„Konstruktivismus (Lernpsychologie)“ – Versionsunterschied
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{{Lückenhaft|Kontext und Geschichte fehlen. Wer hat den lernpsychologischen Konstruktivismus wann theoretisch begründet, welche älteren lernpsychologischen Konzepte sollten damit abgelöst werden und wer sind die wichtigsten Vertreter? Im Artikel und in der Literaturliste werden zwar Namen genannt, doch bleibt unklar, ob das eine Zufallsauswahl ist oder ob diese Autoren wirklich maßgeblich an der Entwicklung des Konzepts mitarbeitet haben.}} |
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Der '''Konstruktivismus''' ist eine [[Lerntheorie]], in der ein Lerner seinen Lernprozess selbst steuert. Er konstruiert sich seine individuelle Lernsituation, in der er selbst bestmöglich lernen kann. |
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Der '''Konstruktivismus''' in [[Lernpsychologie|lernpsychologischer]] Hinsicht [[Postulat|postuliert]], dass menschliches Erleben und Lernen Konstruktionsprozessen unterworfen ist, die durch sinnesphysiologische, neuronale, kognitive und soziale Prozesse beeinflusst werden. Seine Kernthese besagt, dass Lernende im Lernprozess eine [[Mentales Modell|individuelle Repräsentation]] der Welt schaffen. Was jemand unter bestimmten Bedingungen lernt, hängt somit stark, jedoch nicht ausschließlich, von dem Lernenden selbst und seinen Erfahrungen ab. |
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== Begriffliche Abgrenzung == |
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Die verschiedenen Lerntheorien sind schön prägnant auf folgender Seite erörtert. |
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Der Konstruktivismus in lernpsychologischer Hinsicht untersucht Teilbereiche eines Phänomens, welche ebenfalls von den [[Erkenntnistheorie|erkenntnistheoretischen]] und [[Ontologie|ontologischen]] Theorien untersucht werden. Während jedoch die erkenntnistheoretischen und ontologischen Theorien versuchen, die Existenz einer Empirieebene (Ontologie) oder die Relationen zwischen Empirieebene und Theorieebene zu klären, versucht der lernpsychologische Konstruktivismus, kognitive Konstruktionsprozesse zu verstehen, um sie für Lernprozesse und die Gestaltung von Lernumgebungen nutzbar zu machen. |
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http://dsor.uni-paderborn.de/de/forschung/publikationen/blumstengel-diss/Lerntheorien.html |
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Aufgrund einer starken begrifflichen Nähe zwischen dem lernpsychologischen Konstruktivismus und dem ontologischen oder epistemologischen [[Konstruktivismus (Philosophie)|Konstruktivismus]] kommt es sehr häufig zu der irrtümlichen Behauptung, der lernpsychologische Konstruktivismus sei notwendigerweise aus dem erkenntnistheoretischen Konstruktivismus abzuleiten. Dies kann jedoch als unhaltbar angesehen werden, da beispielsweise auch ein [[epistemologischer Realismus]] nicht im Widerspruch zu den Befunden kognitiver Konstruktionsprozesse steht. So kann beispielsweise ein Physiker einen epistemologischen Realismus vertreten (es gibt eine real existierende Empirieebene und wir sind in der Lage, zuverlässige Aussagen über diese zu machen, da es gültige Relationen zwischen der Empirieebene und unseren (kognitiven) Modellen gibt) und gleichzeitig zustimmen, dass all unsere Wahrnehmungen Konstruktionen sind. Dieser Scheinwiderspruch wird auf Seiten der [[Erkenntnistheorie|Erkenntnis-]] und [[Wissenschaftstheorie]], aber auch in der Naturwissenschaftsdidaktik als einem Anwendungsfeld der Lernpsychologie unter anderem durch den ''model based view''<ref>[https://link.springer.com/article/10.1007/s11191-006-9058-2 model based view]</ref> und den mit ihm korrespondierenden ''Semantic View''<!--siehe [[:en:Semantic view of theories|semantic view]] (engl. WP)--> und die ihnen zugrunde liegenden wissenschaftstheoretischen Konzepte von [[Ronald Giere]] aufgelöst. |
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Das Lernen selbst findet spielerisch-explorativ statt; dem Lernenden muss eine Möglichkeit gegeben werden, sich eine Lernsituation zu konstruieren und aus geeigneten Wissensquellen, wie zum Beispiel dem [[Internet]], auszuwählen, sowie für ihn adäquate Lernmethoden anzuwenden. |
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== Interaktionistischer Konstruktivismus == |
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Das erlernte Wissen ist hierbei eine individuelle Repräsentation der Welt, da jeder Lerner etwas eigenes lernt und dies von der eigenen Erfahrung abhängt. |
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[[Kersten Reich]], der einen interaktionistischen Konstruktivismus vertritt, beschreibt dies in seinem Ansatz als: |
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* Rekonstruieren (Entdecken von Welt), |
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* Konstruieren (Erfinden von Welt) und |
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* [[Dekonstruktion|Dekonstruieren]] (Kritisieren von Welt). |
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Der [[Interaktionistischer Konstruktivismus|interaktionistische Konstruktivismus]] vertritt die These, dass diese Re-, De- und Konstruktion stets an die Handlungen der Lernenden geknüpft ist. Hierbei wirkt der subjektive Eigenanteil der Lernenden mit der sozial-kulturellen [[Unterrichtskontext|Lernumgebung]] zusammen. Im Sinne der konstruktiven Seite ist Lernen dann am effektivsten, wenn die Lernenden ihren Lernprozess umfassend [[Selbstgesteuertes Lernen|selbst steuern]] können. Jeder weiß nach dieser Theorie am besten selbst, wie er effektiv lernen kann. Allerdings setzt dieses Wissen eine [[Methodenkompetenz]] voraus, die erst in längeren Lernprozessen erworben werden muss. Hierfür ist besonders der [[phänomenografischer Ansatz|phänomenografische Ansatz]] nach [[Ingrid Pramling Samuelsson]] geeignet, der ebendiese Lernprozesse bereits im Krippen- und Kindergartenalter transparent und damit verstehbar und anwendbar machen kann. |
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Aufgrund der Tatsache, dass der Lernende das Wissen selbst konstruiert, kann davon ausgegangen werden, dass dieses Wissen dauerhaft beim Lerner gespeichert wird und der Lerner besonders in der Lage ist, |
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dieses Wissen auf andere Situationen anzuwenden und seine Erfahrungen adaptiv zu nutzen. Man denke |
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beispielsweise an die Vorteile beim arbeitsplatznahen Lernen in der innerbetrieblichen Weiterbildung. |
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Die konstruktivistische [[Lerntheorie]] des interaktionistischen Konstruktivismus plädiert insbesondere für Lernformen, in denen der Lehrer nicht bloß Wissensvermittler, sondern ein „Lernprozessberater“ ist. Der Lehrer soll sich bei konstruktiven Methoden eher im Hintergrund halten, Lernangebote schaffen, Wissensquellen, wie zum Beispiel das [[Internet]], bereitstellen und den Lernprozess beobachten. Schüler sollten „[[Kulturtechnik]]en“ in offenen Unterrichtssituationen und auch konstruiertes Wissen verfestigen, um diese bzw. dies [[Abstraktion|abstrahieren]] zu können. Ziel sei, zu höheren Erkenntnissen zu gelangen.<ref>Eine umfassende Darstellung und Begründung konstruktiver und systemischer Methoden findet sich im [http://www.uni-koeln.de/ew-fak/konstrukt/didaktik/index.html Methodenpool] von Kersten Reich.</ref> |
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Der Lehrende tritt bei Anwendung dieser Lernform aus der Rolle des Wissensvermittlers in die Rolle des |
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Lernprozessberaters. Er hält sich hierbei im Hintergrund, nimmt eine beobachtende Position ein und greift nur unterstützend ins Lerngeschehen ein, wenn der Lernprozess ins Stocken zu geraten scheint. |
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Für eine interaktionistisch-konstruktivistische Lehr- und Lerntheorie gibt es mittlerweile unzählige Beispiele, vor allem im englischen Sprachraum. Im deutschen Sprachraum ist die interaktionistisch-konstruktivistische Lerntheorie neben der Schule vor allem in der [[Erwachsenen- und Weiterbildung]] breit entwickelt. Einschlägige Einführungen finden sich bei Kersten Reich, [[Rolf Arnold]] und [[Horst Siebert (Pädagoge)|Horst Siebert]]. |
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* [[Instruktionalismus]] |
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* [[Behaviorismus]] |
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* [[Kognitivismus]] |
* [[Kognitivismus]] |
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Erste Ansätze sind beim tschechischen Theologen und Pädagogen [[Johann Amos Comenius]] (1592-1670) zu finden, welcher durch seine pädagogischen Lehrbücher (z.B. durch [[Die sichtbare Welt in Bildern]] wurde er zum Ahnenherr aller Kinderbücher) und Reformvorschläge Weltruf erlangte. |
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[[Maria Montessori]] hat durch eigene Lehrtätigkeit und Veröffentlichungen eine neue [[Lehrmethode]] ([[Montessoripädagogik|Montessori-Methode]]) etabliert. Aber ob solche [[Reformpädagogik|reformpädagogischen]] Methoden, wie sie auch bei [[Jenaplan|Petersen]] oder [[Freinet-Pädagogik|Freinet]] entwickelt wurden, dem Konstruktivismus entsprechen, ist mehr als zweifelhaft. Die Reformpädagogik hat im Blick auf die Erkenntniskonstruktion kein so differenziertes Bild von Lernvorgängen wie konstruktivistische Ansätze. Bereits [[Jean Piaget]], [[John Dewey]] und [[Lew Semjonowitsch Wygotski]] gehen deutlich über die reformpädagogischen Ansätze hinaus. |
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Das aus der humanistischen Zeit stammende methodische Hauptwerk die "Didactica magna" (Grosse Unterrichtslehre) |
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strukturisiert zum ersten Mal die Unterrichtsmethodik. |
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Biographie siehe http://www.deutsche-comenius-gesellschaft.de/comenius.html |
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Seit dem Ende des zwanzigsten Jahrhunderts findet der Konstruktivismus breiten Eingang in die Methodikdiskussion. In Deutschland erfolgt ein Umstellungsprozess weg von [[Instruktionalismus|instruktionistischen]] hin zu konstruktivistischen Verfahren in allen Schultypen und Fächern. |
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Der italienische Philosoph [[Giambattista Vico]] (* 23. Juni 1668 in Neapel) hat den Begriff des Konstruktivismus geprägt. (Übersicht siehe http://www.bautz.de/bbkl/v/vico_g.shtml) |
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Eine moderne konstruktivistische Methode, die im Zuge der Schulreform besondere Aufmerksamkeit in Deutschland erfährt, ist [[Lernen durch Lehren]] von [[Jean-Pol Martin]]. Bei dieser Methode wird die Lernergruppe zum „[[Neuronales Netz|neuronalen Netz]]“ umgestaltet mit der Aufgabe, Wissen [[Gemeinsame Wissenskonstruktion|kollektiv zu konstruieren]]. |
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Der Konstruktivismus baut u.a. auf die 6 Stufen der Entwicklungspsychologie (http://chappa.piranho.de/piaget2.html) des Schweizer Philosophen und Psychologen [[Jean Piaget]] (* 09. August 1896) (Übersicht siehe http://www.philosophenlexikon.de/piaget.htm) auf. |
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Sehr bekannt sind mittlerweile die eher gemäßigten konstruktivistischen Ansätze, obwohl der Begriff irreführend ist. Gemeint sind Ansätze, die stärker als der [[Radikaler Konstruktivismus|radikale Konstruktivismus]] auf die [[Soziokultureller Konstruktivismus|soziokulturellen Kontexte]] bezogen sind, also tendenziell Elemente des [[Erlanger Konstruktivismus]] aufweisen. Hierzu gehört im deutschen Sprachraum vor allem Kersten Reich mit seiner [[Konstruktivistische Didaktik|Konstruktivistischen Didaktik]], in der sehr breit auch Lerntheorien dargestellt werden. Weitere Anwendungen findet der Konstruktivismus im [[E-Learning]]-Kontext. Hier werden [[Lernplattform|E-Learning-Systeme (''ELS'')]] oftmals dazu verwendet, den Lernenden die Möglichkeit zu geben, in vielen verschiedenen Informationsquellen zu recherchieren sowie Aufgaben mit Unterstützung diverser Werkzeuge zu lösen. Die Theorie dazu nennt sich auch [[situiertes Lernen]]. |
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Ein weiterer Vertreter ist [[Hans Aebli]] (* 06. August 1923), ein bekannter Schweizer Psychologe und Pädagoge, der Ende der 80er Jahre den 1500 Kilometer langen [[Jakobsweg]] zurücklegte. Wichtige Werke sind z.B. [[Psychologische Didaktik]] 1951, [[Zwölf Grundformen des Lehrens]] 1983 oder [[Grundlagen des Lehrens]] 1987. |
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[[David Paul Ausubel]] (* 1918 in Brooklyn) entwickelte seine eigene Variante des Konstruktivismus (ausgehend von Jean Piaget). Er studierte Medizin, spezialisierte sich als Psychiater und kam dann zur Pädagogik. |
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Ein wichtiges Werk seiner Lerntheorie ist z.B. [[Radical School Reform: Critique and Alternatives]] |
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Die erste Ärztin Italiens, [[Maria Montessori]](* 31. August 1870), hat durch eigene Lehrtätigkeit und Veröffentlichungen eine neue Lehrmethode [[Montessori-Methode]] etabliert (siehe http://www.montessori-vereinigung.de/) |
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Seit dem Ende des zwanzigsten Jahrhunderts findet der Konstruktivismus breiten Eingang in die Methodikdiskussion. Bundesweit erfolgt ein Umstellungsprozess weg von instruktionistischen hin zu konstruktivistischen Verfahren in allen Schultypen und allen Fächern. Eine moderne konstruktivistische Methode, die im Zuge der Schulreform besondere Aufmerksamkeit in Deutschland erfährt, ist [[Lernen durch Lehren]]. Bei dieser Methode wird die Lernergruppe zum neuronalen Netz umgestaltet mit der Aufgabe, Wissen zu konstruieren. Weitere Anwendungen findet der Konstruktivismus im [[E-Learning]]-Kontext. Hier werden E-Learning-Systeme (''ELS'') oftmals dazu verwendet, einem Lernenden die Möglichkeit zu geben, in vielen verschiedenen Informationsquellen zu recherchieren sowie Aufgaben mit Unterstützung diverser Werkzeuge zu lösen. |
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== Siehe auch == |
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* [[Konstruktivismus (psychologische Schule)]] |
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== Literatur == |
== Literatur == |
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* [[Rolf Arnold]]: ''Die emotionale Konstruktion der Wirklichkeit. Beiträge zu einer emotionspädagogischen Erwachsenenbildung''. Schneider, Baltmannsweiler 2005, ISBN 3-89676-921-9. |
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* Frank Berzbach: ''Die Ethikfalle. Pädagogische Theorierezeption am Beispiel des Konstruktivismus.'' Doktorarbeit Universität Frankfurt 2004. wbv, Bielefeld 2005, ISBN 3-7639-1905-8. |
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* Clemens Diesbergen: ''Radikal-konstruktivistische Pädagogik als problematische Konstruktion. Eine Studie zum radikalen Konstruktivismus und seiner Anwendung in der Pädagogik'' (= ''Explorationen. Studien zur Erziehungswissenschaft.'' Band 22). 2., unveränderte Auflage. Lang, Bern u. a. 2000, ISBN 3-906764-28-1. |
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* Martin Kurthen: ''Hermeneutische Kognitionswissenschaft. Die Krise der Orthodoxie.'' Djre, Bonn 1994, ISBN 3-928981-01-3. |
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* [[Jean-Pol Martin]]: ''Zum Aufbau didaktischer Teilkompetenzen beim Schüler. Fremdsprachenunterricht auf der lerntheoretischen Basis des Informationsverarbeitungsansatzes.'' [[Dissertation]] Universität Gießen 1985. Narr Verlag, Tübingen 1985, ISBN 3-87808-435-8. |
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* [[Ludwig A. Pongratz]]: ''Untiefen im Mainstream. Zur Kritik konstruktivistisch-systemtheoretischer Pädagogik.'' 2. Auflage. Schöningh, Paderborn u. a. 2009, ISBN 978-3-506-76742-4. |
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* [[Kersten Reich]]: ''Konstruktivistische Didaktik. Lehr- und Studienbuch inklusive Methodenpool.'' 3., völlig überarbeitete Auflage. Beltz, Weinheim u. a. 2006, ISBN 3-407-25410-5 (mit CD-ROM und [http://www.uni-koeln.de/hf/konstrukt/didaktik/index.html Online-Methodenpool]). |
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* [[Horst Siebert (Pädagoge)|Horst Siebert]] (Hrsg.): ''Konstruktivismus: Konsequenzen für Bildungsmanagement und Seminargestaltung'' (= ''DIE – Materialien für Erwachsenenbildung.'' Band 14). Deutsches Institut für Erwachsenenbildung (DIE), Frankfurt 1998, ISBN 3-933222-09-5 ([https://www.die-bonn.de/esprid/dokumente/doc-1998/siebert98_01.pdf PDF: 507 kB, 120 Seiten] auf die-bonn.de). |
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* Fritz B. Simon: ''Einführung in [[Systemtheorie]] und Konstruktivismus.'' 5. Auflage. Carl-Auer-Systeme, Heidelberg 2011. |
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== Weblinks == |
== Weblinks == |
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* [[Kersten Reich]]: |
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*[http://www.quarks.de/lernen/04.htm Lernen in der Schule, Begründung für den Konstruktivismus] |
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** [http://www.uni-koeln.de/hf/konstrukt/ ''Interaktionistischer Konstruktivismus.''] In: ''Uni-koeln.de.'' Kunstprojekt, 18. November 2007. |
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*[http://www.quarks.de/lernen/0401.htm Das Gehirn als Konstruktionsmeister - ein Experiment zur Vorwissenproblematik] |
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** [http://www.uni-koeln.de/hf/konstrukt/didaktik/index.html ''Unterrichtsmethoden im konstruktiven und systemischen Methodenpool.''] In: ''Uni-koeln.de.'' 3. Februar 2017. |
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*[http://www.quarks.de/lernen/0402.htm Stunden-Protokoll einer konstruktivistischen Unterrichts-Stunde zum Thema "Warum springt ein Ball?"] |
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*[http://www.quarks.de/lernen/0402.htm Beobachtung einer konstruktivistischen Unterrichts-Stunde zum Thema "Warum schwimmt ein Schiff?"] |
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== Anmerkungen == |
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[[Kategorie: Pädagogik]] |
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[[Kategorie:Konstruktivismus (Geistes- und Sozialwissenschaft)]] |
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[[en:Constructivism (learning theory)]] |
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[[Kategorie:Pädagogische Psychologie]] |
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[[fr:Constructivisme (psychologie)]] |
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[[ja:構成主義 (教育)]] |
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[[zh:建構主義]] |
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Aktuelle Version vom 13. August 2023, 18:51 Uhr
Der Konstruktivismus in lernpsychologischer Hinsicht postuliert, dass menschliches Erleben und Lernen Konstruktionsprozessen unterworfen ist, die durch sinnesphysiologische, neuronale, kognitive und soziale Prozesse beeinflusst werden. Seine Kernthese besagt, dass Lernende im Lernprozess eine individuelle Repräsentation der Welt schaffen. Was jemand unter bestimmten Bedingungen lernt, hängt somit stark, jedoch nicht ausschließlich, von dem Lernenden selbst und seinen Erfahrungen ab.
Begriffliche Abgrenzung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Konstruktivismus in lernpsychologischer Hinsicht untersucht Teilbereiche eines Phänomens, welche ebenfalls von den erkenntnistheoretischen und ontologischen Theorien untersucht werden. Während jedoch die erkenntnistheoretischen und ontologischen Theorien versuchen, die Existenz einer Empirieebene (Ontologie) oder die Relationen zwischen Empirieebene und Theorieebene zu klären, versucht der lernpsychologische Konstruktivismus, kognitive Konstruktionsprozesse zu verstehen, um sie für Lernprozesse und die Gestaltung von Lernumgebungen nutzbar zu machen.
Aufgrund einer starken begrifflichen Nähe zwischen dem lernpsychologischen Konstruktivismus und dem ontologischen oder epistemologischen Konstruktivismus kommt es sehr häufig zu der irrtümlichen Behauptung, der lernpsychologische Konstruktivismus sei notwendigerweise aus dem erkenntnistheoretischen Konstruktivismus abzuleiten. Dies kann jedoch als unhaltbar angesehen werden, da beispielsweise auch ein epistemologischer Realismus nicht im Widerspruch zu den Befunden kognitiver Konstruktionsprozesse steht. So kann beispielsweise ein Physiker einen epistemologischen Realismus vertreten (es gibt eine real existierende Empirieebene und wir sind in der Lage, zuverlässige Aussagen über diese zu machen, da es gültige Relationen zwischen der Empirieebene und unseren (kognitiven) Modellen gibt) und gleichzeitig zustimmen, dass all unsere Wahrnehmungen Konstruktionen sind. Dieser Scheinwiderspruch wird auf Seiten der Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie, aber auch in der Naturwissenschaftsdidaktik als einem Anwendungsfeld der Lernpsychologie unter anderem durch den model based view[1] und den mit ihm korrespondierenden Semantic View und die ihnen zugrunde liegenden wissenschaftstheoretischen Konzepte von Ronald Giere aufgelöst.
Interaktionistischer Konstruktivismus
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Kersten Reich, der einen interaktionistischen Konstruktivismus vertritt, beschreibt dies in seinem Ansatz als:
- Rekonstruieren (Entdecken von Welt),
- Konstruieren (Erfinden von Welt) und
- Dekonstruieren (Kritisieren von Welt).
Der interaktionistische Konstruktivismus vertritt die These, dass diese Re-, De- und Konstruktion stets an die Handlungen der Lernenden geknüpft ist. Hierbei wirkt der subjektive Eigenanteil der Lernenden mit der sozial-kulturellen Lernumgebung zusammen. Im Sinne der konstruktiven Seite ist Lernen dann am effektivsten, wenn die Lernenden ihren Lernprozess umfassend selbst steuern können. Jeder weiß nach dieser Theorie am besten selbst, wie er effektiv lernen kann. Allerdings setzt dieses Wissen eine Methodenkompetenz voraus, die erst in längeren Lernprozessen erworben werden muss. Hierfür ist besonders der phänomenografische Ansatz nach Ingrid Pramling Samuelsson geeignet, der ebendiese Lernprozesse bereits im Krippen- und Kindergartenalter transparent und damit verstehbar und anwendbar machen kann.
Die konstruktivistische Lerntheorie des interaktionistischen Konstruktivismus plädiert insbesondere für Lernformen, in denen der Lehrer nicht bloß Wissensvermittler, sondern ein „Lernprozessberater“ ist. Der Lehrer soll sich bei konstruktiven Methoden eher im Hintergrund halten, Lernangebote schaffen, Wissensquellen, wie zum Beispiel das Internet, bereitstellen und den Lernprozess beobachten. Schüler sollten „Kulturtechniken“ in offenen Unterrichtssituationen und auch konstruiertes Wissen verfestigen, um diese bzw. dies abstrahieren zu können. Ziel sei, zu höheren Erkenntnissen zu gelangen.[2]
Für eine interaktionistisch-konstruktivistische Lehr- und Lerntheorie gibt es mittlerweile unzählige Beispiele, vor allem im englischen Sprachraum. Im deutschen Sprachraum ist die interaktionistisch-konstruktivistische Lerntheorie neben der Schule vor allem in der Erwachsenen- und Weiterbildung breit entwickelt. Einschlägige Einführungen finden sich bei Kersten Reich, Rolf Arnold und Horst Siebert.
Andere Lerntheorien sind beispielsweise:
Eingang in die Unterrichtsmethodik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Maria Montessori hat durch eigene Lehrtätigkeit und Veröffentlichungen eine neue Lehrmethode (Montessori-Methode) etabliert. Aber ob solche reformpädagogischen Methoden, wie sie auch bei Petersen oder Freinet entwickelt wurden, dem Konstruktivismus entsprechen, ist mehr als zweifelhaft. Die Reformpädagogik hat im Blick auf die Erkenntniskonstruktion kein so differenziertes Bild von Lernvorgängen wie konstruktivistische Ansätze. Bereits Jean Piaget, John Dewey und Lew Semjonowitsch Wygotski gehen deutlich über die reformpädagogischen Ansätze hinaus.
Seit dem Ende des zwanzigsten Jahrhunderts findet der Konstruktivismus breiten Eingang in die Methodikdiskussion. In Deutschland erfolgt ein Umstellungsprozess weg von instruktionistischen hin zu konstruktivistischen Verfahren in allen Schultypen und Fächern.
Eine moderne konstruktivistische Methode, die im Zuge der Schulreform besondere Aufmerksamkeit in Deutschland erfährt, ist Lernen durch Lehren von Jean-Pol Martin. Bei dieser Methode wird die Lernergruppe zum „neuronalen Netz“ umgestaltet mit der Aufgabe, Wissen kollektiv zu konstruieren.
Sehr bekannt sind mittlerweile die eher gemäßigten konstruktivistischen Ansätze, obwohl der Begriff irreführend ist. Gemeint sind Ansätze, die stärker als der radikale Konstruktivismus auf die soziokulturellen Kontexte bezogen sind, also tendenziell Elemente des Erlanger Konstruktivismus aufweisen. Hierzu gehört im deutschen Sprachraum vor allem Kersten Reich mit seiner Konstruktivistischen Didaktik, in der sehr breit auch Lerntheorien dargestellt werden. Weitere Anwendungen findet der Konstruktivismus im E-Learning-Kontext. Hier werden E-Learning-Systeme (ELS) oftmals dazu verwendet, den Lernenden die Möglichkeit zu geben, in vielen verschiedenen Informationsquellen zu recherchieren sowie Aufgaben mit Unterstützung diverser Werkzeuge zu lösen. Die Theorie dazu nennt sich auch situiertes Lernen.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Rolf Arnold: Die emotionale Konstruktion der Wirklichkeit. Beiträge zu einer emotionspädagogischen Erwachsenenbildung. Schneider, Baltmannsweiler 2005, ISBN 3-89676-921-9.
- Frank Berzbach: Die Ethikfalle. Pädagogische Theorierezeption am Beispiel des Konstruktivismus. Doktorarbeit Universität Frankfurt 2004. wbv, Bielefeld 2005, ISBN 3-7639-1905-8.
- Clemens Diesbergen: Radikal-konstruktivistische Pädagogik als problematische Konstruktion. Eine Studie zum radikalen Konstruktivismus und seiner Anwendung in der Pädagogik (= Explorationen. Studien zur Erziehungswissenschaft. Band 22). 2., unveränderte Auflage. Lang, Bern u. a. 2000, ISBN 3-906764-28-1.
- Martin Kurthen: Hermeneutische Kognitionswissenschaft. Die Krise der Orthodoxie. Djre, Bonn 1994, ISBN 3-928981-01-3.
- Jean-Pol Martin: Zum Aufbau didaktischer Teilkompetenzen beim Schüler. Fremdsprachenunterricht auf der lerntheoretischen Basis des Informationsverarbeitungsansatzes. Dissertation Universität Gießen 1985. Narr Verlag, Tübingen 1985, ISBN 3-87808-435-8.
- Gerd Mietzel: Pädagogische Psychologie des Lernens und Lehrens. 6., korrigierte Auflage. Hogrefe, Göttingen u. a. 2001, ISBN 3-8017-1436-5.
- Ludwig A. Pongratz: Untiefen im Mainstream. Zur Kritik konstruktivistisch-systemtheoretischer Pädagogik. 2. Auflage. Schöningh, Paderborn u. a. 2009, ISBN 978-3-506-76742-4.
- Kersten Reich: Konstruktivistische Didaktik. Lehr- und Studienbuch inklusive Methodenpool. 3., völlig überarbeitete Auflage. Beltz, Weinheim u. a. 2006, ISBN 3-407-25410-5 (mit CD-ROM und Online-Methodenpool).
- Horst Siebert (Hrsg.): Konstruktivismus: Konsequenzen für Bildungsmanagement und Seminargestaltung (= DIE – Materialien für Erwachsenenbildung. Band 14). Deutsches Institut für Erwachsenenbildung (DIE), Frankfurt 1998, ISBN 3-933222-09-5 (PDF: 507 kB, 120 Seiten auf die-bonn.de).
- Fritz B. Simon: Einführung in Systemtheorie und Konstruktivismus. 5. Auflage. Carl-Auer-Systeme, Heidelberg 2011.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Kersten Reich:
- Interaktionistischer Konstruktivismus. In: Uni-koeln.de. Kunstprojekt, 18. November 2007.
- Unterrichtsmethoden im konstruktiven und systemischen Methodenpool. In: Uni-koeln.de. 3. Februar 2017.
Anmerkungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ model based view
- ↑ Eine umfassende Darstellung und Begründung konstruktiver und systemischer Methoden findet sich im Methodenpool von Kersten Reich.