„Umlaufgesichertes Geld“ – Versionsunterschied
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'''Umlaufgesichertes Geld''' ist ein Konzept der [[Freiwirtschaft]]. Es soll dafür sorgen, dass sich der [[Umlaufgeschwindigkeit (Geld)|Umlauf]] des ''freiwirtschaftlichen Geldes'' verstetigt. Diese ''Umlaufsicherung'' steht teilweise im Widerspruch zur [[Geldfunktion#Wertaufbewahrung|Wertaufbewahrungsfunktion]] des Geldes. |
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{{Neutralität}} |
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Umlaufsicherung wird erreicht, indem die Kosten der Geldhaltung gegenüber konventionellem [[Geld]] erhöht sind. In der etablierten [[Volkswirtschaftslehre]] findet das Konzept allgemein kaum Beachtung. |
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'''Umlaufgesichertes Geld''' ist [[Geld]] mit einer zeitlich gestaffelten Verfallsgebühr, die auch '''Demurrage''' genannt wird. Sie kann auch als ein negativer [[Zins]] auf Bargeld betrachtet werden. Die Demurrage führt zu einem schnelleren Geldumlauf, da der Besitzer bestrebt ist, das [[Geld]] durch Eigenverbrauch oder Investitionen auszugeben, bevor es verfällt. Synonyme sind '''Freigeld''', '''Neutralgeld''' und '''Schwundgeld'''. |
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== Prinzip == |
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[[Datei:Physiokratischer Geldschein 2.gif|mini|300px|[[Physiokratie|Physiokratisches]] Geld mit Entwertungsfeldern]] |
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Vertreter dieses Konzepts gehen von der angeblich historisch belegten Erkenntnis aus, dass in einem System ohne Umlaufsicherung Bargeld wegen der [[Liquiditätsprämie]] oftmals zurückgehalten wird. Durch die Verfallsgebühr wird eine solche Geldhaltung unattraktiv und die Liquiditätsprämie abgebaut. |
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{{Belege fehlen}} |
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Beispiele für derartige Geldsysteme mit Demurrage sind das Ägypten (Korngiro) im ersten Jahrhundert v. Chr. und die Mittelalterzeit in Europa. In neuerer Zeit wurde die Idee der Demurrage in der [[Freiwirtschaft]]stheorie wieder aufgegriffen, um das Problem der zinsbedingten exponentiellen Kapitalanhäufung zu beseitigen. Dieses Problem besteht darin, dass sich bei einem Zinssatz von 5% die Geldmenge etwa alle 100 Jahre verhundertfacht, was der freiwirtschaftlichen Theorie und der Ansicht einiger anderer Ökonomen zufolge zu einer ernsthaften Störung des wirtschaftlichen Gleichgewichts, letztendlich zum Crash, führt. |
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Ziel ist es, den Wert von Geld in irgendeiner Form und Fassung gegenüber anderen Gütern zu reduzieren, um eine Investition des Geldvermögens anzuregen. Die Umlaufbesicherung versucht man dadurch herzustellen, dass planmäßig eine zeitabhängige Mengenminderung oder eine Kostenbelastung des Geldes vorgenommen wird. |
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Dabei soll die Geldmenge über den Preisindex gesteuert werden. Dadurch soll sich zugleich die [[Kaufkraft (Währung)|Kaufkraft]] des Geldes stabil halten lassen. Es soll also unterschieden werden können zwischen einer Wertminderung des Geldes (des physischen Besitzes von Banknoten) und einer Wertminderung der Währung bzw. in dieser [[Währung]] ausgedrückte Geldwerte wie z. B. [[Schuldschein]]e. |
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Im ptolemäischen [[Ägypten]] wurde Getreide als Geld verwendet, das in Speichern eingelagert wurde, wobei Tonscherben als Besitznachweis ausgegeben wurden. Diese wurden dann als Geld im Wirtschaftsleben verwendet. Das Getreide konnte man sich mit einem gewissen Verfalls- und Lagerabschlag pro Jahr wieder bei Bedarf abholen. Dieses System kam zwischen 322 und 30 v. u. Z. auf, nach der Eroberung Ägyptens durch die Römer wurde das römische Münzgeld eingeführt. |
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Damit die Banknoten ständig im Umlauf bleiben und nicht gehortet werden, verlieren sie (nicht die Währung!) an Wert. Dieser Wertverlust wurde in Freigeld-Experimenten der Vergangenheit auf unterschiedliche Weise dokumentiert – so zum Beispiel durch Entwertungsmarken, die auf der Rückseite des Geldscheines von Zeit zu Zeit eingeklebt werden mussten, oder durch Ausschneiden eines Wertabschnitts (siehe Bild: ''Physiokratisches Geld''). |
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Im [[Mittelalter]] wurde in Europa von den lokalen Herrschern und Klöstern das Münzgeld (z.B. [[Brakteat]]en) in bestimmten Situationen für ungültig erklärt und mit einem Abschlag gegen Neuprägungen umgetauscht. Diese Abstände variierten im Rahmen von mehrfach jährlich bis zu alle 7 Jahren, bei den Abschlägen gab es Schwankungen zwischen etwa 15% und 40%. Die Differenz fiel dem Herrscher bzw. Kloster zu. Dies war hauptsächlich zwischen den Jahren 1075 und 1400 gebräuchlich. Aufgrund von Handhabungsproblemen mit der angewachsenen Geldmenge, dem Silberschmelzverlust beim Umprägen, und auf Drängen von Kaufleuten, die ein dauerhaftes weitreichendes Geld wollten, wurde die Münzverrufung aufgegeben und durch Handels- und Verbrauchssteuern ersetzt. |
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== Geschichte == |
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In beiden Wirtschaftsräumen ergaben sich während dieser Zeit große kulturelle Leistungen (fast alle Kathedralenbauten entstanden in dieser Mittelalterzeit) und |
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[[Datei:Pierre-Joseph Proudhon (engraving).jpg|mini|links|[[Pierre-Joseph Proudhon]]]] |
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materieller Wohlstand ihrer Bevölkerung; nach der Änderung des Geldsystems kam es in beiden Fällen zu einem Niedergang. |
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Der französische Ökonom und Soziologe [[Pierre-Joseph Proudhon]], einer der ersten Vertreter des [[Libertarismus]], stellte bereits Mitte des 19. Jahrhunderts folgende Hypothese auf: Durch den [[Wertminderung|Wertverfall]] von Waren und Gütern, von dem das Geld nicht betroffen sei, erhalte Geld ein Privileg und könne einen zusätzlichen Preis erzwingen. Dadurch würde der Geldbesitzer den Warenbesitzer schließlich ausbeuten. Proudhons Lösung für dieses Dilemma bestand darin, Waren dem verfallsfreien Geld durch ''Warenbanken'' gleichzusetzen. In diesen Warenbanken könnte ein Fahrradeigentümer beispielsweise ein Fahrrad anlegen und nach 20 Jahren ein nagelneues Fahrrad zurückerhalten, das gleichwertig wäre, und so durch verbesserten [[Tauschhandel]] dem Effekt des Warenzerfalls vorbeugen. |
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[[bild:Wörglgeldrückseite.jpg|thumb|500px|Arbeitswertschein aus Wörgl - In den Jahren 1932/33 gelang es dem damaligen Bürgermeister Michael Unterguggenberger, durch die Verwendung von Freigeld als Zweitwährung die Regionalwirtschaft wieder anzukurbeln und damit die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise abzufedern. Funktionsweise: Auf die Vorderseite musste monatlich eine Marke mit 1 % des Wertes geklebt werden.]] |
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In der Neuzeit wurden einige Projekte mit demurragebehafteten Geldern unternommen, es kam zu einem Feldversuch in [[Wörgl]] (1932), der [http://www.wir.ch WIR-Bank] in der Schweiz (bis 1952 danach ohne Umlaufsicherung) sowie lokalen Komplementärwährungen, der Terra ist in Planung. |
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[[Datei:Silvio Gesell (1895).jpg|mini|[[Silvio Gesell]]]] |
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Beispiele für weltweite Initiativen und freigeldähnliche [[Komplementärwährung]]en: |
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[[Silvio Gesell]] griff die Idee des Unterschiedes zwischen Waren und Geld später auf. Anders als Proudhon lautete sein Vorschlag jedoch, die [[Diskrepanz]] zwischen Warenzerfall und [[Geldwertstabilität|Währungsstabilität]] nicht bei den Waren zu lösen, sondern stattdessen dem Geld selbst eine begrenzte Lebensdauer zu geben, indem also bei der [[Hortung]] von Geld eine ''Demurrage'' ähnlich den [[Durchhaltekosten]] bei der Hortung von Waren auftreten würden. So hat gehortetes Geld beispielsweise dadurch einen ökonomischen Vorteil, dass es [[Fluktuation]]en am Markt abwarten kann und entsprechend billig einkaufen oder selbst Marktfluktuationen erzeugen und künstlich Preise in die Höhe treiben kann, was Gesell als [[Spekulation (Wirtschaft)|Spekulation]] bezeichnet. |
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*Gogo |
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*[[Roland (Währung)|Roland]] in [[Bremen]] |
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*[[Chiemgauer]] in der Region [[Chiemgau]] ([[Bayern]]) |
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*Justus in [[Gießen]] ([[Hessen]]) |
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*Justus im [[Ruhrgebiet]] ([[Nordrhein-Westfalen]]) |
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*Kann Was in [[Schleswig-Holstein]] |
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*Sieg-Taler im [[Siegerland]] |
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*Berliner in [[Berlin]] |
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*AUGUSTA in [[Göttingen]] ([[Niedersachsen]]) |
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*Rheingold in [[Düsseldorf]] ([[Nordrhein-Westfalen]]) |
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*Waldviertler im [[Waldviertel]] ([[Niederösterreich]]) |
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*Carlo in [[Karlsruhe]] ([[Baden Württemberg]]) |
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Als Alternative für das [[Bretton-Woods-System]], welches die [[Wechselkurs]]e westlicher Währungen vom Ende des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]] bis zum Zusammenbruch des Systems 1973 festlegte, schlug [[John Maynard Keynes|Keynes]] 1944 den ''[[Bancor]]'' vor, welcher als internationale zwischenstaatliche Verrechnungswährung ab einer gewissen Ansammlung mit einer Umlaufsicherung behaftet hätte sein sollen (ähnlich wie es die [[Europäische Zentralbank]] zurzeit praktiziert).<ref>[http://www.focus.de/finanzen/banken/negativzins-so-funktioniert-der-strafzins_id_5436979.html ''Negativzins – So funktioniert der Strafzins.''] Focus.de, 15. April 2016.</ref> Das Ziel des Bancors wäre gewesen, zum einen der Vormachtstellung des [[US-Dollar]]s im Bretton-Woods-System vorzubeugen, und zum anderen durch die stetige Verkleinerung von [[Handelsüberschuss|Handelsüberschüssen]] bzw. [[Handelsdefizit]]en die Weltwirtschaft durch bessere Anreize zu stabilisieren. |
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==Das Prinzip== |
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Eine Umlaufsicherung wird damit erreicht, dass Bargeld nach einem bestimmten Zeitraum nach und nach an Wert verliert und der Inhaber das Geld in Umlauf halten muss, um dem Wertverfall zu entgehen. Dieser Wertverlust gilt nicht für langfristige Sparanlagen wie Gold oder Schmuck etc., sondern nur für die Währung. Wie bei einem [[Gutschein]] ist der Geldwert irgendwann komplett verfallen. Dies verursacht Kosten für den Geldinhaber. Jeder Besitzer umlaufgesicherten Geldes versucht darum, das Geld bald nach dessen Erhalt wieder loszuwerden, da es sonst ungültig wird. Dieses Verhalten sichert nach Ansicht der Freiwirtschaftler den Umlauf des Bargeldes und sorge für eine Stabilisierung der Wirtschaftskreisläufe. |
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=== Beispiele von umlaufgesichertem Geld === |
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Außerdem regele sich die optimale Geldmenge in Wirtschaftskreisläufen automatisch, weil jeder nur soviel Bargeld halten werde, wie er in absehbarer Zeit ohne Wertverlust auszugeben gedenkt. Dies führe zu einem ständigen Bewusstsein, woher das Geld eigentlich kommt und wohin es fließt. Nur dieses Bewusstsein ermögliche nach Ansicht der Freiwirtschaftler einen verantwortungsvollen Umgang mit Geld. |
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Gesell führte in seinem Standardwerk ''Die Natürliche Wirtschaftsordnung'' und weiteren Schriften eine Reihe von historischen Beispielen an, die als umlaufgesicherte Währungen gelten können. Der volksökonomische und exemplarische Wert vieler dieser Beispiele ist aber umstritten. |
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Beispiele für derartige Geldsysteme mit Demurrage sind der „[[Korngiro]]“ im Ägypten des ersten Jahrhundert v. Chr. Im [[Ptolomäus|ptolemäischen]] Ägypten wurde Getreide als Geld verwendet, das in Speichern eingelagert wurde, wobei Tonscherben als Besitznachweis ausgegeben wurden. Diese wurden dann als Geld im Wirtschaftsleben verwendet. Das Getreide konnte man sich mit einem gewissen Verfalls- und Lagerabschlag pro Jahr wieder bei Bedarf abholen. Dieses System kam zwischen 322 und 30 v. Chr. auf.<ref>[[Bernard Lietaer]] datiert Korngiro allerdings viel eher, auf mindestens 1600 v. Chr. Allerdings gibt es für diese These keine Belege. Bernard A. Lietaer: ''Mysterium Geld.'' 2. Auflage. Riemann Verlag, München 2000, ISBN 3-570-50009-8, S. 153 f., S. 219.</ref> Nach der Eroberung Ägyptens durch die Römer wurde das römische [[Münzgeld]] eingeführt. |
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Die Nachfrage bestimmt das Angebot, sodass sich die Unternehmerschaft jederzeit mit günstigen Krediten versorgen kann. Heute versuchen Freiwirtschaftler vor allem die in der Wirtschaftswissenschaft weit verbreitete Ansicht zu bekämpfen, man müsse - um Arbeitsplätze zu schaffen - ein positives Investitionsklima schaffen. Freiwirtschaftler stellen die Frage, warum sich das Geld in den Händen von wenigen Besitzenden befinden soll, wo es ebenso nach ihrer Ansicht gerecht - an alle verteilt sein könnte, die mit ständiger Produktion und Nachfrage die Wirtschaftskreisläufe alleine am Leben halten. Denn die zur Verfügung gestellte Menge bleibe die gleiche. Die Rolle des Kapitals wird eindeutig negativ gesehen, es "predige" sich vor der Politik selbst als die "Investoren" wo doch in der Regel in nichts anderes investiert werde, als in eine real "zu bedienende Nachfrage" die aus dem Bargeld und nicht Spargeld der Kunden resultiere. |
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Im [[Mittelalter]] wurde in Europa von den lokalen Herrschern und Klöstern das Münzgeld (z. B. [[Brakteat]]en) in bestimmten Situationen durch „[[Münzverruf]]“ für ungültig erklärt und mit einem Abschlag gegen Neuprägungen umgetauscht. Diese Abstände variierten – von mehrfach jährlich bis zu alle 7 Jahre; bei den Abschlägen gab es Schwankungen zwischen etwa 15 % und 40 %. Die Differenz fiel jeweils an den Herrscher bzw. an das Kloster. Dies war hauptsächlich zwischen den Jahren 1075 und 1400 gebräuchlich. Aufgrund von Handhabungsproblemen mit der angewachsenen Geldmenge, dem Silberschmelzverlust beim Umprägen und auf Drängen von Kaufleuten, die ein dauerhaftes, weitreichendes Geld wollten, wurde die sogenannte „Münzverrufung“ aufgegeben und durch Handels- und Verbrauchssteuern ersetzt. |
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Nach der Theorie der Freiwirtschaft werden dem Freigeld als einem speziellen [[Geld]] bzw. [[Tauschmittel]] besondere Eigenschaften zugewiesen: |
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[[Datei:Wörglgeldrückseite.jpg|mini|Rückseite des umlaufgesicherten Wörgl-Schwundgeldes]] |
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* Freigeld sei [[kaufkraftstabiles Geld|kaufkraftstabil]]. |
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* Freigeld sei [[konvertibles Geld|konvertibel]]. |
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Nach der Entdeckung Amerikas floss wieder reichlich Silber und Gold über Spanien nach Europa und verursachte neuen monetären Wohlstand (aber auch Kriege), jedoch keine florierende Volkswirtschaft. |
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Freigeld ist die Grundlage der [[Freiwirtschaft]]. Der Name "Freigeld" rührt von der Unmöglichkeit der langfristigen Zurückhaltung dieses Geldes her. Der Theorie nach ist die [[Liquiditätsprämie]] Ursache für einen [[Zins]] über 0%, sogar bei Null-Wachstum und Negativ-Wachstum. Umlaufgesichertes Geld ermögliche daher, dass der Zins bei Null-Wachstum auch 0% und bei Negativ-Wachstum sogar negativ werden kann. Nach der Freiwirtschaftstheorie ist auch beides notwendig, weil nicht verkonsumierte Zinsen bei Null-Wachstum gar nicht mehr aufgebracht werden können, denn diese benötigten eine Neuverschuldung, für die es aber wiederum makroökonomisch gesehen, bei Null-Wachstum keine rentablen Projekte mehr gebe. |
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=== Freiwirtschaftliche Deutung === |
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Freigeld steht für eine nach Ansicht der Freiwirtschaftler gerechte Wirtschaftsform (man könne nur so reich werden, wie man es aus eigener Arbeit werden kann, und nicht "leistungslos" wie beim Verleihen durch [[Zins]] und [[Zinseszins]]), wobei man aber Dank der selbstlaufenden Kapitalkreisläufe auf jede Kontrolle über Preise und Löhne verzichten kann. |
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Befürworter eines freiwirtschaftlichen Geldsystems mit Demurrage behaupten, dass während dieser Zeitperioden in beiden Wirtschaftsräumen große kulturelle Leistungen entstanden. Fast alle Kathedralbauten entstanden zu jener Zeit, Gold, Silber, Geld kam durch die Plünderungen der Kreuzzüge mit neuer Kontrolle des (Gewürz-)Fernhandels nach Europa. Nach der Änderung des Geldsystems soll es in beiden Fällen zu einem Niedergang gekommen sein. Freiwirtschaftler führen die Wirtschaftsblüte auf das Geldsystem zurück.<ref>Karl Walker: ''Das Geld in der Geschichte.'' Lauf bei Nürnberg 1959, S. 29ff.; Hans Weitkamp: ''Das Hochmittelalter – ein Geschenk des Geldwesens.'' Hilterfingen 1984/85, S. 27–53; Bernard A. Lietaer: Mysterium Geld, Riemann Verlag München, 2000, S. 172ff.; zur Kritik von Paul C. Martin siehe auch [http://www.brainworker.ch/Geldtheorie/brakteaten.htm Replik auf das „Brakteaten-Märchen“ von Dr. Paul C. Martin]</ref> |
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=== Etablierte Deutung === |
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Die Bezeichnung '''Neutralgeld''' soll ausdrücken, dass dieses Geld neutral den Waren und Dienstleistungen gegenüber ist, welche mit diesem Geld gekauft werden. Das bedeutet, dass es einerlei sei, ob man eine bestimmte Menge Neutralgeld oder einen adäquat gefüllten, repräsentativen [[Warenkorb]] besitzt, beides würde im Wert mit etwa gleicher Geschwindigkeit verfallen. |
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Kritiker dieser Thesen der Freiwirtschaft bezweifeln den Einfluss und Umfang der Auswirkung dieses Geldsystems,<ref>[http://userpage.fu-berlin.de/~roehrigw/kritik/brakteatmaer.html ausführliche Kritik zur Brakteatentheorie]</ref> die Münzverrufungen seien nur in 10 % des mittelalterlichen Deutschlands gebräuchlich gewesen. Ummünzungen waren schon zur Zeit der Antike z. B. beim [[Solidus]] üblich und auch notwendig, da insbesondere Gold- und Silbergeld durch den Gebrauch und im Mittelalter durch [[Kipper- und Wipperzeit|Kipper und Wipper]] an Münzgewicht mit der Zeit verloren. Die Kathedralbauten seien durch die Templerorden finanziert worden. Der Niedergang im Mittelalter wurde allerdings auch durch den Abfluss des Silbers in den Orient aufgrund des Gewürz- und Weihrauchhandels verursacht. Deutlich verstärkt wurde dieser Abfluss noch durch die [[Arbitrage]]geschäfte der Venezianer (Silber gegen Gold).<ref>Zarlenga, ''Der Mythos vom Geld''</ref> Der [[Schwazer Bergbau|Schwazer Silberbergbau]] in Tirol brachte ab 1450 eine gewisse Erleichterung (7.400 Knappen, zweitgrößte Stadt im Habsburgerreich). [[Paul C. Martin (Wirtschaftswissenschaftler)|Paul C. Martin]] spricht deshalb auch von einem ''Brakteatenmärchen.'' |
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=== Guernsey-Experiment von 1815 === |
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Konventionelles [[Geld]] verfällt meist weniger schnell als die Waren und Dienstleistungen, die damit gekauft werden können. Damit sind Konsumenten (Geldbesitzer) im Vorteil, da sie das Geldausgeben verzögern können, während der Schaden der Verzögerung den Produzenten trifft (verfaulte Ware, nicht abgenommene Dienstleistung, Arbeitslosigkeit). |
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Im Jahre 1815 gab es auf der britischen [[Kanalinsel]] [[Guernsey]] ein Geldexperiment. Die Folgen der Napoleonischen Kriege machten sich in ganz Europa bemerkbar, auch auf dieser Insel. Die Inselbewohner produzierten Lebensmittel weit über den Eigenbedarf hinaus, doch die eingetriebenen Steuern und Zinszahlungen an Londoner Banken brachten den Zahlungsverkehr schließlich ganz zum Erliegen. Der in dieser Zeit amtierende Gouverneur von Guernsey, [[Daniel de Lisle Brock]], schlug den Bau einer Markthalle für 4.000 Pfund Sterling vor, die der Wirtschaft neuen Auftrieb geben würde. Diese 4.000 Pfund sollten einfach selber gedruckt und als eine Art Zweitwährung im Umlauf gebracht werden. Nach fünf Jahren hatte sich die Halle voll amortisiert, das heißt, sie hatte ihre Abschreibungen voll verdient und die 4000 Pfund, die inzwischen auf der ganzen Insel in Umlauf gewesen waren und Umsätze aller Art bewirkt hatten, standen dem Investor der Markthalle wieder vollständig bar zur Verfügung, wurden nicht mehr benötigt und verbrannt. Nach diesem Prinzip wurden so nacheinander mehrere Bauvorhaben mit selbstgedrucktem und später wieder vernichtetem Geld verwirklicht. Jedoch kam bis 1835 durch den Eingriff fremder Banken und eine reduzierte Geldmenge die Geldwirtschaft wieder zum Erliegen. Manche Anhänger der [[Freiwirtschaft]], darunter [[Hermann Benjes]], betrachten das „Mirakel von Guernsey“ als Vorläufer umlaufgesicherten Geldes<ref>{{Internetquelle |autor=Hermann Benjes |url=http://www.sffo.de/sffo/Guernsey_freigeld.pdf |titel=Das Mirakel von Guernsey |format=PDF |abruf=2015-02-11}}</ref> nach [[Silvio Gesell]], der einen Artikel über das Experiment schrieb.<ref>Silvio Gesell: ''Die Guernsey-Markthalle.'' In: ''Die Freiwirtschaft durch Freiland und Freigeld,'' Nr. 6/1922. (Enthalten in Silvio Gesell: ''Gesammelte Werke,'' ''Gauke Verlag für Sozialökonomie,'' Kiel 1988–2009, Band 14.)</ref> |
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=== Umlaufgesichertes Geld in der Neuzeit und Gegenwart === |
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Bei starker [[Inflation]] ist es umgekehrt, da verfallen Waren und Dienstleistungen langsamer als das Geld. In diesem Fall werden die Waren zurückgehalten. |
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{{Überarbeiten}} |
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In der Neuzeit wurden einige Projekte mit umlaufgesichertem Geld unternommen, z. B. das [[WÄRA]]-Experiment von [[Schwanenkirchen]] (1929/1930). Als erfolgreiches lokales Freigeldexperiment gilt das von [[Michael Unterguggenberger]], dem Bürgermeister der Tiroler Stadt [[Wörgl]], initiierte Projekt von 1932/33, das auch als ''[[Wörgl#Wörgler Schwundgeld (Freigeld)|Wunder von Wörgl]]'' rezipiert wurde.<ref>[https://www.zeit.de/2010/52/Woergl ZEIT zum Thema.] In: ''[[Die Zeit]],'' Nr. 52/2010.</ref> |
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Eine Vielzahl historischer und aktueller Aktivitäten rund um [[Regiogeld]] wird von dem in Wörgl residierenden ''Unterguggenberger Institut''<ref>[http://www.unterguggenberger.org/ Website] des ''Unterguggenberger Instituts''</ref> beobachtet und zusammengetragen. Insbesondere unter den [[Regiogeld|Regionalgeldinitiativen]], die im deutschsprachigen Raum im Verband ''Regiogeld e. V.''<ref>[http://www.regionetzwerk.org/ Website] von ''Regiogeld e. V.''</ref> vernetzt sind, gibt es viele, die auf dem Prinzip der Umlaufsicherung basieren. Das aktuell bekannteste Beispiel ist das Freigeld [[Chiemgauer]]. |
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Beide Fälle seien für die Wirtschaft nicht optimal. |
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Das erfolglose Kryptogeld Freicoin, das die Technologie des [[Bitcoin]] nutze, sieht zusätzlich eine eingebaute Umlaufsicherung vor. |
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Neutralgeld ist der Theorie der [[Freiwirtschaft]] nach die Voraussetzung dafür, dass weder die Waren dem Geld noch das Geld den Waren gegenüber zurückgehalten werden. Ist dies der Fall, so funktioniere der [[Handel]] optimal, welches eine Grundvoraussetzung für optimales, nachhaltiges und krisenfreies Wirtschaften sei. |
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Für eine Einführung von umlaufgesichertem Geld engagiert sich auch die ''[[Initiative für Natürliche Wirtschaftsordnung]]'' (INWO).<ref>[http://www.inwo.de/ Website] der ''Initiative für Natürliche Wirtschaftsordnung''</ref> |
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==Abgrenzung zur Inflation== |
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Umlaufgesichertes Geld ist nicht zu verwechseln mit inflationiertem Geld. |
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* Bei umlaufgesichertem Geld (welches keiner [[Inflation]] oder [[Deflation]] unterliegen muss) ändert sich der Wert, der durch den Nennwert des Geldscheins ausgedrückt wird, nicht. Vielmehr ändert sich der Wert des konkreten Scheins selbst, ohne dass es zu einer Änderung des eigentlich durch ihn repräsentierten Nennwertes kommt. Ein Schein, der kurz vor dem Ungültigkeitsdatum steht, ist weniger wert, als einer, bei dem das Ungültigkeitsdatum noch fern ist, obwohl beide den gleichen Nennwert haben. Durch die Vorankündigung des Umtauschtermins und des Abschlagssatzes ist eine Planbarkeit gegeben. |
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* Bei inflationiertem Geld, welches keiner Umlaufsicherung unterliegt, ändert sich der Wert des Nennwertes des Scheins. Beispielsweise könnte ein 100-Euro-Schein in 12 Jahren nur noch so viel Wert sein wie ein 50-Euro-Schein heute. Dies würde daran liegen, dass die Kaufkraft der Währung als solche verfällt. Alle Verträge, die auf Euro lauten, z.B. Lebensversicherungen wären dann auch nur noch die Hälfte wert. Bei umlaufgesichertem Geld muss das nicht passieren. Lauten Verträge auf umlaufgesichertes Geld, so muss immer in den Geldscheinen gezahlt werden, die zum Zeitpunkt der Zahlung gültig sind. Diese Geldscheine sind aber noch nicht abgelaufen, haben somit noch etwa fast den vollen Wert. |
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Die Einführung von umlaufgesichertem Geld in Deutschland fordert auf politischem Wege die ''[[Humanwirtschaftspartei]].''<ref>{{Webarchiv |url=http://www.humanwirtschaftspartei.de/ |text=Website |wayback=20130310233948 |archiv-bot=2019-05-20 05:51:29 InternetArchiveBot}} der ''Humanwirtschaftspartei''</ref> |
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Man könnte meinen, in der Wirkung sei umlaufgesichertes Geld und inflationiertes Geld gleich, schließlich will jeder es loswerden. Das ist jedoch nicht richtig. Dazu folgendes Szenario: |
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Eine literarische Bearbeitung des Freigeldthemas findet sich in [[Michael Ende]]s Roman ''[[Momo (Roman)|Momo]].''<ref>Robert Mittelstaedt: ''{{Webarchiv |url=http://www.equilibrismus.de/de/themen/wirtschaftsordnung/rm-michael_ende.htm |text=Michael Endes letzte Worte an die Japaner |wayback=20030705020823}}.'' In: Jacek Rzeszotnik (Hrsg.): ''Zwischen Phantasie und Realität. Michael Ende Gedächtnisband 2000.'' Erster Deutscher Fantasy-Club, Passau 2000, ISBN 3-932621-29-8</ref> |
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: Nehmen wir an, die Inflation läge bei 5% im Jahr und die [[Liquiditätsprämie]] bei 3% im Jahr. Dann würde ein Besitzer inflationierten Geldes sein Geld nur dann verleihen, wenn er mindestens 8% im Jahr Zinsen bekommt. Wäre der angebotene Zinssatz niedriger, so würde der Geldbesitzer keinen Vorteil sehen, in diese Anlage zu gehen. Statt dessen würde er versuchen, sein Geld in eine bessere Wertanlage (z.B. andere Währung) zu tauschen. Dies würde [[Kapitalflucht]], aber keine Investition bedeuten. |
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Über die 2011 gegründeten sogenannten BGE-Kreise<ref>Siehe dazu den Internetauftritt der [http://www.bge-kreise.de/ BGE-Kreise] abgerufen am 1. Dezember 2016.</ref> wird u. a. durch Umlaufsicherung ein [[bedingungsloses Grundeinkommen]] real ermöglicht. Weitere Merkmale sind die Vernetzung der im Grundsatz regional wirtschaftenden Kreise, die vollständige Transparenz der Kontostände innerhalb der regionalen Kreise und ein [[eBay]]-ähnlicher Marktplatz. |
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: Nehmen wir dagegen an, die Höhe der [[Umlaufsicherungsgebühr]] liege bei 5% im Jahr und die [[Liquiditätsprämie]] bei 3% im Jahr. Scheinbar gibt es keinen Unterschied, nur dass hier die 5% praktisch eine Strafe sind, der man nur entgehen kann, indem man das Geld vor der Entwertung ausgibt. Es verliert an Wert nur für den, der es nicht in Konsum oder Investitionen umsetzt. |
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Während in der Inflation der Geldwert für alle gleichermaßen sinkt und die Abhängigkeitsverhältnisse zwischen Kreditgeber und Empfänger bestehen bleiben, sinkt beim Freigeld der Wert des Geldes nur für den, der es zurückhält. Auf diese Weise befindet sich die gesamte Geldmenge im Umlauf, also im Markt arbeitend, was staatlich gesehen jede Form von Krediten überflüssig macht. Denn alles, was an Krediten theoretisch vergeben werden könnte, befindet sich in der Praxis im Umlauf, also nirgendwo auf Dauer. Zu einer Inflation kann es nicht kommen: Geld kann nicht schneller ausgegeben werden als es verdient wird. Das setzt die Obergrenze für die Umlaufgeschwindigkeit. |
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== Rezeption == |
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Selbst jede Form von Preiskontrolle in einer "freien Marktwirtschaft" erspart sich so, denn wo immer jemand durch hohe Preise einen höheren Gewinn erzielt, muss er alles davon wieder investieren, um der Entwertung zu entgehen. Es gibt nur eine Möglichkeit, das Geld in irgendeiner Form für hypothetische Investitionen zurückzuhalten, indem man es langfristig weiterverleiht zu marktüblichen Zinsen, aber ohne Liquiditätsprämie. Es gibt also 100% Geldumlauf, ein Maximum an Firmenumsätzen bei erzwungenermaßen langfristig minimaler Bar-Eigenkapitalquote. Die Wirtschaftskreisläufe werden aufgrund der permanenten Nachfrage der Marktteilnehmer aufrecht erhalten. Die Freigeldexperimente von Wörgl und Wära waren nach Ansicht der Freiwirtschaftler überaus erfolgreich, wurden aber von den Notenbanken gestoppt. |
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[[Rahim Taghizadegan]], ein Anhänger der [[Österreichische Schule|Österreichischen Schule]] der Volkswirtschaftslehre, vertrat 2008 die Auffassung, eine höhere Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes reiche nicht aus, um den allgemeinen Wohlstand zu erhöhen. Eine Gruppe von Menschen könne nicht allein dadurch ihren Wohlstand erhöhen, indem sie eine Münze mit zunehmender Geschwindigkeit im Kreis laufen lasse. Freiwirtschaftler konzentrierten sich zu sehr auf den Konsum – dieser habe mit wachsendem Wohlstand jedoch nichts zu tun, er sei Ziel und nicht Ursache der Wohlstandsmehrung.<ref>Siehe Rahim Taghizadegan: ''Eine kritische Überprüfung von Freiwirtschaft, Zinskritik und Schwundgeld nach Silvio Gesell.'' Institut für Wertewirtschaft, Wien 2008, ISBN 3-902639-09-1, S. 36. ({{Webarchiv |url=http://www.wertewirtschaft.org/analysen/Freiwirtschaft.pdf |text=wertewirtschaft.org |wayback=20100705045251 |format=PDF |archiv-bot=2019-05-20 05:51:29 InternetArchiveBot}})</ref> |
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== Siehe auch == |
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* [[Fiatgeld]] |
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Die Umlaufsicherung von Bargeld ist in der Höhe festgesetzt und wird in Anteilen des Nennwertes des Geldscheins auf eine bestimmte Zeitspanne ausgedrückt. Ist die Umlaufsicherung mit Kosten für den Geldscheinbesitzer verbunden, so spricht man bei diesen Kosten von einer Umlaufsicherungsgebühr. So betrug z.B. die Umlaufsicherungsgebühr des [[Wörgl|Wörgler Schillings]] 1% im Monat. Die Umlaufsicherung des [[Gogo (Freigeld)|Gogo]]s beträgt 5% im Jahr. |
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== |
== Literatur == |
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[[Geld]] ist ein Mittel, um Lieferungen und Leistungen zu erhalten. Freigeld hingegen schränkt die Möglichkeit des Inhabers, frei mit seinem Geld umzugehen, ein. Nicht er, sondern eine höhere Instanz, beispielsweise der [[Staat]], maßt sich an, besser Bescheid zu wissen, was für den Inhaber des Geldes das Beste sei. Er wird also motiviert, sein Geld nicht so zu verwenden, wie er es ursprünglich als am Sinnvollsten angesehen hat. |
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Genau dieses Prinzip führte beispielsweise zu den vielen Neubauten in Ostdeutschland in den Neunzigern, die jetzt zu einem hohen Anteil leer stehen. Die in Aussicht gestellte Steuerersparnis für die Investoren führte zu gesamtwirtschaftlich gesehen wenig sinnvollen Bauten, von den ökologischen Kosten durch Zersiedelung der Landschaft und Flächenversiegelung nicht zu reden. |
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* {{Literatur |
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Semantisch gesehen ist Freigeld eine tautologische Komposition wie die [[Volksdemokratie]]: Die [[Freiheit]] selbst steckt schon implizit im Geld. |
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|Autor=[[Oskar Stillich]] |
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|Titel=Freigeld. Eine Kritik |
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|Verlag=Industriebeamten-Verlag |
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|Ort=Berlin |
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|Datum=1923}} |
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* {{Literatur |
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|Autor=Wolfgang Broer |
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|Titel=Schwundgeld. Bürgermeister Michael Unterguggenberger und das Wörgler Währungsexperiment 1932/33 |
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|Auflage= |
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|Verlag=Studien-Verlag |
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|Ort=Innsbruck, Wien, Bozen |
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|Datum=2007 |
|||
|ISBN=978-3-7065-4472-6 |
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|Seiten=}} |
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* {{Literatur |
|||
|Autor=[[Helmut Creutz]] |
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|Titel=Das Geld Syndrom 2012: Wege zu einer krisenfreieren Wirtschaftsordnung |
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|Auflage=aktualisierte |
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|Verlag=Wissenschaftsverlag |
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|Ort=Mainz, Aachen |
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|Datum=2012 |
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|ISBN=978-3-8107-0140-4 |
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|Seiten=}} |
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* {{Literatur |
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|Autor=[[Margrit Kennedy]] |
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|Titel=Geld ohne Zinsen und Inflation. Ein Tauschmittel das jedem dient |
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|Auflage= |
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|Verlag=Permakultur Publ. |
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|Ort=Steyerberg |
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|Datum=1990 |
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|ISBN=3-9802184-2-2 |
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|Seiten= |
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|Online=[http://userpage.fu-berlin.de/~roehrigw/kennedy/ webseite]}} |
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* {{Literatur |
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|Autor=[[Margrit Kennedy]] |
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|Titel=Geld ohne Zinsen und Inflation. Ein Tauschmittel das jedem dient |
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|Auflage=überarbeitete und erweiterte |
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|Verlag=Goldmann-Verlag |
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|Ort=München |
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|Datum=1991 |
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|ISBN=3-442-12341-0 |
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|Seiten= |
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|Online=[http://userpage.fu-berlin.de/~roehrigw/kennedy/ webseite]}} |
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* {{Literatur |
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|Autor=[[Peter Knauer]] |
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|Titel=Arbeitslosigkeit durch einen Systemfehler unseres Geldes? |
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|Sammelwerk=Johannes Hoffmann: ''Irrationale Technikadaptation als Herausforderung an Ethik, Recht und Kultur. Interdisziplinäre Studien'' |
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|Band= |
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|Nummer= |
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|Auflage= |
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|Verlag=IKO – Verlag für Interkulturelle Kommunikation |
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|Ort=Frankfurt |
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|Datum=1997 |
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|ISBN=3-88939-250-4 |
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|Seiten=244–264 |
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|Online={{Webarchiv |url=http://www.jesuiten.org/peter.knauer/08.html |text=webseite |wayback=20121107032058}}}} |
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* {{Literatur |
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|Autor=[[Bernard Lietaer]] |
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|Titel=Das Geld der Zukunft |
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|Auflage= |
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|Verlag=Riemann-Verlag |
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|Ort=München |
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|Datum=2002 |
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|ISBN=3-570-50035-7}} |
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* {{Literatur |
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Für [[Karl Marx| marxistische]] Kritiker ist die Freigeldtheorie auch eine [[Kapitalismuskritik|Kritik]] des [[Kapitalismus]]. Trotzdem wird die Theorie mehrheitlich von Kommunisten abgelehnt, da sie sich vornehmlich gegen den [[Finanzkapitalismus]] richtet und den [[Produktionskapitalismus]] als Leistungsträger der Makroökonomie weitgehend anerkennt. Damit weicht die Freigeldtheorie von der marxistischen Lehre ab. |
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|Autor=[[Bernd Senf]] |
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|Titel=Silvio Gesell: Freiwirtschaftslehre und natürliche Wirtschaftsordnung – weder Kapitalismus noch Sozialismus |
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|Sammelwerk=Die blinden Flecken der Ökonomie. Wirtschaftstheorien in der Krise |
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|Band= |
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|Nummer= |
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|Auflage=5 |
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|Verlag=Verlag für Sozialökonomie |
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|Ort= |
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|Datum=2007 |
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|ISBN=978-3-87998-452-7}} |
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* {{Literatur |
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|Autor=Thomas Wendel |
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|Titel=Das Wörgler Schwundgeldexperiment 1932–1933 |
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|Sammelwerk=Kontext Scripten |
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|Band= |
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|Nummer=4 |
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|Auflage= |
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|Verlag=Kontext-Verlag |
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|Ort=Essen |
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|Datum=2000 |
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|ISBN=}} |
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== Weblinks == |
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Durch die [[Radikal-Soziale Freiheitspartei|FSU]], die einzige politische Partei der Nachkriegszeit, deren politisches Programm das Freigeld forderte, ist die Freigeldtheorie nachhaltig in Misskredit geraten, weil ein ursächlicher Zusammenhang zwischen ökonomischer und politischer Zielsetzung vermutet wurde. Diese Vorstellung wurde erst durch die Popularität von verwandten [[Tauschkreis|Tauschring]]en zumindest ansatzweise entkräftet. |
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* [[Christian Klein (Ökonom)|Christian Klein]]: [http://www.cko.lu/Freigeld.html ''Ein Plädoyer für Freigeld.''] cko.lu, Datum unbekannt |
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* [http://userpage.fu-berlin.de/~roehrigw/ ''Materialien zur Geld-, Zins- und Schuldenproblematik.''] Etwa 1997 entstanden, 2007 zuletzt aktualisiert |
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* Klaus-Peter Schleisiek: [https://archive.org/details/Schleisiek-Klaus-Peter-Uebliche-Einwaende ''Übliche Einwände gegen die freiwirtschaftliche Geldreform mit Entgegnungen.''] Aachen 1998, überarbeitet 2002; archiviert 2011 |
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* [https://web.archive.org/web/20130627033249/http://www.dhm.de:80/sammlungen/kunst2/numismatik/freigeld/texte/ Freigeld aus den numismatischen Sammlungen.] [[Deutsches Historisches Museum]], archiviert 2013 |
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== Einzelnachweise == |
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Selbst unter Anhängern der Freigeldlehre werden Probleme bei der Einführung solch einer Währung eingeräumt: |
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<references responsive/> |
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Grundstücksbesitz ist eine Eigentumsform, die nicht automatisch mit der Zeit an Wert verliert - somit würde der abgeschaffte Geldbesitzervorteil durch einen Grundstücksbesitzervorteil abgelöst. Deshalb wird oft in Verbindung mit Freigeldeinführung eine Bodenreform gefordert, welche nur Grundstückspacht statt -besitz erlaubt. |
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Über Höhe der Umlaufgebühr, Zeitabstände der Erhebung und Details der technischen Realisierung gibt es verschiedene Meinungen. |
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===Häufige kritische Fragen und deren Antworten=== |
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* Frage: "''Da heutige Zahlungen immer weniger mit Bargeld, sondern zum überwiegenden Teil als Buchgeld erfolgen, seien die Methoden zur Erhebung von Verfallsgebühren aus o.a. Experimenten kaum brauchbar.''" |
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** Antwort: [[Buchgeld]] kann durch geeignete organisatorische und technische Massnahmen mit Verfallseigenschaften ausgestattet werden. Einfache Methoden, Stichtagsvollverlust aber auch tageweise lineare Entwertung, werden bzw. wurden bereits bei [[Prepaid]]-Handykarten praktiziert. |
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* Frage: "''Wie soll eine Umlaufsicherungsgebühr auf die Bankeinlagen erhoben werden, ohne massive Eingriffe in den Datenschutz und das Bankgeheimnis vorzunehmen.''" |
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** Antwort: Weder [[Datenschutz]] noch [[Bankgeheimnis]] werden durch eine [[Umlaufsicherungsgebühr]] berührt. Die Vermögensverhältnisse der Bank-Kunden werden genau so wenig separat erfasst wie etwa beim Währungsumtausch von Ost-Mark zu D-Mark, der technisch gesehen auch nur einer Umlaufsicherungsgebühr von 50% entsprach. Durch den einheitlichen Satz auf alle Einlagen und alle Personen, kann diese genauso automatisch vollzogen werden, auch ohne [[Steuererklärung]] und Einkommensnachweisen etc. der Einzelnen. Dieser Abschlag bzw. die einzige in einer Freiwirtschaft vorhandene "[[Steuer]]" würde sich nach dem Stichtag auf allen Konten negativ bemerkbar machen, dafür aber in voller Höhe wieder dem öffentlich-rechtliche ''Gemeinwesen'' gutgeschrieben, da die volkwirtschaftlich Leistung ja gleich geblieben ist und dieses im weiteren Sinne als Münzherr die Geldmengenpolitik auch weiter nur nach den volkswirtschaftlichen Eckdaten zu bestimmen hätte. |
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==Sonstiges== |
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Im deutschsprachigen Raum werden eine Vielzahl der historischen und aktuellen Aktivitäten rund um Komplementärwährungen durch das Unterguggenberger Institut in Wörgl beobachtet und zusammengetragen. |
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In Deutschland werden die Freigeld- bzw. [[Regiogeld|Regionalgeldinitiativen]] vom [[Regio-Netzwerk]] koordiniert. |
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Der Wirtschaftswissenschaftler [[Keynes]] hat auf der [[Bretton-Woods-System|Bretton-Woods-Konferenz]] ein ähnliches Geldsystem mit der internationalen Währung ''[[bancor]]'' vorgeschlagen. |
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''Siehe auch:'' |
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[[Silvio Gesell]], [[Freiland]] |
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==Weblinks== |
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* http://www.regionetzwerk.org/ |
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* http://www.regionales-wirtschaften.de/ |
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* [http://userpage.fu-berlin.de/~roehrigw/ www.geldreform.de] |
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* [http://www.subhash.at/freigeld/geldregiert.html Geld regiert die Welt – Warum eigentlich?] |
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====Pro==== |
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* [http://www.freigeld.de/ Freigeld.de] |
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* [http://www.unterguggenberger.org/ Unterguggenberger Institut: Das Wörgler Geldexperiment des Hr. Unterguggenberger] |
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* [http://userpage.fu-berlin.de/~roehrigw/ Materialien zur Geld-, Zins- und Schuldenproblematik] |
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* [http://www.dr-wo.de/schriften/feudalismus/feudalismus.htm Moderner Feudalismus (Meudalismus) in Deutschland - oder - Die Rezession heute und morgen] - Über die schädliche Wirkung von Vermögenskumulationen. |
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* [http://www.lebensgeld.de/ Lebensgeld - Wohlstand für alle!] |
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====Contra==== |
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* http://userpage.fu-berlin.de/~roehrigw/kaun/ |
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* [http://sozialistische-studienvereinigung.frankfurt.org/archiv/rakowitz.htm Die Kritik am Zins - eine Sackgasse der Kapitalismuskritik] |
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== Literatur == |
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* [http://www.sterntaler-regional.de/html/downloads/diplomarbeitbode.pdf Bode, Siglinde: Potentiale regionaler Komplementärwährungen zur Förderung einer endogenen Regionalentwicklung (Diplomarbeit, 2004) (PDF zum Download)] |
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* Lietaer, Bernhard: Das Geld der Zukunft ISBN 3570500357 |
|||
* [http://userpage.fu-berlin.de/~roehrigw/diplomarbeiten/rost/ueaf.pdf Rost, Norbert: Experimentelle Überprüfung der Aussagen der Freiwirtschaftstheorie (Diplomarbeit, 2003) (PDF zum Download)] |
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* [[Dieter Suhr|Suhr, Dieter]]: ''Geld ohne Mehrwert''. Fritz Knapp Verlag, Frankfurt/Main, 1983 |
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* [[Dieter Suhr|Suhr, Dieter]]: ''Optimale Liquidität'' (zusammen mit Hugo Godschalk). Fritz Knapp Verlag, Frankfurt/Main, 1986 |
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*[http://www.unterguggenberger.org/uploads/Main/DasWoerglerSchwundgeld.pdf Wendel, Thomas - Das Wörgler Schwundgeld Experiment 1932-1933 (PDF zum Download)] |
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* Werner, Hans-Joachim: Geschichte der Freiwirtschaftsbewegung. 100 Jahre Kampf für eine Marktwirtschaft ohne Kapitalismus ISBN 3893250220 |
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* Wirth, Roland: Marktwirtschaft ohne Kapitalismus. Eine Neubewertung der Freiwirtschaftslehre aus wirtschaftsethischer Sicht ISBN 3258066833 |
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[[Kategorie:Geldpolitik]] |
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[[ru:Свободные деньги]] |
Aktuelle Version vom 14. November 2024, 18:40 Uhr
Umlaufgesichertes Geld ist ein Konzept der Freiwirtschaft. Es soll dafür sorgen, dass sich der Umlauf des freiwirtschaftlichen Geldes verstetigt. Diese Umlaufsicherung steht teilweise im Widerspruch zur Wertaufbewahrungsfunktion des Geldes.
Umlaufsicherung wird erreicht, indem die Kosten der Geldhaltung gegenüber konventionellem Geld erhöht sind. In der etablierten Volkswirtschaftslehre findet das Konzept allgemein kaum Beachtung.
Prinzip
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Ziel ist es, den Wert von Geld in irgendeiner Form und Fassung gegenüber anderen Gütern zu reduzieren, um eine Investition des Geldvermögens anzuregen. Die Umlaufbesicherung versucht man dadurch herzustellen, dass planmäßig eine zeitabhängige Mengenminderung oder eine Kostenbelastung des Geldes vorgenommen wird.
Dabei soll die Geldmenge über den Preisindex gesteuert werden. Dadurch soll sich zugleich die Kaufkraft des Geldes stabil halten lassen. Es soll also unterschieden werden können zwischen einer Wertminderung des Geldes (des physischen Besitzes von Banknoten) und einer Wertminderung der Währung bzw. in dieser Währung ausgedrückte Geldwerte wie z. B. Schuldscheine.
Damit die Banknoten ständig im Umlauf bleiben und nicht gehortet werden, verlieren sie (nicht die Währung!) an Wert. Dieser Wertverlust wurde in Freigeld-Experimenten der Vergangenheit auf unterschiedliche Weise dokumentiert – so zum Beispiel durch Entwertungsmarken, die auf der Rückseite des Geldscheines von Zeit zu Zeit eingeklebt werden mussten, oder durch Ausschneiden eines Wertabschnitts (siehe Bild: Physiokratisches Geld).
Geschichte
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Der französische Ökonom und Soziologe Pierre-Joseph Proudhon, einer der ersten Vertreter des Libertarismus, stellte bereits Mitte des 19. Jahrhunderts folgende Hypothese auf: Durch den Wertverfall von Waren und Gütern, von dem das Geld nicht betroffen sei, erhalte Geld ein Privileg und könne einen zusätzlichen Preis erzwingen. Dadurch würde der Geldbesitzer den Warenbesitzer schließlich ausbeuten. Proudhons Lösung für dieses Dilemma bestand darin, Waren dem verfallsfreien Geld durch Warenbanken gleichzusetzen. In diesen Warenbanken könnte ein Fahrradeigentümer beispielsweise ein Fahrrad anlegen und nach 20 Jahren ein nagelneues Fahrrad zurückerhalten, das gleichwertig wäre, und so durch verbesserten Tauschhandel dem Effekt des Warenzerfalls vorbeugen.

Silvio Gesell griff die Idee des Unterschiedes zwischen Waren und Geld später auf. Anders als Proudhon lautete sein Vorschlag jedoch, die Diskrepanz zwischen Warenzerfall und Währungsstabilität nicht bei den Waren zu lösen, sondern stattdessen dem Geld selbst eine begrenzte Lebensdauer zu geben, indem also bei der Hortung von Geld eine Demurrage ähnlich den Durchhaltekosten bei der Hortung von Waren auftreten würden. So hat gehortetes Geld beispielsweise dadurch einen ökonomischen Vorteil, dass es Fluktuationen am Markt abwarten kann und entsprechend billig einkaufen oder selbst Marktfluktuationen erzeugen und künstlich Preise in die Höhe treiben kann, was Gesell als Spekulation bezeichnet.
Als Alternative für das Bretton-Woods-System, welches die Wechselkurse westlicher Währungen vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis zum Zusammenbruch des Systems 1973 festlegte, schlug Keynes 1944 den Bancor vor, welcher als internationale zwischenstaatliche Verrechnungswährung ab einer gewissen Ansammlung mit einer Umlaufsicherung behaftet hätte sein sollen (ähnlich wie es die Europäische Zentralbank zurzeit praktiziert).[1] Das Ziel des Bancors wäre gewesen, zum einen der Vormachtstellung des US-Dollars im Bretton-Woods-System vorzubeugen, und zum anderen durch die stetige Verkleinerung von Handelsüberschüssen bzw. Handelsdefiziten die Weltwirtschaft durch bessere Anreize zu stabilisieren.
Beispiele von umlaufgesichertem Geld
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Gesell führte in seinem Standardwerk Die Natürliche Wirtschaftsordnung und weiteren Schriften eine Reihe von historischen Beispielen an, die als umlaufgesicherte Währungen gelten können. Der volksökonomische und exemplarische Wert vieler dieser Beispiele ist aber umstritten.
Beispiele für derartige Geldsysteme mit Demurrage sind der „Korngiro“ im Ägypten des ersten Jahrhundert v. Chr. Im ptolemäischen Ägypten wurde Getreide als Geld verwendet, das in Speichern eingelagert wurde, wobei Tonscherben als Besitznachweis ausgegeben wurden. Diese wurden dann als Geld im Wirtschaftsleben verwendet. Das Getreide konnte man sich mit einem gewissen Verfalls- und Lagerabschlag pro Jahr wieder bei Bedarf abholen. Dieses System kam zwischen 322 und 30 v. Chr. auf.[2] Nach der Eroberung Ägyptens durch die Römer wurde das römische Münzgeld eingeführt.
Im Mittelalter wurde in Europa von den lokalen Herrschern und Klöstern das Münzgeld (z. B. Brakteaten) in bestimmten Situationen durch „Münzverruf“ für ungültig erklärt und mit einem Abschlag gegen Neuprägungen umgetauscht. Diese Abstände variierten – von mehrfach jährlich bis zu alle 7 Jahre; bei den Abschlägen gab es Schwankungen zwischen etwa 15 % und 40 %. Die Differenz fiel jeweils an den Herrscher bzw. an das Kloster. Dies war hauptsächlich zwischen den Jahren 1075 und 1400 gebräuchlich. Aufgrund von Handhabungsproblemen mit der angewachsenen Geldmenge, dem Silberschmelzverlust beim Umprägen und auf Drängen von Kaufleuten, die ein dauerhaftes, weitreichendes Geld wollten, wurde die sogenannte „Münzverrufung“ aufgegeben und durch Handels- und Verbrauchssteuern ersetzt.

Nach der Entdeckung Amerikas floss wieder reichlich Silber und Gold über Spanien nach Europa und verursachte neuen monetären Wohlstand (aber auch Kriege), jedoch keine florierende Volkswirtschaft.
Freiwirtschaftliche Deutung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Befürworter eines freiwirtschaftlichen Geldsystems mit Demurrage behaupten, dass während dieser Zeitperioden in beiden Wirtschaftsräumen große kulturelle Leistungen entstanden. Fast alle Kathedralbauten entstanden zu jener Zeit, Gold, Silber, Geld kam durch die Plünderungen der Kreuzzüge mit neuer Kontrolle des (Gewürz-)Fernhandels nach Europa. Nach der Änderung des Geldsystems soll es in beiden Fällen zu einem Niedergang gekommen sein. Freiwirtschaftler führen die Wirtschaftsblüte auf das Geldsystem zurück.[3]
Etablierte Deutung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Kritiker dieser Thesen der Freiwirtschaft bezweifeln den Einfluss und Umfang der Auswirkung dieses Geldsystems,[4] die Münzverrufungen seien nur in 10 % des mittelalterlichen Deutschlands gebräuchlich gewesen. Ummünzungen waren schon zur Zeit der Antike z. B. beim Solidus üblich und auch notwendig, da insbesondere Gold- und Silbergeld durch den Gebrauch und im Mittelalter durch Kipper und Wipper an Münzgewicht mit der Zeit verloren. Die Kathedralbauten seien durch die Templerorden finanziert worden. Der Niedergang im Mittelalter wurde allerdings auch durch den Abfluss des Silbers in den Orient aufgrund des Gewürz- und Weihrauchhandels verursacht. Deutlich verstärkt wurde dieser Abfluss noch durch die Arbitragegeschäfte der Venezianer (Silber gegen Gold).[5] Der Schwazer Silberbergbau in Tirol brachte ab 1450 eine gewisse Erleichterung (7.400 Knappen, zweitgrößte Stadt im Habsburgerreich). Paul C. Martin spricht deshalb auch von einem Brakteatenmärchen.
Guernsey-Experiment von 1815
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Jahre 1815 gab es auf der britischen Kanalinsel Guernsey ein Geldexperiment. Die Folgen der Napoleonischen Kriege machten sich in ganz Europa bemerkbar, auch auf dieser Insel. Die Inselbewohner produzierten Lebensmittel weit über den Eigenbedarf hinaus, doch die eingetriebenen Steuern und Zinszahlungen an Londoner Banken brachten den Zahlungsverkehr schließlich ganz zum Erliegen. Der in dieser Zeit amtierende Gouverneur von Guernsey, Daniel de Lisle Brock, schlug den Bau einer Markthalle für 4.000 Pfund Sterling vor, die der Wirtschaft neuen Auftrieb geben würde. Diese 4.000 Pfund sollten einfach selber gedruckt und als eine Art Zweitwährung im Umlauf gebracht werden. Nach fünf Jahren hatte sich die Halle voll amortisiert, das heißt, sie hatte ihre Abschreibungen voll verdient und die 4000 Pfund, die inzwischen auf der ganzen Insel in Umlauf gewesen waren und Umsätze aller Art bewirkt hatten, standen dem Investor der Markthalle wieder vollständig bar zur Verfügung, wurden nicht mehr benötigt und verbrannt. Nach diesem Prinzip wurden so nacheinander mehrere Bauvorhaben mit selbstgedrucktem und später wieder vernichtetem Geld verwirklicht. Jedoch kam bis 1835 durch den Eingriff fremder Banken und eine reduzierte Geldmenge die Geldwirtschaft wieder zum Erliegen. Manche Anhänger der Freiwirtschaft, darunter Hermann Benjes, betrachten das „Mirakel von Guernsey“ als Vorläufer umlaufgesicherten Geldes[6] nach Silvio Gesell, der einen Artikel über das Experiment schrieb.[7]
Umlaufgesichertes Geld in der Neuzeit und Gegenwart
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In der Neuzeit wurden einige Projekte mit umlaufgesichertem Geld unternommen, z. B. das WÄRA-Experiment von Schwanenkirchen (1929/1930). Als erfolgreiches lokales Freigeldexperiment gilt das von Michael Unterguggenberger, dem Bürgermeister der Tiroler Stadt Wörgl, initiierte Projekt von 1932/33, das auch als Wunder von Wörgl rezipiert wurde.[8]
Eine Vielzahl historischer und aktueller Aktivitäten rund um Regiogeld wird von dem in Wörgl residierenden Unterguggenberger Institut[9] beobachtet und zusammengetragen. Insbesondere unter den Regionalgeldinitiativen, die im deutschsprachigen Raum im Verband Regiogeld e. V.[10] vernetzt sind, gibt es viele, die auf dem Prinzip der Umlaufsicherung basieren. Das aktuell bekannteste Beispiel ist das Freigeld Chiemgauer.
Das erfolglose Kryptogeld Freicoin, das die Technologie des Bitcoin nutze, sieht zusätzlich eine eingebaute Umlaufsicherung vor.
Für eine Einführung von umlaufgesichertem Geld engagiert sich auch die Initiative für Natürliche Wirtschaftsordnung (INWO).[11]
Die Einführung von umlaufgesichertem Geld in Deutschland fordert auf politischem Wege die Humanwirtschaftspartei.[12]
Eine literarische Bearbeitung des Freigeldthemas findet sich in Michael Endes Roman Momo.[13]
Über die 2011 gegründeten sogenannten BGE-Kreise[14] wird u. a. durch Umlaufsicherung ein bedingungsloses Grundeinkommen real ermöglicht. Weitere Merkmale sind die Vernetzung der im Grundsatz regional wirtschaftenden Kreise, die vollständige Transparenz der Kontostände innerhalb der regionalen Kreise und ein eBay-ähnlicher Marktplatz.
Rezeption
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Rahim Taghizadegan, ein Anhänger der Österreichischen Schule der Volkswirtschaftslehre, vertrat 2008 die Auffassung, eine höhere Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes reiche nicht aus, um den allgemeinen Wohlstand zu erhöhen. Eine Gruppe von Menschen könne nicht allein dadurch ihren Wohlstand erhöhen, indem sie eine Münze mit zunehmender Geschwindigkeit im Kreis laufen lasse. Freiwirtschaftler konzentrierten sich zu sehr auf den Konsum – dieser habe mit wachsendem Wohlstand jedoch nichts zu tun, er sei Ziel und nicht Ursache der Wohlstandsmehrung.[15]
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Oskar Stillich: Freigeld. Eine Kritik. Industriebeamten-Verlag, Berlin 1923.
- Wolfgang Broer: Schwundgeld. Bürgermeister Michael Unterguggenberger und das Wörgler Währungsexperiment 1932/33. Studien-Verlag, Innsbruck, Wien, Bozen 2007, ISBN 978-3-7065-4472-6.
- Helmut Creutz: Das Geld Syndrom 2012: Wege zu einer krisenfreieren Wirtschaftsordnung. aktualisierte Auflage. Wissenschaftsverlag, Mainz, Aachen 2012, ISBN 978-3-8107-0140-4.
- Margrit Kennedy: Geld ohne Zinsen und Inflation. Ein Tauschmittel das jedem dient. Permakultur Publ., Steyerberg 1990, ISBN 3-9802184-2-2 (webseite).
- Margrit Kennedy: Geld ohne Zinsen und Inflation. Ein Tauschmittel das jedem dient. überarbeitete und erweiterte Auflage. Goldmann-Verlag, München 1991, ISBN 3-442-12341-0 (webseite).
- Peter Knauer: Arbeitslosigkeit durch einen Systemfehler unseres Geldes? In: Johannes Hoffmann: Irrationale Technikadaptation als Herausforderung an Ethik, Recht und Kultur. Interdisziplinäre Studien. IKO – Verlag für Interkulturelle Kommunikation, Frankfurt 1997, ISBN 3-88939-250-4, S. 244–264 (webseite ( vom 7. November 2012 im Internet Archive)).
- Bernard Lietaer: Das Geld der Zukunft. Riemann-Verlag, München 2002, ISBN 3-570-50035-7.
- Bernd Senf: Silvio Gesell: Freiwirtschaftslehre und natürliche Wirtschaftsordnung – weder Kapitalismus noch Sozialismus. In: Die blinden Flecken der Ökonomie. Wirtschaftstheorien in der Krise. 5. Auflage. Verlag für Sozialökonomie, 2007, ISBN 978-3-87998-452-7.
- Thomas Wendel: Das Wörgler Schwundgeldexperiment 1932–1933. In: Kontext Scripten. Nr. 4. Kontext-Verlag, Essen 2000.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Christian Klein: Ein Plädoyer für Freigeld. cko.lu, Datum unbekannt
- Materialien zur Geld-, Zins- und Schuldenproblematik. Etwa 1997 entstanden, 2007 zuletzt aktualisiert
- Klaus-Peter Schleisiek: Übliche Einwände gegen die freiwirtschaftliche Geldreform mit Entgegnungen. Aachen 1998, überarbeitet 2002; archiviert 2011
- Freigeld aus den numismatischen Sammlungen. Deutsches Historisches Museum, archiviert 2013
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Negativzins – So funktioniert der Strafzins. Focus.de, 15. April 2016.
- ↑ Bernard Lietaer datiert Korngiro allerdings viel eher, auf mindestens 1600 v. Chr. Allerdings gibt es für diese These keine Belege. Bernard A. Lietaer: Mysterium Geld. 2. Auflage. Riemann Verlag, München 2000, ISBN 3-570-50009-8, S. 153 f., S. 219.
- ↑ Karl Walker: Das Geld in der Geschichte. Lauf bei Nürnberg 1959, S. 29ff.; Hans Weitkamp: Das Hochmittelalter – ein Geschenk des Geldwesens. Hilterfingen 1984/85, S. 27–53; Bernard A. Lietaer: Mysterium Geld, Riemann Verlag München, 2000, S. 172ff.; zur Kritik von Paul C. Martin siehe auch Replik auf das „Brakteaten-Märchen“ von Dr. Paul C. Martin
- ↑ ausführliche Kritik zur Brakteatentheorie
- ↑ Zarlenga, Der Mythos vom Geld
- ↑ Hermann Benjes: Das Mirakel von Guernsey. (PDF) Abgerufen am 11. Februar 2015.
- ↑ Silvio Gesell: Die Guernsey-Markthalle. In: Die Freiwirtschaft durch Freiland und Freigeld, Nr. 6/1922. (Enthalten in Silvio Gesell: Gesammelte Werke, Gauke Verlag für Sozialökonomie, Kiel 1988–2009, Band 14.)
- ↑ ZEIT zum Thema. In: Die Zeit, Nr. 52/2010.
- ↑ Website des Unterguggenberger Instituts
- ↑ Website von Regiogeld e. V.
- ↑ Website der Initiative für Natürliche Wirtschaftsordnung
- ↑ Website ( des vom 10. März 2013 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. der Humanwirtschaftspartei
- ↑ Robert Mittelstaedt: Michael Endes letzte Worte an die Japaner ( vom 5. Juli 2003 im Internet Archive). In: Jacek Rzeszotnik (Hrsg.): Zwischen Phantasie und Realität. Michael Ende Gedächtnisband 2000. Erster Deutscher Fantasy-Club, Passau 2000, ISBN 3-932621-29-8
- ↑ Siehe dazu den Internetauftritt der BGE-Kreise abgerufen am 1. Dezember 2016.
- ↑ Siehe Rahim Taghizadegan: Eine kritische Überprüfung von Freiwirtschaft, Zinskritik und Schwundgeld nach Silvio Gesell. Institut für Wertewirtschaft, Wien 2008, ISBN 3-902639-09-1, S. 36. (wertewirtschaft.org ( des vom 5. Juli 2010 im Internet Archive; PDF) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. )