„Daclizumab“ – Versionsunterschied
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Der Arzneistoff '''Daclizumab''' (Handelsname Zenapax<sup>®</sup>) gehört zur Gruppe der humanisierten [[monoklonal]]en [[Antikörper]] (MAB) und wird primär zur Prophylaxe akuter Abstoßungsreaktionen nach Nierentransplantationen eingesetzt. |
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Darüber hinaus wurden kleinere Studien durchgeführt, die einen positive Wirkung auf den Verlauf der schubförmigen [[Multiple Sklerose]] (MS) zeigen. |
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| Wirkstoffklasse = [[Immunsuppressivum]] |
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'''Daclizumab''' ist ein therapeutischer humanisierter [[monoklonaler Antikörper]] gegen den [[Interleukin-2-Rezeptor]] (genauer: gegen die α-Kette [[CD25]]), der ursprünglich in der [[Immunsuppressivum|immunsuppressiven]] Behandlung akuter Abstoßungsreaktionen nach [[Nierentransplantation]]en eingesetzt wurde. 2016 wurde das Daclizumab-Präparat ''Zinbryta'' zur Behandlung der schubförmigen [[Multiple Sklerose|Multiplen Sklerose]] in der EU<ref name="EPAR_Zinbryta">Europäischer öffentlicher Beurteilungsbericht zu Zinbryta [http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/medicines/human/medicines/003862/human_med_001987.jsp ema.europa.eu]</ref> und in den USA<ref name="FDA">Zulassungsdokumente der FDA zu Zinbryta [http://www.accessdata.fda.gov/drugsatfda_docs/nda/2016/761029Orig1s000TOC.cfm accessdata.fda.gov].</ref> zugelassen. Im März 2018 wurde der Wirkstoff weltweit aufgrund schwerer unerwünschter Wirkungen vom Markt genommen.<ref name="PM_Biogen_02-03-2018">{{Webarchiv|url=https://www.biogen.de/de_DE/news-insights/germanyaffiliatenews/02-03-2018-news.html |wayback=20180308074047 |text=Biogen und AbbVie geben die eigenverantwortliche weltweite Rücknahme der Marktzulassung von Zinbryta (Daclizumab) zur Behandlung der Multiplen Sklerose bekannt }}, PM Biogen vom 2. März 2018, abgerufen am 15. März 2018</ref><ref name="PL_Biogen_12-03-2018">[https://www.zinbryta.com/content/dam/commercial/multiple-sclerosis/zinbryta/pat/en_us/pdfs/zinbryta-prescriber-letter.pdf Voluntary withdrawal of ZINBRYTA® (daclizumab) in United States], Prescriber Letter von Biogen vom 12. März 2018, abgerufen am 15. März 2018 (englisch).</ref> Parallel dazu gab es auch eine entsprechende Empfehlung seitens der [[Europäische Arzneimittel-Agentur|Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA)]].<ref name="PM_EMA_07-03-2018">[http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/news_and_events/news/2018/03/news_detail_002920.jsp&mid=WC0b01ac058004d5c1 EMA recommends immediate suspension and recall of multiple sclerosis medicine Zinbryta], PM EMA vom 7. März 2018, abgerufen am 15. März 2018.</ref> Im Mai 2018 widerrief die EMA die Zulassung und ''Zinbryta'' wurde aus Krankenhäusern und Apotheken zurückgerufen.<ref name="PM_EMA_18-05-2018">[http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/news_and_events/news/2018/05/news_detail_002955.jsp&mid=WC0b01ac058004d5c1 EMA review of Zinbryta confirms medicine’s risks outweigh its benefits], PM EMA vom 18. Mai 2018, abgerufen am 19. Mai 2018.</ref> |
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== Eigenschaften == |
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Daclizumab ist ein humanisierter monoklonaler Antikörper vom Typ [[IgG]]<sub>1</sub>. Der Antikörper wird [[Rekombinantes Protein|rekombinant]] in [[Zellkultur]]en von murinen GS-NSO-[[Myelom]]zellen produziert. |
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*'''1999''' Zulassung von Zenapax® zur immunsuppressiven Behandlung nach Nierentransplantationen durch Hoffmann La Roche |
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*'''2000''' Erste klinische Studien zur Behandlung der schubförmigen MS |
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== Angaben zur erloschenen Zulassung == |
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Die Angaben in den folgenden Unterabschnitten gelten nur für die erloschene Zulassung von ''Zenapax'', nicht für experimentelle Verwendungszwecke. |
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=== Anwendungsgebiete (Indikationen) === |
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== Pharmakologie == |
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Daclizumab wurde bei Erwachsenen und Kindern für die Prophylaxe von Abstoßungsreaktionen nach Nierentransplantationen als Teil einer Kombinationstherapie mit [[Ciclosporin]] und [[Corticosteroide]]n zugelassen.<ref name="EPAR">[http://www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library/EPAR_-_Summary_for_the_public/human/000198/WC500057570.pdf Zusammenfassung des Europäischen öffentlichen Beurteilungsbericht zu Zenapax].</ref> Auf Antrag des Herstellers wurde die Zulassung in der Europäischen Union mit Wirkung zum 1. Januar 2009 aus kommerziellen Gründen zurückgenommen.<ref name="EMEA">[http://pharmacologycorner.com/emea-public-statement-on-the-market-withdrawal-of-daclizumab-zenapax/ Darstellung der Zulassungsgeschichte von Daclizumab auf der Webseite pharmacologycorner.com].</ref> |
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In [[Klinische Studie|klinischen Studien]] wurde Daclizumab bei verschiedenen Organtransplantationen, unter anderem auch bei [[Herztransplantation]]en erfolgreich eingesetzt.<ref>Hershberger u. a.: ''Daclizumab to prevent rejection after cardiac transplantation.'' In: ''[[N Engl J Med]].'' 352(26), 30. Jun 2005, S. 2705–2713. PMID 15987919.</ref> Neben der [[Immunsuppression]] bei Transplantationen wird Daclizumab derzeit auch bei der Behandlung von Multipler Sklerose<ref>R. Martin: ''Humanized Anti-CD25 Antibody Treatment with Daclizumab in Multiple Sclerosis.'' In: ''Neurodegener Dis.'' 5(1), 2008, S. 23–26. PMID 18075271.</ref> und [[Uveitis]]<ref>L. Lim, E. B. Suhler, J. R. Smith: ''Biologic therapies for inflammatory eye disease.'' In: ''Clin Experiment Ophthalmol.'' 34(4), Mai-Jun 2006, S. 365–374. PMID 16764659.</ref> getestet. Bei erwachsenen Patienten mit T-Zell-[[Leukämie]] wurden Erfolge insbesondere mit einer [[Radioimmuntherapie]] mit durch [[Yttrium]]<sup>90</sup> radioaktiv markiertem Daclizumab-Antikörper erzielt.<ref>T. A. Waldmann: ''Daclizumab (anti-Tac, Zenapax) in the treatment of leukemia/lymphoma.'' In: ''[[Oncogene]].'' 26(25), 28. Mai 2007, S. 3699–3703. PMID 17530023.</ref> |
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=== Wirksamkeit === |
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=== Dosierung, Art und Dauer der Anwendung === |
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'''Multiple Sklerose:''' in Studien konnte sowohl die Zunahme neuer Läsionen um 78% als auch die Gesamtanzahl der Läsionen um 70% reduziert werden. Außerdem wurde der neurologische Status zumindest stabilisiert, teilweise sogar verbessert. Allerdings ist bei der Interpretation der Ergebnisse zu beachten, daß weniger als 20 Probanden an diesen Studien teilgenommen haben. |
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Daclizumab wird in Form einer [[intravenös]]en Infusion verabreicht.<ref name="EPAR" /> Bei multipler Sklerose wurde Daclizumab in den bisher durchgeführten Studien zweimal alle zwei Wochen, danach alle vier Wochen intravenös gegeben. Auch eine [[subkutan]]e Gabe von Daclizumab wurde getestet. |
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=== Gegenanzeigen (Kontraindikationen) === |
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=== Anwendung === |
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Daclizumab darf nicht bei bekannter Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff und nicht während der Stillzeit verabreicht werden.<ref name="EPAR" /> |
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<!-- === Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten === |
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<!-- === Anwendung während Schwangerschaft und Stillzeit === |
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<!-- === Besondere Patientengruppen (Diabetiker, Nierenkranke) === |
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== Unerwünschte Wirkungen (Nebenwirkungen) == |
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'''Multiple Sklerose:''' in den bisher durchgeführten Studien wurde der Wirkstoff zuerst zweimal alle zwei danach alle vier Wochen intravenös gegeben. |
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<!-- Daclizumab kann in seltenen Fällen zu schweren akuten Überempfindlichkeitsreaktionen ([[Anaphylaxie]]) führen. Die häufigsten Nebenwirkungen (≥ 1/10) sind Schlaflosigkeit, [[Tremor]], Kopfschmerzen, [[arterielle Hypertonie]], [[Dyspnoe]], verschiedene Störungen des Gastrointestinaltrakts, Skelettmuskulaturschmerzen und [[Ödem]]e. In kontrollierten Studien konnte keine erhöhte Häufigkeit maligner Erkrankungen oder Infektionen nach Daclizumab im Vergleich zu [[Placebo]] beobachtet werden.<ref name="EPAR" /> |
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Die Dosierung lag bei 1mg/kg Körpergewicht. |
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Im Juni 2017 startete das ''Pharmacovigilance Risk Assessment Committee (PRAC)'' der [[Europäische Zulassungsbehörde|Europäischen Zulassungsbehörde (EMA)]] ein Verfahren, das den Tod eines mit Daclizumab behandelten Patienten aufgrund eines Leberversagens untersuchte. Hinzu kommen vier Fälle von schwerer Leberbeeinträchtigung.<ref>[http://www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library/Referrals_document/Zinbryta_20/Procedure_started/WC500229330.pdf EMA review s multiple sclerosis medicine Zinbryta], PM EMA vom 9. Juni 2017, abgerufen am 9. Juni 2017</ref><ref>[http://www.medscape.com/viewarticle/881376?nlid=115707_3901&src=wnl_newsalrt_170609_MSCPEDIT&uac=222054CK&impID=1364975&faf=1 PRAC Launches Safety Review of MS Drug Daclizumab (Zinbryta)], Medscape.com vom 9. Juni 2017, abgerufen am 9. Juni 2017.</ref> Während dieser Untersuchung ist die Anwendung von Daclizumab auf Patienten mit einer hoch aktiven, rezidivierenden Erkrankung beschränkt, die auf eine andere Behandlung nicht ansprechen, sowie auf Patienten mit einer sich schnell entwickelnden, rezidivierenden Erkrankung, die nicht mit anderen Medikamenten behandelt werden können. Außerdem darf das Medikament keinen Patienten mit Leberschäden gegeben werden.<ref>{{Webarchiv|url=http://www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library/Referrals_document/Zinbryta_20/Under_evaluation/WC500230924.pdf |wayback=20180724123611 |text=EMA restricts use of multiple sclerosis medicine Zinbryta }}, PM EMA vom 7. Juli 2017, abgerufen am 12. Juli 2017.</ref> Das PRAC empfahl im Oktober 2017, Daclizumab mit weiteren Einschränkungen zu belegen. Um das Risiko zu reduzieren, sollten Ärzte das Medikament nur für rezidivierende Formen der Multiplen Sklerose verschreiben und auch nur dann, wenn die Patienten auf mindestens 2 andere krankheitsmodifizierende Therapien nicht ausreichend angesprochen haben und nicht mit anderen krankheitsmodifizierenden Medikamenten behandelt werden können. Vor jeder Behandlung mit Daclizumab sollte die Leberfunktion des Patienten (ALT, AST, Bilirubin) mindestens einmal monatlich überprüft werden. Nach Beendigung der Behandlung muss die Leberfunktion noch 6 Monate lang weiterbeobachtet werden. Bei Patienten mit bestehender Lebererkrankung und Patienten, deren Leberenzymwerte über dem 2-fachen der oberen Normgrenze liegen, sollte Daclizumab nicht eingesetzt werden. Auch bei Multiple-Sklerose-Patienten, die noch andere Autoimmunerkrankungen haben, rät das PRAC von der Anwendung ab.<ref>[http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/news_and_events/news/2017/10/news_detail_002835.jsp&mid=WC0b01ac058004d5c1 Meeting highlights from the Pharmacovigilance Risk Assessment Committee (PRAC) 23-26 October 2017], PM EMA vom 27. Oktober 2017, abgerufen am 27. Oktober 2017.</ref> |
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=== Wirkmechanismus === |
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'''Multiple Sklerose:''' der monoklonale Antikörper des Wirkstoffs bindet sich an den Interleukin-2 (IL-2) Rezeptor von T-[[Lymphozyt]]en. IL-2 ist ein im Körper natürlich vorkommender Signalstoff, den die T-Lymphozyten für Ihr Wachstum benötigen. Dessen Blockade schwächt somit das Wachtum bestimmter Immunzellen und mildert damit die Immunreaktion des Körpers gegen die [[Myelinscheide]] des erkrankten. |
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Im März 2018 wurde der Wirkstoff aufgrund schwerer unerwünschter Wirkungen ([[Enzephalitis]], [[Meningoenzephalitis]]), die zum Teil tödlich verliefen, vom Markt genommen.<ref name="PM_Biogen_02-03-2018"/><ref name="PL_Biogen_12-03-2018"/><ref name="PM_EMA_07-03-2018"/> Im Mai 2018 widerrief die EMA die Zulassung.<ref name="PM_EMA_18-05-2018"/> |
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<!--=== Nebenwirkungen === --> |
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=== Wirkungsmechanismus (Pharmakodynamik) === |
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Daclizumab bindet an die Tac-Untereinheit des hochaffinen Rezeptors für [[Interleukin-2]] namens [[CD25]] auf [[T-Lymphozyt]]en und verhindert dort die Bindung und Wirkung von IL-2. IL-2 ist ein im Körper natürlich vorkommender Signalstoff, den die T-Lymphozyten für Ihr Wachstum benötigen. Die Hemmung der IL-2-Aktivierung schwächt somit das Wachstum bestimmter Immunzellen und mildert damit die Immunreaktion des Körpers gegen das Transplantat. Ein anderer Antikörper mit demselben Wirkungsmechanismus ist [[Basiliximab]]. |
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Bei Multipler Sklerose wird durch Daclizumab eine Immunreaktion des Körpers gegen die [[Myelinscheide]] des Erkrankten gemildert. Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass Daclizumab das Verhältnis von CD4 zu CD8 Immunzellen zugunsten CD8 verschiebt. ref? --> |
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== Kosten == |
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Die Kosten für eine [[Infusion]] mit Zenapax<sup>®</sup> sind je nach Statur des Patienten und der Dosierung unterschiedlich. Die Kosten für 25mg des Medikaments Zenapax<sup>®</sup> belaufen sich auf ca. 410 EUR. |
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<!-- === Aufnahme und Verteilung im Körper (Pharmakokinetik) === |
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{{Gesundheitshinweis}} |
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<!-- ==== Bioverfügbarkeit ==== |
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[[Resorption]], [[First-Pass-Effekt]] |
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<!-- ==== Metabolismus ==== |
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Aktive Metaboliten? |
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<!-- === Toxikologie === |
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Es konnte weder in Patienten noch in Versuchstieren eine maximale tolerierbare Dosis festgestellt werden. Patienten wurden vereinzelt mit bis zu 1,5 mg/kg Körpergewicht behandelt, ohne dass es zu Nebenwirkungen kam; bei Mäusen zeigte eine einzelne Dosis von 125 mg/kg keine toxische Wirkung.<ref name="EPAR" /> |
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== Forschung == |
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In ersten Studien zur Behandlung der Multiplen Sklerose mit Daclizumab konnte sowohl die Zunahme neuer [[Läsion]]en um 78 % als auch die Gesamtanzahl der Läsionen um 70 % reduziert werden. Außerdem wurde der neurologische Status zumindest stabilisiert, teilweise sogar verbessert. Allerdings ist bei der Interpretation der Ergebnisse zu beachten, dass bei dieser nicht verblindeten Studie lediglich elf Patienten teilgenommen haben.<ref>Bielekova u. a.: ''Humanized anti-CD25 (daclizumab) inhibits disease activity in multiple sclerosis patients failing to respond to interferon beta.'' In: ''[[Proc Natl Acad Sci U S A]].'' 101(23), 8. Jun 2004, S. 8705–8708. PMID 15161974 [http://www.pnas.org/cgi/reprint/101/23/8705 (Link zu pdf)].</ref> In einer neueren Studie (CHOICE-Studie) der Firma PDL Biopharma war Daclizumab in einer randomisierten, doppelblinden Phase II-Studie an 230 Patienten wirksam. Es wurde hierbei an Patienten getestet, die bereits mit Interferon ihre MS-Schübe behandelten. Nach 24 Wochen hat Daclizumab die Anzahl der Läsionen signifikant reduziert.<ref>D. Wynn, M. Kaufman u. a.: ''Daclizumab in active relapsing multiple sclerosis (CHOICE study): a phase 2, randomised, double-blind, placebo-controlled, add-on trial with interferon beta.'' In: ''[[The Lancet Neurology]].'' Band 9, Nummer 4, April 2010, S. 381–390, [[doi:10.1016/S1474-4422(10)70033-8]]. PMID 20163990.</ref> |
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== Geschichte == |
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Daclizumab wurde, aufbauend auf Forschungsergebnissen der Arbeitsgruppe von Thomas Waldmann,<ref>T. A. Waldmann: ''Anti-Tac (daclizumab, Zenapax) in the treatment of leukemia, autoimmune diseases, and in the prevention of allograft rejection: a 25-year personal odyssey.'' In: ''J Clin Immunol.'' 27(1), Jan 2007, S. 1–18. PMID 17216565.</ref> am [[National Institutes of Health]] von dem amerikanischen Biotechnologieunternehmen [[PDL Biopharma]] entwickelt.<ref>N. Tsurushita, P. R. Hinton, S. Kumar: ''Design of humanized antibodies: from anti-Tac to Zenapax.'' In: ''Methods.'' 36(1), Mai 2005, S. 69–83. PMID 15848076.</ref> Die Erstzulassung erfolgte im Dezember 1997 in den USA; Daclizumab war der erste humanisierte Antikörper, der von der FDA zugelassen wurde. Die Zulassung für die Europäische Union wurde im Februar 1999 erteilt. 2006 beantragte [[Hoffmann-La Roche]] bei der EU-Kommission die Rücknahme der Zulassung von ''Zenapax'' aus kommerziellen Gründen; die Entscheidung soll nicht im Zusammenhang mit Bedenken zur Sicherheit des Arzneimittels gestanden haben. Im Juni 2008 traf die EU-Kommission eine entsprechende Entscheidung mit Wirkung zum 1. Januar 2009.<ref>[http://pharmacologycorner.com/emea-public-statement-on-the-market-withdrawal-of-daclizumab-zenapax/ EMEA public statement on the market withdrawal of Daclizumab (Zenapax] Darstellung der Zulassungsgeschichte von Daclizumab auf der Webseite pharmacologycorner.com, Januar 2009, abgerufen am 15. März 2009.</ref> |
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Für die Entwicklung von Daclizumab zur Behandlung der Multiplen Sklerose hatte PDL Biopharma eine Allianz mit dem Biotechnologieunternehmen [[Biogen Idec]] gebildet. Bei der erneuten Zulassung 2016 unter ''Zinbryta'' wurde das Medikament als „Wunderwaffe der Neurologen“ in Fachzeitschriften betitelt. Zinbryta gewann 2017 den Preis „Das innovativste Produkt“ der Neurologen.<ref>[https://pharma-trend.com/zinbryta/ Zinbryta ist „Das innovativste Produkt“ 2017 der Neurologen] pharma-trend.com vom 12. September 2017</ref> Schnell wurden tausende MS-Patienten in Deutschland auf das neue Medikament umgestellt, von dem man sich eine Verlangsamung des Fortschreiten der chronischen Nervenerkrankung versprach. Die [[Europäische Arzneimittel-Agentur|EMA]] hatte es uneingeschränkt zugelassen, so dass es auch Patienten mit leichterem Krankheitsverlauf verschrieben bekamen, während die amerikanische [[Food and Drug Administration|FDA]] die Verwendung nur eingeschränkt erlaubt hatte. Die EMA rechtfertigte sich damit, dass die Vorteile von Zinbryta die Risiken überwogen hätten – eine Fehleinschätzung, denn aufgrund schwerster Nebenwirkungen starben mindestens sieben Menschen und weitere sollen auf Intensivstationen überall in Deutschland liegen. Betroffen waren vor allem deutsche Patienten, von denen mehr als 2890 Patienten im ersten Jahr nach der Wiederzulassung umgestellt wurden (im restlichen Europa waren es nur 400). Biogen soll im Marketing vorschnellen Optimismus verbreitet haben, bereits in den Zulassungsstudien sollen schwere Nebenwirkungen und sogar Todesfälle aufgetreten sein, die der Hersteller nicht in Verbindung mit dem Medikament brachte.<ref>[https://www.daserste.de/information/wirtschaft-boerse/plusminus/sendung/ndr/medikamente-zulassung-100.html plusminus vom 20. Februar 2019]</ref> |
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Im März 2018 wurde der Wirkstoff aufgrund der schweren unerwünschter Wirkungen (Enzephalitis, Meningoenzephalitis), die zum Teil tödlich verliefen, vom Markt genommen.<ref name="PM_Biogen_02-03-2018"/><ref name="PL_Biogen_12-03-2018"/><ref name="PM_EMA_07-03-2018"/> |
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== Handelsnamen == |
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* Zenapax (2009 vom Markt genommen) |
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* Zinbryta (2018 vom Markt genommen) |
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== Siehe auch == |
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* [[Nomenklatur der monoklonalen Antikörper]]: Konvention zur Benennung von [[Monoklonaler Antikörper|monoklonalen Antikörpern]] |
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== Einzelnachweise == |
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<!-- Textreferenzierung nur per ref-tag! --> |
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<references /> |
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== Weblinks == |
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* [http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/medicines/human/medicines/003862/human_med_001987.jsp Europäischer öffentlicher Beurteilungsbericht (EPAR) und Produktinformation zu Zinbryta] auf der Website der [[Europäische Arzneimittelagentur|Europäischen Arzneimittelagentur]] |
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{{Gesundheitshinweis}} |
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[[Kategorie:Antikörper]] |
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[[Kategorie:Immunsuppressivum]] |
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[[Kategorie:Arzneistoff]] |
[[Kategorie:Arzneistoff]] |
Aktuelle Version vom 26. November 2024, 11:57 Uhr
Daclizumab | ||
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Masse/Länge Primärstruktur | 142,6 kDa | |
Bezeichner | ||
Externe IDs |
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Arzneistoffangaben | ||
ATC-Code | L04AA08 | |
DrugBank | BTD00007 | |
Wirkstoffklasse | Immunsuppressivum |
Daclizumab ist ein therapeutischer humanisierter monoklonaler Antikörper gegen den Interleukin-2-Rezeptor (genauer: gegen die α-Kette CD25), der ursprünglich in der immunsuppressiven Behandlung akuter Abstoßungsreaktionen nach Nierentransplantationen eingesetzt wurde. 2016 wurde das Daclizumab-Präparat Zinbryta zur Behandlung der schubförmigen Multiplen Sklerose in der EU[1] und in den USA[2] zugelassen. Im März 2018 wurde der Wirkstoff weltweit aufgrund schwerer unerwünschter Wirkungen vom Markt genommen.[3][4] Parallel dazu gab es auch eine entsprechende Empfehlung seitens der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA).[5] Im Mai 2018 widerrief die EMA die Zulassung und Zinbryta wurde aus Krankenhäusern und Apotheken zurückgerufen.[6]
Eigenschaften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Daclizumab ist ein humanisierter monoklonaler Antikörper vom Typ IgG1. Der Antikörper wird rekombinant in Zellkulturen von murinen GS-NSO-Myelomzellen produziert.
Unerwünschte Wirkungen (Nebenwirkungen)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Juni 2017 startete das Pharmacovigilance Risk Assessment Committee (PRAC) der Europäischen Zulassungsbehörde (EMA) ein Verfahren, das den Tod eines mit Daclizumab behandelten Patienten aufgrund eines Leberversagens untersuchte. Hinzu kommen vier Fälle von schwerer Leberbeeinträchtigung.[7][8] Während dieser Untersuchung ist die Anwendung von Daclizumab auf Patienten mit einer hoch aktiven, rezidivierenden Erkrankung beschränkt, die auf eine andere Behandlung nicht ansprechen, sowie auf Patienten mit einer sich schnell entwickelnden, rezidivierenden Erkrankung, die nicht mit anderen Medikamenten behandelt werden können. Außerdem darf das Medikament keinen Patienten mit Leberschäden gegeben werden.[9] Das PRAC empfahl im Oktober 2017, Daclizumab mit weiteren Einschränkungen zu belegen. Um das Risiko zu reduzieren, sollten Ärzte das Medikament nur für rezidivierende Formen der Multiplen Sklerose verschreiben und auch nur dann, wenn die Patienten auf mindestens 2 andere krankheitsmodifizierende Therapien nicht ausreichend angesprochen haben und nicht mit anderen krankheitsmodifizierenden Medikamenten behandelt werden können. Vor jeder Behandlung mit Daclizumab sollte die Leberfunktion des Patienten (ALT, AST, Bilirubin) mindestens einmal monatlich überprüft werden. Nach Beendigung der Behandlung muss die Leberfunktion noch 6 Monate lang weiterbeobachtet werden. Bei Patienten mit bestehender Lebererkrankung und Patienten, deren Leberenzymwerte über dem 2-fachen der oberen Normgrenze liegen, sollte Daclizumab nicht eingesetzt werden. Auch bei Multiple-Sklerose-Patienten, die noch andere Autoimmunerkrankungen haben, rät das PRAC von der Anwendung ab.[10]
Im März 2018 wurde der Wirkstoff aufgrund schwerer unerwünschter Wirkungen (Enzephalitis, Meningoenzephalitis), die zum Teil tödlich verliefen, vom Markt genommen.[3][4][5] Im Mai 2018 widerrief die EMA die Zulassung.[6]
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Daclizumab wurde, aufbauend auf Forschungsergebnissen der Arbeitsgruppe von Thomas Waldmann,[11] am National Institutes of Health von dem amerikanischen Biotechnologieunternehmen PDL Biopharma entwickelt.[12] Die Erstzulassung erfolgte im Dezember 1997 in den USA; Daclizumab war der erste humanisierte Antikörper, der von der FDA zugelassen wurde. Die Zulassung für die Europäische Union wurde im Februar 1999 erteilt. 2006 beantragte Hoffmann-La Roche bei der EU-Kommission die Rücknahme der Zulassung von Zenapax aus kommerziellen Gründen; die Entscheidung soll nicht im Zusammenhang mit Bedenken zur Sicherheit des Arzneimittels gestanden haben. Im Juni 2008 traf die EU-Kommission eine entsprechende Entscheidung mit Wirkung zum 1. Januar 2009.[13]
Für die Entwicklung von Daclizumab zur Behandlung der Multiplen Sklerose hatte PDL Biopharma eine Allianz mit dem Biotechnologieunternehmen Biogen Idec gebildet. Bei der erneuten Zulassung 2016 unter Zinbryta wurde das Medikament als „Wunderwaffe der Neurologen“ in Fachzeitschriften betitelt. Zinbryta gewann 2017 den Preis „Das innovativste Produkt“ der Neurologen.[14] Schnell wurden tausende MS-Patienten in Deutschland auf das neue Medikament umgestellt, von dem man sich eine Verlangsamung des Fortschreiten der chronischen Nervenerkrankung versprach. Die EMA hatte es uneingeschränkt zugelassen, so dass es auch Patienten mit leichterem Krankheitsverlauf verschrieben bekamen, während die amerikanische FDA die Verwendung nur eingeschränkt erlaubt hatte. Die EMA rechtfertigte sich damit, dass die Vorteile von Zinbryta die Risiken überwogen hätten – eine Fehleinschätzung, denn aufgrund schwerster Nebenwirkungen starben mindestens sieben Menschen und weitere sollen auf Intensivstationen überall in Deutschland liegen. Betroffen waren vor allem deutsche Patienten, von denen mehr als 2890 Patienten im ersten Jahr nach der Wiederzulassung umgestellt wurden (im restlichen Europa waren es nur 400). Biogen soll im Marketing vorschnellen Optimismus verbreitet haben, bereits in den Zulassungsstudien sollen schwere Nebenwirkungen und sogar Todesfälle aufgetreten sein, die der Hersteller nicht in Verbindung mit dem Medikament brachte.[15]
Im März 2018 wurde der Wirkstoff aufgrund der schweren unerwünschter Wirkungen (Enzephalitis, Meningoenzephalitis), die zum Teil tödlich verliefen, vom Markt genommen.[3][4][5]
Handelsnamen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Zenapax (2009 vom Markt genommen)
- Zinbryta (2018 vom Markt genommen)
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Nomenklatur der monoklonalen Antikörper: Konvention zur Benennung von monoklonalen Antikörpern
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Europäischer öffentlicher Beurteilungsbericht zu Zinbryta ema.europa.eu
- ↑ Zulassungsdokumente der FDA zu Zinbryta accessdata.fda.gov.
- ↑ a b c Biogen und AbbVie geben die eigenverantwortliche weltweite Rücknahme der Marktzulassung von Zinbryta (Daclizumab) zur Behandlung der Multiplen Sklerose bekannt ( vom 8. März 2018 im Internet Archive), PM Biogen vom 2. März 2018, abgerufen am 15. März 2018
- ↑ a b c Voluntary withdrawal of ZINBRYTA® (daclizumab) in United States, Prescriber Letter von Biogen vom 12. März 2018, abgerufen am 15. März 2018 (englisch).
- ↑ a b c EMA recommends immediate suspension and recall of multiple sclerosis medicine Zinbryta, PM EMA vom 7. März 2018, abgerufen am 15. März 2018.
- ↑ a b EMA review of Zinbryta confirms medicine’s risks outweigh its benefits, PM EMA vom 18. Mai 2018, abgerufen am 19. Mai 2018.
- ↑ EMA review s multiple sclerosis medicine Zinbryta, PM EMA vom 9. Juni 2017, abgerufen am 9. Juni 2017
- ↑ PRAC Launches Safety Review of MS Drug Daclizumab (Zinbryta), Medscape.com vom 9. Juni 2017, abgerufen am 9. Juni 2017.
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- ↑ Meeting highlights from the Pharmacovigilance Risk Assessment Committee (PRAC) 23-26 October 2017, PM EMA vom 27. Oktober 2017, abgerufen am 27. Oktober 2017.
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- ↑ EMEA public statement on the market withdrawal of Daclizumab (Zenapax Darstellung der Zulassungsgeschichte von Daclizumab auf der Webseite pharmacologycorner.com, Januar 2009, abgerufen am 15. März 2009.
- ↑ Zinbryta ist „Das innovativste Produkt“ 2017 der Neurologen pharma-trend.com vom 12. September 2017
- ↑ plusminus vom 20. Februar 2019