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„Wellensittich“ – Versionsunterschied

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! Wellensittich
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| Bild = Melopsittacus undulatus Alice Springs Desert Park (crop 2).jpg
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| Bildbeschreibung = Wellensittich (''Melopsittacus undulatus''), Weibchen im natürlichen Habitat in Australien
! [[Nomenklatur (Biologie)|Wissenschaftlicher Name]]
}}
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Der '''Wellensittich''' (''Melopsittacus undulatus'') ist eine [[Vögel|Vogel]][[Art (Biologie)|art]], die zur [[Familie (Biologie)|Familie]] der [[Altweltpapageien]] (Psittacidae) gehört. Es handelt sich um kleine Vögel mit einem schmalen, stark stufigen Schwanz. Das Gefieder beider Geschlechter hat die gleiche Färbung. Jungvögel ähneln den [[adult]]en Vögeln. Wellensittiche sind im Freiland die am häufigsten vorkommende Papageienart [[Australien]]s, die Häufigkeit ist aufgrund der uneinheitlichen klimatischen Bedingungen jedoch regional verschieden. Wegen der zunehmenden Weidewirtschaft, in deren Folge zahlreiche Viehtränken eingerichtet wurden, verbesserten sich ihre Überlebensmöglichkeiten in vielen der [[Arides Klima|ariden]] Regionen Australiens. Dies hat teilweise zu einem deutlichen Anstieg der Individuenzahl geführt.
| class="taxo-name" | ''Melopsittacus undulatus''
|-
| class="Person" | ([[George Shaw|Shaw]] 1805)
|}


In ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet leben Wellensittiche in teils sehr großen [[Schwarmverhalten|Schwärmen]]. Sie fallen durch ihr Fluggeräusch sowie durch ihre trillernden Kontaktrufe auf. In klimatisch günstigen Regionen sind Wellensittiche [[Standvogel|Standvögel]]. In Trockenklimaten ziehen sie weiter, wenn die Wasserstellen austrocknen.
Der '''Wellensittich''' (''Melopsittacus undulatus'') hat seinen Namen von dem wellenförmigen Muster seines Gefieders und ist eine [[Vögel|Vogel]][[Art (Biologie)|art]], die zur [[Ordnung (Biologie)|Ordnung]] der [[Papageien]] (Psittaciformes) und zur [[Familie (Biologie)|Familie]] der [[Eigentliche Papageien|Eigentlichen Papageien]] (Psittacidae) gehört. Seine taxonomische Stellung innerhalb der Familie ist umstritten.
== Aussehen ==
Das ursprüngliche Erscheinungsbild des Wellensittichs ist grün mit gelbem Gesicht. Eine schwarze Querbänderung beginnt am Vorkopf und zieht sich über den Rücken und über die Flügeldecken. Das Gefieder ist bei beiden Geschlechtern gleich. Männchen haben eine blaue (in der Jugend violette), raue Wachshaut (= Bereich unter dem Schnabelanfang). Weibliche Albinis (weißer Vogel mit schwarzweißen Augen) oder Lutinos (gelber Vogel mit roten bzw. schwarzen Augen)können jedoch eine ähnlich gefärbte Schnabelhaut wie die Weibchen vorweisen, das heißt, die Wachshaut ist braun-grau.Wellensittiche mit rotem oder schwarzem Gefieder sind nicht bekannt. Jungvögel unterscheiden sich von den ausgewachsenen Wellensittichen neben der Wachshaut (hellbraun und glatt) durch die vollkommen schwarzen Augen (die weiße Iris ist noch nicht zu sehen) und die schwarze Zeichnung, die bei ihnen bis fast zum Schnabel reicht.


Wellensittiche werden in [[Europa]] seit 1840 als [[Heimtier|Ziervögel]] gehalten. Bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde der Vogel in großer Zahl gezüchtet, um die Nachfrage nach dieser Art zu befriedigen. Heute ist der Wellensittich die vermutlich am häufigsten gehaltene Papageienart weltweit. Es existieren zahlreiche in Größe, Farbe und Gefiedermerkmalen von der [[Wildtyp|Wildform]] abweichende [[Zucht]]formen.
==Verbreitung==

Der ''Wellensittich'' ist über den ganzen australischen Kontinent verbreitet. Gelegentlich sind sie auch schon in den Parks von Städten anzutreffen, die über ein zumindest [[Subtropen|subtropisches]] Klima verfügen. In Deutschland findet man manchmal [[Gefangenschaftsflüchtling]]e, die jedoch kaum den Winter überleben.
== Merkmale ==

Wellensittiche der Wildform sind rund 18&nbsp;cm lang<ref name="Forshaw631" /> und weisen keinen auffallenden [[Geschlechtsdimorphismus]] auf.<ref name="Enehjelm15" /> [[Weibchen]] sind geringfügig schwerer und erreichen ein Körpergewicht zwischen 24 und 40 Gramm, während [[Männchen]] der Wildform zwischen 22 und 32 Gramm wiegen.<ref name="Forshaw631" /> Die Geschlechter lassen sich vor allem anhand der Farbe der [[Wachshaut]] unterscheiden, die bei der Wildform bei den Männchen blau und bei den Weibchen braun ist.
[[Datei:Wellensittich maennchen wildfarben.jpg|mini|Wildfarbener Wellensittich, Männchen]]
Wellensittiche besitzen eine leuchtend grüne Grundfärbung, die von einer schwarzen Querbänderung, den namensgebenden Wellen, überlagert wird. Die Bänderung beginnt am Vorkopf. Das Wellenmuster ist auf Kopf und Vorderrücken sehr fein und geht auf den Flügeldecken in breite Querstreifen über. Die Stirn, die Augenregion, die Kehle und die vordere Wangenhälfte sind gelb. An den Wangen besitzen sie je einen blauen Fleck, über der Kehle finden sich vier bis sechs schwarze rundliche Flecken. Bei Mutationsformen kann die Zahl der Kehlflecken abweichen.

Die Unterflügeldecken sind grün, der Schwanz grünlichblau und die äußeren Federn kürzermittig mit gelbem Band. Die Füße sind gräulichblau.<ref>Robilier 1997, S. 58</ref> Unter [[Ultraviolettstrahlung]] [[Fluoreszenz|fluoreszieren]] einige Federn des Kopfgefieders bei der Wildform, nicht aber bei blauen und weißen Zuchtformen, schwefelgelb.<ref>Völker 1937</ref> Wellensittiche sind [[Tetrachromat]]en und UV-sichtig.<ref>Pearn, Bennett, Cuthill 2001, S. 2273–2279; Ödeen, Håstad 2003, S. 855–861.</ref>

Jungvögel sind insgesamt etwas matter als die adulten Vögel gefärbt. Die Wellenzeichnung beginnt bei ihnen bereits auf Stirn und Vorscheitel.<ref name="Lantermann422" /> Die schwarzen Flecken auf der Kehle sind verwischt oder fehlen sogar ganz. Sie unterscheiden sich von den adulten Wellensittichen durch eine rosaviolette Färbung der Wachshaut, eine dunkle [[Sclera|Augenhaut]] und [[Iris (Auge)|Iris]].

== Verbreitung ==
[[Datei:Budgerigar map.png|mini|Natürliches Verbreitungsgebiet]]
[[Datei:Verbreitungsgebiet Wellensittiche.svg|mini|Verbreitungsgebiet der Wellensittiche in [[Australien]]]]

Der Wellensittich zählt zur [[Fauna Australiens]] und ist in seiner natürlichen Verbreitung auf den [[Australien (Kontinent)|australischen Kontinent]] beschränkt. Er ist Nomade und Bewohner des australischen [[Outback]]s und seiner Randzonen.<ref>Esther Wullschleger Schättin: ''Wellensittiche verstehen und artgerecht halten''. Nature Themes 2008. S.&nbsp;21.</ref> Er besiedelt fast das ganze australische Festland und fehlt nur im äußersten Südwesten, auf der mit tropischem Regenwald bestandenen [[Kap-York-Halbinsel]] und in den meisten Küstenregionen Nord- und Ostaustraliens.<ref>Forshaw, S. 631 und S. 632</ref> Es gibt Sichtungen von Wellensittichen in [[Tasmanien]]. Dabei handelt es sich aber um [[Gefangenschaftsflüchtling]]e.<ref name="Lantermann422" />

In Regionen, in denen Wasser und Nahrung ganzjährig zur Verfügung stehen, ist der Wellensittich ein [[Standvogel]]. Dies ist beispielsweise im nördlichen Ostaustralien der Fall.<ref name="Forshaw636" /> Die unregelmäßigen Niederschläge und die Abhängigkeit der Wellensittiche von Samen von Bodendeckerpflanzen wie Gras zwingen die Wellensittiche jedoch in den meisten australischen Regionen zu einem nomadischen Leben. Inwieweit die Wanderungen des Wellensittichs einer saisonal bedingten Nord-Süd-Richtung unterliegen oder sie nur opportunistisch nomadisieren, ist nach wie vor strittig.<ref name="Forshaw636" /> Es gibt Indizien, die darauf hinweisen, dass ältere und damit erfahrenere Wellensittiche traditionelle Nahrungsgründe auf diesen Wanderungen aufsuchen. Unerfahrene Sittiche folgen ihnen entweder oder vagabundieren ungerichtet auf der Suche nach geeigneten Nahrungsgründen.<ref name="Forshaw636" /> Ziehende Wellensittiche legen auf ihren Wanderungen immer nur verhältnismäßig kurze Strecken zurück. Sie sind im Freiland nicht in der Lage, größere Fettdepots aufzubauen, sodass ihnen keine lang anhaltenden Flüge möglich sind. Wellensittiche fliegen maximal drei Stunden ohne Unterbrechung und können in dieser Zeit etwa 100 Kilometer zurücklegen.<ref name="Forshaw637" />

Verwilderte Bestände in [[Kuwait]]<ref name="IUCN" /> und [[Florida]]<ref name="Butler2005" /> existieren nicht mehr.


== Lebensraum ==
== Lebensraum ==
[[Datei:Spinifex Savanna Central Australia.jpg|mini|''Spinifex''-Savanne in Zentral-Australien, ein Habitat von Wellensittichen]]
Ursprungsgebiet der Wellensittiche sind die Grassteppen Australiens. Nomadengleich ziehen sie Regenfällen hinterher von Wasserstelle zu Wasserstelle. Tagsüber sind die in großen Schwärmen lebenden Vögel mit der Futtersuche am Boden beschäftigt. Mittags ziehen sie sich zum Schutz vor der meist großen Hitze in Baumkronen zurück, wo sie auch nachts zu finden sind.


Wellensittiche besiedeln eine Vielzahl [[Arides Klima|arider]] und [[semiarid]]er Habitate: mit [[Stachelkopfgräser]]n bewachsene Sanddünen, Ebenen mit vereinzelten Bäumen und [[Melden]]- oder [[Maireana]]bewuchs, [[Akazien]]buschland, Mallee-Strauchland, Baumsavannenreste und Waldinseln in Farmland. Sie meiden dagegen Waldgebiete.<ref>Lantermann, S. 422</ref> Bevorzugte Baumarten sind die an [[saison]]alen Wasserläufen verbreiteten [[Eukalypten]] (''[[Eucalyptus microthera]]'' und ''[[Eucalyptus camaldulensis]]''). Wellensittiche bewohnen auch Golfplätze. Obwohl sie in Experimenten ohne zusätzliche Wassergabe überleben konnten, bevorzugen sie Habitate in der Nähe von Wasserläufen und Wasserstellen.<ref>Forshaw 2003, S. 632, S. 634</ref> Wellensittiche profitieren auch durch die Anlage von Wasserstellen für die Zucht von Rindern und Schafen.<ref name="Lantermann423" />
Zur Brutzeit besiedeln Elterntiere alte, ausgehöhlte Bäume. Das Weibchen bebrütet das Gelege von ca. 4 Eiern etwa 18 Tage lang, während es vom Männchen versorgt wird. Junge Wellensittiche sind [[Nesthocker]] und werden mit etwa 4-5 Wochen flügge.


== Geschichte ==
== Nahrung ==
[[Datei:Atriplex prostrata seeds atpr 001 php.jpg|mini|Samen einer Melde]]
Der Wellensittich wurde angeblich vom Strafgefangenen und Künstler [[Thomas Watling]] entdeckt, der wegen des Fälschens von Banknoten [[1792]] in die Strafkolonie Australien deportiert worden war. [[1831]] gelangte das erste Mal ein ausgestopfter Wellensittich nach Europa.
[[Datei:Vogelfutter-Wellensittich.JPG|mini|[[Vogelfutter]]mischung für Wellensittiche]]


Wellensittiche sind extreme Nahrungsspezialisten, die sich vor allem von den Samen von Bodendeckerpflanzen ernähren.<ref name="Forshaw638" /> Bei Studien wurden die Samen von 21 bis 39 bodendeckenden Pflanzenarten, aber keine Samen von höher wachsenden Pflanzen nachgewiesen. Die Länge der Samen lag zwischen 0,5 und 2,5&nbsp;mm und das Gewicht je Same bei 0,36–1,33&nbsp;mg. Die Mehrzahl der Samen war ausgereift und wurde entspelzt verschluckt. Die immer wieder auftauchende Behauptung, für die Jungenaufzucht würden unreife Samen benötigt, ließ sich nicht belegen.<ref name="Forshaw638" /> Die Schnabelmorphologie ist an das Fressen von Samen angepasst und innerhalb der engeren Verwandtschaft der Wellensittiche eine Sonderentwicklung.<ref name="Homberger1980" /> Im Binnenland des mittleren Ostens Australiens wurde festgestellt, dass Wellensittiche nur Samen der Bodenvegetation mit einer Länge von 0,5 bis 2,5 mm fressen, wobei bis zu 39 Gras- und [[Gänsefüße|Chenopodiensamen-Arten]] bevorzugt sind.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.vogelbund.de/wellensittich/ |titel=Der Wellensittich - Melopsittacus undulatus |hrsg=[[Deutscher Kanarien- und Vogelzüchterbund]] |abruf=2022-06-08}}</ref>
1794 erwähnt [[George Shaw]] den Vogel erstmals in dem Buch "Zoology of New Holland" ([[Neuholland]] war ein vorläufiger Name [[Australien (Kontinent)|Australiens]]), die dafür verwendeten Exemplare erhielt er von einen der frühen Siedler, der sie in der Umgebung von Parramatta gesammelt hatte. 1805 beschrieb Shaw den Wellensittich erstmalig wissenschaftlich in "The Naturalist's Miscellany" unter dem Namen ''Psittacus undulatus'', darin ist auch die älteste wissenschaftliche Darstellung der Art von R.P. Nodder. Im Jahre 1840 gab der Zoologe [[John Gould]], der zugleich ein erstrangiger Illustrator inbesondere von Vögeln war, in seinem siebenbändigen Werk "The birds of Australia" dem Wellensittich seinen noch heute gültigen wissenschaftlichen Namen.


[[Datei:Melopsittacus undulatus flock 0.jpg|mini|Wellensittichschwarm in Australien (2012)]]
John Gould war es auch, der im gleichen Jahr vermutlich erstmals lebende Exemplare nach [[England]] einführte. Kurz darauf wurden große Wildfänge nach [[Europa]] importiert, wo sich später erste Zuchterfolge einstellten. In den folgenden Jahren nahm der Export von Wellensittichen so stark zu, dass [[1884]] von der australischen Regierung ein Exportverbot erlassen wurde. Dieses Gesetz gilt bis heute, obwohl der Wellensittich in Australien nicht zu den bedrohten Arten zählt.
[[Datei:Budgerigar carpet95.ogv|mini|Wellensittiche in [[South West Queensland]] (Australien)]]
Der Lebensraum im ariden Zentralaustralien zeigt wechselnde Umweltbedingungen, insbesondere bei den Niederschlägen, die häufig nur regional begrenzt auftreten oder über mehrere Jahre ausbleiben. Das Nahrungsangebot steht damit zumindest im Landesinneren in keinem Zusammenhang mit den Jahreszeiten. Die Wanderungsbewegung des Wellensittichs folgt dem Nahrungsangebot. Bemerkungen zur Wanderbewegung der Wellensittiche finden sich schon in den frühen Veröffentlichungen zu Wellensittichen, etwa bei Gould 1840. Wellensittiche benötigen als Nahrung und insbesondere für die Jungenaufzucht Samen, die nur in regenreichen Vegetationsperioden ausreichend vorhanden sind.<ref>Pohl-Apel 1980, S. 271</ref> Gerade durch ihr Kolonial- und Schwarmverhalten werden Wellensittiche in Dürreperioden als [[Schädling#Agrarschädlinge|Feldschädlinge]] angesehen, da sie reifende Getreidepflanzen gelegentlich angreifen.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.vogelbund.de/wellensittich/ |titel=Ernährung und Nahrungssuche von Wellensittichen |hrsg=[[Deutscher Kanarien- und Vogelzüchterbund]] |abruf=2022-06-08}}</ref>


== Verhalten und Fortpflanzung ==
{| width="250" style="float:right; margin-left:10px; margin-bottom:6px"
Wellensittiche leben zumindest zeitweise in großen Schwärmen und sind ausgesprochen [[Opportunität|opportunistische]] Brüter, die unabhängig von der Jahreszeit immer dann und solange brüten, wie günstige Bedingungen vorherrschen.<ref>Wyndham 1974 nach Pohl-Apel/Sossinka 1975 S. 210.</ref> Umherziehende, nichtbrütende Wellensittiche haben inaktive Fortpflanzungsorgane. Die Männchen haben kleinere Hoden, die keine reifen Spermien produzieren, und bei den Weibchen sind die Eierstöcke inaktiv und die Eileiter verkleinert.<ref>Esther Wullschleger Schättin: ''Wellensittiche verstehen und artgerecht halten''. Nature Themes 2008. S.&nbsp;38.</ref> Bei männlichen Wellensittichen sind bisher keine Nachweise für Reaktionen der [[Gonade]]n auf jahreszeitliche Unterschiede in der [[Infradiane Rhythmik|Fotoperiode]] bekannt, die bei den meisten Vögeln höherer Breiten den Zeitpunkt der Brut regulieren und sich oft auch bei äquatornahen Vogelarten ohne starke Wechsel in der Fotoperiode nachweisen lassen. Selbst experimentelle Kurz- und Langzeittage (17:7 Stunden), die deutlich extremer sind als im natürlichen Verbreitungsgebiet der Sittiche, führten nicht zu einer Hemmung oder Aktivierung der Gonaden und hatten keine Wirkung auf den Zeitpunkt des Eintretens der Geschlechtsreife.<ref name="Pohl210" /> Ausgewachsene Männchen weisen zumindest unter Laborbedingungen daueraktive Gonaden auf.<ref>Brockway 1964 nach Pohl-Apel 1980, S. 272.</ref>
| align="center" | [[Bild:Wellensittich.jpg|none|Wellensittich, Männchen]]<small>Wellensittich&nbsp;♂&nbsp;(''Melopsittacus&nbsp;undulatus''),&nbsp; Farbschlag [[Lacewing]]</small>
|}


Die frühe sexuelle Reife der Wellensittiche, besonders der Männchen, soll ein weiterer Mechanismus sein, der eine schnelle Anpassung an Brutbedingungen darstellt und so den Bruterfolg fördert.<ref name="Forshaw639" /> Daten, die in [[New South Wales]] zwischen 1972 und 1974 erhoben wurden, sprechen jedoch kaum für diese Hypothese, belegt ist dagegen ein eindeutiger Zusammenhang zwischen Nahrungsangebot und Bruterfolg. Nahrung muss danach mindestens drei Monate im Überfluss vorhanden sein.<ref name="Forshaw639" />
Mittlerweile wird der Vogel in zahlreichen Farbschlägen (blau, gelb, grau, weiß,...) gezüchtet. [[1872]] tauchten erstmals gelbe Tiere auf. Um [[1900]] kamen blaue hinzu, [[1920]] die ersten weißen Wellensittiche. Heute gibt es rund 100 "Standard-Farbschläge", die von den Zuchtverbänden anerkannt werden. Auf Vogelschauen wird der so genannte Standardwellensittlich zur Schau gestellt. Er ist deutlich größer als der normale Wellensittich.


Anhand der untersuchten Bruten scheint es tendenziell je nach Region unterschiedliche Brutzeiten zu geben. Vögel im Süden scheinen in den Frühjahrs- und Sommermonaten zwischen August und Februar zu brüten, nördliche Wellensittiche dagegen zu Beginn der Trockenzeit im Herbst und Winter. Bei geeigneten Bedingungen, die beispielsweise durch ergiebige Niederschläge gegeben sind, können die Sittiche jederzeit mit der Brut beginnen.<ref name="Forshaw638" />
== Haltung ==
Aufgrund seiner relativ leichten Züchtung war der Weg zur Haustierwerdung programmiert. Anfangs stellten Wellensittiche [[Ornithologe]]n jedoch vor Rätsel, da sie sich in Gefangenschaft einfach nicht vermehren wollten. Erst als durch Zufall herausgefunden wurde, dass Wellensittiche ihre Eier in Hohlräumen oder eben in den schon erwähnten hohlen Baumstämmen ablegen, stellten sich Zuchterfolge ein.


[[Datei:Melopsittacus undulatus -Cologne Zoo -pair-8a.jpg|mini|Wildfarbenes Pärchen im Kölner Zoo]]
Der Wellensittich zeichnet sich vor allem durch sein fröhliches Wesen und die verhältnismäßig problemlose Haltung aus. Ein Wellensittich kann unter guten Haltungsbedingungen bis zu 16 Jahre alt werden.
[[Datei:Melopsittacus undulatus mex180102p6.jpg|mini|Pärchen blauer Zuchtformen an einer künstlichen Nisthöhle. Das Weibchen erkennbar an der braunen [[Wachshaut|Nasenhaut]], das Männchen an der blauen.]]
[[Datei:Melopsittacus undulatus -chicks and eggs in a nest box-8a.jpg|mini|Frisch geschlüpfte Wellensittiche im [[Nistkasten]]]]
[[Datei:WellensitticheiP1040015.jpg|mini|Wellensittich-Ei im Größenvergleich zum Euro-Cent]]


Die paarweise in Schwärmen lebenden Wellensittiche sind wie nahezu alle Papageienvögel Höhlenbrüter und nisten normalerweise in Eukalyptusbäumen. Für den Brutplatz werden der Stamm, Astlöcher und andere Hohlräume benutzt. Die Wellensittichweibchen tragen kein neues Nestmaterial in die Bruthöhle, sondern räumen vorhandenes Material sogar hinaus.<ref>Esther Wullschleger Schättin: ''Wellensittiche verstehen und artgerecht halten''. Nature Themes 2008. S.&nbsp;38–39.</ref>
Grundsätzlich sollten diese geselligen Vögel mindestens paarweise gehalten werden.
Der Käfig hat im Idealfall ein Mindestmaß von 80x40x60 cm und der tägliche Freiflug ist unverzichtbar.


Das Weibchen demonstriert seine Paarungsbereitschaft durch eine an die Unterwürfigkeit von Jungtieren erinnernde kahnförmige Körperhaltung. Es duckt sich starr auf einen Ast, legt den Kopf nach hinten, senkt und spreizt die Flügel und hebt den Schwanz an.<ref>Dilger 1960 nach Lantermann 1999, S. 170</ref> Das Männchen steigt zuerst mit einem dann mit beiden Füßen auf das Weibchen, die Köpfe weisen in die gleiche Richtung. Die beiden Hinterteile nähern sich an, bis die beiden [[Kloake (Biologie)|Kloaken]] aneinander gedrückt werden können.<ref name="Lantermann170" />
Von einer Haltung im Freien ist unter dem hier vorherrschenden Klima grundsätzlich abzuraten, zumindest in der kälteren Jahreszeit. Bei entsprechender Eingewöhnung und witterungsgeschützter Unterbringung ist aber auch eine Überwinterung im Freien möglich, beispielsweise in einer [[Volière|Außenvolière]].


Ein Gelege besteht in der Regel aus vier bis sechs, in Ausnahmefällen aus acht Eiern.<ref name="Lantermann424" /> Die Eier werden vom Weibchen ab dem ersten Ei bebrütet. Nach rund 18 Tagen schlüpfen die Jungtiere und das Männchen versorgt das Weibchen mit Nahrungsbrei.<ref name="Lantermann424" /> Der eigentliche Schlupfvorgang dauert 20 Minuten.<ref name="Lantermann177" /> Wellensittichweibchen helfen den sehr hilflosen Küken beim Schlüpfen. Frisch geschlüpfte Küken wiegen rund 2 g.<ref name="Lantermann177" /> Nach 30–35 Tagen fliegen die Jungtiere aus.<ref>Lantermann 1999, S. 424 f.</ref>
Das Grundfutter besteht aus einer im Fachhandel erhältlichen ausgewogenen Körnermischung. Allerlei Sorten von Rispenhirse (als gelegentliches Leckerli, da sehr kalorienreich) und tägliche Gaben von Obst, wie Äpfel und Birnen, oder Gemüse, beispielsweise Gurke oder Karotte, runden den Speiseplan ab. Da der Wellensittich jedoch nicht alle Obst- und Gemüsesorten verträgt, sollte man vorher Erkundigungen einholen. Man sollte Wellensittiche von der menschlichen Nahrung fernhalten, weil manche die gern fressen. So gibt es Tiere die Käse, Nudeln, Gebäck und sogar Wurst naschen. Das macht dick und ist für die Vögel ungesund.


Bei Wellensittichen sind elf verschiedene Lautäußerungen belegt, worunter ein trillernder [[Kommunikation|Kontaktruf]] der uns vertrauteste ist. Weitere Rufe dienen zur Koordination von Formationsflügen, als [[Alarm]]rufe, als innerartliche Drohgebärden oder gehören zur [[Balz]].<ref name="Forshaw638" /><ref>Hörbeispiele finden sich hier [http://www.birds-online.de/verhalten/lautaeusserungen.htm]</ref> Wellensittiche lernen ihr ganzes Leben lang neue Laute. Sie übernehmen sie von ihren Artgenossen, aber auch von anderen Vogelarten. In [[Voliere]]n ahmen sie die Pfiffe anderer Vögel nach und integrieren sie in ihren Balzgesang. Sie imitieren auch die menschliche Sprache, „gewissermassen im Flüsterton und sind dabei meist recht schwer zu verstehen.“<ref>Esther Wullschleger Schättin: ''Wellensittiche verstehen und artgerecht halten''. Nature Themes 2008. S.&nbsp;91.</ref>
Das Wasser, das in einer Badewanne angeboten werden kann, ist mindestens einmal täglich zu wechseln. Es ist nicht unnormal, wenn der Vogel nicht baden will, dann kann man es mit einer "Dusche" versuchen (Wasser mit einer Sprühflasche oder den Fingern verspritzen).
Wellensittiche können Frequenzen zwischen 40 und 14000&nbsp;Hz hören.<ref>Lantermann 1999, S. 82</ref>


Wellensittiche sind schnelle und ausdauernde Flieger. Das ist an ihrer aerodynamischen Gestalt und den langen spitzen Flügeln zu erkennen. Die beiden mittleren [[Steuerfeder]]n stabilisieren den geradlinigen und schnellen Flug. Ihr Flugverhalten im Schwarm erinnert an die eleganten [[Star (Art)|Star]]<nowiki>enformationen</nowiki> mit den schnellen Richtungswechseln und den wellenartigen Flugbewegungen.<ref>Esther Wullschleger Schättin: ''Wellensittiche verstehen und artgerecht halten''. Nature Themes 2008. S.&nbsp;28.</ref>
Die Verwendung von Sand als Einstreu ist inzwischen umstritten, da dieser Verdauungsstörungen und Kropfreizungen verursachen kann. Alternativ kann man Buchenholzspäne verwenden oder den Käfig einfach mit Küchenrolle/Zeitung (kein buntes Hochglanzpapier, möglicherweise giftige Farben!) auslegen.


== Geschlechtsreife, Lebenserwartung ==
Wichtig ist, falls nicht mit Muschelgrit versetzter Sand benutzt wird, Grit in einer eigenen Schale anzubieten - er ist für die Verdauung unabdingbar. Die Einstreu muss mindestens einmal wöchentlich gewechselt werden. Grundsätzlich gilt: Bei starker Verschmutzung muss sie sofort ausgetauscht werden, da die Vögel ansonsten schnell krank werden können. So kann das Gefieder von Milben befallen werden.
[[Datei:Brehms Tierleben, Wellensittich.jpg|mini|hochkant|Abbildung aus ''[[Brehms Thierleben]]'' um 1880]]


Im Alter von 3 ½ bis 4 Monaten treten bei Wellensittichmännchen die ersten reifen Spermien auf.<ref name="Pohl210" /> Im Alter von 50 Tagen werden erste Kontakte zu anderen Wellensittichen gesucht, mit 70 Tagen zeigen sich Präferenzen für spätere Partnerschaften, mit 105 Tagen ist die Paarbildung vollzogen.<ref>Pohl-Apel 1978, S. 274.</ref> Ob Wellensittiche lebenslang mit demselben Vogel verpaart sind, ist umstritten.
Vor Zugluft sind Wellensittiche unbedingt zu schützen.


Wellensittiche können in Gefangenschaft durchschnittlich 10 bis 15 Jahre alt werden.<ref>Esther Wullschleger Schättin: ''Wellensittiche verstehen und artgerecht halten''. Nature Themes 2008. S.&nbsp;7.</ref> Aus Deutschland ist aber bekannt, dass die Hälfte aller gehaltenen Wellensittiche aufgrund von Haltungs- und Ernährungsfehlern bereits vor dem fünften Lebensjahr stirbt.<ref>Gaby Schulemann-Maier: ''birds-online - alles über Wellensittiche.'' Unterseite: ''Wie alt werden Wellensittiche?'' {{Webarchiv|url=http://www.birds-online.de/allgemein/alter.htm |wayback=20170806052645 |text=Archivierte Kopie |archiv-bot=2023-02-10 20:23:42 InternetArchiveBot }}</ref> Laut älteren Literaturangaben soll das Höchstalter zwischen 15 und 17 Jahren liegen.<ref name="Lantermann303" /> Für wildlebende Wellensittiche fehlen bisher genaue Lebensdaten, aber es wird angenommen, dass die Lebenserwartung aufgrund der vielen Feinde ([[Waran]]e, [[Graurücken-Krähenwürger]], Schlangen u.&nbsp;a.) im Vergleich zu anderen Papageienvögeln eher kurz ist.<ref>Esther Wullschleger Schättin: ''Wellensittiche verstehen und artgerecht halten''. Nature Themes 2008. S.&nbsp;43.</ref>
Weiteres Inventar: Gekauft werden sollte eine [[Sepia]]schale zum Abwetzen des Schnabels und/oder ein Mineralstein. Statt der handelsüblichen Plastiksitzstangen, die schwere Fußleiden verursachen können, sollten Naturäste in verschiedenen Durchmessern (nicht direkt vom Straßenrand) verwendet werden.


Wellensittiche gehören zu den [[Beutetier]]en einiger [[Greifvögel]], in Australien werden sie von [[Falken]], [[Habichte und Sperber|Habichten und Sperbern]] erlegt.<ref>Aumann 2001</ref> In Mitteleuropa werden Gefangenschaftsflüchtlinge Opfer etwa von [[Baumfalke]]n (bei einer Berliner Studie machten sie 9 % der Beutevögel aus), [[Wanderfalke]]n oder [[Habicht]]en.<ref>Zusammenstellung in: D. Franz: ''Europäische Freilandpapageien als Beute von Greifvögeln.'' In: ''Papageien.'' Band 10, 2006, S. 386–393.</ref>


== Gefährdung ==
Mit Spielsachen aus Kunststoff sollte eher gespart werden, jedoch spricht nichts gegen Zweige, an denen die Vögel auch nagen können. Plastikwellensittiche und Spiegel sind sehr umstritten und bei Einzelhaltung auf jeden Fall zusätzlich schädlich. Für im Schwarm gehaltene Vögel allerdings verlieren diese "Ersatzpartner" sowieso jede weitere Attraktivität.


Die [[IUCN]] (''International Union for Conservation of Nature''; deutsch „Internationale Union zur Bewahrung der Natur“) stuft die Wellensittiche als ungefährdet (''least concern'') ein.<ref name="IUCN" />
Wellensittiche sind Schwarmvögel und sollten deshalb niemals allein gehalten werden. Vielfach wird noch die irrige Meinung vertreten, dass er alleine auch glücklich ist. Das ist auf keinen Fall richtig. Denn der Mensch kann niemals ein Ersatzpartner für den Wellensittich sein, da der Wellensittiche für ihn typische soziale Verhaltensweisen nicht ausüben kann.
Die Tatsache, dass sich Wellensittiche in Einzelhaltung in besonderem Maße dem Menschen zuwenden, ist ein Zeichen von geistiger Verkümmerung und ist als solches schon als Krankheitszeichen anzusehen.
#


== Systematik ==
==Erkrankungen und Entstellungen==
[[Datei:Wellensittich gould 1840.jpg|mini|hochkant|Wellensittich, ausgewachsenes Männchen und Jungvogel, die zum Fressen auf Grashalmen sitzen. (John Gould 1840)]]
===Krankheiten===
[[Aspergillose]], [[Französische Mauser]], [[Legenot]] und [[Papageienkrankheit]].


[[George Shaw]] erwähnte 1794 den Vogel erstmals in dem Buch ''Zoology of New Holland''. Die dafür verwendeten Exemplare erhielt er von einem der frühen Siedler, der sie in der Umgebung von [[Parramatta]] gesammelt hatte. 1805 beschrieb Shaw den Wellensittich erstmals wissenschaftlich in ''The Naturalist’s Miscellany''. Darin findet sich auch die älteste wissenschaftliche Abbildung der Art von [[Frederick Polydore Nodder]], die auf dem [[Taxidermie|Balg]] des [[Natural History Museum|britischen Museums]] beruht.<ref name="Enehjelm23" /> Balgmaterial von Wellensittichen war zu Anfang selten, 1832 waren in Europa ganze zwei Bälge bekannt.<ref name="Enehjelm23" /> Der heute gültige Gattungsname wurde von [[John Gould]] 1840 in Band V seines Werks ''[[The Birds of Australia]]'' eingeführt, wo er auch über seine Freilandbeobachtungen schreibt. Seitdem trägt der Wellensittich den Namen ''Melopsittacus undulatus'' (Shaw 1805).<ref>Angaben zur wissenschaftlichen Bezeichnung: [http://www.zoonomen.org/ Zoonomen]</ref> Der Name leitet sich ab von [[Altgriechisch|gr.]] ''mélos'' „Gesang, Klagelied“, ''psittacus'' „Papagei oder Sittich“ und [[Latein|lat.]] ''undulatus'' „gewellt“.<ref>Strunden: ''Die Namen der Papageien und Sittiche.'' S. 57 und 75.</ref>
===Entstellungen und Behinderungen geistig sowie psychisch===
[[Bastard]], [[Featherduster]], [[Federbalgzysten]], [[Federmissbildungen]], [[Federrupfen]] und [[Inzucht]].


Der Wellensittich ist der einzige Vertreter seiner Gattung und besitzt keine Unterarten. Biochemische Untersuchungen haben eine enge Verwandtschaft zu den [[Grassittiche]]n (''Neophema'') belegt. Auch der Bau der [[Arteria carotis communis|Karotis-Arterien]] beider Gattungen geht auf denselben Grundtyp zurück.<ref name="Forshaw631" />
===Parasiten===

[[Rote Vogelmilbe]], [[Sittichräude]] (Befall mit Grabmilben) und [[Federlinge]].
== Jagd und Haltung ==
=== Jagd ===
Wellensittiche wurden wohl als [[Protein]]quelle von den australischen Ureinwohnern gejagt. Die [[Aborigines]] holten die Nestlinge aus den Bruthöhlen und schossen fliegende Vögel ab. Die englische Bezeichnung für Wellensittich, ''Budgerigar'' oder kurz ''Budgie'', soll seinen Ursprung in den Sprachen der Ureinwohner haben und in etwa „gut“ oder „Essen“ bedeuten. Die Bestände der Wellensittiche gerieten aber erst durch das Interesse der westlichen Welt unter Druck.<ref>Esther Wullschleger Schättin: ''Wellensittiche verstehen und artgerecht halten''. Nature Themes 2008. S.&nbsp;45.</ref>

=== Beginn der Haltung in Europa ===
[[Datei:Pierre-Auguste Renoir - La Femme à la perruche.jpg|mini|hochkant|1870 schon ein beliebter und allgemein bekannter Stubenvogel ([[Auguste Renoir]]: Frau mit Wellensittich, 1871)]]

1805 veröffentlichten [[George Shaw]] und sein [[Illustrator]] [[Frederick Polydore Nodder]] erstmals eine ausführliche Beschreibung des Wellensittichs. 1831 wurde ein ausgestopftes Exemplar in einem Londoner Museum gezeigt.<ref>Esther Wullschleger Schättin: ''Wellensittiche verstehen und artgerecht halten''. Nature Themes 2008. S.&nbsp;47.</ref> 1840 war es vermutlich John Gould, der erstmals lebende Exemplare nach [[England]] und damit nach [[Europa]] einführte. Seit diesem Zeitpunkt wurden mit jedem Schiff, das von Australien nach Europa fuhr, Wellensittiche transportiert.<ref name="Enehjelm22" /> Die Welterstzucht gelang Saulnier in Frankreich 1846, der Zoo in Antwerpen hatte 1850 Erfolg, 1855 gelang einer Privathalterin die deutsche Erstzucht.<ref>Bolle 1859, S. 302</ref> In den USA ist die Erstzucht erst für 1909 belegt.<ref name="Lantermann425" /> Durch eine Vogelausstellung in [[Antwerpen]] im Jahre 1850 wurde der Vogel in ganz Europa bekannt. Kurz darauf wurden große Zahlen an Wildfängen nach Europa importiert. Der erste Haltungsbericht, der als Pflegeanleitung verstanden werden kann, stammt von [[Jules Delon]], der 1854 für eine Versammlung der ''Societé Imperiale Zoologique d’Acclimation'' in Paris berichtete.<ref name="Enehjelm23" /> Ab etwa 1846/47 sind die Vögel häufiger im Handel zu finden.<ref>Jules Delon 1854 nach Enehjelm23</ref> Bereits 1859 war der Vogel in Deutschland zumindest in Großstädten unter dem Namen Undulatus-Papagei gemeinhin bekannt.<ref>Bolle 1859, S. 301</ref> Der Bedarf wurde zunächst durch Massenimporte gedeckt, was zu einem erheblichen Preisverfall führte.<ref name="Enehjelm24" /> Beispielsweise wurden von einem Londoner Händler vom 10. Februar bis zum 27. Juli 1878 14.069 Paare, von September 1878 bis Januar 1879 noch einmal 79.655 Paare verschifft.<ref>Enehjelm22f.</ref>
Diese Massenexporte fanden erst 1894 mit dem heute noch gültigen allgemeinen Ausfuhrverbot für Vögel aus Australien ein Ende.<ref name="Enehjelm23" /> Bereits um 1880 existierten kommerziell ausgerichtete Massenzuchten in England, Frankreich und Deutschland, [[Karl Ruß (Schriftsteller)|Karl Ruß]] schätzte die „Jahresproduktion“ in Deutschland 1880 auf 50.000 Tiere.<ref name="Enehjelm24" /> Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges und dem daraufhin zusammenbrechenden Vogelmarkt wurden beim französischen Großzüchter Bastide etwa 120.000 Wellensittiche getötet, da sie nun nicht mehr in den Verkauf gehen konnten.<ref name="Enehjelm25" />

Die Massenvermehrung erbrachte immer mehr Mutationsformen. 1878 züchtete ein Belgier die ersten himmelblauen Sittiche. Ob die erstmals von einem Belgier 1910 auf einer Ausstellung gezeigten ebenfalls himmelblauen Mutationsformen zu den Nachfahren dieser Sittiche gehören, ist ungeklärt, seitdem ist dieser Farbschlag durchgehend belegt.<ref name="Enehjelm25" /> Die Farbe Dunkelgrün folgte unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg, aus den dunkelgrünen Sittichen wurden olivgrüne gezüchtet.<ref name="Enehjelm25" /> Nahezu gleich alt sind auch kobaltblaue, mauve und weißblaue Zuchtformen.<ref name="Enehjelm26" /> Die ersten grauflügelblauen Sittiche wurden 1927/28 gezüchtet.<ref name="Enehjelm26" /> Gelbe („lutino“) Wellensittiche sind als Import eines aus dem Freiland stammenden Paares vom britischen Züchter Joseph Abrahams für das Jahr 1886 belegt.<ref name="Enehjelm17" />

Zunächst waren die Preise für Farbmutanten nicht sehr hoch; nachdem es jedoch in [[Japan]] eine große Nachfrage nach diesen Tieren gab, explodierten die Preise vor dem Zweiten Weltkrieg auf bis zu 175–200 Pfund pro Paar, ein Preisniveau, das bis dahin von kaum einer Tierart erreicht worden war.<ref name="Enehjelm26" />

=== Züchtervereinigungen und Wellensittiche als Objekt der Genetik ===
[[Datei:Melopsittacus undulatus flock.jpg|mini|Verschiedene heutige Zuchtformen]]
[[Datei:Handaufzucht Wellensittich Melopsittacus undulatus.jpg|thumb|[[Handaufzucht|Nothandaufzucht]] eines Wellensittich-Küken im Alter von zirka 14 Tagen]]

1925 wurde in England der bedeutende ''The Budgerigar Club'' gegründet, der 1957 weltweit mehrere zehntausend Mitglieder hatte.<ref>Enehjelm 1957, S. 171 f.</ref> Als erster deutscher Spezialverein für Wellensittichzüchter wurde 1926 der Deutsche Wellensittichzüchter-Verband (D.W.V.) als Unterabteilung der [[Vereinigung für Artenschutz, Vogelhaltung und Vogelzucht|Austauschzentrale der Vogelliebhaber und -züchter Deutschlands]] (AZ) gegründet.<ref name="Enehjelm117" /> In der Zuchtanlage von [[Carl Hubert Cremer]] und unter Beteiligung zahlreicher weiterer Züchter aus dem Kreis des D.W.V. konnte [[Hans Julius Duncker]] die Anwendbarkeit der [[Mendelsche Regeln|Mendelschen Regeln]] auf Wellensittiche und die Vererbung der Farbmutationen aufklären.<ref>Enehjelm171, Beispiel: H. Duncker: Über Farbenvererbung bei Wellensittichen (mit Demonstrationen). In: Molecular and General Genetics MGG Volume 50, Number 1 / Dezember 1929, S. 101–102</ref> Dies war nicht nur für die Mutationszucht von Wellensittichen (und anderen Papageienarten, bei denen Mutationszucht betrieben wird) ein wichtiger Schritt, sondern auch in der wissenschaftlichen [[Genetik]] selbst. Zeitgleich und unabhängig von Duncker arbeitete [[Hans Steiner (Zoologe)|Hans Steiner]] in der Schweiz an der Genetik der Mutationsformen.<ref name="Lantermann426" /> In den 1970er Jahren folgten Untersuchungen zur [[Ethologie]] der Wellensittiche,<ref>Etwa Harddy 1963 und 1965 nach Lantermann 1999, S. 117, 426</ref> die in der klassischen Verhaltensforschung nur stiefmütterlich bearbeitet wurden. Dieser späte Zeitpunkt wundert etwas, da schon [[Carl August Bolle]] 1859 über das intensive Paarverhalten der Sittiche geschrieben hatte.

Die [[Deutsche Standard-Wellensittich-Züchter-Vereinigung]] (DSV)<ref>Webseite des [http://www.dsv-ev.de/ DSV]</ref> wurde 1959 als Spezialverein, der sich ausschließlich mit der Haltung, Zucht und Ausstellung von Wellensittichen befasst, gegründet. Er ist Gründungsmitglied der [[World Budgerigar Organisation]] (WBO; deutsch: Welt-Wellensittich-Organisation).<ref>Website [http://world-budgerigar.org/ WBO]</ref>

Auf Vogelschauen wird heute der sogenannte Standardwellensittich zur Schau gestellt. Er ist mit 21,6&nbsp;cm deutlich größer als der normale Zuchtwellensittich, welcher bei den Züchtern als ''Hansi-Bubi'' bezeichnet wird. Die Zuchtstatistik der AZ weist für die Jahre 2002–2008 jährlich durchschnittlich ca. 20.000 Nachzuchten bei einigen tausend Zuchtpaaren aus.<ref>nach [http://www.azvogelzucht.de/content/nachzuchtstatistik_anzeigen.php?strUF=3046&jahr=2000 AZ (2000) Statistik]</ref> Eine seltene in Zuchten vorkommende Abweichung sind sogenannte [[Featherduster]].

=== Neue Importe und Nachzuchten der Wildform ===

Seit 2005 existiert in Deutschland ein neuer Zuchtstamm der australischen Wildform.<ref>nach [http://www.azvogelzucht.de/content/nachzuchtstatistik_anzeigen.php?strUF=3046&jahr=2005 AZ (2005) Statistik]</ref> Diese Sittiche können beispielsweise im [[Kölner Zoo]] besichtigt werden.<ref name="koeln">[http://www.zoodirektoren.de/index.php?option=com_k2&view=item&id=2573:wellensittich Wellensittich], website VdZ.</ref>


== Literatur ==
== Literatur ==
* Tom Aumann: ''An intraspecific and interspecific comparison of raptor diets in the south-west of the Northern Territory, Australia.'' In: ''Wildlife-Research.'' Band 28, Nr. 4, 2001, S. 379–393, [[doi:10.1071/WR99092]].
* [[Carl August Bolle|Carl Bolle]]: ''Beginnende Domestication des Undulatus-Papageien (Melopsittacus undulatus Gould).'' In: ''Journal für Ornithologie.'' Band 7, Nr. 4, Juli 1859, S. 299–308, [[doi:10.1007/BF02001121]] (Enthalten ist die Haltungsbeschreibung von Jules Delon und die Beschreibung der deutschen Erstzucht).
* [[Curt af Enehjelm]]: ''Das Buch vom Wellensittich.'' Pfungstadt 1957 (Bearbeitet von [[Joachim Steinbacher]]).
* [[Werner Lantermann]]: ''Papageienkunde. Biologie, Ökologie, Artenschutz, Verhalten, Haltung, Artenauswahl der Sittiche und Papageien.'' Paul Parey, Berlin, 1999, ISBN 3-8263-3174-5.
* [[Joseph Michael Forshaw|Joseph M. Forshaw]]: ''Australische Papageien.'' 1. deutschsprachige Auflage. Band 2, Arndt-Verlag, Bretten 2003, ISBN 3-9808245-2-7.
* Hans Steiner: ''Vererbungsstudien am Wellensittich.'' In: ''Archiv der Julius-Klaus-Stiftung für Vererbungsforschung, Sozialanthropologie und Rassenhygiene, Zürich.'' Band 7, Nr. 2, 1932, S. 149.
* Gunvor Pohl-Apel, Roland Sossinka: ''Gonadenentwicklung beim Wellensittich, Melopsittacus undulatus unter verschiedenen Lichtbedingungen.'' In: ''Journal für Ornithologie.'' Band 116, Nr. 2, April 1975, S. 207–212, [[doi:10.1007/BF01640956]].
* Gunvor Pohl-Apel: ''Sexuelle Ontogenese bei männlichen Wellensittichen Melopsittacus undulatus.'' In: ''Journal für Ornithologie.'' Band 121, Nr. 3, Juli 1980, S. 271–279, [[doi:10.1007/BF01647617]].
* Anders Ödeen, Olle Håstad: ''Complex Distribution of Avian Color Vision Systems Revealed by Sequencing the SWS1 Opsin from Total DNA.'' In: ''Molecular Biology and Evolution.'' Band 20, Nr. 6, 2003, S. 855–861, [[doi:10.1093/molbev/msg108]].
* Sophie M. Pearn, Andrew T. D. Bennett, Innes C. Cuthill: ''Ultraviolet vision, fluorescence and mate choice in a parrot budgerigar Melopsittacus undulatus.'' In: ''Proceedings of the Royal Society London B Biological Sciences.'' Band 268, 2001 S. 2273–2279, [[doi:10.1098/rspb.2001.1813]].
* Otto Völker: ''Über fluoreszierende, gelbe Federpigmente bei Papageien, eine neue Klasse von Federfarbstoffen.'' In: ''Journal für Ornithologie.'' Band 85, Nr. 1, 1937, S. 136–146, [[doi:10.1007/BF01905492]].
* Esther Wullschleger Schättin: ''Wellensittiche verstehen und artgerecht halten''. Nature Theme 2008. ISBN 978-3-033-01217-2.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Commonscat|Melopsittacus undulatus|Wellensittiche}}
{{Wiktionary}}
* {{IUCN|Year=2023.1|ID=22685223|ScientificName=Melopsittacus undulatus|YearAssessed=2018|Assessor=BirdLife International|Download=18. April 2024}}
* {{Avibase|ID=D17D101A132D3FB2|ScientificName=Melopsittacus undulatus|CommonName=Wellensittich}}
* {{eBird.org |ID= budger |Name= Wellensittich (''Melopsittacus undulatus'')}}
* {{xeno-canto|ID=Melopsittacus-undulatus|ScientificName=Melopsittacus undulatus|Name=Wellensittich}}
* {{Encyclopedia of Life|ID=45510805|Name=Budgerigar|Wissenschaftlich=Melopsittacus undulatus}}
* [[Thomas Arndt]]: [http://www.arndt-verlag.com/projekt/birds_3.cgi?Desc=E150.htm&Pic=150_1.JPG Lexicon of Parrots]
* Gaby Schulemann-Maier: [http://www.birds-online.de/ birds-online - alles über Wellensittiche]
* [https://www.youtube.com/embed/491ckTu9948?feature=player_detailpage Dressierte Wellensittiche]
* [http://www.vogelfedern.de/wsi.htm Federn des Wellensittichs]


== Einzelnachweise ==
{{Wiktionary1|Wellensittich}}
<references>
{{Commons1|Melopsittacus undulatus}}
<ref name="Enehjelm15">
*[http://www.papageien-und-sittiche.de Alles über Haltung, Biologie und Schutz von Wellensittichen und ihren Verwandten ]
Enehjelm 1957, S. 15
*[http://www.wellensittich.de Wellensittich - Ratgeber und Infoseite ]
</ref>
*[http://www.birds-online.de Birds Online - alles über Wellensittiche ]
<ref name="Enehjelm17">
*[http://www.wellensittichbilderbuch.de Online Fachbilderbuch]
Enehjelm 1957, S. 17
*[http://www.vwfd.de Verein der Wellensittichfreunde Deutschland e.V. ]
</ref>
*[http://www.carmen-spengler.de Wellensittich-Home - Haltung, Ernährung, Pflege ]
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*[http://www.wellensittich.ch.tt Schweizer Züchter]
Enehjelm 1957, S. 22
[[Kategorie:Heimtier]]
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[[Kategorie:Papageien]]
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Pohl-Apel, Sossinka 1975 S. 210.
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<ref name="Butler2005">
{{Literatur |Autor=Christopher J. Butler |Titel=Feral Parrots in the Continental United States and United Kingdom: Past, Present, and Future |Sammelwerk=Journal of Avian Medicine and Surgery |Band=19 |Nummer=2 |Datum=2005 |Seiten=142–149 (hier: S. 143f.) |DOI=10.1647/183 |JSTOR=27823421 |Kommentar= |Online=https://www.researchgate.net/profile/Chris-Butler-2/publication/232688408_Feral_Parrots_in_the_Continental_United_States_and_United_Kingdom_Past_Present_and_Future/links/54d3d3750cf25013d026c4f9/Feral-Parrots-in-the-Continental-United-States-and-United-Kingdom-Past-Present-and-Future.pdf |Format=PDF |KBytes=142 |Abruf=2024-01-11}}
</ref>
<ref name="Homberger1980">
Dominique G. Homberger: ''Funktionell-morphologische Untersuchungen zur Radiation der Ernährung- und Trinkmethoden der Papageien.'' Dissertation der Philosophischen Fakultät II der Universität Zürich, Bonn 1980, ISBN 3-925382-13-5, S. 80.
</ref>
</references>


{{Lesenswert|20. Juni 2009|61341434}}
[[cs:Andulka vlnkovaná]]

[[en:Budgerigar]]
{{Normdaten|TYP=s|GND=4065320-1|LCCN=sh/85/17599}}
[[he:תוכון גלוני]]

[[nl:Grasparkiet]]
[[Kategorie:Altweltpapageien]]
[[sv:Undulat]]
[[Kategorie:Heimtier]]
[[tr:Muhabbetkuşu]]
[[Kategorie:Wikipedia:Artikel mit Video]]
[[zh:&#34382;&#30382;&#40550;&#40521;]]
[[Kategorie:Endemisches Tier Australiens]]

Aktuelle Version vom 25. Mai 2025, 13:18 Uhr

Wellensittich

Wellensittich (Melopsittacus undulatus), Weibchen im natürlichen Habitat in Australien

Systematik
Ordnung: Papageien (Psittaciformes)
Familie: Altweltpapageien (Psittaculidae)
Unterfamilie: Loriinae
Tribus: Melopsittacini
Gattung: Melopsittacus
Art: Wellensittich
Wissenschaftlicher Name der Tribus
Melopsittacini
Bonaparte, 1857
Wissenschaftlicher Name der Gattung
Melopsittacus
Gould, 1840
Wissenschaftlicher Name der Art
Melopsittacus undulatus
(Shaw, 1805)

Der Wellensittich (Melopsittacus undulatus) ist eine Vogelart, die zur Familie der Altweltpapageien (Psittacidae) gehört. Es handelt sich um kleine Vögel mit einem schmalen, stark stufigen Schwanz. Das Gefieder beider Geschlechter hat die gleiche Färbung. Jungvögel ähneln den adulten Vögeln. Wellensittiche sind im Freiland die am häufigsten vorkommende Papageienart Australiens, die Häufigkeit ist aufgrund der uneinheitlichen klimatischen Bedingungen jedoch regional verschieden. Wegen der zunehmenden Weidewirtschaft, in deren Folge zahlreiche Viehtränken eingerichtet wurden, verbesserten sich ihre Überlebensmöglichkeiten in vielen der ariden Regionen Australiens. Dies hat teilweise zu einem deutlichen Anstieg der Individuenzahl geführt.

In ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet leben Wellensittiche in teils sehr großen Schwärmen. Sie fallen durch ihr Fluggeräusch sowie durch ihre trillernden Kontaktrufe auf. In klimatisch günstigen Regionen sind Wellensittiche Standvögel. In Trockenklimaten ziehen sie weiter, wenn die Wasserstellen austrocknen.

Wellensittiche werden in Europa seit 1840 als Ziervögel gehalten. Bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde der Vogel in großer Zahl gezüchtet, um die Nachfrage nach dieser Art zu befriedigen. Heute ist der Wellensittich die vermutlich am häufigsten gehaltene Papageienart weltweit. Es existieren zahlreiche in Größe, Farbe und Gefiedermerkmalen von der Wildform abweichende Zuchtformen.

Merkmale

Wellensittiche der Wildform sind rund 18 cm lang[1] und weisen keinen auffallenden Geschlechtsdimorphismus auf.[2] Weibchen sind geringfügig schwerer und erreichen ein Körpergewicht zwischen 24 und 40 Gramm, während Männchen der Wildform zwischen 22 und 32 Gramm wiegen.[1] Die Geschlechter lassen sich vor allem anhand der Farbe der Wachshaut unterscheiden, die bei der Wildform bei den Männchen blau und bei den Weibchen braun ist.

Wildfarbener Wellensittich, Männchen

Wellensittiche besitzen eine leuchtend grüne Grundfärbung, die von einer schwarzen Querbänderung, den namensgebenden Wellen, überlagert wird. Die Bänderung beginnt am Vorkopf. Das Wellenmuster ist auf Kopf und Vorderrücken sehr fein und geht auf den Flügeldecken in breite Querstreifen über. Die Stirn, die Augenregion, die Kehle und die vordere Wangenhälfte sind gelb. An den Wangen besitzen sie je einen blauen Fleck, über der Kehle finden sich vier bis sechs schwarze rundliche Flecken. Bei Mutationsformen kann die Zahl der Kehlflecken abweichen.

Die Unterflügeldecken sind grün, der Schwanz grünlichblau und die äußeren Federn kürzermittig mit gelbem Band. Die Füße sind gräulichblau.[3] Unter Ultraviolettstrahlung fluoreszieren einige Federn des Kopfgefieders bei der Wildform, nicht aber bei blauen und weißen Zuchtformen, schwefelgelb.[4] Wellensittiche sind Tetrachromaten und UV-sichtig.[5]

Jungvögel sind insgesamt etwas matter als die adulten Vögel gefärbt. Die Wellenzeichnung beginnt bei ihnen bereits auf Stirn und Vorscheitel.[6] Die schwarzen Flecken auf der Kehle sind verwischt oder fehlen sogar ganz. Sie unterscheiden sich von den adulten Wellensittichen durch eine rosaviolette Färbung der Wachshaut, eine dunkle Augenhaut und Iris.

Verbreitung

Natürliches Verbreitungsgebiet
Verbreitungsgebiet der Wellensittiche in Australien

Der Wellensittich zählt zur Fauna Australiens und ist in seiner natürlichen Verbreitung auf den australischen Kontinent beschränkt. Er ist Nomade und Bewohner des australischen Outbacks und seiner Randzonen.[7] Er besiedelt fast das ganze australische Festland und fehlt nur im äußersten Südwesten, auf der mit tropischem Regenwald bestandenen Kap-York-Halbinsel und in den meisten Küstenregionen Nord- und Ostaustraliens.[8] Es gibt Sichtungen von Wellensittichen in Tasmanien. Dabei handelt es sich aber um Gefangenschaftsflüchtlinge.[6]

In Regionen, in denen Wasser und Nahrung ganzjährig zur Verfügung stehen, ist der Wellensittich ein Standvogel. Dies ist beispielsweise im nördlichen Ostaustralien der Fall.[9] Die unregelmäßigen Niederschläge und die Abhängigkeit der Wellensittiche von Samen von Bodendeckerpflanzen wie Gras zwingen die Wellensittiche jedoch in den meisten australischen Regionen zu einem nomadischen Leben. Inwieweit die Wanderungen des Wellensittichs einer saisonal bedingten Nord-Süd-Richtung unterliegen oder sie nur opportunistisch nomadisieren, ist nach wie vor strittig.[9] Es gibt Indizien, die darauf hinweisen, dass ältere und damit erfahrenere Wellensittiche traditionelle Nahrungsgründe auf diesen Wanderungen aufsuchen. Unerfahrene Sittiche folgen ihnen entweder oder vagabundieren ungerichtet auf der Suche nach geeigneten Nahrungsgründen.[9] Ziehende Wellensittiche legen auf ihren Wanderungen immer nur verhältnismäßig kurze Strecken zurück. Sie sind im Freiland nicht in der Lage, größere Fettdepots aufzubauen, sodass ihnen keine lang anhaltenden Flüge möglich sind. Wellensittiche fliegen maximal drei Stunden ohne Unterbrechung und können in dieser Zeit etwa 100 Kilometer zurücklegen.[10]

Verwilderte Bestände in Kuwait[11] und Florida[12] existieren nicht mehr.

Lebensraum

Spinifex-Savanne in Zentral-Australien, ein Habitat von Wellensittichen

Wellensittiche besiedeln eine Vielzahl arider und semiarider Habitate: mit Stachelkopfgräsern bewachsene Sanddünen, Ebenen mit vereinzelten Bäumen und Melden- oder Maireanabewuchs, Akazienbuschland, Mallee-Strauchland, Baumsavannenreste und Waldinseln in Farmland. Sie meiden dagegen Waldgebiete.[13] Bevorzugte Baumarten sind die an saisonalen Wasserläufen verbreiteten Eukalypten (Eucalyptus microthera und Eucalyptus camaldulensis). Wellensittiche bewohnen auch Golfplätze. Obwohl sie in Experimenten ohne zusätzliche Wassergabe überleben konnten, bevorzugen sie Habitate in der Nähe von Wasserläufen und Wasserstellen.[14] Wellensittiche profitieren auch durch die Anlage von Wasserstellen für die Zucht von Rindern und Schafen.[15]

Nahrung

Samen einer Melde
Vogelfuttermischung für Wellensittiche

Wellensittiche sind extreme Nahrungsspezialisten, die sich vor allem von den Samen von Bodendeckerpflanzen ernähren.[16] Bei Studien wurden die Samen von 21 bis 39 bodendeckenden Pflanzenarten, aber keine Samen von höher wachsenden Pflanzen nachgewiesen. Die Länge der Samen lag zwischen 0,5 und 2,5 mm und das Gewicht je Same bei 0,36–1,33 mg. Die Mehrzahl der Samen war ausgereift und wurde entspelzt verschluckt. Die immer wieder auftauchende Behauptung, für die Jungenaufzucht würden unreife Samen benötigt, ließ sich nicht belegen.[16] Die Schnabelmorphologie ist an das Fressen von Samen angepasst und innerhalb der engeren Verwandtschaft der Wellensittiche eine Sonderentwicklung.[17] Im Binnenland des mittleren Ostens Australiens wurde festgestellt, dass Wellensittiche nur Samen der Bodenvegetation mit einer Länge von 0,5 bis 2,5 mm fressen, wobei bis zu 39 Gras- und Chenopodiensamen-Arten bevorzugt sind.[18]

Wellensittichschwarm in Australien (2012)
Wellensittiche in South West Queensland (Australien)

Der Lebensraum im ariden Zentralaustralien zeigt wechselnde Umweltbedingungen, insbesondere bei den Niederschlägen, die häufig nur regional begrenzt auftreten oder über mehrere Jahre ausbleiben. Das Nahrungsangebot steht damit zumindest im Landesinneren in keinem Zusammenhang mit den Jahreszeiten. Die Wanderungsbewegung des Wellensittichs folgt dem Nahrungsangebot. Bemerkungen zur Wanderbewegung der Wellensittiche finden sich schon in den frühen Veröffentlichungen zu Wellensittichen, etwa bei Gould 1840. Wellensittiche benötigen als Nahrung und insbesondere für die Jungenaufzucht Samen, die nur in regenreichen Vegetationsperioden ausreichend vorhanden sind.[19] Gerade durch ihr Kolonial- und Schwarmverhalten werden Wellensittiche in Dürreperioden als Feldschädlinge angesehen, da sie reifende Getreidepflanzen gelegentlich angreifen.[20]

Verhalten und Fortpflanzung

Wellensittiche leben zumindest zeitweise in großen Schwärmen und sind ausgesprochen opportunistische Brüter, die unabhängig von der Jahreszeit immer dann und solange brüten, wie günstige Bedingungen vorherrschen.[21] Umherziehende, nichtbrütende Wellensittiche haben inaktive Fortpflanzungsorgane. Die Männchen haben kleinere Hoden, die keine reifen Spermien produzieren, und bei den Weibchen sind die Eierstöcke inaktiv und die Eileiter verkleinert.[22] Bei männlichen Wellensittichen sind bisher keine Nachweise für Reaktionen der Gonaden auf jahreszeitliche Unterschiede in der Fotoperiode bekannt, die bei den meisten Vögeln höherer Breiten den Zeitpunkt der Brut regulieren und sich oft auch bei äquatornahen Vogelarten ohne starke Wechsel in der Fotoperiode nachweisen lassen. Selbst experimentelle Kurz- und Langzeittage (17:7 Stunden), die deutlich extremer sind als im natürlichen Verbreitungsgebiet der Sittiche, führten nicht zu einer Hemmung oder Aktivierung der Gonaden und hatten keine Wirkung auf den Zeitpunkt des Eintretens der Geschlechtsreife.[23] Ausgewachsene Männchen weisen zumindest unter Laborbedingungen daueraktive Gonaden auf.[24]

Die frühe sexuelle Reife der Wellensittiche, besonders der Männchen, soll ein weiterer Mechanismus sein, der eine schnelle Anpassung an Brutbedingungen darstellt und so den Bruterfolg fördert.[25] Daten, die in New South Wales zwischen 1972 und 1974 erhoben wurden, sprechen jedoch kaum für diese Hypothese, belegt ist dagegen ein eindeutiger Zusammenhang zwischen Nahrungsangebot und Bruterfolg. Nahrung muss danach mindestens drei Monate im Überfluss vorhanden sein.[25]

Anhand der untersuchten Bruten scheint es tendenziell je nach Region unterschiedliche Brutzeiten zu geben. Vögel im Süden scheinen in den Frühjahrs- und Sommermonaten zwischen August und Februar zu brüten, nördliche Wellensittiche dagegen zu Beginn der Trockenzeit im Herbst und Winter. Bei geeigneten Bedingungen, die beispielsweise durch ergiebige Niederschläge gegeben sind, können die Sittiche jederzeit mit der Brut beginnen.[16]

Wildfarbenes Pärchen im Kölner Zoo
Pärchen blauer Zuchtformen an einer künstlichen Nisthöhle. Das Weibchen erkennbar an der braunen Nasenhaut, das Männchen an der blauen.
Frisch geschlüpfte Wellensittiche im Nistkasten
Wellensittich-Ei im Größenvergleich zum Euro-Cent

Die paarweise in Schwärmen lebenden Wellensittiche sind wie nahezu alle Papageienvögel Höhlenbrüter und nisten normalerweise in Eukalyptusbäumen. Für den Brutplatz werden der Stamm, Astlöcher und andere Hohlräume benutzt. Die Wellensittichweibchen tragen kein neues Nestmaterial in die Bruthöhle, sondern räumen vorhandenes Material sogar hinaus.[26]

Das Weibchen demonstriert seine Paarungsbereitschaft durch eine an die Unterwürfigkeit von Jungtieren erinnernde kahnförmige Körperhaltung. Es duckt sich starr auf einen Ast, legt den Kopf nach hinten, senkt und spreizt die Flügel und hebt den Schwanz an.[27] Das Männchen steigt zuerst mit einem dann mit beiden Füßen auf das Weibchen, die Köpfe weisen in die gleiche Richtung. Die beiden Hinterteile nähern sich an, bis die beiden Kloaken aneinander gedrückt werden können.[28]

Ein Gelege besteht in der Regel aus vier bis sechs, in Ausnahmefällen aus acht Eiern.[29] Die Eier werden vom Weibchen ab dem ersten Ei bebrütet. Nach rund 18 Tagen schlüpfen die Jungtiere und das Männchen versorgt das Weibchen mit Nahrungsbrei.[29] Der eigentliche Schlupfvorgang dauert 20 Minuten.[30] Wellensittichweibchen helfen den sehr hilflosen Küken beim Schlüpfen. Frisch geschlüpfte Küken wiegen rund 2 g.[30] Nach 30–35 Tagen fliegen die Jungtiere aus.[31]

Bei Wellensittichen sind elf verschiedene Lautäußerungen belegt, worunter ein trillernder Kontaktruf der uns vertrauteste ist. Weitere Rufe dienen zur Koordination von Formationsflügen, als Alarmrufe, als innerartliche Drohgebärden oder gehören zur Balz.[16][32] Wellensittiche lernen ihr ganzes Leben lang neue Laute. Sie übernehmen sie von ihren Artgenossen, aber auch von anderen Vogelarten. In Volieren ahmen sie die Pfiffe anderer Vögel nach und integrieren sie in ihren Balzgesang. Sie imitieren auch die menschliche Sprache, „gewissermassen im Flüsterton und sind dabei meist recht schwer zu verstehen.“[33] Wellensittiche können Frequenzen zwischen 40 und 14000 Hz hören.[34]

Wellensittiche sind schnelle und ausdauernde Flieger. Das ist an ihrer aerodynamischen Gestalt und den langen spitzen Flügeln zu erkennen. Die beiden mittleren Steuerfedern stabilisieren den geradlinigen und schnellen Flug. Ihr Flugverhalten im Schwarm erinnert an die eleganten Starenformationen mit den schnellen Richtungswechseln und den wellenartigen Flugbewegungen.[35]

Geschlechtsreife, Lebenserwartung

Abbildung aus Brehms Thierleben um 1880

Im Alter von 3 ½ bis 4 Monaten treten bei Wellensittichmännchen die ersten reifen Spermien auf.[23] Im Alter von 50 Tagen werden erste Kontakte zu anderen Wellensittichen gesucht, mit 70 Tagen zeigen sich Präferenzen für spätere Partnerschaften, mit 105 Tagen ist die Paarbildung vollzogen.[36] Ob Wellensittiche lebenslang mit demselben Vogel verpaart sind, ist umstritten.

Wellensittiche können in Gefangenschaft durchschnittlich 10 bis 15 Jahre alt werden.[37] Aus Deutschland ist aber bekannt, dass die Hälfte aller gehaltenen Wellensittiche aufgrund von Haltungs- und Ernährungsfehlern bereits vor dem fünften Lebensjahr stirbt.[38] Laut älteren Literaturangaben soll das Höchstalter zwischen 15 und 17 Jahren liegen.[39] Für wildlebende Wellensittiche fehlen bisher genaue Lebensdaten, aber es wird angenommen, dass die Lebenserwartung aufgrund der vielen Feinde (Warane, Graurücken-Krähenwürger, Schlangen u. a.) im Vergleich zu anderen Papageienvögeln eher kurz ist.[40]

Wellensittiche gehören zu den Beutetieren einiger Greifvögel, in Australien werden sie von Falken, Habichten und Sperbern erlegt.[41] In Mitteleuropa werden Gefangenschaftsflüchtlinge Opfer etwa von Baumfalken (bei einer Berliner Studie machten sie 9 % der Beutevögel aus), Wanderfalken oder Habichten.[42]

Gefährdung

Die IUCN (International Union for Conservation of Nature; deutsch „Internationale Union zur Bewahrung der Natur“) stuft die Wellensittiche als ungefährdet (least concern) ein.[11]

Systematik

Wellensittich, ausgewachsenes Männchen und Jungvogel, die zum Fressen auf Grashalmen sitzen. (John Gould 1840)

George Shaw erwähnte 1794 den Vogel erstmals in dem Buch Zoology of New Holland. Die dafür verwendeten Exemplare erhielt er von einem der frühen Siedler, der sie in der Umgebung von Parramatta gesammelt hatte. 1805 beschrieb Shaw den Wellensittich erstmals wissenschaftlich in The Naturalist’s Miscellany. Darin findet sich auch die älteste wissenschaftliche Abbildung der Art von Frederick Polydore Nodder, die auf dem Balg des britischen Museums beruht.[43] Balgmaterial von Wellensittichen war zu Anfang selten, 1832 waren in Europa ganze zwei Bälge bekannt.[43] Der heute gültige Gattungsname wurde von John Gould 1840 in Band V seines Werks The Birds of Australia eingeführt, wo er auch über seine Freilandbeobachtungen schreibt. Seitdem trägt der Wellensittich den Namen Melopsittacus undulatus (Shaw 1805).[44] Der Name leitet sich ab von gr. mélos „Gesang, Klagelied“, psittacus „Papagei oder Sittich“ und lat. undulatus „gewellt“.[45]

Der Wellensittich ist der einzige Vertreter seiner Gattung und besitzt keine Unterarten. Biochemische Untersuchungen haben eine enge Verwandtschaft zu den Grassittichen (Neophema) belegt. Auch der Bau der Karotis-Arterien beider Gattungen geht auf denselben Grundtyp zurück.[1]

Jagd und Haltung

Jagd

Wellensittiche wurden wohl als Proteinquelle von den australischen Ureinwohnern gejagt. Die Aborigines holten die Nestlinge aus den Bruthöhlen und schossen fliegende Vögel ab. Die englische Bezeichnung für Wellensittich, Budgerigar oder kurz Budgie, soll seinen Ursprung in den Sprachen der Ureinwohner haben und in etwa „gut“ oder „Essen“ bedeuten. Die Bestände der Wellensittiche gerieten aber erst durch das Interesse der westlichen Welt unter Druck.[46]

Beginn der Haltung in Europa

1870 schon ein beliebter und allgemein bekannter Stubenvogel (Auguste Renoir: Frau mit Wellensittich, 1871)

1805 veröffentlichten George Shaw und sein Illustrator Frederick Polydore Nodder erstmals eine ausführliche Beschreibung des Wellensittichs. 1831 wurde ein ausgestopftes Exemplar in einem Londoner Museum gezeigt.[47] 1840 war es vermutlich John Gould, der erstmals lebende Exemplare nach England und damit nach Europa einführte. Seit diesem Zeitpunkt wurden mit jedem Schiff, das von Australien nach Europa fuhr, Wellensittiche transportiert.[48] Die Welterstzucht gelang Saulnier in Frankreich 1846, der Zoo in Antwerpen hatte 1850 Erfolg, 1855 gelang einer Privathalterin die deutsche Erstzucht.[49] In den USA ist die Erstzucht erst für 1909 belegt.[50] Durch eine Vogelausstellung in Antwerpen im Jahre 1850 wurde der Vogel in ganz Europa bekannt. Kurz darauf wurden große Zahlen an Wildfängen nach Europa importiert. Der erste Haltungsbericht, der als Pflegeanleitung verstanden werden kann, stammt von Jules Delon, der 1854 für eine Versammlung der Societé Imperiale Zoologique d’Acclimation in Paris berichtete.[43] Ab etwa 1846/47 sind die Vögel häufiger im Handel zu finden.[51] Bereits 1859 war der Vogel in Deutschland zumindest in Großstädten unter dem Namen Undulatus-Papagei gemeinhin bekannt.[52] Der Bedarf wurde zunächst durch Massenimporte gedeckt, was zu einem erheblichen Preisverfall führte.[53] Beispielsweise wurden von einem Londoner Händler vom 10. Februar bis zum 27. Juli 1878 14.069 Paare, von September 1878 bis Januar 1879 noch einmal 79.655 Paare verschifft.[54] Diese Massenexporte fanden erst 1894 mit dem heute noch gültigen allgemeinen Ausfuhrverbot für Vögel aus Australien ein Ende.[43] Bereits um 1880 existierten kommerziell ausgerichtete Massenzuchten in England, Frankreich und Deutschland, Karl Ruß schätzte die „Jahresproduktion“ in Deutschland 1880 auf 50.000 Tiere.[53] Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges und dem daraufhin zusammenbrechenden Vogelmarkt wurden beim französischen Großzüchter Bastide etwa 120.000 Wellensittiche getötet, da sie nun nicht mehr in den Verkauf gehen konnten.[55]

Die Massenvermehrung erbrachte immer mehr Mutationsformen. 1878 züchtete ein Belgier die ersten himmelblauen Sittiche. Ob die erstmals von einem Belgier 1910 auf einer Ausstellung gezeigten ebenfalls himmelblauen Mutationsformen zu den Nachfahren dieser Sittiche gehören, ist ungeklärt, seitdem ist dieser Farbschlag durchgehend belegt.[55] Die Farbe Dunkelgrün folgte unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg, aus den dunkelgrünen Sittichen wurden olivgrüne gezüchtet.[55] Nahezu gleich alt sind auch kobaltblaue, mauve und weißblaue Zuchtformen.[56] Die ersten grauflügelblauen Sittiche wurden 1927/28 gezüchtet.[56] Gelbe („lutino“) Wellensittiche sind als Import eines aus dem Freiland stammenden Paares vom britischen Züchter Joseph Abrahams für das Jahr 1886 belegt.[57]

Zunächst waren die Preise für Farbmutanten nicht sehr hoch; nachdem es jedoch in Japan eine große Nachfrage nach diesen Tieren gab, explodierten die Preise vor dem Zweiten Weltkrieg auf bis zu 175–200 Pfund pro Paar, ein Preisniveau, das bis dahin von kaum einer Tierart erreicht worden war.[56]

Züchtervereinigungen und Wellensittiche als Objekt der Genetik

Verschiedene heutige Zuchtformen
Nothandaufzucht eines Wellensittich-Küken im Alter von zirka 14 Tagen

1925 wurde in England der bedeutende The Budgerigar Club gegründet, der 1957 weltweit mehrere zehntausend Mitglieder hatte.[58] Als erster deutscher Spezialverein für Wellensittichzüchter wurde 1926 der Deutsche Wellensittichzüchter-Verband (D.W.V.) als Unterabteilung der Austauschzentrale der Vogelliebhaber und -züchter Deutschlands (AZ) gegründet.[59] In der Zuchtanlage von Carl Hubert Cremer und unter Beteiligung zahlreicher weiterer Züchter aus dem Kreis des D.W.V. konnte Hans Julius Duncker die Anwendbarkeit der Mendelschen Regeln auf Wellensittiche und die Vererbung der Farbmutationen aufklären.[60] Dies war nicht nur für die Mutationszucht von Wellensittichen (und anderen Papageienarten, bei denen Mutationszucht betrieben wird) ein wichtiger Schritt, sondern auch in der wissenschaftlichen Genetik selbst. Zeitgleich und unabhängig von Duncker arbeitete Hans Steiner in der Schweiz an der Genetik der Mutationsformen.[61] In den 1970er Jahren folgten Untersuchungen zur Ethologie der Wellensittiche,[62] die in der klassischen Verhaltensforschung nur stiefmütterlich bearbeitet wurden. Dieser späte Zeitpunkt wundert etwas, da schon Carl August Bolle 1859 über das intensive Paarverhalten der Sittiche geschrieben hatte.

Die Deutsche Standard-Wellensittich-Züchter-Vereinigung (DSV)[63] wurde 1959 als Spezialverein, der sich ausschließlich mit der Haltung, Zucht und Ausstellung von Wellensittichen befasst, gegründet. Er ist Gründungsmitglied der World Budgerigar Organisation (WBO; deutsch: Welt-Wellensittich-Organisation).[64]

Auf Vogelschauen wird heute der sogenannte Standardwellensittich zur Schau gestellt. Er ist mit 21,6 cm deutlich größer als der normale Zuchtwellensittich, welcher bei den Züchtern als Hansi-Bubi bezeichnet wird. Die Zuchtstatistik der AZ weist für die Jahre 2002–2008 jährlich durchschnittlich ca. 20.000 Nachzuchten bei einigen tausend Zuchtpaaren aus.[65] Eine seltene in Zuchten vorkommende Abweichung sind sogenannte Featherduster.

Neue Importe und Nachzuchten der Wildform

Seit 2005 existiert in Deutschland ein neuer Zuchtstamm der australischen Wildform.[66] Diese Sittiche können beispielsweise im Kölner Zoo besichtigt werden.[67]

Literatur

  • Tom Aumann: An intraspecific and interspecific comparison of raptor diets in the south-west of the Northern Territory, Australia. In: Wildlife-Research. Band 28, Nr. 4, 2001, S. 379–393, doi:10.1071/WR99092.
  • Carl Bolle: Beginnende Domestication des Undulatus-Papageien (Melopsittacus undulatus Gould). In: Journal für Ornithologie. Band 7, Nr. 4, Juli 1859, S. 299–308, doi:10.1007/BF02001121 (Enthalten ist die Haltungsbeschreibung von Jules Delon und die Beschreibung der deutschen Erstzucht).
  • Curt af Enehjelm: Das Buch vom Wellensittich. Pfungstadt 1957 (Bearbeitet von Joachim Steinbacher).
  • Werner Lantermann: Papageienkunde. Biologie, Ökologie, Artenschutz, Verhalten, Haltung, Artenauswahl der Sittiche und Papageien. Paul Parey, Berlin, 1999, ISBN 3-8263-3174-5.
  • Joseph M. Forshaw: Australische Papageien. 1. deutschsprachige Auflage. Band 2, Arndt-Verlag, Bretten 2003, ISBN 3-9808245-2-7.
  • Hans Steiner: Vererbungsstudien am Wellensittich. In: Archiv der Julius-Klaus-Stiftung für Vererbungsforschung, Sozialanthropologie und Rassenhygiene, Zürich. Band 7, Nr. 2, 1932, S. 149.
  • Gunvor Pohl-Apel, Roland Sossinka: Gonadenentwicklung beim Wellensittich, Melopsittacus undulatus unter verschiedenen Lichtbedingungen. In: Journal für Ornithologie. Band 116, Nr. 2, April 1975, S. 207–212, doi:10.1007/BF01640956.
  • Gunvor Pohl-Apel: Sexuelle Ontogenese bei männlichen Wellensittichen Melopsittacus undulatus. In: Journal für Ornithologie. Band 121, Nr. 3, Juli 1980, S. 271–279, doi:10.1007/BF01647617.
  • Anders Ödeen, Olle Håstad: Complex Distribution of Avian Color Vision Systems Revealed by Sequencing the SWS1 Opsin from Total DNA. In: Molecular Biology and Evolution. Band 20, Nr. 6, 2003, S. 855–861, doi:10.1093/molbev/msg108.
  • Sophie M. Pearn, Andrew T. D. Bennett, Innes C. Cuthill: Ultraviolet vision, fluorescence and mate choice in a parrot budgerigar Melopsittacus undulatus. In: Proceedings of the Royal Society London B Biological Sciences. Band 268, 2001 S. 2273–2279, doi:10.1098/rspb.2001.1813.
  • Otto Völker: Über fluoreszierende, gelbe Federpigmente bei Papageien, eine neue Klasse von Federfarbstoffen. In: Journal für Ornithologie. Band 85, Nr. 1, 1937, S. 136–146, doi:10.1007/BF01905492.
  • Esther Wullschleger Schättin: Wellensittiche verstehen und artgerecht halten. Nature Theme 2008. ISBN 978-3-033-01217-2.
Commons: Wellensittiche – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Wellensittich – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. a b c Forshaw 2003, S. 631
  2. Enehjelm 1957, S. 15
  3. Robilier 1997, S. 58
  4. Völker 1937
  5. Pearn, Bennett, Cuthill 2001, S. 2273–2279; Ödeen, Håstad 2003, S. 855–861.
  6. a b Lantermann 1999, S. 422
  7. Esther Wullschleger Schättin: Wellensittiche verstehen und artgerecht halten. Nature Themes 2008. S. 21.
  8. Forshaw, S. 631 und S. 632
  9. a b c Forshaw 2003, S. 636
  10. Forshaw 2003, S. 637
  11. a b Melopsittacus undulatus in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN.
  12. Christopher J. Butler: Feral Parrots in the Continental United States and United Kingdom: Past, Present, and Future. In: Journal of Avian Medicine and Surgery. Band 19, Nr. 2, 2005, S. 142–149 (hier: S. 143 f.), doi:10.1647/183, JSTOR:27823421 (researchgate.net [PDF; 142 kB; abgerufen am 11. Januar 2024]).
  13. Lantermann, S. 422
  14. Forshaw 2003, S. 632, S. 634
  15. Lantermann 1999, S. 423
  16. a b c d Forshaw 2003, S. 638
  17. Dominique G. Homberger: Funktionell-morphologische Untersuchungen zur Radiation der Ernährung- und Trinkmethoden der Papageien. Dissertation der Philosophischen Fakultät II der Universität Zürich, Bonn 1980, ISBN 3-925382-13-5, S. 80.
  18. Der Wellensittich - Melopsittacus undulatus. Deutscher Kanarien- und Vogelzüchterbund, abgerufen am 8. Juni 2022.
  19. Pohl-Apel 1980, S. 271
  20. Ernährung und Nahrungssuche von Wellensittichen. Deutscher Kanarien- und Vogelzüchterbund, abgerufen am 8. Juni 2022.
  21. Wyndham 1974 nach Pohl-Apel/Sossinka 1975 S. 210.
  22. Esther Wullschleger Schättin: Wellensittiche verstehen und artgerecht halten. Nature Themes 2008. S. 38.
  23. a b Pohl-Apel, Sossinka 1975 S. 210.
  24. Brockway 1964 nach Pohl-Apel 1980, S. 272.
  25. a b Forshaw 2003, S. 639
  26. Esther Wullschleger Schättin: Wellensittiche verstehen und artgerecht halten. Nature Themes 2008. S. 38–39.
  27. Dilger 1960 nach Lantermann 1999, S. 170
  28. Lantermann 1999, S. 170
  29. a b Lantermann 1999, S. 424
  30. a b Lantermann 1999, S. 177
  31. Lantermann 1999, S. 424 f.
  32. Hörbeispiele finden sich hier [1]
  33. Esther Wullschleger Schättin: Wellensittiche verstehen und artgerecht halten. Nature Themes 2008. S. 91.
  34. Lantermann 1999, S. 82
  35. Esther Wullschleger Schättin: Wellensittiche verstehen und artgerecht halten. Nature Themes 2008. S. 28.
  36. Pohl-Apel 1978, S. 274.
  37. Esther Wullschleger Schättin: Wellensittiche verstehen und artgerecht halten. Nature Themes 2008. S. 7.
  38. Gaby Schulemann-Maier: birds-online - alles über Wellensittiche. Unterseite: Wie alt werden Wellensittiche? Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 6. August 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.birds-online.de
  39. Lantermann 1999, S. 303
  40. Esther Wullschleger Schättin: Wellensittiche verstehen und artgerecht halten. Nature Themes 2008. S. 43.
  41. Aumann 2001
  42. Zusammenstellung in: D. Franz: Europäische Freilandpapageien als Beute von Greifvögeln. In: Papageien. Band 10, 2006, S. 386–393.
  43. a b c d Enehjelm 1957, S. 23
  44. Angaben zur wissenschaftlichen Bezeichnung: Zoonomen
  45. Strunden: Die Namen der Papageien und Sittiche. S. 57 und 75.
  46. Esther Wullschleger Schättin: Wellensittiche verstehen und artgerecht halten. Nature Themes 2008. S. 45.
  47. Esther Wullschleger Schättin: Wellensittiche verstehen und artgerecht halten. Nature Themes 2008. S. 47.
  48. Enehjelm 1957, S. 22
  49. Bolle 1859, S. 302
  50. Lantermann 1999, S. 425
  51. Jules Delon 1854 nach Enehjelm23
  52. Bolle 1859, S. 301
  53. a b Enehjelm 1957, S. 24
  54. Enehjelm22f.
  55. a b c Enehjelm 1957, S. 25
  56. a b c Enehjelm 1957, S. 26
  57. Enehjelm 1957, S. 17
  58. Enehjelm 1957, S. 171 f.
  59. Enehjelm 1957, S. 117
  60. Enehjelm171, Beispiel: H. Duncker: Über Farbenvererbung bei Wellensittichen (mit Demonstrationen). In: Molecular and General Genetics MGG Volume 50, Number 1 / Dezember 1929, S. 101–102
  61. Lantermann 1999, S. 426
  62. Etwa Harddy 1963 und 1965 nach Lantermann 1999, S. 117, 426
  63. Webseite des DSV
  64. Website WBO
  65. nach AZ (2000) Statistik
  66. nach AZ (2005) Statistik
  67. Wellensittich, website VdZ.