erfolgreich verkauft werden konnte.


'''Architektur'''
== Exil==
* [[Werner Oechslin]]: ''Zwischen Amerika und Deutschland: Werner Hegemanns städtebauliche Vorstellungen jenseits der Frage nach der „Moderne“''. In: Wolfgang Böhm (Hrsg.): ''Das Bauwerk und die Stadt. Aufsätze für [[Eduard Sekler (Architekt)|Eduard F. Sekler]]''. Böhlau, Köln 1994, ISBN 3-205-98093-X (Texte Deutsch-Englisch), S.&nbsp;221–251.
* [[Detlef Jessen-Klingenberg]]: ''[[Camillo Sitte]] als „leidenschaftlicher Verehrer des Barock“. Zur Rezeption im Umfeld Werner Hegemanns''. In: Karin Wilhelm, Detlef Jessen-Klingenberg (Hrsg.): ''Formationen der Stadt. Camillo Sitte weitergelesen'' (Bauwelt-Fundamente 132). Bau-Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-7643-7676-5 ([https://link.springer.com/book/10.1007%2F3-7643-7676-7 online]).


'''Planung'''
Hegemann verließ aufgrund der
* Christiane Crasemann Collins: ''Werner Hegemann and the Search for Universal Urbanism''. Norton Books, New York 2005, ISBN 0-393-73156-1.
Warnungen seines Verlegers [[Jakob Hegner]] noch im
Februar 1933 das Land.
Er fuhr in die Schweiz,
wohin ihm seine Familie im April folgte.
Bei den [[Bücherverbrennung]]en des 10. Mai 1933 wurden
Hegemann und [[Emil Ludwig]]
als `Geschichtsverfälscher'
namentlich genannt; im Mai 1934
sein Haus beschlagnahmt, im Juni 1935 Hegemann expatriiert
und ihm noch 1938 der Doktortitel aberkannt.


'''Literarische Tätigkeit'''
Die Kinder konnte einen scheinbar idyllischen
* Christoph Gradmann: ''Historische Belletristik. Populäre historische Biographien in der Weimarer Republik''. Campus-Verlag, Frankfurt am Main 1993, ISBN 3-593-34881-0 (Historische Studien, 10; zugleich Dissertation, Universität Hannover, 1991).
Sommer im schweizer Hochland
verbringen, während Hegemann
durch europäische Hauptstädte reiste, um Arbeit
zu finden, und wie seine Frau unermüdlich Briefe
schrieb.


== Weblinks ==
[[Alvin Johnson]] lud schließlich Hegemann ein,
* {{DNB-Portal|116571284}}
in New York an der
* {{DDB|Person|116571284}}
New School of Social Research Stadtplanung zu lehren.
Im November 1933 traf die Familie in New York ein
und Hegemann, der zwar der Hoffnung Ausdruck gab,
daß Hitler nicht viel länger als ein Jahr
regieren werde und sich doch zugleich
der Kriegsvorbereitungen gewiß war,
begann seine Lehrtätigkeit
unter zahlreichen deutschen Kollegen. 1935
gelang es seinem früheren Mitarbeiter [[Joseph Hudnut]],
inzwischen Dekan der
Architekturfakultät der Columbia University,
das Geld aufzubringen, um Hegemann als Dozenten
anstellen zu können. Hegemann las über
Planung im Rahmen eines neuen, an den
Sozialwissenschaften orientierten Curriculums.


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Er nahm seine politische Kritik erneut auf,
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in Deutschland F.D. [[Franklin Delano Roosevelt|Roosevelts]]
[[New Deal]] zu
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in seinem letzten Buch "City Planning Housing"
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[[Abraham Lincoln|Lincolns]] und der ''[[Abolitionists]]''
Slumbesitzer entschädigungslos zu enteignen,
auch hier das politische Denken radikal fordernd.
Der zweite Band und ein großer, an den
"American Vitruvius" anschließender Thesaurus
zeitgenössischer Planung mußte von seinen Freunden
herausgegeben werden.


{{SORTIERUNG:Hegemann, Werner}}
Hegemann erlag im April 1936 in New York den
[[Kategorie:Stadtplaner (Deutschland)]]
einer Lungenentzündung folgenden Komplikationen.
[[Kategorie:Architekturkritiker]]
[[Kategorie:Pressesprecher]]
[[Kategorie:Autor]]
[[Kategorie:Person (Deutsches Kaiserreich)]]
[[Kategorie:Person (Weimarer Republik)]]
[[Kategorie:Deutscher Emigrant in den Vereinigten Staaten]]
[[Kategorie:Literatur (20. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Literatur (Deutsch)]]
[[Kategorie:Geboren 1881]]
[[Kategorie:Gestorben 1936]]
[[Kategorie:Mann]]


{{Personendaten
==Werkauswahl==
|NAME=Hegemann, Werner

|ALTERNATIVNAMEN=
=== Monographien===
|KURZBESCHREIBUNG=deutscher Stadtplaner, Architekturkritiker und politischer Schriftsteller
*Der Städtebau nach den Ergebnissen der Allgemeinen Städtebauausstellung ..., T.1.2, Berlin 1911 und 1913.
|GEBURTSDATUM=15. Juni 1881
*Report on a City Plan for the Municipalities of Oakland & Berkeley ..., n.p. 1915.
|GEBURTSORT=[[Mannheim]]
*The American Vitruvius. An Architects' Handbook of Civic Art,
|STERBEDATUM=12. April 1936
New York 1922.
|STERBEORT=[[New York City|New York]], New York
*Manfred Maria Ellis, Deutsche Schriften. Gesammelt in 3 Bänden von Werner Hegemann, 2. Auflage, Bd. 1, T. 1-3, Berlin 1924.
}}
*Fridericus oder Das Königsopfer. Hellerau 1925;Neue, erw. Auflage Hellerau 1926.
*Amerikanische Architektur & Stadtbaukunst ..., Berlin 1925.
*Napoleon oder "Kniefall vor dem Heros".Hellerau 1927.
*Der gerettete Christus oder Iphigenies Flucht vor dem Ritualopfer.
Potsdam 1928.
*Das steinerne Berlin.Geschichte der größten Mietkasernenstadt der Welt, Berlin 1930.
*Das Jugendbuch vom großen Königoder Kronprinz Friederichs Kampf um die Freiheit.Hellerau 1930.
*Entlarvte Geschichte. Leipzig 1933.
*City Planning Housing.First Volume of Text: Historical and Sociological, New York 1936.

=== Artikel===
*Die Ausstellung für Städtebau undStädtische Kunst in New York.In: Städtebau 6 (1909), 127-131 und 146-148.
*Weimarer Bauhaus und ägyptische Baukunst.In: Wasmuths Monatshefte für Baukunst (=WMB) 8 (1924), S. 69-86.
*Die krystallische Form gotischer Kirchen und ihre Vorplätze.Betrachtungen zum Ulmer Münsterplatz-Wettbewerb,in: Städtebau 20 (1925), 29-44.
*Eine wichtige Berliner Stadtbaufrage: Erich MendelsohnsHerpich-Umbau in der Leipziger Straße,in: Städtebau 20 (1925), S. 156 f.
*Künstlerische Tagesfragen beim Bau von Einfamilienhäusern.Die Nachfolge Messels, Schultze-Naumburg und Ernst May,Flaches und schiefes Dach, in: WMB 11 (1927), 106-127.
*Stuttgarter Schildbürgerstreiche undBerliner Bauausstellung 1930.In: WMB 11 (1928), 8-12.
*Turmhaus Reichstag.In: Weltbühne 26 (1930), 4. März, 275-280.
*Erich Mendelsohn's Kaufhaus Schocken Chemnitz.In: WMB 14 (1930), 345-350.
*Emil Ludwig zum fünfzigsten Geburtstag.In: Weltbühne 27 (1931), 20. Januar, 96-100.
*Heinrich Mann? Hitler? Gottfried Benn? Oder Goethe?In: Tagebuch 12 (1931), 11. April, 580-588.
*Mebes, Schinkel, die neuen Luckhardts,U.S.A. und U.S.S.R.In: WMB 16 (1932), 57-65.
*"Das deutsche Wohnhaus".In: Bauwelt 23 (1932), 1165-1172und in: MB 16 (1932), 559-566.
*The Debasement of the Professions. In: Nazism. An Assault onCivilization, Ed. by Pierre van Passen and James Waterman Wise,New York 1934, p. 59-75.

== Literatur==
===''Architektur:''===
*Werner Oechslin, Zwischen Amerika und Deutschland:
*Werner Hegemanns städtebauliche Vorstellungenjenseits der Frage nach der "Moderne".In: Wolfgang Böhm (Hrsg.),
*Das Bauwerk und die Stadt/The Building and The Town.Aufsätze für/Essays for Eduard F. Sekler,Wien-Köln-Weimar 1994, S. 221-251.

===''Planung:''===
Christiane Crasemann Collins, Werner Hegemann andthe Search for Universal Urbanism,New York-London 2005.

===''Literatur:''===
*Christoph Gradmann, "Historische Belletristik".
*Populäre historische Biographienin der Weimarer Republik (Historische Studien 10),Frankfurt a.M.-New York 1993.

===''Leben und Werk:''===
*Caroline Flick, Werner Hegemann (1881-1936).
*Stadtplanung, Architektur, Politik, Ein Arbeitslebenin Europa und den USA (Einzelveröffentlichungen derHistorischen Kommission zu Berlin 84),München 2005.

Aktuelle Version vom 9. März 2024, 19:37 Uhr

Werner Hegemann (* 15. Juni 1881 in Mannheim; † 12. April 1936 in New York, NY) war ein Stadtplaner, Architekturkritiker und politischer Schriftsteller.

Hegemann war als Stadtplaner eine international bekannte Figur, eine zeitgenössische Größe als Architekturkritiker und gehörte als Schriftsteller zum Kreis der Linksliberalen, die die Weimarer Republik zu stärken suchten.

Familie, Studium

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Als einer der jüngeren Söhne eines Fabrikanten besuchte Hegemann aufgrund der Scheidung seiner Eltern Schulen und Internate in verschiedenen deutschen Ländern. Der Tod seines Vaters 1900 machte ihn finanziell unabhängig und nach dem Abitur 1901, einem Semester in Berlin und dem Militärdienst verbrachte er zwei Jahre in Paris und auf Reisen. In Berlin hatte ihm sein Onkel, der Architekt Otto March, eine Ersatzfamilie geboten und sein Interesse an Kunst und Architektur geweckt.

Nachdem Hegemann in Paris Charles Gide und in Philadelphia Simon Patten gehört hatte, entschied er sich für das Studium der Nationalökonomie in Berlin, Straßburg und München. 1905 heiratete er die Lehrerin Alice Hesse – auch sie ließ sich für Nationalökonomie einschreiben –, und 1906 wurde ihre Tochter Ellis geboren. Hegemann promovierte 1908 bei Lujo Brentano und Walter Lotz mit einer Arbeit zu Mexikos Goldwährung.

Noch 1908 reiste Hegemann mit seiner Familie in die USA. Beeindruckt vom Progressivismus, interessierte er sich für Sozialpolitik. Er besuchte die soeben eingerichtete Housing Inspection in Philadelphia, berichtete über die städtische Ausstellung der Municipal Art Society und des Committee on Congestion in New York. Hier entstand, zusammen mit March, die Idee, die Pläne des Berliner Wettbewerbs um einen Gesamtbebauungsplan in einer ersten internationalen Städtebauausstellung öffentlich zu präsentieren. March, bereits beim Anstoß des Wettbewerbs führend, erwies sich auch hier als einflussreicher Organisator. Hegemann bewarb sich in Boston um eine Mitarbeit an der Städteausstellung Boston 1915, einer philanthropischen Unternehmung, die Boston bis 1915 zu einer Musterstadt machen wollte, und wurde Mitglied des Exhibit Committee.

Berlin 1910–1912

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Ende 1909 wurde Hegemann achtundzwanzigjährig zum Generalsekretär der Internationalen Städtebauausstellung ernannt. Die im Mai 1910 eröffnete Ausstellung zeigte die Berliner Wettbewerbspläne, deutsche und internationale Beispiele für Architektur und Stadtplanung; sie wurde noch im selben Jahr als Internationale Städtebau-Ausstellung Düsseldorf 1910 wiederholt und anschließend teilweise in London auf der International Town Planning Conference sowie in Zürich gezeigt. Hegemann war nicht nur ihr Pressesprecher, sondern agierte als Führer für ein zahlreiches Publikum vom auswärtigen Fachbesucher bis zu politischen Vereinen.

Sein Erfolg in der Öffentlichkeitsarbeit trug ihm den Auftrag ein, die offizielle Darstellung der Ausstellung zu verfassen. Seine zwei Bände Der Städtebau, 1911 und 1913, gelten als ein „Gründungsdokument des Fachs“. Hegemann verschaffte der neuen Disziplin nicht nur eine Tradition, sondern mit seiner kulturgeschichtlichen Erzählung auch einen sozialen Auftrag – eine Gemengelage, die seine Rezensenten begeisterte.

Hegemann, der – zu unbekanntem Zeitpunkt – der SPD beitrat, arbeitete 1912 bei einer Baugenossenschaft mit, die ein Reformsiedlungsprojekt, das der „gemischten Bauweise“, verwirklichte. Sein Versuch, die mit der Ausstellung gewonnene Popularität in konkrete kommunalpolitische Ziele umzusetzen, schlug jedoch fehl. Er gründete den Propaganda-Ausschuß für Groß-Berlin, eine frühe Form einer Bürgerinitiative, und konnte Käthe Kollwitz dafür gewinnen, eigens ein Plakat und Signum zu zeichnen. Die Versammlungen dieses Ausschusses erregten Aufsehen, konnten jedoch die politischen Entscheidungsträger nicht zugunsten einer gezielten Wohn- und Grünflächenpolitik beeinflussen.

USA 1913–1920

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Daher kehrte Hegemann 1913 in die Vereinigten Staaten zurück, inzwischen allein, da seine Reisen die Ehe ruinierten. Auf Empfehlung von Wilhelm Marx war er vom People’s Institute of New York eingeladen worden, in amerikanischen Städten Vorträge über Stadtplanung zu halten. Seine Tour begann in New York City und führte ihn in über zwanzig Städte. In seinen Vorträgen debattierte er Chancen und Gefahren der jeweiligen Stadtentwicklung und riet von der Nachahmung europäischer Vorbilder ab.

Am Ende stand ein Engagement in den Westküstenstädten Oakland und Berkeley, die ihn mit einem großen Planungsbericht beauftragten (1915 publiziert). Hier entwickelte Hegemann eine strikte Hierarchie der Planungsbereiche und forderte die Kooperation städtischer Gruppen zur Lenkung der Stadtentwicklung, die Wende von innerstädtischer Verschönerung zur Optimierung des Ensembles städtischer Funktionen.

Für die Rückreise wählte Hegemann die Pazifikroute. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs wurde sein deutsches Schiff aufgebracht und die Passagiere in Mosambik interniert. Ihm gelang es, als blinder Passagier an Bord eines Seglers zu fliehen, der ihn in den amerikanischen Südstaaten an Land setzte. Zurück in New York, machte er sich als Planungsberater selbstständig.

1916 gründete Hegemann mit dem Landschaftsarchitekten Elbert Peets eine eigene Firma, die sich auf Vorortsiedlungen spezialisierte. Nach einem kurzzeitigen Engagement für eine Werkssiedlung der Kohler Co. in Wauwatosa, Wisconsin gelang der Firma mit dem Auftrag für Washington Highlands (1916–1919) ein Erfolg, während zwei weitere große Anlagen aufgrund der Wirtschaftskrise nicht vollendet werden konnten. Die Erschließung einer ehemaligen Farm, heute als historisches Denkmal geschützt, vereint Elemente formaler mit informeller Landschaftsgestaltung und moderner Siedlungsplanung, die vom Reihenhaus bis zum Anwesen reicht.

Bei schlechter werdender Auftragslage widmeten Hegemann und Peets sich einer Sammlung hervorragender Beispiele amerikanischer Architektur und Stadtplanung. Ihr 1922 gemeinsam publizierter Thesaurus American Vitruvius mit 1200 Abbildungen führte mit Peets’ Skizzen seiner Europareise den Blickwinkel des Flaneurs in der Stadt ein, während Hegemann die Vorbilder kritisch kommentierte. Die typologisch angelegte und weit gefasste Übersicht – Platz, Baugruppe, Straße, Grün und Stadtplan – trug zur Selbstentdeckung der neuen Disziplin bei, indem sie deren Agenda erweiterte. Zunächst wenig wohlwollend aufgenommen, stieg der Ruf des Buches, als es 1923 für den Grundbestand einer jeden Fachbibliothek empfohlen wurde.

Inzwischen hatte Hegemann seine zweite Frau, Ida Belle Guthe, auch sie Lehrerin, kennengelernt. Sie heirateten 1920 und sollten vier Kinder bekommen. Mit ihr brach Hegemann nun auf, um nach einem längeren Italienaufenthalt nach Deutschland zurückzukehren.

Die Ernennung zum Herausgeber des Katalogs der Städtebauausstellung im schwedischen Göteborg 1923 erlaubte Hegemann Kontakte zu Architekten und Planer zu erneuern.

In der Folge gab er 1924 eine deutsche Ausgabe des Gemeinschaftswerks Amerikanische Architektur heraus. Sie richtete sich gegen die europäische Avantgarde und ihre amerikanischen Helden Frank Lloyd Wright und Louis Sullivan, um eine Lanze für den Beaux-Arts-Stil der American Renaissance zu brechen. Von den Modernen heftig abgelehnt – so wünschte Adolf Rading, solche Bücher solle man verbrennen –, vermittelte das Werk mit seiner typologischen Breite ein realistisches Bild vom amerikanischen Baugeschehen.

1924 wurde Hegemann Herausgeber der bekannten Architekturzeitschrift Wasmuths Monatshefte für Baukunst und des ebenfalls im Wasmuth Verlag erscheinenden Städtebau. Die außergewöhnlich hohe Zahl, stilistische Bandbreite und internationale Herkunft der besprochenen Bauten machten die von ihm redigierte Zeitschrift zur Ausnahmeerscheinung unter den zeitgenössischen Journalen. Mit einem literarisch-polemischen Kritikstil, der sich vom Manifest-Stil der Modernen scharf abhob, opponierte Hegemann gegen formalen Modernismus und akademische Traditionen und votierte für eine gemäßigte Moderne. «Le journal, c’est un monsieur», hörte J. J. P. Oud 1927 über Hegemann sagen.

Hegemann bewegte auch Andersdenkende, bei ihm zu schreiben. Er inszenierte Streitfälle um der anschließenden Beiträge und Diskussionen willen, und er kritisierte durch Auslassung – Architekten des Rings wurden selten besprochen – wie durch Protektion, etwa der Stuttgarter Schule. Auch darin heftig umstritten, sahen ihn die Initiatoren des CIAM gar als einen „Erzfeind“, reüssierte er mit der Belebung der Debatten, so dass Paul Westheim ihn „einen geborenen Widersprecher“ nannte.

Zeitweise mit der konservativen Architektengruppe Der Block assoziiert, wandte Hegemann sich ab 1930 der großstädtischen Moderne Erich Mendelsohns und der Brüder Hans und Wassili Luckhardt zu, in der er eine kommende Klassik erkannte, um sie nachdrücklich zu unterstützen. Daher endete seine Herausgeberschaft der Architekturzeitschrift 1933 mit einer kritischen Abrechnung mit Paul Schmitthenner, der, lange von Hegemann protegiert, sich zu Adolf Hitler bekannt hatte.

Hegemann debütierte 1924 unter dem Pseudonym Manfred Maria Ellis als politischer Schriftsteller. Er kritisierte die idealistische Tradition deutschen politischen Denkens, das die Vergangenheit zum Maßstab der Gegenwart machte. In fiktiven Gesprächen realer und erdachter Personen arrangierte er die Lob- und Widerreden auf Heroen der revisionistischen Geschichtsdeutung wie Friedrich den Großen und Napoleon. Der hochliterarische Stil übertrug in satirischer Absicht seinem Leser das Denken und vor allem das Urteil; er wollte zur Demokratie erziehen.

Die angeblichen Deutschen Schriften von Ellis veröffentlichte Hegemann in bearbeiteter Fassung. Den Fridericus von 1925 erweiterte er im folgenden Jahr, Napoleon erschien 1927, und 1928 folgte Der gerettete Christus, der Jesus als barmherzigen Wohltäter fortleben ließ und Ermittlungen auf sich zog, die jedoch eingestellt wurden.

Auch Hegemanns historisch-politische Schriften machten ihm zahlreiche Feinde. Insbesondere die Historiker lehnten ihn vehement ab. Sie zählten ihn zu den Autoren „Historischer Belletristik“; „Dilettanten“ und „haßerfüllte Gegner des alten Kaiserreiches“, so Wilhelm Schüßler.

Hegemanns Satiren wurden entweder nicht als solche verstanden oder aber scharf abgelehnt. Dennoch gelang es ihm, sich vor allem unter Kollegen einen Ruf zu erarbeiten, was ihm zunehmend Gelegenheit gab, auch für politische Zeitschriften wie Das Tage-Buch und Die Weltbühne zu schreiben.

Das Steinerne Berlin

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1930 führte Hegemann politische und architektonische Kritik in seinem Buch Das steinerne Berlin zusammen, in dem er die Berliner Baugeschichte Revue passieren ließ. In satirischer Verschiebung porträtierte er die preußischen Könige als Antihelden bürgerlichen Freiheitsstrebens und zugleich als Helden im Vergleich zur späteren gleichgültigen Bürokratie, die die „Mietskasernenstadt“ Berlin ermöglicht hatte. Parallel dazu spielte er Schlüter und Schadow als Genien mit bürgerlichen Tugenden aus, um andererseits Schinkel als ästhetischen und politischen Opportunisten darzustellen. Er plädierte für eine humane Stadt von Eigentum und Eigenheim, Grünflächen und öffentlichem Verkehr.

Von Architekten weniger geschätzt und von Historikern wenig beachtet, wurde das Buch vor allem von Schriftstellern wie Joseph Roth, Franz Blei und Carl von Ossietzky gelobt. Walter Benjamin rief Hegemann zum „Querulanten vorm Weltgericht“ aus, und Franz Hessel rühmte die Lehre des „Tua res agitur!“

1930 hatte Hegemann einer weiteren Fassung des Fridericus-Themas bereits ein Vorwort vorangestellt, das deutlich vor dem Führerkult warnte. 1931 griff er Gottfried Benn wegen dessen Nähe zum Nationalsozialismus an und sagte ihm die unvermeidliche Vereinnahmung als Opfer oder Täter voraus. Nach einer längeren Vortragsreise in Südamerika, wo er neuerlich gegen die Kopie europäischer Ästhetik und Planungsinstrumente auftrat, widmete er sich vermehrt den Warnungen vor den Nationalsozialisten.

Hegemann konzipierte eine Artikelserie, die die historischen Vorbilder der NSDAP kritisch-satirisch auf Tauglichkeit befragte: Der Alte Fritz, der erste Nazi. Daraus entstand sein letztes deutsches Buch, die Entlarvte Geschichte, das am Tag des Reichstagsbrandes erschien und unter dem Schutz einer satirischen Widmung an Hindenburg und Hitler noch erfolgreich verkauft werden konnte.

Hegemann verließ aufgrund der Warnungen seines Verlegers Jakob Hegner noch im Februar 1933 das Land. Er fuhr in die Schweiz, wohin ihm seine Familie im April folgte. Bei den Bücherverbrennungen des 10. Mai 1933 wurden Hegemann und Emil Ludwig als „Geschichtsverfälscher“ namentlich genannt; im Mai 1934 wurde sein Haus beschlagnahmt, im Juni 1935 Hegemann ausgebürgert und ihm noch 1938 der Doktortitel aberkannt.

Alvin Johnson lud Hegemann ein, in New York an der New School of Social Research Stadtplanung zu lehren. Im November 1933 traf die Familie in New York ein, und Hegemann, der zwar der Hoffnung Ausdruck gab, dass Hitler nicht viel länger als ein Jahr regieren werde, und sich doch zugleich der Kriegsvorbereitungen gewiss war, begann seine Lehrtätigkeit unter zahlreichen deutschen Kollegen. 1935 gelang es seinem früheren Mitarbeiter Joseph Hudnut, inzwischen Dekan der Architekturfakultät der Columbia University, das Geld aufzubringen, um Hegemann als Dozenten anstellen zu können. Hegemann las über Planung im Rahmen eines neuen, an den Sozialwissenschaften orientierten Curriculums.

In den USA nahm Hegemann seine politische Kritik erneut auf, um angesichts der politischen Erfahrungen in Deutschland Roosevelts New Deal zu unterstützen. So forderte er etwa in seinem letzten Buch City Planning Housing von 1936, Slumlords entschädigungslos zu enteignen. Der zweite Band und ein großer, an den American Vitruvius anschließender Thesaurus zeitgenössischer Planung wurden nach seinem Tod von seinen Freunden herausgegeben.

Hegemann erlag im April 1936 in New York den Komplikationen einer Lungenentzündung.

als Autor

  • The American Vitruvius. An Architect’s Handbook of Civic Art. Vieweg, Braunschweig 1988, ISBN 3-528-08740-4.
  • Amerikanische Architektur & Stadtbaukunst. Ein Überblick über den heutigen Stand der amerikanischen Baukunst in ihrer Beziehung zum Städtebau. Wasmuth, Berlin 1925.
  • City Planning Housing. Architectural Book Publications, New York 1936.
    • Band 1:Historical and Sociological.
  • Der gerettete Christus oder Iphigenies Flucht vor dem Ritualopfer. Kiepenheuer, Potsdam 1928.
  • Das Jugendbuch vom großen König oder Kronprinz Friederichs Kampf um die Freiheit. Verlag Hegner, Hellerau 1930.
  • Entlarvte Geschichte. Olms, Hildesheim 1979, ISBN 3-8067-0821-5 (Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1933).
  • Facades of Buildings, Fronts of old and modern business and dwelling Houses, 500 Illustrations collected by Werner Hegemann. Ernest Benn Ltd., London 1929.
  • Fridericus oder Das Königsopfer. Neue, erw. Auflage. Verlag Hegner, Hellerau 1926 (Digitalisat).
  • Napoleon oder „Kniefall vor dem Heros“. Verlag Hegner, Hellerau 1927.
  • Reihenhausfassaden (Deutsche Ausgabe von Facades of Buildings). Ernst Wasmuth Verlag, Berlin 1929.
  • Report on a City Plan for the Municipalities of Oakland & Berkeley … [ohne Ortsangabe], 1915.
  • Der Städtebau nach den Ergebnissen der Allgemeinen Städtebauausstellung in Berlin und Düsseldorf. Wasmuth, Berlin 1911–1913.
    • Band 1: Berlin. 1911.
    • Band 2: Verkehrswesen, Freiflächen Paris, Wien, Budapest, München, Cöln, London, Stockholm, Chicago, Boston. 1913.
  • Das steinerne Berlin. 1930, Geschichte der größten Mietkasernenstadt der Welt (Bauwelt-Fundamente; 3). Vieweg, Braunschweig 1988, ISBN 3-528-18603-8.

als Herausgeber

  • Wasmuths Monatshefte für Baukunst (und Städtebau). Verlag Ernst Wasmuth, Berlin 1924–1933.
  • Manfred Maria Ellis: Deutsche Schriften. 2. Auflage. Sanssouci-Verlag, Berlin 1924,
    • Band 1: Iphigenie. Ein Lustspiel.
    • Band 2: Iphigenienromantik, Friedrichslegenden, Sühnopferwahn, 1.–3. von 7 Gesprächen über das Königsopfer.
    • Band 3: Friedrich II. als Werther, Christi Rettung vom Opfertod, die letzten 4 der 7 Gespräche über das Königsopfer.

Leben und Werk

  • Caroline Flick: Werner Hegemann (1881–1936). Stadtplanung, Architektur, Politik. Ein Arbeitsleben in Europa und den USA. K. G. Saur Verlag, München 2005, ISBN 3-598-23228-4 (Einzelveröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin, Band 84. 2 Bände, erster umfassender monographischer Überblick über Leben und Werk). Rez. von Gerhard Knoll in: Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands, 2008, 54, S. 293–306.
  • Klaus Kratzsch: Hegemann, Werner. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 8, Duncker & Humblot, Berlin 1969, ISBN 3-428-00189-3, S. 224 f. (Digitalisat).

Architektur

  • Werner Oechslin: Zwischen Amerika und Deutschland: Werner Hegemanns städtebauliche Vorstellungen jenseits der Frage nach der „Moderne“. In: Wolfgang Böhm (Hrsg.): Das Bauwerk und die Stadt. Aufsätze für Eduard F. Sekler. Böhlau, Köln 1994, ISBN 3-205-98093-X (Texte Deutsch-Englisch), S. 221–251.
  • Detlef Jessen-Klingenberg: Camillo Sitte als „leidenschaftlicher Verehrer des Barock“. Zur Rezeption im Umfeld Werner Hegemanns. In: Karin Wilhelm, Detlef Jessen-Klingenberg (Hrsg.): Formationen der Stadt. Camillo Sitte weitergelesen (Bauwelt-Fundamente 132). Bau-Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-7643-7676-5 (online).

Planung

  • Christiane Crasemann Collins: Werner Hegemann and the Search for Universal Urbanism. Norton Books, New York 2005, ISBN 0-393-73156-1.

Literarische Tätigkeit

  • Christoph Gradmann: Historische Belletristik. Populäre historische Biographien in der Weimarer Republik. Campus-Verlag, Frankfurt am Main 1993, ISBN 3-593-34881-0 (Historische Studien, 10; zugleich Dissertation, Universität Hannover, 1991).