„Walter Sickert“ – Versionsunterschied
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{{Dieser Artikel|beschreibt den englischen Maler; zum deutschen Politiker gleichen Namens siehe [[Walter Sickert (Politiker)]].}} |
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'''Walter Richard Sickert''' (* 31. Mai 1860 in [[München]]; † 22. Januar 1942 in [[Bath (England)|Bath]]) war ein englischer Maler. Sein Vater Oswald war dänisch-deutscher und seine Mutter Eleanor anglo-irischer Abstammung. 1868 ließ sich die Familie in England nieder. |
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[[Datei:Walter Sickert photo by George Charles Beresford 1911.jpg|mini|hochkant|Walter Sickert, 1911, Fotografie von [[George Charles Beresford]]]] |
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'''Walter Richard Sickert''' (* [[31. Mai]] [[1860]] in [[München]], [[Königreich Bayern]]; † [[22. Januar]] [[1942]] in [[Bath]], [[Vereinigtes Königreich]]) war ein in Deutschland geborener englischer Maler. Er gilt als exzentrische, aber einflussreiche Figur des Überganges vom [[Impressionismus]] zur [[Moderne#Kunstgeschichte|Moderne]]. |
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== Leben und Werk == |
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Sickert gilt als exzentrische, aber einflussreiche Figur des Überganges vom [[Impressionismus]] zum [[Modernismus]]. |
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Sickert kam aus einer Familie, der zahlreiche Maler entstammten. Sein Vater [[Oswald Sickert|Oswald]] war dänisch-deutscher und seine Mutter Eleanor anglo-irischer Herkunft. 1868 ließ sich die Familie in England nieder. Mit 17 Jahren verließ Walter die Schule. Da sein Vater der Malerei ablehnend gegenüberstand, wurde er zunächst Schauspieler. Er übernahm kleinere Rollen in Sir [[Henry Irving]]s Gesellschaft, bevor er als Assistent in die Werkstatt von [[James McNeill Whistler]] eintrat. Sickert war ein [[Kosmopolitismus|Kosmopolit]], der jedoch „normale“ Leute und Schauplätze als Themen für seine Bilder bevorzugte. In vielen Musikhallen- oder Theaterszenen zeigte sich der Einfluss [[Edgar Degas|Degas]]’ und [[James McNeill Whistler|Whistlers]]. Nach seiner ersten Ausstellung 1884 nannte man ihn in Fachkreisen einen Schüler Whistlers. |
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Sickert war dreimal verheiratet. 1885 heiratete er Ellen Cobden, die Tochter des Unternehmers und [[Liberalismus|liberalen Politikers]] [[Richard Cobden]]. Die Ehe wurde 1899 geschieden. 1911 schloss er eine Ehe mit der 18 Jahre jüngeren Christine Drummond Angus, die 1920 starb. 1926 heiratete er seine langjährige Freundin, die Malerin [[Thérèse Lessore]]. |
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Sickert entstammte einer Malerfamilie und verließ mit 17 Jahren die Schule. Da sein Vater ihn eher entmutigte, als zum Malen ermunterte, versuchte er zuerst sein Glück als Schauspieler. Er spielte kleinere Rollen in Sir [[Henry Irving]]s Company, bevor er als Assistent in die Werkstatt von [[James McNeill Whistler]] eintrat. Später studierte er in Paris mit [[Edgar Degas]]. |
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[[Datei:Harold Gilman portrait by walter sickert.jpg|mini|hochkant|Walter Sickert: ''Portrait of Harold Gilman'', 1911]] |
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Sickert war ein [[Kosmopolit]], der normale Leute und Schauplätze als Themen für seine Bilder bevorzugte. In vielen Musikhallen- oder Theaterszenen zeigte sich der Einfluss Degas und Whistlers. Nach seiner ersten Ausstellung 1884 nannte man ihn einen »Schüler Whistlers«. |
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Sickert fertigte zahlreiche Bilder und Skizzen der Londoner Musikhallen und ihres Publikums an und hielt auch Abendkurse ab. Viele seiner Arbeiten wurden im ''[[New English Art Club]]'' (dem Gegenpart zur [[Royal Academy of Arts|Royal Academy]]) ausgestellt. 1894/95 wurden seine Zeichnungen in [[Aubrey Beardsley]]s berühmtem ''Yellow Book'' abgedruckt. |
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Nach seiner Scheidung von Ellen Cobden lebte er in [[Venedig]], [[Paris]] und an der französischen Atlantikküste in [[Dieppe]] und [[Neuville-au-Plain]]. Dort lebte er bei Madame „Titine“ Villain und zeugte ihren Sohn Maurice. 1905 kehrte er nach London zurück und ließ sich in [[Soho (London)|Soho]] nieder. Er unterrichtete am [[Westminster Institute]]. Eine seiner Schülerinnen war die Malerin [[Sylvia Gosse]], die ihn bis zu seinem Tod begleitete. 1907 war er gemeinsam mit [[Harold Gilman]] Gründungsmitglied der ''[[Fitzroy Street Group]]'' und gründete, wiederum mit Gilman, 1911 die [[Camden Town Group]] der britischen Maler. Kurz vor dem Ersten Weltkrieg setzte er sich für die [[Moderne|Modernisten]] [[Lucien Pissarro]], [[Jacob Epstein]], [[Augustus John]] und [[Wyndham Lewis]] ein. |
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Degas hatte ihn seiner Zeit ermuntert, Fotografien als Grundlage für seine Bilder zu benutzen, und in seiner Spätphase verwendete Sickert fast ausschließlich Fotografien und Nachbearbeitungen [[viktorianischer]] Bilder. Auch schrieb und unterrichtete er viel. 1924 wurde Sickert Mitglied der »Royal Academy«. 1941 wurde Sickert mit einer großen Einzelausstellung in der [[»National Gallery«]] geehrt. Im folgenden Jahr starb er in Bath. |
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|Text=Ich saß neben Sickert & hatte ihn gerne, wie er auf seine arbeiterhafte, aber überhaupt nicht gesellschaftsfähige Art über Malerei sprach & über Whistler. Die ungezwungene Art, mit der dieser Künstler redet, hat etwas mir unbeschreiblich Geistesverwandtes; seine Werte dieselben wie meine & deshalb richtig; keine Behinderungen; das Leben reizvoll, gut & interessant; keine Anstrengung; die Kunst grübelt ruhig über all das nach; & nichts von diesem Verhaftetsein an weltliche Dinge, dem ich in Chelsea begegne. |
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|Autor=[[Virginia Woolf]] |
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|Quelle=Tagebücher Januar 1923 |
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|ref=<ref>{{Literatur |Autor=Virginia Woolf |Titel=Gesammelte Werke – Tagebücher 2 |Verlag=S. Fischer |Ort=Frankfurt am Main |Datum=1994 |ISBN=3-10-092555-6 |Seiten=327}}</ref>}} |
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Einer von Sickerts |
Degas hatte ihn inspiriert, Fotografien als Grundlage für seine Bilder zu benutzen. In seiner Spätphase verwendete Sickert fast ausschließlich Fotografien und Nachbearbeitungen [[Viktorianisches Zeitalter|viktorianischer]] Bilder. Auch schrieb und unterrichtete er viel. 1924 wurde Sickert Mitglied der ''Royal Academy''. 1941 wurde er mit einer großen Einzelausstellung in der [[National Gallery (London)|National Gallery]] geehrt. Im folgenden Jahr starb er in Bath. Einer von Sickerts besten Freunden und Förderern war der Zeitungsbaron [[Max Aitken, 1. Baron Beaverbrook|Lord Beaverbrook]], der die größte Einzelsammlung von Sickerts Werken zusammentrug. Diese Sammlung, wie auch die Korrespondenz zwischen Sickert und Beaverbrook befindet sich in Kanada, in der Beaverbrook Kunstgalerie in [[Fredericton]], [[New Brunswick|Neubraunschweig]]. |
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Sickert war auch mit dem Maler [[Charles Isaac Ginner]] bekannt. |
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Sickerts Schwester war [[Helena Swanwick]], eine Feministin und Pazifistin, die in der [[Suffragetten]]bewegung aktiv war. |
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== Familie == |
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Sickert war der Enkel von [[Johann Jürgen Sickert]] sowie der ältere Bruder von [[Bernhard Sickert]]. Seine Schwester [[Helena Swanwick]] wurde [[Feminismus|Feministin]] und [[Pazifismus|Pazifistin]] und war in der [[Suffragetten]]bewegung aktiv. |
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Matthew Sturgis (2004): Walter Sickert: A Life |
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== Ausstellungen == |
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2022 widmete die [[Tate Britain]] Sickert eine größere Ausstellung.<ref>Jonathan Jones: ''Walter Sickert review – serial killer, fantasist or self-hater? This hellish, brilliant show only leaves questions.'' Guardian, 26. April 2022, [https://www.theguardian.com/artanddesign/2022/apr/26/walter-sickert-review-serial-killer-tate-britain-london-show-women-victorian-painter www.theguardian.com] (englisch)</ref> |
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In den Theorien um die Identität des Serienmörders [[Jack the Ripper]] ist in den letzten Jahren häufig der Name Sickerts genannt worden. |
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Erstmalig 1976 in Stephen Knights: „ Jack the Ripper, The Final Solution“ (Neuauflage 1984, nur in englisch). Knight behauptet, die Morde hätten begonnen, als eine gewisse Mary Jane Kelly aus dem Elendsviertel [[Whitechapel]] Erpresserbriefe schrieb. Sie war eine Bekannte von Sickert und zuvor Kindermädchen von Alice Margaret Crook, der Tochter einer illegitimen Verbindung zwischen [[Albert Victor, Herzog von Clarence|Prinz Eddie]] und Annie Crook. Es wurde behauptet, Sickert habe Prinz Eddie und Annie Crook miteinander bekannt gemacht. Da Sickert von Anfang an in diese Situation involviert war, sei er gezwungen worden, an den Jack-the-Ripper-Morden teilzunehmen. Er habe Dr. [[William Gull]] und den Kutscher [[John Netley]] beim aufspüren und töten der Frauen unterstützt, die an dem Erpressungversuch beteiligt waren. Unstimmig sind hier die Daten: Mary Jane Kelly wurde am 9. November 1888 ermordet, der erste dem Ripper zugeschriebene Mord ereignete sich aber an Mary Ann "Polly" Nicholls am 31. August 1888. |
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1888 schrieb Sickert mehrere mit Skizzen illustrierte Briefe an die Londoner Polizei, in denen er sich als Jack the Ripper bezeichnete.<ref>Anna Gruetzner Robins 2022, nach Jonathan Jones, ''Walter Sickert review – serial killer, fantasist or self-hater? This hellish, brilliant show only leaves questions.'' Guardian, 26. April 2022, [https://www.theguardian.com/artanddesign/2022/apr/26/walter-sickert-review-serial-killer-tate-britain-london-show-women-victorian-painter www.theguardian.com] (englisch).</ref> Er malte ein Bild von “Jack the Ripper’s Bedroom” sowie imaginierter Mordszenen. |
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[[Datei:Jack the Ripper's Bedroom.jpg|mini|''Jack the Ripper’s Bedroom'']] |
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Auch Jean Overton Fuller, in „Sickert and the Ripper Crimes: 1888 Ripper Murders and the Artist Walter Richard Sickert“ (nur in englisch 1990), behauptet, dass Sickert der Mörder war. |
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[[Datei:The Camden Town Murder, or, What Shall We Do for the Rent?.jpg|mini|Walter Sickert: ''The Camden Town Murder'' oder ''What Shall We Do for the Rent?'', 1908]] |
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Sickert wurde mehrfach als der Serienmörder [[Jack the Ripper]] identifiziert (s. Literaturliste), erstmals 1976 von Stephen Knight,<ref>Stephen Knight: ''Jack the Ripper, the final solution.'' Treasure books, London 1986, ISBN 1-85051-014-8 (englisch)</ref> 2002 auch von [[Patricia Cornwell]].<ref>Patricia Cornwell: ''Portrait of a Killer. Jack the Ripper Case closed.'' Berkley Books, New York 2003, ISBN 0-425-19273-3 (''Berkley True Crime''), Patricia D. Cornwell: ''Wer war Jack the Ripper? Porträt eines Killers.'' Hoffmann & Campe, Hamburg 2002, ISBN 3-455-09365-5</ref> |
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{{Belege fehlen}} |
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Die Behauptungen werden jedoch von den meisten Fachleuten abgelehnt. |
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== Literatur == |
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Die Meinungen Knights und Fullers sind allerdings bei den sogenannten „Ripperologen“ sehr umstritten. |
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* Ruth Bromberg (Hrsg.): ''Walter Sickert prints, a catalogue raisonné.'' Yale University Press, New Haven 2000, ISBN 0-300-08161-8. |
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* David P. Corbett: ''Walter Sickert, Biography.'' Tate Gallery, London 2001, ISBN 1-85437-308-0. |
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* Robert Emmons: ''Life and opinions of Walter Richard Sickert.'' Lund Humphries, London 1992, ISBN 0-85331-635-X. |
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* [[Jean Overton Fuller]]: ''Sickert and the Ripper crimes. An investigation into the relationship between the Whitechapel murders of 1888 and the English tonal painter Walter Richard Sickert.'' Mandrake, Oxford 1990, ISBN 1-869928-15-6. |
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* Hendrik Püstow, Thomas Schachner: ''Jack the Ripper, Anatomie einer Legende.'' Militzke Verlag, Leipzig 2006, ISBN 3-86189-753-9. |
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* Matthew Sturgis: ''Walter Sickert, a Life.'' Harper Collins, London 2005, ISBN 0-00-720527-9. |
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* {{AKL|103|413|414|Sickert, Walter|Richard Shone}} |
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Im Jahr 2002 brachte die bekannte amerikanische Krimiautorin [[Patricia Cornwell]] ein umfangreiches Buch heraus, wonach Walter Sickert für die Serienmorde in Whitechapel und viele andere Morde verantwortlich war. |
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Sie begründet ihre Behauptungen u. a. mit [[DNA]]-Vergleichen und Interpretationen über Sickerts Bilder und Skizzen. Sie vermutet, dass Sickert auf Grund einer Penisdeformation unfähig zu normalem Sexualverkehr war. Cornwell kaufte 31 Bilder Sickerts und es wird ihr nachgesagt, eines oder mehrere davon zerstört zu haben um an Sickerts DNA zu kommen. Als ein Aufschrei durch die Kunstwelt lief, ließ sie diese Behauptungen dementierten. |
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=== Maler === |
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Cornwell führte Schriftvergleiche durch und überprüfte auch zahlreiche Briefumschläge auf DNA-Spuren. Die meisten wiesen allerdings keine DNA-Spuren auf, was nicht verwundert, wenn man bedenkt wie alt sie sind und wie sie in all den Jahren behandelt wurden. Cornwell berichtet, dass, in einem Fall, die mitochondrische DNA die sie auf einem Ripper-Brief fand, der vermeintlichen Sickert-DNA gleicht. |
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Kritiker ihrer Theorie merken an, dass sie sich bei den Vergleichen nur auf mitochondrische DNA konzentriert habe, die, nach Expertenmeinung, zwischen 10% und 1% der Bevölkerung gemeinam haben. Cornwell erklärt diese Einschränkung damit, dass dies der einzige DNA-Test sei, der nach den vorhandenen DNA-Quellen möglich ist. Ebenso wird kritisiert, dass die meisten, wenn nicht alle Ripper-Briefe von vielen „Ripperologen“ (und von Scotland Yard) als Fakes von „Trittbrettfahrern“ angesehen werden. Selbst wenn Cornwell nachweisen könnte, dass Sickert einen oder mehrere dieser angeblichen Ripper-Briefe schrieb, wäre dies kein handfester Beweis. |
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=== Beiträge zum Verdacht bzgl. Jack the Ripper === |
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Auch Cornwells Behauptung, über Sickerts Unfähigkeit zu normalem Sexualverkehr ist mit Vorsicht zu genießen. Es ist bekannt, dass der Künstler Frauen und Geliebte und auch Kinder hatte (so z.B. Joseph Sickert, der Knight auf die „königliche Verschwörungstheorie“ aufmerksam machte). Weiterhin war der Arzt, den Sickert wegen seiner [[Fistel]]probleme besuchte, Enddarmspezialist (Proktologe), nicht Urologe, den man normalerweise bei einem Penisproblem aufsuchen würde. |
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* [http://jacktheripper.de/tatverdaechtige/sickert/ Täterdiskussion auf jacktheripper.de] |
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== Einzelnachweise == |
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Am problematischsten an Cornwells Theorien ist, dass Sickert eine Anzahl Briefe aus seinem Urlaubsort in Frankreich verschickte, in der Zeit in der die Ripper-Morde begangen wurden. Cornwell behauptet, dass er per Schiff nach London und zurück gereist sei, kann das aber nicht belegen. |
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<references /> |
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{{Normdaten|TYP=p|GND=118797034|LCCN=n50024008|VIAF=39554004}} |
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*http://www.artsworld.com/art-architecture/biographies/s-u/walter-richard-sickert.html Künstlerisches Vermächtnis Walter Sickert |
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*http://www.patriciacornwell.com Patricia Cornwells Website |
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*http://www.liverpoolmuseums.org.uk/walker/collections/20c/Sickert.asp Bild von Walter Sickert: „Badegäste, Dieppe“ (1902) |
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{{SORTIERUNG:Sickert, Walter}} |
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[[Kategorie:Maler (Vereinigtes Königreich)]] |
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[[Kategorie:Camden Town Group]] |
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[[Kategorie:Jack the Ripper]] |
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[[Kategorie:Gestorben 1942]] |
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[[Kategorie:Mann]] |
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{{Personendaten |
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[[en:Walter Sickert]] |
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|NAME=Sickert, Walter |
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|ALTERNATIVNAMEN=Sickert, Walter Richard (vollständiger Name) |
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|KURZBESCHREIBUNG=englischer Maler |
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|GEBURTSDATUM=31. Mai 1860 |
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|GEBURTSORT=[[München]], [[Königreich Bayern]] |
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|STERBEDATUM=22. Januar 1942 |
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|STERBEORT=[[Bath]], [[Vereinigtes Königreich]] |
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Aktuelle Version vom 1. Mai 2025, 14:14 Uhr

Walter Richard Sickert (* 31. Mai 1860 in München, Königreich Bayern; † 22. Januar 1942 in Bath, Vereinigtes Königreich) war ein in Deutschland geborener englischer Maler. Er gilt als exzentrische, aber einflussreiche Figur des Überganges vom Impressionismus zur Moderne.
Leben und Werk
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Sickert kam aus einer Familie, der zahlreiche Maler entstammten. Sein Vater Oswald war dänisch-deutscher und seine Mutter Eleanor anglo-irischer Herkunft. 1868 ließ sich die Familie in England nieder. Mit 17 Jahren verließ Walter die Schule. Da sein Vater der Malerei ablehnend gegenüberstand, wurde er zunächst Schauspieler. Er übernahm kleinere Rollen in Sir Henry Irvings Gesellschaft, bevor er als Assistent in die Werkstatt von James McNeill Whistler eintrat. Sickert war ein Kosmopolit, der jedoch „normale“ Leute und Schauplätze als Themen für seine Bilder bevorzugte. In vielen Musikhallen- oder Theaterszenen zeigte sich der Einfluss Degas’ und Whistlers. Nach seiner ersten Ausstellung 1884 nannte man ihn in Fachkreisen einen Schüler Whistlers.
Sickert war dreimal verheiratet. 1885 heiratete er Ellen Cobden, die Tochter des Unternehmers und liberalen Politikers Richard Cobden. Die Ehe wurde 1899 geschieden. 1911 schloss er eine Ehe mit der 18 Jahre jüngeren Christine Drummond Angus, die 1920 starb. 1926 heiratete er seine langjährige Freundin, die Malerin Thérèse Lessore.

Sickert fertigte zahlreiche Bilder und Skizzen der Londoner Musikhallen und ihres Publikums an und hielt auch Abendkurse ab. Viele seiner Arbeiten wurden im New English Art Club (dem Gegenpart zur Royal Academy) ausgestellt. 1894/95 wurden seine Zeichnungen in Aubrey Beardsleys berühmtem Yellow Book abgedruckt.
Nach seiner Scheidung von Ellen Cobden lebte er in Venedig, Paris und an der französischen Atlantikküste in Dieppe und Neuville-au-Plain. Dort lebte er bei Madame „Titine“ Villain und zeugte ihren Sohn Maurice. 1905 kehrte er nach London zurück und ließ sich in Soho nieder. Er unterrichtete am Westminster Institute. Eine seiner Schülerinnen war die Malerin Sylvia Gosse, die ihn bis zu seinem Tod begleitete. 1907 war er gemeinsam mit Harold Gilman Gründungsmitglied der Fitzroy Street Group und gründete, wiederum mit Gilman, 1911 die Camden Town Group der britischen Maler. Kurz vor dem Ersten Weltkrieg setzte er sich für die Modernisten Lucien Pissarro, Jacob Epstein, Augustus John und Wyndham Lewis ein.
„Ich saß neben Sickert & hatte ihn gerne, wie er auf seine arbeiterhafte, aber überhaupt nicht gesellschaftsfähige Art über Malerei sprach & über Whistler. Die ungezwungene Art, mit der dieser Künstler redet, hat etwas mir unbeschreiblich Geistesverwandtes; seine Werte dieselben wie meine & deshalb richtig; keine Behinderungen; das Leben reizvoll, gut & interessant; keine Anstrengung; die Kunst grübelt ruhig über all das nach; & nichts von diesem Verhaftetsein an weltliche Dinge, dem ich in Chelsea begegne.“
Degas hatte ihn inspiriert, Fotografien als Grundlage für seine Bilder zu benutzen. In seiner Spätphase verwendete Sickert fast ausschließlich Fotografien und Nachbearbeitungen viktorianischer Bilder. Auch schrieb und unterrichtete er viel. 1924 wurde Sickert Mitglied der Royal Academy. 1941 wurde er mit einer großen Einzelausstellung in der National Gallery geehrt. Im folgenden Jahr starb er in Bath. Einer von Sickerts besten Freunden und Förderern war der Zeitungsbaron Lord Beaverbrook, der die größte Einzelsammlung von Sickerts Werken zusammentrug. Diese Sammlung, wie auch die Korrespondenz zwischen Sickert und Beaverbrook befindet sich in Kanada, in der Beaverbrook Kunstgalerie in Fredericton, Neubraunschweig.
Sickert war auch mit dem Maler Charles Isaac Ginner bekannt.
Familie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Sickert war der Enkel von Johann Jürgen Sickert sowie der ältere Bruder von Bernhard Sickert. Seine Schwester Helena Swanwick wurde Feministin und Pazifistin und war in der Suffragettenbewegung aktiv.
Ausstellungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]2022 widmete die Tate Britain Sickert eine größere Ausstellung.[2]
Sickert und die Jack-the-Ripper-Theorien
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]1888 schrieb Sickert mehrere mit Skizzen illustrierte Briefe an die Londoner Polizei, in denen er sich als Jack the Ripper bezeichnete.[3] Er malte ein Bild von “Jack the Ripper’s Bedroom” sowie imaginierter Mordszenen.


Sickert wurde mehrfach als der Serienmörder Jack the Ripper identifiziert (s. Literaturliste), erstmals 1976 von Stephen Knight,[4] 2002 auch von Patricia Cornwell.[5]
Die Behauptungen werden jedoch von den meisten Fachleuten abgelehnt.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ruth Bromberg (Hrsg.): Walter Sickert prints, a catalogue raisonné. Yale University Press, New Haven 2000, ISBN 0-300-08161-8.
- David P. Corbett: Walter Sickert, Biography. Tate Gallery, London 2001, ISBN 1-85437-308-0.
- Robert Emmons: Life and opinions of Walter Richard Sickert. Lund Humphries, London 1992, ISBN 0-85331-635-X.
- Jean Overton Fuller: Sickert and the Ripper crimes. An investigation into the relationship between the Whitechapel murders of 1888 and the English tonal painter Walter Richard Sickert. Mandrake, Oxford 1990, ISBN 1-869928-15-6.
- Hendrik Püstow, Thomas Schachner: Jack the Ripper, Anatomie einer Legende. Militzke Verlag, Leipzig 2006, ISBN 3-86189-753-9.
- Matthew Sturgis: Walter Sickert, a Life. Harper Collins, London 2005, ISBN 0-00-720527-9.
- Richard Shone: Sickert, Walter. In: Allgemeines Künstlerlexikon. Die Bildenden Künstler aller Zeiten und Völker (AKL). Band 103, De Gruyter, Berlin 2019, ISBN 978-3-11-023269-1, S. 413 f.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Maler
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Biographie (englisch)
Beiträge zum Verdacht bzgl. Jack the Ripper
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Joseph Phelan, Cornwell v. Sickert: Portrait of the Artist as a Serial Killer (Porträt des Künstlers als Serienmörder (2002), Rezension (englisch))
- Rezension des Buches von Patricia Cornwell (englisch)
- Stephen Knights Theorie 1978 (englisch)
- Täterdiskussion auf jacktheripper.de
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Virginia Woolf: Gesammelte Werke – Tagebücher 2. S. Fischer, Frankfurt am Main 1994, ISBN 3-10-092555-6, S. 327.
- ↑ Jonathan Jones: Walter Sickert review – serial killer, fantasist or self-hater? This hellish, brilliant show only leaves questions. Guardian, 26. April 2022, www.theguardian.com (englisch)
- ↑ Anna Gruetzner Robins 2022, nach Jonathan Jones, Walter Sickert review – serial killer, fantasist or self-hater? This hellish, brilliant show only leaves questions. Guardian, 26. April 2022, www.theguardian.com (englisch).
- ↑ Stephen Knight: Jack the Ripper, the final solution. Treasure books, London 1986, ISBN 1-85051-014-8 (englisch)
- ↑ Patricia Cornwell: Portrait of a Killer. Jack the Ripper Case closed. Berkley Books, New York 2003, ISBN 0-425-19273-3 (Berkley True Crime), Patricia D. Cornwell: Wer war Jack the Ripper? Porträt eines Killers. Hoffmann & Campe, Hamburg 2002, ISBN 3-455-09365-5
Personendaten | |
---|---|
NAME | Sickert, Walter |
ALTERNATIVNAMEN | Sickert, Walter Richard (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | englischer Maler |
GEBURTSDATUM | 31. Mai 1860 |
GEBURTSORT | München, Königreich Bayern |
STERBEDATUM | 22. Januar 1942 |
STERBEORT | Bath, Vereinigtes Königreich |