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„Völkermord“ – Versionsunterschied

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Ein '''Völkermord''' oder '''Genozid'''<ref>aus [[latein]]isch ''genus'' ‚Volk‘, ‚Stamm‘, ‚Geschlecht‘ und ''caedes'' ‚Blutbad‘, ‚Mord‘</ref> ist ein seit 1946 kodifizierter Straftatbestand in Polen und 1948 durch die [[Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes]] ins [[Völkerstrafrecht]] eingegangen. Der Tatbestand ist gekennzeichnet durch die Absicht, auf direkte oder indirekte Weise {{"|eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören}}; er unterliegt nicht der [[Verjährung (Deutschland)|Verjährung]]. Die auf [[Raphael Lemkin]] zurückgehende rechtliche Definition dient auch in der Wissenschaft als Definition des Begriffs Völkermord.
Der '''Völkermord''' ([[Synonym]]: der '''Genozid''') ist ein [[Straftatbestand]], der im [[Völkerstrafrecht]] entstanden ist, mittlerweile aber auch in verschiedenen nationalen Rechtsordnungen ausdrücklich verankert ist.
Des Völkermords schuldig macht sich, wer
* in der Absicht, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe ganz oder teilweise zu vernichten,
* eine der folgenden Handlungen begeht:
:a) das Töten von Angehörigen der Gruppe
:b) das Zufügen von ernsthaften körperlichen oder geistigen Schäden bei Angehörigen der Gruppe
:c) die absichtliche Auferlegung von Lebensbedingungen, die auf die völlige oder teilweise physische Zerstörung der Gruppe abzielen
:d) die Anordnung von Maßnahmen zur Geburtenverhinderung
:e) die gewaltsame Verbringung von Kindern der Gruppe in eine andere Gruppe


Völkermord wird oft als besonders negativ bewertet und etwa als „Verbrechen der Verbrechen“ (englisch „crime of crimes“)<ref name="Jean Kambanda">[[Internationaler Strafgerichtshof für Ruanda]] (ICTR): Prosecutor v. [[Jean Kambanda]], {{Webarchiv | url=http://www.unictr.org/Portals/0/Case/English/Kambanda/decisions/kambanda.pdf | wayback=20120121030812 | text=Urteil vom 4.&nbsp;September 1998}} (PDF; 110&nbsp;kB), {{lang|en|Case No.&nbsp;97-23-S, §&nbsp;16: “The crime of genocide is unique because of its element of dolus specialis (special intent) which requires that the crime be committed with the intent to destroy in whole or in part, a national, ethnic, racial or religious group as such, as stipulated in Article 2 of the Statute; hence the Chamber is of the opinion that genocide constitutes the crime of crimes, which must be taken into account when deciding the sentence”}}</ref> oder „das schlimmste Verbrechen im Völkerstrafrecht“<ref name="JuS 2001, 736">{{Literatur |Autor=[[Christoph Safferling|Christoph J. M. Safferling]] |Titel=Wider die Feinde der Humanität – Der Tatbestand des Völkermordes nach der Römischen Konferenz |Sammelwerk=[[Juristische Schulung]] |Datum=2001 |Seiten=735–739 (736)}}</ref> umschrieben. Seit dem Beschluss durch die Generalversammlung der [[Vereinte Nationen|Vereinten Nationen]] 1948 wurde die Bestrafung für Völkermord in verschiedenen nationalen [[Rechtsordnung]]en ausdrücklich verankert.
Dabei ist zu beachten, dass nur die ''Absicht'' zur Vernichtung der Gruppe erforderlich ist, nicht aber auch ihre effektive Vernichtung. Die Handlungen unter den Buchstaben a bis e hingegen müssen tatsächlich (und willentlich) begangen werden. Dies bedeutet insbesondere, dass es nicht viele Opfer braucht, damit die Täter sich des Völkermords schuldig machen. Bloss ihre Vernichtungs''absicht'' muss sich auf die ganze Gruppe oder einen massgeblichen Teil von ihr richten. Die Täter erfüllen den Straftatbestans beispielsweise, wenn sie - in dieser besonderen Absicht - einzelnen Gruppenmitgliedern ernsthafte körperliche oder geistige Schäden zufügen. Dies mag angesichts des Begriffs Völker-''Mord'' erstaunen, wird in dieser Variante doch gar kein Mensch ermordet. Der Ansatzpunkt der Definition ist jedoch ein anderer. Denn es sollen verschiedene Gewaltverbrechen erfasst werden, die sich durch eine besonders menschenverachtende Absicht auszeichnen. Mit anderen Worten: Es geht gewissermassen um den ''Versuch'', ein Volk zu ermorden. Wer wollte schon verlangen, dass das Volk (genauer: die besondere Gruppe) tatsächlich vernichtet sein müsste, bevor die Täter wegen Völkermord bestraft werden können?


== Nationales Recht ==
Umgekehrt gilt auch: Unter a) bis e) genannte Maßnahmen sind kein Völkermord, wenn ihr Ziel nicht darin besteht, eine Gruppe ganz oder teilweise zu vernichten, egal wieviele Mitglieder getötet oder sonstwie beeinträchtigt werden. Solche Maßnahmen sind ebenfalls kein Völkermord, wenn ihr Ziel darin besteht, eine Gruppe auszurotten, die nicht durch nationale, ethnische, rassische oder religiöse Eigenschaften definiert ist.
[[Datei:Arthur Greiser proces.jpg|mini|Arthur Greiser angeklagt in Poznan, 7. Juli 1946]]
Dies zeigt den problematischen Charakter der Völkermord Definition nach dem Völkerstrafrecht, denn Massenmorde nach sozialen oder geographischen Kriterien sowie zielloses Morden werden vom Völkermord Paragraphen nicht erfaßt.
Der Begriff Genozid wurde erstmals vom [[Oberstes Nationales Tribunal Polens|Obersten Nationalen Tribunal Polens]] in der breiten Bedeutung des kulturellen Genozids nach Raphael Lemkin angewandt – im Prozess gegen den ehemaligen Reichsstatthalter von Danzig und Gauleiter des Warthelandes [[Arthur Greiser]] wegen des Völkermordes an Polen und gegen den ehemaligen Kommandanten des [[KZ Plaszow]] [[Amon Göth]] wegen Völkermordes an polnischen Juden. 1946 kodifizierte Polen als erstes Land den Tatbestand des Völkermordes im nationalen Strafrecht.<ref>{{Literatur |Autor=Tomasz Frydel |Titel=Transitional Justice and the Holocaust in Poland |Sammelwerk=East European Holocaust Studies |Band=1 |Nummer=1 |Datum=2023 |DOI=10.1515/eehs-2023-0035 |Seiten=274 f.}}</ref>
Im Völkerrecht nicht bekannt sind die entsprechend der Analogie Völkermord - Mord möglichen Vergehen '''Völkertotschlag''' sowie '''fahrlässige Völkertötung'''.


== UN-Konvention gegen Völkermord ==
{{Hauptartikel|Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes}}


Am 9. Dezember 1948 beschloss die [[UN-Generalversammlung|Generalversammlung]] der [[Vereinte Nationen|Vereinten Nationen]] in der Resolution 260 die „Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes“ ''(Convention pour la prévention et la répression du crime de génocide, Convention on the Prevention and Punishment of the Crime of Genocide),'' die am 12. Januar 1951 in Kraft trat. Die [[Deutschland|Bundesrepublik Deutschland]] [[Ratifizierung|ratifizierte]] die Konvention im Februar 1955, [[Österreich]] hinterlegte die Beitrittsurkunde am 19. März 1958 und die [[Schweiz]] am 7. September 2000. Nach der Konvention ist Völkermord ein [[Verbrechen]] gemäß internationalem Recht, {{"|das von der zivilisierten Welt verurteilt wird}}.
Ob hingegen in jedem Fall, wo Einzelne sich des Völkermords schuldig machen, der Rahmen des Geschehens pauschal als "Völkermord" bezeichnet werden sollte, ist eine andere Frage. Denn es ist für die Strafbarkeit Einzelner nicht erforderlich, dass sie ihre Taten im Rahmen eines breit angelegten oder systematischen Angriffs auf die Opfergruppe begehen (im Gegensatz etwa zu den [[Verbrechen gegen die Menschlichkeit]]).


Grundlage war die Resolution 180 der UN-Vollversammlung vom 21. November 1947, in der festgestellt wurde, dass „Völkermord ein internationales Verbrechen [ist], das nationale und internationale Verantwortung von Menschen und Staaten erfordert“, um der völkerrechtlichen Verbrechen im [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] zu gedenken.
Diese Definition kann als mehr oder weniger allgemeingültig bezeichnet werden, denn der Völkermord ist dasjenige völkerstrafrechtliche Verbrechen mit der schärfsten und anerkanntesten Definition: Alle massgeblichen Normierungen stimmen im Wesentlichen mit der Definition von Artikel II der Völkermordkonvention der UNO (s.u.) überein. Andere völkerstrafrechtliche Tatbestände dagegen, insbesondere das Verbrechen des [[Angriffskrieg]]es (Aggression), sind weitgehend umstritten.


Die [[Konvention]] definiert Völkermord in Artikel II als {{"|eine der folgenden Handlungen, begangen in der Absicht, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören:
Der Begriff '''"Genozid"''' (v. [[Griechische Sprache|griech.]]: ''γένος, génos,'' = (eigentlich) Herkunft, Abstammung, Geschlecht, (im weiteren Sinne auch) das Volk + [[Latein|lat.]]: ''caedere'' = morden, metzeln) wurde [[1943]] von dem [[Polen|polnischen]] [[Anwalt]] [[Raphael Lemkin]] ([[1900]]-[[1959]]) geprägt für einen [[Gesetzesentwurf]] zur Bestrafung der [[Nationalsozialismus|Nazi]]-[[Verbrechen]]. [[1944]] übertrug er den Ausdruck ins [[Englische Sprache|Englische]] als ''genocide''.
: a) das [[Tötungsdelikt|Töten]] eines Angehörigen der Gruppe <!-- http://www.gesetze-im-internet.de/vstgb/__6.html -->
: b) das Zufügen von schweren körperlichen oder seelischen [[Schaden|Schäden]] bei Angehörigen der Gruppe
: c) die absichtliche Unterwerfung unter Lebensbedingungen, die auf die völlige oder teilweise physische Zerstörung der Gruppe abzielen
: d) die Anordnung von Maßnahmen zur [[Zwangssterilisation|Geburtenverhinderung]]
: e) die [[Zwangsadoption|zwangsweise Überführung von Kindern]] der Gruppe in eine andere Gruppe}}
In {{§|6|vstgb|juris}} des deutschen [[Völkerstrafgesetzbuch]]es wie auch im schweizerischen [[Strafgesetzbuch (Schweiz)|Strafgesetzbuch]] ({{Art.|264|StGB|ch}}) und im österreichischen [[Strafgesetzbuch (Österreich)|Strafgesetzbuch]] ({{§|321|StGB|RIS-B|DokNr=NOR40166563}}) ist die Tat entsprechend der Konvention definiert.

=== Entstehungsgeschichte ===
Der Begriff „Genozid“ (Völkermord) wurde um 1944 vom Juristen [[Raphael Lemkin]] geprägt. Vorangegangen war die Auseinandersetzung Lemkins mit der [[Völkermord an den Armeniern|Vernichtung und Verfolgung der Armenier im Osmanischen Reich]] von 1915 bis 1923, für welche er einen juristischen Begriff suchte, um die Verbrechen rechtlich zu definieren und anklagen zu können. Der Armenische Völkermord war somit der erste Genozid, der als solcher benannt wurde.

Lemkin befürwortete eine erweiterte Definition des Genozid-Begriffs, die auch Verbrechen gegen soziale, ökonomische und politische Gruppen einschließt. In den frühen Entwürfen der UN-Völkermordkonvention wurde eine solche weitere Definition eingearbeitet, die auch Verbrechen gegen soziale und politische Gruppen mit einschloss. Doch der Widerstand gegen diese Konvention war größer, als Lemkin erwartet hatte, da viele Staaten befürchteten, dass ihre eigenen Politiken – einschließlich der gewaltsamen Unterdrückung und Auslöschung [[Indigene Völker|indigener Völker]], europäischem [[Kolonialismus]], [[Rassentrennung]] in den Vereinigten Staaten und die [[Stalinsche Säuberungen|stalinschen Säuberungen]] in der Sowjetunion – als Genozid eingestuft werden könnten. Vor der Verabschiedung der Konvention sicherten sich jedoch die mächtigen Staaten, sowohl westliche Länder als auch die Sowjetunion, Änderungen, die die Konvention schwer durchsetzbar machten. Die meisten ehemals kolonisierten Länder waren bei diesen Diskussionen nicht vertreten, und „die meisten Staaten hatten kein Interesse daran, ihre Opfer – vergangene, gegenwärtige oder zukünftige – zu stärken“.<ref>{{Literatur |Autor=Douglas Irvin-Erickson |Titel=The history of Rapha'l Lemkin and the UN Genocide Convention |Sammelwerk=Handbook of Genocide Studies |Verlag=Edward Elgar Publishing |Datum=2023-02-16 |ISBN=978-1-80037-934-3 |Seiten=20-21 |Online=https://www.elgaronline.com/edcollchap/book/9781800379343/book-part-9781800379343-9.xml |Abruf=2025-01-18}}</ref>

Lemkin betrachtete die Endfassung der UN-Völkermordkonvention daher als eine Niederlage, da sie seine ursprünglich breitere Definition nicht mehr widerspiegelte und die Interessen der Kolonial- und Großmächte schützte.<ref>{{Literatur |Autor=Douglas Irvin-Erickson |Titel=The history of Rapha'l Lemkin and the UN Genocide Convention |Sammelwerk=Handbook of Genocide Studies |Verlag=Edward Elgar Publishing |Datum=2023-02-16 |ISBN=978-1-80037-934-3 |Seiten=20-21 |Online=https://www.elgaronline.com/edcollchap/book/9781800379343/book-part-9781800379343-9.xml |Abruf=2025-01-18}}</ref>

=== Abgrenzung ===
„Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, „Kriegsverbrechen“, „Völkermord“ und „Holocaust“ werden häufig fälschlicherweise als Synonyme verwendet. Bei den ersten drei Begriffen handelt es sich um Rechtsbegriffe, die zugleich wissenschaftliche Kategorien sind.<ref name="IHRA">[https://www.holocaustremembrance.com/de/educational-materials/holocaust-und-andere-voelkermorde Holocaust und andere Völkermorde], International Holocaust Remembrance Alliance. Abgerufen am 20. November 2018.</ref>
* [[Verbrechen gegen die Menschlichkeit]] sind breit angelegte oder systematische Übergriffe auf die Zivilbevölkerung. Im Völkerrecht stellen sie einen Oberbegriff dar, unter den sowohl „Kriegsverbrechen“, „[[Angriffskrieg#Verbrechen gegen den Frieden und Nürnberger Statut (1946)|Verbrechen gegen den Frieden]]“ als auch „Völkermord“ fallen.
* [[Kriegsverbrechen]] sind kriminelle Handlungen, die während eines bewaffneten Konflikts begangen werden und die vor allem gegen die [[Genfer Konventionen]] verstoßen.
* Als [[Holocaust]] wird das Vorhaben der Nationalsozialisten im Zweiten Weltkrieg bezeichnet, alle europäischen Juden zu ermorden. Beim Holocaust handelt es sich um ''einen'' Völkermord.

=== Kennzeichnende Merkmale der Straftatbestände ===
Zu beachten ist, dass nur die ''[[Absicht (Recht)|Absicht]]'' zur Vernichtung der Gruppe erforderlich ist, nicht aber auch die vollständige Ausführung der Absicht. Es muss eine über den Tatvorsatz hinausgehende Absicht vorliegen, eine nationale, ethnische, rassische, religiöse oder soziale Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören.

Die Handlungen nach Artikel II Buchstaben a) bis e) der Konvention (in Deutschland umgesetzt durch {{§|6|VStGB|dejure}} Abs.&nbsp;1 Nr.&nbsp;1 bis 5 [[Völkerstrafgesetzbuch|VStGB]]) hingegen müssen tatsächlich (und willentlich) begangen werden. Dies bedeutet insbesondere, dass es nicht vieler Opfer bedarf, damit die Täter sich des Völkermordes schuldig machen. Bloß ihre Vernichtungs''absicht'' muss sich auf die ganze Gruppe oder einen maßgeblichen Teil von ihr richten. Die Täter erfüllen den Straftatbestand beispielsweise, wenn sie – in dieser besonderen Absicht – einzelnen Gruppenmitgliedern ernsthafte körperliche oder geistige Schäden zufügen oder den Fortbestand der Gruppe verhindern wollen, etwa durch Zwangskastration. Eine Anklage wegen Völkermordes bedarf daher nicht der Ermordung auch nur eines Menschen.

Umgekehrt gilt: Handlungen nach Artikel II Buchstaben a) bis e) der Konvention sind kein Völkermord, wenn ihr Ziel nicht darin besteht, eine [[Volksgruppe|Gruppe]] ganz oder teilweise zu vernichten, egal wie viele Mitglieder getötet oder sonst wie beeinträchtigt werden. Solche Maßnahmen sind ebenfalls kein Völkermord, wenn ihr Ziel darin besteht, eine Gruppe auszurotten, die nicht durch nationale, ethnische, rassische oder religiöse Eigenschaften definiert ist.

Ob auch die tatsächliche Gefahr der Zerstörung einer geschützten (Teil-)Gruppe bestehen muss, ist rechtlich umstritten.<ref>Claus Kreß, in: Münchener Kommentar zum StGB, 2. Auflage 2013, §&nbsp;6 VStGB, Rn. 14.</ref> Von der Beantwortung dieser Frage hängt ab, ob auf einen isoliert handelnden Einzeltäter, der in der Hoffnung auf eine teilweise oder vollständige Zerstörung der Gruppe handelt, [[Völkerstrafrecht]] anzuwenden ist.<ref>Claus Kreß, in: Münchener Kommentar zum StGB, 2. Auflage 2013, §&nbsp;6 VStGB, Rn. 14.</ref>

=== Strafverfolgung ===
Die praktische Bedeutung der Konvention war bis zu den [[Jugoslawienkriege]]n sehr gering. Bis dahin gab es nur sehr wenige Anklagen wegen Völkermords. Die erste Verurteilung durch ein internationales Gericht auf der Basis der Konvention erfolgte im September 1998 durch das [[Akayesu-Urteil]] des [[Internationaler Strafgerichtshof für Ruanda|Internationalen Strafgerichtshofs für Ruanda]].

Artikel 6 der Konvention geht grundsätzlich vom [[Territorialitätsprinzip]] aus, wonach Völkermord vor den Gerichten in den Ländern verfolgt wird, in denen die Tat begangen worden ist. Darüber ist die Zuständigkeit von internationalen Gerichtshöfen vorgesehen, soweit die Vertragsstaaten sich dieser Gerichtsbarkeit unterworfen haben.

Im Recht Deutschlands ist der Straftatbestand des Völkermordes in {{§|6|VStGB|dejure}} des [[Völkerstrafgesetzbuch]]es niedergelegt. Gemäß {{§|1|VStGB|dejure}} VStGB gilt für Völkermord das [[Weltrechtsprinzip]], d.&nbsp;h. Taten können auch dann in Deutschland verfolgt werden, wenn sie weder in Deutschland begangen sind noch ein Deutscher beteiligt ist.

Im Recht der Schweiz ist die Strafbarkeit des Völkermordes in {{Art.|264|StGB|ch}} [[Strafgesetzbuch (Schweiz)|StGB]] normiert. Auch nach Schweizer Strafgesetzbuch gilt das Weltrechtsprinzip ({{Art.|264m|StGB|ch}} StGB). Eine [[parlamentarische Immunität]] oder ähnliche Schutzklauseln sind nicht anwendbar und schützen vor einer Verurteilung nicht ({{Art.|264n|StGB|ch}}). Selbst die normalerweise angewendete Regel, dass in der Schweiz nicht mehr verfolgt wird, wessen Tat im Ausland verjährt ist oder der dort freigesprochen wurde, ist nur insofern anwendbar, als nicht offensichtlich die ausländischen Gerichte die Tat bewusst verharmlosen. Einen „Freispruch“ durch ein Regime, das Völkermord und ähnliche Verbrechen offensichtlich billigt oder selbst begeht, soll damit nicht als abschließendes Urteil anerkannt werden ({{Art.|265m|StGB|ch}} Abs.&nbsp;3).

Im Recht Österreichs ist Völkermord nach {{§|321|StGB|RIS-B|DokNr=NOR40166563}} [[Strafgesetzbuch (Österreich)|StGB]] strafbar. Ob Taten im Ausland auch in Österreich verfolgt werden, richtet sich nach {{§|64|StGB|RIS-B|DokNr=NOR40166563}} Abs.&nbsp;1 Nr.&nbsp;4c StGB (für Völkermord als eine der „strafbare[n] Handlungen nach dem fünfundzwanzigsten Abschnitt“).

2011 wurde [[Pauline Nyiramasuhuko]], ehemalige Familien- und Frauenministerin Ruandas, als erste Frau wegen Völkermord und Vergewaltigung als Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt.<ref name="Spiegel 1">{{Internetquelle |url=http://www.spiegel.de/politik/ausland/ruanda-erste-frau-muss-wegen-voelkermords-lebenslaenglich-hinter-gitter-a-770480.html |titel=Ruanda: Erste Frau muss wegen Völkermords lebenslänglich hinter Gitter |werk=[[Spiegel Online]] |datum=2011-06-24 |abruf=2014-04-18}}</ref><ref name="taz 1">{{Literatur |Autor=Dominic Johnson |Titel=Ministerin für Vergewaltigung |Sammelwerk=[[Die tageszeitung|taz]] |Datum=2011-06-25 |ISSN=0931-9085 |Seiten=2 |Online=[http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=a2&dig=2011%2F06%2F25%2Fa0122&cHash=79a4a72c315eae3baa1e7cdb4bf0adf0 online] |Abruf=2014-04-18}}</ref>

Im Mai 2013 wurde [[Efraín Ríos Montt]], Präsident [[Guatemala]]s von 1982 bis 1983, wegen Völkermord und [[Verbrechen gegen die Menschlichkeit]] von einem Gericht in Guatemala zu 80 Jahren Gefängnis verurteilt.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.hrw.org/news/2013/05/10/guatemala-rios-montt-convicted-genocide |titel=Guatemala: Rios Montt Convicted of Genocide |autor= |hrsg=Human Rights Watch |datum=2013-05 |sprache=en |abruf=2017-05-25}}</ref> Zwar würde er damit als erstes Staatsoberhaupt gelten, das wegen eines Völkermords im eigenen Land von einem einheimischen Gericht verurteilt worden wäre, jedoch wurde das Urteil wenige Tage später vom obersten Gerichtshof Guatemalas aufgrund von Formfehlern aufgehoben. Der neuerliche Prozess wurde im April 2018 eingestellt, da Montt verstorben war.

Am 30. November 2021 wurde erstmals ein IS-Kämpfer in Deutschland wegen Völkermords an Jesiden vom OLG Frankfurt am Main zu lebenslanger Haft verurteilt. Der BGH bestätigte die Verurteilung.<ref>{{Internetquelle |autor=LTO |url=https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/bgh-3str230-22-schuldig-wegen-voelkermordes-is-kaempfer-verurteilt/ |titel=BGH: IS-Kämpfer des Völkermordes an Jesiden schuldig |sprache=de |abruf=2024-03-01}}</ref>

==== Laufende Verfahren vor dem Internationalen Strafgerichtshof ====
Nur der [[Sicherheitsrat der Vereinten Nationen]] kann den [[Internationaler Strafgerichtshof|Internationalen Strafgerichtshof]] beauftragen, Ermittlungen und Verfahren wegen Verstößen gegen die [[Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes|Genozid-Konvention]] aufzunehmen.<ref>{{Internetquelle |autor= |url=https://www.icc-cpi.int/pages/cases.aspx?k=genocide |titel=Listing of genocide cases pending at the ICC |werk=International Criminal Court (ICC) |abruf=2018-08-11 |sprache=en-GB}}</ref>

Aktuell (2018) ist seit 2005 beim [[Internationaler Strafgerichtshof|Internationalen Strafgerichtshof]] lediglich ein Verfahren wegen Völkermord (Genozid) im [[Darfur-Konflikt]] ([[Darfur]] [[Sudan]]) hängig.<ref>{{Internetquelle |autor= |url=https://www.icc-cpi.int/pages/situations.aspx |titel=Situations under investigation |kommentar=Abschnitt: Darfur, Sudan |werk=Internationaler Gerichtshof / engl.: International Criminal Court (ICC) |abruf=2018-08-11 |sprache=en-GB}}</ref> Haftbefehle zur Festnahme von [[Omar Hassan Ahmad al-Bashir|Omar Hassan Ahmad Al-Bashir]], dem Präsidenten der [[Sudan|Republik Sudan]], wurden 2009 und 2010 verhängt. Die Verhandlung ist ausgesetzt, da der Verdächtige weiterhin flüchtig ist.<ref>{{Internetquelle |autor= |url=https://www.icc-cpi.int/darfur/albashir/Documents/albashirEng.pdf |titel=Situation in Darfur, Sudan; The Prosecutor v. Omar Hassan Ahmad Al Bashir; ICC-02/05-01/09 |werk=International Criminal Court (ICC) |abruf=2018-08-11 |sprache=en |format=PDF |archiv-url=https://web.archive.org/web/20180803223817/https://www.icc-cpi.int/darfur/albashir/Documents/AlBashirEng.pdf |archiv-datum=2018-08-03}}</ref> 2020 gab die sudanesische Übergangsregierung bekannt, Al-Bashir an den IStGH ausliefern zu wollen.<ref>{{Internetquelle |autor=AfricaNews |url=https://www.africanews.com/2020/02/11/sudan-ready-to-surrender-bashir-to-icc-for-war-crimes/ |titel=Sudan will surrender Bashir to ICC for war crimes - Transitional Council |datum=2020-02-11 |sprache=en |abruf=2022-02-24}}</ref>

== Begriffsgeschichte ==

=== 19. Jahrhundert ===
Der Ausdruck ''Völkermord'' taucht zum ersten Mal bei dem deutschen Lyriker [[August Graf von Platen]] (1796–1835) in seinen „Polenliedern“ auf, und zwar in der 1831 entstandenen Ode ''Der künftige Held''. Er wendet sich gegen die Auflösung des polnischen Staates, den [[Kaisertum Österreich|Österreich]], [[Preußen]] und [[Russland]] sich untereinander aufgeteilt haben, und wirbt mit anderen westdeutschen Demokraten, die beim „[[Hambacher Fest]]“ 1832 die polnische Nationalfahne neben der deutschen aufgezogen haben, für das Wiedererstehen des polnischen Staates. Im Besonderen geißelt er die Unterdrückungspolitik Russlands, indem er nach der Bestrafung der ''Dschingiskhane'' ruft, {{"|Die nur des Mords noch pflegen, und nicht der Schlacht,/ Des Völkermords!<ref>Kurt Böttcher, Karl Heinz Berger, Kurt Krolop, Christa Zimmermann (Hrsg.): ''Geflügelte Worte''. 4., durchgesehene Auflage, Leipzig 1985, S.&nbsp;466.</ref>}} Für den liberalen ostpreußischen Abgeordneten [[Carl Friedrich Wilhelm Jordan]] ist der Ausdruck in Bezug auf die Polen so geläufig, dass er ihn in der Frankfurter Paulskirche am 24. Juli 1848 bei der Diskussion der [[Geschichte Polens#1795–1914: Fremdherrschaft|Polenfrage]] verwendet, und zwar steigert er ihn noch:

{{Zitat
|Text=Der letzte Act dieser Eroberung, die viel verschrieene Theilung Polens, war nicht, wie man sie genannt hat, ein Völkermord, sondern weiter nichts als die Proclamation eines bereits erfolgten Todes, nichts als die Bestattung einer längst in der Auflösung begriffenen Leiche, die nicht mehr geduldet werden durfte unter den Lebendigen.
|Quelle=Zitiert bei Michael Imhof
|ref=<ref>''Polen 1772 bis 1945.'' S.&nbsp;183. In: Wochenschau Nr.&nbsp;5, Sept./Okt. 1996, Frankfurt am Main, S.&nbsp;177–193.</ref>}}

Der Historiker [[Heinrich von Treitschke]] äußert sich in „Politik. Vorlesungen, 1897–1898“ zum Untergang der [[Prußen]] als Urbevölkerung [[Preußen (historische Landschaft)|Preußens]] und sagt:

{{Zitat
|Text=Es war ein Völkermord, das lässt sich nicht leugnen; aber nachdem die Vernichtung vollendet war, ist er ein Segen geworden. Was hätten die Preußen [gemeint sind die Prußen] in der Geschichte leisten können? Die Überlegenheit über die Preußen war so groß, daß es ein Glück für diese wie für die [[Wenden]] war, wenn sie germanisiert wurden.
|Quelle=Zitiert bei [[Wolfgang Wippermann]]
|ref=<ref>''Der Deutsche Drang nach Osten. Ideologie und Wirklichkeit eines politischen Schlagwortes.'' Darmstadt 1981, S.&nbsp;93.</ref>}}

=== 20. Jahrhundert ===
[[Datei:Raphael Lemkin Axis 1944 title.jpg|mini|hochkant|Raphael Lemkin: ''Axis Rule in Occupied Europe'' (1944)]]
Die Bezeichnung ''Genozid'' ([[Neologismus|Neubildung]] zu {{grcS|''genos''}} „Geschlecht, Stamm, Nachkomme, Volksstamm, Volk“<ref>{{Literatur |Autor=[[Wilhelm Pape]], Max Sengebusch (Bearbeitung) |Titel=Handwörterbuch der griechischen Sprache |Auflage=3. Auflage, 6. Abdruck |Verlag=Vieweg & Sohn |Ort=Braunschweig |Datum=1914 |Online=[http://images.zeno.org/Pape-1880/K/big/Pape-1880----01-0483.png Scan bei zeno.org]}}</ref> und [[latein]]isch ''caedere'' in der Bedeutung „töten, morden“)<ref>{{Literatur |Autor=[[Karl Ernst Georges]] |Titel=Ausführliches lateinisch-deutsches Handwörterbuch |Auflage=8., verbesserte und vermehrte Auflage |Verlag=Hahnsche Buchhandlung |Ort=Hannover |Datum=1918 |Kommentar=im Wörterbuch steht nicht die Angabe des Infinitivs, sondern wie im Lateinischen üblich der ersten Person Singular Indikativ Präsens Aktiv |Online=[http://www.zeno.org/Georges-1913/A/caedo zeno.org]}}</ref><ref>[[Gerhard Werle]] (Hrsg.): ''Völkerstrafrecht.'' 3. Auflage. 2012, ISBN 978-3-16-151837-9, Randnummer 751, m.w.N.</ref> hatte bereits eine durch die imperialistische Diskussion des 19.&nbsp;Jahrhunderts geprägte Geschichte, als der [[Polen|polnisch]]-[[Judentum|jüdische]] [[Anwalt]] [[Raphael Lemkin]] sie 1943 in einem [[Gesetzentwurf]] für die [[polnische Exilregierung]] zur Bestrafung der [[Deutsche Besetzung Polens 1939–1945|deutschen Vernichtungsaktionen in Polen]] verwendete als Übersetzung des polnischen ''ludobójstwo'' (von ''lud'' „Volk“ und ''zabójstwo'' „Mord“).

Lemkin suchte spätestens seit 1941 nach einem Wort, das Untaten wie die des Osmanischen Reiches gegen die Armenier und des NS-Regimes treffend umschreibt. Dass er 1933 mit seinem Entwurf das Völkerbund-Gremium auf der Madrider Tagung nicht hatte überzeugen können, führte er auch darauf zurück, dass Worte wie Barbarei und Vandalismus, die er damals gebraucht hatte, solche Taten letztlich beschönigten. Es sollte ein Wort sein, das alle Aspekte gezielter Angriffe auf eine Bevölkerungsgruppe greifbar machen sollte, darunter Maßnahmen wie Massendeportationen, die erzwungene Senkung der Geburtenrate, wirtschaftliche Ausbeutung und die gezielte Unterdrückung der [[Intelligenzija]]. Ein Begriff wie „[[Massenmord]]“ umfasste all diese Aspekte nicht.<ref name="Powert40">Power: ''A Problem from Hell.'' S.&nbsp;40.</ref> Es sollte auch keine Bezeichnung sein, die wie Barbarei und Vandalismus bereits in anderen Zusammenhängen benutzt wurde. Lemkin entwickelte den Begriff „Genozid“, wobei für ihn eine Rolle spielte, dass er sich in zahlreichen Sprachen in leicht abgewandelter Form unübersetzt verwenden ließ. In seinem Buch ''Axis Rule in Occupied Europe''<ref>Raphael Lemkin: ''Genocide: A New Term and New Conception for Destruction of Nations.'' In: ''Axis Rule in Occupied Europe. Laws of Occupation, Analysis of Government, Proposals for Redress.'' [[Carnegie Endowment for International Peace]], Washington D.C. 1944, Chapter IX (Neuausgabe New Jersey 2005, dort S. 79–95; [http://www.derechos.org/nizkor/impu/lemkin.html online]).</ref> gab er auch eine erste Definition des Begriffes (hier übersetzt): Genozid sei
{{Zitat|Text=ein verschiedene Handlungen umfassender, koordinierter Plan, der auf die Zerstörung essentieller Lebensgrundlagen von nationalen Gruppen gerichtet ist mit dem Ziel, die Gruppen selbst zu vernichten. […] Genozid hat zwei Phasen: erstens die Zerstörung der nationalen Eigenart der unterdrückten Gruppe, zweitens das Aufzwingen der nationalen Eigenart des Unterdrückers. Dieses Aufzwingen wiederum kann sich gegen den Teil der unterdrückten Bevölkerung richten, der bleiben darf, oder allein auf das Territorium, nachdem die Bevölkerung entfernt und das Gebiet durch Angehörige der Unterdrückernation kolonisiert wurde |ref=<ref>[[Raphael Lemkin]] (1944), S. 79, zitiert nach Power: ''A Problem from Hell.'' S.&nbsp;43: {{"|a coordinated plan of different actions aiming at the destruction of essential foundations of the life of national groups, with the aim of annihilating the groups themselves. […] Genocide has two phases: one, destruction of the national pattern of the oppressed group; the other, the imposition of the national pattern of the oppressor. This imposition, in turn, may be made upon the oppressed population which is allowed to remain, or upon the territory alone, after removal of the population and colonisation of the area by the oppressor’s own nationals.}}</ref>}}

Die Bezeichnung ''genocide'' wurde im englischen Sprachraum schnell gebräuchlich, nachdem mehrere US-amerikanische Zeitungen ihn verwendet hatten, als sie gegen Ende des Jahres 1944 begannen, ausführlich über die nationalsozialistischen Massenverbrechen in Europa zu berichten. Das ist zum Teil auf das direkte Einwirken von Lemkin zurückzuführen. So überzeugte er [[Eugene Meyer]], den Herausgeber der ''[[The Washington Post|Washington Post]]'', dass allein diese Bezeichnung passend für diese Untaten sei. Tatsächlich erschien im Dezember 1944 in der ''Washington Post'' ein [[Leitartikel]], in dem ''genocide'' als einziges passende Wort bezeichnet wurde, mit dem beschrieben werden könne, dass zwischen April 1942 und April 1944 insgesamt 1.765.000 Juden in [[KZ Auschwitz-Birkenau|Auschwitz-Birkenau]] durch Gas getötet und verbrannt worden waren. Es wäre falsch, führte der Artikel weiter aus, dafür die Bezeichnung ''atrocity'' („[[Gräuel]]tat“) zu verwenden, denn darin schwinge auch immer ein Unterton von Ungerichtetheit und Zufälligkeit mit. Der entscheidende Punkt aber sei, dass diese Taten systematisch und gezielt gewesen seien. Gaskammer und Krematorien seien keine Improvisationen, sondern gezielt entwickelte Instrumente für die Auslöschung einer ethnischen Gruppe.<ref>Power: ''A Problem from Hell.'' S.&nbsp;44; im Original heißt es in dem Leitartikel: {{"|Sprache=en|Text=It is a mistake, perhaps, to call these killings ''atrocities''. An atrocity is a wanton brutality […] But the point about these killings ist that they were systematic und purposeful. The gas chambers and furnaces were not improvisations; they were scientifically designed instruments for the extermination of an entire ethnic group.}}</ref>

Das ''[[Merriam-Webster’s Collegiate Dictionary|Webster’s New International Dictionary]]'' nahm vergleichsweise schnell die Bezeichnung auf. Die französische ''[[Éditions Larousse|Encyclopédie Larousse]]'' verwendete sie in ihrer Ausgabe von 1953, und im ''[[Oxford English Dictionary]]'' wurde sie als 1955er-Update zur dritten Edition gelistet.<ref name="Powert44">Power: ''A Problem from Hell.'' S.&nbsp;44.</ref>

=== Kritik am Begriff ===
Die rechtliche Definition des Genozids ist häufig als unzureichend kritisiert worden. Der amerikanische Politikwissenschaftler [[Rudolph Joseph Rummel]] entwickelte daher das weitergespannte Konzept des [[Demozid]]s, das in seiner Definition alle tödlichen Genozide einschließt.<ref name=":0">R. J. Rummel: [http://www.hawaii.edu/powerkills/GENOCIDE.HTM ''Democide versus Genocide: Which is what?'']</ref> In seiner Tabelle Demozide des 20. Jahrhunderts<ref name=":1">{{Internetquelle |autor=Rudolph Rummel |url=http://www.hawaii.edu/powerkills/20TH.HTM |titel=20th Century Democide |hrsg=hawaii.edu |zugriff=2018-08-11 |sprache=en}}</ref> kommt er auf 262 Millionen Tote.

Nicht tödliche Handlungen einer Regierung, die auf die Vernichtung einer Kultur abzielen, werden hingegen häufig als [[Ethnozid]] bezeichnet.


== Völkermorde in der Geschichte ==
== Völkermorde in der Geschichte ==
[[Datei:Srebrenica massacre memorial wall of names 2009 4.jpg|alt=Wall of names at the Potočari genocide memorial near Srebrenica.|mini|265x265px|Gedenkstätte in [[Potočari]] anlässlich des [[Massaker von Srebrenica|Massakers von Srebrenica]]]]
*Völkermord an den [[Katharer]]n (Albigenser) (1209-1244)
Es ist nicht bekannt, wann die ersten Völkermorde stattfanden. Die Genozidforschung geht davon aus, dass Genozide in allen Epochen in nahezu allen von Menschen besiedelten Regionen vorkamen.<ref>Michael Puritscher: ''Bewusst sein. Entwicklung und Strategien des menschlichen Geistes.'' Böhlau, Wien 2008, ISBN 978-3-205-77732-8, S.&nbsp;374.</ref> Überliefert sind Völkermorde aus der [[Antike]].
* Völkermord an den Ureinwohnern Amerikas, an den [[Indianer]]n, [[Inka]]s, [[Maya]]s und den [[Azteken]] (1521-Mitte des 20. Jahrhunderts) Vom Beginn an der Besiedelung Amerikas bis zu den letzten Taten des [[Ku Klux Klan]]s
* Völkermord an den Ureinwohnern Australiens, siehe [[Aborigine]] und [[Tasmanier]]
* Völkermord an den Iren 1845-1849 (??????)
* Völkermord an den [[Herero]] (1904-1907) durch die deutsche Schutztruppe in Deutsch-Südwest-Afrika, heute [[Namibia]] (siehe [[Aufstand der Herero und Nama]])
*[[Feuerland#Der_Genozid_an_der_indianischen_Bev.C3.B6lkerung_Feuerlands|Genozid an der indianischen Bevölkerung Feuerlands]] (1910)
* [[Völkermord an den Armeniern]] (1915-1923)<!--Bitte nicht mehr löschen. Hunderttausende von Armeniern sind getötet worden, ohne Zweifel. Die Türkei braucht sich dessen nicht zu schämen, sondern nur aktiv mitzuhelfen, dass so etwas auf der ganzen Welt nie wieder geschieht. Die allermeisten Menschen im heutigen Deutschland sind ja auch nicht beleidigt und fühlen sich auch nicht schuldig, wenn man ihnen sagt, einige ihrer Gross- und Urgrossväter hätten am Holocaust teilgenommen. Gruss, Keimzelle -->
* Völkermord an den Griechen Kleinasiens und Pontos durch die Jungtürken unter der Führung von Kemal Atatürk (1916 - 1922); allein 350.000 Menschen starben in Pontos. Bis zum heutigen Tag von der türkischen Regierung bestritten.
* [[Geschichte der Ukraine|Völkermord an den Ukrainern in der kommunistischen Sowjetunion]] (1932 -1933)
* Völkermorde in [[Europa]] unter dem Nationalsozialismus, insbesondere der [[Holocaust]] an den [[Juden]] (1933-1945)
<!-- Vor dem Wiedereinfügen an der Diskussion beteiligen und Nachweise beibringen ! - * Völkermord an den [[Palästinenser]]n durch den [[Staat]] [[Israel]] ab der Gründung des Staats -->
* Völkermord an den [[Esten]], [[Letten (Volk)|Letten]] und [[Litauer]]n unter [[Stalin]] (1941, 1944-53)
* [[Burundi]] (1972)
* [[Geschichte Kambodschas|Völkermord in Kambodscha]] (1971-1979)
* Völkermorde im Tschad durch [[Hissène Habré]] (ethnischen Gruppen im Süden (1984), an den Hadjerai (1987) und an den Zaghawa (1989))
* [[Völkermord in Ruanda]] ([[Tutsi]]) (1994)
* Völkermord an den muslimischen [[Bosniaken|Bosniern]] (1992-1995); [[Massaker von Srebrenica]] (1995)
* Völkermord an den [[Hazara]] und anderen nicht-[[Paschtunen|paschtunischen]] Bevölkerungsanteilen in [[Afghanistan]] durch die [[Taliban]] (1996-2001)
* Völkermord der [[Dschandschawid]] in der Region [[Darfur]] (2004 - bis heute) im westlichen [[Sudan]] mit ca. 300.000 Toten


=== Völkermorde durch Kolonialmächte ===
Ob in jedem Fall der Straftatbestand des Völkermords erfüllt ist oder ob es sich um sonstige Verbrechen wie [[Verbrechen gegen die Menschlichkeit]] oder [[Kriegsverbrechen]] handelt, ist in vielen Fällen umstritten (siehe auch die [[Verbrechen_gegen_die_Menschlichkeit#Liste_der_Verbrechen_gegen_die_Menschheit|Liste der Verbrechen gegen die Menschheit]]).
Die Völkermorde in der [[Neuzeit]] fanden vor allem in [[Kolonien]] statt: zunächst bei der Kolonisierung durch europäische Mächte (z.&nbsp;B. an [[Indianer]]n während der [[Indianerkriege]]); dann teilweise erneut bei der [[Entkolonisation]]. Dabei prallten nach Abzug einer [[Kolonialmacht]] gelegentlich verschiedene ethnische Gruppen aufeinander, welche durch die Grenzziehungen ihrer Kolonialmacht nun in einem Staat lebten (wie etwa in [[Biafra]] und [[Bangladesch]]). Aber auch Russland verfolgte während und nach den [[Kaukasuskrieg (1817–1864)|Russisch-Tscherkessischen Kriegen]] (1763–1864) eine genozidale Strategie der systematischen Massaker an Zivilisten, die zum Völkermord an den Tscherkessen führte, bei dem bis zu eine Million [[Tscherkessen]] entweder getötet oder gewaltsam in das [[Osmanisches Reich|Osmanische Reich]] (insbesondere in die heutige [[Türkei]]) vertrieben wurden, wodurch die tscherkessische Diaspora entstand.<ref>[https://ausisjournal.com/2023/12/06/the-circassian-genocide-the-forgotten-tragedy-of-the-first-modern-genocide/ Evan Messenger]: ''The Circassian Genocide: The Forgotten Tragedy of the First Modern Genocide''. American University: ''Journal of International Service'', 6 Dezember 2023; abgerufen: 26. Juli 2024</ref><ref>[[Manfred Quiring]]: ''Der vergessene Völkermord. Sotschi und die Tragödie der Tscherkessen.'' Mit einem Vorwort von [[Cem Özdemir]]. Links, Berlin 2013, ISBN 978-3-86153-733-5.</ref>


=== Ab dem 20. Jahrhundert, Auswahl allgemein anerkannter Völkermorde ===
vgl. insbesondere den [http://en.wikipedia.org/wiki/Genocides_in_history Artikel in der englischen Wikipedia]
* [[Völkermord an den Herero und Nama]] (1904–1908): Kolonialkrieg zwischen [[Schutztruppe für Deutsch-Südwestafrika| deutschen Truppen]] und den Völkern der [[Herero]] und [[Nama (Volk)|Nama]] in [[Deutsch-Südwestafrika]], der in einen Völkermord durch die deutsche Kolonialmacht mündete.
* [[Völkermord an den Armeniern]] mit geschätzten Opferzahlen zwischen 300.000 und mehr als 1,5 Millionen Toten und [[Völkermord an den syrischen Christen]] ([[Assyrer (Gegenwart)|Assyrer]]) ab 1915 im [[Osmanisches Reich|Osmanischen Reich]] unter Verantwortung des [[Jungtürkisches Triumvirat|jungtürkischen]] Regimes sowie mit der Unterstützung von kurdischen Freischärlern.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20073144 |titel=Geschäft Ansehen |abruf=2023-08-01}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Johanna Metz |url=https://www.bundestag.de/webarchiv/textarchiv/2016/kw22-de-armenier-423826 |titel=Deutscher Bundestag – Antrag zum Völkermord an Armeniern beschlossen |sprache=de |abruf=2023-08-01}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Peter Mühlbauer |url=https://www.telepolis.de/features/Die-kurdische-Verantwortung-fuer-den-Massenmord-an-Armeniern-3233134.html |titel=Die kurdische Verantwortung für den Massenmord an Armeniern |datum=2016-06-09 |sprache=de |abruf=2023-08-01}}</ref>
* [[Zweiter Italienisch-Libyscher Krieg#Genozid in der Cyrenaika (1929–1934)|Völkermord in der Cyrenaika]] (1929–1934): Völkermord durch das [[Italienischer Faschismus|faschistische Italien]] während des [[Zweiter Italienisch-Libyscher Krieg|Zweiten Italienisch-Libyschen Krieges]] an den [[Araber|arabischen]] Stämmen der [[Cyrenaika]], ca. 50.000 bis 70.000 Tote.
* [[Porajmos]] (1939–1945): Völkermord an den [[Sinti und Roma]] in der Zeit des Nationalsozialismus.
* [[Holocaust]] (1941–1945): Völkermord an den [[Juden]] in der [[Zeit des Nationalsozialismus]] mit 5,6 bis 6,3 Millionen Toten, insbesondere seit dem [[Deutsch-Sowjetischer Krieg|Angriff auf die Sowjetunion]].
* [[Ustascha#Völkermord|Völkermord der Ustascha]] (1941–1945): Beim Völkermord ab dem 22. Juni 1941 durch die kroatische Ustascha starben während der Ereignisse vorwiegend [[Serben]], aber auch [[Juden]] und [[Roma]], ca. 200.000 Tote.
* [[Völkermord in Bangladesch]] (1971–1972): Völkermord der pakistanischen Armee und ihrer lokalen Kollaborateure in Ost-Pakistan (heute [[Bangladesch]]) vorwiegend an den dortigen Hindus, ca. drei Millionen Tote.
* [[Völkermord in Burundi]] (1965 und 1972): Völkermord durch [[Tutsi]] an [[Hutu]], ca. 100.000 bis 300.000 Tote.
[[Datei:Rwandan Genocide Murambi skulls.jpg|mini|hochkant=1.5|An den Schädeln der Opfer sind erhebliche Verletzungen als Folge von massiver Gewalt zu erkennen, herrührend aus dem [[Völkermord in Ruanda]]. Aufnahme im [[Murambi-Genozid-Erinnerungszentrum]] (2001)]]
* [[Völkermord in Ruanda]] (1994): In annähernd 100 Tagen ermordeten Angehörige der Hutu-Mehrheit 800.000, also etwa 75 Prozent, der in Ruanda lebenden Tutsi-Minderheit sowie moderate Hutu, die sich am Völkermord nicht beteiligten oder sich aktiv dagegen einsetzten.
* [[Massaker von Srebrenica]] (Juli 1995): In der Gegend von Srebrenica wurden während des postjugoslawischen [[Bosnienkrieg]]s bis zu 8000 muslimische [[Bosniaken]] – vor allem Männer und Jungen zwischen 13 und 77 Jahren – von der [[Vojska Republike Srpske|Armee der bosnischen Serben]] und serbischen [[Paramilitär]]s ermordet.
* [[Völkermord an den Jesiden (21. Jahrhundert)|Völkermord an den Jesiden]] (August 2014–mindestens 2017): Völkermord durch den [[Islamischer Staat (Organisation)|Islamischen Staat]] an den [[Jesiden]], mehr als 5000 Tote, 7000 entführte Frauen und Kinder, und weitere tausend werden vermisst.
* [[Völkermord-Fall Rohingya|Völkermord an den Rohingya]] (2016–2017): Völkermord an der muslimischen Minderheit der [[Rohingya]] in [[Myanmar]], mehrere Tausend ermordete Menschen und bis zu zwei Millionen Flüchtlinge.<ref>{{Literatur |Titel=Völkermord an Rohingya: Die Junta soll vor Gericht – irgendwann |Sammelwerk=Der Spiegel |Datum=2022-07-22 |ISSN=2195-1349 |Online=https://www.spiegel.de/ausland/voelkermord-an-rohingya-in-myanmar-die-junta-soll-vor-gericht-irgendwann-a-b1a7127e-3b0f-4f92-af4a-a1e4e1519db0 |Abruf=2023-01-28}}</ref>


=== Sonderfälle ===
== UN-Konvention gegen Völkermord ==
Die [[Kongogräuel]] in den Jahren 1888 bis 1908 waren Taten unter Verantwortung des [[Liste der Herrscher von Belgien|belgischen Königs]] [[Leopold II. (Belgien)|Leopold II.]], die zur Dezimierung der Bevölkerung des [[Geschichte der Demokratischen Republik Kongo#Kongo-Freistaat|Kongo-Freistaats]] durch [[Sklaverei]], [[Zwangsarbeit]] und massenhafte Geiselnahmen und Tötungen führten und schätzungsweise acht bis zehn Millionen Tote (etwa die Hälfte der damaligen Bevölkerung) forderten.<ref>Matthew White verzeichnet auf [http://necrometrics.com/20c5m.htm ''Death Tolls''] (Statistiken zu Opferzahlen) im Abschnitt ''Congo Free State (1886–1908)'' verschiedene Schätzungen, deren Durchschnittswert bei acht Millionen liegt. Die Ereignisse können nach der UN-Konvention als Genozid bezeichnet werden.</ref><ref>Dieter H. Kollmer: ''Die belgische Kolonialherrschaft 1908 bis 1960.'' In: Bernhard Chiari, Dieter H. Kollmer (Hrsg.): ''Wegweiser zur Geschichte Demokratische Republik Kongo.'' Paderborn u.&nbsp;a. 2006, S.&nbsp;45.</ref> Ob der Massenmord im Kongo, trotz seiner genozidalen Ausmaße, ein Völkermord war, ist umstritten. Denn es wurde nicht planmäßig versucht, eine bestimmte ethnische Gruppe zu vernichten, sondern der Massenmord war die Folge extremer Ausbeutung.<ref>Adam Hochschild: ''Schatten über dem Kongo. Die Geschichte eines der großen, fast vergessenen Menschheitsverbrechen.'' Klett-Cotta, Stuttgart 2000, ISBN 3-608-91973-2, S.&nbsp;320&nbsp;f.<br />
Am [[9. Dezember]] [[1948]] beschloss die [[UN-Generalversammlung|Generalversammlung]] der [[Vereinte Nationen|UNO]] in der Resolution 260 die "[[Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes]]" (''Convention on the Prevention and Punishment of the Crime of Genocide''), die am [[12. Januar]] [[1951]] in Kraft trat. Die [[Bundesrepublik Deutschland]] [[Ratifizierung|ratifizierte]] die Konvention im Februar 1955. Nach der Konvention ist Völkermord ein Verbrechen gemäß internationalem Recht, "das von der zivilisierten Welt verurteilt wird".
[[Boris Barth]]: ''Genozid. Völkermord im 20. Jahrhundert. Geschichte, Theorien, Kontroversen.'' Beck, München 2006, ISBN 978-3-406-52865-1, S.&nbsp;314.</ref>


Ähnlich zu betrachten sind die ''Völkermorde an Ureinwohnern'', beispielsweise die [[Indianerkriege]] Nordamerikas, der Genozid an der Urbevölkerung in Australien (siehe [[History Wars#Genozid-Debatte]]), Tasmanien (siehe [[Tasmanien#Genozid an der Urbevölkerung]] und [[Tasmanier]]), Brasilien (siehe [[Transamazônica#Folgen des Straßenbaus]]), Argentinien (siehe [[Julio Popper#Genozid an den Selk’nam]]) oder bei der Besiedlung [[Karibik|karibischer]] Inseln (siehe [[Kalinago-Genozid 1626]]).
Grundlage war die Resolution 180 der UN-Vollversammlung vom [[21. Dezember]] [[1947]], in der festgestellt wurde, dass "Völkermord ein internationales Verbrechen [ist], das nationale und internationale Verantwortung von Menschen und Staaten erfordert", um den völkerrechtlichen Verbrechen im [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] zu gedenken. <!--Die Völkermord-[[Konvention]] ist Teil der rechtlichen Basis für die [[Nürnberger Prozesse]], die neue Standards im [[Völkerrecht]] setzten.-->


Der [[Großer Terror (Sowjetunion)|Große Terror]] (1936–1938) in der [[Sowjetunion]] richtete sich gegen politisch „unzuverlässige“ und [[Opposition (Politik)|oppositionelle]] Personen in Kadern und Eliten, gegen „sozial schädliche“ und „sozial gefährliche Elemente“ wie die [[Kulak]]en, gegen so genannte [[Volksfeind]]e und gegen ethnische Minderheiten wie [[Wolgadeutsche]], [[Krimtataren]], oder einige Völker der [[Kaukasus]]region. Die in der Forschung angegebenen Opferzahlen variieren zwischen 400.000<ref>[[Dimitri Wolkogonow]]: ''Stalin. Triumph und Tragödie. Ein politisches Porträt'', Econ, 1993, ISBN 3-612-26011-1, S.&nbsp;400.</ref> und 22 Millionen Toten.<ref>Gunnar Heinsohn: ''Lexikon der Völkermorde''. Reinbek 1998, ISBN 3-499-22338-4.</ref> Wissenschaftler wie [[Robert Conquest]], [[Norman Naimark]] und andere bezeichnen den Terror und namentlich die Aktionen gegen die ethnischen Minderheiten als Völkermord.<ref>Robert Conquest: ''Stalins Völkermord. Wolgadeutsche, Krimtataren, Kaukasier''. Europa-Verlag, Wien 1974; Norman Naimark: ''Stalin und der Genozid''. Suhrkamp, Berlin 2010, S.&nbsp;113 u.&nbsp;ö.; mit Einschränkung auch Eric Weitz: ''A Century of Genocide. Utopias of Race and Nation. Updated Edition''. Princeton University Press, Princeton 2015, ISBN 978-1-4008-6622-9, S.&nbsp;100&nbsp;f. (abgerufen über [[Verlag Walter de Gruyter|De Gruyter]] Online).</ref> Andere [[Genozidforschung|Genozidforscher]] und Osteuropa-Historiker lehnen die Anwendung des Begriffs auf den Großen Terror ausdrücklich ab.<ref>[[Boris Barth]]: ''Genozid. Völkermord im 20. Jahrhundert. Geschichte, Theorien, Kontroversen'' (= Beck’sche Reihe 1672), C.H. Beck, München 2006, ISBN 3-406-52865-1, S.&nbsp;136–148; Bernd Bonwetsch: ''Der GULAG und die Frage des Völkermords.'' In: [[Jörg Baberowski]] (Hrsg.): ''Moderne Zeiten? Krieg, Revolution und Gewalt im 20. Jahrhundert.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2006, ISBN 3-525-36735-X, S.&nbsp;111–144.</ref> Der amerikanische Politikwissenschaftler [[Rudolph Joseph Rummel]] bezeichnet die Geschehnisse als [[Demozid]].<ref name=":0" />
Die Konvention definiert Völkermord in Artikel II als "eine der folgenden Handlungen, begangen in der Absicht, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe ganz oder teilweise zu zerstören:
:a) das Töten von Angehörigen der Gruppe
:b) das Zufügen von ernsthaften körperlichen oder geistigen Schäden bei Angehörigen der Gruppe
:c) die absichtliche Auferlegung von Lebensbedingungen, die auf die völlige oder teilweise physische Zerstörung der Gruppe abzielen
:d) die Anordnung von Maßnahmen zur Geburtenverhinderung
:e) die gewaltsame Verbringung von Kindern der Gruppe in eine andere Gruppe
Im deutschen [[Völkerstrafgesetzbuch]] ([http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/vstgb/__6.html § 6 VStGB]) wie auch im schweizerischen [[Strafgesetzbuch]] ([http://www.admin.ch/ch/d/sr/311_0/a264.html Art. 264 StGB]) ist die Tat entsprechend der Konvention definiert.


Auch der [[Massaker in Indonesien 1965–1966|Massenmord an den Kommunisten Indonesiens]] 1965 und 1966 stellt einen Sonderfall dar, bei dem je nach Schätzung zwischen 500.000 und 3 Mio. Menschen ermordet wurden. Zwar wurde hier keine religiöse, ethnische oder nationale Gruppe gezielt ermordet, aber es war dennoch das Ziel, eine klar definierte (nämlich politische) Bevölkerungsgruppe gesamthaft zu ermorden. Deswegen und weil die chinesische Bevölkerungsminderheit Opfer dieser Massenmorde wurde, sprechen sich einigen Autoren, darunter Yves Ternon, dafür aus, ihn als Völkermord zu betrachten.<ref>Boris Barth: ''Genozid. Völkermord im 20. Jahrhundert. Geschichte, Theorien, Kontroversen.'' Beck, München 2006 (Beck’sche Reihe, Bd.&nbsp;1672), ISBN 3-406-52865-1.</ref> Der Begriff eines Autogenozids ließe sich in diesem Fall auch anwenden.
== Literatur ==
*Mihran Dabag/Kristin Platt: Genozid und Moderne, Opladen: Leske+Budrich 1998, ISBN 3-8100-1822-8
* Zeitschrift für Genozidforschung (seit 1999, halbjährlich), Paderborn: W. Fink/ Ferdinand Schöningh,ISSN 14388-8332
*Frank Selbmann: ''Der Tatbestand des Genozids im Völkerstrafrecht'', Leipzig: Leipziger Universitätsverlag, 2002. ISBN 3936522332
*William A. Schabas, ''Genozid im Völkerrecht'', HIS Edition, aus dem Englischen von Holger Fliessbach, 2003. ISBN 3-930908-88-3, <br><small>(Rechtswissenschaftlich exzellent durchdrungen [http://www.his-online.de/edition/programm/088.htm])</small>
*Alain Destexhe, ''Rwanda and Genocide in the Twentieth Century'', London/East Haven 1995<br><small>(Destexhe erkennt nur die Ausrottung der [[Armenien|Armenier]] im [[Osmanisches Reich|Osmanischen Reich]] [[1915]], die deutsche "[[Endlösung]] der [[Juden]]frage" und [[Rwanda]] [[1994]] als echte Völkermorde im [[20. Jahrhundert]] an)</small>
*Harald Welzer: ''Täter. Wie aus ganz normalen Menschen Massenmörder werden'', Frankfurt a. M 2005, S. Fischer Verlag, ISBN 3100894316


Die Ereignisse während der Herrschaft der [[Rote Khmer|Roten Khmer]] in [[Kambodscha]] von 1975 bis 1979 stellen einen Sonderfall dar. Da sich der [[Genozid in Kambodscha]] gegen die Bevölkerung des eigenen Landes richtete, ist hier auch der Begriff „[[Autogenozid]]“ (wörtlich „Völkerselbstmord“) angewandt worden. Beim Vorgehen der Roten Khmer gegenüber abgrenzbaren Gruppen wie den muslimischen [[Cham (Volk)|Cham]] jedoch greift die Definition des Völkermordes.
== Siehe auch ==


Die Masseninternierung, Folter und kulturelle Verfolgung der muslimischen [[Uiguren]] in der chinesischen Provinz [[Xinjiang]] ordneten verschiedene westliche Staaten im Jahr 2021 offiziell als „Genozid“ ein, so durch die US-amerikanische Regierung [[Kabinett Trump I|unter Donald Trump]]<ref name="state-gov_2021-01-19_AIX">{{Internetquelle |autor=Michael R. Pompeo |url=https://www.state.gov/determination-of-the-secretary-of-state-on-atrocities-in-xinjiang/ |titel=Determination of the Secretary of State on Atrocities in Xinjiang |titelerg=Press Statement – Michael R. Pompeo, Secretary of State |werk=[[Außenministerium der Vereinigten Staaten|state.gov]] |datum=2021-01-19 |abruf=2021-01-20}}</ref> und [[Kabinett Biden|unter Joe Biden]]<ref name="ft.com_2021-03-31_UHR">{{Internetquelle |autor=Demetri Sevastopulo, Aime Williams |url=https://www.ft.com/content/bdfbd758-a91b-47b3-accf-37f202429936 |titel=US foreign policy: US human rights report calls China’s treatment of Uyghurs ‘genocide’ |titelerg=State department’s 2020 review takes hard line on Beijing as well as Saudi Arabia and Myanmar |werk=ft.com |datum=2021-03-31 |abruf=2021-03-31}}</ref> sowie durch das [[Parlament von Kanada|kanadische]],<ref name="handelsblatt-com_2021-02-07_NSM">{{Internetquelle |autor=Dana Heide, Moritz Koch |url=https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/verhaeltnis-zu-china-niederlaender-stufen-die-misshandlung-der-uiguren-als-genozid-ein-und-setzen-damit-berlin-unter-druck/26957362.html |titel=Verhältnis zu China: Niederländer stufen die Misshandlung der Uiguren als Genozid ein – und setzen damit Berlin unter Druck |titelerg=Menschenrechtsbeauftragte Bärbel Kofler prangert „entsetzliche“ Berichte über Misshandlung der Uiguren an – weicht der Völkermordsdebatte aber aus. Chinas Reaktion wäre heikel für deutsche Firmen |werk=handelsblatt.com |datum=2021-02-27 |abruf=2021-03-02}}</ref> das [[Generalstaaten|niederländische]],<ref name="nzz-ch_20210227_PNW">{{Internetquelle |autor=Andreas Ernst |url=https://www.nzz.ch/international/niederlande-bezichtigt-china-des-genozids-an-uiguren-ld.1603943 |titel=Das Parlament der Niederlande wertet die Behandlung der Uiguren in China als Genozid |titelerg=Das Parlament in Den Haag ist die erste europäische Volksvertretung, die China des Genozids an den Uiguren bezichtigt. Regierungsvertreter sind darüber nicht glücklich. Aber die Abgeordneten sind Teil eines internationalen Trends |werk=nzz.ch |datum=2021-02-27 |abruf=2021-02-27}}</ref> das [[House of Commons|britische]],<ref name="forbes.com_2021-04-22_BPR">{{Internetquelle |autor=Ewelina U. Ochab |url=https://www.forbes.com/sites/ewelinaochab/2021/04/22/british-parliamentarians-recognize-the-atrocities-against-the-uyghurs-as-genocide/ |titel=British Parliamentarians Recognize The Atrocities Against The Uyghurs As Genocide |werk=[[Forbes (Zeitschrift)|forbes.com]] |datum=2021-04-22 |abruf=2021-04-22}}</ref> das [[Seimas|litauische]]<ref name="lrt.lt_2021-05-20_LPA">{{Internetquelle |url=https://www.lrt.lt/en/news-in-english/19/1413940/lithuanian-parliament-passes-resolution-condemning-uighur-genocide-in-china |titel=Lithuanian parliament passes resolution condemning ‘Uighur genocide’ in China |titelerg=The Lithuanian parliament has adopted a resolution condemning “crimes against humanity” and “the Uighur genocide” in China. Beijing's embassy has responded by calling the document interference in China's domestic affairs |werk=lrt.lt |datum=2021-05-20 |abruf=2021-06-06}} (BNS)</ref> und das [[Senat des Parlaments der Tschechischen Republik|tschechische]] Parlament.<ref name="ipac.global_2021-06-14_CSD">{{Internetquelle |url=https://ipac.global/czech-senate-declares-china-perpetrating-genocide-on-uyghurs-ahead-of-key-vote-in-belgian-parliament/|titel=Czech Senate declares China perpetrating Genocide on Uyghurs ahead of key vote in Belgian Parliament |werk=ipac.global |datum=2021-06-14 |abruf=2021-07-13}}</ref> 2022 folgte dem auch das [[Nationalversammlung (Frankreich)|französische Parlament]].<ref name="faz.net_2022-01-20_FPV">{{Internetquelle |autor=Michaela Wiegel |url=https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/frankreich-verurteilt-genozid-an-uiguren-in-china-17741422.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2 |titel=Resolution verabschiedet: Frankreichs Parlament verurteilt „Genozid“ an Uiguren in China |titelerg=Die französische Nationalversammlung nennt die Gewalt an den Uiguren in China einen Genozid. Die Entscheidung kommt zu einem für China ungünstigen Zeitpunkt – kurz vor den Olympischen Winterspielen |werk=faz.net |datum=2022-01-20 |abruf=2022-01-21}}</ref>
* [[Völkerstrafrecht]]

* [[Verbrechen gegen die Menschlichkeit]]
Demgegenüber ist die [[Bundesregierung (Deutschland)|deutsche Bundesregierung]] der Auffassung, dass die Maßnahmen der chinesischen Politik auf die „[[Sinisierung]]“ der religiösen und kulturellen Identitäten der Minderheiten in Xinjiang und [[Tibet]] abziele.<ref name="auswaertiges-amt-de_2020-12-02_14BM_p264">{{Internetquelle |url=https://www.auswaertiges-amt.de/blob/2422192/f01891c5efa5d6d89df7a5693eab5c9a/201202-mrb-14-download-data.pdf |titel=14. Bericht der Bundesregierung über ihre Menschenrechtspolitik |titelerg=Berichtszeitraum 1. Oktober 2018 bis 30. September 2020 |hrsg=Auswärtiges Amt, Berlin |datum=2020-12-02 |seiten=1–302, hier S. 264 |abruf=2020-12-04 |format=PDF}}</ref>
* [[Vergleichende Völkermordforschung]]

== Siehe auch ==
* [[Demozid]]
* [[Demozid]]

* [[Kinder der Landstrasse]] der [[Schweiz]] (1926 bis 1972, Missbrauch des Fürsorgerechts zur Eliminierung der [[Fahrende]]n, nach heutigem Schweizer Recht bzw. UN-Konvention ein Völkermord)
== Literatur ==
* [[Massenmord]], [[Massaker]]
* [[Jörg Baberowski]], Mihran Dabag, Christian Gerlach, Birthe Kundrus, [[Eric D. Weitz]]: [http://www.zeithistorische-forschungen.de/3-2008/id=4399 ''Debatte: NS-Forschung und Genozidforschung.''] In: ''Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History'' 5 (2008), S.&nbsp;413–437.
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** Band 1: T. M. Lemos, Tristan S. Taylor (Hrsg.): ''Genocide in the Ancient, Medieval and Premodern Worlds''. ISBN 978-1-108-49353-6, {{DOI|10.1017/9781108655989}}.
** Band 2: Ned Blackhawk, Benjamin Madley, Rebe Taylor (Hrsg.): ''Genocide in the Indigenous, Early Modern and Imperial Worlds, from c.1535 to World War One''. ISBN 978-1-108-48643-9, {{DOI|10.1017/9781108765480}}.
** Band 3: [[Wendy Lower]], Norman Naimark, Scott Straus (Hrsg.): ''Genocide in the Contemporary Era, 1914–2020''. ISBN 978-1-108-48707-8, {{DOI|10.1017/9781108767118}}.
* {{Literatur |Autor=[[Norman M. Naimark]] |Titel=Genozid. Menschheitsverbrechen in der Geschichte |Verlag=Theiss |Ort=Darmstadt |Datum=2018 |ISBN=978-3-8062-3664-4 |Originaltitel=Genocide. A World History |Originalsprache=en |Originalort=New York |Originaljahr=2017 |Übersetzer=Claudia Kotte}}
* [[Samantha Power]]: ''A Problem from Hell – America and the Age of Genocide.'' 2003, ISBN 0-06-054164-4.
* {{Literatur
|Autor=[[William Schabas|William A. Schabas]]
|Titel=Der Genozid im Völkerrecht
|Verlag=Hamburger Edition
|Ort=Hamburg
|Datum=2003
|ISBN=3-930908-88-3
|Originaltitel=Genocide in international law
|Originalsprache=en
|Übersetzer=Holger Fliessbach}}
* {{Literatur
|Autor=Frank Selbmann
|Titel=Der Tatbestand des Genozids im Völkerstrafrecht
|Sammelwerk=Schriftenreihe zum Völkerstrafrecht
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|Verlag=Leipziger Universitätsverlag
|Ort=Leipzig
|Datum=2003
|ISBN=3-936522-33-2
|Kommentar=Dissertation [Zugelassen 2002, [[Universität Leipzig]]]}}
* {{Literatur
|Autor=Jacques Sémelin
|Titel=Säubern und Vernichten. Die Politik der Massaker und Völkermorde
|Verlag=Hamburger Edition
|Ort=Hamburg
|Datum=2007
|ISBN=978-3-936096-82-8
|Originaltitel=Purifier et détruire
|Originalsprache=fr
|Übersetzer=Thomas Laugstien}}
* Dinah L. Shelton (Hrsg.): ''Encyclopedia of genocide and crimes against humanity''. 3 Bände, Thomson Gale Macmillan Reference, Detroit 2005.
* Christian J. Tams, Lars Berster, Björn Schiffbauer: ''Convention on the Prevention and Punishment of the Crime of Genocide: A Commentary''. Beck, München 2014, ISBN 978-3-406-60317-4.
* {{Literatur
|Autor=[[Yves Ternon]]
|Titel=Der verbrecherische Staat. Völkermord im 20. Jahrhundert
|Verlag=Hamburger Edition
|Ort=Hamburg
|Datum=1996
|ISBN=3-930908-27-1
|Originaltitel=L’état criminel
|Originalsprache=fr
|Übersetzer=Cornelia Langendorf}}
* [[Gerhard Werle]] (Hrsg.), ''Völkerstrafrecht'', 3. Auflage 2012, Dritter Teil: Völkermord (Rn. 745&nbsp;ff.), ISBN 978-3-16-151837-9.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Wiktionary}}
* http://www.hrweb.org/legal/genocide.html - Konvention zur Verhütung und Verfolgung des Völkermord-Verbrechens (englisch)
{{Wiktionary|Genozid}}
*[http://www.holocaust-education.de/aktuell/ Umfangreiche Infoseite zum Holocaust]
{{Wikisource|Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes}}
* {{DNB-Portal|4063690-2}}
* [http://www.zeithistorische-forschungen.de/material/id=3865 NS-Forschung und Genozidforschung], in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History, Online-Ausgabe, 5 (2008), H. 3.
* [[Boris Barth]]: [http://docupedia.de/zg/Genozid_und_Genozidforschung ''Genozid und Genozidforschung''], in: [[Docupedia-Zeitgeschichte]], 3. Mai 2011.
* [http://www.sueddeutsche.de/politik/begriff-voelkermord-entscheidend-ist-was-im-kopf-der-taeter-passiert-1.2448778 Begriff Völkermord: ''Entscheidend ist, was im Kopf der Täter passiert.''] In: ''[[Süddeutsche Zeitung]].'' 23. April 2015.
* Ella Daum: [http://katapult-magazin.de/de/artikel/artikel/fulltext/wann-ist-ein-voelkermord-ein-voelkermord/ Wann ist ein Völkermord ein Völkermord? Genozid in Armenien], in: Katapult, 15. Mai 2015.
* Maximilian Zech: [https://www.spektrum.de/news/ein-folgenschwerer-kompromiss/1611938 70 Jahre Völkermordkonvention: Ein folgenschwerer Kompromiss], in: spektrum.de, 8. Dezember 2018.


== Einzelnachweise ==
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Aktuelle Version vom 19. Mai 2025, 14:31 Uhr

Ein Völkermord oder Genozid[1] ist ein seit 1946 kodifizierter Straftatbestand in Polen und 1948 durch die Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes ins Völkerstrafrecht eingegangen. Der Tatbestand ist gekennzeichnet durch die Absicht, auf direkte oder indirekte Weise „eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören“; er unterliegt nicht der Verjährung. Die auf Raphael Lemkin zurückgehende rechtliche Definition dient auch in der Wissenschaft als Definition des Begriffs Völkermord.

Völkermord wird oft als besonders negativ bewertet und etwa als „Verbrechen der Verbrechen“ (englisch „crime of crimes“)[2] oder „das schlimmste Verbrechen im Völkerstrafrecht“[3] umschrieben. Seit dem Beschluss durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen 1948 wurde die Bestrafung für Völkermord in verschiedenen nationalen Rechtsordnungen ausdrücklich verankert.

Nationales Recht

Arthur Greiser angeklagt in Poznan, 7. Juli 1946

Der Begriff Genozid wurde erstmals vom Obersten Nationalen Tribunal Polens in der breiten Bedeutung des kulturellen Genozids nach Raphael Lemkin angewandt – im Prozess gegen den ehemaligen Reichsstatthalter von Danzig und Gauleiter des Warthelandes Arthur Greiser wegen des Völkermordes an Polen und gegen den ehemaligen Kommandanten des KZ Plaszow Amon Göth wegen Völkermordes an polnischen Juden. 1946 kodifizierte Polen als erstes Land den Tatbestand des Völkermordes im nationalen Strafrecht.[4]

UN-Konvention gegen Völkermord

Am 9. Dezember 1948 beschloss die Generalversammlung der Vereinten Nationen in der Resolution 260 die „Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes“ (Convention pour la prévention et la répression du crime de génocide, Convention on the Prevention and Punishment of the Crime of Genocide), die am 12. Januar 1951 in Kraft trat. Die Bundesrepublik Deutschland ratifizierte die Konvention im Februar 1955, Österreich hinterlegte die Beitrittsurkunde am 19. März 1958 und die Schweiz am 7. September 2000. Nach der Konvention ist Völkermord ein Verbrechen gemäß internationalem Recht, „das von der zivilisierten Welt verurteilt wird“.

Grundlage war die Resolution 180 der UN-Vollversammlung vom 21. November 1947, in der festgestellt wurde, dass „Völkermord ein internationales Verbrechen [ist], das nationale und internationale Verantwortung von Menschen und Staaten erfordert“, um der völkerrechtlichen Verbrechen im Zweiten Weltkrieg zu gedenken.

Die Konvention definiert Völkermord in Artikel II als „eine der folgenden Handlungen, begangen in der Absicht, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören:

a) das Töten eines Angehörigen der Gruppe
b) das Zufügen von schweren körperlichen oder seelischen Schäden bei Angehörigen der Gruppe
c) die absichtliche Unterwerfung unter Lebensbedingungen, die auf die völlige oder teilweise physische Zerstörung der Gruppe abzielen
d) die Anordnung von Maßnahmen zur Geburtenverhinderung
e) die zwangsweise Überführung von Kindern der Gruppe in eine andere Gruppe“

In § 6 des deutschen Völkerstrafgesetzbuches wie auch im schweizerischen Strafgesetzbuch (Art. 264) und im österreichischen Strafgesetzbuch (§ 321) ist die Tat entsprechend der Konvention definiert.

Entstehungsgeschichte

Der Begriff „Genozid“ (Völkermord) wurde um 1944 vom Juristen Raphael Lemkin geprägt. Vorangegangen war die Auseinandersetzung Lemkins mit der Vernichtung und Verfolgung der Armenier im Osmanischen Reich von 1915 bis 1923, für welche er einen juristischen Begriff suchte, um die Verbrechen rechtlich zu definieren und anklagen zu können. Der Armenische Völkermord war somit der erste Genozid, der als solcher benannt wurde.

Lemkin befürwortete eine erweiterte Definition des Genozid-Begriffs, die auch Verbrechen gegen soziale, ökonomische und politische Gruppen einschließt. In den frühen Entwürfen der UN-Völkermordkonvention wurde eine solche weitere Definition eingearbeitet, die auch Verbrechen gegen soziale und politische Gruppen mit einschloss. Doch der Widerstand gegen diese Konvention war größer, als Lemkin erwartet hatte, da viele Staaten befürchteten, dass ihre eigenen Politiken – einschließlich der gewaltsamen Unterdrückung und Auslöschung indigener Völker, europäischem Kolonialismus, Rassentrennung in den Vereinigten Staaten und die stalinschen Säuberungen in der Sowjetunion – als Genozid eingestuft werden könnten. Vor der Verabschiedung der Konvention sicherten sich jedoch die mächtigen Staaten, sowohl westliche Länder als auch die Sowjetunion, Änderungen, die die Konvention schwer durchsetzbar machten. Die meisten ehemals kolonisierten Länder waren bei diesen Diskussionen nicht vertreten, und „die meisten Staaten hatten kein Interesse daran, ihre Opfer – vergangene, gegenwärtige oder zukünftige – zu stärken“.[5]

Lemkin betrachtete die Endfassung der UN-Völkermordkonvention daher als eine Niederlage, da sie seine ursprünglich breitere Definition nicht mehr widerspiegelte und die Interessen der Kolonial- und Großmächte schützte.[6]

Abgrenzung

„Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, „Kriegsverbrechen“, „Völkermord“ und „Holocaust“ werden häufig fälschlicherweise als Synonyme verwendet. Bei den ersten drei Begriffen handelt es sich um Rechtsbegriffe, die zugleich wissenschaftliche Kategorien sind.[7]

  • Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind breit angelegte oder systematische Übergriffe auf die Zivilbevölkerung. Im Völkerrecht stellen sie einen Oberbegriff dar, unter den sowohl „Kriegsverbrechen“, „Verbrechen gegen den Frieden“ als auch „Völkermord“ fallen.
  • Kriegsverbrechen sind kriminelle Handlungen, die während eines bewaffneten Konflikts begangen werden und die vor allem gegen die Genfer Konventionen verstoßen.
  • Als Holocaust wird das Vorhaben der Nationalsozialisten im Zweiten Weltkrieg bezeichnet, alle europäischen Juden zu ermorden. Beim Holocaust handelt es sich um einen Völkermord.

Kennzeichnende Merkmale der Straftatbestände

Zu beachten ist, dass nur die Absicht zur Vernichtung der Gruppe erforderlich ist, nicht aber auch die vollständige Ausführung der Absicht. Es muss eine über den Tatvorsatz hinausgehende Absicht vorliegen, eine nationale, ethnische, rassische, religiöse oder soziale Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören.

Die Handlungen nach Artikel II Buchstaben a) bis e) der Konvention (in Deutschland umgesetzt durch § 6 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 VStGB) hingegen müssen tatsächlich (und willentlich) begangen werden. Dies bedeutet insbesondere, dass es nicht vieler Opfer bedarf, damit die Täter sich des Völkermordes schuldig machen. Bloß ihre Vernichtungsabsicht muss sich auf die ganze Gruppe oder einen maßgeblichen Teil von ihr richten. Die Täter erfüllen den Straftatbestand beispielsweise, wenn sie – in dieser besonderen Absicht – einzelnen Gruppenmitgliedern ernsthafte körperliche oder geistige Schäden zufügen oder den Fortbestand der Gruppe verhindern wollen, etwa durch Zwangskastration. Eine Anklage wegen Völkermordes bedarf daher nicht der Ermordung auch nur eines Menschen.

Umgekehrt gilt: Handlungen nach Artikel II Buchstaben a) bis e) der Konvention sind kein Völkermord, wenn ihr Ziel nicht darin besteht, eine Gruppe ganz oder teilweise zu vernichten, egal wie viele Mitglieder getötet oder sonst wie beeinträchtigt werden. Solche Maßnahmen sind ebenfalls kein Völkermord, wenn ihr Ziel darin besteht, eine Gruppe auszurotten, die nicht durch nationale, ethnische, rassische oder religiöse Eigenschaften definiert ist.

Ob auch die tatsächliche Gefahr der Zerstörung einer geschützten (Teil-)Gruppe bestehen muss, ist rechtlich umstritten.[8] Von der Beantwortung dieser Frage hängt ab, ob auf einen isoliert handelnden Einzeltäter, der in der Hoffnung auf eine teilweise oder vollständige Zerstörung der Gruppe handelt, Völkerstrafrecht anzuwenden ist.[9]

Strafverfolgung

Die praktische Bedeutung der Konvention war bis zu den Jugoslawienkriegen sehr gering. Bis dahin gab es nur sehr wenige Anklagen wegen Völkermords. Die erste Verurteilung durch ein internationales Gericht auf der Basis der Konvention erfolgte im September 1998 durch das Akayesu-Urteil des Internationalen Strafgerichtshofs für Ruanda.

Artikel 6 der Konvention geht grundsätzlich vom Territorialitätsprinzip aus, wonach Völkermord vor den Gerichten in den Ländern verfolgt wird, in denen die Tat begangen worden ist. Darüber ist die Zuständigkeit von internationalen Gerichtshöfen vorgesehen, soweit die Vertragsstaaten sich dieser Gerichtsbarkeit unterworfen haben.

Im Recht Deutschlands ist der Straftatbestand des Völkermordes in § 6 des Völkerstrafgesetzbuches niedergelegt. Gemäß § 1 VStGB gilt für Völkermord das Weltrechtsprinzip, d. h. Taten können auch dann in Deutschland verfolgt werden, wenn sie weder in Deutschland begangen sind noch ein Deutscher beteiligt ist.

Im Recht der Schweiz ist die Strafbarkeit des Völkermordes in Art. 264 StGB normiert. Auch nach Schweizer Strafgesetzbuch gilt das Weltrechtsprinzip (Art. 264m StGB). Eine parlamentarische Immunität oder ähnliche Schutzklauseln sind nicht anwendbar und schützen vor einer Verurteilung nicht (Art. 264n). Selbst die normalerweise angewendete Regel, dass in der Schweiz nicht mehr verfolgt wird, wessen Tat im Ausland verjährt ist oder der dort freigesprochen wurde, ist nur insofern anwendbar, als nicht offensichtlich die ausländischen Gerichte die Tat bewusst verharmlosen. Einen „Freispruch“ durch ein Regime, das Völkermord und ähnliche Verbrechen offensichtlich billigt oder selbst begeht, soll damit nicht als abschließendes Urteil anerkannt werden (Art. 265m Abs. 3).

Im Recht Österreichs ist Völkermord nach § 321 StGB strafbar. Ob Taten im Ausland auch in Österreich verfolgt werden, richtet sich nach § 64 Abs. 1 Nr. 4c StGB (für Völkermord als eine der „strafbare[n] Handlungen nach dem fünfundzwanzigsten Abschnitt“).

2011 wurde Pauline Nyiramasuhuko, ehemalige Familien- und Frauenministerin Ruandas, als erste Frau wegen Völkermord und Vergewaltigung als Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt.[10][11]

Im Mai 2013 wurde Efraín Ríos Montt, Präsident Guatemalas von 1982 bis 1983, wegen Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit von einem Gericht in Guatemala zu 80 Jahren Gefängnis verurteilt.[12] Zwar würde er damit als erstes Staatsoberhaupt gelten, das wegen eines Völkermords im eigenen Land von einem einheimischen Gericht verurteilt worden wäre, jedoch wurde das Urteil wenige Tage später vom obersten Gerichtshof Guatemalas aufgrund von Formfehlern aufgehoben. Der neuerliche Prozess wurde im April 2018 eingestellt, da Montt verstorben war.

Am 30. November 2021 wurde erstmals ein IS-Kämpfer in Deutschland wegen Völkermords an Jesiden vom OLG Frankfurt am Main zu lebenslanger Haft verurteilt. Der BGH bestätigte die Verurteilung.[13]

Laufende Verfahren vor dem Internationalen Strafgerichtshof

Nur der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen kann den Internationalen Strafgerichtshof beauftragen, Ermittlungen und Verfahren wegen Verstößen gegen die Genozid-Konvention aufzunehmen.[14]

Aktuell (2018) ist seit 2005 beim Internationalen Strafgerichtshof lediglich ein Verfahren wegen Völkermord (Genozid) im Darfur-Konflikt (Darfur Sudan) hängig.[15] Haftbefehle zur Festnahme von Omar Hassan Ahmad Al-Bashir, dem Präsidenten der Republik Sudan, wurden 2009 und 2010 verhängt. Die Verhandlung ist ausgesetzt, da der Verdächtige weiterhin flüchtig ist.[16] 2020 gab die sudanesische Übergangsregierung bekannt, Al-Bashir an den IStGH ausliefern zu wollen.[17]

Begriffsgeschichte

19. Jahrhundert

Der Ausdruck Völkermord taucht zum ersten Mal bei dem deutschen Lyriker August Graf von Platen (1796–1835) in seinen „Polenliedern“ auf, und zwar in der 1831 entstandenen Ode Der künftige Held. Er wendet sich gegen die Auflösung des polnischen Staates, den Österreich, Preußen und Russland sich untereinander aufgeteilt haben, und wirbt mit anderen westdeutschen Demokraten, die beim „Hambacher Fest“ 1832 die polnische Nationalfahne neben der deutschen aufgezogen haben, für das Wiedererstehen des polnischen Staates. Im Besonderen geißelt er die Unterdrückungspolitik Russlands, indem er nach der Bestrafung der Dschingiskhane ruft, „Die nur des Mords noch pflegen, und nicht der Schlacht,/ Des Völkermords![18]“ Für den liberalen ostpreußischen Abgeordneten Carl Friedrich Wilhelm Jordan ist der Ausdruck in Bezug auf die Polen so geläufig, dass er ihn in der Frankfurter Paulskirche am 24. Juli 1848 bei der Diskussion der Polenfrage verwendet, und zwar steigert er ihn noch:

„Der letzte Act dieser Eroberung, die viel verschrieene Theilung Polens, war nicht, wie man sie genannt hat, ein Völkermord, sondern weiter nichts als die Proclamation eines bereits erfolgten Todes, nichts als die Bestattung einer längst in der Auflösung begriffenen Leiche, die nicht mehr geduldet werden durfte unter den Lebendigen.“

Zitiert bei Michael Imhof[19]

Der Historiker Heinrich von Treitschke äußert sich in „Politik. Vorlesungen, 1897–1898“ zum Untergang der Prußen als Urbevölkerung Preußens und sagt:

„Es war ein Völkermord, das lässt sich nicht leugnen; aber nachdem die Vernichtung vollendet war, ist er ein Segen geworden. Was hätten die Preußen [gemeint sind die Prußen] in der Geschichte leisten können? Die Überlegenheit über die Preußen war so groß, daß es ein Glück für diese wie für die Wenden war, wenn sie germanisiert wurden.“

Zitiert bei Wolfgang Wippermann[20]

20. Jahrhundert

Raphael Lemkin: Axis Rule in Occupied Europe (1944)

Die Bezeichnung Genozid (Neubildung zu altgriechisch genos „Geschlecht, Stamm, Nachkomme, Volksstamm, Volk“[21] und lateinisch caedere in der Bedeutung „töten, morden“)[22][23] hatte bereits eine durch die imperialistische Diskussion des 19. Jahrhunderts geprägte Geschichte, als der polnisch-jüdische Anwalt Raphael Lemkin sie 1943 in einem Gesetzentwurf für die polnische Exilregierung zur Bestrafung der deutschen Vernichtungsaktionen in Polen verwendete als Übersetzung des polnischen ludobójstwo (von lud „Volk“ und zabójstwo „Mord“).

Lemkin suchte spätestens seit 1941 nach einem Wort, das Untaten wie die des Osmanischen Reiches gegen die Armenier und des NS-Regimes treffend umschreibt. Dass er 1933 mit seinem Entwurf das Völkerbund-Gremium auf der Madrider Tagung nicht hatte überzeugen können, führte er auch darauf zurück, dass Worte wie Barbarei und Vandalismus, die er damals gebraucht hatte, solche Taten letztlich beschönigten. Es sollte ein Wort sein, das alle Aspekte gezielter Angriffe auf eine Bevölkerungsgruppe greifbar machen sollte, darunter Maßnahmen wie Massendeportationen, die erzwungene Senkung der Geburtenrate, wirtschaftliche Ausbeutung und die gezielte Unterdrückung der Intelligenzija. Ein Begriff wie „Massenmord“ umfasste all diese Aspekte nicht.[24] Es sollte auch keine Bezeichnung sein, die wie Barbarei und Vandalismus bereits in anderen Zusammenhängen benutzt wurde. Lemkin entwickelte den Begriff „Genozid“, wobei für ihn eine Rolle spielte, dass er sich in zahlreichen Sprachen in leicht abgewandelter Form unübersetzt verwenden ließ. In seinem Buch Axis Rule in Occupied Europe[25] gab er auch eine erste Definition des Begriffes (hier übersetzt): Genozid sei

„ein verschiedene Handlungen umfassender, koordinierter Plan, der auf die Zerstörung essentieller Lebensgrundlagen von nationalen Gruppen gerichtet ist mit dem Ziel, die Gruppen selbst zu vernichten. […] Genozid hat zwei Phasen: erstens die Zerstörung der nationalen Eigenart der unterdrückten Gruppe, zweitens das Aufzwingen der nationalen Eigenart des Unterdrückers. Dieses Aufzwingen wiederum kann sich gegen den Teil der unterdrückten Bevölkerung richten, der bleiben darf, oder allein auf das Territorium, nachdem die Bevölkerung entfernt und das Gebiet durch Angehörige der Unterdrückernation kolonisiert wurde“[26]

Die Bezeichnung genocide wurde im englischen Sprachraum schnell gebräuchlich, nachdem mehrere US-amerikanische Zeitungen ihn verwendet hatten, als sie gegen Ende des Jahres 1944 begannen, ausführlich über die nationalsozialistischen Massenverbrechen in Europa zu berichten. Das ist zum Teil auf das direkte Einwirken von Lemkin zurückzuführen. So überzeugte er Eugene Meyer, den Herausgeber der Washington Post, dass allein diese Bezeichnung passend für diese Untaten sei. Tatsächlich erschien im Dezember 1944 in der Washington Post ein Leitartikel, in dem genocide als einziges passende Wort bezeichnet wurde, mit dem beschrieben werden könne, dass zwischen April 1942 und April 1944 insgesamt 1.765.000 Juden in Auschwitz-Birkenau durch Gas getötet und verbrannt worden waren. Es wäre falsch, führte der Artikel weiter aus, dafür die Bezeichnung atrocity („Gräueltat“) zu verwenden, denn darin schwinge auch immer ein Unterton von Ungerichtetheit und Zufälligkeit mit. Der entscheidende Punkt aber sei, dass diese Taten systematisch und gezielt gewesen seien. Gaskammer und Krematorien seien keine Improvisationen, sondern gezielt entwickelte Instrumente für die Auslöschung einer ethnischen Gruppe.[27]

Das Webster’s New International Dictionary nahm vergleichsweise schnell die Bezeichnung auf. Die französische Encyclopédie Larousse verwendete sie in ihrer Ausgabe von 1953, und im Oxford English Dictionary wurde sie als 1955er-Update zur dritten Edition gelistet.[28]

Kritik am Begriff

Die rechtliche Definition des Genozids ist häufig als unzureichend kritisiert worden. Der amerikanische Politikwissenschaftler Rudolph Joseph Rummel entwickelte daher das weitergespannte Konzept des Demozids, das in seiner Definition alle tödlichen Genozide einschließt.[29] In seiner Tabelle Demozide des 20. Jahrhunderts[30] kommt er auf 262 Millionen Tote.

Nicht tödliche Handlungen einer Regierung, die auf die Vernichtung einer Kultur abzielen, werden hingegen häufig als Ethnozid bezeichnet.

Völkermorde in der Geschichte

Wall of names at the Potočari genocide memorial near Srebrenica.
Gedenkstätte in Potočari anlässlich des Massakers von Srebrenica

Es ist nicht bekannt, wann die ersten Völkermorde stattfanden. Die Genozidforschung geht davon aus, dass Genozide in allen Epochen in nahezu allen von Menschen besiedelten Regionen vorkamen.[31] Überliefert sind Völkermorde aus der Antike.

Völkermorde durch Kolonialmächte

Die Völkermorde in der Neuzeit fanden vor allem in Kolonien statt: zunächst bei der Kolonisierung durch europäische Mächte (z. B. an Indianern während der Indianerkriege); dann teilweise erneut bei der Entkolonisation. Dabei prallten nach Abzug einer Kolonialmacht gelegentlich verschiedene ethnische Gruppen aufeinander, welche durch die Grenzziehungen ihrer Kolonialmacht nun in einem Staat lebten (wie etwa in Biafra und Bangladesch). Aber auch Russland verfolgte während und nach den Russisch-Tscherkessischen Kriegen (1763–1864) eine genozidale Strategie der systematischen Massaker an Zivilisten, die zum Völkermord an den Tscherkessen führte, bei dem bis zu eine Million Tscherkessen entweder getötet oder gewaltsam in das Osmanische Reich (insbesondere in die heutige Türkei) vertrieben wurden, wodurch die tscherkessische Diaspora entstand.[32][33]

Ab dem 20. Jahrhundert, Auswahl allgemein anerkannter Völkermorde

An den Schädeln der Opfer sind erhebliche Verletzungen als Folge von massiver Gewalt zu erkennen, herrührend aus dem Völkermord in Ruanda. Aufnahme im Murambi-Genozid-Erinnerungszentrum (2001)

Sonderfälle

Die Kongogräuel in den Jahren 1888 bis 1908 waren Taten unter Verantwortung des belgischen Königs Leopold II., die zur Dezimierung der Bevölkerung des Kongo-Freistaats durch Sklaverei, Zwangsarbeit und massenhafte Geiselnahmen und Tötungen führten und schätzungsweise acht bis zehn Millionen Tote (etwa die Hälfte der damaligen Bevölkerung) forderten.[38][39] Ob der Massenmord im Kongo, trotz seiner genozidalen Ausmaße, ein Völkermord war, ist umstritten. Denn es wurde nicht planmäßig versucht, eine bestimmte ethnische Gruppe zu vernichten, sondern der Massenmord war die Folge extremer Ausbeutung.[40]

Ähnlich zu betrachten sind die Völkermorde an Ureinwohnern, beispielsweise die Indianerkriege Nordamerikas, der Genozid an der Urbevölkerung in Australien (siehe History Wars#Genozid-Debatte), Tasmanien (siehe Tasmanien#Genozid an der Urbevölkerung und Tasmanier), Brasilien (siehe Transamazônica#Folgen des Straßenbaus), Argentinien (siehe Julio Popper#Genozid an den Selk’nam) oder bei der Besiedlung karibischer Inseln (siehe Kalinago-Genozid 1626).

Der Große Terror (1936–1938) in der Sowjetunion richtete sich gegen politisch „unzuverlässige“ und oppositionelle Personen in Kadern und Eliten, gegen „sozial schädliche“ und „sozial gefährliche Elemente“ wie die Kulaken, gegen so genannte Volksfeinde und gegen ethnische Minderheiten wie Wolgadeutsche, Krimtataren, oder einige Völker der Kaukasusregion. Die in der Forschung angegebenen Opferzahlen variieren zwischen 400.000[41] und 22 Millionen Toten.[42] Wissenschaftler wie Robert Conquest, Norman Naimark und andere bezeichnen den Terror und namentlich die Aktionen gegen die ethnischen Minderheiten als Völkermord.[43] Andere Genozidforscher und Osteuropa-Historiker lehnen die Anwendung des Begriffs auf den Großen Terror ausdrücklich ab.[44] Der amerikanische Politikwissenschaftler Rudolph Joseph Rummel bezeichnet die Geschehnisse als Demozid.[29]

Auch der Massenmord an den Kommunisten Indonesiens 1965 und 1966 stellt einen Sonderfall dar, bei dem je nach Schätzung zwischen 500.000 und 3 Mio. Menschen ermordet wurden. Zwar wurde hier keine religiöse, ethnische oder nationale Gruppe gezielt ermordet, aber es war dennoch das Ziel, eine klar definierte (nämlich politische) Bevölkerungsgruppe gesamthaft zu ermorden. Deswegen und weil die chinesische Bevölkerungsminderheit Opfer dieser Massenmorde wurde, sprechen sich einigen Autoren, darunter Yves Ternon, dafür aus, ihn als Völkermord zu betrachten.[45] Der Begriff eines Autogenozids ließe sich in diesem Fall auch anwenden.

Die Ereignisse während der Herrschaft der Roten Khmer in Kambodscha von 1975 bis 1979 stellen einen Sonderfall dar. Da sich der Genozid in Kambodscha gegen die Bevölkerung des eigenen Landes richtete, ist hier auch der Begriff „Autogenozid“ (wörtlich „Völkerselbstmord“) angewandt worden. Beim Vorgehen der Roten Khmer gegenüber abgrenzbaren Gruppen wie den muslimischen Cham jedoch greift die Definition des Völkermordes.

Die Masseninternierung, Folter und kulturelle Verfolgung der muslimischen Uiguren in der chinesischen Provinz Xinjiang ordneten verschiedene westliche Staaten im Jahr 2021 offiziell als „Genozid“ ein, so durch die US-amerikanische Regierung unter Donald Trump[46] und unter Joe Biden[47] sowie durch das kanadische,[48] das niederländische,[49] das britische,[50] das litauische[51] und das tschechische Parlament.[52] 2022 folgte dem auch das französische Parlament.[53]

Demgegenüber ist die deutsche Bundesregierung der Auffassung, dass die Maßnahmen der chinesischen Politik auf die „Sinisierung“ der religiösen und kulturellen Identitäten der Minderheiten in Xinjiang und Tibet abziele.[54]

Siehe auch

Literatur

Wiktionary: Völkermord – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Genozid – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. aus lateinisch genus ‚Volk‘, ‚Stamm‘, ‚Geschlecht‘ und caedes ‚Blutbad‘, ‚Mord‘
  2. Internationaler Strafgerichtshof für Ruanda (ICTR): Prosecutor v. Jean Kambanda, Urteil vom 4. September 1998 (Memento vom 21. Januar 2012 im Internet Archive) (PDF; 110 kB), Case No. 97-23-S, § 16: “The crime of genocide is unique because of its element of dolus specialis (special intent) which requires that the crime be committed with the intent to destroy in whole or in part, a national, ethnic, racial or religious group as such, as stipulated in Article 2 of the Statute; hence the Chamber is of the opinion that genocide constitutes the crime of crimes, which must be taken into account when deciding the sentence”
  3. Christoph J. M. Safferling: Wider die Feinde der Humanität – Der Tatbestand des Völkermordes nach der Römischen Konferenz. In: Juristische Schulung. 2001, S. 735–739 (736).
  4. Tomasz Frydel: Transitional Justice and the Holocaust in Poland. In: East European Holocaust Studies. Band 1, Nr. 1, 2023, S. 274 f., doi:10.1515/eehs-2023-0035.
  5. Douglas Irvin-Erickson: The history of Rapha'l Lemkin and the UN Genocide Convention. In: Handbook of Genocide Studies. Edward Elgar Publishing, 2023, ISBN 978-1-80037-934-3, S. 20–21 (elgaronline.com [abgerufen am 18. Januar 2025]).
  6. Douglas Irvin-Erickson: The history of Rapha'l Lemkin and the UN Genocide Convention. In: Handbook of Genocide Studies. Edward Elgar Publishing, 2023, ISBN 978-1-80037-934-3, S. 20–21 (elgaronline.com [abgerufen am 18. Januar 2025]).
  7. Holocaust und andere Völkermorde, International Holocaust Remembrance Alliance. Abgerufen am 20. November 2018.
  8. Claus Kreß, in: Münchener Kommentar zum StGB, 2. Auflage 2013, § 6 VStGB, Rn. 14.
  9. Claus Kreß, in: Münchener Kommentar zum StGB, 2. Auflage 2013, § 6 VStGB, Rn. 14.
  10. Ruanda: Erste Frau muss wegen Völkermords lebenslänglich hinter Gitter. In: Spiegel Online. 24. Juni 2011, abgerufen am 18. April 2014.
  11. Dominic Johnson: Ministerin für Vergewaltigung. In: taz. 25. Juni 2011, ISSN 0931-9085, S. 2 (online [abgerufen am 18. April 2014]).
  12. Guatemala: Rios Montt Convicted of Genocide. Human Rights Watch, Mai 2013, abgerufen am 25. Mai 2017 (englisch).
  13. LTO: BGH: IS-Kämpfer des Völkermordes an Jesiden schuldig. Abgerufen am 1. März 2024.
  14. Listing of genocide cases pending at the ICC. In: International Criminal Court (ICC). Abgerufen am 11. August 2018 (britisches Englisch).
  15. Situations under investigation. In: Internationaler Gerichtshof / engl.: International Criminal Court (ICC). Abgerufen am 11. August 2018 (britisches Englisch, Abschnitt: Darfur, Sudan).
  16. Situation in Darfur, Sudan; The Prosecutor v. Omar Hassan Ahmad Al Bashir; ICC-02/05-01/09. (PDF) In: International Criminal Court (ICC). Archiviert vom Original am 3. August 2018; abgerufen am 11. August 2018 (englisch).
  17. AfricaNews: Sudan will surrender Bashir to ICC for war crimes - Transitional Council. 11. Februar 2020, abgerufen am 24. Februar 2022 (englisch).
  18. Kurt Böttcher, Karl Heinz Berger, Kurt Krolop, Christa Zimmermann (Hrsg.): Geflügelte Worte. 4., durchgesehene Auflage, Leipzig 1985, S. 466.
  19. Polen 1772 bis 1945. S. 183. In: Wochenschau Nr. 5, Sept./Okt. 1996, Frankfurt am Main, S. 177–193.
  20. Der Deutsche Drang nach Osten. Ideologie und Wirklichkeit eines politischen Schlagwortes. Darmstadt 1981, S. 93.
  21. Wilhelm Pape, Max Sengebusch (Bearbeitung): Handwörterbuch der griechischen Sprache. 3. Auflage, 6. Abdruck. Vieweg & Sohn, Braunschweig 1914 (Scan bei zeno.org).
  22. Karl Ernst Georges: Ausführliches lateinisch-deutsches Handwörterbuch. 8., verbesserte und vermehrte Auflage. Hahnsche Buchhandlung, Hannover 1918 (zeno.org – im Wörterbuch steht nicht die Angabe des Infinitivs, sondern wie im Lateinischen üblich der ersten Person Singular Indikativ Präsens Aktiv).
  23. Gerhard Werle (Hrsg.): Völkerstrafrecht. 3. Auflage. 2012, ISBN 978-3-16-151837-9, Randnummer 751, m.w.N.
  24. Power: A Problem from Hell. S. 40.
  25. Raphael Lemkin: Genocide: A New Term and New Conception for Destruction of Nations. In: Axis Rule in Occupied Europe. Laws of Occupation, Analysis of Government, Proposals for Redress. Carnegie Endowment for International Peace, Washington D.C. 1944, Chapter IX (Neuausgabe New Jersey 2005, dort S. 79–95; online).
  26. Raphael Lemkin (1944), S. 79, zitiert nach Power: A Problem from Hell. S. 43: „a coordinated plan of different actions aiming at the destruction of essential foundations of the life of national groups, with the aim of annihilating the groups themselves. […] Genocide has two phases: one, destruction of the national pattern of the oppressed group; the other, the imposition of the national pattern of the oppressor. This imposition, in turn, may be made upon the oppressed population which is allowed to remain, or upon the territory alone, after removal of the population and colonisation of the area by the oppressor’s own nationals.“
  27. Power: A Problem from Hell. S. 44; im Original heißt es in dem Leitartikel: “It is a mistake, perhaps, to call these killings atrocities. An atrocity is a wanton brutality […] But the point about these killings ist that they were systematic und purposeful. The gas chambers and furnaces were not improvisations; they were scientifically designed instruments for the extermination of an entire ethnic group.
  28. Power: A Problem from Hell. S. 44.
  29. a b R. J. Rummel: Democide versus Genocide: Which is what?
  30. Rudolph Rummel: 20th Century Democide. hawaii.edu, abgerufen am 11. August 2018 (englisch).
  31. Michael Puritscher: Bewusst sein. Entwicklung und Strategien des menschlichen Geistes. Böhlau, Wien 2008, ISBN 978-3-205-77732-8, S. 374.
  32. Evan Messenger: The Circassian Genocide: The Forgotten Tragedy of the First Modern Genocide. American University: Journal of International Service, 6 Dezember 2023; abgerufen: 26. Juli 2024
  33. Manfred Quiring: Der vergessene Völkermord. Sotschi und die Tragödie der Tscherkessen. Mit einem Vorwort von Cem Özdemir. Links, Berlin 2013, ISBN 978-3-86153-733-5.
  34. Geschäft Ansehen. Abgerufen am 1. August 2023.
  35. Johanna Metz: Deutscher Bundestag – Antrag zum Völkermord an Armeniern beschlossen. Abgerufen am 1. August 2023.
  36. Peter Mühlbauer: Die kurdische Verantwortung für den Massenmord an Armeniern. 9. Juni 2016, abgerufen am 1. August 2023.
  37. Völkermord an Rohingya: Die Junta soll vor Gericht – irgendwann. In: Der Spiegel. 22. Juli 2022, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 28. Januar 2023]).
  38. Matthew White verzeichnet auf Death Tolls (Statistiken zu Opferzahlen) im Abschnitt Congo Free State (1886–1908) verschiedene Schätzungen, deren Durchschnittswert bei acht Millionen liegt. Die Ereignisse können nach der UN-Konvention als Genozid bezeichnet werden.
  39. Dieter H. Kollmer: Die belgische Kolonialherrschaft 1908 bis 1960. In: Bernhard Chiari, Dieter H. Kollmer (Hrsg.): Wegweiser zur Geschichte Demokratische Republik Kongo. Paderborn u. a. 2006, S. 45.
  40. Adam Hochschild: Schatten über dem Kongo. Die Geschichte eines der großen, fast vergessenen Menschheitsverbrechen. Klett-Cotta, Stuttgart 2000, ISBN 3-608-91973-2, S. 320 f.
    Boris Barth: Genozid. Völkermord im 20. Jahrhundert. Geschichte, Theorien, Kontroversen. Beck, München 2006, ISBN 978-3-406-52865-1, S. 314.
  41. Dimitri Wolkogonow: Stalin. Triumph und Tragödie. Ein politisches Porträt, Econ, 1993, ISBN 3-612-26011-1, S. 400.
  42. Gunnar Heinsohn: Lexikon der Völkermorde. Reinbek 1998, ISBN 3-499-22338-4.
  43. Robert Conquest: Stalins Völkermord. Wolgadeutsche, Krimtataren, Kaukasier. Europa-Verlag, Wien 1974; Norman Naimark: Stalin und der Genozid. Suhrkamp, Berlin 2010, S. 113 u. ö.; mit Einschränkung auch Eric Weitz: A Century of Genocide. Utopias of Race and Nation. Updated Edition. Princeton University Press, Princeton 2015, ISBN 978-1-4008-6622-9, S. 100 f. (abgerufen über De Gruyter Online).
  44. Boris Barth: Genozid. Völkermord im 20. Jahrhundert. Geschichte, Theorien, Kontroversen (= Beck’sche Reihe 1672), C.H. Beck, München 2006, ISBN 3-406-52865-1, S. 136–148; Bernd Bonwetsch: Der GULAG und die Frage des Völkermords. In: Jörg Baberowski (Hrsg.): Moderne Zeiten? Krieg, Revolution und Gewalt im 20. Jahrhundert. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2006, ISBN 3-525-36735-X, S. 111–144.
  45. Boris Barth: Genozid. Völkermord im 20. Jahrhundert. Geschichte, Theorien, Kontroversen. Beck, München 2006 (Beck’sche Reihe, Bd. 1672), ISBN 3-406-52865-1.
  46. Michael R. Pompeo: Determination of the Secretary of State on Atrocities in Xinjiang. Press Statement – Michael R. Pompeo, Secretary of State. In: state.gov. 19. Januar 2021, abgerufen am 20. Januar 2021.
  47. Demetri Sevastopulo, Aime Williams: US foreign policy: US human rights report calls China’s treatment of Uyghurs ‘genocide’. State department’s 2020 review takes hard line on Beijing as well as Saudi Arabia and Myanmar. In: ft.com. 31. März 2021, abgerufen am 31. März 2021.
  48. Dana Heide, Moritz Koch: Verhältnis zu China: Niederländer stufen die Misshandlung der Uiguren als Genozid ein – und setzen damit Berlin unter Druck. Menschenrechtsbeauftragte Bärbel Kofler prangert „entsetzliche“ Berichte über Misshandlung der Uiguren an – weicht der Völkermordsdebatte aber aus. Chinas Reaktion wäre heikel für deutsche Firmen. In: handelsblatt.com. 27. Februar 2021, abgerufen am 2. März 2021.
  49. Andreas Ernst: Das Parlament der Niederlande wertet die Behandlung der Uiguren in China als Genozid. Das Parlament in Den Haag ist die erste europäische Volksvertretung, die China des Genozids an den Uiguren bezichtigt. Regierungsvertreter sind darüber nicht glücklich. Aber die Abgeordneten sind Teil eines internationalen Trends. In: nzz.ch. 27. Februar 2021, abgerufen am 27. Februar 2021.
  50. Ewelina U. Ochab: British Parliamentarians Recognize The Atrocities Against The Uyghurs As Genocide. In: forbes.com. 22. April 2021, abgerufen am 22. April 2021.
  51. Lithuanian parliament passes resolution condemning ‘Uighur genocide’ in China. The Lithuanian parliament has adopted a resolution condemning “crimes against humanity” and “the Uighur genocide” in China. Beijing's embassy has responded by calling the document interference in China's domestic affairs. In: lrt.lt. 20. Mai 2021, abgerufen am 6. Juni 2021. (BNS)
  52. Czech Senate declares China perpetrating Genocide on Uyghurs ahead of key vote in Belgian Parliament. In: ipac.global. 14. Juni 2021, abgerufen am 13. Juli 2021.
  53. Michaela Wiegel: Resolution verabschiedet: Frankreichs Parlament verurteilt „Genozid“ an Uiguren in China. Die französische Nationalversammlung nennt die Gewalt an den Uiguren in China einen Genozid. Die Entscheidung kommt zu einem für China ungünstigen Zeitpunkt – kurz vor den Olympischen Winterspielen. In: faz.net. 20. Januar 2022, abgerufen am 21. Januar 2022.
  54. 14. Bericht der Bundesregierung über ihre Menschenrechtspolitik. (PDF) Berichtszeitraum 1. Oktober 2018 bis 30. September 2020. Auswärtiges Amt, Berlin, 2. Dezember 2020, S. 1–302, hier S. 264, abgerufen am 4. Dezember 2020.