Zum Inhalt springen

„Wsewolod Emiljewitsch Meyerhold“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
[ungesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
Einleitung: Foto mit besserer Auflösung
 
(174 dazwischenliegende Versionen von mehr als 100 Benutzern, die nicht angezeigt werden)
Zeile 1: Zeile 1:
[[Datei:Vsevolod Meyerhold.jpg|mini|Wsewolod Meyerhold]]
{{Überarbeiten}}


'''Vsevolod Emiljewitsch Meyerhold''' (* [[28. Januar]] [[1847]]; † [[12. Februar]] [[1940]]) war ein russischer Regisseur und Schauspieler und wird von vielen als Bühnengenie gesehen. Er war ein Reformer und Vorreiter des abstrakten Theaters, und einer der bedeutendsten Bühnenregiesseure des 20. Jahrhunderts.
'''Wsewolod Emiljewitsch Meyerhold''' ({{RuS|Всеволод Эмильевич Мейерхольд}}, wiss. [[Transliteration]] ''{{lang|ru-Latn|Vsevolod Ėmil'evič Mejerchol'd}}'', ursprünglich Karl Kasimir Theodor Meierhold; * {{JULGREGDATUM|9|2|1874|Link=1}} in [[Pensa]], [[Russisches Kaiserreich]]; † [[2. Februar]] [[1940]] in [[Moskau]], [[UdSSR]]) war ein [[Russland|russischer]] [[Regisseur]] und [[Schauspieler]]. Er war der Entwickler einer radikal antirealistischen Bühnenkunst und gilt als einer der bedeutendsten Theaterregisseure des 20. Jahrhunderts. Er wurde Opfer der [[Stalinsche Säuberungen|Stalinschen Säuberungen]].


==Leben und Werk==
== Leben ==


Wsewolod Meyerhold stammte aus einer [[Evangelisch-lutherische Russlanddeutsche|evangelisch-lutherischen]] Familie und war der Sohn des aus [[Preußen]] eingewanderten Weinhändlers Emil Meyerhold und dessen Ehefrau, der [[Deutsch-Balten|Deutsch-Baltin]] Alwina Van der Neese.<ref>{{Literatur |Autor=Edward Braun |Titel=Meyerhold: A Revolution in Theatre |Verlag=A&amp;C Black |Datum=1998-04-02 |ISBN=9781408148808 |Online=https://books.google.de/books?id=JYnaFmCj_QIC&pg=PA5&dq=Alvina+Emil+Meyerhold&hl=en&redir_esc=y#v=onepage&q=Alvina%20Emil%20Meyerhold&f=false |Abruf=2018-12-03}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Вадим Гаевский |Titel=Потусторонние встречи |Verlag=Новое Литературное Обозрение |Datum=2018-11-08 |ISBN=9785444810460 |Online=https://books.google.de/books?id=GL52DwAAQBAJ&pg=PT269&lpg=PT269&dq=%D0%BC%D0%B5%D0%B9%D0%B5%D1%80%D1%85%D0%BE%D0%BB%D1%8C%D0%B4+%D0%BB%D1%8E%D1%82%D0%B5%D1%80%D0%B0%D0%BD%D0%B8%D0%BD&source=bl&ots=xeeP5mX2_m&sig=qVk7STgq8xEzTG4NAaOo3ng__mY&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwiR6eqGsoTfAhVC2qQKHZlpCwcQ6AEwAnoECAMQAQ#v=onepage&q=%D0%BC%D0%B5%D0%B9%D0%B5%D1%80%D1%85%D0%BE%D0%BB%D1%8C%D0%B4%20%D0%BB%D1%8E%D1%82%D0%B5%D1%80%D0%B0%D0%BD%D0%B8%D0%BD&f=false |Abruf=2018-12-03}}</ref><ref>{{Literatur |Titel=Мейерхольд и его роковая любовь |Sammelwerk=АЛЕФ |Online=http://www.alefmagazine.com/pub3536.html |Abruf=2018-12-03}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.jewage.org/wiki/ru/Article:%D0%A0%D0%BE%D0%B4%D0%BE%D1%81%D0%BB%D0%BE%D0%B2%D0%BD%D0%B0%D1%8F_%D0%92_%D0%AD_%D0%9C%D0%B5%D0%B9%D0%B5%D1%80%D1%85%D0%BE%D0%BB%D1%8C%D0%B4%D0%B0 |titel=Родословная В.Э.Мейерхольда. (Выжимка автора из книги) |zugriff=2018-12-03 |sprache=ru}}</ref> Nachdem Wsewolod Meyerhold die Schule 1895 beendet hatte, nahm er das Studium der [[Rechtswissenschaft]] an der Moskauer [[Universität]] auf, das er jedoch abbrach. An seinem 21. Geburtstag konvertierte er zum [[Russisch-Orthodoxe Kirche|russisch-orthodoxen Christentum]] und nahm den Namen „Wsewolod Emiljewitsch“ an. In dieser Zeit heiratete er auch seine erste Frau, Olga Munt, mit der er drei Töchter hatte, darunter [[Irina Wsewolodowna Meyerhold|Irina Meyerhold]].
===1847-1898===
Vsevolod Meyerhold wurde 1847 als Karl Kazimir Theodor Meyerhold in Penza in eine russisch-deutsche Familie geboren. Sein Vater Emil Meyerhold war erfolgreich im Weingeschäft tötig. Nachdem er die Schule 1895 beendet hatte studierte er Rechtswissenschaft an der Universität von Moskau, das er jedoch abbrach. An seinem 21. Geburtstag konvertierte er zum russisch-orthodoxen Christentum und nahm den Namen Vsevolod Emiljewitsch an. Zu dieser Zeit heiratete er auch eine erste Frau, Olga Munt.


Seine Schauspielerkarriere begann mit dem Studium am ''[[Russische Akademie für Theaterkunst|Staatlichen Institut für Theaterkunst]]''. Er lernte unter anderem bei [[Wladimir Nemirowitsch-Dantschenko]]. Ab 1898 war Meyerhold Mitglied des Ensembles am [[Tschechow-Künstlertheater Moskau|Moskauer Künstlertheater]], wo er stark von [[Konstantin Sergejewitsch Stanislawski]] beeinflusst wurde und an vielen Produktionen mitwirkte.
===1898-1902===
Meyerhold wurde damals immer mehr von der Kunst des Theaters angezogen. Obwohl er schon als Jugendlicher an Laienaufführungen teilgenommen hatte wurde seine Leidenschaft für die Bühne jetzt ernst. Seine Schauspielerkarriere begann, als er an der Moskauer Art Theatre School anfing zu studieren. Sein Schauspiellehrer war der berümte Vladimir Nemirovich-Danchenko, der der Mitbegründer der Schule war. Ab 1898 arbeitete er am Moskauer Art Theatre als Schauspieler, wo er an vielen Produktionen mitwirkte.


Seine Karriere als [[Regisseur]] begann 1902. In den ersten Jahren war er stark am [[Realismus (Literatur)|Realismus]] orientiert, allerdings wandte er sich ab 1905 gänzlich davon ab. Er entwickelte einen innovativen [[Symbolismus (Literatur)|symbolistischen]] Stil.
===1902-1907===
Seine Karriere als Regisseur, für die er berühmt werden sollte, begann 1902 und dauerte über 37 Jahre und 290 Produktionen an. Obwohl er Anfangs noch am Realismus interessiert war, wandte er sich ca. 1905 gänzlich davon ab.
Meyerhold wurde zum erten russischen Regiesseur, der den Symbolismus in das Theatergeschehen einführte. Während seiner Zeit am St. Petersburger Vera Kommisarzhevskaya-Theater (1906-1907) entwickelte er eine enormes keatives Talent. Diese Periode seines Wirkens hat er in seinem ersten Buch ''Theatre: History and Techniques (1907)'' festgehalten.


[[Datei:Meyerhold reads Chekhov's The Seagull in 1898.jpg|mini|Der junge Meyerhold bei der Lektüre von [[Anton Pawlowitsch Tschechow|Tschechows]] ''[[Die Möwe|Möwe]]'']]
===1907-1918===
Bald inszenierte Meyerholf auch Aufführungen an den imperialen Theatern St. Petersburgs. Er führte klassische Stücke auf eine innovative Art auf und stellte umstritteten zeitgenössichen Autoren wie Fyodor Sologub, Zinaida Gippius und Alexander Blok in den Mittelpunkt. Seine Aufführungen waren oft durch viele verschiedene Einflüsse und Stilelemente geprägt. Er wirkte auch an verschiedenen Opernhäusern und schrieb 1913 sein zweites Buch ''On Theatre''.
Während seiner Zeit am [[Sankt Petersburg]]er ''[[Wera Fjodorowna Komissarschewskaja|Wera-Komisarschewskaja]]-Theater'' (1906–1907) reiften seine künstlerischen Fähigkeiten. Diese Periode seines Wirkens hat er in seinem ersten Buch ''Theatre: History and Techniques'' (1907) festgehalten. Bald [[Inszenierung|inszenierte]] Meyerhold auch Aufführungen an den staatlichen Theatern Sankt Petersburgs. Er führte klassische Stücke auf eine innovative Art auf und stellte umstrittene zeitgenössische Autoren wie [[Fjodor Sologub]], [[Sinaida Hippius]] und [[Alexander Alexandrowitsch Blok|Alexander Blok]] in den Mittelpunkt. Seine Aufführungen waren oft durch viele verschiedene Einflüsse und Stilelemente geprägt. 1913 schrieb er sein zweites Buch ''Über das Theater''.
Bald wurde auch die Welt außerhalb Russlands auf diesen interessanten Mann aufmerksam, und er inszenierte Produktionen in verschiedenen europäischen Großstädten, u.a. in Paris.
Obwohl die Avant-Garde der russischen Künstler und Intellektuellen Meyerhold enthusiatisch unterstützten, hatte er auch Gegner. Vor allem die imperialen Einrichtungen forderten eine konventionelle, realistische Art des Theaters. Nach der Oktoverrevolution 1917 engagierte sich Meyerhold immer mehr für die Kommunistische Partei; er war Anhänger der Idee des Sowjetischen Theaters. Kurz darauf machte er sein eigenes Theater auf, das bis heute seinen Namen trägt.
Ende der 1910er Jahre experimentierte der auch mit dem Medium Film. Er führte unter anderem Regie an einer Verfilmung von Oscar Wilde's ''The Picture of Dorian Gray''.


Bald wurde auch die Welt außerhalb [[Russland]]s auf diesen interessanten Mann aufmerksam, und er inszenierte Produktionen in verschiedenen [[Europa|europäischen]] Großstädten, unter anderem in [[Paris]]. Obwohl die [[Avantgarde]] der russischen [[Künstler]] und Intellektuellen Meyerhold enthusiastisch unterstützte, hatte er auch Gegner. Vor allem die staatlichen Einrichtungen des Zarenreiches forderten eine konventionelle, realistische Art des Theaters. Nach der [[Oktoberrevolution]] [[1917]] engagierte sich Meyerhold immer mehr für die [[Kommunistische Partei Russlands (B)|Kommunistische Partei]]; er war Anhänger der Idee des sowjetischen Theaters. Im gleichen Jahr eröffnete er sein eigenes Theater, das bis heute seinen Namen trägt. <!-- hier fehlen infos--> Ende der 1910er Jahre experimentierte er auch mit dem Medium [[Film]]. Er führte unter anderem Regie in einer Verfilmung von [[Oscar Wilde]]s ''[[Das Bildnis des Dorian Gray]]''.<ref>{{IMDb|nm0583462|Vsevolod Meyerhold}}
===1919-1930===
</ref>
Nachdem Meyerhold 1919 von der anti-sowjetischen Weißen Armee inhaftiert wurde, erkrankte er an Tuberkulose. Die rote Armee konnte ihn aber wieder aus der Gefangenschaft befreien und er kehrte nach Moskau zurück. Dort bekam er ein Chef der neuen verstaatlichten Verwaltungsabteilung für Theater und Schauspiel. Er arbeitete einen Programm des Neuen russischen Theaters, das dem Ästhetiszismus der Renaissance ähnlich war. Den kommunistischen Führern (allen voran Lenins Frau) gefielen seine Aufführungen aber nicht, und er verlor sein Amt. 1922 gründete er eine experimentelle Theatergruppe, die ''Vsevolod Meyerhold Theater'' genannt wurde. Die meisten Schauspieler wurden von Mayerhold selbst oder seinen engsten Mitarbeitern ausgebildet. Er wendete dabei eine Ausbildung an, die er ''Biomechanik'' nannte. Er kombinierte dabei psychologische mit physologischen Prozessen; seine Schauspieler benutzten besondere Bewegungen und Gesten zur Verdeutlichung ihrer Emotionen. Meyerhold meinte nämlich, dass Emotionen auf physischen Abläufe folgen. Wenn der Körper also bestimmte Posen annimt, folgen die Gefühle von ganz allein. Mit dieser Gruppe arbeitete er über die nächsten 16 Jahre.
Er versuchte weiterhin, eine eigenständige, abstrakte, intensiv dynamische Realität auf der Bühne zu erschaffen. Man kann seine Aufführungen mit den Bildern Picassos und Dalis, der Literatur von Kafka und der Musik von Schostakowich or Britten vergleichen.


Nachdem Meyerhold 1919 von der antisowjetischen [[Weiße Armee|Weißen Armee]] inhaftiert wurde, erkrankte er an [[Tuberkulose]]. Nach seiner Befreiung durch die [[Rote Armee]] kehrte er nach Moskau zurück. Dort wurde er Leiter der neuen staatlichen Verwaltungsabteilung für Theater und Schauspiel. Er arbeitete ein Programm des ''neuen russischen Theaters'' aus, das dem [[Ästhetizismus]] der [[Renaissance]] ähnlich war. Den kommunistischen Führern, allen voran [[Wladimir Iljitsch Lenin|Lenin]]s Frau [[Nadeschda Konstantinowna Krupskaja|Nadeschda Krupskaja]], gefielen seine Aufführungen aber nicht, und er verlor sein Amt. Von 1922 bis 1924 war er Leiter des Moskauer ''Theaters der Revolution'', und 1923 gründete er eine experimentelle Theatergruppe, das ''Wsewolod-Meyerhold-Theater''. Die Schauspieler wurden von Meyerhold selbst oder von seinen engsten Mitarbeitern ausgebildet.
===1930-1940===
In den 1930er Jahren wurde er von der Regierung immer wieder der anti-sowjetischen Propaganda beschuldigt; seine Aufführungen seien politisch und ideologisch nicht für die Sowjetbevölkerung geeignet. Die meisten seiner Produktionen wurden wegen der strengen Zensur nicht zugelassen. Trotz diesen entmutigenden Ereignissen wollte sich Meyerhold an ein neues Projekt heranwagen: Er wollte ein neues Gebäude für seine Theatergruppe bauen und es ganz nach seinen Vorstellungen gestalten. Das Projekt konnte aber nie realisiert werden. Das ''Vsevolod Meyerhold Theater'' wurde 1938 geschlossen, ein Jahr später wurde er gefangen genommen und ins Gefängnis gesperrt. Schließlich wurde er zum Tod durch Erschießen verurteilt. Am 2. Februar 1940 wurde Meyerhold in Moskau hingerichtet.


Er wandte dabei eine Ausbildung an, die er [[Biomechanik (Meyerhold)|Biomechanik]] nannte. Er kombinierte psychologische mit physiologischen Prozessen; seine Schauspieler benutzten besondere Bewegungen und Gesten zur Verdeutlichung ihrer Emotionen. Meyerhold meinte nämlich, dass Emotionen auf physische Abläufe folgen. Wenn der Körper also bestimmte Posen annimmt, folgen die Gefühle von ganz allein. Mit dieser Gruppe arbeitete er über die nächsten 16 Jahre. Er versuchte weiterhin, eine eigenständige, abstrakte, intensiv dynamische Realität auf der Bühne zu erschaffen. Die offizielle Kritik honorierte dies und stellte Meyerhold auf eine Ebene mit Künstlern wie [[Pablo Picasso]], [[Salvador Dalí]], [[Franz Kafka]], [[Dmitri Dmitrijewitsch Schostakowitsch|Dmitri Schostakowitsch]] und [[Benjamin Britten]].
==Weblinks==


[[Datei:Meyerhold and Reich.jpg|mini|Meyerhold und seine zweite Frau Sinaida Reich]]
http://www.meyerhold.org Website des Meyerhold-Memorial Museums
Seit 1922 war er mit der Schauspielerin [[Sinaida Nikolajewna Reich|Sinaida Reich]] verheiratet.

Im April 1930 gastierte Meyerhold mit einer Auswahl von Inszenierungen der vergangenen sechs Jahre im [[Hebbel-Theater|Theater in der Stresemannstraße]] und an der [[Piscator-Bühne]] im [[Königsstädtisches Theater|Wallner-Theater]] in Berlin; im Juni 1930 folgte ein Gastspielaufenthalt in Paris. Daheim wurde er in den 1930er Jahren von staatlicher Seite immer wieder der antisowjetischen [[Propaganda]] beschuldigt. Man warf ihm vor, seine Aufführungen seien politisch und ideologisch nicht für die sowjetische Bevölkerung geeignet. Die meisten seiner Produktionen wurden wegen der strengen [[Zensur (Informationskontrolle)|Zensur]] nicht zugelassen. Er zog sich zurück und widmete sich einem Neubauprojekt für seine Theatergruppe. Das Projekt konnte aber nie abgeschlossen werden.

Das ''Wsewolod-Meyerhold-Theater'' wurde 1938 zwangsweise geschlossen, ein Jahr später wurde er verhaftet und seine Frau ermordet. Ihm wurde zur Last gelegt, ein französischer Spion zu sein.<ref>Venedikt Sarnov: ''Imperija zla. Sud'by pisatelej.'' Moskau 2011, S. 34.</ref> Bei den Verhören durch Offiziere der sowjetischen Geheimpolizei [[NKWD]] wurde er schwersten Folterungen unterzogen. In den [[KGB]]-Archiven fand sich ein Gnadengesuch Meyerholds an den Regierungschef [[Wjatscheslaw Molotow]], in dem er detailliert die Folterungen beschrieb: Schläge mit Gummiknüppeln, Gießen von heißem Wasser über die Blutergüsse. Eine Eingangsbestätigung durch das Sekretariat Molotows oder eine Antwort auf das Schreiben ist nicht überliefert.<ref>[[Witali Alexandrowitsch Schentalinski|Witali Schentalinski]]: ''Raby swobody v literaturnych archivach KGB.'' Moskau 1995, S. 30–31.</ref>

In einem Geheimverfahren wurde Meyerhold [[Todesstrafe|zum Tode]] durch [[Erschießung|Erschießen]] verurteilt. Am 2. Februar 1940 wurde er in Moskau [[Hinrichtung|hingerichtet]]. Die Exekution per [[Genickschuss]] nahm der NKWD-Henker [[Wassili Michailowitsch Blochin|Wassili Blochin]] vor.<ref>''Katyn’ 1940-2000. Dokumenty.'' Sost. N. I. Lebedeva. Moskau 2001, S. 35–36.</ref> Meyerholds Leichnam wurde eingeäschert und in einem Massengrab auf dem Moskauer [[Donskoi-Friedhof]] beigesetzt.

Meyerhold wurde im Jahre 1955 rehabilitiert.

== Werke ==
* ''Schriften. Aufsätze – Briefe – Reden – Gespräche''. 2 Bände. Henschel, Berlin 1979
* ''Theatre. History and techniques'', 1907 (Neuausgabe: ''Theatre'', Methuen, London 1998, ISBN 0-413-38790-9)

== Literatur ==
* Wladimir Koljasin: ''Wsewolod Meyerhold'' ''Der Große Terror und die sowjetische Intelligenz. Am Beispiel der tragischen Schicksale [[Sergei Michailowitsch Tretjakow|Sergej Tretjakows]] und Wsewolod Meyerholds.'' In: Bettina Nir-Vired, [[Reinhard Müller (Soziologe, 1944)|Reinhard Müller]], [[Irina Scherbakowa]], Olga Reznikova (Hrsg.): ''Carola Neher – gefeiert auf der Bühne – gestorben im Gulag.'' Lukas, Berlin 2016, ISBN 978-3-86732-243-0. S. 119–142.
* Edward Braun: ''Meyerhold. A revolution in theatre'', Methuen, London 1995, ISBN 0-413-68770-8.
* ''Vsevolod Meyerhold. Theaterarbeit 1917–1930''. Hrsg. von Rosemarie Tietze. Carl Hanser, München 1984.
* Ursula Birri: ''Totaltheater bei Meyerhold und Piscator'', Zürich 1982.
* [[Ilja Grigorjewitsch Ehrenburg|Ilja Ehrenburg]]: ''Menschen – Jahre – Leben'' (Memoiren), München 1962, Sonderausgabe München 1965, Band I: ''1991–1922'', S. 474–488, ISBN 3-463-00511-5.

== Einzelnachweise ==
<references />

== Weblinks ==
{{Commonscat|Vsevolod Meyerhold|Wsewolod Meyerhold}}
* {{DNB-Portal|118641050}}
<!-- * [http://www.meyerhold.org/ Meyerhold Memorial Museum] -->
* {{Internetquelle |autor=Karla Hielscher |url=https://www.deutschlandfunkkultur.de/wsewolod-meyerhold-ein-avantgardist-durch-und-durch.932.de.html?dram:article_id=310392 |titel=Wsewolod Meyerhold: Ein Avantgardist durch und durch |titelerg= |werk=Deutschlandfunk Kultur |hrsg= |datum=2015-02-02 |zugriff=2019-04-24 |abruf-verborgen=1}}
* [http://www.athanor.de/dateien/VsevolodMeyerhold-undseinPoet-Schauspieler.pdf Béatrice Picon-Vallin: Vsevolod Meyerhold und sein Poet-Schauspieler] (PDF-Datei; 1,08&nbsp;MB)

{{Normdaten|TYP=p|GND=118641050|LCCN=n/50/29001|VIAF=71394940}}

{{SORTIERUNG:Meyerhold, Wsewolod Emiljewitsch}}
[[Kategorie:Theaterregisseur]]
[[Kategorie:Künstler (Russland)]]
[[Kategorie:Sowjetbürger]]
[[Kategorie:Opfer des Großen Terrors (Sowjetunion)]]
[[Kategorie:Hingerichtete Person (Sowjetunion)]]
[[Kategorie:Russlanddeutscher]]
[[Kategorie:Person (Moskau)]]
[[Kategorie:Person (Pensa)]]
[[Kategorie:Russe]]
[[Kategorie:Geboren 1874]]
[[Kategorie:Gestorben 1940]]
[[Kategorie:Mann]]

{{Personendaten
|NAME=Meyerhold, Wsewolod Emiljewitsch
|ALTERNATIVNAMEN=Мейерхольд, Всеволод Эмильевич (russisch)
|KURZBESCHREIBUNG=russischer Regisseur und Schauspieler
|GEBURTSDATUM=9. Februar 1874
|GEBURTSORT=[[Pensa]]
|STERBEDATUM=2. Februar 1940
|STERBEORT=[[Moskau]]
}}

Aktuelle Version vom 12. Juli 2025, 08:52 Uhr

Wsewolod Meyerhold

Wsewolod Emiljewitsch Meyerhold (russisch Всеволод Эмильевич Мейерхольд, wiss. Transliteration Vsevolod Ėmil'evič Mejerchol'd, ursprünglich Karl Kasimir Theodor Meierhold; * 28. Januarjul. / 9. Februar 1874greg. in Pensa, Russisches Kaiserreich; † 2. Februar 1940 in Moskau, UdSSR) war ein russischer Regisseur und Schauspieler. Er war der Entwickler einer radikal antirealistischen Bühnenkunst und gilt als einer der bedeutendsten Theaterregisseure des 20. Jahrhunderts. Er wurde Opfer der Stalinschen Säuberungen.

Wsewolod Meyerhold stammte aus einer evangelisch-lutherischen Familie und war der Sohn des aus Preußen eingewanderten Weinhändlers Emil Meyerhold und dessen Ehefrau, der Deutsch-Baltin Alwina Van der Neese.[1][2][3][4] Nachdem Wsewolod Meyerhold die Schule 1895 beendet hatte, nahm er das Studium der Rechtswissenschaft an der Moskauer Universität auf, das er jedoch abbrach. An seinem 21. Geburtstag konvertierte er zum russisch-orthodoxen Christentum und nahm den Namen „Wsewolod Emiljewitsch“ an. In dieser Zeit heiratete er auch seine erste Frau, Olga Munt, mit der er drei Töchter hatte, darunter Irina Meyerhold.

Seine Schauspielerkarriere begann mit dem Studium am Staatlichen Institut für Theaterkunst. Er lernte unter anderem bei Wladimir Nemirowitsch-Dantschenko. Ab 1898 war Meyerhold Mitglied des Ensembles am Moskauer Künstlertheater, wo er stark von Konstantin Sergejewitsch Stanislawski beeinflusst wurde und an vielen Produktionen mitwirkte.

Seine Karriere als Regisseur begann 1902. In den ersten Jahren war er stark am Realismus orientiert, allerdings wandte er sich ab 1905 gänzlich davon ab. Er entwickelte einen innovativen symbolistischen Stil.

Der junge Meyerhold bei der Lektüre von Tschechows Möwe

Während seiner Zeit am Sankt Petersburger Wera-Komisarschewskaja-Theater (1906–1907) reiften seine künstlerischen Fähigkeiten. Diese Periode seines Wirkens hat er in seinem ersten Buch Theatre: History and Techniques (1907) festgehalten. Bald inszenierte Meyerhold auch Aufführungen an den staatlichen Theatern Sankt Petersburgs. Er führte klassische Stücke auf eine innovative Art auf und stellte umstrittene zeitgenössische Autoren wie Fjodor Sologub, Sinaida Hippius und Alexander Blok in den Mittelpunkt. Seine Aufführungen waren oft durch viele verschiedene Einflüsse und Stilelemente geprägt. 1913 schrieb er sein zweites Buch Über das Theater.

Bald wurde auch die Welt außerhalb Russlands auf diesen interessanten Mann aufmerksam, und er inszenierte Produktionen in verschiedenen europäischen Großstädten, unter anderem in Paris. Obwohl die Avantgarde der russischen Künstler und Intellektuellen Meyerhold enthusiastisch unterstützte, hatte er auch Gegner. Vor allem die staatlichen Einrichtungen des Zarenreiches forderten eine konventionelle, realistische Art des Theaters. Nach der Oktoberrevolution 1917 engagierte sich Meyerhold immer mehr für die Kommunistische Partei; er war Anhänger der Idee des sowjetischen Theaters. Im gleichen Jahr eröffnete er sein eigenes Theater, das bis heute seinen Namen trägt. Ende der 1910er Jahre experimentierte er auch mit dem Medium Film. Er führte unter anderem Regie in einer Verfilmung von Oscar Wildes Das Bildnis des Dorian Gray.[5]

Nachdem Meyerhold 1919 von der antisowjetischen Weißen Armee inhaftiert wurde, erkrankte er an Tuberkulose. Nach seiner Befreiung durch die Rote Armee kehrte er nach Moskau zurück. Dort wurde er Leiter der neuen staatlichen Verwaltungsabteilung für Theater und Schauspiel. Er arbeitete ein Programm des neuen russischen Theaters aus, das dem Ästhetizismus der Renaissance ähnlich war. Den kommunistischen Führern, allen voran Lenins Frau Nadeschda Krupskaja, gefielen seine Aufführungen aber nicht, und er verlor sein Amt. Von 1922 bis 1924 war er Leiter des Moskauer Theaters der Revolution, und 1923 gründete er eine experimentelle Theatergruppe, das Wsewolod-Meyerhold-Theater. Die Schauspieler wurden von Meyerhold selbst oder von seinen engsten Mitarbeitern ausgebildet.

Er wandte dabei eine Ausbildung an, die er Biomechanik nannte. Er kombinierte psychologische mit physiologischen Prozessen; seine Schauspieler benutzten besondere Bewegungen und Gesten zur Verdeutlichung ihrer Emotionen. Meyerhold meinte nämlich, dass Emotionen auf physische Abläufe folgen. Wenn der Körper also bestimmte Posen annimmt, folgen die Gefühle von ganz allein. Mit dieser Gruppe arbeitete er über die nächsten 16 Jahre. Er versuchte weiterhin, eine eigenständige, abstrakte, intensiv dynamische Realität auf der Bühne zu erschaffen. Die offizielle Kritik honorierte dies und stellte Meyerhold auf eine Ebene mit Künstlern wie Pablo Picasso, Salvador Dalí, Franz Kafka, Dmitri Schostakowitsch und Benjamin Britten.

Meyerhold und seine zweite Frau Sinaida Reich

Seit 1922 war er mit der Schauspielerin Sinaida Reich verheiratet.

Im April 1930 gastierte Meyerhold mit einer Auswahl von Inszenierungen der vergangenen sechs Jahre im Theater in der Stresemannstraße und an der Piscator-Bühne im Wallner-Theater in Berlin; im Juni 1930 folgte ein Gastspielaufenthalt in Paris. Daheim wurde er in den 1930er Jahren von staatlicher Seite immer wieder der antisowjetischen Propaganda beschuldigt. Man warf ihm vor, seine Aufführungen seien politisch und ideologisch nicht für die sowjetische Bevölkerung geeignet. Die meisten seiner Produktionen wurden wegen der strengen Zensur nicht zugelassen. Er zog sich zurück und widmete sich einem Neubauprojekt für seine Theatergruppe. Das Projekt konnte aber nie abgeschlossen werden.

Das Wsewolod-Meyerhold-Theater wurde 1938 zwangsweise geschlossen, ein Jahr später wurde er verhaftet und seine Frau ermordet. Ihm wurde zur Last gelegt, ein französischer Spion zu sein.[6] Bei den Verhören durch Offiziere der sowjetischen Geheimpolizei NKWD wurde er schwersten Folterungen unterzogen. In den KGB-Archiven fand sich ein Gnadengesuch Meyerholds an den Regierungschef Wjatscheslaw Molotow, in dem er detailliert die Folterungen beschrieb: Schläge mit Gummiknüppeln, Gießen von heißem Wasser über die Blutergüsse. Eine Eingangsbestätigung durch das Sekretariat Molotows oder eine Antwort auf das Schreiben ist nicht überliefert.[7]

In einem Geheimverfahren wurde Meyerhold zum Tode durch Erschießen verurteilt. Am 2. Februar 1940 wurde er in Moskau hingerichtet. Die Exekution per Genickschuss nahm der NKWD-Henker Wassili Blochin vor.[8] Meyerholds Leichnam wurde eingeäschert und in einem Massengrab auf dem Moskauer Donskoi-Friedhof beigesetzt.

Meyerhold wurde im Jahre 1955 rehabilitiert.

  • Schriften. Aufsätze – Briefe – Reden – Gespräche. 2 Bände. Henschel, Berlin 1979
  • Theatre. History and techniques, 1907 (Neuausgabe: Theatre, Methuen, London 1998, ISBN 0-413-38790-9)
  • Wladimir Koljasin: Wsewolod Meyerhold Der Große Terror und die sowjetische Intelligenz. Am Beispiel der tragischen Schicksale Sergej Tretjakows und Wsewolod Meyerholds. In: Bettina Nir-Vired, Reinhard Müller, Irina Scherbakowa, Olga Reznikova (Hrsg.): Carola Neher – gefeiert auf der Bühne – gestorben im Gulag. Lukas, Berlin 2016, ISBN 978-3-86732-243-0. S. 119–142.
  • Edward Braun: Meyerhold. A revolution in theatre, Methuen, London 1995, ISBN 0-413-68770-8.
  • Vsevolod Meyerhold. Theaterarbeit 1917–1930. Hrsg. von Rosemarie Tietze. Carl Hanser, München 1984.
  • Ursula Birri: Totaltheater bei Meyerhold und Piscator, Zürich 1982.
  • Ilja Ehrenburg: Menschen – Jahre – Leben (Memoiren), München 1962, Sonderausgabe München 1965, Band I: 1991–1922, S. 474–488, ISBN 3-463-00511-5.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Edward Braun: Meyerhold: A Revolution in Theatre. A&C Black, 1998, ISBN 978-1-4081-4880-8 (google.de [abgerufen am 3. Dezember 2018]).
  2. Вадим Гаевский: Потусторонние встречи. Новое Литературное Обозрение, 2018, ISBN 978-5-4448-1046-0 (google.de [abgerufen am 3. Dezember 2018]).
  3. Мейерхольд и его роковая любовь. In: АЛЕФ. (alefmagazine.com [abgerufen am 3. Dezember 2018]).
  4. Родословная В.Э.Мейерхольда. (Выжимка автора из книги). Abgerufen am 3. Dezember 2018 (russisch).
  5. Vsevolod Meyerhold bei IMDb
  6. Venedikt Sarnov: Imperija zla. Sud'by pisatelej. Moskau 2011, S. 34.
  7. Witali Schentalinski: Raby swobody v literaturnych archivach KGB. Moskau 1995, S. 30–31.
  8. Katyn’ 1940-2000. Dokumenty. Sost. N. I. Lebedeva. Moskau 2001, S. 35–36.
Commons: Wsewolod Meyerhold – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien