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„Saddam Hussein“ – Versionsunterschied

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'''Saddam Hussein 'Abd al-Madjid al-Tikriti''' (<big>'''صدام حسين عبد المجيد التكريتي'''</big> auf [[Arabische Sprache|Arabisch]]) (wahlweise Aussprachen sind ''Hussein'', ''Hussain'' oder ''Hossain'') (* [[28. April]] [[1937]]) war von [[1979]] bis [[2003]] [[Präsident]] des [[Irak]].


'''Saddam Hussein''' ({{arS|صدام حسين عبد المجيد التكريتي&lrm;|Saddām Husain ʿAbd al-Madschīd at-Tikrītī|DMG=Ṣaddām Ḥusain ʿAbd al-Maǧīd at-Tikrītī}}, {{kuS|سەددام حوسێن&lrm;|Sedam Huseyn}}; * [[28. April]] [[1937]] in [[al-Audscha]] bei [[Tikrit]]; †&nbsp;[[30. Dezember]] [[2006]] in [[al-Kazimiyya]] bei [[Bagdad]]) war ein [[Irak|irakischer]] Politiker ([[Baath-Partei]]). Von 1979 bis 2003 war er [[Liste der Staatsoberhäupter des Irak|Staatspräsident]] und gleichzeitig von 1979 bis 1991 sowie 1994 bis 2003 [[Premierminister]]. Er regierte das Land [[Diktatur|diktatorisch]]<ref>Joseph Sassoon: ''Saddam Hussein’s Ba'th Party.'' Cambridge, 2012, S. 5.</ref> und wurde später wegen Massakern an [[Schia|Schiiten]] und [[Kurden]] zum Tode verurteilt und hingerichtet.
Saddam Hussein ist der Sohn von Saddam Abd al Majid, der vor seiner Geburt starb, und Subha Tulfah al-Musallat.
Er wurde 1937 im Dorf Als-Audja, im Bezirk [[Tikrit]], Irak, in der Familie eines Schafhirten geboren; er ist sunnitischer Araber, wie etwa 20% der irakischen Bevölkerung.
[[1947]], im Alter von zehn Jahren, kam er zu seinem Onkel Khayrallah Tulfah nach [[Bagdad]].
Dessen älteste Tochter [[Sajida Talfah|Sajida]] (also seine Cousine) heiratete er im Jahre [[1963]] in [[Kairo]].


== Werdegang ==
== Kindheit und Jugend ==
[[Datei:Saddam in childhood.jpg|mini|hochkant|Saddam Hussein, 1940]]
Saddam Hussein trat 1957 der damals noch verbotenen [[Ba'ath-Partei]] bei und nahm [[1956]] an einem erfolglosen [[Putsch]]versuch gegen den irakischen König [[Faisal II. (Irak)|Faisal II.]] teil. [[1958]] wechselte er in eine andere von General [[Abdul Karim Kassim]] geführte Gruppe.


Saddam Hussein wurde in [[al-Audscha]], einem Dorf bei [[Tikrit]], am 28. April 1937 in eine ärmliche Bauernfamilie geboren. Seine Familie gehörte zum [[Sunniten|sunnitisch]]-arabischen Stamm der al-Bu Nasir.<ref>[https://web.archive.org/web/20110624045029/http://www.cfr.org/iraq/iraq-role-tribes/p7681 ''IRAQ: The Role of Tribes''.] cfr.org; abgerufen am 28. Januar 2013.</ref>
In der Folge eines misslungenen [[Attentat]]s auf Premierminister [[Abdul Karim Kassim|Kassim]] floh Hussein [[1959]] über Syrien nach [[Ägypten]] und wurde in Abwesenheit zum Tod verurteilt. Während des angeblichen Studiums an der juristischen Fakultät der [[Universität Kairo]], ohne Abschluss [http://www.boell.de/de/04_thema/1863.html], knüpfte Hussein Kontakte zur [[Central Intelligence Agency|CIA]].


Sein leiblicher Vater Hussein al-Majid starb, während seine Mutter Subha mit Saddam schwanger war.<ref name="Karsh1991612">{{Literatur |Autor=Efraim Karsh, Inari Rautsi |Titel=Saddam Hussein. A Political Biography |Verlag=Grove Press |Ort=New York |Datum=2002 |ISBN=0-8021-3978-7 |Seiten=6–12 |Sprache=en |Online={{Google Buch |BuchID=pJcu5L72coUC |Seite=6}}}}</ref> Als sie im achten Monat schwanger war, starb auch Saddams ältester Bruder an einer Krebserkrankung. Daraufhin unternahm Subha einen [[Suizid]]versuch, wurde jedoch von einer [[Juden im Irak|jüdischen]] Familie daran gehindert und finanziell unterstützt. Ebenso versuchte Subha erfolglos, ihren ungeborenen Sohn abzutreiben.<ref>[[Jerrold M. Post]]: ''Saddam Hussein of Iraq: A political profile.'' In: Jerrold M. Post (Hrsg.): ''The Psychological Assessment of Political Leaders.'' Ann Arbor 2005, S. 325–327.</ref>
Am [[8. Februar]] [[1963]] kehrte er nach einem erfolgreichen Putsch der Ba'ath-Partei, in dem Premier [[Abdul Karim Kassim|Kassim]] und viele Führungspersonen ihr Leben verloren, in den Irak zurück.
Nach dem Machtwechsel wurde er [[1964]] zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, flüchtete aber [[1967]].


Subha gab Saddam nach seiner Geburt an ihren Bruder [[Khairallah Talfah]], der als Offizier über einen höheren sozialen Status und Geld verfügte, nach [[Tikrit]]. 1941 wurde Talfah wegen seiner Mitwirkung im [[Militärputsch im Irak 1941|Ghailani-Putsch]] inhaftiert, und Saddam musste zu seiner Mutter zurückkehren. Sie hatte mittlerweile einen Verwandten namens Hassan Ibrahim geheiratet und war mit ihm nach Al-Schawisch, einem ärmlichen Dorf bei Tikrit, gezogen. Hassan Ibrahim war dort übel beleumundet, sein Spitzname im Dorf war „Hassan der Lügner“. Ebenso schmückte er sich wohl unverdienterweise mit dem Titel eines [[Hāddsch]]. Die meisten Quellen beschreiben Saddams Leben im Dorf als das eines [[Außenseiter]]s, der aufgrund seiner Vaterlosigkeit [[Exklusion|sozial ausgegrenzt]] wurde. Einzig eine offizielle Biografie schildert ihn als sozial integriertes Mitglied der Dorfgemeinschaft. Saddams Wunsch nach einer Schulausbildung wurde von seinem Stiefvater und seiner Mutter abgeschlagen. Stattdessen wurde er zur Feldarbeit herangezogen und von seinem Stiefvater zum Diebstahl angestiftet, was Saddam bereits in der Kindheit einen kurzen Gefängnisaufenthalt einbrachte. Er wurde auch Opfer von physischer und psychischer Gewalt durch seinen Stiefvater. Seinen eigenen Aussagen nach trug Saddam stets eine Eisenstange mit sich, um sich gegen die Angriffe der anderen Dorfkinder zu wehren.<ref name="Karsh1991612" /><ref>Shiva Balaghi: ''Saddam Hussein – A Biography.'' London 2006, S. 1–7.</ref>
[[1968]] unterstützte er einen erfolgreichen [[Staatsstreich]] von Ba'ath-Partei und Armee.


Nach der Freilassung seines Onkels Khairallah Talfah verließ Hussein den Haushalt seines Stiefvaters und floh zu seinem Onkel nach Tikrit. Dieser sorgte dafür, dass Saddam mit zehn Jahren eingeschult wurde. Er erzog den Jungen im Geiste des [[Arabischer Nationalismus|arabischen Nationalismus]]. Mit 14 Jahren stand Saddam unter dem Verdacht, aus [[Blutrache|Rache]] den Bruder eines Lehrers angeschossen zu haben. Die Beweise erhärteten sich jedoch nicht und Saddam konnte die Schule abschließen. Nach seinem Schulabschluss zog Saddam mit seinem Onkel nach Bagdad, wo er eine weiterführende Schule besuchte und mit 18 Jahren abschloss.<ref name="Karsh1991612" /> Nach seiner Schulausbildung wurde Saddam Khairallahs älteste Tochter Sadschida versprochen.
=== Politischer Aufstieg ===
Als die Ba'ath-Partei [[1968]] im Irak an die Macht kam, übernahm Saddam Hussein in der neuen Regierung das Amt als stellvertretender Generalsekretär des revolutionären Kommandorates, sowie als Chef des Ministeriums für [[Staatssicherheit]] und des Propagandaministeriums, 1969 auch das des Vizepräsidenten.


== Politische Karriere ==
Am [[1. Juni]] [[1972]] leitete er die [[Verstaatlichung]] westlicher Ölfirmen ein, die ein Ölmonopol im Irak hatten. Mit den Öleinnahmen entwickelte er das Land zu einer regionalen militärischen Großmacht. Die Einnahmen aus dem Ölverkauf sorgten aber auch für den Wohlstand breiterer Bevölkerungsschichten.
=== Beginn ===
Saddam Hussein trat 1957 im Alter von 20 Jahren der damals noch verbotenen [[Baath-Partei]] bei.<ref>{{Literatur |Autor=Efraim Karsh, Inari Rautsi |Titel=Saddam Hussein. A Political Biography |Verlag=Grove Press |Ort=New York |Datum=2002 |ISBN=0-8021-3978-7 |Seiten=12 |Sprache=en |Online={{Google Buch |BuchID=pJcu5L72coUC |Seite=12}}}}</ref> Er bewarb sich bei der prestigeträchtigen Militärakademie in Bagdad, scheiterte jedoch an der Aufnahmeprüfung.<ref>{{Literatur |Autor=Efraim Karsh, Inari Rautsi |Titel=Saddam Hussein. A Political Biography |Verlag=Grove Press |Ort=New York |Datum=2002 |ISBN=0-8021-3978-7 |Seiten=14–15 |Sprache=en |Online={{Google Buch |BuchID=pJcu5L72coUC |Seite=15}}}}</ref> Am 14. Juli 1958 stürzten in einem [[Staatsstreich im Irak 1958|Staatsstreich]] [[Arabischer Nationalismus|nationalistische]] Offiziere, die sich die „Freien Offiziere“ nannten, die Monarchie und töteten König [[Faisal II.]] und dessen Familie. Der Staatsstreich führte zur Gründung der [[Republik Irak]] mit dem Premierminister [[Abd al-Karim Qasim]]. Ende des Jahres erschossen Saddam und sein Onkel Khairallah einen entfernten Verwandten, der Khairallah beleidigt hatte. Beide wurden für mehrere Monate inhaftiert, entgingen aber einer Anklage wegen Mordes. Die Baath-Partei rekrutierte Hussein nach seiner Rückkehr nach Bagdad als Attentäter für einen Anschlag auf Qasim. Am 7. Oktober 1959 überfielen die Attentäter Qasims Konvoi, dieser überlebte jedoch. Hussein wurde von einer Kugel in den Oberschenkel getroffen und flüchtete nach Syrien.<ref name="CollTheAchillesTrap53">{{Literatur |Autor=[[Steve Coll]] |Titel=The Achilles Trap. Saddam Hussein, the United States and the Middle East, 1979–2003 |Verlag=Allen Lane |Ort=London |Datum=2024 |ISBN=978-0-241-68665-2 |Seiten=53–54 |Sprache=en |Online={{Google Buch |BuchID=KDnNEAAAQBAJ |SeitenID=PT21}}}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Efraim Karsh, Inari Rautsi |Titel=Saddam Hussein. A Political Biography |Verlag=Grove Press |Ort=New York |Datum=2002 |ISBN=0-8021-3978-7 |Seiten=16 |Sprache=en |Online={{Google Buch |BuchID=pJcu5L72coUC |Seite=16}}}}</ref> Das versuchte Attentat sei „mit dem Wissen der CIA“ geschehen, da sein Kontaktmann für den ägyptischen Geheimdienst und die CIA gearbeitet hatte; die angemietete Wohnung sei laut UPI vom stellvertretenden ägyptischen Militärattaché bezahlt worden. Die Amerikaner seien zuvor vom Ausscheren Qasims aus dem [[Bagdad-Pakt]] überrascht worden.<ref name="UPI">{{Internetquelle |autor=Richard Sale |url=https://www.upi.com/Defense-News/2003/04/10/Exclusive-Saddam-key-in-early-CIA-plot/65571050017416/ |titel=Saddam key in early CIA plot |hrsg=United Press International |sprache=en |datum=2003-04-10 |abruf=2023-03-06 |zitat=said the move was done ‘with full knowledge of the CIA,’ and that Saddam’s CIA handler was an Iraqi dentist working for CIA and Egyptian intelligence.}}</ref> Anfang 1960 zog Saddam nach [[Kairo]].<ref name="CollTheAchillesTrap53" /> Er wurde in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Der bis dahin amtierende Chef der Baath-Partei, [[Fuad ar-Rikabi]], floh ebenfalls nach Ägypten und wurde im Irak durch einen entfernten Verwandten Saddam Husseins, Madschid, ersetzt. Rikabi hatte offensichtlich den Auftrag zum Attentat gegeben, nachdem er im Jahr zuvor aus der Regierung ausgeschieden war.<ref name="UPI" />


Sein Studium an der juristischen Fakultät der [[Universität Kairo]] beendete er ohne Abschluss. Er kehrte am 8. Februar 1963 nach dem blutigen Putsch der Baath-Partei in den Irak zurück und heiratete Sadschida Khairallah. Nach dem erneuten [[Militärputsch vom 18. November 1963]] wurde er 1964 zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, floh aber mit Hilfe des Premierministers [[Tahir Yahya]]s im Juli 1966. 1968 unterstützte er einen erfolgreichen [[Staatsstreich]] von Baath-Partei und Armee.
Am [[1. Juli]] [[1973]] wurde er vom Revolutionsrat zum Drei-Sterne-General der irakischen Streitkräfte ernannt.


=== Aufstieg ===
Am [[6. März]] [[1975]] schloss er als Vizepräsident mit dem iranischen [[Schah]] [[Mohammad Riza Pahlavi]] das [[Abkommen von Algier]] über den Grenzverlauf im [[Schatt el Arab]] und die gegenseitige Nichteinmischung in innere Angelegenheiten.
[[Datei:Saddam Hussein 1974.jpg|mini|hochkant|links|Saddam Hussein (1974)]]
[[Datei:Saddam Hussein in Imam Reza shrine - 1976.jpg|hochkant|mini|alt=Herr Abgeordneter Saddam Hussein unterhielt viele Auslandsbeziehungen mit dem Ausland|Vizepräsident Saddam Hussein betet in der Stadt Maschhad während seines Besuchs in [[Iran]] 1976]]
Als die Baath-Partei 1968 im Irak an die Macht kam, wurde Hussein in der neuen Regierung stellvertretender Generalsekretär des [[Revolutionärer Kommandorat|Revolutionären Kommandorates]] sowie Chef des Ministeriums für Staatssicherheit und des Propagandaministeriums. 1969 wurde er Vizepräsident.


Am 1. Juni 1972 leitete er die [[Verstaatlichung]] westlicher Ölfirmen ein, die ein Ölmonopol im Irak hatten. Mit den Öleinnahmen entwickelte er das Land zu einer regionalen militärischen Großmacht. Die Einnahmen aus dem Ölverkauf sorgten aber auch für den Wohlstand breiterer Bevölkerungsschichten. 1972 unterzeichnete Saddam in Moskau ein Freundschaftsabkommen mit der Sowjetunion.<ref>[https://www.sueddeutsche.de/politik/saddam-hussein-vom-partei-mitglied-zum-diktator-1.747880 ''Freundschaftsabkommen mit der Sowjetunion.''] SZ, 17. Mai 2010.</ref> Am 1. Juli 1973 wurde er vom Revolutionsrat zum Drei-Sterne-General der irakischen Streitkräfte ernannt. Später ernannte er sich selbst zum [[Marschall#Irak|Feldmarschall]]. Am 6. März 1975 schloss er als Vizepräsident mit dem [[iran]]ischen Schah [[Mohammad Reza Pahlavi]] das [[Abkommen von Algier]] über den Grenzverlauf im [[Schatt al-Arab]] und die gegenseitige Nichteinmischung in innere Angelegenheiten.[[Datei:Arab Summit 1978.jpg|mini|alt=Vertreter Saddam Hussein und mit Präsident Ahmed Hassan al-Bakr und einer Reihe von Ministern und Präsidenten|Im Vordergrund steht der irakische Präsident Ahmed Hassan al-Bakr, neben ihm sein Stellvertreter Saddam Hussein. Zum Jemen: Der libanesische Premierminister Salim Hoss. Auf einem arabischen Gipfel in Bagdad im November 1978]]
[[1979]] ernannte Präsident [[Ahmed Hassan al-Bakr]] Saddam Hussein im Alter von 42 Jahren zum Vorsitzenden der Partei und zu seinem Nachfolger. Am [[11. Juli]] [[1979]] wird er zum Generalsekretär der Ba'ath-Partei und am [[16. Juli]] [[1979]] übernimmt er die Macht als Staats- und [[Regierungschef]].
Danach leitete er eine blutige Säuberung der Ba'ath-Partei ein und verhindert so auch den geplanten Zusammenschluß mit dem ebenfalls ba'athistischen Regime Syriens.


1979 ernannte Präsident [[Ahmad Hasan al-Bakr]] Hussein im Alter von 42 Jahren zum Vorsitzenden der Partei und zu seinem Nachfolger. Am 11. Juli 1979 wurde er Generalsekretär der Baath-Partei, und am 16. Juli 1979 übernahm er die Macht als [[Liste der Staatsoberhäupter des Irak|Staatspräsident]] und [[Regierungschef]]. In einer seiner ersten Handlungen in dieser Position diffamierte Saddam in einer öffentlichen Versammlung mehrere anwesende Mitglieder der Baath-Partei als Verräter, woraufhin sie im Schnellverfahren zum Tode verurteilt und sofort liquidiert wurden. Die übrigen Parteimitglieder wurden durch dieses Exempel auf die Linie Saddams eingeschworen, der so auch den geplanten [[Charta der gemeinsamen nationalen Aktion|Zusammenschluss mit dem ebenfalls baʿthistischen Regime Syriens]] verhinderte.
Dennoch war auch danach Saddam Husseins Autorität noch nicht völlig unumschränkt. Zunächst hatten al-Bakr und Saddam Hussein die Ämter nur getauscht, al-Bakr blieb faktisch Vizepräsident bis zu seinem Tode im April 1982. Gerüchte wissen um eine vermeintliche Vergiftung. Saddam Hussein jedenfalls nutzte diese erste Zäsur einer Machterweiterung bereits im Juli zu einer verhängnisvollen Alleinentscheidung - dem Rückzugsbefehl für die irakischen Truppen in einer entscheidenden Phase des Golfkrieges gegen Iran. Die zweite Zäsur ist 1989 anzusetzen. Mit dem Tode des Ba'ath-Partei-Gründers und Vizepräsidenten Michel Aflaq (wiederum war von Gift die Rede) und der Ausschaltung des als Kriegsminister im Golfkrieg populär gewordenen Khayrallah Tulfah im gleichen Jahr (mysteriöser Hubschrauberabsturz) gab es faktisch keinerlei auch nur ansatzweise rivalisierende moralische Autorität mehr neben oder hinter dem Präsidenten, die Saddam Husseins nächste katastrophale Fehlentscheidung, den Krieg gegen Kuwait, hätte beeinflussen können.


Dennoch war Saddam Husseins Autorität zunächst noch nicht uneingeschränkt. Nach dem Tausch seines Amtes mit al-Bakr blieb dieser faktisch Vizepräsident bis zu seinem Tode im April 1982. Saddam Hussein nutzte diese erste [[Zäsur (Geschichte)|Zäsur]] einer Machterweiterung bereits im Juli 1982 zu einem folgenschweren Alleingang: Er gab einen Rückzugsbefehl für die irakischen Truppen in einer entscheidenden Phase des Golfkrieges gegen die [[Iran|Islamische Republik Iran]]. Die zweite Zäsur war 1989. Mit dem Tod des Baath-Partei-Gründers und Vizepräsidenten [[Michel Aflaq]] sowie des als Kriegsminister im Golfkrieg populär gewordenen Chairallah Talfah durch einen unaufgeklärten Hubschrauberabsturz im gleichen Jahr gab es keine rivalisierende Autorität mehr außer dem nunmehr endgültig diktatorisch agierenden Präsidenten, die seine Entscheidung zum Krieg gegen Kuwait im Folgejahr hätte beeinflussen können.
=== Der erste Golfkrieg ===
Circa ein Jahr nach der Revolution im Iran gegen den prowestlichen [[Mohammad Reza Pahlavi]] annullierte Saddam Hussein am [[17. September]] [[1980]] das [[Abkommen von Algier]]. Am [[22. September]] [[1980]] befahl er der irakischen Armee, den Iran mit neun von insgesamt zwölf Divisionen auf einer 600km breiten Front anzugreifen. Dies bildete den Auftakt für den fast acht Jahre dauernden [[Erster Golfkrieg|Ersten Golfkrieg]].


Saddam Husseins Herrschaft wurde ab 1979 von einem [[Personenkult]] geprägt. Dieser bediente sich politischer, religiöser und nationalistischer Motive und diente der Disziplinierung der Bevölkerung und Unterdrückung politischen Dissenses. Propagandistische Darstellungen seiner Person waren hierbei im öffentlichen und privaten Raum obligat. Führend bei der Durchsetzung des Personenkults war die Ba'thpartei als Staatspartei des Einparteienstaats. Ab Mitte der 1980er Jahre wurde Kritik an ihm oder seinen Familienangehörigen offen strafrechtlich durch Sondergerichte verfolgt.<ref>Joseph Sassoon: ''Saddam Hussein’s Ba'th Party.'' Cambridge, 2012, S. 162–192.</ref>
Dabei spielten auch verschiedene westliche Staaten, die ihn wegen der drohenden Niederlage gegen den [[Iran]] massiv unterstützten, wie z. B. [[Frankreich]] ([[Israel]] zerstörte im Jahr [[1981]] den irakisch-französischen Atomreaktor [[Osirak]]) und [[Deutschland]], als Rüstungsexporteure und Lieferanten für Nuklear- sowie Chemieanlagen ([[Pestizid]]e-[[Giftgas]]) eine führende Rolle. Entgegen oft geäußerter Ansichten gehörten die [[USA]] vom Volumen der Waffenlieferungen eher zur zweiten Reihe. Hauptunterstützer des Iraks waren die [[Sowjetunion]], [[Frankreich]] und die [[Volksrepublik China]]. Auf einer vom Stockholmer SIPRI-Institut erstellten Übersicht folgen die USA erst an 11. Stelle.


Saddam Hussein ist für zahlreiche Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantwortlich, die in seiner Regierungszeit verübt wurden, darunter Giftgaseinsätze und Massenmorde an Kurden und Schiiten. [[Human Rights Watch]] schätzt, dass Saddams Regime mindestens 250.000 Iraker ermordete oder „verschwinden“ ließ. Dazu zählen 100.000 Kurden, die während der [[Anfal-Operation]] von 1987 bis 1988 getötet wurden, sowie viele Menschen, die verhaftet wurden und „verschwunden“ sind, darunter 50.000 bis 70.000 Schiiten in den 1980er Jahren, 50.000 Oppositionsaktivisten, darunter Linke, Kurden und andere Minderheiten in den 1980er und 1990er Jahren und 30.000 schiitische Männer während des gescheiterten Aufstands im März 1991.<ref>{{cite web|url=https://www.hrw.org/news/2004/01/25/war-iraq-not-humanitarian-intervention|title=War in Iraq: Not a Humanitarian Intervention|publisher=[[Human Rights Watch]]|date=2004-01-25|access-date=2023-06-11|language=en|quote=Having devoted extensive time and effort to documenting [Saddam's] atrocities, we estimate that in the last twenty-five years of Ba'ath Party rule the Iraqi government murdered or 'disappeared' some quarter of a million Iraqis, if not more.}}</ref>
Eine besondere Bedeutung hatten allerdings auch die [[Sunniten|sunnitischen]] bzw. [[Wahabiten|wahabitischen]] [[Golfstaat]]en als Kreditgeber und Finanziers des ersten Golfkrieges (Bedrohungsszenario durch den [[Schia|schiitischen]] Iran). Das Unvermögen, die Kredite zurückzuzahlen, wird allgemein als einer der Gründe für die versuchte [[Annektierung]] [[Kuwait]]s durch den Irak betrachtet.
Während des Krieges gegen den Iran setzte Saddam Hussein mit stillschweigender Billigung eines Großteils der Staatengemeinschaft Giftgas ein, wobei er Hunderttausende junger Iraner vergaste (Siehe auch [[Kriegsverbrechen]], [[Demozid]]). Der US-Geheimdienst stellte dem Irak Satellitenbilder der iranischen Stellungen zur Verfügung. Bei einem Besuch in Bagdad regte der damalige Reagan-Vertraute Rumsfeld die Verwendung von Giftgas an.


=== Erster Golfkrieg ===
Um die Neutralität der schiitischen Bevölkerungsmehrheit Iraks im Krieg gegen den Iran zu sichern, trat Saddam Hussein 1981 im Beisein des damaligen Großayatollah Khoy formal zur Schia über. Dieser Schritt wurde aber weder von Schiiten noch von Saddam Hussein bzw. den Sunniten ernstgenommen, und auch Khoy überlebte Saddams Regime nicht.
{{Hauptartikel|Erster Golfkrieg}}
[[Datei:Saddam rumsfeld.jpg|mini|Saddam Hussein mit [[Donald Rumsfeld]] (1983)]]
[[Datei:Presidential Palace, Baghdad 2003.jpg|mini|Saddam Husseins Präsidentenpalast (2003)]]


Etwa ein Jahr nach der [[Islamische Revolution|Islamischen Revolution]] in Iran gegen den prowestlichen Schah Mohammad Reza Pahlavi kündigte Saddam Hussein am 17. September 1980 das Abkommen von Algier, das zuvor auch Iran als nicht mehr bindend erklärt hatte. Der Irak verweigerte daraufhin die Räumung der 1975 abgetretenen Grenzgebiete, die seit dem 4. August unter iranischem Beschuss lagen. Am 22. September 1980 befahl Hussein der irakischen Armee, die Islamische Republik Iran mit neun von insgesamt zwölf Divisionen auf einer 600&nbsp;km breiten Front anzugreifen. Geplant war ein [[Blitzkrieg]]. Die irakische Offensive scheiterte jedoch nach begrenzten Geländegewinnen, und die Initiative ging auf die Iraner über. Dies bildete den Auftakt für den fast acht Jahre dauernden [[Erster Golfkrieg|Ersten Golfkrieg]].
Am [[18. Juli]] [[1988]] willigte [[Iran]] in die Waffenstillstandsbedingungen der [[Vereinte Nationen|VN]]-Resolution 598 ein, die Saddam Hussein bereits zuvor akzeptiert hatte. Ayatollah [[Ruhollah Khomeini|Chomeini]] kommentierte dies mit dem Zusatz ''„Lieber hätte ich Gift genommen“''. Am [[8. August]] [[1988]] wurde ein Waffenstillstandsabkommen geschlossen, das am [[20. August]] [[1988]] in Kraft trat. Zum Abschluss eines Friedensvertrages ist es seither nicht gekommen.


Dabei spielten auch verschiedene westliche Staaten eine führende Rolle, die den Irak wegen der drohenden Niederlage gegen Iran massiv unterstützten, wie Frankreich und Deutschland als Rüstungsexporteure und Lieferanten für Kernreaktoren sowie Chemieanlagen ([[Pestizid]]e und [[Giftgas]]). Hauptunterstützer des Iraks waren die Sowjetunion, Frankreich und die Volksrepublik China, die allerdings auch Iran belieferte. Auch Washington belieferte beide Seiten. Eine besondere Bedeutung hatten weiterhin die [[Sunniten|sunnitischen]] und [[Wahhabiten|wahhabitischen]] [[Golf-Kooperationsrat|Golfstaaten]] als Kreditgeber und Finanziers des Ersten Golfkrieges. Das Unvermögen, die Kredite zurückzuzahlen, wird allgemein als einer der Gründe für die versuchte [[Annexion]] [[Kuwait]]s durch den Irak betrachtet. Während des Krieges ließen auf beiden Seiten Hunderttausende ihr Leben, allein durch Saddam Husseins Giftgaseinsätze starben mehrere tausend Menschen. Sehr kritisch betrachtet werden Vermutungen, denen zufolge der US-Geheimdienst dem Irak Satellitenbilder der iranischen Stellungen zur Verfügung stellte, und die Zurückhaltung und teilweise stillschweigende Billigung eines Großteils der Staatengemeinschaft.
[[1988]] wurde die kurdische Stadt [[Halabdscha]] vermutlich von seiner Luftwaffe mit [[Giftgas]] angegriffen, wobei etwa 5000 Zivilisten zu Tode kamen. Erst dieser Giftgaseinsatz wurde von der westlichen Presse zur Kenntnis genommen, aber von staatlicher Seite nicht verurteilt.


Von 1981 bis 1987 lag die militärische Initiative überwiegend auf iranischer Seite, erst 1988 konnten die irakischen Truppen wieder größere Erfolge erzielen. Am 18. Juli 1988 willigte Iran daher in die Waffenstillstandsbedingungen der [[UN-Resolution]] 598 ein, die Saddam Hussein bereits zuvor akzeptiert hatte. [[Ajatollah]] [[Ruhollah Chomeini|Chomeini]] kommentierte dies mit dem Zusatz „bitterer als Gift“. Am 8. August 1988 wurde ein Waffenstillstandsabkommen geschlossen, das am 20. August 1988 in Kraft trat und die Vorkriegsgrenzen wiederherstellte. Zum Abschluss eines Friedensvertrages ist es seither nicht gekommen.
=== Der zweite Golfkrieg ===
Am [[2. August]] [[1990]], zwei Jahre nach dem Waffenstillstand, ließ Saddam Hussein [[Kuwait]] besetzen. Im [[Zweiter Golfkrieg|Zweiten Golfkrieg]] wurde seine Armee Anfang [[1991]] durch die von den [[USA]] geführte Koalition fast vernichtend geschlagen, kurz vor [[Bagdad]] zogen sich die amerikanischen Truppen aber zurück. Der von westlichen Kräften ermutigte Aufstand der [[Schiiten]] im südlichen Irak gegen Saddam Hussein wurde trotz der eingerichteten Flugverbotszone durch die militärisch immer noch überlegene Regierung brutal niedergeschlagen.


=== Anfal-Operation ===
Saddam Hussein überlebte zahlreiche Putsch- und [[Attentat]]sversuche, auch von ausländischen Geheimdiensten. Er förderte aktiv die Modernisierung der irakischen Wirtschaft und den Aufbau von Industrie, Verwaltung und Polizei. Er leitete den Ausbau des irakischen Landes, die Mechanisierung der Landwirtschaft und die [[Bodenreform]].
{{Hauptartikel|Anfal-Operation}}


Gegen Ende des Krieges 1988 befahl Hussein die [[Anfal-Operation]] im Nordirak<ref>{{Literatur |Autor=George Black |Titel=Genocide in Iraq: The Anfal Campaign Against the Kurds |Verlag=Human Rights Watch |Datum=1993 |ISBN=1-56432-108-8 |Seiten=4 |Online=https://books.google.de/books?id=qidfVsS-z8YC&pg=PA5&lpg=PA5&dq=iraq's+crime+of+genocide+the+anfal+campaign+against+the+kurds&source=bl&ots=LZJOeytDpN&sig=BY561VBkUVRrrE7YoO8Oey1YxQA&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjIoZ-X4fHJAhVIWBQKHdQPC2cQ6AEIQzAF#v=onepage&q=iraq's%2520crime%2520of%2520genocide%2520the%2520anfal%2520campaign%2520against%2520the%2520kurds&f=false |Abruf=2015-12-23}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Kenneth Anderson, Middle East Watch (Organization), Physicians for Human Rights (U.S.) |Titel=The Anfal Campaign in Iraqi Kurdistan: The Destruction of Koreme |Verlag=Human Rights Watch |Datum=1993 |ISBN=0-300-05757-1 |Online=https://books.google.com/books?id=sKNmbI4pR7MC |Abruf=2015-12-23}}</ref> und intensivierte damit die seit Mitte der 1970er Jahre bestehende [[Arabisierung]]spolitik gegen die Kurden.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.hrw.org/reports/2004/iraq0804/4.htm |titel=Forced Displacement and Arabization of Northern Iraq. The Mass Displacement of the mid-1970s |hrsg=Human Rights Watch |sprache=en |abruf=2015-12-23}}</ref> Die Kurden hatten sich insbesondere nach der Niederlage der [[Peschmerga]] unter [[Mustafa Barzani]] im Jahr 1975 einer stärkeren Verfolgung durch Hussein ausgesetzt gesehen. Dazu waren sie aus über 1500 Ortschaften vertrieben und in Sicherheitszonen, die im Grenzgebiet zur Türkei und zu Iran lagen, in dafür bestimmte Lager konzentriert worden. Auch aus Städten, in denen keine Bevölkerungsgruppe dominierte, waren Kurden im Zuge der Arabisierungspolitik deportiert worden. Kurden, die in der irakischen Armee dienten oder Lehrkräfte waren, waren im Süden des Iraks fernab ihrer Heimat eingesetzt worden. Vor allem um das ölreiche Kirkuk hatte Hussein eine aggressive Umsiedlungspolitik betrieben, bei der kurdische, [[Assyrer im Irak|assyrische]] und [[Turkmenen (Irak)|turkmenische]] Bewohner vertrieben und arabische Iraker angesiedelt wurden.<ref>Vera Eccarius-Kelly: ''Kurdish Resettlement.'' In: Paul R. Bartrop, Steven Leonard Jacobs (Hrsg.): ''Modern Genocide: The Definitive Resource and Document Collection.'' Band 1, ''Armenian Genocide, Bosnian Genocide, and Cambodian Genocide.'' ABC-CLIO, Santa Barbara 2015, ISBN 978-1-61069-363-9, [https://books.google.de/books?id=JB4UBgAAQBAJ&pg=PA1592 S. 1592.]</ref>
Er beförderte eine vollständige Neuentwicklung der Energiewirtschaft sowie den öffentlichen Dienst wie Transport und Erziehung. Er brachte eine nationale Alphabetisierungskampagne auf den Weg und führte die Schulpflicht ein.


Die Durchführung der Anfal-Operation übernahm [[Ali Hasan al-Madschid]], ein Vetter von Hussein, der durch den Einsatz von [[Chemische Waffe|Chemiewaffen]] gegen die kurdische Bevölkerung unter dem Namen ''Chemical-Ali'' ({{kuS}} ''Eliyê Kîmyawî'', „Chemie-Ali“) bekannt wurde.<ref>{{Literatur |Autor=Gillian Duncan, Orla Lynch, Gilbert Ramsay, Alison M. S. Watson |Titel=State Terrorism and Human Rights: International Responses since the End of the Cold War |Verlag=Routledge |Datum=2013 |ISBN=978-1-136-67967-4 |Seiten=79 |Online=https://books.google.com/books?id=86DyeTnKA8AC |Abruf=2015-12-23}}</ref> Im Rahmen dieses Genozids wurden laut [[Human Rights Watch]] von Februar bis September 1988 bis zu 100.000 Kurden systematisch ermordet und eine unbekannte Zahl in den Süden des Iraks [[Deportation|deportiert]].<ref>{{Internetquelle |url=https://www.europarl.europa.eu/meetdocs/2009_2014/documents/d-iq/dv/03_kurdishgenocidesofanfalandhalabja_/03_kurdishgenocidesofanfalandhalabja_en.pdf |titel=The Kurdish Genocide – Achieving Justice through EU Recognition |werk=europarl.europa.eu |seiten=2, 3 |datum= |format=PDF |sprache=en |abruf=2015-12-23}}</ref> Ferner wurde die Infrastruktur von etwa 2.000 Dörfern und 20 Kleinstädten, darunter die Stadt Qeladizê mit ihren damals 70.000 Einwohnern, zerstört.<ref>Winfried Sträter: [http://www.deutschlandradiokultur.de/saddams-giftgasangriffe-auf-die-kurden.954.de.html?dram:article_id=145823 ''Saddams Giftgasangriffe auf die Kurden. Die Anfal-Offensive Ende der 80er-Jahre im Irak.''] [[Deutschlandradio Kultur]], 30. November 2010; abgerufen am 7. Juni 2016.</ref><ref>{{Internetquelle |url=http://news.bbc.co.uk/2/hi/middle_east/4877364.stm |titel=Anfal: Campaign against the Kurds |hrsg=[[British Broadcasting Corporation|BBC]] |datum=2007-06-24 |abruf=2015-12-23}}</ref> Die Kurden selber schätzten die Zahlen der verschwundenen Menschen auf 182.000 und die zerstörten Dörfern auf 4.000 ein.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.hrw.org/reports/pdfs/i/iraq/iraq.937/anfalfull.pdf |titel=Genocide In Iraq – The Anfal Campaign Against The Kurds |hrsg=[[Human Rights Watch]] |seiten=12, 17 |datum=1993 |format=PDF |sprache=en |abruf=2015-12-23 |kommentar=A Middle East Watch Report}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=http://uk.gov.krd/genocide/pages/page.aspx?lngnr=12&pnr=37 |titel=What Happened In The Kurdish Genocide |werk=uk.gov.krd |archiv-url=https://web.archive.org/web/20160304080615/http://uk.gov.krd/genocide/pages/page.aspx?lngnr=12&pnr=37 |archiv-datum=2016-03-04 |abruf=2015-12-23}}</ref> Im Gegensatz zu früheren Einsätzen von Giftgas wurde der [[Giftgasangriff auf Helepçe]] von der westlichen Presse mit Entsetzen und Empörung zur Kenntnis genommen. Staatliche Seiten verhielten sich weiterhin zurückhaltend. An der Herstellung des Giftgases waren größtenteils deutsche Firmen beteiligt.<ref>{{Internetquelle |autor= |url=http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/17/010/1701022.pdf |titel=Entschädigung der Opfer des Giftgas-Massakers von Halabja 1988 |titelerg=Drucksache 17/837 |werk= |hrsg=Deutscher Bundestag |datum=2010-03-15 |format=PDF |sprache=de |abruf=2017-05-16}}</ref>
Seit dem [[29. Mai]] [[1994]] war er zusätzlich Premierminister, Vorsitzender der Ba'ath-Partei und Oberkommandierender der Armee. Im Oktober 1995 ließ er sich ohne Gegenkandidaten mit 97% der abgegebenen Stimmen auch offiziell zum Präsidenten wählen. Die Gratulation durch den ehemaligen Staatspräsidenten [[Abdul Rahman Aref]] verlieh dieser Farce einen beinahe legitimen Anstrich.


=== Zweiter Golfkrieg ===
[[1995]] flüchteten Saddams Schwiegersöhne, sowie der Geheimdienstchef und dessen Bruder wegen Meinungsverschiedenheiten nach [[Jordanien]]. Angeblich durch Saddam [[Begnadigung|begnadigt]], kehrten sie in den Irak zurück, wo sie im Februar [[1996]] inhaftiert und hingerichtet wurden.
{{Hauptartikel|Zweiter Golfkrieg}}
[[Datei:Sadoun Al-Zubaydi with Saddam Hussein.jpeg|mini|Saddam Hussein 1990 mit Ex-Bundeskanzler [[Willy Brandt]] und [[Sadoun al-Zubaydi]] (Mitte)]]


Am 2. August 1990, zwei Jahre nach dem Waffenstillstand, ließ Saddam Hussein Kuwait mit der Behauptung besetzen, es zapfe illegal Ölfelder des Iraks an. Die Besetzung erfolgte, nachdem Kuwait die Ölfördermenge erhöht und die [[Ölpreis]]e gesenkt hatte. Der Irak hatte starke Interessen an einem lukrativen Ölgeschäft, zumal das Land sich im Wiederaufbau nach dem Ersten Golfkrieg befand.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.iran-azad.de/D/DUuP/Irak.htm |text=Irak, Kuweit und das Öl |wayback=20060628083117}}</ref>
Die [[Vereinte Nationen|Vereinten Nationen]] hatten seit dem Golfkrieg ein ununterbrochenes Handels[[embargo]] über das Land verhängt. [[1996]] akzeptierte das irakische Parlament den „[[Oil For Food]]“-Plan des [[UNO-Sicherheitsrat|UNO-Sicherheitsrates]], der dem Irak den Verkauf begrenzter Mengen [[Erdöl]] ermöglichte, um dringende humanitäre Bedürfnisse zu decken.
Im Oktober [[2002]] wurde Saddam Hussein in einer fingierten Wahl mit 100 Prozent der Stimmen als Führer des Landes für weitere sieben Jahre im Amt bestätigt.


Im [[Zweiter Golfkrieg|Zweiten Golfkrieg]] wurde die irakische Armee Anfang 1991 durch die von den USA geführte Koalition fast vollständig geschlagen. Ein bereits begonnenes Vorrücken amerikanischer Verbände in Richtung [[Bagdad]] wurde eingestellt, da der Auftrag der UN-Resolution, die nur die Befreiung Kuwaits, aber nicht einen Regimewechsel im Irak vorsah, erfüllt war und die Verbündeten der USA nicht gewillt waren, weitergehende Maßnahmen mitzutragen. Der von westlichen Kräften ermutigte Aufstand der Schiiten im südlichen Irak gegen Hussein wurde durch die militärisch immer noch überlegenen irakischen Regierungstruppen trotz Einrichtung einer [[Flugverbotszone]] niedergeschlagen.
=== Der dritte Golfkrieg ===
Im so genannten [[Dritter Golfkrieg|Dritten Golfkrieg]] ([[20. März]] [[2003]]) marschierten Truppen der USA und verbündeter Staaten in den Irak ein, zerschlugen die irakische Armee und besetzten das Land vollständig. Die USA begründeten dies damit, dass der Irak durch Entwicklung und Besitz von Massenvernichtungswaffen gegen die über ihn verhängten [[Vereinte Nationen|VN]]-Resolutionen verstieße, und dass Saddam Hussein terroristische Organisationen wie [[Al Qaida ]] unterstützen würde. Beides konnte jedoch nicht bestätigt werden.
Auf Saddam Hussein und eine Reihe von führenden Angehörigen der Regierung wurde ein [[Kopfgeld]] von 25 Millionen US-Dollar ausgesetzt.


=== Weiteres politisches Wirken ===
Nach Kriegsende tauchten Tonbandaufnahmen auf, in denen eine männliche Stimme dazu aufrief, „die Invasoren aus unserem Land zu vertreiben“. Es wird als wahrscheinlich angesehen, dass es sich dabei um die Stimme Saddam Husseins handelte.
Saddam Hussein überlebte zahlreiche Putschversuche und Attentate, auch von ausländischen Geheimdiensten. Er hatte, wie [[Latif Yahya]] behauptet, zwei Doppelgänger. Faoaz Al-Emari und einen zweiten, der 1984 bei einem Anschlag ums Leben kam.<ref>Latif Yahia, Karl Wendel: ''Ich war Saddams Sohn''. München 2003, S. 50.</ref>
{{Siehe auch|Liste der Attentate auf Saddam Hussein}}


Er förderte aktiv die Modernisierung der irakischen Wirtschaft und den Aufbau von Industrie, Verwaltung und Polizei. Hussein leitete den Aufbau des irakischen Landes, die Technisierung der Landwirtschaft und die [[Bodenreform]] sowie die Volksbildung. Des Weiteren förderte er die vollständige Neugestaltung der Energiewirtschaft, des öffentlichen Dienstes sowie des Transport- und Bildungswesens. Unter seiner Herrschaft begann eine nationale Alphabetisierungskampagne, und die allgemeine Schulpflicht wurde eingeführt. Vor 1990 stieg die Alphabetisierungsrate bei Mädchen auf über 90 Prozent, nach der Zerstörung von Schulen in den beiden Golfkriegen von 1991 und 2003 sank sie wieder auf 24 Prozent, so die [[UNESCO]].
Seine Söhne Udai und Kusai, die für ihre Grausamkeit gefürchtet waren, kamen am [[22. Juli]] [[2003]] bei einem US-Angriff auf ihren Unterschlupf in [[Mosul]] nach heftigen Kämpfen ums Leben. Sein dritter und jüngster Sohn ([[Ali_Saddam_Hussein|Ali Hussein]]) ist untergetaucht.


Seit dem 29. Mai 1994 war Hussein wieder Premierminister, nachdem er nach dem Ende des Golfkriegs 1991 diesen Posten aufgab. Zudem bekleidete er das Amt des Vorsitzenden der Baath-Partei und war Oberkommandierender der Armee. Im Oktober 1995 ließ er sich ohne Gegenkandidaten mit 97 Prozent der abgegebenen Stimmen auch offiziell zum Präsidenten wählen. Die Gratulation durch den ehemaligen Staatspräsidenten [[Abd ar-Rahman Arif]] verlieh dieser Wahl einen beinahe legitimen Anstrich. Am 8. August 1995 flüchteten Saddams Schwiegersöhne sowie der Geheimdienstchef und dessen Bruder wegen Meinungsverschiedenheiten nach [[Jordanien]].<ref>Amatzia Baram: ''Auf die Leibwächter kommt es an. Warum ist Saddam Hussein immer noch an der Macht?'' In: ''Der Überblick'', Jg. 31 (1995), Heft 4, S. 64–66.</ref> Angeblich durch Hussein begnadigt, kehrten sie in den Irak zurück, wo sie im Februar 1996 inhaftiert und drei Tage später erschossen wurden.
=== Saddam Husseins Festnahme ===


Die [[Vereinte Nationen|Vereinten Nationen]] hatten seit dem Zweiten Golfkrieg ein ununterbrochenes Handelsembargo über das Land verhängt. 1996 akzeptierte das irakische Parlament den „[[Oil for Food|Oil-for-Food]]“-Plan des [[UNO-Sicherheitsrat]]es, der dem Irak den Verkauf begrenzter Mengen [[Erdöl]]s ermöglichte, um dringende humanitäre Bedürfnisse zu decken. Hussein kündigte im Jahre 2000 an, im Rahmen des Programms „Öl gegen Lebensmittel“ Erdöl gegen Euro zu verkaufen und begann seine nationalen Devisenreserven auf Euro umzustellen („Petro-Euro“).<ref>The Guardian: [https://www.theguardian.com/business/2003/feb/16/iraq.theeuro Iraq nets handsome profit by dumping dollar for euro], The Guardian, 16. Februar 2003</ref><ref>[http://www.berliner-zeitung.de/saddam-hussein-will-den-euro-16083534 ''Saddam Hussein will den Euro.''] Berliner Zeitung, 28. Oktober 2000.</ref>
Am [[13. Dezember]] [[2003]] um etwa 20 Uhr Ortszeit soll Saddam Hussein bei einem Dorf, etwa 15 Kilometer von seiner Heimatstadt [[Tikrit]] entfernt, bei einer Razzia von US-amerikanischen Truppen festgenommen worden sein. Dabei soll kein Schuss gefallen sein.
Er soll sich in einem Haus in einem gemauerten [[Erdloch]] versteckt und einen Vollbart getragen haben. Bei ihm soll Bargeld im Wert von etwa 750.000 US-Dollar gefunden worden sein. Der von der amerikanischen Führung verbreitete Hergang der Festnahme und der konkrete Zeitpunkt wird durch den Anwalt Saddam Husseins sowie ihn selbst bestritten; auch der ehemalige US-Soldat Nadim Abou Rabeh sagte im März 2005, dass die Szene mit dem Erdloch gestellt worden sei, Saddam Hussein in einem Haus gelebt habe und die US-Soldaten bei der Festnahme auf Widerstand gestoßen seien. Seine Identität wurde nach amerikanischen Angaben durch einen [[DNA-Test]] sowie anhand von Zähnen und Narben nachgewiesen.


Im Oktober 2002 wurde Saddam Hussein in einer offensichtlich fingierten Wahl mit fast 100 Prozent der Stimmen als Führer des Landes für weitere sieben Jahre im Amt bestätigt.
Die offizielle Bestätigung der Festnahme erfolgte am [[14. Dezember]] 2003 um etwa 13 Uhr [[MEZ]] durch den britischen Premierminister [[Tony Blair]] und kurz danach in einer Pressekonferenz durch [[Paul Bremer]], den US-amerikanischen Zivilverwalter im Irak.


=== Irakkrieg ===
Saddam Hussein wird im Hochsicherheits[[gefängnis]] [[Camp Cropper]] festgehalten und soll vor ein irakisches Gericht gestellt werden. Am [[10. Januar]] [[2004]] gab die US-amerikanische Regierung bekannt, Saddam Hussein sei nun offizieller [[Kriegsgefangenschaft|Kriegsgefangener]] der USA. Am selben Tag forderte der irakische Regierungsrat die Vereinigten Staaten auf, Hussein als einen Kriminellen der irakischen Justiz zu übergeben. Der Status des Kriegsgefangenen ermöglicht unter anderem, dass unabhängige Beobachter und Hilfsorganisationen (z. B. das [[Rotes Kreuz|Rote Kreuz]]) mit dem Ex-Diktator in Kontakt treten können, um sich von dessen Unversehrtheit und den Haftbedingungen ein Bild machen zu können.
{{Hauptartikel|Irakkrieg}}
Am [[30. Juni]] [[2004]], also zwei Tage nach der offiziellen Machtübergabe der USA an die irakische Übergangsregierung, wurde Hussein nach sechs Monaten der irakischen Justiz übergeben.
[[Datei:Powell UN Iraq presentation, alleged Mobile Production Facilities.jpg|mini|Computer-generierte Abbildung der angeblichen mobilen Anlagen zur Produktion chemischer Kampfstoffe, präsentiert von dem damaligen US-Außenminister Colin Powell vor dem UN-Sicherheitsrat im Februar 2003 zur Legitimation des Sturzes Saddam Husseins und des Irak-Krieges]]


Im Jahre 2003 begann schließlich der [[Irakkrieg]]. Die Truppen der Vereinigten Staaten und des [[Vereinigtes Königreich|Vereinigten Königreiches]] marschierten am 20. März 2003 in den Irak ein. Die irakische Armee wurde geschlagen, das Land vollständig besetzt. Die USA begründeten dies damit, dass der Irak durch Entwicklung und Besitz von „Massenvernichtungswaffen“ gegen die über ihn verhängten [[Vereinte Nationen|UN]]-Resolutionen verstoßen und dass Hussein terroristische Organisationen wie [[al-Qaida]] unterstützt habe. Beide Vorwürfe waren falsch und wurden auch in den USA nachträglich durch den Geheimdienstausschuss des US-Senats widerlegt.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.sueddeutsche.de/politik/irak-krieg-saddam-hussein-hatte-keine-verbindungen-zu-al-quaida-1.869934 |titel=Irak-Krieg Saddam Hussein hatte keine Verbindungen zu al-Qaida |werk=[[Süddeutsche Zeitung]] |datum=2006-09-09 |abruf=2012-07-11}}</ref>
=== Die Anklage ===
Das irakische Justizsystem wurde in den 1920er Jahren von den Briten aufgebaut, für die Schulung im [[Internationales Recht|internationalen Recht]] für diesen Prozess hatten die irakischen Juristen ein Jahr Zeit.
Ein Sondertribunal wird sich nun mit ihm und 11 weiteren Politikern und Militärs des Iraks beschäftigen. In einer ersten Anhörung ohne Anwalt am 1. Juli [[2004]], welche überwiegend ohne Ton (US-[[Zensur_%28Informationskontrolle%29|Zensur]]) auch im Fernsehen übertragen wurde, stritt er jede Schuld ab und erkannte das Tribunal nicht an. Er sieht sich weiterhin als Präsident: ''„Ich bin Saddam Hussein, der Präsident des Irak“''. Er bleibt unter Bewachung der USA.
Gemäß irakischem Recht wird Saddam Husseins Einmarsch in Kuwait vor dem Tribunal verhandelt werden.
Geplante Ausnahmen:
* Der Überfall auf den Iran 1980, soll ''nicht'' als Angriffskrieg verhandelt werden. Die iranische Regierung beabsichtigt aber in Bagdad zu klagen, da Saddam Hussein [[1980]] den Krieg gegen [[Iran]] begonnen und [[Chemiewaffen]] eingesetzt hatte. '' Quelle: [http://www.nzz.ch/2004/07/04/al/page-newzzDW8WKYZG-12.html NZZ]
* Die westlichen Regierungen, die [[Sowjetunion]], [[Kuwait]] und [[Saudi-Arabien]] sitzen für Ihre Unterstützung des Irak mit ''Waffen, Giftgas, operativer Hilfe und Krediten'' im [[Erster Golfkrieg|Ersten Golfkrieg]] nicht mit auf der Anklagebank.[http://www.nadir.org/nadir/initiativ/kurdi-almani-kassel/aktuell/2001/dez2001/irakwaff.htm]


Am 9. April 2003 wurden die Kämpfe mit dem Fall Bagdads und dem Untergang des Regimes von Saddam Hussein beendet. Auf Hussein und eine Reihe von führenden Angehörigen der Regierung wurde nach dem Sturz des Regimes ein Kopfgeld von 25&nbsp;Millionen US-Dollar ausgesetzt. Nach ihnen wurde auch mittels eines in Umlauf gebrachten [[Personality Identification Playing Cards|Kartenspiels]] gefahndet, in dem die Gesuchten Karo-Ass, Herz-König etc. darstellten.
Auf jeden Fall werden Saddam Hussein die in diesen Kriegen verübten Kriegsverbrechen sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit (laut Human Rights Watch wurden bis zu 290.000 Menschen ermordet http://www.hrw.org/reports/2003/iraq0503/) zur Last gelegt.


Er suchte zunächst mit seinen Söhnen [[Udai Hussein|Udai]] und [[Qusai Hussein|Qusai]] Zuflucht in der Provinz [[al-Anbar]] und sandte beide anschließend nach Syrien. Syriens Präsident [[Baschar al-Assad]] war das Risiko eines Konflikts mit den Vereinigten Staaten zu hoch und schickte beide in den Irak zurück. Ihr Unterschlupf in [[Mossul]] wurde verraten und beide sowie Qusais vierzehnjähriger Sohn wurden am 22.&nbsp;Juli 2003 in einem fünfstündigen Feuergefecht mit Soldaten der [[101st Airborne Division]] getötet.<ref>{{Literatur |Autor=Steve Coll |Titel=The Achilles Trap. Saddam Hussein, the United States and the Middle East, 1979–2003 |Verlag=Allen Lane |Ort=London |Datum=2024 |ISBN=978-0-241-68665-2 |Seiten=479–480 |Sprache=en |Online={{Google Buch |BuchID=3JzDEAAAQBAJ |SeitenID=PT331}}}}</ref>
Die US-Regierung hat sich sehr bemüht, ein [[funktion]]sfähiges Tribunal aufzubauen. Die Ermittlungen werden laut [[New York Times]] vom [[FBI]] und einer Einheit des US-Justizministeriums geführt. Die irakischen Juristen erhalten Unterstützung von ausländischen Experten. Salam Tschalabi, der Gerichtsdirektor, wurde in den USA ausgebildet, so die [http://www.sueddeutsche.de/ausland/artikel/539/34505/ SZ].


== Strafverfolgung ==
=== Der Prozess ===
=== Festnahme ===
Mit dem Prozessbeginn wird Ende 2005 gerechnet.
[[Datei:Saddamcapture.jpg|mini|hochkant|Saddam Hussein nach seiner Festnahme (2003)]]
In erster Instanz wird eine Kammer aus fünf Richtern urteilen. In der Berufung entscheiden neun Richter. Die Richter entscheiden über Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen, die während seiner Präsidentschaft [[1979]] bis [[2003]] begangen wurden.


Am 13. Dezember 2003 wurde Saddam Hussein von US-Besatzungstruppen festgenommen. Nach amerikanischer Darstellung wurde er nach einem Verrat eines früheren Gefolgsmannes, eines ehemaligen irakischen Geheimdienstlers, in dem Dorf [[Ad-Dawr]] rund 15&nbsp;Kilometer von seiner Heimatstadt Tikrit entfernt von amerikanischen Soldaten gefangen genommen. Demnach habe sich der einstmals mächtigste Mann des Landes zuletzt in einem engen, gemauerten Erdloch vor einer ärmlichen Hütte versteckt gehalten. Als die Soldaten das Erdloch mit vorgehaltener Waffe inspizierten, habe sich Saddam Hussein ihnen kampflos und müde ergeben. Bei ihm soll Bargeld im Wert von etwa 750.000 [[US-Dollar]] gefunden worden sein.<ref>[http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,279212-5,00.html ''Das Ende des Despoten''.] [[Spiegel Online]]</ref> Der von der US-amerikanischen Führung verbreitete Hergang der Festnahme und der konkrete Zeitpunkt wurden von Saddam Husseins Anwalt wie auch von ihm selbst bestritten. Der ehemalige US-Soldat Nadim Abou Rabeh sagte im März 2005, dass die Szene mit dem sogenannten Erdloch gestellt worden sei, Saddam Hussein in einem Haus gelebt habe und die US-Soldaten bei der Festnahme auf Widerstand gestoßen seien.
=== Das Urteil ===
Gegenüber der italienischen Tageszeitung „La Repubblica“ sprach sich der irakische Kurdenführer [[Dschalal Talabani]] gegen die Todesstrafe für Saddam Hussein aus. ''Saddam Hussein habe „massakriert“ und „Er hat unsere Städte abgebrannt und zerstört.“ – Der neue Irak, der gerade im Entstehen sei, müsse deshalb die Rechte der kurdischen Bevölkerung achten. „Wenn der Irak diese Verpflichtung nicht anerkennt, wird das das Ende der irakischen Einheit sein“.'' [http://www.bbv-net.de/public/article/nachrichten/politik/special/hussein/52947]


Husseins Identität wurde nach US-amerikanischen Angaben durch eine [[DNA-Analyse|DNS-Probe]] sowie anhand von Zähnen und Narben nachgewiesen. Die offizielle Bestätigung der Festnahme erfolgte am 14. Dezember 2003 um etwa 13&nbsp;Uhr MEZ durch den britischen Premierminister [[Tony Blair]] und kurz danach in einer Pressekonferenz durch [[Paul Bremer]], den US-amerikanischen Zivilverwalter im Irak.
== Familie Saddam Husseins ==

* 1. Ehefrau [[Sajida Talfah]] (Heirat [[1963]])
Der Ex-Diktator wurde im Hochsicherheitsgefängnis [[Camp Cropper]] inhaftiert. Am 10. Januar 2004 gab die US-amerikanische Regierung bekannt, dass er nun offizieller [[Kriegsgefangenschaft|Kriegsgefangener]] der USA sei. Der Status des Kriegsgefangenen ermöglichte unter anderem, dass unabhängige Beobachter und Hilfsorganisationen, z.&nbsp;B. das [[Internationale Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung|Rote Kreuz]], mit dem Ex-Diktator in Kontakt treten konnten, um sich von dessen Unversehrtheit und den Haftbedingungen ein Bild zu machen. Am selben Tag forderte der irakische Regierungsrat die Vereinigten Staaten auf, Hussein als einen Kriminellen der irakischen Justiz zu übergeben. Dies erfolgte am 30. Juni 2004, zwei Tage nach der offiziellen Machtübergabe der USA an die irakische Übergangsregierung.
** Sohn [[Udai Hussein]] (* 1964, † [[22. Juli]] [[2003]])

** Sohn [[Qusay Hussein]] (* 1967, † [[22. Juli]] [[2003]])
=== Anklage ===
[[Datei:Saddam Hussein at trial, July 2004-edit1.JPEG|mini|hochkant|Saddam Hussein (2004)]]

Ein Sondertribunal mit irakischen Richtern beschäftigte sich mit Saddam Hussein und elf weiteren Politikern und Militärs des Iraks nach irakischem Recht.<ref>{{Literatur |Autor=Rainer Hermann |Titel=Saddam Hussein: Höchststrafe nach kurzem Prozeß |Sammelwerk=FAZ.NET |Datum= |ISSN=0174-4909 |Online=https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/saddam-hussein-hoechststrafe-nach-kurzem-prozess-1383134.html |Abruf=2022-04-19}}</ref> In einer ersten Anhörung ohne Anwalt am 1. Juli 2004, die wegen US-Zensur überwiegend ohne Ton im Fernsehen übertragen wurde, stritt Saddam jede Schuld ab und erkannte das Tribunal nicht an. Er sah sich weiterhin als Präsident. Er blieb unter Bewachung der USA. Gemäß irakischem Recht wurde Saddam Husseins Einmarsch in Kuwait vor dem Tribunal verhandelt. Davon ausgenommen sollte der Überfall auf Iran 1980 nicht als Angriffskrieg verhandelt werden. Die iranische Regierung beabsichtigte, in Bagdad zu klagen, da Saddam Hussein 1980 den Krieg gegen Iran begonnen und [[Chemiewaffen]] eingesetzt habe.<ref>[https://www.nzz.ch/newzzDW8WKYZG-12-1.274923 ''Iran will gegen Saddam Hussein klagen.''] In: ''[[Neue Zürcher Zeitung|NZZ]]'', 4. Juli 2004.</ref> Saddam Hussein wurden die in diesen Kriegen verübten [[Kriegsverbrechen]] sowie [[Verbrechen gegen die Menschlichkeit]] zur Last gelegt. Laut [[Human Rights Watch]] wurden bis zu 290.000 Menschen ermordet.<ref>[http://www.hrw.org/reports/2003/iraq0503/ ''The Mass Graves of al-Mahawil''.] [[Human Rights Watch]], Mai 2003</ref> Die Ermittlungen wurden laut ''[[The New York Times|New York Times]]'' vom [[Federal Bureau of Investigation|FBI]] und einer Einheit des [[US-Justizministerium]]s geführt. Die irakischen Juristen erhielten Unterstützung von ausländischen Experten. Salam Tschalabi, der Gerichtsdirektor, wurde in den USA ausgebildet.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.sueddeutsche.de/politik/saddams-richter-ein-tribunal-von-amerikas-gnaden-1.915370 |titel=Saddams Richter – Ein Tribunal von Amerikas Gnaden |hrsg=[[Süddeutsche Zeitung]] |datum=2004-07-01 |abruf=2012-09-07}}</ref><ref>[https://www.faz.net/aktuell/politik/saddam-hussein-wie-unabhaengig-ist-das-sondertribunal-1278076.html ''Wie unabhängig ist das Sondertribunal?''] [[Frankfurter Allgemeine Zeitung]], 18. Oktober 2005.</ref>

Der Kurdenführer und spätere irakische Staatspräsident [[Dschalal Talabani]] sprach sich gegen die Todesstrafe für Saddam Hussein aus. Dennoch zweifelt er nicht an seiner Schuld: Saddam Hussein habe „massakriert“ und „unsere Städte abgebrannt und zerstört“. Der neue Irak, der gerade im Entstehen sei, müsse deshalb die Rechte der kurdischen Bevölkerung achten: „Wenn der Irak diese Verpflichtung nicht anerkennt, wird das das Ende der irakischen Einheit sein.“<ref>{{Internetquelle |url=https://rp-online.de/politik/ausland/kurdenfuehrer-lehnt-todesstrafe-fuer-saddam-ab_aid-16888769 |titel=Große Sicherheitsvorkehrungen bei Saddam-Prozess: Kurdenführer lehnt Todesstrafe für Saddam ab |hrsg=[[Rheinische Post]] |datum=2004-07-01 |abruf=2012-09-07}}</ref>

=== Prozess ===
Der Prozess gegen Saddam Hussein und sieben Mitangeklagte begann am 19. Oktober 2005. In erster Instanz entschied eine Kammer aus fünf Richtern, wobei zunächst Richter [[Ra’uf Raschid Abd ar-Rahman]] den Vorsitz hatte, nachdem der ursprünglich dem Gericht vorsitzende [[Rizgar Muhammad Amin]] sein Amt niedergelegt hatte.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.nzz.ch/2006/01/14/al/newzzEIG71IFL-12.html |text=''Richter Rizgar Muhammad Amin tritt zurück''. |wayback=20060118082533}} In: ''[[Neue Zürcher Zeitung|NZZ]]'', 15. Januar 2006.</ref> In der Berufung entschieden neun Richter. Das Gericht hatte die [[Gerichtsbarkeit]] über [[Völkermord]], [[Verbrechen gegen die Menschlichkeit]] und Kriegsverbrechen sowie über drei weitere aus dem irakischen Recht abgeleitete Verbrechen, unter ihnen etwa die unerlaubte Einmischung in die Justiz, die während Husseins Präsidentschaft von 1979 bis zum Beginn der [[Okkupation]] durch die Koalitionstruppen 2003 begangen wurden.

Der erste Anklagepunkt vor dem Gericht bezog sich auf eine Vergeltungstat, die nach dem misslungenen Attentat auf Saddam Hussein in der Stadt [[Dudschail]] 1982 begangen worden sein soll. 148 Männer und Jungen wurden hingerichtet oder starben bei „Vernehmungen“ durch staatliche Behörden. Die weiteren zwölf Anklagen reichten vom Giftgasangriff auf [[Kurden]] in der sogenannten [[Anfal-Operation|Anfal]]-Kampagne und dem Angriff auf die Stadt Halabdscha 1988 bis hin zur Tötung Zehntausender Schiiten nach deren Aufstand 1991. Mit Saddam Hussein standen sieben weitere Personen vor Gericht. Unter ihnen waren [[Taha Yassin Ramadan]], der frühere Vizepräsident des Iraks, [[Barzan Ibrahim at-Tikriti]], ein jüngerer Halbbruder Saddams und ehemaliger Direktor des Sicherheitsdienstes ''Mukhabarat'', und [[Awad al-Bandar]], früherer Vorsitzender des Revolutionsgerichtshofs, der unter anderem für die Todesurteile in Dudschail zuständig war.

Nachdem zwei Verteidiger von Husseins Mitangeklagten Anschlägen zum Opfer gefallen waren, ein Mordkomplott gegen den Ermittlungsrichter [[Raid Dschuhi|Dschuhi]] aufgedeckt und ein Anschlag auf das Gerichtsgebäude vereitelt worden war und einige Verteidiger sich aus diesem Grund zurückgezogen hatten, wurde vom damaligen Vorsitzenden Amin die Verlegung des Prozesses in die weniger instabilen kurdischen Regionen erwogen. Der Prozess wurde allerdings weiterhin in Bagdad geführt. Der US-amerikanische Anwalt [[Ramsey Clark]], früherer US-Justizminister und prominenter Gegner des Irak-Kriegs, gehörte ebenfalls zu dem Team, das Hussein im Prozess verteidigte. Er hatte schon [[Slobodan Milošević]] verteidigt. Außerdem gehörte zu dem Verteidigerteam [[Aischa al-Gaddafi|Ayesha al-Gaddafi]], die Tochter des damaligen libyschen Staatschefs [[Muammar al-Gaddafi]].<ref>{{Der Spiegel |ID=69407373 |Titel=Eine unmögliche Familie |Jahr=2010 |Nr=10}}</ref> Ein weiterer Anwalt Saddam Husseins, [[Najib al-Nawimi]], ehemaliger [[katar]]ischer Justizminister, versuchte die Legitimität des Gerichts anzuzweifeln, da große Teile seines Statuts während der Besetzung durch die USA geschrieben worden seien. Der Anwalt [[Curtis Doebbler]] legte sogar Rechtsmittel vor dem [[Oberster Gerichtshof der Vereinigten Staaten|Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten]] ein, da das Recht auf einen fairen Prozess in erheblicher Weise verletzt worden sei.<ref>[https://www.news.at/articles/0428/15/86493/recht-saddam-anwalt-obersten-us-gerichtshof ''Recht verletzt: Saddam-Anwalt schaltet Obersten US-Gerichtshof ein''.] news.at, 9. Juli 2004</ref>

In Bagdad wurde der Prozess unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen abgehalten. Zeugen gegen Saddam Hussein wurde wegen ihrer Furcht vor Anschlägen Anonymität zugestanden. Der Prozess wurde von Anhängern Saddam Husseins und US-kritischen Stimmen als [[Schauprozess]] und als [[Siegerjustiz]] interpretiert. Menschenrechtsorganisationen zweifelten an der rechtmäßigen Einsetzung des Tribunals. [[Human Rights Watch]] betonte zudem, die Rechte der Angeklagten würden beschnitten. Ein Menschenrechtsbeobachter der Vereinten Nationen erklärte, das Gericht werde internationalen Standards für solche Verfahren nicht gerecht.<ref>Zu den juristischen und politischen Problemen vgl. Stephen Lendman: {{Webarchiv |url=http://www.zmag.org/content/showarticle.cfm?ItemID=11362 |text=''A Trial Giving Kangaroos A Bad Name''. |wayback=20070929134056}} [[ZNet]], 8. November 2006. [[Kai Ambos]], Said Pirmurat: [http://www.ingentaconnect.com/content/mohr/jz/2007/00000062/00000017/art00004 ''Das Todesurteil gegen Saddam Hussein''.] (PDF) In: ''[[JuristenZeitung]]''. Bd. 62, 2007, S. 822–828</ref> Saddam Hussein begann am 7.&nbsp;Juli einen [[Hungerstreik]], um gegen die mangelhafte Sicherheit für seine [[Rechtsanwalt|Anwälte]] zu protestieren. Ab dem 23.&nbsp;Juli wurde er deswegen in einem Krankenhaus [[Zwangsernährung|zwangsernährt]].

Der irakische Generalstaatsanwalt forderte wegen des Massakers von Dudschail die [[Todesstrafe]] für Saddam Hussein. Auch der ehemalige Vizepräsident [[Taha Jassin Ramadan]] und Husseins Halbbruder [[Barsan Ibrahim al-Tikriti]] sollten hingerichtet werden, forderte der Staatsanwalt in seinem Schlussplädoyer. Für vier weitere Angeklagte beantragte er Freiheitsstrafen.

=== Urteil ===
Hussein wurde am 5.&nbsp;November 2006 vom Richter [[Ra’uf Raschid Abd ar-Rahman]] zum Tode durch den [[Hängen|Strang]] verurteilt. Hussein wollte sich zur Urteilsverkündung vor dem Sondertribunal nicht erheben, lenkte jedoch ein, als ihm letztlich mit Zwang gedroht wurde.<ref>[http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,446525,00.html ''Gericht verurteilt Hussein zum Tod durch den Strang''.] [[Spiegel Online]], 5. November 2006</ref> Seinem persönlichen Wunsch, nicht „wie ein einfacher Krimineller“ erhängt, sondern [[Erschießung|erschossen]] zu werden, wurde nicht entsprochen.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.nzz.ch/2005/12/06/al/articleDDY1N.html |text=''Turbulente Verhandlung im Saddam-Prozess''. |wayback=20070311061042}} In: ''[[Neue Zürcher Zeitung|NZZ]]'', 6. Dezember 2005.</ref><ref>[http://topics.nytimes.com/top/reference/timestopics/people/h/saddam_hussein/index.html Topics: ''Saddam Hussein''.] [[New York Times]]</ref><ref>[https://www.abendblatt.de/nachrichten/nachrichten-des-tages/article107171930/Saddam-zum-Tod-durch-den-Strang-verurteilt.html ''Saddam zum Tod durch den Strang verurteilt''.] [[Hamburger Abendblatt]], 5. November 2006.</ref>
<!-- Bitte keine Ausführungen zu den Mitangeklagten; der Artikel handelt von Saddam Hussein, nicht von seinem Prozess! -->

Der Nahost-Direktor von [[Amnesty International]], Malcolm Stuart, erklärte am 5. November 2006: „Jeder Angeklagte hat das Recht auf einen fairen Prozess, unabhängig von dem Ausmaß der Vorwürfe gegen ihn. […] Hier wurde eine Gelegenheit verpasst, und die Verhängung der Todesstrafe macht das noch schlimmer.“<ref>[https://www.n-tv.de/politik/Bush-feiert-junge-Demokratie-article197436.html ''Bush feiert „junge Demokratie“''.] n-tv.de, 5. November 2006.</ref>

Die Berufungsverhandlung in der Berufungskammer des Sondertribunals, die bei jedem Todesurteil automatisch angeordnet wird, bestätigte das Urteil schließlich am 26.&nbsp;Dezember 2006. Eine zügige Hinrichtung innerhalb von maximal 30 Tagen, d.&nbsp;h. bis zum 25. Januar 2007, wurde außerdem vorgeschrieben. Ein letzter Versuch, die Hinrichtung durch einen Antrag seiner Anwälte vor einem US-Bezirksgericht in Washington aufzuschieben, wurde abgelehnt.

=== Hinrichtung ===
Das Urteil gegen Saddam Hussein wurde am 30.&nbsp;Dezember 2006 kurz nach 6:00 Uhr Ortszeit (4:00 Uhr MEZ) in [[al-Kazimiyya]], einer Nachbarstadt im Nordosten von Bagdad, durch [[Hängen]] vollstreckt.<ref>[http://www.cnn.com/2006/WORLD/meast/12/29/hussein/index.html ''Hussein executed with ‘fear in his face’''.] CNN.com, 30. Dezember 2006</ref> Die gesamte Hinrichtung wurde offiziell von den irakischen Behörden gefilmt und auf Fotos festgehalten. Entsprechende Aufnahmen, die die letzten Minuten Husseins, nicht jedoch die Exekution zeigen, waren wenig später weltweit in zahllosen Medien zu sehen. Die Hinrichtung sei nach offizieller Darstellung schnell und ruhig verlaufen. Hussein habe keine Bemerkung gemacht, während er zum Galgen geführt worden sei. Vor der Hinrichtung habe er das [[sunnitisch]]-[[Schahada|islamische Glaubensbekenntnis]] gesprochen. Er wurde 69 Jahre alt.

Eine im Internet kursierende Amateuraufnahme der Hinrichtung widerlegt jedoch diese Darstellung.<ref>[http://www.cnn.com/video/player/player.html?url=/video/world/2006/12/30/lin.hussein.execution.web.video.affl&wm=10 CNN-Version des Amateurfilms mit englischen Untertiteln], abgerufen am 31. Dezember 2006</ref> Dabei ist zu hören, dass Personen im Raum Saddam Hussein beschimpfen, er werde „direkt in die Hölle gelangen“, woraufhin dieser antwortet: „Irak ist nichts ohne Saddam“. Ebenso wird der radikale irakische Schiiten-Führer [[Muqtada as-Sadr]], einer der größten Gegner Saddam Husseins, durch die unbekannten Personen bejubelt. Bereits mit der Schlinge um den Hals auf der Falltür stehend, sprach Saddam Hussein anschließend seine letzten Worte, die zweizeilige [[Schahāda|Schahada]] der Sunniten: „Es gibt keine Gottheit außer Allah. Mohammed ist der Prophet Allahs.“ Noch während der ersten Wiederholung öffnete sich die Falltür, als er das Wort ''Mohammed'' aussprach. Die inoffizielle Filmaufnahme zeigt auch, wie Saddam Hussein durch [[Genickbruch#Schädigungen der Kopfgelenke|Genickbruch]] stirbt und unmittelbar nach der Hinrichtung am Galgen hängt.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.netzeitung.de/spezial/irak/486175.html |text=''Irak untersucht Video über Saddam Husseins Hinrichtung''. |wayback=20070105065207}} [[Netzeitung]], 2. Januar 2007</ref>

=== Reaktionen auf die Hinrichtung ===
Das gewählte Hinrichtungsdatum wurde in der islamischen Welt scharf kritisiert, da sie an einem islamischen Feiertag, dem [[Islamisches Opferfest|Opferfest]], vollstreckt wurde.<ref>[https://www.derstandard.at/story/2711891/hadsch-pilger-ueber-hinrichtung-empoert ''Hadsch-Pilger über Hinrichtung empört'']. In: ''[[Der Standard]]'', 2. Januar 2007.</ref> Es wurden außerdem Terroranschläge als Reaktion auf die Hinrichtung Husseins befürchtet, denn bereits die Urteilsverkündung im November hatte in Teilen des Landes Gewalt ausgelöst.<ref>[http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,457141,00.html ''Saddam im Morgengrauen gehängt''] spiegel.de, 30. Dezember 2006.</ref>

Das im Internet veröffentlichte nicht offizielle Hinrichtungsvideo löste ein bestürztes Medienecho aus. Für die BBC bezeichnete World Affairs Editor John Simpson den Verlauf als „hässlich und erniedrigend“. Es erinnere an öffentliche Hinrichtungen des 18. Jahrhunderts.<ref>John Simpson: [http://news.bbc.co.uk/2/hi/middle_east/6221751.stm ''Saddam hanging taunts evoke ugly past''.] [[BBC World Service]], 31. Dezember 2006, abgerufen am 1. Januar 2007.</ref> Staatsanwalt Munkith al-Farun, der bei der Hinrichtung anwesend war, erklärte am 2. Januar 2007, dass hochrangige irakische Regierungsmitarbeiter den Mitschnitt unerlaubt mit einem Handy gedreht hätten. Das Hinrichtungsvideo entwickelte sich in den folgenden Tagen insbesondere im Süden Bagdads, in dem zahlreiche Schiiten leben, zum Verkaufsschlager. Die Anwälte Saddam Husseins forderten daraufhin am 3.&nbsp;Januar 2007 in einem Brief an UN-Generalsekretär [[Ban Ki-moon]] eine Untersuchung und verwiesen erneut auf die [[Genfer Konventionen]], die mehrfach nicht auf den Kriegsgefangenen angewandt worden seien. In dem Schreiben wurde außerdem vermutet, einige der ärgsten Feinde Saddams könnten „in einem üblen Handel mit der Besatzungsmacht das Privileg erhalten haben, bei der Tötung selbst Hand anzulegen“. Es soll daher ebenfalls untersucht werden, wer die vermummten Henker waren.<ref>[http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,457479,00.html ''Hinrichtungsvideo wird Verkaufsschlager''], Spiegel Online, 3. Januar 2007.</ref> Auch andere irakische Beobachter kritisierten das Verfahren.<ref>[http://www.nbcnews.com/id/16389128/#.VB1SK3_iIeM ''Saddam Hussein executed, ending era in Iraq''] NBCnews.com, 30. Dezember 2006.</ref>

EU-Entwicklungshilfekommissar [[Louis Michel (Politiker)|Louis Michel]] verurteilte die Hinrichtung noch am selben Tag indirekt als „barbarisch“. Zudem äußerte er die Befürchtung, dass die Vollstreckung des Urteils Hussein zu einem [[Märtyrer]] machen könne.<ref name="Welt 301206">[https://www.welt.de/politik/article705603/Freude-Ablehnung-und-Trauerbeflaggung.html ''Freude, Ablehnung und Trauerbeflaggung''], [[Welt Online]], 30. Dezember 2006.</ref> Die EU-Außenkommissarin [[Benita Ferrero-Waldner]] äußerte sich im Namen der [[Europäische Kommission|Europäischen Kommission]] zu dem Urteil: „Während die EU die Todesstrafe grundsätzlich ablehnt, bedeuten das Gerichtsverfahren und die Bestrafung von Saddam, dass jene, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit begehen, der Gerechtigkeit nicht entgehen können.“ Der Tod Saddam Husseins habe ein „langes und schmerzhaftes Kapitel in der Geschichte des Iraks“ geschlossen. Seine Karriere und sein Vermächtnis zeige die „Sinnlosigkeit einer Politik der Gewalt und des Terrors“.<ref>[http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=MEMO/06/516&format=HTML&aged=0&language=EN&guiLanguage=en ''Statement by Commissioner Ferrero-Waldner on the passing of Saddam Hussein''.] Presseinformation der Europäischen Kommission, Brüssel, 30. Dezember 2006.</ref><ref>[https://www.derstandard.at/story/2712237/reaktionen-arabische-welt-empoert--eu-saddam-kein-maertyrer ''Reaktionen: Arabische Welt empört – EU: Saddam kein Märtyrer''.] In: ''[[Der Standard]]'', 2. Januar 2007.</ref>

Bundeskanzlerin [[Angela Merkel]] brachte zum Ausdruck, dass die deutsche Bundesregierung die Todesstrafe ablehnt:
{{Zitat
|Text=Saddam Hussein ist von einem irakischen Gericht verurteilt worden, und das Urteil ist vollstreckt worden. Wir respektieren dieses Urteil. Aber es ist bekannt, dass die Bundesregierung gegen die Todesstrafe ist. An einem Tag wie diesem gehen meine Gedanken vor allen Dingen zu den vielen unschuldigen Opfern von Saddam Hussein. Ich wünsche dem irakischen Volk, dass es seinen Weg ohne Gewalt und in Frieden gehen kann.
|ref=<ref>{{Webarchiv |url=http://www.bundesregierung.de/nn_1272/Content/DE/Artikel/2006/12/2006-12-30-merkel-zu-hinrichtung-saddam.html |text=Pressestatement von Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Tode von Saddam Hussein. |wayback=20070926234817}} bundesregierung.de, 30. Dezember 2006</ref>}}

Für die deutsche Bundesregierung zeigte [[Gernot Erler]] ([[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]]), Staatsminister im [[Auswärtiges Amt|Auswärtigen Amt]], zwar Verständnis für die Zustimmung betroffener Iraker, fügte jedoch im [[Rundfunk Berlin-Brandenburg|RBB]]-Inforadio hinzu: „Aber wir wenden uns gegen die Todesstrafe, egal wo sie angewandt wird.“

Vom [[Heiliger Stuhl|Vatikan]] wurde die Hinrichtung ebenfalls scharf verurteilt. Vatikansprecher [[Federico Lombardi]] sagte, es handele sich um „eine tragische Nachricht“, und benutzte das Wort „Ermordung“. Weiter sagte er, es bestehe „das Risiko, dass dies den Geist der Rache noch anstachelt und neue Gewalt sät“. Der Präsident des [[Päpstlicher Rat für Gerechtigkeit und Frieden|päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden]], [[Kurienkardinal]] [[Renato Raffaele Martino]], sagte gegenüber [[Radio Vatikan]]: „Ich hatte in den vergangenen Tagen gehofft, dass man es für angemessen halten würde, das Todesurteil nicht zu vollstrecken. Ich hoffe und bete, dass dieser letzte Akt nicht dazu beiträgt, die bereits kritische Situation im Irak weiter zu verschlimmern, einem Land, das von vielen Spaltungen und Bruderkämpfen gezeichnet ist.“<ref>[https://www.kath.net/news/15598 ''Vatikan verurteilt Saddams Hinrichtung''] kath.net, 30. Dezember 2006.</ref>

US-Präsident [[George W. Bush]] würdigte dagegen die Hinrichtung von Saddam Hussein als „gerechte Strafe“. Die Hinrichtung sei das Ergebnis einer Rechtsprechung, die der irakische Expräsident „den Opfern seines brutalen Regimes“ vorenthalten habe, sagte Bush in der Nacht auf seinem Landsitz in Texas.

Die britische Regierung wiederum kritisierte die Hinrichtung aus prinzipiellen Gründen. „Wir treten für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe ein, unabhängig von dem jeweiligen Verbrechen“, erklärte Außenministerin [[Margaret Beckett]]. [[Vereinigtes Königreich|Großbritannien]] habe seine Ablehnung der Todesstrafe „der irakischen Regierung sehr deutlich klargemacht, allerdings respektieren wir deren Position“, fügte die Ministerin hinzu.

Russland hat wegen der Hinrichtung Saddam Husseins vor einer weiteren Verschärfung der Lage im Irak gewarnt. Gleichzeitig bedauerte ein Sprecher des Außenministeriums in Moskau, dass die internationalen Bitten um eine Aussetzung der Hinrichtung ungehört verhallt seien. „Russland ist wie viele andere Länder prinzipiell gegen die Todesstrafe, aus welchen Motiven diese auch verhängt worden sein mag“, hieß es in der Stellungnahme.<ref name="Welt 301206" />

[[Ban Ki-moon]], der [[Generalsekretär der Vereinten Nationen]], sorgte dagegen überraschend für einen Eklat, indem er in einer Stellungnahme zur Hinrichtung erklärte, es stehe einem Land frei, über Hinrichtungen zu entscheiden. Bei einer Pressekonferenz erklärte eine Mitarbeiterin anschließend prompt, dass Hinrichtungen von den Vereinten Nationen weiterhin abgelehnt würden.<ref>[https://www.spiegel.de/politik/ausland/saddam-hinrichtung-neuer-uno-chef-wegen-aeusserungen-zur-todesstrafe-in-der-kritik-a-457541.html ''Saddam-Hinrichtung: Neuer Uno-Chef wegen Äußerungen zur Todesstrafe in der Kritik''] spiegel.de, 3. Januar 2007</ref> In Bans Heimatland [[Südkorea]] gibt es die Todesstrafe, seit 1998 sind Todesurteile aber nicht mehr vollstreckt worden.

Ausdrücklich begrüßt wurde der Vollzug des Todesurteils in Iran und in [[Kuwait]], während ein Vertreter der Palästinenser von politischem Mord sprach und der [[Libyen|libysche]] Revolutionsführer [[Muammar al-Gaddafi]] eine dreitägige [[Staatstrauer]] für sein Land anordnete.<ref>[https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/todesurteil-vollstreckt-saddam-hussein-hingerichtet-1387039.html ''Todesurteil vollstreckt – Saddam Hussein hingerichtet''.] faz.net, 31. Dezember 2006</ref><ref>[http://www.20min.ch/news/ausland/story/22377087 ''Iran begrüsst Hinrichtung – Libyen ruft Staatstrauer aus''.] 20min.ch, 31. Dezember 2006</ref> [[Israel]]s Vize-Ministerpräsident [[Schimon Peres]] verglich Saddams Hinrichtung mit dem Ende [[Adolf Hitler]]s. Der Tod des Ex-Diktators, der eine Gefahr für den Nahen Osten und den Weltfrieden dargestellt habe, sei wie der Hitlers vorhersehbar gewesen.<ref>''Saddam starb mit Hasstiraden auf den Lippen''. In: ''[[Berliner Morgenpost]]'', 31. Dezember 2006</ref>

Der irakische Premierminister [[Nuri al-Maliki]] zeigte sich über die internationale Kritik erbost: „Die irakische Regierung sollte vielleicht ihre Beziehungen zu den Regierungen überdenken, die den Willen des irakischen Volkes nicht respektieren.“<ref>[http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,458152,00.html ''Irakische Verteidigung: Maliki verbittet sich Kritik an Saddam-Hinrichtung''.] [[Spiegel Online]], 6. Januar 2007.</ref>

== Vernehmungen durch das FBI ==
Im Juli 2009 wurden die Vernehmungen des FBI aus dem Jahre 2003 – 2004 vom [[National Security Archive]] veröffentlicht.<ref>[http://www.gwu.edu/~nsarchiv/NSAEBB/NSAEBB279/index.htm ''Saddam Hussein Talks to the FBI''.] gwu.edu</ref> Saddam Hussein nannte als seine Feinde Iran und [[al-Qaida]], als potentiellen Verbündeten betrachtete er das Regime in [[Nordkorea]]. Als große Fehler nannte er u.&nbsp;a. die Vernichtung der Massenvernichtungswaffen in den 1990ern, die er sonst im Irak-Krieg 2003 hätte einsetzen können. Hussein gab des Weiteren Details zu den Golfkriegen wieder. Nicht enthalten in den FBI-Berichten waren jedoch Aussagen zur Beziehung zwischen dem Irak und den USA in den 1980ern, zu Chemiewaffenangriffen und einer Rolle der CIA beim Aufstieg der [[Baath-Partei]].

== Persönliches ==
=== Ruhestätte ===
Der Leichnam wurde in Saddam Husseins Geburtsort, dem Dorf [[al-Audscha]] nahe [[Tikrit]], beigesetzt. Es nahmen rund 100 Personen an der Bestattung teil, darunter auch der Gouverneur der [[Salah ad-Din (Gouvernement)|Provinz Salah ad-Din]]. Die Beisetzung erfolgte gemäß islamischen Glaubensvorschriften binnen 24 Stunden nach dem Tod. Hussein wurde unter der Kuppel eines Grabmals beigesetzt, das er für sich hatte bauen lassen und sich direkt neben der nach ihm benannten Saddam-Moschee befindet. In der Nähe sind seine beiden Söhne [[Udai Hussein|Udai]] und [[Qusai Hussein|Qusai]], die bereits 2003 von amerikanischen Soldaten bei einem Gefecht getötet worden waren, beerdigt.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.n24.de/politik/article.php?articleId=90935&teaserId=91602 |text=''Saddam bereits beigesetzt''. |wayback=20071014180133}} n24.de, 31. Dezember 2006</ref> In den Städten der Provinz kam es zu Demonstrationen für Hussein. Irakische Polizisten hinderten jedoch die Bevölkerung daran, zum Grab zu fahren. Die Familie Saddams will in der Nähe der Moschee eine Bibliothek und eine Koranschule errichten lassen.<ref>''Saddam beigesetzt''. In: ''[[Frankfurter Allgemeine Zeitung|FAZ]]'', 2. Januar 2006.</ref> Das Grabmal wurde bei den Kämpfen zwischen [[Islamischer Staat (Organisation)|ISIS]] und irakischen Streitkräften im März 2015 zerstört, Saddam Husseins Leichnam wurde bereits 2014 von seinen Anhängern an einen unbekannten Ort umgebettet.<ref>[https://www.theguardian.com/world/2015/mar/16/saddam-husseins-tomb-destroyed-as-battle-for-tikrit-rages ''Saddam Hussein’s tomb destroyed as battle for Tikrit rages''.] In: ''[[The Guardian]]'', 16. März 2015</ref>

=== Familie ===
* 1. Ehefrau [[Sadschida Talfah]] (* 1936, Heirat 1963)
** Sohn [[Udai Hussein]] (1964–2003)
** Sohn [[Qusai Hussein]] (1966–2003)
** Tochter [[Raghad Hussein]] (* 1968)
** Tochter [[Raghad Hussein]] (* 1968)
** Tochter [[Rana Hussein]] (* 1969)
** Tochter [[Rana Hussein]] (* 1969)
** Tochter [[Hala Hussein]] (* 1979)
** Tochter [[Hala Hussein]] (* 1979)
* 2. Ehefrau [[Samira el Shabandar]] (Heirat 1986)
* 2. Ehefrau [[Samira Schahbandar]] (Heirat 1986)
** Sohn [[Ali Saddam Hussein]] (* in den 80ern)
** Sohn [[Ali Hussein|Ali Saddam Hussein]] (* 1980 oder 1983)
* 3. Ehefrau [[Nidal Al Hamdani]] (Heirat 1990)
* 3. Ehefrau [[Nidal al-Hamdani]] (Heirat 1990)
* Halbbruder [[Barzan Ibrahim at-Tikriti]] (1951–2007)
* Halbbruder [[Sabawi Ibrahim at-Tikriti|Sabawi Ibrahim Hasan at-Tikriti]] (1947–2013)
** Halbneffe [[Ayman Sabawi Ibrahim]] (seit 9. Dezember 2006 flüchtig)
* Halbbruder [[Watban Ibrahim at-Tikriti|Watban Ibrahim Hasan at-Tikriti]] (inhaftiert)<ref>[http://www.nbcnews.com/id/16384738/#.V1c7f1WLSM9 ''Saddam to be hanged by Sunday. Ex-dictator’s execution expected to be carried out by start of Eid holiday.''] [[NBC Nightly News|NBS News]]. 28. Dezember 2006, abgerufen am 7. Juni 2016.</ref>
* Cousin [[Ali Hasan al-Madschid]] (1941–2010)
* Seine beiden Schwiegersöhne General [[Hussein Kamel|Hussein Kamel Hasan al-Madschid]] und Oberst [[Saddam Kamel|Saddam Kamel Hassan]] kehrten mit ihren Ehefrauen Raghad und Rana Hussein am 20. Februar 1996 aus Jordanien in den Irak zurück und wurden drei Tage später erschossen.


== Von Saddam Hussein initiierte Bauten ==
==Zitate==
* [[Umm-al-Qura-Moschee]]
* ''„Dies ist alles Theater, der wahre Verbrecher ist (US-Präsident) Bush.“'' ([[1. Juni]] [[2004]] während seiner ersten Anhörung vor einem Gericht im Irak).
* [[Schwerter von Kadesia]]

== Verfilmung ==
* ''al-Ayyam al-tawila'' (The Long Days), 1980, Irak, 6-Stunden-Epos über das Leben Saddam Husseins
* 2008 entstand die britische Miniserie ''[[House of Saddam]]'' (dt. ''Die Husseins – Im Zentrum der Macht''), die von Aufstieg und Fall des irakischen Diktators handelt. In der Hauptrolle ist der israelische Schauspieler [[Jigal Naor]] zu sehen.
* ''[[The Devil’s Double]]'', 2011, Belgien/Niederlande, Literaturverfilmung. Hussein wird von [[Philip Quast]] gespielt.
* ''Saddam Hussein'' (= Folge 2 der Serie ''The Dictator’s Playbook''). 54-minütige Filmdokumentation von Mark Stevenson (Australien 2018).


== Werke ==
== Werke ==
* Zabibah und der König, Eine Liebesgeschichte, [http://www.editio-defacto.de/ editio defacto], Kassel, ISBN 3-9808561-2-7
* ''[[Zabibah und der König]], eine Liebesgeschichte''. edition de facto, Kassel, ISBN 3-9808561-2-7.
* ''„Wir kämpfen stellvertretend für die Geschichte!“'' In Andreas Meier (Hrsg.): ''Politische Strömungen im modernen Islam. Quellen und Kommentare.'' [[Bundeszentrale für politische Bildung]], Bonn 1995, ISBN 3-89331-239-0; sowie [[Peter Hammer Verlag]], Wuppertal 1995, ISBN 3-87294-724-9, S. 93–98.<ref>Diese Ausgabe auch als Sonderauflage der Landeszentrale für politische Bildung Nordrhein-Westfalen mit gleicher ISBN. Alle Ausgaben sind gekürzte Versionen von Der politische Auftrag des Islam. Programme und Kritik zwischen Fundamentalismus und Reformen. Originalstimmen aus der islamischen Welt. Peter Hammer, Wuppertal 1994. – Husseins Text stammt aus einer Bagdader Originalquelle, sie ist undatiert.</ref>


== Literatur ==
* Lisa Blaydes: ''State of Repression: Iraq under Saddam Hussein.'' Princeton University Press, Princeton 2020, ISBN 978-0-691-21175-6.
* Jean-Michel Cadiot: ''Quand l’Irak entra en guerre, la Qadissiyah de Saddam''. L’Harmattan, 2000, ISBN 2-7384-0129-5.
* Andrew Cockburn, Patrick Cockburn: ''L’énigme Saddam – Enquête explosive au cœur du système irakien''. First, 1999, ISBN 2-87691-446-8.
* Con Coughlin: ''Saddam Hussein. Porträt eines Diktators. Die Biografie'', List Verlag, München, 2002, ISBN 978-3-471-77259-1.
* Efraim Karsh, Inari Rautsi: ''Saddam Hussein. A Political Biography.'' Grove Press, New York 2002, ISBN 0-8021-3978-7.
* Angeli Mesnier: ''Notre allié Saddam''. Orban, 1992, ISBN 2-85565-658-3.
* Mylroie Miller: ''Saddam Hussein''. Presses de la Cité, 1993, ISBN 2-258-03369-1.
* John Nixon: ''Debriefing the President: The Interrogation of Saddam Hussein.'' Blue Rider, New York 2016, ISBN 978-0-399-57581-5.
* Georges Sada, Jim Nelson Black: ''Saddams Geheimnisse. 25 Jahre unter einem Terrorregime; als Christ im irakischen Generalstab''. Brunnen Verlag, Gießen / Basel 2006, ISBN 978-3-7655-1939-0.<br /> Titel der amerikanischen Originalausgabe: ''Saddam’s Secrets'' Verlag Integrity Publishers Brentwood USA
* Abdul Majid Saman: ''Les années Saddam''. Fayard, 2003, ISBN 2-213-61751-1.
* [[Latif Yahya]]: ''Ich war Saddams Sohn: als Doppelgänger im Dienst des irakischen Diktators Hussein''. Goldmann, München 2003, ISBN 3-442-15249-6.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
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* {{PND|118835300}}
{{Wikiquote}}
* [[Frankfurter Rundschau]]: [http://www.f-r.de/uebersicht/alle_dossiers/politik_ausland/irak_nach_dem_krieg/ Dossier zum Irak-Krieg und den Folgen]
* {{DNB-Portal|118835300}}
* [http://www.hrw.org/reports/2003/iraq0503/ Human Rights Watch schätzt, daß Saddam Hussein 290.000 Menschen ermorden ließ]
* [http://www.gwu.edu/~nsarchiv/NSAEBB/NSAEBB279/index.htm National Security Archive: ''Saddam Hussein Talks to the FBI''.] Dokumente veröffentlicht am 1. Juli 2009
* [http://www.iran-azad.de/D/DUuP/Irak.htm Irak, Kuweit und das Öl]
* Christian Meier: [https://web.archive.org/web/20140103233327/http://www.zenithonline.de/deutsch/koepfe//artikel/nebukadnezars-erbe-003992/ ''Nebukadnezars Erbe''.] [[Zenith – Zeitschrift für den Orient]]; Porträt Saddam Husseins
* {{IMDb|nm0404010}}


== Einzelnachweise ==
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Aktuelle Version vom 28. Mai 2025, 09:10 Uhr

Saddam Hussein (1998)

Saddam Hussein (arabisch صدام حسين عبد المجيد التكريتي Saddām Husain ʿAbd al-Madschīd at-Tikrītī, DMG Ṣaddām Ḥusain ʿAbd al-Maǧīd at-Tikrītī, kurdisch سەددام حوسێن Sedam Huseyn; * 28. April 1937 in al-Audscha bei Tikrit; † 30. Dezember 2006 in al-Kazimiyya bei Bagdad) war ein irakischer Politiker (Baath-Partei). Von 1979 bis 2003 war er Staatspräsident und gleichzeitig von 1979 bis 1991 sowie 1994 bis 2003 Premierminister. Er regierte das Land diktatorisch[1] und wurde später wegen Massakern an Schiiten und Kurden zum Tode verurteilt und hingerichtet.

Kindheit und Jugend

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Saddam Hussein, 1940

Saddam Hussein wurde in al-Audscha, einem Dorf bei Tikrit, am 28. April 1937 in eine ärmliche Bauernfamilie geboren. Seine Familie gehörte zum sunnitisch-arabischen Stamm der al-Bu Nasir.[2]

Sein leiblicher Vater Hussein al-Majid starb, während seine Mutter Subha mit Saddam schwanger war.[3] Als sie im achten Monat schwanger war, starb auch Saddams ältester Bruder an einer Krebserkrankung. Daraufhin unternahm Subha einen Suizidversuch, wurde jedoch von einer jüdischen Familie daran gehindert und finanziell unterstützt. Ebenso versuchte Subha erfolglos, ihren ungeborenen Sohn abzutreiben.[4]

Subha gab Saddam nach seiner Geburt an ihren Bruder Khairallah Talfah, der als Offizier über einen höheren sozialen Status und Geld verfügte, nach Tikrit. 1941 wurde Talfah wegen seiner Mitwirkung im Ghailani-Putsch inhaftiert, und Saddam musste zu seiner Mutter zurückkehren. Sie hatte mittlerweile einen Verwandten namens Hassan Ibrahim geheiratet und war mit ihm nach Al-Schawisch, einem ärmlichen Dorf bei Tikrit, gezogen. Hassan Ibrahim war dort übel beleumundet, sein Spitzname im Dorf war „Hassan der Lügner“. Ebenso schmückte er sich wohl unverdienterweise mit dem Titel eines Hāddsch. Die meisten Quellen beschreiben Saddams Leben im Dorf als das eines Außenseiters, der aufgrund seiner Vaterlosigkeit sozial ausgegrenzt wurde. Einzig eine offizielle Biografie schildert ihn als sozial integriertes Mitglied der Dorfgemeinschaft. Saddams Wunsch nach einer Schulausbildung wurde von seinem Stiefvater und seiner Mutter abgeschlagen. Stattdessen wurde er zur Feldarbeit herangezogen und von seinem Stiefvater zum Diebstahl angestiftet, was Saddam bereits in der Kindheit einen kurzen Gefängnisaufenthalt einbrachte. Er wurde auch Opfer von physischer und psychischer Gewalt durch seinen Stiefvater. Seinen eigenen Aussagen nach trug Saddam stets eine Eisenstange mit sich, um sich gegen die Angriffe der anderen Dorfkinder zu wehren.[3][5]

Nach der Freilassung seines Onkels Khairallah Talfah verließ Hussein den Haushalt seines Stiefvaters und floh zu seinem Onkel nach Tikrit. Dieser sorgte dafür, dass Saddam mit zehn Jahren eingeschult wurde. Er erzog den Jungen im Geiste des arabischen Nationalismus. Mit 14 Jahren stand Saddam unter dem Verdacht, aus Rache den Bruder eines Lehrers angeschossen zu haben. Die Beweise erhärteten sich jedoch nicht und Saddam konnte die Schule abschließen. Nach seinem Schulabschluss zog Saddam mit seinem Onkel nach Bagdad, wo er eine weiterführende Schule besuchte und mit 18 Jahren abschloss.[3] Nach seiner Schulausbildung wurde Saddam Khairallahs älteste Tochter Sadschida versprochen.

Politische Karriere

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Saddam Hussein trat 1957 im Alter von 20 Jahren der damals noch verbotenen Baath-Partei bei.[6] Er bewarb sich bei der prestigeträchtigen Militärakademie in Bagdad, scheiterte jedoch an der Aufnahmeprüfung.[7] Am 14. Juli 1958 stürzten in einem Staatsstreich nationalistische Offiziere, die sich die „Freien Offiziere“ nannten, die Monarchie und töteten König Faisal II. und dessen Familie. Der Staatsstreich führte zur Gründung der Republik Irak mit dem Premierminister Abd al-Karim Qasim. Ende des Jahres erschossen Saddam und sein Onkel Khairallah einen entfernten Verwandten, der Khairallah beleidigt hatte. Beide wurden für mehrere Monate inhaftiert, entgingen aber einer Anklage wegen Mordes. Die Baath-Partei rekrutierte Hussein nach seiner Rückkehr nach Bagdad als Attentäter für einen Anschlag auf Qasim. Am 7. Oktober 1959 überfielen die Attentäter Qasims Konvoi, dieser überlebte jedoch. Hussein wurde von einer Kugel in den Oberschenkel getroffen und flüchtete nach Syrien.[8][9] Das versuchte Attentat sei „mit dem Wissen der CIA“ geschehen, da sein Kontaktmann für den ägyptischen Geheimdienst und die CIA gearbeitet hatte; die angemietete Wohnung sei laut UPI vom stellvertretenden ägyptischen Militärattaché bezahlt worden. Die Amerikaner seien zuvor vom Ausscheren Qasims aus dem Bagdad-Pakt überrascht worden.[10] Anfang 1960 zog Saddam nach Kairo.[8] Er wurde in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Der bis dahin amtierende Chef der Baath-Partei, Fuad ar-Rikabi, floh ebenfalls nach Ägypten und wurde im Irak durch einen entfernten Verwandten Saddam Husseins, Madschid, ersetzt. Rikabi hatte offensichtlich den Auftrag zum Attentat gegeben, nachdem er im Jahr zuvor aus der Regierung ausgeschieden war.[10]

Sein Studium an der juristischen Fakultät der Universität Kairo beendete er ohne Abschluss. Er kehrte am 8. Februar 1963 nach dem blutigen Putsch der Baath-Partei in den Irak zurück und heiratete Sadschida Khairallah. Nach dem erneuten Militärputsch vom 18. November 1963 wurde er 1964 zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, floh aber mit Hilfe des Premierministers Tahir Yahyas im Juli 1966. 1968 unterstützte er einen erfolgreichen Staatsstreich von Baath-Partei und Armee.

Saddam Hussein (1974)
Herr Abgeordneter Saddam Hussein unterhielt viele Auslandsbeziehungen mit dem Ausland
Vizepräsident Saddam Hussein betet in der Stadt Maschhad während seines Besuchs in Iran 1976

Als die Baath-Partei 1968 im Irak an die Macht kam, wurde Hussein in der neuen Regierung stellvertretender Generalsekretär des Revolutionären Kommandorates sowie Chef des Ministeriums für Staatssicherheit und des Propagandaministeriums. 1969 wurde er Vizepräsident.

Am 1. Juni 1972 leitete er die Verstaatlichung westlicher Ölfirmen ein, die ein Ölmonopol im Irak hatten. Mit den Öleinnahmen entwickelte er das Land zu einer regionalen militärischen Großmacht. Die Einnahmen aus dem Ölverkauf sorgten aber auch für den Wohlstand breiterer Bevölkerungsschichten. 1972 unterzeichnete Saddam in Moskau ein Freundschaftsabkommen mit der Sowjetunion.[11] Am 1. Juli 1973 wurde er vom Revolutionsrat zum Drei-Sterne-General der irakischen Streitkräfte ernannt. Später ernannte er sich selbst zum Feldmarschall. Am 6. März 1975 schloss er als Vizepräsident mit dem iranischen Schah Mohammad Reza Pahlavi das Abkommen von Algier über den Grenzverlauf im Schatt al-Arab und die gegenseitige Nichteinmischung in innere Angelegenheiten.

Vertreter Saddam Hussein und mit Präsident Ahmed Hassan al-Bakr und einer Reihe von Ministern und Präsidenten
Im Vordergrund steht der irakische Präsident Ahmed Hassan al-Bakr, neben ihm sein Stellvertreter Saddam Hussein. Zum Jemen: Der libanesische Premierminister Salim Hoss. Auf einem arabischen Gipfel in Bagdad im November 1978

1979 ernannte Präsident Ahmad Hasan al-Bakr Hussein im Alter von 42 Jahren zum Vorsitzenden der Partei und zu seinem Nachfolger. Am 11. Juli 1979 wurde er Generalsekretär der Baath-Partei, und am 16. Juli 1979 übernahm er die Macht als Staatspräsident und Regierungschef. In einer seiner ersten Handlungen in dieser Position diffamierte Saddam in einer öffentlichen Versammlung mehrere anwesende Mitglieder der Baath-Partei als Verräter, woraufhin sie im Schnellverfahren zum Tode verurteilt und sofort liquidiert wurden. Die übrigen Parteimitglieder wurden durch dieses Exempel auf die Linie Saddams eingeschworen, der so auch den geplanten Zusammenschluss mit dem ebenfalls baʿthistischen Regime Syriens verhinderte.

Dennoch war Saddam Husseins Autorität zunächst noch nicht uneingeschränkt. Nach dem Tausch seines Amtes mit al-Bakr blieb dieser faktisch Vizepräsident bis zu seinem Tode im April 1982. Saddam Hussein nutzte diese erste Zäsur einer Machterweiterung bereits im Juli 1982 zu einem folgenschweren Alleingang: Er gab einen Rückzugsbefehl für die irakischen Truppen in einer entscheidenden Phase des Golfkrieges gegen die Islamische Republik Iran. Die zweite Zäsur war 1989. Mit dem Tod des Baath-Partei-Gründers und Vizepräsidenten Michel Aflaq sowie des als Kriegsminister im Golfkrieg populär gewordenen Chairallah Talfah durch einen unaufgeklärten Hubschrauberabsturz im gleichen Jahr gab es keine rivalisierende Autorität mehr außer dem nunmehr endgültig diktatorisch agierenden Präsidenten, die seine Entscheidung zum Krieg gegen Kuwait im Folgejahr hätte beeinflussen können.

Saddam Husseins Herrschaft wurde ab 1979 von einem Personenkult geprägt. Dieser bediente sich politischer, religiöser und nationalistischer Motive und diente der Disziplinierung der Bevölkerung und Unterdrückung politischen Dissenses. Propagandistische Darstellungen seiner Person waren hierbei im öffentlichen und privaten Raum obligat. Führend bei der Durchsetzung des Personenkults war die Ba'thpartei als Staatspartei des Einparteienstaats. Ab Mitte der 1980er Jahre wurde Kritik an ihm oder seinen Familienangehörigen offen strafrechtlich durch Sondergerichte verfolgt.[12]

Saddam Hussein ist für zahlreiche Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantwortlich, die in seiner Regierungszeit verübt wurden, darunter Giftgaseinsätze und Massenmorde an Kurden und Schiiten. Human Rights Watch schätzt, dass Saddams Regime mindestens 250.000 Iraker ermordete oder „verschwinden“ ließ. Dazu zählen 100.000 Kurden, die während der Anfal-Operation von 1987 bis 1988 getötet wurden, sowie viele Menschen, die verhaftet wurden und „verschwunden“ sind, darunter 50.000 bis 70.000 Schiiten in den 1980er Jahren, 50.000 Oppositionsaktivisten, darunter Linke, Kurden und andere Minderheiten in den 1980er und 1990er Jahren und 30.000 schiitische Männer während des gescheiterten Aufstands im März 1991.[13]

Erster Golfkrieg

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Saddam Hussein mit Donald Rumsfeld (1983)
Saddam Husseins Präsidentenpalast (2003)

Etwa ein Jahr nach der Islamischen Revolution in Iran gegen den prowestlichen Schah Mohammad Reza Pahlavi kündigte Saddam Hussein am 17. September 1980 das Abkommen von Algier, das zuvor auch Iran als nicht mehr bindend erklärt hatte. Der Irak verweigerte daraufhin die Räumung der 1975 abgetretenen Grenzgebiete, die seit dem 4. August unter iranischem Beschuss lagen. Am 22. September 1980 befahl Hussein der irakischen Armee, die Islamische Republik Iran mit neun von insgesamt zwölf Divisionen auf einer 600 km breiten Front anzugreifen. Geplant war ein Blitzkrieg. Die irakische Offensive scheiterte jedoch nach begrenzten Geländegewinnen, und die Initiative ging auf die Iraner über. Dies bildete den Auftakt für den fast acht Jahre dauernden Ersten Golfkrieg.

Dabei spielten auch verschiedene westliche Staaten eine führende Rolle, die den Irak wegen der drohenden Niederlage gegen Iran massiv unterstützten, wie Frankreich und Deutschland als Rüstungsexporteure und Lieferanten für Kernreaktoren sowie Chemieanlagen (Pestizide und Giftgas). Hauptunterstützer des Iraks waren die Sowjetunion, Frankreich und die Volksrepublik China, die allerdings auch Iran belieferte. Auch Washington belieferte beide Seiten. Eine besondere Bedeutung hatten weiterhin die sunnitischen und wahhabitischen Golfstaaten als Kreditgeber und Finanziers des Ersten Golfkrieges. Das Unvermögen, die Kredite zurückzuzahlen, wird allgemein als einer der Gründe für die versuchte Annexion Kuwaits durch den Irak betrachtet. Während des Krieges ließen auf beiden Seiten Hunderttausende ihr Leben, allein durch Saddam Husseins Giftgaseinsätze starben mehrere tausend Menschen. Sehr kritisch betrachtet werden Vermutungen, denen zufolge der US-Geheimdienst dem Irak Satellitenbilder der iranischen Stellungen zur Verfügung stellte, und die Zurückhaltung und teilweise stillschweigende Billigung eines Großteils der Staatengemeinschaft.

Von 1981 bis 1987 lag die militärische Initiative überwiegend auf iranischer Seite, erst 1988 konnten die irakischen Truppen wieder größere Erfolge erzielen. Am 18. Juli 1988 willigte Iran daher in die Waffenstillstandsbedingungen der UN-Resolution 598 ein, die Saddam Hussein bereits zuvor akzeptiert hatte. Ajatollah Chomeini kommentierte dies mit dem Zusatz „bitterer als Gift“. Am 8. August 1988 wurde ein Waffenstillstandsabkommen geschlossen, das am 20. August 1988 in Kraft trat und die Vorkriegsgrenzen wiederherstellte. Zum Abschluss eines Friedensvertrages ist es seither nicht gekommen.

Anfal-Operation

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Gegen Ende des Krieges 1988 befahl Hussein die Anfal-Operation im Nordirak[14][15] und intensivierte damit die seit Mitte der 1970er Jahre bestehende Arabisierungspolitik gegen die Kurden.[16] Die Kurden hatten sich insbesondere nach der Niederlage der Peschmerga unter Mustafa Barzani im Jahr 1975 einer stärkeren Verfolgung durch Hussein ausgesetzt gesehen. Dazu waren sie aus über 1500 Ortschaften vertrieben und in Sicherheitszonen, die im Grenzgebiet zur Türkei und zu Iran lagen, in dafür bestimmte Lager konzentriert worden. Auch aus Städten, in denen keine Bevölkerungsgruppe dominierte, waren Kurden im Zuge der Arabisierungspolitik deportiert worden. Kurden, die in der irakischen Armee dienten oder Lehrkräfte waren, waren im Süden des Iraks fernab ihrer Heimat eingesetzt worden. Vor allem um das ölreiche Kirkuk hatte Hussein eine aggressive Umsiedlungspolitik betrieben, bei der kurdische, assyrische und turkmenische Bewohner vertrieben und arabische Iraker angesiedelt wurden.[17]

Die Durchführung der Anfal-Operation übernahm Ali Hasan al-Madschid, ein Vetter von Hussein, der durch den Einsatz von Chemiewaffen gegen die kurdische Bevölkerung unter dem Namen Chemical-Ali (kurdisch Eliyê Kîmyawî, „Chemie-Ali“) bekannt wurde.[18] Im Rahmen dieses Genozids wurden laut Human Rights Watch von Februar bis September 1988 bis zu 100.000 Kurden systematisch ermordet und eine unbekannte Zahl in den Süden des Iraks deportiert.[19] Ferner wurde die Infrastruktur von etwa 2.000 Dörfern und 20 Kleinstädten, darunter die Stadt Qeladizê mit ihren damals 70.000 Einwohnern, zerstört.[20][21] Die Kurden selber schätzten die Zahlen der verschwundenen Menschen auf 182.000 und die zerstörten Dörfern auf 4.000 ein.[22][23] Im Gegensatz zu früheren Einsätzen von Giftgas wurde der Giftgasangriff auf Helepçe von der westlichen Presse mit Entsetzen und Empörung zur Kenntnis genommen. Staatliche Seiten verhielten sich weiterhin zurückhaltend. An der Herstellung des Giftgases waren größtenteils deutsche Firmen beteiligt.[24]

Zweiter Golfkrieg

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Saddam Hussein 1990 mit Ex-Bundeskanzler Willy Brandt und Sadoun al-Zubaydi (Mitte)

Am 2. August 1990, zwei Jahre nach dem Waffenstillstand, ließ Saddam Hussein Kuwait mit der Behauptung besetzen, es zapfe illegal Ölfelder des Iraks an. Die Besetzung erfolgte, nachdem Kuwait die Ölfördermenge erhöht und die Ölpreise gesenkt hatte. Der Irak hatte starke Interessen an einem lukrativen Ölgeschäft, zumal das Land sich im Wiederaufbau nach dem Ersten Golfkrieg befand.[25]

Im Zweiten Golfkrieg wurde die irakische Armee Anfang 1991 durch die von den USA geführte Koalition fast vollständig geschlagen. Ein bereits begonnenes Vorrücken amerikanischer Verbände in Richtung Bagdad wurde eingestellt, da der Auftrag der UN-Resolution, die nur die Befreiung Kuwaits, aber nicht einen Regimewechsel im Irak vorsah, erfüllt war und die Verbündeten der USA nicht gewillt waren, weitergehende Maßnahmen mitzutragen. Der von westlichen Kräften ermutigte Aufstand der Schiiten im südlichen Irak gegen Hussein wurde durch die militärisch immer noch überlegenen irakischen Regierungstruppen trotz Einrichtung einer Flugverbotszone niedergeschlagen.

Weiteres politisches Wirken

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Saddam Hussein überlebte zahlreiche Putschversuche und Attentate, auch von ausländischen Geheimdiensten. Er hatte, wie Latif Yahya behauptet, zwei Doppelgänger. Faoaz Al-Emari und einen zweiten, der 1984 bei einem Anschlag ums Leben kam.[26]

Er förderte aktiv die Modernisierung der irakischen Wirtschaft und den Aufbau von Industrie, Verwaltung und Polizei. Hussein leitete den Aufbau des irakischen Landes, die Technisierung der Landwirtschaft und die Bodenreform sowie die Volksbildung. Des Weiteren förderte er die vollständige Neugestaltung der Energiewirtschaft, des öffentlichen Dienstes sowie des Transport- und Bildungswesens. Unter seiner Herrschaft begann eine nationale Alphabetisierungskampagne, und die allgemeine Schulpflicht wurde eingeführt. Vor 1990 stieg die Alphabetisierungsrate bei Mädchen auf über 90 Prozent, nach der Zerstörung von Schulen in den beiden Golfkriegen von 1991 und 2003 sank sie wieder auf 24 Prozent, so die UNESCO.

Seit dem 29. Mai 1994 war Hussein wieder Premierminister, nachdem er nach dem Ende des Golfkriegs 1991 diesen Posten aufgab. Zudem bekleidete er das Amt des Vorsitzenden der Baath-Partei und war Oberkommandierender der Armee. Im Oktober 1995 ließ er sich ohne Gegenkandidaten mit 97 Prozent der abgegebenen Stimmen auch offiziell zum Präsidenten wählen. Die Gratulation durch den ehemaligen Staatspräsidenten Abd ar-Rahman Arif verlieh dieser Wahl einen beinahe legitimen Anstrich. Am 8. August 1995 flüchteten Saddams Schwiegersöhne sowie der Geheimdienstchef und dessen Bruder wegen Meinungsverschiedenheiten nach Jordanien.[27] Angeblich durch Hussein begnadigt, kehrten sie in den Irak zurück, wo sie im Februar 1996 inhaftiert und drei Tage später erschossen wurden.

Die Vereinten Nationen hatten seit dem Zweiten Golfkrieg ein ununterbrochenes Handelsembargo über das Land verhängt. 1996 akzeptierte das irakische Parlament den „Oil-for-Food“-Plan des UNO-Sicherheitsrates, der dem Irak den Verkauf begrenzter Mengen Erdöls ermöglichte, um dringende humanitäre Bedürfnisse zu decken. Hussein kündigte im Jahre 2000 an, im Rahmen des Programms „Öl gegen Lebensmittel“ Erdöl gegen Euro zu verkaufen und begann seine nationalen Devisenreserven auf Euro umzustellen („Petro-Euro“).[28][29]

Im Oktober 2002 wurde Saddam Hussein in einer offensichtlich fingierten Wahl mit fast 100 Prozent der Stimmen als Führer des Landes für weitere sieben Jahre im Amt bestätigt.

Computer-generierte Abbildung der angeblichen mobilen Anlagen zur Produktion chemischer Kampfstoffe, präsentiert von dem damaligen US-Außenminister Colin Powell vor dem UN-Sicherheitsrat im Februar 2003 zur Legitimation des Sturzes Saddam Husseins und des Irak-Krieges

Im Jahre 2003 begann schließlich der Irakkrieg. Die Truppen der Vereinigten Staaten und des Vereinigten Königreiches marschierten am 20. März 2003 in den Irak ein. Die irakische Armee wurde geschlagen, das Land vollständig besetzt. Die USA begründeten dies damit, dass der Irak durch Entwicklung und Besitz von „Massenvernichtungswaffen“ gegen die über ihn verhängten UN-Resolutionen verstoßen und dass Hussein terroristische Organisationen wie al-Qaida unterstützt habe. Beide Vorwürfe waren falsch und wurden auch in den USA nachträglich durch den Geheimdienstausschuss des US-Senats widerlegt.[30]

Am 9. April 2003 wurden die Kämpfe mit dem Fall Bagdads und dem Untergang des Regimes von Saddam Hussein beendet. Auf Hussein und eine Reihe von führenden Angehörigen der Regierung wurde nach dem Sturz des Regimes ein Kopfgeld von 25 Millionen US-Dollar ausgesetzt. Nach ihnen wurde auch mittels eines in Umlauf gebrachten Kartenspiels gefahndet, in dem die Gesuchten Karo-Ass, Herz-König etc. darstellten.

Er suchte zunächst mit seinen Söhnen Udai und Qusai Zuflucht in der Provinz al-Anbar und sandte beide anschließend nach Syrien. Syriens Präsident Baschar al-Assad war das Risiko eines Konflikts mit den Vereinigten Staaten zu hoch und schickte beide in den Irak zurück. Ihr Unterschlupf in Mossul wurde verraten und beide sowie Qusais vierzehnjähriger Sohn wurden am 22. Juli 2003 in einem fünfstündigen Feuergefecht mit Soldaten der 101st Airborne Division getötet.[31]

Strafverfolgung

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Saddam Hussein nach seiner Festnahme (2003)

Am 13. Dezember 2003 wurde Saddam Hussein von US-Besatzungstruppen festgenommen. Nach amerikanischer Darstellung wurde er nach einem Verrat eines früheren Gefolgsmannes, eines ehemaligen irakischen Geheimdienstlers, in dem Dorf Ad-Dawr rund 15 Kilometer von seiner Heimatstadt Tikrit entfernt von amerikanischen Soldaten gefangen genommen. Demnach habe sich der einstmals mächtigste Mann des Landes zuletzt in einem engen, gemauerten Erdloch vor einer ärmlichen Hütte versteckt gehalten. Als die Soldaten das Erdloch mit vorgehaltener Waffe inspizierten, habe sich Saddam Hussein ihnen kampflos und müde ergeben. Bei ihm soll Bargeld im Wert von etwa 750.000 US-Dollar gefunden worden sein.[32] Der von der US-amerikanischen Führung verbreitete Hergang der Festnahme und der konkrete Zeitpunkt wurden von Saddam Husseins Anwalt wie auch von ihm selbst bestritten. Der ehemalige US-Soldat Nadim Abou Rabeh sagte im März 2005, dass die Szene mit dem sogenannten Erdloch gestellt worden sei, Saddam Hussein in einem Haus gelebt habe und die US-Soldaten bei der Festnahme auf Widerstand gestoßen seien.

Husseins Identität wurde nach US-amerikanischen Angaben durch eine DNS-Probe sowie anhand von Zähnen und Narben nachgewiesen. Die offizielle Bestätigung der Festnahme erfolgte am 14. Dezember 2003 um etwa 13 Uhr MEZ durch den britischen Premierminister Tony Blair und kurz danach in einer Pressekonferenz durch Paul Bremer, den US-amerikanischen Zivilverwalter im Irak.

Der Ex-Diktator wurde im Hochsicherheitsgefängnis Camp Cropper inhaftiert. Am 10. Januar 2004 gab die US-amerikanische Regierung bekannt, dass er nun offizieller Kriegsgefangener der USA sei. Der Status des Kriegsgefangenen ermöglichte unter anderem, dass unabhängige Beobachter und Hilfsorganisationen, z. B. das Rote Kreuz, mit dem Ex-Diktator in Kontakt treten konnten, um sich von dessen Unversehrtheit und den Haftbedingungen ein Bild zu machen. Am selben Tag forderte der irakische Regierungsrat die Vereinigten Staaten auf, Hussein als einen Kriminellen der irakischen Justiz zu übergeben. Dies erfolgte am 30. Juni 2004, zwei Tage nach der offiziellen Machtübergabe der USA an die irakische Übergangsregierung.

Saddam Hussein (2004)

Ein Sondertribunal mit irakischen Richtern beschäftigte sich mit Saddam Hussein und elf weiteren Politikern und Militärs des Iraks nach irakischem Recht.[33] In einer ersten Anhörung ohne Anwalt am 1. Juli 2004, die wegen US-Zensur überwiegend ohne Ton im Fernsehen übertragen wurde, stritt Saddam jede Schuld ab und erkannte das Tribunal nicht an. Er sah sich weiterhin als Präsident. Er blieb unter Bewachung der USA. Gemäß irakischem Recht wurde Saddam Husseins Einmarsch in Kuwait vor dem Tribunal verhandelt. Davon ausgenommen sollte der Überfall auf Iran 1980 nicht als Angriffskrieg verhandelt werden. Die iranische Regierung beabsichtigte, in Bagdad zu klagen, da Saddam Hussein 1980 den Krieg gegen Iran begonnen und Chemiewaffen eingesetzt habe.[34] Saddam Hussein wurden die in diesen Kriegen verübten Kriegsverbrechen sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Last gelegt. Laut Human Rights Watch wurden bis zu 290.000 Menschen ermordet.[35] Die Ermittlungen wurden laut New York Times vom FBI und einer Einheit des US-Justizministeriums geführt. Die irakischen Juristen erhielten Unterstützung von ausländischen Experten. Salam Tschalabi, der Gerichtsdirektor, wurde in den USA ausgebildet.[36][37]

Der Kurdenführer und spätere irakische Staatspräsident Dschalal Talabani sprach sich gegen die Todesstrafe für Saddam Hussein aus. Dennoch zweifelt er nicht an seiner Schuld: Saddam Hussein habe „massakriert“ und „unsere Städte abgebrannt und zerstört“. Der neue Irak, der gerade im Entstehen sei, müsse deshalb die Rechte der kurdischen Bevölkerung achten: „Wenn der Irak diese Verpflichtung nicht anerkennt, wird das das Ende der irakischen Einheit sein.“[38]

Der Prozess gegen Saddam Hussein und sieben Mitangeklagte begann am 19. Oktober 2005. In erster Instanz entschied eine Kammer aus fünf Richtern, wobei zunächst Richter Ra’uf Raschid Abd ar-Rahman den Vorsitz hatte, nachdem der ursprünglich dem Gericht vorsitzende Rizgar Muhammad Amin sein Amt niedergelegt hatte.[39] In der Berufung entschieden neun Richter. Das Gericht hatte die Gerichtsbarkeit über Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen sowie über drei weitere aus dem irakischen Recht abgeleitete Verbrechen, unter ihnen etwa die unerlaubte Einmischung in die Justiz, die während Husseins Präsidentschaft von 1979 bis zum Beginn der Okkupation durch die Koalitionstruppen 2003 begangen wurden.

Der erste Anklagepunkt vor dem Gericht bezog sich auf eine Vergeltungstat, die nach dem misslungenen Attentat auf Saddam Hussein in der Stadt Dudschail 1982 begangen worden sein soll. 148 Männer und Jungen wurden hingerichtet oder starben bei „Vernehmungen“ durch staatliche Behörden. Die weiteren zwölf Anklagen reichten vom Giftgasangriff auf Kurden in der sogenannten Anfal-Kampagne und dem Angriff auf die Stadt Halabdscha 1988 bis hin zur Tötung Zehntausender Schiiten nach deren Aufstand 1991. Mit Saddam Hussein standen sieben weitere Personen vor Gericht. Unter ihnen waren Taha Yassin Ramadan, der frühere Vizepräsident des Iraks, Barzan Ibrahim at-Tikriti, ein jüngerer Halbbruder Saddams und ehemaliger Direktor des Sicherheitsdienstes Mukhabarat, und Awad al-Bandar, früherer Vorsitzender des Revolutionsgerichtshofs, der unter anderem für die Todesurteile in Dudschail zuständig war.

Nachdem zwei Verteidiger von Husseins Mitangeklagten Anschlägen zum Opfer gefallen waren, ein Mordkomplott gegen den Ermittlungsrichter Dschuhi aufgedeckt und ein Anschlag auf das Gerichtsgebäude vereitelt worden war und einige Verteidiger sich aus diesem Grund zurückgezogen hatten, wurde vom damaligen Vorsitzenden Amin die Verlegung des Prozesses in die weniger instabilen kurdischen Regionen erwogen. Der Prozess wurde allerdings weiterhin in Bagdad geführt. Der US-amerikanische Anwalt Ramsey Clark, früherer US-Justizminister und prominenter Gegner des Irak-Kriegs, gehörte ebenfalls zu dem Team, das Hussein im Prozess verteidigte. Er hatte schon Slobodan Milošević verteidigt. Außerdem gehörte zu dem Verteidigerteam Ayesha al-Gaddafi, die Tochter des damaligen libyschen Staatschefs Muammar al-Gaddafi.[40] Ein weiterer Anwalt Saddam Husseins, Najib al-Nawimi, ehemaliger katarischer Justizminister, versuchte die Legitimität des Gerichts anzuzweifeln, da große Teile seines Statuts während der Besetzung durch die USA geschrieben worden seien. Der Anwalt Curtis Doebbler legte sogar Rechtsmittel vor dem Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten ein, da das Recht auf einen fairen Prozess in erheblicher Weise verletzt worden sei.[41]

In Bagdad wurde der Prozess unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen abgehalten. Zeugen gegen Saddam Hussein wurde wegen ihrer Furcht vor Anschlägen Anonymität zugestanden. Der Prozess wurde von Anhängern Saddam Husseins und US-kritischen Stimmen als Schauprozess und als Siegerjustiz interpretiert. Menschenrechtsorganisationen zweifelten an der rechtmäßigen Einsetzung des Tribunals. Human Rights Watch betonte zudem, die Rechte der Angeklagten würden beschnitten. Ein Menschenrechtsbeobachter der Vereinten Nationen erklärte, das Gericht werde internationalen Standards für solche Verfahren nicht gerecht.[42] Saddam Hussein begann am 7. Juli einen Hungerstreik, um gegen die mangelhafte Sicherheit für seine Anwälte zu protestieren. Ab dem 23. Juli wurde er deswegen in einem Krankenhaus zwangsernährt.

Der irakische Generalstaatsanwalt forderte wegen des Massakers von Dudschail die Todesstrafe für Saddam Hussein. Auch der ehemalige Vizepräsident Taha Jassin Ramadan und Husseins Halbbruder Barsan Ibrahim al-Tikriti sollten hingerichtet werden, forderte der Staatsanwalt in seinem Schlussplädoyer. Für vier weitere Angeklagte beantragte er Freiheitsstrafen.

Hussein wurde am 5. November 2006 vom Richter Ra’uf Raschid Abd ar-Rahman zum Tode durch den Strang verurteilt. Hussein wollte sich zur Urteilsverkündung vor dem Sondertribunal nicht erheben, lenkte jedoch ein, als ihm letztlich mit Zwang gedroht wurde.[43] Seinem persönlichen Wunsch, nicht „wie ein einfacher Krimineller“ erhängt, sondern erschossen zu werden, wurde nicht entsprochen.[44][45][46]

Der Nahost-Direktor von Amnesty International, Malcolm Stuart, erklärte am 5. November 2006: „Jeder Angeklagte hat das Recht auf einen fairen Prozess, unabhängig von dem Ausmaß der Vorwürfe gegen ihn. […] Hier wurde eine Gelegenheit verpasst, und die Verhängung der Todesstrafe macht das noch schlimmer.“[47]

Die Berufungsverhandlung in der Berufungskammer des Sondertribunals, die bei jedem Todesurteil automatisch angeordnet wird, bestätigte das Urteil schließlich am 26. Dezember 2006. Eine zügige Hinrichtung innerhalb von maximal 30 Tagen, d. h. bis zum 25. Januar 2007, wurde außerdem vorgeschrieben. Ein letzter Versuch, die Hinrichtung durch einen Antrag seiner Anwälte vor einem US-Bezirksgericht in Washington aufzuschieben, wurde abgelehnt.

Das Urteil gegen Saddam Hussein wurde am 30. Dezember 2006 kurz nach 6:00 Uhr Ortszeit (4:00 Uhr MEZ) in al-Kazimiyya, einer Nachbarstadt im Nordosten von Bagdad, durch Hängen vollstreckt.[48] Die gesamte Hinrichtung wurde offiziell von den irakischen Behörden gefilmt und auf Fotos festgehalten. Entsprechende Aufnahmen, die die letzten Minuten Husseins, nicht jedoch die Exekution zeigen, waren wenig später weltweit in zahllosen Medien zu sehen. Die Hinrichtung sei nach offizieller Darstellung schnell und ruhig verlaufen. Hussein habe keine Bemerkung gemacht, während er zum Galgen geführt worden sei. Vor der Hinrichtung habe er das sunnitisch-islamische Glaubensbekenntnis gesprochen. Er wurde 69 Jahre alt.

Eine im Internet kursierende Amateuraufnahme der Hinrichtung widerlegt jedoch diese Darstellung.[49] Dabei ist zu hören, dass Personen im Raum Saddam Hussein beschimpfen, er werde „direkt in die Hölle gelangen“, woraufhin dieser antwortet: „Irak ist nichts ohne Saddam“. Ebenso wird der radikale irakische Schiiten-Führer Muqtada as-Sadr, einer der größten Gegner Saddam Husseins, durch die unbekannten Personen bejubelt. Bereits mit der Schlinge um den Hals auf der Falltür stehend, sprach Saddam Hussein anschließend seine letzten Worte, die zweizeilige Schahada der Sunniten: „Es gibt keine Gottheit außer Allah. Mohammed ist der Prophet Allahs.“ Noch während der ersten Wiederholung öffnete sich die Falltür, als er das Wort Mohammed aussprach. Die inoffizielle Filmaufnahme zeigt auch, wie Saddam Hussein durch Genickbruch stirbt und unmittelbar nach der Hinrichtung am Galgen hängt.[50]

Reaktionen auf die Hinrichtung

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Das gewählte Hinrichtungsdatum wurde in der islamischen Welt scharf kritisiert, da sie an einem islamischen Feiertag, dem Opferfest, vollstreckt wurde.[51] Es wurden außerdem Terroranschläge als Reaktion auf die Hinrichtung Husseins befürchtet, denn bereits die Urteilsverkündung im November hatte in Teilen des Landes Gewalt ausgelöst.[52]

Das im Internet veröffentlichte nicht offizielle Hinrichtungsvideo löste ein bestürztes Medienecho aus. Für die BBC bezeichnete World Affairs Editor John Simpson den Verlauf als „hässlich und erniedrigend“. Es erinnere an öffentliche Hinrichtungen des 18. Jahrhunderts.[53] Staatsanwalt Munkith al-Farun, der bei der Hinrichtung anwesend war, erklärte am 2. Januar 2007, dass hochrangige irakische Regierungsmitarbeiter den Mitschnitt unerlaubt mit einem Handy gedreht hätten. Das Hinrichtungsvideo entwickelte sich in den folgenden Tagen insbesondere im Süden Bagdads, in dem zahlreiche Schiiten leben, zum Verkaufsschlager. Die Anwälte Saddam Husseins forderten daraufhin am 3. Januar 2007 in einem Brief an UN-Generalsekretär Ban Ki-moon eine Untersuchung und verwiesen erneut auf die Genfer Konventionen, die mehrfach nicht auf den Kriegsgefangenen angewandt worden seien. In dem Schreiben wurde außerdem vermutet, einige der ärgsten Feinde Saddams könnten „in einem üblen Handel mit der Besatzungsmacht das Privileg erhalten haben, bei der Tötung selbst Hand anzulegen“. Es soll daher ebenfalls untersucht werden, wer die vermummten Henker waren.[54] Auch andere irakische Beobachter kritisierten das Verfahren.[55]

EU-Entwicklungshilfekommissar Louis Michel verurteilte die Hinrichtung noch am selben Tag indirekt als „barbarisch“. Zudem äußerte er die Befürchtung, dass die Vollstreckung des Urteils Hussein zu einem Märtyrer machen könne.[56] Die EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner äußerte sich im Namen der Europäischen Kommission zu dem Urteil: „Während die EU die Todesstrafe grundsätzlich ablehnt, bedeuten das Gerichtsverfahren und die Bestrafung von Saddam, dass jene, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit begehen, der Gerechtigkeit nicht entgehen können.“ Der Tod Saddam Husseins habe ein „langes und schmerzhaftes Kapitel in der Geschichte des Iraks“ geschlossen. Seine Karriere und sein Vermächtnis zeige die „Sinnlosigkeit einer Politik der Gewalt und des Terrors“.[57][58]

Bundeskanzlerin Angela Merkel brachte zum Ausdruck, dass die deutsche Bundesregierung die Todesstrafe ablehnt:

„Saddam Hussein ist von einem irakischen Gericht verurteilt worden, und das Urteil ist vollstreckt worden. Wir respektieren dieses Urteil. Aber es ist bekannt, dass die Bundesregierung gegen die Todesstrafe ist. An einem Tag wie diesem gehen meine Gedanken vor allen Dingen zu den vielen unschuldigen Opfern von Saddam Hussein. Ich wünsche dem irakischen Volk, dass es seinen Weg ohne Gewalt und in Frieden gehen kann.“[59]

Für die deutsche Bundesregierung zeigte Gernot Erler (SPD), Staatsminister im Auswärtigen Amt, zwar Verständnis für die Zustimmung betroffener Iraker, fügte jedoch im RBB-Inforadio hinzu: „Aber wir wenden uns gegen die Todesstrafe, egal wo sie angewandt wird.“

Vom Vatikan wurde die Hinrichtung ebenfalls scharf verurteilt. Vatikansprecher Federico Lombardi sagte, es handele sich um „eine tragische Nachricht“, und benutzte das Wort „Ermordung“. Weiter sagte er, es bestehe „das Risiko, dass dies den Geist der Rache noch anstachelt und neue Gewalt sät“. Der Präsident des päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden, Kurienkardinal Renato Raffaele Martino, sagte gegenüber Radio Vatikan: „Ich hatte in den vergangenen Tagen gehofft, dass man es für angemessen halten würde, das Todesurteil nicht zu vollstrecken. Ich hoffe und bete, dass dieser letzte Akt nicht dazu beiträgt, die bereits kritische Situation im Irak weiter zu verschlimmern, einem Land, das von vielen Spaltungen und Bruderkämpfen gezeichnet ist.“[60]

US-Präsident George W. Bush würdigte dagegen die Hinrichtung von Saddam Hussein als „gerechte Strafe“. Die Hinrichtung sei das Ergebnis einer Rechtsprechung, die der irakische Expräsident „den Opfern seines brutalen Regimes“ vorenthalten habe, sagte Bush in der Nacht auf seinem Landsitz in Texas.

Die britische Regierung wiederum kritisierte die Hinrichtung aus prinzipiellen Gründen. „Wir treten für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe ein, unabhängig von dem jeweiligen Verbrechen“, erklärte Außenministerin Margaret Beckett. Großbritannien habe seine Ablehnung der Todesstrafe „der irakischen Regierung sehr deutlich klargemacht, allerdings respektieren wir deren Position“, fügte die Ministerin hinzu.

Russland hat wegen der Hinrichtung Saddam Husseins vor einer weiteren Verschärfung der Lage im Irak gewarnt. Gleichzeitig bedauerte ein Sprecher des Außenministeriums in Moskau, dass die internationalen Bitten um eine Aussetzung der Hinrichtung ungehört verhallt seien. „Russland ist wie viele andere Länder prinzipiell gegen die Todesstrafe, aus welchen Motiven diese auch verhängt worden sein mag“, hieß es in der Stellungnahme.[56]

Ban Ki-moon, der Generalsekretär der Vereinten Nationen, sorgte dagegen überraschend für einen Eklat, indem er in einer Stellungnahme zur Hinrichtung erklärte, es stehe einem Land frei, über Hinrichtungen zu entscheiden. Bei einer Pressekonferenz erklärte eine Mitarbeiterin anschließend prompt, dass Hinrichtungen von den Vereinten Nationen weiterhin abgelehnt würden.[61] In Bans Heimatland Südkorea gibt es die Todesstrafe, seit 1998 sind Todesurteile aber nicht mehr vollstreckt worden.

Ausdrücklich begrüßt wurde der Vollzug des Todesurteils in Iran und in Kuwait, während ein Vertreter der Palästinenser von politischem Mord sprach und der libysche Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi eine dreitägige Staatstrauer für sein Land anordnete.[62][63] Israels Vize-Ministerpräsident Schimon Peres verglich Saddams Hinrichtung mit dem Ende Adolf Hitlers. Der Tod des Ex-Diktators, der eine Gefahr für den Nahen Osten und den Weltfrieden dargestellt habe, sei wie der Hitlers vorhersehbar gewesen.[64]

Der irakische Premierminister Nuri al-Maliki zeigte sich über die internationale Kritik erbost: „Die irakische Regierung sollte vielleicht ihre Beziehungen zu den Regierungen überdenken, die den Willen des irakischen Volkes nicht respektieren.“[65]

Vernehmungen durch das FBI

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Im Juli 2009 wurden die Vernehmungen des FBI aus dem Jahre 2003 – 2004 vom National Security Archive veröffentlicht.[66] Saddam Hussein nannte als seine Feinde Iran und al-Qaida, als potentiellen Verbündeten betrachtete er das Regime in Nordkorea. Als große Fehler nannte er u. a. die Vernichtung der Massenvernichtungswaffen in den 1990ern, die er sonst im Irak-Krieg 2003 hätte einsetzen können. Hussein gab des Weiteren Details zu den Golfkriegen wieder. Nicht enthalten in den FBI-Berichten waren jedoch Aussagen zur Beziehung zwischen dem Irak und den USA in den 1980ern, zu Chemiewaffenangriffen und einer Rolle der CIA beim Aufstieg der Baath-Partei.

Der Leichnam wurde in Saddam Husseins Geburtsort, dem Dorf al-Audscha nahe Tikrit, beigesetzt. Es nahmen rund 100 Personen an der Bestattung teil, darunter auch der Gouverneur der Provinz Salah ad-Din. Die Beisetzung erfolgte gemäß islamischen Glaubensvorschriften binnen 24 Stunden nach dem Tod. Hussein wurde unter der Kuppel eines Grabmals beigesetzt, das er für sich hatte bauen lassen und sich direkt neben der nach ihm benannten Saddam-Moschee befindet. In der Nähe sind seine beiden Söhne Udai und Qusai, die bereits 2003 von amerikanischen Soldaten bei einem Gefecht getötet worden waren, beerdigt.[67] In den Städten der Provinz kam es zu Demonstrationen für Hussein. Irakische Polizisten hinderten jedoch die Bevölkerung daran, zum Grab zu fahren. Die Familie Saddams will in der Nähe der Moschee eine Bibliothek und eine Koranschule errichten lassen.[68] Das Grabmal wurde bei den Kämpfen zwischen ISIS und irakischen Streitkräften im März 2015 zerstört, Saddam Husseins Leichnam wurde bereits 2014 von seinen Anhängern an einen unbekannten Ort umgebettet.[69]

Von Saddam Hussein initiierte Bauten

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  • al-Ayyam al-tawila (The Long Days), 1980, Irak, 6-Stunden-Epos über das Leben Saddam Husseins
  • 2008 entstand die britische Miniserie House of Saddam (dt. Die Husseins – Im Zentrum der Macht), die von Aufstieg und Fall des irakischen Diktators handelt. In der Hauptrolle ist der israelische Schauspieler Jigal Naor zu sehen.
  • The Devil’s Double, 2011, Belgien/Niederlande, Literaturverfilmung. Hussein wird von Philip Quast gespielt.
  • Saddam Hussein (= Folge 2 der Serie The Dictator’s Playbook). 54-minütige Filmdokumentation von Mark Stevenson (Australien 2018).
  • Lisa Blaydes: State of Repression: Iraq under Saddam Hussein. Princeton University Press, Princeton 2020, ISBN 978-0-691-21175-6.
  • Jean-Michel Cadiot: Quand l’Irak entra en guerre, la Qadissiyah de Saddam. L’Harmattan, 2000, ISBN 2-7384-0129-5.
  • Andrew Cockburn, Patrick Cockburn: L’énigme Saddam – Enquête explosive au cœur du système irakien. First, 1999, ISBN 2-87691-446-8.
  • Con Coughlin: Saddam Hussein. Porträt eines Diktators. Die Biografie, List Verlag, München, 2002, ISBN 978-3-471-77259-1.
  • Efraim Karsh, Inari Rautsi: Saddam Hussein. A Political Biography. Grove Press, New York 2002, ISBN 0-8021-3978-7.
  • Angeli Mesnier: Notre allié Saddam. Orban, 1992, ISBN 2-85565-658-3.
  • Mylroie Miller: Saddam Hussein. Presses de la Cité, 1993, ISBN 2-258-03369-1.
  • John Nixon: Debriefing the President: The Interrogation of Saddam Hussein. Blue Rider, New York 2016, ISBN 978-0-399-57581-5.
  • Georges Sada, Jim Nelson Black: Saddams Geheimnisse. 25 Jahre unter einem Terrorregime; als Christ im irakischen Generalstab. Brunnen Verlag, Gießen / Basel 2006, ISBN 978-3-7655-1939-0.
    Titel der amerikanischen Originalausgabe: Saddam’s Secrets Verlag Integrity Publishers Brentwood USA
  • Abdul Majid Saman: Les années Saddam. Fayard, 2003, ISBN 2-213-61751-1.
  • Latif Yahya: Ich war Saddams Sohn: als Doppelgänger im Dienst des irakischen Diktators Hussein. Goldmann, München 2003, ISBN 3-442-15249-6.
Commons: Saddam Hussein – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Joseph Sassoon: Saddam Hussein’s Ba'th Party. Cambridge, 2012, S. 5.
  2. IRAQ: The Role of Tribes. cfr.org; abgerufen am 28. Januar 2013.
  3. a b c Efraim Karsh, Inari Rautsi: Saddam Hussein. A Political Biography. Grove Press, New York 2002, ISBN 0-8021-3978-7, S. 6–12 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. Jerrold M. Post: Saddam Hussein of Iraq: A political profile. In: Jerrold M. Post (Hrsg.): The Psychological Assessment of Political Leaders. Ann Arbor 2005, S. 325–327.
  5. Shiva Balaghi: Saddam Hussein – A Biography. London 2006, S. 1–7.
  6. Efraim Karsh, Inari Rautsi: Saddam Hussein. A Political Biography. Grove Press, New York 2002, ISBN 0-8021-3978-7, S. 12 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  7. Efraim Karsh, Inari Rautsi: Saddam Hussein. A Political Biography. Grove Press, New York 2002, ISBN 0-8021-3978-7, S. 14–15 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  8. a b Steve Coll: The Achilles Trap. Saddam Hussein, the United States and the Middle East, 1979–2003. Allen Lane, London 2024, ISBN 978-0-241-68665-2, S. 53–54 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  9. Efraim Karsh, Inari Rautsi: Saddam Hussein. A Political Biography. Grove Press, New York 2002, ISBN 0-8021-3978-7, S. 16 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  10. a b Richard Sale: Saddam key in early CIA plot. United Press International, 10. April 2003, abgerufen am 6. März 2023 (englisch): „said the move was done ‘with full knowledge of the CIA,’ and that Saddam’s CIA handler was an Iraqi dentist working for CIA and Egyptian intelligence.“
  11. Freundschaftsabkommen mit der Sowjetunion. SZ, 17. Mai 2010.
  12. Joseph Sassoon: Saddam Hussein’s Ba'th Party. Cambridge, 2012, S. 162–192.
  13. War in Iraq: Not a Humanitarian Intervention. Human Rights Watch, 25. Januar 2004, abgerufen am 11. Juni 2023 (englisch): „Having devoted extensive time and effort to documenting [Saddam's] atrocities, we estimate that in the last twenty-five years of Ba'ath Party rule the Iraqi government murdered or 'disappeared' some quarter of a million Iraqis, if not more.“
  14. George Black: Genocide in Iraq: The Anfal Campaign Against the Kurds. Human Rights Watch, 1993, ISBN 1-56432-108-8, S. 4 (google.de [abgerufen am 23. Dezember 2015]).
  15. Kenneth Anderson, Middle East Watch (Organization), Physicians for Human Rights (U.S.): The Anfal Campaign in Iraqi Kurdistan: The Destruction of Koreme. Human Rights Watch, 1993, ISBN 0-300-05757-1 (google.com [abgerufen am 23. Dezember 2015]).
  16. Forced Displacement and Arabization of Northern Iraq. The Mass Displacement of the mid-1970s. Human Rights Watch, abgerufen am 23. Dezember 2015 (englisch).
  17. Vera Eccarius-Kelly: Kurdish Resettlement. In: Paul R. Bartrop, Steven Leonard Jacobs (Hrsg.): Modern Genocide: The Definitive Resource and Document Collection. Band 1, Armenian Genocide, Bosnian Genocide, and Cambodian Genocide. ABC-CLIO, Santa Barbara 2015, ISBN 978-1-61069-363-9, S. 1592.
  18. Gillian Duncan, Orla Lynch, Gilbert Ramsay, Alison M. S. Watson: State Terrorism and Human Rights: International Responses since the End of the Cold War. Routledge, 2013, ISBN 978-1-136-67967-4, S. 79 (google.com [abgerufen am 23. Dezember 2015]).
  19. The Kurdish Genocide – Achieving Justice through EU Recognition. (PDF) In: europarl.europa.eu. S. 2, 3, abgerufen am 23. Dezember 2015 (englisch).
  20. Winfried Sträter: Saddams Giftgasangriffe auf die Kurden. Die Anfal-Offensive Ende der 80er-Jahre im Irak. Deutschlandradio Kultur, 30. November 2010; abgerufen am 7. Juni 2016.
  21. Anfal: Campaign against the Kurds. BBC, 24. Juni 2007, abgerufen am 23. Dezember 2015.
  22. Genocide In Iraq – The Anfal Campaign Against The Kurds. (PDF) Human Rights Watch, 1993, S. 12, 17, abgerufen am 23. Dezember 2015 (englisch, A Middle East Watch Report).
  23. What Happened In The Kurdish Genocide. In: uk.gov.krd. Archiviert vom Original am 4. März 2016; abgerufen am 23. Dezember 2015.
  24. Entschädigung der Opfer des Giftgas-Massakers von Halabja 1988. (PDF) Drucksache 17/837. Deutscher Bundestag, 15. März 2010, abgerufen am 16. Mai 2017.
  25. Irak, Kuweit und das Öl (Memento vom 28. Juni 2006 im Internet Archive)
  26. Latif Yahia, Karl Wendel: Ich war Saddams Sohn. München 2003, S. 50.
  27. Amatzia Baram: Auf die Leibwächter kommt es an. Warum ist Saddam Hussein immer noch an der Macht? In: Der Überblick, Jg. 31 (1995), Heft 4, S. 64–66.
  28. The Guardian: Iraq nets handsome profit by dumping dollar for euro, The Guardian, 16. Februar 2003
  29. Saddam Hussein will den Euro. Berliner Zeitung, 28. Oktober 2000.
  30. Irak-Krieg Saddam Hussein hatte keine Verbindungen zu al-Qaida. In: Süddeutsche Zeitung. 9. September 2006, abgerufen am 11. Juli 2012.
  31. Steve Coll: The Achilles Trap. Saddam Hussein, the United States and the Middle East, 1979–2003. Allen Lane, London 2024, ISBN 978-0-241-68665-2, S. 479–480 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  32. Das Ende des Despoten. Spiegel Online
  33. Rainer Hermann: Saddam Hussein: Höchststrafe nach kurzem Prozeß. In: FAZ.NET. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 19. April 2022]).
  34. Iran will gegen Saddam Hussein klagen. In: NZZ, 4. Juli 2004.
  35. The Mass Graves of al-Mahawil. Human Rights Watch, Mai 2003
  36. Saddams Richter – Ein Tribunal von Amerikas Gnaden. Süddeutsche Zeitung, 1. Juli 2004, abgerufen am 7. September 2012.
  37. Wie unabhängig ist das Sondertribunal? Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18. Oktober 2005.
  38. Große Sicherheitsvorkehrungen bei Saddam-Prozess: Kurdenführer lehnt Todesstrafe für Saddam ab. Rheinische Post, 1. Juli 2004, abgerufen am 7. September 2012.
  39. Richter Rizgar Muhammad Amin tritt zurück. (Memento vom 18. Januar 2006 im Internet Archive) In: NZZ, 15. Januar 2006.
  40. Eine unmögliche Familie. In: Der Spiegel. Nr. 10, 2010 (online).
  41. Recht verletzt: Saddam-Anwalt schaltet Obersten US-Gerichtshof ein. news.at, 9. Juli 2004
  42. Zu den juristischen und politischen Problemen vgl. Stephen Lendman: A Trial Giving Kangaroos A Bad Name. (Memento vom 29. September 2007 im Internet Archive) ZNet, 8. November 2006. Kai Ambos, Said Pirmurat: Das Todesurteil gegen Saddam Hussein. (PDF) In: JuristenZeitung. Bd. 62, 2007, S. 822–828
  43. Gericht verurteilt Hussein zum Tod durch den Strang. Spiegel Online, 5. November 2006
  44. Turbulente Verhandlung im Saddam-Prozess. (Memento vom 11. März 2007 im Internet Archive) In: NZZ, 6. Dezember 2005.
  45. Topics: Saddam Hussein. New York Times
  46. Saddam zum Tod durch den Strang verurteilt. Hamburger Abendblatt, 5. November 2006.
  47. Bush feiert „junge Demokratie“. n-tv.de, 5. November 2006.
  48. Hussein executed with ‘fear in his face’. CNN.com, 30. Dezember 2006
  49. CNN-Version des Amateurfilms mit englischen Untertiteln, abgerufen am 31. Dezember 2006
  50. Irak untersucht Video über Saddam Husseins Hinrichtung. (Memento vom 5. Januar 2007 im Internet Archive) Netzeitung, 2. Januar 2007
  51. Hadsch-Pilger über Hinrichtung empört. In: Der Standard, 2. Januar 2007.
  52. Saddam im Morgengrauen gehängt spiegel.de, 30. Dezember 2006.
  53. John Simpson: Saddam hanging taunts evoke ugly past. BBC World Service, 31. Dezember 2006, abgerufen am 1. Januar 2007.
  54. Hinrichtungsvideo wird Verkaufsschlager, Spiegel Online, 3. Januar 2007.
  55. Saddam Hussein executed, ending era in Iraq NBCnews.com, 30. Dezember 2006.
  56. a b Freude, Ablehnung und Trauerbeflaggung, Welt Online, 30. Dezember 2006.
  57. Statement by Commissioner Ferrero-Waldner on the passing of Saddam Hussein. Presseinformation der Europäischen Kommission, Brüssel, 30. Dezember 2006.
  58. Reaktionen: Arabische Welt empört – EU: Saddam kein Märtyrer. In: Der Standard, 2. Januar 2007.
  59. Pressestatement von Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Tode von Saddam Hussein. (Memento vom 26. September 2007 im Internet Archive) bundesregierung.de, 30. Dezember 2006
  60. Vatikan verurteilt Saddams Hinrichtung kath.net, 30. Dezember 2006.
  61. Saddam-Hinrichtung: Neuer Uno-Chef wegen Äußerungen zur Todesstrafe in der Kritik spiegel.de, 3. Januar 2007
  62. Todesurteil vollstreckt – Saddam Hussein hingerichtet. faz.net, 31. Dezember 2006
  63. Iran begrüsst Hinrichtung – Libyen ruft Staatstrauer aus. 20min.ch, 31. Dezember 2006
  64. Saddam starb mit Hasstiraden auf den Lippen. In: Berliner Morgenpost, 31. Dezember 2006
  65. Irakische Verteidigung: Maliki verbittet sich Kritik an Saddam-Hinrichtung. Spiegel Online, 6. Januar 2007.
  66. Saddam Hussein Talks to the FBI. gwu.edu
  67. Saddam bereits beigesetzt. (Memento vom 14. Oktober 2007 im Internet Archive) n24.de, 31. Dezember 2006
  68. Saddam beigesetzt. In: FAZ, 2. Januar 2006.
  69. Saddam Hussein’s tomb destroyed as battle for Tikrit rages. In: The Guardian, 16. März 2015
  70. Saddam to be hanged by Sunday. Ex-dictator’s execution expected to be carried out by start of Eid holiday. NBS News. 28. Dezember 2006, abgerufen am 7. Juni 2016.
  71. Diese Ausgabe auch als Sonderauflage der Landeszentrale für politische Bildung Nordrhein-Westfalen mit gleicher ISBN. Alle Ausgaben sind gekürzte Versionen von Der politische Auftrag des Islam. Programme und Kritik zwischen Fundamentalismus und Reformen. Originalstimmen aus der islamischen Welt. Peter Hammer, Wuppertal 1994. – Husseins Text stammt aus einer Bagdader Originalquelle, sie ist undatiert.