„Schulden“ – Versionsunterschied
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'''Schulden''' sind sämtliche [[Verbindlichkeit]]en, die gegenüber [[Dritter|Dritten]] als [[Gläubiger]] zu zahlen sind ([[Tilgung (Geldverkehr)|Rückzahlungsverpflichtungen]]). Die Definition des Begriffs richtet sich nach der [[Rechtsgrundlage]], die sich im [[Privatrecht|Zivilrecht]] ([[Bürgerliches Gesetzbuch|bürgerlichen Recht]]), [[Handelsrecht (Deutschland)|Handelsrecht]] beziehungsweise [[Steuerrecht (Deutschland)|Steuerrecht]] unterschiedlich gestalten, sowie nach den Rechten von [[Schuldverhältnis]]sen. |
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Im Zivilrecht bezeichnet '''Schuld''' die Verpflichtung zur Erbringung einer Leistung, im Regelfall ist das die Zahlung eines Geldbetrags, den man sich zuvor ausgeliehen hat ([[Kredit|Darlehen]] oder [[Kredit]]). Der Schuldner, der einen Kredit in Anspruch nimmt, schuldet dem Gläubiger die Rückzahlung des Betrags, der damit zur Forderung wird. Schuldner kann eine Privatperson ebenso wie ein Privatunternehmen oder der Staat sein ([[Staatsschulden]]). Die regelmäßige Rückzahlung wird ''Schuldendienst'' genannt. |
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== Wortherkunft == |
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Schulden ist ein [[Plural]]wort. Unter Schuld werden [[Schuld (Ethik)|ethische]], [[Schuld (Strafrecht)|strafrechtliche]] oder [[Schuld (Privatrecht)|zivilrechtliche]] Aspekte verstanden, Schulden begrenzen sich auf Verbindlichkeiten. Schulden waren beim [[Klassik (Jurisprudenz)|klassischen]] [[Römische Juristen|Jurist]] [[Gaius (Jurist)|Gaius]], ausweislich seiner [[Institutiones (Gaius)|''Institutiones'']] ''obligationes''. |
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Das [[Deutsches Wörterbuch|Deutsche Wörterbuch]] der [[Brüder Grimm]] aus dem Jahre 1838 führt das Wort Schulden auf das [[Germanische Sprachen|germanische]] Verb „skulan“ für „sollen“ zurück.<ref>Jacob und Wilhelm Grimm: ''Deutsches Wörterbuch'', Band 15, 1893 ff., Sp. 1870, Belegtextwort Schuld (1293)</ref> Entsprechend beschreibt Schuld zunächst etwas, „was man soll, eine Verpflichtung ganz allgemein“.<ref>Ulrike Köbler: ''Werden, Wandel und Wesen des deutschen Privatrechtswortschatzes'', 2010, S. 169 f.</ref> Das [[althochdeutsch]]e „skuld“ („scult“) ist seit 765 bezeugt und bedeutet „Schuldigkeit“.<ref>[[Gerhard Köbler]]: ''Etymologisches Rechtswörterbuch'', 1995, S. 360 f.</ref> Im [[Mittelhochdeutsch]]en richtete man die „schult“ als Verpflichtung zu einer Geldzahlung am ''debitum'' aus.<ref>[[Lorenz Diefenbach]]: ''Glossarium Latino-Germanicum'', 1857, S. 166.</ref> |
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Von Überschuldung spricht man, wenn die Schulden des [[Kredit|Kreditnehmers]] sein veräußerbares Vermögen bzw. pfändbares Einkommen übersteigen. Sie ist gegeben, wenn die Zahlungsverpflichtungen einer natürlichen Person durch Veräußerung ihres verwertbaren Vermögens (Zwangsvollstreckung) und Lohn-/Gehaltspfändung in den folgenden 6 Jahren voraussichtlich nicht getilgt werden können. In einer solchen Situation besteht die Möglichkeit, ein [[Insolvenzverfahren]] mit einer gerichtlichen [[Zahlungs-Entpflichtung]] (Schuldenbefreiung) nach einer sechs Jahre dauernden Treuhandzeit ("Wohlverhaltensperiode") zu beantragen. Hilfestellung bieten Rechtsanwälte oder landesrechtlich anerkannte Insolvenzberatungsstellen ([[Schuldnerberatung]] oder [[Resolvenzberatung]]). |
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[[Immanuel Kant]] nannte 1763 die Schulden „negative Capitalien“, weil sie „positive Gründe der Verminderung der Capitalien“ seien.<ref>Immanuel Kant: ''Versuch den Begriff der negativen Größen in die Weltweisheit einzuführen'', 1763, S. 78.</ref> [[Friedrich Carl von Savigny]] sah 1840 die „Schulden als Bestandteile des Vermögens an“,<ref>Friedrich Carl von Savigny: ''System des heutigen römischen Rechts'', 1840, S. 376.</ref> um dann jedoch das [[Vermögen (Wirtschaft)|Vermögen]] als „Summe von Rechten, welche dem Inhaber nach Abzug der Schulden übrigbleibt“, zu erklären. Damit meinte er das [[Reinvermögen]]. |
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Die Tatsache, dass ''Schulden'' in der Regel ver[[zins]]t werden, kann eine [[Schuldenfalle]] darstellen, wenn trotz regelmäßiger [[Zahlung]] die ''Schulden'' nicht wesentlich abgebaut werden. In früheren Zeiten gerieten Dauerschuldner auf diese Weise in [[Leibeigenschaft]] und [[Sklaverei]] und in manchen Ländern sind Schulden erblich, sodass ganze [[Familie (Soziologie)|Familien]] über mehrere [[Generation]]en hinweg dieser [[Leibeigenschaft]] bzw. [[Sklaverei]] gehalten werden. |
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== Schuldendienst == |
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Kritiker meinen, das [[Nord-Süd-Wohlstandsgefälle]] sei darin begründet, dass sich die ärmeren Staaten in einem Schuldverhältnis zu den reicheren befinden und trotz ständiger Leistungen (z.B. durch [[Lieferung]] von [[Agrarprodukt]]en) der Schuldenfalle nicht entkommen zu können. Verschärfend komme hinzu, dass ihnen auch die Möglichkeit verstärkte Ausfuhren verschlossen bleibt, weil die Industiestaaten die [[Import]]e auf [[Agrarprodukt]]e beschränken (z.B. die EU auf Bananen-Importe), |
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Als Schuldendienst ([[Kapitaldienst]]) wird die vertragsgemäße [[Zahlung]] von Zinsen und Tilgung durch den Schuldner bezeichnet. Der Schuldendienst belastet als [[Ausgabe (Rechnungswesen)|Ausgaben]] die [[Liquidität]] und darf deshalb je nach Art des Schuldners nur einen kleinen Teil seiner [[Einnahme]]n ausmachen. Hohe Schulden lösen auch hohen Schuldendienst aus und erhöhen das [[Finanzrisiko]] von Liquiditätsengpässen. Bei der Erfolgsbetrachtung sieht es ähnlich aus: Zinsen stellen beim Schuldner [[Aufwand]] dar, der die [[Gewinn]]e mindert oder [[Fehlbetrag|Verluste]] erhöht, sodass hohe Schulden auch Ertragsrisiken bewirken können. Diese Faktoren beeinflussen die Schuldentragfähigkeit. |
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== Schuldentragfähigkeit == |
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Als [http://www.sgipt.org/politpsy/finanz/argentin.htm Beispiel] für einen so [[Ausbeutung|ausgebeuteten]] [[Staat]] wird unter anderem [[Argentinien]] angeführt, welches [[1976]] eine [[Staatsschuld]] von etwa 8 [[Liste der Vorsilben für Maßeinheiten|G]][[USD]] hatte, bis zum Jahre [[2001]] etwa 200 [[Liste der Vorsilben für Maßeinheiten|G]][[USD]] an Schuldendienst leistete und danach immer noch Schulden in der Höhe von 160 [[Liste der Vorsilben für Maßeinheiten|G]][[USD]] hatte. |
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Wirtschaftlich kommt es darauf an, ob und inwieweit ein Schuldner imstande ist, seine Schulden nebst Zinsen zu tragen, ohne dass seine Existenz (etwa durch [[Insolvenz]]) gefährdet wird. Um dies zu ermitteln, wird die Höhe der Schulden dem Vermögen oder den dauerhaft erzielbaren Einnahmen gegenübergestellt. Dahinter steht die Überlegung, dass das [[Vermögen (Wirtschaft)|Vermögen]] für die Gläubiger die Grundlage für Kreditgewährungen darstellt und die zu erwartenden monetären [[Einkünfte]] des Schuldners Aussagen über dessen Schuldendienstfähigkeit zulassen. Hierfür wurden [[Schuldenkennzahl]]en entwickelt, die nach Art des Schuldners ([[Staat]], [[Unternehmen]], [[Privathaushalt]]e) als Indikatoren gelten. Als Schuldenkennzahl werden [[betriebswirtschaftliche Kennzahl]]en bezeichnet, die Indikatoren für die Tragfähigkeit von Schulden bilden und Aussagen über die [[Bonität]] von Schuldnern ermöglichen sollen. |
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Die [[Verschuldungsgrad#Berechnung|Verschuldungsdauer]] (besser: ''Entschuldungsdauer'') ist eine derartige Kennziffer und gibt an, wie lange ein Schuldner benötigt, um auf der Grundlage seiner dauerhaft erzielbaren Einnahmen die vorhandenen Schulden vollständig abbauen zu können. Beim Staat setzen sich die dauerhaft erzielbaren Einnahmen aus den [[Export]]erlösen zusammen, bei Unternehmen wird der frei verfügbare [[Cash-Flow]] herangezogen, während für Privatpersonen deren Netto-Einkünfte zugrunde gelegt werden. Die Kennzahl gibt entsprechend an, wie lange ein Staat [[Merkantilismus|merkantistisch]] braucht, um sich mit den erzielten Exporterlösen zu entschulden oder wie lange ein Unternehmen benötigt, um mit Hilfe des frei verfügbaren Cash-Flow schuldenfrei zu werden. Dementsprechend ist eine hohe Verschuldungsdauer für Gläubiger ein ungünstiger Indikator bei der Beurteilung eines Schuldners. |
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==Zitat== |
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"Willst du den Wert des Geldes erkennen, versuche, dir welches zu borgen." - [[Benjamin Franklin]] |
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== Rechtslage == |
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Das Gesetz geht davon aus, dass das Vermögen die Grundlage für Schulden bildet. Dabei ist es unerheblich, aus welchem [[Rechtsgrund|Grund]] Schulden entstanden sind. |
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[[Finanzierung]] · [[Finanzwesen]] · [[Banken]] · [[Insolvenz]] · [[Debitismus]] · [[Finanzskandal]] |
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=== Zivilrecht === |
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Das BGB wird von dem Grundsatz getragen, dass den Schulden zumindest gleichhohes [[Vermögen (Recht)|Vermögen]] gegenübersteht. Es versteht in der großen Mehrzahl der Fälle unter Vermögen nur die [[Aktiva]], die Schulden werden weder als Vermögensbestandteile angesehen, noch werden die nach Abzug der Schulden verbleibenden Rechte als solche bezeichnet.<ref>Hans-Heinrich Streit: ''Beiträge zur Lehre von der Vermögensübernahme nach § 419 BGB'', 1932, S. 13.</ref> Das BGB setzt Schulden mit Verbindlichkeiten gleich, vgl. {{§|366|bgb|juris}} Abs. 2, (§{{§|733|bgb|juris}} ff. oder {{§|1967|bgb|juris}} BGB). |
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*[http://www.meine-schulden.de/ Online-Ratgeber der Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung und des Bundesministeriums für Familie] |
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*[http://www.forum-schuldnerberatung.de/ Informationen für Verschuldete und Schuldnerberater des Forums Schuldnerberatung] |
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*[http://www.insolvenzhilfeverein.de/ Schuldner- und Insolvenzberatung] |
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*[http://www.aw-insolvenz.de/ Schuldnerberatung für Privatleute] |
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*[http://www.schulden-online.de Linksammlung des Schuldnerfachberatungszentrums an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz] |
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* [http://www.11millionen.de 11Millionen.de - Betroffene helfen Betroffenen] |
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* [http://www.bmfsfj.de/Kategorien/Publikationen/Publikationen,did=3032.html "Was mache ich mit meinen Schulden?" - Broschüre des Bundesministeriums für Familie] |
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* [http://www.pleite-was-nun.info Das Informationsportal zum Thema Schulden] |
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* [http://www.schufa-eintrag.de/index.php?t=sub_pages&cat=10 Wege aus der Schuldenfalle] |
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=== Handelsrecht === |
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Häufig erscheint der Begriff ''Schulden'' im [[Handelsrecht (Deutschland)|Handelsrecht]]. Handels- und [[Bilanzrecht (Deutschland)|bilanzrechtlich]] sind unter dem Begriff ''Schulden'' Verbindlichkeiten und [[Rückstellung]]en im Sinne des {{§|249|hgb|juris}} Abs. 1 Satz 1 [[Handelsgesetzbuch|HGB]] zu verstehen. |
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[[Kategorie:Geld und Kredit]] |
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Beim [[Inventar]] hat nach {{§|240|hgb|juris}} Abs. 1 HGB jeder [[Kaufmann (HGB)|Kaufmann]] seine [[Grundstück]]e, seine [[Forderung]]en und Schulden, den Betrag seines baren Geldes sowie seine sonstigen Vermögensgegenstände genau zu verzeichnen und dabei den Wert der einzelnen Vermögensgegenstände und Schulden anzugeben. Nach {{§|242|hgb|juris}} Abs. 1 HGB hat der Kaufmann für den Schluss eines jeden [[Geschäftsjahr]]s einen das Verhältnis seines Vermögens und seiner Schulden darstellenden [[Jahresabschluss]] aufzustellen. Der Jahresabschluss hat gemäß {{§|246|hgb|juris}} Abs. 1 HGB sämtliche Vermögensgegenstände, Schulden, [[Rechnungsabgrenzung]]sposten sowie [[Aufwand|Aufwendungen]] und [[Ertrag|Erträge]] zu enthalten. Dabei wird ausdrücklich verlangt, dass die Schulden in der [[Bilanz]] des Schuldners aufzunehmen sind. In dieser Bilanz sind nach {{§|247|hgb|juris}} Abs. 1 HGB das [[Anlagevermögen|Anlage-]] und das [[Umlaufvermögen]], das [[Eigenkapital]], die Schulden sowie die Rechnungsabgrenzungsposten gesondert auszuweisen und hinreichend aufzugliedern. Dabei sind nach {{§|252|hgb|juris}} Abs. 1 Nr. 4 HGB die Vermögensgegenstände und Schulden zum [[Bilanzstichtag]] einzeln zu bewerten. |
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[[ca:Deute]] |
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[[en:Debt]] |
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Die Gliederungsvorschrift des {{§|266|hgb|juris}} Abs. 3 B bzw. C HGB behandelt wiederum den Ausweis von Rückstellungen bzw. Verbindlichkeiten bei [[Kapitalgesellschaft]]en und diesen gleichgestellten [[Rechtsform]]en. Ihre [[Bewertung (Rechnungswesen)|Bewertung]] erfolgt nach {{§|253|hgb|juris}} Abs. 1 und 2 HGB mit ihrem (geschätzten) [[Erfüllungsbetrag]]. |
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[[eo:Ŝuldo]] |
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[[fr:Dette]] |
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Schulden sind [[Bilanzierungsfähigkeit|bilanzierungsfähig]], wenn sie eine bestehende oder hinreichend sicher zu erwartende Belastung des Vermögens darstellen, eine rechtliche oder wirtschaftliche Verpflichtung des bilanzierenden Unternehmens sind und selbständig bewertet werden können. Nach dem Vollständigkeitsgebot des {{§|247|hgb|juris}} Abs. 1 HGB sind auf der [[Passivseite]] der Bilanz Eigenkapital, Schulden und passive Rechnungsabgrenzungsposten auszuweisen. Schulden sind demnach unter formellen Gesichtspunkten alle Passivposten, die weder Eigenkapital noch passivische Rechnungsabgrenzung darstellen. |
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[[ja:負債]] |
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[[pl:Dług (ekonomia)]] |
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=== Rechtsprechung === |
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Auch die [[Rechtsprechung]] verwendet den Begriff Schulden. So hat der [[Bundesgerichtshof|BGH]] entschieden, dass Telefonanbieter einen Handy-Anschluss erst sperren dürfen, wenn der Kunde bei ihnen mindestens 75 Euro Schulden hat.<ref>BGH-Urteil vom 17. Februar 2011, Az.: III ZR 35/10</ref> Beim [[Zugewinn]]ausgleich dürfen Unterhaltsschulden wie alle Schulden vom Endvermögen abgezogen werden; hätte der Schuldner den Unterhalt bereits bezahlt, so wäre das Endvermögen um die gleiche Summe gemindert.<ref>BGH-Urteil vom 6. Oktober 2010, Az.: XII ZR 10/09</ref> |
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[[Gewerbesteuer (Deutschland)|Gewerbesteuerlich]] wird der Begriff [[Dauerschuldzins|Dauerschulden]] thematisiert. Dabei geht es darum, ob [[Kreditzins]]en als Betriebsaufwand den steuerpflichtigen Gewinn mindern dürfen. Dies gilt nur für Verbindlichkeiten des laufenden Geschäftsverkehrs, soweit sie in einer geschäftsüblichen Frist getilgt werden.<ref>BFH-Urteil vom 19. September 2002, X R 68/00, BFH/NV 2003, S. 891</ref> Eine Schuld dient nach ständiger Rechtsprechung des [[Bundesfinanzhof]]s grundsätzlich der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals, wenn ihr Gegenwert das Betriebskapital länger als ein Jahr verstärkt. Nicht der dauernden Verstärkung des Betriebskapitals dienen andererseits trotz einer Laufzeit von mehr als einem Jahr Schulden, die in wirtschaftlichem Zusammenhang mit laufenden Geschäftsvorfällen stehen und in der nach Art des jeweiligen [[Geschäftsvorfall]]s üblichen Frist getilgt werden. Dabei handelt es sich insbesondere um Kredite, die ein Unternehmen zur [[Finanzierung]] der [[Anschaffungskosten|Anschaffungs-]] oder [[Herstellungskosten]] eines bestimmten Wirtschaftsguts des Umlaufvermögens aufnimmt und die aus dem bei der Veräußerung dieses Wirtschaftsguts erzielten Erlös zu tilgen sind.<ref>BFH-Urteil vom 16. Dezember 2009, IV R 48/ 07, BFHE 228, 408</ref> Diese Grundsätze gelten auch bei [[Kontokorrent]]schulden.<ref>BFH-Urteil vom 3. August 1993, VIII R 40/ 92, BFHE 174, 174, BStBl. II 1994, S. 664</ref> Danach sind Kontokorrentschulden im Allgemeinen laufende Schulden, es sei denn, aus dem [[Geschäftsverbindung|Geschäftsverhältnis]] der Beteiligten muss geschlossen werden, dass trotz der äußeren Form des Kontokorrentverkehrs ein bestimmter Mindestkredit dem Unternehmen dauernd gewidmet werden soll.<ref>BFH-Urteil vom 3. Juli 1997, IV R 2/ 97, BFHE 184, 104, BStBl. II 1997, S. 742</ref> |
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== Staatsschulden == |
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{{Hauptartikel|Staatsverschuldung}} |
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Unter ''Staatsschuldenrecht'' versteht man die Gesamtheit aller [[Rechtsnorm]]en, die die staatliche Schuldenpolitik regeln. Staatsschulden sind alle Verbindlichkeiten eines Staats gegenüber nichtstaatlichen Gläubigern. Hierzu gehören auch die impliziten Staatsschulden, die man als [[Schattenverschuldung]] bezeichnet. Nach {{Art.|114|gg|juris}} Abs. 1 GG hat der [[Bundesfinanzminister]] dem [[Bundestag]] und [[Bundesrat (Deutschland)|Bundesrat]] über alle Einnahmen und Ausgaben sowie über das Vermögen und die Schulden des Bundes im Laufe des nächsten Rechnungsjahres Rechnung zu legen. Auf den [[Bundesebene (Deutschland)|Bund]] entfallen 63 % der Staatsschulden des öffentlichen Gesamthaushalts (2014), auf die [[Land (Deutschland)|Länder]] 30 % und auf die [[Gemeinde (Deutschland)|Gemeinden]] 7 %. Dabei liegt der Anteil der [[Staatsanleihe]]n bei Bundesschulden bei 94 %, bei Ländern machen Anleihen 61 % der Schulden aus, während bei Gemeinden mit 65 % die [[Kredit]]e und 34 % die [[Kassenkredit]]e (beides [[Kommunalkredit]]e) dominieren. Hauptgläubiger sind die [[Kreditinstitut]]e (Bund 55 %, Länder 56 %, Gemeinden 99 %). Weltweit gibt es nur fünf schuldenfreie Staaten: [[Macau]] (chinesische Spieloase), [[Britische Jungferninseln]] (Domizil für [[Briefkastengesellschaft]]en), [[Brunei]] (Erdölsultanat), [[Liechtenstein]] ([[Steueroase]]) und [[Palau]]. |
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== Kommunalrechtliche Schuldenthemen == |
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Bis zur Haushaltsrechtsreform am 1. Januar 1974 gab es in kommunalen [[Haushaltsplan|Haushalten]] eine strikte Aufteilung der Schulden in „rentierliche“ und „unrentierliche“. Zu den „rentierlichen“ gehörten jene kommunalen Schulden, die vollständig oder überwiegend durch (zweck-)bestimmte Einnahmen gedeckt waren (etwa Sonderbeiträge, -gebühren oder -zuschüsse), während die „unrentierlichen“ durch allgemeine Haushaltsmittel gedeckt wurden. Diese Unterscheidung ist mit der Einführung des Gesamtdeckungsprinzips im [[Vermögenshaushalt]] nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 KommHaushVO entfallen. Um den früheren Aussagewert weiterhin zu erhalten, sind heute Kreditaufnahmen der Investitionsmaßnahmen mit überwiegender Finanzierung durch bestimmte Einnahmen durch eine eigene Gruppierungsnummer von den übrigen Schulden getrennt auszuweisen. Da neben dem Gesamtschuldenstand auch der Stand der „rentierlichen“ Verschuldung anzugeben ist, bleibt es weiterhin faktisch bei der bisherigen Regelung. Dies verbessert die Aussagefähigkeit einer kommunalen Verschuldungsquote, bei der den Gesamtschulden die zweckbestimmten Einnahmen gegenübergestellt werden. |
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In [[Frankreich]] ist die Schuldenlast aller [[Collectivité territoriale|Gebietskörperschaften]] relativ gering, denn im Jahre 2010 entfielen nur 7,5 % der Gesamteinnahmen auf die Kreditaufnahme (es dominierten direkte und indirekte Steuern mit 50,6 %, gefolgt von Zuweisungen des Staates mit 30,0 %). Gleichzeitig erreichten die Schulden der Gebietskörperschaften nur 8,3 % des Bruttoinlandsprodukts, in [[Italien]] 8,2 %, im [[Vereinigtes Königreich|Vereinigten Königreich]] lediglich 4,8 %; in Deutschland lagen sie 2010 bei 30,3 %.<ref>Helaba: ''Länderfokus: Französische Gebietskörperschaften'', 5. Oktober 2012, S. 6.</ref> |
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Die Schulden einer [[Volkswirtschaft]] gegenüber dem Ausland werden [[Auslandsverschuldung]] genannt. Verschiedene [[EU-Mitgliedstaaten]] haben eine nationale [[Schuldenbremse#EU-Staaten|Schuldenbremse]] eingeführt. Sie soll eine Begrenzung der Schuldenaufnahme ermöglichen, indem letztere ein bestimmtes Verhältnis zum [[Bruttoinlandsprodukt]] nicht überschreiten darf. |
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== International == |
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Die internationalen [[Rechnungslegungsstandard]]s befassen sich umfassend mit der [[Bilanzierung]] von Schulden. Die [[International Financial Reporting Standards]] bezeichnen Schulden als {{enS|other liabilities}}. Der [[International Accounting Standard 39]] (IAS 39) stellt bei seiner [[Legaldefinition]] finanzieller Schulden („finanzielle Verbindlichkeiten“) auf die vertragliche Verpflichtung zur Rückzahlung des überlassenen Kapitals durch Tilgung oder Rückkauf an einen externen Vertragspartner ab, wobei sich ein Unternehmen nicht durch unbedingte eigene Entscheidung entziehen kann.<ref>[https://books.google.de/books?id=W9zJDsYxwfIC&pg=PA86&dq=schulden+begriff&hl=de&sa=X&redir_esc=y#v=onepage&q=schulden%20begriff&f=false Norbert Krawitz, ''Rechnungslegung nach internationalen Grundsätzen'', ZfB-Special Issue 6/2006, S. 86.]</ref> In IAS 32.16 gibt es eine Negativauslese, wonach es sich bei derartigen [[Finanzinstrument]]en nicht um Eigenkapitalinstrumente handeln kann, wenn sie mit einer Rückzahlungspflicht verbunden sind. Nach IAS 39.43 sind bei Zugang die Schulden nach dem [[Fair Value]] zu bewerten. |
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== Siehe auch == |
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* [[Überschuldung]] |
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* [[Kapitaldienstfähigkeit]] |
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* [[Liste der Länder nach Auslandsverschuldung]] |
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* [[Liste der Länder nach Staatsschuldenquote]] |
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== Literatur == |
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* [[David Graeber]]: ''[[Schulden: Die ersten 5000 Jahre]].'' Klett-Cotta 2012. |
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* [[Stephan Kaufmann]], [[Ingo Stützle]]: ''Ist die ganze Welt bald pleite? Populäre Irrtümer über Schulden.'' Bertz und Fischer, Berlin 2016, ISBN 978-3-86505-751-8. |
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== Einzelnachweise == |
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<references/> |
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{{Rechtshinweis}} |
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{{Normdaten|TYP=s|GND=4053461-3}} |
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[[Kategorie:Bilanzrecht (Deutschland)]] |
Aktuelle Version vom 12. Dezember 2024, 15:16 Uhr
Schulden sind sämtliche Verbindlichkeiten, die gegenüber Dritten als Gläubiger zu zahlen sind (Rückzahlungsverpflichtungen). Die Definition des Begriffs richtet sich nach der Rechtsgrundlage, die sich im Zivilrecht (bürgerlichen Recht), Handelsrecht beziehungsweise Steuerrecht unterschiedlich gestalten, sowie nach den Rechten von Schuldverhältnissen.
Wortherkunft
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Schulden ist ein Pluralwort. Unter Schuld werden ethische, strafrechtliche oder zivilrechtliche Aspekte verstanden, Schulden begrenzen sich auf Verbindlichkeiten. Schulden waren beim klassischen Jurist Gaius, ausweislich seiner Institutiones obligationes.
Das Deutsche Wörterbuch der Brüder Grimm aus dem Jahre 1838 führt das Wort Schulden auf das germanische Verb „skulan“ für „sollen“ zurück.[1] Entsprechend beschreibt Schuld zunächst etwas, „was man soll, eine Verpflichtung ganz allgemein“.[2] Das althochdeutsche „skuld“ („scult“) ist seit 765 bezeugt und bedeutet „Schuldigkeit“.[3] Im Mittelhochdeutschen richtete man die „schult“ als Verpflichtung zu einer Geldzahlung am debitum aus.[4]
Immanuel Kant nannte 1763 die Schulden „negative Capitalien“, weil sie „positive Gründe der Verminderung der Capitalien“ seien.[5] Friedrich Carl von Savigny sah 1840 die „Schulden als Bestandteile des Vermögens an“,[6] um dann jedoch das Vermögen als „Summe von Rechten, welche dem Inhaber nach Abzug der Schulden übrigbleibt“, zu erklären. Damit meinte er das Reinvermögen.
Schuldendienst
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Als Schuldendienst (Kapitaldienst) wird die vertragsgemäße Zahlung von Zinsen und Tilgung durch den Schuldner bezeichnet. Der Schuldendienst belastet als Ausgaben die Liquidität und darf deshalb je nach Art des Schuldners nur einen kleinen Teil seiner Einnahmen ausmachen. Hohe Schulden lösen auch hohen Schuldendienst aus und erhöhen das Finanzrisiko von Liquiditätsengpässen. Bei der Erfolgsbetrachtung sieht es ähnlich aus: Zinsen stellen beim Schuldner Aufwand dar, der die Gewinne mindert oder Verluste erhöht, sodass hohe Schulden auch Ertragsrisiken bewirken können. Diese Faktoren beeinflussen die Schuldentragfähigkeit.
Schuldentragfähigkeit
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Wirtschaftlich kommt es darauf an, ob und inwieweit ein Schuldner imstande ist, seine Schulden nebst Zinsen zu tragen, ohne dass seine Existenz (etwa durch Insolvenz) gefährdet wird. Um dies zu ermitteln, wird die Höhe der Schulden dem Vermögen oder den dauerhaft erzielbaren Einnahmen gegenübergestellt. Dahinter steht die Überlegung, dass das Vermögen für die Gläubiger die Grundlage für Kreditgewährungen darstellt und die zu erwartenden monetären Einkünfte des Schuldners Aussagen über dessen Schuldendienstfähigkeit zulassen. Hierfür wurden Schuldenkennzahlen entwickelt, die nach Art des Schuldners (Staat, Unternehmen, Privathaushalte) als Indikatoren gelten. Als Schuldenkennzahl werden betriebswirtschaftliche Kennzahlen bezeichnet, die Indikatoren für die Tragfähigkeit von Schulden bilden und Aussagen über die Bonität von Schuldnern ermöglichen sollen.
Die Verschuldungsdauer (besser: Entschuldungsdauer) ist eine derartige Kennziffer und gibt an, wie lange ein Schuldner benötigt, um auf der Grundlage seiner dauerhaft erzielbaren Einnahmen die vorhandenen Schulden vollständig abbauen zu können. Beim Staat setzen sich die dauerhaft erzielbaren Einnahmen aus den Exporterlösen zusammen, bei Unternehmen wird der frei verfügbare Cash-Flow herangezogen, während für Privatpersonen deren Netto-Einkünfte zugrunde gelegt werden. Die Kennzahl gibt entsprechend an, wie lange ein Staat merkantistisch braucht, um sich mit den erzielten Exporterlösen zu entschulden oder wie lange ein Unternehmen benötigt, um mit Hilfe des frei verfügbaren Cash-Flow schuldenfrei zu werden. Dementsprechend ist eine hohe Verschuldungsdauer für Gläubiger ein ungünstiger Indikator bei der Beurteilung eines Schuldners.
Rechtslage
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Gesetz geht davon aus, dass das Vermögen die Grundlage für Schulden bildet. Dabei ist es unerheblich, aus welchem Grund Schulden entstanden sind.
Zivilrecht
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das BGB wird von dem Grundsatz getragen, dass den Schulden zumindest gleichhohes Vermögen gegenübersteht. Es versteht in der großen Mehrzahl der Fälle unter Vermögen nur die Aktiva, die Schulden werden weder als Vermögensbestandteile angesehen, noch werden die nach Abzug der Schulden verbleibenden Rechte als solche bezeichnet.[7] Das BGB setzt Schulden mit Verbindlichkeiten gleich, vgl. § 366 Abs. 2, (§§ 733 ff. oder § 1967 BGB).
Handelsrecht
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Häufig erscheint der Begriff Schulden im Handelsrecht. Handels- und bilanzrechtlich sind unter dem Begriff Schulden Verbindlichkeiten und Rückstellungen im Sinne des § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB zu verstehen.
Beim Inventar hat nach § 240 Abs. 1 HGB jeder Kaufmann seine Grundstücke, seine Forderungen und Schulden, den Betrag seines baren Geldes sowie seine sonstigen Vermögensgegenstände genau zu verzeichnen und dabei den Wert der einzelnen Vermögensgegenstände und Schulden anzugeben. Nach § 242 Abs. 1 HGB hat der Kaufmann für den Schluss eines jeden Geschäftsjahrs einen das Verhältnis seines Vermögens und seiner Schulden darstellenden Jahresabschluss aufzustellen. Der Jahresabschluss hat gemäß § 246 Abs. 1 HGB sämtliche Vermögensgegenstände, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten sowie Aufwendungen und Erträge zu enthalten. Dabei wird ausdrücklich verlangt, dass die Schulden in der Bilanz des Schuldners aufzunehmen sind. In dieser Bilanz sind nach § 247 Abs. 1 HGB das Anlage- und das Umlaufvermögen, das Eigenkapital, die Schulden sowie die Rechnungsabgrenzungsposten gesondert auszuweisen und hinreichend aufzugliedern. Dabei sind nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB die Vermögensgegenstände und Schulden zum Bilanzstichtag einzeln zu bewerten.
Die Gliederungsvorschrift des § 266 Abs. 3 B bzw. C HGB behandelt wiederum den Ausweis von Rückstellungen bzw. Verbindlichkeiten bei Kapitalgesellschaften und diesen gleichgestellten Rechtsformen. Ihre Bewertung erfolgt nach § 253 Abs. 1 und 2 HGB mit ihrem (geschätzten) Erfüllungsbetrag.
Schulden sind bilanzierungsfähig, wenn sie eine bestehende oder hinreichend sicher zu erwartende Belastung des Vermögens darstellen, eine rechtliche oder wirtschaftliche Verpflichtung des bilanzierenden Unternehmens sind und selbständig bewertet werden können. Nach dem Vollständigkeitsgebot des § 247 Abs. 1 HGB sind auf der Passivseite der Bilanz Eigenkapital, Schulden und passive Rechnungsabgrenzungsposten auszuweisen. Schulden sind demnach unter formellen Gesichtspunkten alle Passivposten, die weder Eigenkapital noch passivische Rechnungsabgrenzung darstellen.
Rechtsprechung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Auch die Rechtsprechung verwendet den Begriff Schulden. So hat der BGH entschieden, dass Telefonanbieter einen Handy-Anschluss erst sperren dürfen, wenn der Kunde bei ihnen mindestens 75 Euro Schulden hat.[8] Beim Zugewinnausgleich dürfen Unterhaltsschulden wie alle Schulden vom Endvermögen abgezogen werden; hätte der Schuldner den Unterhalt bereits bezahlt, so wäre das Endvermögen um die gleiche Summe gemindert.[9]
Gewerbesteuerlich wird der Begriff Dauerschulden thematisiert. Dabei geht es darum, ob Kreditzinsen als Betriebsaufwand den steuerpflichtigen Gewinn mindern dürfen. Dies gilt nur für Verbindlichkeiten des laufenden Geschäftsverkehrs, soweit sie in einer geschäftsüblichen Frist getilgt werden.[10] Eine Schuld dient nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs grundsätzlich der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals, wenn ihr Gegenwert das Betriebskapital länger als ein Jahr verstärkt. Nicht der dauernden Verstärkung des Betriebskapitals dienen andererseits trotz einer Laufzeit von mehr als einem Jahr Schulden, die in wirtschaftlichem Zusammenhang mit laufenden Geschäftsvorfällen stehen und in der nach Art des jeweiligen Geschäftsvorfalls üblichen Frist getilgt werden. Dabei handelt es sich insbesondere um Kredite, die ein Unternehmen zur Finanzierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines bestimmten Wirtschaftsguts des Umlaufvermögens aufnimmt und die aus dem bei der Veräußerung dieses Wirtschaftsguts erzielten Erlös zu tilgen sind.[11] Diese Grundsätze gelten auch bei Kontokorrentschulden.[12] Danach sind Kontokorrentschulden im Allgemeinen laufende Schulden, es sei denn, aus dem Geschäftsverhältnis der Beteiligten muss geschlossen werden, dass trotz der äußeren Form des Kontokorrentverkehrs ein bestimmter Mindestkredit dem Unternehmen dauernd gewidmet werden soll.[13]
Staatsschulden
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Unter Staatsschuldenrecht versteht man die Gesamtheit aller Rechtsnormen, die die staatliche Schuldenpolitik regeln. Staatsschulden sind alle Verbindlichkeiten eines Staats gegenüber nichtstaatlichen Gläubigern. Hierzu gehören auch die impliziten Staatsschulden, die man als Schattenverschuldung bezeichnet. Nach Art. 114 Abs. 1 GG hat der Bundesfinanzminister dem Bundestag und Bundesrat über alle Einnahmen und Ausgaben sowie über das Vermögen und die Schulden des Bundes im Laufe des nächsten Rechnungsjahres Rechnung zu legen. Auf den Bund entfallen 63 % der Staatsschulden des öffentlichen Gesamthaushalts (2014), auf die Länder 30 % und auf die Gemeinden 7 %. Dabei liegt der Anteil der Staatsanleihen bei Bundesschulden bei 94 %, bei Ländern machen Anleihen 61 % der Schulden aus, während bei Gemeinden mit 65 % die Kredite und 34 % die Kassenkredite (beides Kommunalkredite) dominieren. Hauptgläubiger sind die Kreditinstitute (Bund 55 %, Länder 56 %, Gemeinden 99 %). Weltweit gibt es nur fünf schuldenfreie Staaten: Macau (chinesische Spieloase), Britische Jungferninseln (Domizil für Briefkastengesellschaften), Brunei (Erdölsultanat), Liechtenstein (Steueroase) und Palau.
Kommunalrechtliche Schuldenthemen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bis zur Haushaltsrechtsreform am 1. Januar 1974 gab es in kommunalen Haushalten eine strikte Aufteilung der Schulden in „rentierliche“ und „unrentierliche“. Zu den „rentierlichen“ gehörten jene kommunalen Schulden, die vollständig oder überwiegend durch (zweck-)bestimmte Einnahmen gedeckt waren (etwa Sonderbeiträge, -gebühren oder -zuschüsse), während die „unrentierlichen“ durch allgemeine Haushaltsmittel gedeckt wurden. Diese Unterscheidung ist mit der Einführung des Gesamtdeckungsprinzips im Vermögenshaushalt nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 KommHaushVO entfallen. Um den früheren Aussagewert weiterhin zu erhalten, sind heute Kreditaufnahmen der Investitionsmaßnahmen mit überwiegender Finanzierung durch bestimmte Einnahmen durch eine eigene Gruppierungsnummer von den übrigen Schulden getrennt auszuweisen. Da neben dem Gesamtschuldenstand auch der Stand der „rentierlichen“ Verschuldung anzugeben ist, bleibt es weiterhin faktisch bei der bisherigen Regelung. Dies verbessert die Aussagefähigkeit einer kommunalen Verschuldungsquote, bei der den Gesamtschulden die zweckbestimmten Einnahmen gegenübergestellt werden.
In Frankreich ist die Schuldenlast aller Gebietskörperschaften relativ gering, denn im Jahre 2010 entfielen nur 7,5 % der Gesamteinnahmen auf die Kreditaufnahme (es dominierten direkte und indirekte Steuern mit 50,6 %, gefolgt von Zuweisungen des Staates mit 30,0 %). Gleichzeitig erreichten die Schulden der Gebietskörperschaften nur 8,3 % des Bruttoinlandsprodukts, in Italien 8,2 %, im Vereinigten Königreich lediglich 4,8 %; in Deutschland lagen sie 2010 bei 30,3 %.[14]
Die Schulden einer Volkswirtschaft gegenüber dem Ausland werden Auslandsverschuldung genannt. Verschiedene EU-Mitgliedstaaten haben eine nationale Schuldenbremse eingeführt. Sie soll eine Begrenzung der Schuldenaufnahme ermöglichen, indem letztere ein bestimmtes Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt nicht überschreiten darf.
International
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die internationalen Rechnungslegungsstandards befassen sich umfassend mit der Bilanzierung von Schulden. Die International Financial Reporting Standards bezeichnen Schulden als englisch other liabilities. Der International Accounting Standard 39 (IAS 39) stellt bei seiner Legaldefinition finanzieller Schulden („finanzielle Verbindlichkeiten“) auf die vertragliche Verpflichtung zur Rückzahlung des überlassenen Kapitals durch Tilgung oder Rückkauf an einen externen Vertragspartner ab, wobei sich ein Unternehmen nicht durch unbedingte eigene Entscheidung entziehen kann.[15] In IAS 32.16 gibt es eine Negativauslese, wonach es sich bei derartigen Finanzinstrumenten nicht um Eigenkapitalinstrumente handeln kann, wenn sie mit einer Rückzahlungspflicht verbunden sind. Nach IAS 39.43 sind bei Zugang die Schulden nach dem Fair Value zu bewerten.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Überschuldung
- Kapitaldienstfähigkeit
- Liste der Länder nach Auslandsverschuldung
- Liste der Länder nach Staatsschuldenquote
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- David Graeber: Schulden: Die ersten 5000 Jahre. Klett-Cotta 2012.
- Stephan Kaufmann, Ingo Stützle: Ist die ganze Welt bald pleite? Populäre Irrtümer über Schulden. Bertz und Fischer, Berlin 2016, ISBN 978-3-86505-751-8.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Jacob und Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch, Band 15, 1893 ff., Sp. 1870, Belegtextwort Schuld (1293)
- ↑ Ulrike Köbler: Werden, Wandel und Wesen des deutschen Privatrechtswortschatzes, 2010, S. 169 f.
- ↑ Gerhard Köbler: Etymologisches Rechtswörterbuch, 1995, S. 360 f.
- ↑ Lorenz Diefenbach: Glossarium Latino-Germanicum, 1857, S. 166.
- ↑ Immanuel Kant: Versuch den Begriff der negativen Größen in die Weltweisheit einzuführen, 1763, S. 78.
- ↑ Friedrich Carl von Savigny: System des heutigen römischen Rechts, 1840, S. 376.
- ↑ Hans-Heinrich Streit: Beiträge zur Lehre von der Vermögensübernahme nach § 419 BGB, 1932, S. 13.
- ↑ BGH-Urteil vom 17. Februar 2011, Az.: III ZR 35/10
- ↑ BGH-Urteil vom 6. Oktober 2010, Az.: XII ZR 10/09
- ↑ BFH-Urteil vom 19. September 2002, X R 68/00, BFH/NV 2003, S. 891
- ↑ BFH-Urteil vom 16. Dezember 2009, IV R 48/ 07, BFHE 228, 408
- ↑ BFH-Urteil vom 3. August 1993, VIII R 40/ 92, BFHE 174, 174, BStBl. II 1994, S. 664
- ↑ BFH-Urteil vom 3. Juli 1997, IV R 2/ 97, BFHE 184, 104, BStBl. II 1997, S. 742
- ↑ Helaba: Länderfokus: Französische Gebietskörperschaften, 5. Oktober 2012, S. 6.
- ↑ Norbert Krawitz, Rechnungslegung nach internationalen Grundsätzen, ZfB-Special Issue 6/2006, S. 86.