„Popmusik“ – Versionsunterschied
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{{Dieser Artikel|behandelt das meist „Pop“ genannte Musikgenre seit den 1950er-Jahren. Für Popmusik im weiteren Sinne siehe [[populäre Musik]].}} |
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'''Popmusik''' ist eine Abkürzung von "populäre Musik" und bezeichnet [[Unterhaltungsmusik]]. Der Begriff bezeichnet einerseits |
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'''Popmusik''' ({{enS|pop music}}), kurz '''Pop''', ist ein [[Genre]] der [[Populäre Musik|populären Musik]], das Mitte der 1950er-Jahre in den [[Vereinigte Staaten|USA]] und im [[Vereinigtes Königreich|Vereinigten Königreich]] entstand. Teilweise wird der Begriff auch synonym zu populärer Musik verwendet. |
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Als Kurzform von ''populäre Musik'' wurde der Begriff Popmusik anfangs für [[Rock ’n’ Roll]] und [[Beatmusik]] sowie davon abgeleitete „jugendliche“ Musikstile verwendet, aber auch in Abgrenzung dazu für den vom [[Swing (Musikrichtung)|Swing]] abgeleiteten vorherrschenden populärmusikalischen Standard der 1950er-Jahre. Ende der 1960er-Jahre begann man, Pop als vorwiegend kommerziell, kurzlebig und leicht zugänglich dem [[Rockmusik|Rock]] gegenüberzustellen. Popmusik ist durch Präsenz in den [[Musikcharts]] gekennzeichnet, typisch sind relativ kurze Lieder (genannt '''Popsongs''') einfacher Struktur mit wiederholten [[Refrain]]s und [[Hookline|Hooks]] und tanzbaren Rhythmen und Tempi. Häufig wird Pop von verwandten Stilen beeinflusst, etwa Rock, [[Hip-Hop]], [[Elektronische Tanzmusik|Dance]], [[Lateinamerikanische Musik|lateinamerikanischer Musik]] oder [[Country-Musik|Country]]. Das Genre wird international durch die US-amerikanische und britische Musikindustrie dominiert, erfährt aber auch regionale Ausformungen mit gelegentlich globaler Wirkung. |
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* bei der breiten Masse sehr beliebte und somit [[kommerz]]iell sehr erfolgreiche Musik. |
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* einen eingängigen, harmonisch und melodiösen Stil, in Abgrenzung zur [[Rock (Musik)|Rockmusik]] mit ihren raueren, wilderen Ausdruckformen. |
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== Begriff == |
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Popmusik ist durch Einfachheit und Wohlklang gekennzeichnet: |
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{{Siehe auch|Populäre Musik #Begriff}} |
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Der Ausdruck ''pop song'' kam im Englischen erstmals in den 1920er-Jahren auf, im Sinne eines Musikstücks mit breitem Anklang ''(popular appeal)''.<ref name="OED">{{Literatur |Autor=J. A. Simpson, E. S. C. Weiner |Titel=The Oxford English Dictionary |Auflage=2 |Verlag=Oxford University Press |Ort=Oxford |Datum=1989 |ISBN=0-19-861186-2 |Fundstelle=Stichwort ''Pop''}}</ref> Dies fällt zeitlich mit bedeutenden Entwicklungen in der Aufnahmetechnik zusammen, die als Beginn der modernen Musikindustrie gesehen werden können.<ref>{{Literatur |Autor=David Hatch, S. Millward |Titel=From blues to rock: an analytical history of pop music |Ort=Manchester |Datum=1987 |ISBN=0-7190-1489-1 |Seiten=49}}</ref> Das ''Oxford Dictionary of Music'' definiert ''pop'' in seinem frühesten Gebrauch als Konzerte für ein Massenpublikum; seit den späten 1950er-Jahren beschreibe der Begriff konkret nicht klassische Musik, meist in Liedform, etwa von [[The Beatles]], [[The Rolling Stones]] oder [[ABBA]].<ref name="ODM">{{Literatur |Hrsg=Michael Kennedy, Joyce Bourne Kennedy |Titel=Pop |Sammelwerk=The Oxford Dictionary of Music |Auflage=6 |Verlag=Oxford University Press |Datum=2012 |ISBN=978-0-19-957810-8}}</ref> Der Forscher David Boyle versteht unter ''pop music'' jegliche Art von Musik, die durch [[Massenmedien]] verbreitet wird.<ref>{{Literatur |Autor=J. David Boyle, Glenn L. Hosterman, Darhyl S. Ramsey |Titel=Factors Influencing Pop Music Preferences of Young People |Sammelwerk=Journal of Research in Music Education |Band=29 |Nummer=1 |Datum=1981-04-01 |ISSN=0022-4294 |Seiten=47–55 |DOI=10.2307/3344679}}</ref> Auch im Deutschen war Popmusik seit den frühen 1950er-Jahren als generalisierender Oberbegriff für populäre Musik gebräuchlich,<ref>{{Literatur |Autor=Peter Wicke |Hrsg=Doris Stockmann, Andreas Michel, Philip V. Bohlman |Titel=Jazz, Rock und Popmusik |Sammelwerk=Volks- und Popularmusik in Europa |Reihe=Neues Handbuch der Musikwissenschaft |BandReihe=12 |Verlag=Laaber-Verlag |Ort=Laaber |Datum=1992 |ISBN=3-89007-042-6 |Seiten=445–477 |Online=[https://www.popmusicology.org/PDF/PopulaereMusik.pdf Onlinezugriff] |Format=PDF |KBytes=222 |Abruf=2023-01-27}}</ref> die Kurzform wurde jedoch schon bald inhaltlich abgekoppelt, wobei die Definitionen vage blieben und eine klare Abgrenzung nicht möglich ist.<ref name="Rösing">{{Literatur |Autor=[[Helmut Rösing]] |Hrsg=Alenka Barber-Kersovan, Kai Lothwesen und Thomas Phleps |Titel=»Populäre Musik«: Was meint das? |Sammelwerk=Das klingt so schön hässlich. Gedanken zum Bezugssystem Musik |Verlag=transcript |Ort=Bielefeld |Datum=2015 |ISBN=978-3-8394-0257-3 |Seiten=128}}</ref> |
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Laut ''[[Grove Dictionary of Music and Musicians|Grove Dictionary]]'' wurde der Begriff Popmusik ''(pop music)'' Mitte der 1950er-Jahre im Vereinigten Königreich geboren und war zunächst eine Beschreibung für amerikanischen [[Rock ’n’ Roll]] und davon abgeleitete neue Stile der [[Jugendkultur|Jugendmusik]]. In den 1960er-Jahren konkurrierte der Begriff in der britischen Musikszene mit der [[Beatmusik]].<ref name="Grove">{{Literatur |Autor=Richard Middleton, David Buckley, Robert Walser, Dave Laing, Peter Manuel |Titel=Pop |Sammelwerk=[[Grove Dictionary of Music and Musicians|Grove Music Online]] |Verlag=Oxford University Press |Datum=2001 |Kapitel=Kapitel ''Introduction'' |DOI=10.1093/gmo/9781561592630.article.46845}}</ref> Laut [[Die Musik in Geschichte und Gegenwart|MGG]] verwendeten amerikanische Musikzeitschriften in den 1950er-Jahren den Begriff jedoch für den damaligen populärmusikalischen Standard (vom [[Swing (Musikrichtung)|Swing]] abgeleitete Musik von u. a. [[Frank Sinatra]], [[Bing Crosby]] und [[Perry Como]]), gerade zur Abgrenzung von den neuen Formen der Jugendmusik, insbesondere dem Rock ’n’ Roll.<ref name="mgg">{{MGG Online|mgg15915}}</ref> Der Musikwissenschaftler Allan Moore vermutet, dass die Bezeichnung „Popmusik“ durch die [[Pop Art]] geprägt wurde;<ref>{{Literatur |Autor=Allan F. Moore |Titel=Song Means: Analysing and Interpreting Recorded Popular Song |Verlag=Routledge |Datum=2016 |ISBN=978-1-317-05265-4}}</ref> diese Verbindung ist jedoch umstritten.<ref name="Rösing" /> Ab 1967 wurde Popmusik zunehmend als Gegenbegriff zur [[Rockmusik]] verwendet.<ref name="Gloag983">{{Literatur |Autor=Kenneth Gloag |Hrsg=Alison Latham |Titel=The Oxford companion to music |Verlag=Oxford University Press |Ort=Oxford |Datum=2002 |ISBN=0-19-866212-2 |Seiten=983}}</ref><ref name="mgg" /> Dabei übernahm Rock die Rolle des [[Authentizität|authentischen]] und experimentierfreudigeren Bereichs der populären Musik,<ref name="Gloag983" /> Pop hingegen galt als das zugänglichere, kurzlebigere und kommerziellere Genre.<ref name="Warner2003">{{Literatur |Autor=Timothy Warner |Titel=Pop music: technology and creativity: Trevor Horn and the digital revolution |Verlag=Ashgate |Ort=Aldershot |Datum=2003 |ISBN=0-7546-3131-1 |Seiten=3–4}}</ref><ref name="ODM" /> |
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* [[Harmonie]]n in als angenehm empfundenen Abfolgen |
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* eingängige [[Melodie]]n, die oft auf der [[Diatonik]] beruhen |
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* simple, durchgehende [[Rhythmus|Rhythmen]] |
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* einfacher, klassischer Songaufbau (Strophe/Refrain) |
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* sanfter, melodischer Gesang |
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Häufig wird Popmusik über die [[Musikcharts]] definiert,<ref>{{Literatur |Autor=R. Serge Denisoff, William L. Schurk |Titel=Tarnished gold: the record industry revisited |Auflage=3 |Verlag=Transaction Books |Ort=New Brunswick |Datum=1986 |ISBN=0-88738-618-0 |Seiten=2–3}}</ref> ein zentrales Merkmal von Popmusik ist darüber hinaus die grundsätzliche Tanzbarkeit.<ref name="mgg" /> Möglich ist auch eine negative Definition: Pop ist jegliche populäre Musik, die keinem anderen Genre zugeordnet werden kann.<ref>{{Literatur |Autor=Jacqueline Warwick |Titel=Pop |Sammelwerk=Grove Music Online |Verlag=Oxford University Press |Datum=2014-01-31 |DOI=10.1093/gmo/9781561592630.article.a2259112}}</ref> Der Musikwissenschaftler Simon Frith erklärte, Popmusik werde aus kommerziellen, nicht künstlerischen Überlegungen produziert, sei für ein Massenpublikum bestimmt und repräsentiere selbst keinen besonderen Musikgeschmack. Sie werde nicht von der Basis (den Musikern und ihrem Publikum), sondern von oben (durch [[Tonträgerunternehmen|Plattenfirmen]], Radio-[[DJ]]s und Konzertagenturen) kontrolliert. Musikalisch sei Pop „im Wesentlichen konservativ“ und keine [[Do it yourself|Do-it-yourself]]-Musik, sondern ein professionell hergestelltes und verpacktes Produkt. Gegenüber Rockmusik könne das Genre Pop als „[[Single (Musik)|Single]]-basierte Musik für Teenager“ abgegrenzt werden.<ref name="Frith2001">{{Literatur |Autor=Simon Frith |Titel=Pop music |Hrsg=Simon Frith, Will Straw, John Street |Sammelwerk=The Cambridge companion to pop and rock |Verlag=Cambridge University Press |Ort=New York |Datum=2001 |ISBN=0-521-55369-5 |Seiten=95–105}}</ref> Gemeint ist also im Wesentlichen der [[Mainstream]] populärer Musik ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.<ref name="Grove" /> |
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== Entwicklung und Einflüsse == |
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==Popmusik als Mainstream== |
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{{Siehe auch|Populäre Musik #Geschichte}} |
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{{Doppeltes Bild|rechts|Michael Jackson in 1988 (cropped).jpg|140|ExpressYourselfUnderGround cropped.jpg|157|[[Michael Jackson]] und [[Madonna (Künstlerin)|Madonna]], bekannt als [[Liste von Beinamen in der populären Musik|King bzw. Queen of Pop]]<ref>{{Internetquelle |autor=Alan McGee |url=https://www.theguardian.com/music/musicblog/2008/oct/28/madonna-pop-art |titel=Madonna Pop Art |werk=[[The Guardian|Guardian Music Blog]] |datum=2008-08-20 |abruf=2023-01-27}}</ref>|}} |
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=== Technologie und Medien === |
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Populäre Musikpraxis wurde seit jeher von technologischen Entwicklungen wesentlich beeinflusst. In den 1940er-Jahren ermöglichten verbesserte [[Mikrofon]]e einen neuen, intimeren Gesangsstil und in den folgenden Jahrzehnten begünstigten neue [[Single (Musik)#7-Zoll-Single|Vinyl-Singles mit 45 Umdrehungen]] die weitere Verbreitung von Musik, wodurch Popmusik ihren Weg in ein „[[Star (Person)|Star]]-System“ für Tonträger, Radio und Film fand. Dazu trug außerdem die Verbreitung des [[Fernsehen]]s bei weiten Teilen der Bevölkerung in den 1950er-Jahren bei, wodurch die neuen Popstars gezwungen waren, für Fernsehauftritte eine visuelle Präsenz zu entwickeln. Auf Musik spezialisierte Fernsehsender wie [[MTV]] betonten ab den 1980er-Jahren noch einmal zusätzlich die visuellen Aspekte der Popmusik und favorisierten dabei Künstler wie [[Michael Jackson]] oder [[Madonna (Künstlerin)|Madonna]].<ref name="Buckley">{{Literatur |Autor=David Buckley |Titel=Pop. Implications of technology |Sammelwerk=Grove Music Online |Verlag=Oxford University Press |Datum=2001 |DOI=10.1093/gmo/9781561592630.article.46845}}</ref> |
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Ab den 1960er-Jahren war Musik dank tragbarer [[Transistorradio]]s nicht mehr ortsgebunden, was eine Möglichkeit des Popmusikkonsums bot, die vor allem bei Jugendlichen populär wurde.<ref name="Buckley" /> [[Mehrspurrekorder]] und (ab den 1980er-Jahren) [[Sampling (Musik)|Sampling]] waren weitere bedeutende technische Einflussfaktoren für die Entwicklung der Popmusik.<ref name="Frith2001" /> Ab Mitte der 1960er-Jahre fanden dadurch immer wieder neue Klänge, Stile und Techniken Eingang in die Popmusikproduktion. Laut [[Simon Reynolds]] zeichnete sich ab 1967 eine Spaltung zwischen derartiger eher „progressiver“ und der eher chartorientierten Popmusik ab, mit jeweils unterschiedlichem Zielpublikum.<ref>{{Literatur |Autor=Simon Reynolds |Hrsg=Simon Frith, Andrew Goodwin |Titel=New Pop and its Aftermath |Sammelwerk=On Record: Rock, Pop and the Written Word |Verlag=Routledge |Datum=2006 |ISBN=1-134-93951-5 |Seiten=398}}</ref> |
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Die für den [[Mainstream]] produzierte Popmusik bezieht sich nicht nur auf ihre eigene ursprüngliche Tradition aus dem [[Vaudeville]], dem [[Volkslied]] und dem [[Kunstlied]], sondern inkorporiert verschiedene gerade aktuelle Musikstile. Dabei nimmt sie den ursprünglichen Musikformen meist die Komplexität, entfernt für die gängigen Hörgewohnheiten Ungewohntes und Irritierendes, um sie für eine breite Masse zugänglicher und konsumierbarer zu machen. Das trifft sowohl auf die Vereinnahmung von [[Volksmusik]]elementen in der ''volkstümlichen Musik'' zu als auch auf modifierte, "gezähmte" Anleihen bei ursprünglichen afro-amerikanischen Musikstilen wie [[Jazz]], aber auch [[Rap]] und [[Hip Hop]]. |
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=== Stilistische Entwicklung === |
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Da der Begriff "Popmusik" aus der US-amerikansichen Kultur stammt, sind die ein Großteil der Musikstücke [[Englische Sprache|englischsprachig]]. Heute werden aber auch hin und wieder deutsche Schlager dazugezählt und es gibt deutschsprachige Popinterpret/innen, die sich musikalisch auf die US-amerikanische Tradition beziehen. |
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Popmusik wurde von verschiedenen anderen Genres und Stilen populärer Musik beeinflusst. Der frühe Pop übernahm etwa seine Form von [[Ballade (Unterhaltungsmusik)|Balladen]], seine Vokalharmonie von [[Gospel]] und [[Soul]], seine Instrumentierung von [[Jazz]] und [[Rock ’n’ Roll]] sowie [[Klassische Musik|klassischer Musik]], Rhythmus und Tempo von [[Tanzmusik]] und [[Hip-Hop]] und Hintergrundeffekte aus der [[Elektronische Musik|elektronischen Musik]].<ref name="Frith2001" /> Im weiteren Verlauf experimentierten Produzenten, Songwriter und Tontechniker mit den Möglichkeiten der Studiotechnik und führten besondere Effekte und Klänge in den Pop ein. Ein bekanntes Beispiel ist [[Phil Spector]]s „[[Wall of Sound]]“.<ref>{{Literatur |Autor=Andrew Blake |Hrsg=Nicholas Cook, Eric Clarke, Daniel Leech-Wilkinson |Titel=Recording practices and the role of the producer |Sammelwerk=The Cambridge Companion to Recorded Music |Verlag=Cambridge University Press |Datum=2009 |ISBN=978-1-139-82796-6 |Seiten=45}}</ref> Gleichzeitig verschob sich die vorherrschende Musik in Radio und Film von der klassischen [[Tin Pan Alley|Tin-Pan-Alley]]-Ästhetik in Richtung exzentrischerer Songs mit halligen Rockgitarren, symphonischen Streichereinsätzen und aufwendig arrangierten Bläserpartien, gespielt durch professionelle Studiomusiker.<ref>{{Internetquelle |autor=Jon Pareles |url=https://www.nytimes.com/2008/11/01/arts/music/01pupp.html |titel=Orchestral Pop, the Way It Was (More or Less) |werk=[[The New York Times]] |datum=2008-10-31 |abruf=2023-01-27}}</ref> |
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Vor den 1960er-Jahren hatten Interpreten oft wenig Einfluss auf ihre Musik,<ref>{{Literatur |Autor=Paul E. Willis |Titel=Profane Culture |Verlag=Princeton University Press |Datum=2014 |ISBN=978-1-4008-6514-7 |Seiten=217}}</ref> erst als Plattenfirmen Mitte der 1960er-Jahre zunehmend in ihre Künstler zu investieren begannen, erhielten Interpreten mehr Freiheiten und ein begrenztes Mitspracherecht bei ihrer Musik und dem verbundenen Marketing. Diese Entwicklung kam Ende der 1970er-Jahre wieder zum Stillstand, bis zum Aufkommen der ersten [[Internet]]-Stars.<ref name="Moore">{{Literatur |Autor=Allan F. Moore |Titel=Song means: analysing and interpreting recorded popular song |Verlag=Ashgate |Ort=Farnham |Datum=2012 |ISBN=978-1-4094-2865-7 |Seiten=202}}</ref> Ebenfalls Ende der 1970er-Jahre kam der [[Independent|Indie Pop]] auf, der durch Gitarrenbands getragen wurde, die ihre Musik ohne [[Plattenvertrag]] selbst veröffentlichten.<ref>{{Internetquelle |autor=Abebe Nitsuh |url=https://pitchfork.com/features/article/6176-twee-as-fuck/ |titel=Twee as Fuck: The Story of Indie Pop |werk=Pitchfork Media |datum=2005-10-24 |abruf=2023-01-27}}</ref> In den 1980er-Jahren dominierten neue digitale Aufnahmetechniken und [[Synthesizer]] die Popmusik. [[Synthiepop]] und verwandte Genres mit vorwiegend elektronischen Sounds gewannen an Popularität.<ref>{{Literatur |Autor=Glenn Collins |Titel=Rap Music, Brash and Swaggering, Enters Mainstream |Sammelwerk=The New York Times |Datum=1988-08-29 |Online=https://www.nytimes.com/1988/08/29/arts/rap-music-brash-and-swaggering-enters-mainstream.html |Abruf=2023-01-27}}</ref> Einflüsse der [[Elektronische Tanzmusik|elektronischen Tanzmusik]] wurden in den folgenden Jahrzehnten zu einem prägenden Element von Popmusik weltweit.<ref name="Walser">{{Literatur |Autor=Robert Walser |Titel=Pop. North America |Sammelwerk=Grove Music Online |Verlag=Oxford University Press |Datum=2001 |DOI=10.1093/gmo/9781561592630.article.46845}}</ref> |
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Der Erfolg der kommerziell ausgerichteten Popmusik misst sich in den Pop-Charts bzw. |
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der [[Hitparade]]. Popmusik ist der lukrativste Zweig der [[Musikindustrie]]. |
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=== Internationale Verbreitung === |
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==Popmusik als Teil der Popkultur== |
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Popmusik wurde und wird von der US-amerikanischen und seit Mitte der 1960er-Jahre ([[British Invasion]]) auch der britischen Musikindustrie dominiert, wodurch Popmusik sich zu einer Art internationaler Monokultur entwickelte. Dennoch konnten regionale und lokale Varianten der Popmusik mit einer gewissen Eigenständigkeit entstehen.<ref>{{Literatur |Autor=Josh Kun |Titel=Audiotopia: music, race, and America |Verlag=University of California Press |Ort=Berkeley |Datum=2005 |ISBN=0-520-93864-X |Seiten=201}}</ref> Einigen regionalen Trends gelang es, nachhaltigen Einfluss auf die Popmusik insgesamt auszuüben (etwa [[Europop]]).<ref>{{Literatur |Hrsg=Simon Frith, Will Straw, John Street |Titel=The Cambridge companion to pop and rock |Verlag=Cambridge University Press |Ort=New York |Datum=2001 |ISBN=0-521-55369-5 |Seiten=199–200}}</ref> |
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Westliche Popmusik hat sich weltweit verbreitet, dabei lokale Musikgenres entweder verdrängt oder sich parallel dazu etabliert und gleichartige stilistische Rahmenbedingungen für globale kommerzielle Musikkulturen geschaffen. In einigen nicht westlichen Ländern wie [[Japan]] entstand eine boomende Musikindustrie, die großenteils durch westlich geprägten Pop ([[J-Pop]]) bestimmt wird. Japan hat den größten Musikmarkt neben dem der USA. Die Ausbreitung westlicher Popmusik kann als Teil von [[Amerikanisierung]], [[Homogenität (Wirtschaft)|Homogenisierung]], [[Modernisierung (Soziologie)|Modernisierung]], [[Kulturelle Aneignung|kultureller Aneignung]], [[Kulturimperialismus]] oder allgemein [[Globalisierung]] gesehen werden.<ref name="PManuel">{{Literatur |Autor=Peter Manuel |Titel=Pop. Non-Western cultures |Sammelwerk=Grove Music Online |Verlag=Oxford University Press |Datum=2001 |DOI=10.1093/gmo/9781561592630.article.46845}}</ref> |
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Die Eingängigkeit und Wohlgefälligkeit von Popmusik wird auch in der [[Popkultur]] als ''ästhetisches Mittel'' bzw. Stilmittel benutzt. Hier geht es allerdings nur bedingt oder gar nicht darum, die ''breite Masse'' per se zu erreichen, sondern Menschen mit einem bestimmten [[Lebensstil]] anzusprechen. Schon die ''Beatles'' wandten sich gezielt an die ''junge Generation'', wie es zuvor nicht üblich war. Anfang der 1980er wurden von Musiker/innen des [[New Wave (Musik)|New Wave]] kritische Texte gezielt in einschmeichelnde Melodien verpackt, so dass sie von mehr Menschen konsumiert wurden. Andererseits besteht in [[Nischenkultur|Nischenkulturen]] auch ein Bedürfnis nach schönen Melodien. Diese stimmen jedoch nicht mit der ''Gefühlsstruktur'' eines Massengeschmacks und einer gezielt für den leichten Konsum gefertigter musikalischer Ware überein. |
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Eine bedeutende internationale Stilrichtung der Popmusik ist [[Latin Pop]]. Ab den 1990er-Jahren gelang Latin Pop in den USA Mainstreamerfolg<ref>{{Literatur |Autor=A. J. Aldama, C. Sandoval, P. J. García |Titel=Performing the US Latina and Latino Borderlands |Verlag=Indiana University Press |Datum=2012 |ISBN=978-0-253-00295-2 |Seiten=224}}</ref> und Hits wie ''[[Macarena (Lied)|Macarena]]'' ([[Los del Río]], 1993) oder ''[[Despacito]]'' ([[Luis Fonsi]], 2017) waren weltweite Charterfolge.<ref name="Villafañe 2017">{{Internetquelle |autor=Veronica Villafañe |url=https://www.forbes.com/sites/veronicavillafane/2017/08/14/still-no-1-record-breaking-despacito-ties-macarena-streak-on-hot-100-but-is-snubbed-by-mtv/ |titel=Still No. 1, Record-Breaking 'Despacito' Ties 'Macarena' Streak On Hot 100, But Is Snubbed By MTV |werk=[[Forbes (Zeitschrift)|Forbes.com]] |datum=2017-08-14 |abruf=2023-01-27}}</ref> Als Teil der [[Koreanische Welle|koreanischen Welle]] erreichte auch [[K-Pop]] globalen Erfolg, eingeleitet 2012 durch ''[[Gangnam Style]]'' von [[Psy (Sänger)|Psy]].<ref>{{Internetquelle |autor=Patrick St. Michel |url=https://pitchfork.com/thepitch/psys-gangnam-style-changed-pop-music-whether-you-like-it-or-not/ |titel=PSY's "Gangnam Style" Changed Pop Music, Whether You Like It Or Not |werk=Pitchfork |sprache=en |abruf=2020-08-15}}</ref> Koreanische [[Boygroup]]s wie [[BTS (Band)|BTS]] und [[Girlgroup]]s wie [[Blackpink]] haben sich in jüngerer Zeit zu den erfolgreichsten Musikgruppen der Welt entwickelt.<ref>{{Internetquelle |autor=Bryan Rolli |url=https://www.forbes.com/sites/bryanrolli/2020/07/21/bts-bestselling-album-2020-united-states-south-korea-japan-worldwide/ |titel=BTS Now Has The Bestselling Album Of 2020 In The United States, South Korea, Japan and Worldwide |werk=Forbes |sprache=en |abruf=2020-08-15}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Maeve McDermott |url=https://www.usatoday.com/story/life/music/2019/04/16/blackpink-can-k-pop-girl-group-become-next-spice-girls/3482394002/ |titel=Blackpink proves BTS isn't the only K-pop group that can find success in US |werk=USA TODAY |sprache=en |abruf=2020-08-15}}</ref> |
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==Geschichte der Popmusik== |
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===Der Begriff "populäre Musik" und seine Vorgeschichte=== |
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Der Begriff "populär" läßt sich in der Musikgeschichte schon wesentlich früher nachweisen als in den 1950ern und 1960er Jahre des [[20. Jahrhundert]]s, als der Begriff "Popmusik" im Rahmen der Entwicklung der [[Popkultur]] bekannt wurde. Der deutsche Begriff "[[Volkslied]]", auch in der englischen Bezeichnung "popular song", stammt aus einer [[1773]] erschienenen Rezension von [[Johann Gottfried Herder]] über eine [[1765]] in [[England]] erschienene Sammlung von englischen und schottischen Balladen. |
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== Merkmale == |
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===Populäre Musik im Mittelalter=== |
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Popmusik zielt auf ein möglichst breites Publikum ab.<ref>Vgl. auch Steve Jones: ''Pop Music and the Press.'' Temple University Press, Philadelphia 2002.</ref> Das „handwerkliche“ Element ist wichtiger als formelle „künstlerische“ Qualitäten.<ref name="Frith2001" /> Für Timothy Warner sind Merkmale von Popmusik, dass sie typischerweise Aufnahme, Produktion und Technologie höher wertet als die Liveperformance, dass sie vorhandene Trends progressiven Entwicklungen vorzieht, und dass sie auf grundsätzlich tanzbare Rhythmen abzielt.<ref name="Warner2003" /> |
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Die Hauptform der Popmusik ist das Lied (der Popsong), häufig zwischen zweieinhalb und dreieinhalb Minuten lang, geprägt durch einen durchgehenden und auffallenden Rhythmus, [[Mainstream]]-Stilistik und eine einfache, traditionelle Struktur.<ref>{{Literatur |Autor=Walter Everett |Titel=Confessions from Blueberry Hell, or, Pitch Can Be a Sticky Substance |Sammelwerk=Expression in pop-rock music: a collection of critical and analytical essays |Verlag=Garland |Ort=New York |Datum=2000 |ISBN=0-8153-3160-6 |Seiten=272}}</ref> Viele Popsongs setzen sich aus [[Strophe]] und [[Refrain]] zusammen, wobei der Refrain durch Wiederholung auf Wiedererkennbarkeit abzielt. Musikalisch entwickeln sich Popsongs meistens in Richtung des Refrains.<ref>{{Internetquelle |autor=Justin Wildridge |url=https://www.cmuse.org/characteristics-of-pop-music/ |titel=Characteristics of Pop Music: An Introduction |werk=CMUSE.org |datum=2019-12-09 |sprache=en |abruf=2023-01-27}}</ref> Neben der reinen Abfolge von Refrain und Strophen ist auch die [[Bridge (Musik)|AABA-Form]] verbreitet. Der Fokus liegt auf einprägsamen Melodien und [[Hookline|Hooklines]] und der Refrain bildet einen melodischen, rhythmischen und harmonischen Kontrast zu den Strophen.<ref>{{Literatur |Autor=John Shepherd |Titel=Continuum encyclopedia of popular music of the world. Volume II, Performance and production |Verlag=Continuum |Ort=London |Datum=2003 |ISBN=1-84714-472-1 |Seiten=508}}</ref> Der [[Beat (Rhythmus)|Beat]] und die Melodien sind einfach gehalten, die Begleitmusik ist reduziert.<ref>{{Literatur |Autor=[[Volkmar Kramarz]] |Titel=The Pop Formulas: Harmonic Tools of the Hit Makers |Verlag=Voggenreiter |Ort=Bonn |Datum=2007 |ISBN=978-3-8024-0620-1 |Seiten=61}}</ref> Die Texte moderner Popsongs drehen sich oft um Liebe und romantische Beziehungen.<ref name="Frith2001" /> |
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Schon Zeiten [[Feudalismus|feudaler]] Herrschaftssysteme hatte Musik zwei Hauptaufgaben: für die Regenten bzw. Adligen war die bei Hofe gespielte, als anspruchsvoll und vollendet geltende Musik nicht nur Unterhaltung, sondern auch Statusymbol, da zumindest im [[Mittelalter]] nur wohlhabende Adlige bzw. Fürsten sich professionelle Musiker und teure [[Musikinstrument|Instrumente]] wie [[Violine]]n leisten konnten, während bei der noch zumeist eher separiert über die Dörfer verteilt lebenden Bevölkerung die Musik überhaupt seltener und nur zu bestimmten Anlässen wie [[Erntedankfest]]en o.ä. von musikalisch gering qualifizierten Gemeindemitgliedern gespielt wurde und nur die Funktion erfüllen mußte, "tanzbar" zu sein. Dabei war die Trennung zwischen den (musikalischen) Schichten durchaus durchlässig, denn um die strengen Etikette bei Hof umgehen zu können, erfand der Adel die berühmten [[Maskenball|Maskenbälle]], bei denen sich die vornehme Gesellschaft als einfache Leute verkleidete und ungeniert deren ausgelassene Feste einschließlich der Musik imitierte. |
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Harmonie und [[Akkord]]folgen der Popmusik leiten sich meist von der europäischen [[Klassische Musik|klassischen Musik]] ab, jedoch in vereinfachter Form.<ref>{{Literatur |Autor=Peter Winkler |Titel=Toward a Theory of Popular Harmony |Sammelwerk=In Theory Only |Band=4 |Nummer=2 |Datum=1978-06 |ISSN=0360-4365 |Seiten=3–26}}</ref> Typische Modelle sind die [[Barbershop (Musik)|Barbershop]]-Harmonie über die Stufen ii–V–I und von der [[Bluestonleiter]] abgeleitete Harmonien.<ref>{{Literatur |Autor=Peter Winkler |Titel=Toward a Theory of Popular Harmony |Sammelwerk=In Theory Only |Band=4 |Nummer=2 |Datum=1978-06 |ISSN=0360-4365 |Seiten=4}}</ref> Die traditionelle Harmonielehre mit dem [[Quintenzirkel]] wurde zwischen den 1950er- und 1970er-Jahren in der Popmusik zurückgedrängt, wodurch die [[Dominante]] im Sinne der [[Funktionstheorie]] an Bedeutung verlor.<ref>{{Literatur |Autor=Peter Winkler |Titel=Toward a Theory of Popular Harmony |Sammelwerk=In Theory Only |Band=4 |Nummer=2 |Datum=1978-06 |ISSN=0360-4365 |Seiten=22}}</ref> |
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Die schnelle Verbreitung von Musikstücken oder gar die Entwicklung von neuen Musikrichtungen wurde jedoch durch mehrere Faktoren behindert: die Menschen waren durch die dörfliche Siedlungsstruktur relativ isoliert, Austausch fand eher selten statt; [[fahrende Musikanten]] kamen selten und blieben nicht lang genug, um von ihnen neue Stücke auswendig zu lernen; die meißten Menschen konnten nicht lesen und schreiben und damit nicht ihre eigenen Lieder aufzeichnen, die Fähigkeit, Töne in Form von Noten aufzuzeichnen, war noch viel seltener. In [[Deutschland (Begriffsklärung)|Deutschland]] kam noch erschwerend hinzu, daß es bis vor wenigen hundert Jahren z.T. enorme Sprachbarrieren gab, da Personen, die von weit her kamen, manchen regionalen [[Dialekt]] kaum verstehen konnten. Dadurch war auch nach der Erfindung des Druckens die Verbreitung von Liedtexten in Form von Textflugblättern zusätzlich eingeschränkt. |
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== Literatur == |
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===Das 19. Jahrhundert=== |
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* {{Literatur |
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|Autor=Jochen Zimmer |
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|Titel=Popmusik – zur Theorie und Sozialgeschichte |
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|Ort=Lollar |
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|Datum=1974 |
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|ISBN=3-87958-115-0}} |
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* {{Literatur |
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|Autor=Ekkehard Jost |
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|Titel=Sozialpsychologische Faktoren der Popmusik-Rezeption |
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|Verlag=Schott |
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|Ort=Mainz |
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|Datum=1976 |
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|ISBN=3-7957-1710-8}} |
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* {{Literatur |
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|Autor=Wilfred Dolfsma |
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|Titel=Valuing pop music: institutions, values and economics |
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|Verlag=Eburon |
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|Ort=Delft |
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|Datum=1999 |
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|ISBN=90-5166-682-9}} |
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* {{OeML|Pop-Musik|Popmusik|MH}} |
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* {{Literatur |
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|Autor=Jens Reisloh |
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|Titel=Deutschsprachige Popmusik. Zwischen Morgenrot und Hundekot. Von den Anfängen um 1970 bis ins 21. Jahrhundert |
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|Verlag=Telos Verlag |
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|Ort=Münster |
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|Datum=2011 |
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|ISBN=978-3-933060-34-1}} |
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* {{Literatur |
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|Autor=Ernst Hofacker |
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|Titel=Von Edison bis Elvis. Wie die Popmusik erfunden wurde |
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|Ort=Stuttgart |
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|Datum=2012 |
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|ISBN=978-3-15-010838-3}} |
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* {{Literatur |
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|Autor=Markus Heidingsfelder |
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|Titel=System Pop |
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|Ort=Berlin |
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|Datum=2012 |
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|ISBN=978-3-86599-130-0}} |
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* {{Literatur |
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|Autor=Bob Stanley |
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|Titel=Yeah! Yeah! Yeah! The story of pop music from Bill Haley to Beyoncé |
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|Ort=New York |
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|Datum=2014 |
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|ISBN=978-0-393-24269-0}} |
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* {{Literatur |
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|Hrsg=Timo Hoyer, Carsten Kries, Dirk Stederoth |
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|Titel=Was ist Popmusik? Konzepte – Kategorien – Kulturen |
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|Ort=Darmstadt |
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|Datum=2017 |
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|ISBN=978-3-534-26870-2}} |
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== Weblinks == |
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Die Verbreitung der Musik an sich war bis zum Ende des [[18. Jahrhundert]]s auf das Abschreiben von Notenblättern beschränkt, da das Notensystem zu kompliziert zum [[Letter]]-Druck war; es konnten (auch in Ermangelung von zum Noten lesen fähiger Schreiber) lediglich im mechanischen Verfahren des Notenstichs einzelne Kopien von Notenblättern hergestellt werden. Dies änderte sich erst, als [[Alois Senefelder]] das Verfahren des Steinplattendrucks (die [[Lithographie]]) erfand. Dadurch gelang es zum erstenmal im Jahre [[1796]] in [[München]] eine auf Spezialpapier geschriebene [[Partitur]] als Negativ aufzutragen und originalgetreu abzudrucken. Zwar waren mit diesem Verfahren zuerst nur wenige Kopien möglich, doch die Erfindung der [[Dampfmaschine]] und die Verbesserung der Technik ermöglichten schon Anfang des [[19. Jahrhundert]]s größere Auflagen von Notenblättern. Durch die [[Industrialisierung]] des Notenblattdruckes ergaben sich bedeutende Konsequenzen für die Entwicklung der populären Musik: die Musik des "einfachen" Volkes konnte nun erstmals günstig in Massen reproduziert werden, was eine Vereinheitlichung der Versionen klassischer Volkslieder in Bezug auf Text und Tonfolge zur Folge hatte, ähnlich der "Standardisierung" der deutschen [[Märchen]] durch die Zusammenstellung der [[Brüder Grimm]]; bei der klassischen Konzert- und Opernmusik setzte außerdem ein Trend ein, der dem heutigen "[[Cover-Version|covern]]" von Popsongs nicht unähnlich ist, so wurden z.B. ganze [[Oper]]n für wenige oder nur ein Instrument umarrangiert - mit teilweise kuriosen Ergebnissen wie z.B. [[Wolfgang Amadeus Mozart|Mozart]]s "[[Zauberflöte]]" als reines Flötensolo. Damit entstand auch ein ganz neuer Berufszweig: der "[[Arrangeur]]", der quasi aus altbekanntem Material klassischer Komponisten "frische" Versionen bastelte. |
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{{Portal|Charts und Popmusik|suffix=Weitere Artikel zu den Themen Charts und Popmusik}} |
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{{Commonscat|Pop music|Popmusik}} |
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{{Wiktionary|Popmusik}} |
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* {{DNB-Portal|4046781-8|TEXT=Literatur über}} |
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== Belege == |
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Die bedeutenden [[Industrielle Revolution|gesellschaftlichen Umwälzungen des 19. Jahrhunderts]] hatten natürlich auch Auswirkungen auf die populäre Musik. Die [[Urbanisierung]] z.B. führte zu einer Anpassung der Dialekte innerhalb der großen Stadtgemeinschaften, die Städte übernahmen die Funktion kultureller "Schmelztiegel", in denen sich Menschen aus verschiedenen Regionen auch musikalisch austauschten. Die kleinen bäuerlichen Gemeinden verwandelten sich im urbanen in die große Berufsklasse der Industriearbeiter, die nach wie vor viel arbeiten mußten, ihre gelegentlichen Feste nun aber im großen Rahmen feierten (das [[Oktoberfest]] in München dürfte ein bekanntes Beispiel sein). Aber auch das an Einfluß und Wohlhaben immer mehr gewinnende [[Bürgertum]] fand in Salons und [[Varieté]]s einen gemeisamen Ort und Stil von Musik. Die zunehmende Geschwindigkeit, mit der Personen und Waren sich durch ganz [[Europa]] bewegen konnten, erleichterte auch die Verbreitung neuer Stile, im Bereich der [[Tanzmusik]] sei hier der [[Walzer]] als Beispiel angeführt. |
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<references /> |
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{{Normdaten|TYP=s|GND=4046781-8|LCCN=sh/85/088865|NDL=00569892}} |
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==Die Entwicklung in den USA== |
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Das die [[USA]] in der Musikgeschichte bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts praktisch kaum eine Rolle spielten, hat im wesentlichen zwei Gründe: erstens waren die gesellschaftlichen Verhältnisse anders als in Europa, vor der Gründung der USA existierten nur einzelne [[Kolonie]]n europäischer Nationen, die keine eigenständige kulturelle Identität besaßen, sondern einfach das Kulturgut bzw. die Musik der Mutternationen importierten; zweitens mußte erst der Prozess der Erschließung des Westens vollendet sein, damit sich eine stabile Gesellschaftsstruktur und eine eigenständige kulturelle Identität entwickeln konnte. |
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===Die afroamerikanische Musiktradition=== |
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Besonders bedeutend für die Entwicklung der populären Musik war jedoch der Unterschied zwischen den [[Rasse]]n: während die europäischstämmige Bevölkerung trotz eines amerikanischen Selbstbewußtseins in kultureller Hinsicht weitestgehend an ihren zumeist europäischen Wurzeln verhaftet blieb, waren die [[Afroamerikaner]] als Sklaven aus [[Afrika]] verschleppt und in den USA oft absichtlich von Menschen ihrer eigenen ethnischen Gruppe getrennt worden. Da die Siedlungsstruktur in Afrika dezentral war bzw. einige Stämme auch nomadisch lebten, standen die Verschleppten in den USA nicht nur vor einer Sprachbarriere (fast jeder sprach eine andere Sprache bzw. Dialekt), sondern auch vor einem kulturellen Problem, da es kein "nationales" Liedgut gab, das allen bekannt war. Zudem war ihnen die Ausübung ihrer kulturellen Traditionen, so auch der Musik, verboten. So mußten die Sklaven nicht nur die Sprache ihrer "Besitzer" lernen (das Sprechen oder Singen in der Heimatsprache stand auf den Baumwollplantagen oft unter Strafe), sondern sich auch auf gemeinsame Inhalte verständigen, die zumeist auch noch von christlichen [[Missionar]]en beeinflusst wurden. Andererseits entwickelte sich durch diese Unterdrückung und gewaltsame Abtrennung von der Heimatkultur unter den Afroamerikanern als ersten US-Amerikanern so etwas wie eine gemeinsame neue Kultur, die aus übernommenen Elementen der europäischen Kultur in Verbindung mit afrikansichen Traditionen beruhte. Diese spielte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts aufgrund ihres Staus und ihrer sozialen Situation ersteinmal keine besondere Rolle. |
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Nach dem [[Sezessionskrieg|US-amerikanischen Bürgerkrieg]], der den Sklaven zumindest formal die Freiheit der Berufswahl brachte, strömten viele der ehemaligen Sklaven von den Plantagen im Süden in die Industriezentren im Norden, um dort ihr Geld zu verdienen, ein nicht unbedeutender Teil aber ergriff auch andere "einfache" Berufe, die bei den Weißen nicht auf besonderes Interesse stießen, dazu zählte z. B. auch der Beruf des Salonmusikers, der zumeist verschiedene populäre musikalische Stile beherrschte. So mischten sich auch immer mehr Schwarze unter die zuvor rein weißen [[Minstrel]]s. Einige ehemalige Plantagenarbeiter gründeten aber auch gleich nach dem Bürgerkrieg eigene kleine Bands und kauften u.a. die ausgemusterten Instrumentenbestände der recht zahlreichen Militärkapellen auf. Daraus entwickelte sich in den ersten 20 Jahren nach dem Bürgerkrieg eine fortschreitende Dominanz von Schwarzen im Berufsmusikertum, während die weißen Musiker vornehmlich Bereiche wie die "vornehmen" klassischen Orchester besetzten. Von den Zentren wie [[New Orleans]], das sich schon aufgrund vergleichsweise größerer Freiheiten für Afroamerikaner im 19. Jahrhundert zu einem musikalischen Zentrum entwickelt hatte, und [[Chicago]] aus gewannen die schwarzen Musiker so einen bedeutenden Einfluß auf die Entwicklung der populären Musik in den USA. Zu erkennen ist dies z.B. an den zunehmenden Imitationen von "schwarzen" Kompositionen durch weiße Komponisten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Schließlich entwickelte sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts der erste von Schwarzen geprägte Musikstil, der quasi zum nationalen "Trend" wurde der ''[[Ragtime]]''. Die enststehende [[Jazz]]-Musik gilt als erste eigenständige US-amerikanische Form der populären Musik. |
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====Ragtime==== |
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Der Ragtime (zu deutsch etwa "Fetzentakt") entstand in den [[1890er]] Jahren aus der europäischen Kulturtradition entlehnte, auf die eigene Art interpretierte Tänzen der Afroamerikaner wie dem [[Cakewalk (Tanz)|Cakewalk]], dem Jig oder dem Strut und war ursprünglich eher als Tanzmusik konzipiert, viele frühe Ragtimes tragen auch die [[Takt (Musik)|Taktbezeichnung]] "march time", sind also auch verwandt mit dem aus Europa stammenden [[Marschmusik|Marsch]] - nicht zuletzt deshalb entstanden bereits um [[1885]] herum erste Ragtimes weißer Komponisten. Als der bedeutenste Komponist des Ragtime gilt [[Scott Joplin]], dessen erste Stücke [[1895]] erschienen. Ihm gelang es, aus einer Musik der [[Bordell]]e und Kneipen einen allgemein anerkannten, konzertfähigen Stil zu machen, nicht zuletzt durch seine mit dem Genie von Mozart, [[Frédéric Chopin|Chopin]] und [[Johannes Brahms|Brahms]] verglichenen Fähigkeiten am [[Klavier]], dem Instrument des Ragtime und überhaupt dieser Zeit. Ein besonderer Meilenstein in der Musikgeschichte gelang ihm [[1899]], als er seinen "[[Maple Leaf Rag]]" veröffentlichte, dessen "sheet of music" (engl. für "Notenblatt" - man nannte die populäre Musik dieser Zeit daher auch "sheet music") sich innerhalb kürzester Zeit eine Millionen mal verkaufte - ein bis dahin nie gesehener Erfolg eines kurzen Unterhaltungsmusikstückes. Der Ragtime ging schließlich ab ca. [[1916]] im [[Blues]] bzw. [[Jazz]] auf. |
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===Der Beginn der [[Schallplatte]]naufnahmen und die Herausbildung der Musikindustrie=== |
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====Medien und Musikverlage==== |
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Im frühen 20. Jahrhundert hatte sich eine Technik zur Aufzeichnung und Reproduktion von Tonaufnahmen soweit entwickelt, dass sie seit den 1920er Jahren voll kommerziell nutzbar war. |
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Abgesehen von der mangelnden Tonqualität war der 1877 entwickelte [[Phonograph]] bis dahin noch so teuer, so dass sich bis dahin nur reichere US-Amerikaner ein solches Gerät leisten. Bis dahin wurde das Geschäft mit der Musik bzw. den Notenblättern von der sog. "[[Tin Pan Alley]]" in [[New York City|New York]] aus gesteuert, wo die meißten großen [[Musikverlag]]e dieser Zeit ansässig waren. Deren Aufstieg begann mit der zunehmenden Nachfrage nach den ''song sheets'' (Notenblätter) bzw. ''song books'' (Liederbücher) ab den 1890ern, speziell durch die beliebten "Rags", den [[Schlager]]n der Ragtime-Zeit, die jedoch musikalisch nur wenig mit dem instrumentalen Ragtime zu tun hatten. |
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Die Tin Pan Alley trug entscheidend zur vertärkten [[Kommerzialisierung]] der populären Musik in den USA bei: Hier wurde nur das herausgebracht, was mit großer Sicherheit den [[Mainstream|Massengeschmack]] eines möglich großen Marktes treffen würde. Wollten Komponisten eher klassische Stücke veröffentlichen, wurden sie hier meist abgewiesen und mußten den Umweg über Europa nehmen oder im Eigenverlag veröffentlichen. Neben den Faktoren der zunehmenden Verbreitung von Phonographen und der wachsenden Beliebtheit der Broadway-[[Musical]]s in den 1920ern war die Einführung des [[Tonfilm]]s in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts ein besonders wichtiger Wendepunkt, da nun die Film- und die Musikindustrie zu verschmelzen begannen (z.B. wurde der Musikverlag [[Warner Brothers]] als Filmstudio aktiv). |
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Als die "Erfolgsproduzenten" der Tin Pan Alley gelten trotz prominenter Konkurrenz wie [[Irving Berlin]] und [[George Gershwin]] die Produzenten und Komponisten [[Richard Rodgers]] und [[Oscar Hammerstein]], die nicht nur mit dem kommerziellen Erfolg ihres Musicals "[[Oklahoma!]]", das noch heute ausverkaufte Häuser bringt und als LP zum ersten mal die Millionen-Absatzmarke übersprang (sowie als Partitur in wenigen Jahren weltweit zwei Millionen mal verkauft wurde), einen Meilenstein setzten, sondern auch als erste Künstler ein selbst beim inflationsbereinigten Vergleich mit heutigen Gagen nur als exorbitant zu bezeichnendes Einkommen von 15 bis 20 Millionen Dollar jährlich erreichten. |
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====Blues und Country==== |
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Ab ca. 1920 ließen sich auch für die einfache Bevölkerung erschwinglichein der Tonqualität für die damalige Zeit akzeptable Schallplatten und die entsprechenden Abspielgeräte herstellen. Diese schallplatten wurden in Drogerien und Gemischtwarenläden für einige Cent verkauft, die Abspielgeräte gab es beim Möbelhändler. Besonders interessant für die nicht an das Stromnetz angeschlossenen Landbevölkerung waren Kurbelplattenspieler, die in dieser Zeit populär wurden. |
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Um den neuen Mart zu erschließen, wurden auch Aufnahmen von Minderheitenmusik wie die bald so bezeichnete ''Race Music'' der Afroamerikaner und den ''Hillbilly'' der weißen südstaatlichen Landbevölkerung gemacht. Im Februar [[1920]] erschien die erste [[Blues]]-Schallplatte, aufgenommen von [[Mamie Smith]]. Sie verkaufte so gut, daß die Musikindustrie plötzlich ein großes Interesse an den schwarzen Blues-Sängerinnen bekam, die bisher nur in den sogenannten |
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[[Vaudeville]]-Theatern zu hören waren (man nennt den Blues der "Roaring Twenties" daher auch Vaudeville-Blues). Wie nah auch der Blues noch an den Wurzeln aus der Zeit der Sklaverei war, zeigt der neben dem "klassischen" Blues in dieser Zeit ebenfalls sehr populäre "[[Country Blues]]", der textlich und musikalisch deutlich den "[[work songs]]" bzw. "[[field hollers]]" der Plantagenarbeiter ähnelte. Um den Bedarf an Blues-Schallplatten zu decken wurden spezielle [[Plattenlabel|Labels]] von den Plattenfirmen gegründet, die zu Anfang ausschließlich schwarze Sängerinnen unter Vertrag nahmen - die bekannteste dürfte [[Bessie Smith]] sein, bei den männlichen Interpreten hat [[John Lee Hooker]] wohl den größten Ruf. |
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Auch die (erst später so bezeichnete) [[Country-Musik]], die sich aus verschiedenen volksmusikalischen Stilen der europäischen Einwanderer, besonders der irischen und englischen, entwickelt hatte, wurde ab ca. 1923 als Absatzmarkt entdeckt. Die Geschäftsleute [[Polk Brookmann]] und besonders erfolgreich [[Ralph Peer]] entdeckten das kommerzielle Potential der Musik der abgelegenen Bergregionen der [[Appalachen]]. Aufgrund seiner Popularität wurde die Musik z.T. auch gefördert, um der landesweiten Begeisterung auch vieler Weißer für Ragtime Einhalt zu gebieten. Während der [[Great Depression|Großen Depression]] in den 1930er Jahren wurde der Country, der auch bei den Schwarzen der [[Südstaaten]] beliebt war, als vereinigende US-amerikanische Musik von staatlicher Seite popularisiert. |
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===Swing und Rock'n'Roll=== |
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Der [[Swing (Musikrichtung)|Swing]], der seine Blütezeit (den sog. "Swing Craze") etwa zwischen [[1935]] und [[1945]] hatte, war der erste Stil der populären Musik, der die gesamte amerikanische Gesellschaft ohne Unterschiede zwischen schwarz und weiß oder arm und reich erreichte. Dies lag nicht zuletzt an dem auf [[Tanz|Tanzbarkeit]] statt auf "Aussage" ausgerichteten Charakter dieses Stils. Im gewissen Sinn ist diese Musik außerdem ein Bekenntnis der US-Amerikaner zu Größe und Aufwand, manifestiert durch die [[Big Band]]s, die aus doppelt oder dreimal so vielen Musikern bestehen wie übliche Jazz-Formationen. Bei Big Bands mit 14 oder mehr Mitgliedern war die Jazz-typische Kollektivimprovisation praktisch ausgeschlossen, an ihre Stelle traten Soli einzelner Musiker, meist von bekannten "Star-Solisten". Der Swing enthält gut hörbar Elemente des Jazz, aber auch von "weißen" Musikstilen, wobei der Anteil der schwarzen Musik am Swing oft unterschätzt wird, da viele der bekannten Big Bands auch aufgrund [[Rassismus|rassistischer]] Beschränkungen stark weiß besetzt waren. Der bekannteste schwarze Band-Leader dürfte [[Duke Ellington]] sein, mehr bekannte Namen finden sich bei den Weißen wie z.B. [[Benny Goodman]], [[Jimmy Dorsey|Jimmy]] und [[Tommy Dorsey]], [[Les Brown]] und natürlich [[Glenn Miller]]. Nicht zuletzt bedingt durch den [[Zweiter Weltkrieg|zweiten Weltkrieg]] blieb der Swing ein fast ausschließlich US-amerikanisches Phänomen, das lediglich in [[Großbritannien]] noch als "Import" gewisse Verbreitung fand. |
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Der Rock'n'Roll als [[Stilrichtungen der Musik|Musikstil]] ist eine Synthese aus verschiedenen, unabhängig voneinander entstandenen (regionalen) Stilen, die wichtigsten sind der [[Rhythm and Blues]] und die Country-Unterstile [[Western Swing]] und der [[Honky Tonk (Country-Musik|Honky Tonk]]. Der R&B ist im Prinzip ein Blues-Stil, der aber auch Elemente aus speziellen Jazz- und Swing-Stilen enthält und von "Vocal Groups" mit nur geringfügiger instrumentaler Begleitung (meist nur [[Gitarre]]) geprägt wurde. Die bedeutensten regionalen Formen waren der R&B aus Chicago, der z.B. [[Chuck Berry]] beeinflußte, und die New-Orleans-Variante, deren bekanntester Vertreter [[Fats Domino]] wurde. |
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Der [[Western Swing]] ist eine Spielart der von der weißen Landbevölkerung der US-Südstaaten geprägten [[Country]]-Musik mit Elementen des Swing, die Ende der 1930er bekannt wurde, besonderen Auftrieb aber erst durch den [[ASCAP]]-Streit [[1944]] bekam. Er beeinflußte bekannte Interpreten wie [[Bing Crosby]] oder [[Bill Haley]]. |
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Nicht zuletzt durch den bis dahin in seinem Ausmaß ungekannten [[Starkult]] um den "[[Elvis Presley|King]]" wurde der Rock'n'Roll zum weltweiten [[Trend]], der auch das mittlerweile vom zweiten Weltkrieg etwas erholte Europa bzw. Deutschland ergriff, wo man sich wieder nach Unterhaltung und ("unschuldigen") [[Idol]]en sehnte. Außerdem prägte er den [[Jugendkult]] in der Popmusik entscheidend mit, da beim Rock'n'Roll die Interpreten von den Plattenfirmen erstmals hauptsächlich nach dem Kriterium der Altersnähe zum Zielpublikum ausgesucht wurden und oft nur Amateurmusiker waren. Die entstehung des Rock'n'Roll steht in engem Zusammenhang mit den mnassiven gesellschaftlichen Umbrüchen dieser Zeit und markiert gemeinsam mit den [[Beat Generation|Beats]] auch die beginnende Entwicklung der [[Popkultur]]. |
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Zum Rock'n'Roll zählte als kurzlebiger Trend der "[[Twist (Tanz)|Twist]]" Anfang der [[1960er]], und schließlich folgten die unter der Begriffsabspaltung "[[Rock (Musik)|Rock]]" zusammengefaßten Musikstile. Seit dem Rock'n'Roll wurden Trends der Popmusik in Europa, aber auch der restlichen Welt nicht nur aus ästhetischen, sondern auch ökonomischen Gründen von den USA aus geprägt. |
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===Die Funktionen der modernen Popmusik und die Zukunft=== |
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In den letzten 50 jahren entwickelten sich unzählige neuen Stile und Unterstile der Popmusik. Die Funktionen der Stile besteht vor allem der ''Unterhaltungsaspekt''. Trotzdem gelang es aber auch Musikern wie [[Bob Dylan]] eine populäre Synthese aus Musik und politischen Inhalten zu schaffen bzw. wie zum Beispiel [[John Lennon]] in seinem Song "Imagine" eine philosophische Idee zu verbreiten. |
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====Beispiele für die Kommerzialisierung neuer Trends==== |
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Popmusik war und ist auch stets ein Ausdrucksmittel einer [[Generation]] oder eines [[Soziales Milieu|Milieus]] und dient zur Vermittlung eines gemeinschaftlichen Lebensgefühls und einer gemeinsamen [[Ästhetik]], die sich z.B. in der Form der Musik und in der Kleidung ausdrückt. |
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Als Beispiel für einen Milieu-Stil sei hier der [[Rap]] genannt, der ursprünglich nur die Musik der schwarzen Jugendlichen in den US-amerikanischen Großstadt-[[Ghetto]]s war und dessen Wurzeln bis zum Rhythm&Blues zurückreichen. Erst in den letzten 20 Jahren wurde der Rap von den stets nach neuen Trends suchenden Medienkonzernen zum global populären Musikstil "hochpromotet", wobei diese Entwicklung nicht nur auf die Musik beschränkt blieb, denn auch der Kleidungsstil der [[Hip Hop (Subkultur)|Hip Hop]]-Bewegung wurde in den [[1990er]]n zum allgemeinen [[Mode]]trend und ist heute fast schon fester Bestandteil unseres Modebewußtseins. Als Beispiele für Generationen erfassende Stile seien hier die [[Flower Power]]-Bewegung und die [[Disco (Musik)|Disco-Musik]] der [[1970er]] genannt. Allerdigs unterstützen die Musikproduzenten mittlerweile nicht nur Massenbewegungen, sondern auch zwar global verbreitete, aber im Gegensatz zur Musik einer [[Britney Spears]] oder [[Madonna (Künstlerin)|Madonna]] nur von einer kleineren Zielgruppe in kulturellen [[Nischenkultur|Nischen]] nachgefragte Musikstile wie z.B. den [[Gothic Rock]]. |
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Im Gegensatz dazu ist bei einer anderen Funktion, die die populäre Musik seit je her abdeckt, der individuelle Zuschnitt überhaupt nicht gefragt, sondern hauptsächlich der Rhythmus und die Genußbefriedig der breiten Masse, dem [[Mainstream]]. Ziel ist hier kein differenzierter ästhetischer Anspruch, sondern die Anregung und Begleitung zum [[Tanz]]en. Die bekanntesten Nachfolger des Swing als Tanzmusik dürften neben dem Twist der frühen 1960er vor allem die Disco-Musik, die seit Mitte der 1970er zum großen Teil ihren [[Underground]]-Charakter verloren hatte, und Teile des heute populäre [[Techno]]. |
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Anfang der 1980er Jahre erlebt die deutschsprachige Popmusik im Zuge der [[Neue Deutsche Welle|Neuen Deutschen Welle]] einen großen Aufschwung in Deutschland. In Österreich existierte der [[Austropop]], der sich großer Beliebtheit erfreute. |
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====Film und populäre Musik==== |
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Im Zusammenhang mit der Disco-Musik wird außerdem der Aspekt der Wechselbeziehung zwischen Film und Musik noch einmal interessant, da in der Rock'n'Roll-Ära die Musikfilme noch eher die Folge des bereits populären Stils waren, während die Disco-Musik ihren weltweiten Siegeszug infolge des Films "[[Saturday Night Fever]]" [[1978]] antrat. Nicht zuletzt durch diesen Film und seine Nachfolger wurde der Trend verstärkt, zur Musik auch Bilder zu liefern (Musik und dazughörige Bilder gab es bereits seit den [[Nickelodeon]]s). Das bedeutenste Datum in diesem Zusammenhang ist der [[1. August]] [[1981]], als in den USA der erste Spartenfernsehkanal nur für [[Musikvideo]]s auf Sendung ging: [[MTV]]. Ab wurde sofort kaum ein Popmusiker zum Star, zu dessen Songs es nicht ein Video gab. |
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==Ausblick== |
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Auch wenn man den Eindruck gewinnen könnte, die Popmusik stagniere langsam aber sicher in ihrer Entwicklung, so bahnen sich doch im Zusammenhang mit dem Fortschritt der [[Kommunikationstechnologie|Kommunikations-]] und [[Computer]]technologie bedeutende Veränderungen für die Zukunft an. So wie die Entwicklung der elektronischen Verstärkung bzw. Nachbearbeitung, des [[Synthesizer]]s, der digitalen Aufnahme usw. den Klang der Musik veränderte, so werden sicherlich auch die neuen Verbreitungsmöglichkeiten durch das [[Internet]] die gegenwärtige Form der Musikproduktion entscheidend verändern. Sollte sich die durch die Online-[[Musiktauschbörse]] [[Napster]] eingeleitete Entwicklung so fortsetzen, könnten die nun schon seit hundert Jahren bekannten [[Musikalbum|Alben]] eines Künstlers oder einer Gruppe auf Schallplatte bzw. [[Compact Disc|CD]] schon in einem Jahrzehnt Geschichte sein, da niemand mehr Geld für einen Datenträger ausgibt, auf dem nur die Musik einzelner Interpreten gespeichert ist und von der einen nur einzelne Stücke interessieren, wenn man dieses Stück einfach kostenlos aus dem Internet herunterladen kann. Dies funktioniert mittlerweile äußerst einfach über [[Peer-to-Peer]]-[[Rechnernetz|Netzwerke]], bei denen man sich über ein als "[[Client]]" bezeichnetes Programm einloggt, so daß jeder von jedem Mitglied die von ihm ins Netz gestellten (Musik-)Dateien auf seinen eigenen Computer herunterladen kann, um sie anschließend auf CDs zu brennen. Wie weit diese Praxis in Deutschland bereits üblich ist, zeigt die Tatsache, daß im Jahr [[2001]] hierzulande mehr CD-Rohlinge verkauft wurden, als herkömmliche [[Single (Musik)|Singles]] und Alben zusammen. |
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== Begriffe aus der Popmusik == |
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* [[Britpop|Brit-Pop]] |
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* [[Europop]] |
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* [[Coverband]] |
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* [[Cover-Version]] |
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* [[Austropop]] |
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* [[Italopop]] |
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* [[Synthie Pop]] |
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* [[Elektropop]] |
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* [[Future Pop]] |
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* [[Eurotrash]] |
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* [[Popstar]] |
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* [[Hit]] |
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Aus folgenden [[:Kategorie:Musikgenre|Musikgenres]] gibt es Lieder, die der Popmusik zuzurechnen sind: |
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* angewandte Musik |
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**[[Marschmusik]] |
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**[[Tanzmusik]] |
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*[[Unterhaltungsmusik]] |
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**[[Barmusik]] Ist Musik, die in den Luxushotels, Pianobars, usw., gespielt wir. Meistens von einem Pianisten vorgetragen, kann aber auch von größeren Bandbesetzungen gespielt werden. Eine Musik die als Hintergrundmusik verstanden wird und man sich in normaler Lautstärke unterhalten kann. Die Musikrichtungen sind von Jazz, KLassik, Broadway-Shows, Filmmusik,... zu finden. Es bekommt der Raum durch diese Untermalung eine ganz besondere Athmosphäre, - einmal von "Ihr" gefesselt, läßt sie einem nicht mehr los. |
|||
**[[Blasmusik]] |
|||
**[[Beatmusik|Beat]] |
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**[[Blues]] |
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**[[Country]] |
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**[[elektronische Musik]] |
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**[[Folk]] |
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**[[Soul]] |
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**[[Jazz]] |
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**[[Drum'n'Bass]] |
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**[[Hip Hop (Musik)]] |
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**„[[populäre Klassik]]” |
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**[[Reggae]] |
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**[[Rockmusik|Rock]] |
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**[[Salonmusik]] |
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*unterhaltendes Musiktheater |
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**[[Operette]] |
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**[[Musical]] |
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*Genremischformen |
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**[[Revue]] |
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**[[Vaudeville]] |
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**[[Varieté]] |
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**[[Kabarett]] |
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*selbständig gewordene Liedformen |
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**[[Couplet]] |
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**[[Chanson]] |
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**[[Schlager]] |
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*volkstümliche Lieder der 19. Jahrhunderts |
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**[[Gassenhauer]] |
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**[[Bänkellied]]er |
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**[[Moritat]]en |
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*politische Lieder |
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**[[Topical Song]]s |
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**[[Protestsong]]s |
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*[[Filmmusik]] |
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*[[Jazz]] |
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Musik, die sich aus rein kommerziellen Gesichtspunkten heraus aus den Genres der populären Musik [[Synkretismus|synkretistisch]] bedient (vor allem [[Blasmusik]], [[populäre Klassik]] und [[Musical]]) und dies mit [[Volkstümlicher Schlager]]n anreichert, nennt man [[Volkstümliche Musik]]. |
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== Siehe auch == |
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* [[Liste von Musikgruppen]] |
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* [[Liste von Musikern]] |
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* [[Liste bekannter Popmusiker und Popmusikgruppen]] |
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* [[Pop]] |
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[[Kategorie:Popmusik| ]] |
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[[Kategorie:Musikgenre]] |
[[Kategorie:Musikgenre]] |
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[[da:Popmusik]] |
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[[en:Pop music]] |
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[[eo:Pop-muziko]] |
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[[es:Pop]] |
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[[fi:Popmusiikki]] |
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[[fr:Pop (musique)]] |
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[[fy:Popmuzyk]] |
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[[he:מוזיקת פופ]] |
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[[hu:Popzene]] |
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[[it:Musica pop]] |
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[[li:Popmuziek]] |
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[[nl:Popmuziek]] |
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[[pl:Muzyka pop]] |
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[[ru:Поп-музыка]] |
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[[simple:Pop music]] |
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[[sv:Popmusik]] |
Aktuelle Version vom 17. Mai 2025, 13:27 Uhr
Popmusik (englisch pop music), kurz Pop, ist ein Genre der populären Musik, das Mitte der 1950er-Jahre in den USA und im Vereinigten Königreich entstand. Teilweise wird der Begriff auch synonym zu populärer Musik verwendet.
Als Kurzform von populäre Musik wurde der Begriff Popmusik anfangs für Rock ’n’ Roll und Beatmusik sowie davon abgeleitete „jugendliche“ Musikstile verwendet, aber auch in Abgrenzung dazu für den vom Swing abgeleiteten vorherrschenden populärmusikalischen Standard der 1950er-Jahre. Ende der 1960er-Jahre begann man, Pop als vorwiegend kommerziell, kurzlebig und leicht zugänglich dem Rock gegenüberzustellen. Popmusik ist durch Präsenz in den Musikcharts gekennzeichnet, typisch sind relativ kurze Lieder (genannt Popsongs) einfacher Struktur mit wiederholten Refrains und Hooks und tanzbaren Rhythmen und Tempi. Häufig wird Pop von verwandten Stilen beeinflusst, etwa Rock, Hip-Hop, Dance, lateinamerikanischer Musik oder Country. Das Genre wird international durch die US-amerikanische und britische Musikindustrie dominiert, erfährt aber auch regionale Ausformungen mit gelegentlich globaler Wirkung.
Begriff
Der Ausdruck pop song kam im Englischen erstmals in den 1920er-Jahren auf, im Sinne eines Musikstücks mit breitem Anklang (popular appeal).[1] Dies fällt zeitlich mit bedeutenden Entwicklungen in der Aufnahmetechnik zusammen, die als Beginn der modernen Musikindustrie gesehen werden können.[2] Das Oxford Dictionary of Music definiert pop in seinem frühesten Gebrauch als Konzerte für ein Massenpublikum; seit den späten 1950er-Jahren beschreibe der Begriff konkret nicht klassische Musik, meist in Liedform, etwa von The Beatles, The Rolling Stones oder ABBA.[3] Der Forscher David Boyle versteht unter pop music jegliche Art von Musik, die durch Massenmedien verbreitet wird.[4] Auch im Deutschen war Popmusik seit den frühen 1950er-Jahren als generalisierender Oberbegriff für populäre Musik gebräuchlich,[5] die Kurzform wurde jedoch schon bald inhaltlich abgekoppelt, wobei die Definitionen vage blieben und eine klare Abgrenzung nicht möglich ist.[6]
Laut Grove Dictionary wurde der Begriff Popmusik (pop music) Mitte der 1950er-Jahre im Vereinigten Königreich geboren und war zunächst eine Beschreibung für amerikanischen Rock ’n’ Roll und davon abgeleitete neue Stile der Jugendmusik. In den 1960er-Jahren konkurrierte der Begriff in der britischen Musikszene mit der Beatmusik.[7] Laut MGG verwendeten amerikanische Musikzeitschriften in den 1950er-Jahren den Begriff jedoch für den damaligen populärmusikalischen Standard (vom Swing abgeleitete Musik von u. a. Frank Sinatra, Bing Crosby und Perry Como), gerade zur Abgrenzung von den neuen Formen der Jugendmusik, insbesondere dem Rock ’n’ Roll.[8] Der Musikwissenschaftler Allan Moore vermutet, dass die Bezeichnung „Popmusik“ durch die Pop Art geprägt wurde;[9] diese Verbindung ist jedoch umstritten.[6] Ab 1967 wurde Popmusik zunehmend als Gegenbegriff zur Rockmusik verwendet.[10][8] Dabei übernahm Rock die Rolle des authentischen und experimentierfreudigeren Bereichs der populären Musik,[10] Pop hingegen galt als das zugänglichere, kurzlebigere und kommerziellere Genre.[11][3]
Häufig wird Popmusik über die Musikcharts definiert,[12] ein zentrales Merkmal von Popmusik ist darüber hinaus die grundsätzliche Tanzbarkeit.[8] Möglich ist auch eine negative Definition: Pop ist jegliche populäre Musik, die keinem anderen Genre zugeordnet werden kann.[13] Der Musikwissenschaftler Simon Frith erklärte, Popmusik werde aus kommerziellen, nicht künstlerischen Überlegungen produziert, sei für ein Massenpublikum bestimmt und repräsentiere selbst keinen besonderen Musikgeschmack. Sie werde nicht von der Basis (den Musikern und ihrem Publikum), sondern von oben (durch Plattenfirmen, Radio-DJs und Konzertagenturen) kontrolliert. Musikalisch sei Pop „im Wesentlichen konservativ“ und keine Do-it-yourself-Musik, sondern ein professionell hergestelltes und verpacktes Produkt. Gegenüber Rockmusik könne das Genre Pop als „Single-basierte Musik für Teenager“ abgegrenzt werden.[14] Gemeint ist also im Wesentlichen der Mainstream populärer Musik ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.[7]
Entwicklung und Einflüsse
Technologie und Medien
Populäre Musikpraxis wurde seit jeher von technologischen Entwicklungen wesentlich beeinflusst. In den 1940er-Jahren ermöglichten verbesserte Mikrofone einen neuen, intimeren Gesangsstil und in den folgenden Jahrzehnten begünstigten neue Vinyl-Singles mit 45 Umdrehungen die weitere Verbreitung von Musik, wodurch Popmusik ihren Weg in ein „Star-System“ für Tonträger, Radio und Film fand. Dazu trug außerdem die Verbreitung des Fernsehens bei weiten Teilen der Bevölkerung in den 1950er-Jahren bei, wodurch die neuen Popstars gezwungen waren, für Fernsehauftritte eine visuelle Präsenz zu entwickeln. Auf Musik spezialisierte Fernsehsender wie MTV betonten ab den 1980er-Jahren noch einmal zusätzlich die visuellen Aspekte der Popmusik und favorisierten dabei Künstler wie Michael Jackson oder Madonna.[16]
Ab den 1960er-Jahren war Musik dank tragbarer Transistorradios nicht mehr ortsgebunden, was eine Möglichkeit des Popmusikkonsums bot, die vor allem bei Jugendlichen populär wurde.[16] Mehrspurrekorder und (ab den 1980er-Jahren) Sampling waren weitere bedeutende technische Einflussfaktoren für die Entwicklung der Popmusik.[14] Ab Mitte der 1960er-Jahre fanden dadurch immer wieder neue Klänge, Stile und Techniken Eingang in die Popmusikproduktion. Laut Simon Reynolds zeichnete sich ab 1967 eine Spaltung zwischen derartiger eher „progressiver“ und der eher chartorientierten Popmusik ab, mit jeweils unterschiedlichem Zielpublikum.[17]
Stilistische Entwicklung
Popmusik wurde von verschiedenen anderen Genres und Stilen populärer Musik beeinflusst. Der frühe Pop übernahm etwa seine Form von Balladen, seine Vokalharmonie von Gospel und Soul, seine Instrumentierung von Jazz und Rock ’n’ Roll sowie klassischer Musik, Rhythmus und Tempo von Tanzmusik und Hip-Hop und Hintergrundeffekte aus der elektronischen Musik.[14] Im weiteren Verlauf experimentierten Produzenten, Songwriter und Tontechniker mit den Möglichkeiten der Studiotechnik und führten besondere Effekte und Klänge in den Pop ein. Ein bekanntes Beispiel ist Phil Spectors „Wall of Sound“.[18] Gleichzeitig verschob sich die vorherrschende Musik in Radio und Film von der klassischen Tin-Pan-Alley-Ästhetik in Richtung exzentrischerer Songs mit halligen Rockgitarren, symphonischen Streichereinsätzen und aufwendig arrangierten Bläserpartien, gespielt durch professionelle Studiomusiker.[19]
Vor den 1960er-Jahren hatten Interpreten oft wenig Einfluss auf ihre Musik,[20] erst als Plattenfirmen Mitte der 1960er-Jahre zunehmend in ihre Künstler zu investieren begannen, erhielten Interpreten mehr Freiheiten und ein begrenztes Mitspracherecht bei ihrer Musik und dem verbundenen Marketing. Diese Entwicklung kam Ende der 1970er-Jahre wieder zum Stillstand, bis zum Aufkommen der ersten Internet-Stars.[21] Ebenfalls Ende der 1970er-Jahre kam der Indie Pop auf, der durch Gitarrenbands getragen wurde, die ihre Musik ohne Plattenvertrag selbst veröffentlichten.[22] In den 1980er-Jahren dominierten neue digitale Aufnahmetechniken und Synthesizer die Popmusik. Synthiepop und verwandte Genres mit vorwiegend elektronischen Sounds gewannen an Popularität.[23] Einflüsse der elektronischen Tanzmusik wurden in den folgenden Jahrzehnten zu einem prägenden Element von Popmusik weltweit.[24]
Internationale Verbreitung
Popmusik wurde und wird von der US-amerikanischen und seit Mitte der 1960er-Jahre (British Invasion) auch der britischen Musikindustrie dominiert, wodurch Popmusik sich zu einer Art internationaler Monokultur entwickelte. Dennoch konnten regionale und lokale Varianten der Popmusik mit einer gewissen Eigenständigkeit entstehen.[25] Einigen regionalen Trends gelang es, nachhaltigen Einfluss auf die Popmusik insgesamt auszuüben (etwa Europop).[26]
Westliche Popmusik hat sich weltweit verbreitet, dabei lokale Musikgenres entweder verdrängt oder sich parallel dazu etabliert und gleichartige stilistische Rahmenbedingungen für globale kommerzielle Musikkulturen geschaffen. In einigen nicht westlichen Ländern wie Japan entstand eine boomende Musikindustrie, die großenteils durch westlich geprägten Pop (J-Pop) bestimmt wird. Japan hat den größten Musikmarkt neben dem der USA. Die Ausbreitung westlicher Popmusik kann als Teil von Amerikanisierung, Homogenisierung, Modernisierung, kultureller Aneignung, Kulturimperialismus oder allgemein Globalisierung gesehen werden.[27]
Eine bedeutende internationale Stilrichtung der Popmusik ist Latin Pop. Ab den 1990er-Jahren gelang Latin Pop in den USA Mainstreamerfolg[28] und Hits wie Macarena (Los del Río, 1993) oder Despacito (Luis Fonsi, 2017) waren weltweite Charterfolge.[29] Als Teil der koreanischen Welle erreichte auch K-Pop globalen Erfolg, eingeleitet 2012 durch Gangnam Style von Psy.[30] Koreanische Boygroups wie BTS und Girlgroups wie Blackpink haben sich in jüngerer Zeit zu den erfolgreichsten Musikgruppen der Welt entwickelt.[31][32]
Merkmale
Popmusik zielt auf ein möglichst breites Publikum ab.[33] Das „handwerkliche“ Element ist wichtiger als formelle „künstlerische“ Qualitäten.[14] Für Timothy Warner sind Merkmale von Popmusik, dass sie typischerweise Aufnahme, Produktion und Technologie höher wertet als die Liveperformance, dass sie vorhandene Trends progressiven Entwicklungen vorzieht, und dass sie auf grundsätzlich tanzbare Rhythmen abzielt.[11]
Die Hauptform der Popmusik ist das Lied (der Popsong), häufig zwischen zweieinhalb und dreieinhalb Minuten lang, geprägt durch einen durchgehenden und auffallenden Rhythmus, Mainstream-Stilistik und eine einfache, traditionelle Struktur.[34] Viele Popsongs setzen sich aus Strophe und Refrain zusammen, wobei der Refrain durch Wiederholung auf Wiedererkennbarkeit abzielt. Musikalisch entwickeln sich Popsongs meistens in Richtung des Refrains.[35] Neben der reinen Abfolge von Refrain und Strophen ist auch die AABA-Form verbreitet. Der Fokus liegt auf einprägsamen Melodien und Hooklines und der Refrain bildet einen melodischen, rhythmischen und harmonischen Kontrast zu den Strophen.[36] Der Beat und die Melodien sind einfach gehalten, die Begleitmusik ist reduziert.[37] Die Texte moderner Popsongs drehen sich oft um Liebe und romantische Beziehungen.[14]
Harmonie und Akkordfolgen der Popmusik leiten sich meist von der europäischen klassischen Musik ab, jedoch in vereinfachter Form.[38] Typische Modelle sind die Barbershop-Harmonie über die Stufen ii–V–I und von der Bluestonleiter abgeleitete Harmonien.[39] Die traditionelle Harmonielehre mit dem Quintenzirkel wurde zwischen den 1950er- und 1970er-Jahren in der Popmusik zurückgedrängt, wodurch die Dominante im Sinne der Funktionstheorie an Bedeutung verlor.[40]
Literatur
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- Jens Reisloh: Deutschsprachige Popmusik. Zwischen Morgenrot und Hundekot. Von den Anfängen um 1970 bis ins 21. Jahrhundert. Telos Verlag, Münster 2011, ISBN 978-3-933060-34-1.
- Ernst Hofacker: Von Edison bis Elvis. Wie die Popmusik erfunden wurde. Stuttgart 2012, ISBN 978-3-15-010838-3.
- Markus Heidingsfelder: System Pop. Berlin 2012, ISBN 978-3-86599-130-0.
- Bob Stanley: Yeah! Yeah! Yeah! The story of pop music from Bill Haley to Beyoncé. New York 2014, ISBN 978-0-393-24269-0.
- Timo Hoyer, Carsten Kries, Dirk Stederoth (Hrsg.): Was ist Popmusik? Konzepte – Kategorien – Kulturen. Darmstadt 2017, ISBN 978-3-534-26870-2.
Weblinks
- Literatur über Popmusik im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Belege
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