„The Market for Lemons“ – Versionsunterschied
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'''The Market for Lemons: Quality Uncertainty and the Market Mechanism''' ({{deS|„Der Markt für Zitronen: Qualität, Ungewissheit und der Marktmechanismus“}}) ist der Titel eines [[Essay|Aufsatzes]] des US-amerikanischen [[Wirtschaftswissenschaftler]]s [[George A. Akerlof]] aus dem Jahre 1970, der sich mit der Thematik der [[Asymmetrische Information|asymmetrischen Information]] zwischen zwei oder mehr [[Vertragspartei]]en befasst. |
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Das sogenannte '''Saure-Gurken-Problem''' (englisch ''Lemons problem'', daher auch ''Zitronenproblem'') wurde von [[George A. Akerlof]] in seinem Aufsatz ''The Market for Lemons'' entwickelt. Es stellt einen Unterfall [[asymmetrische Information|asymmetrischer Information]], die sogenannten ''[[hidden characteristics]]'' dar: |
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== Allgemeines == |
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Da Käufer von Gebrauchtwagen die Qualität der angebotenen Gebrauchtwagen (wenn überhaupt) nicht kostenlos beurteilen können, würden sie in einem Markt, in dem sowohl gute als auch schlechte Gebrauchtwagen („saure Gurken“) angeboten werden, zum Beispiel einen Erwartungswert für die Qualität des Autos bilden. (Wenn sie für einen guten Wagen 1.000 zahlen würden und für einen schlechten 200 und im Markt gleichviel gute und schlechte Wagen vorhanden sind, wären sie für einen unbekannten Wagen bereit, 600 zu zahlen). Dieser Preis liegt aber unter dem Reservationspreis (einiger) der Anbieter guter Wagen. Diese Anbieter sind nicht bereit zu diesem Preis zu verkaufen und werden den Markt verlassen. Damit werden systematisch die Anbieter guter Gebrauchtwagen aus dem Markt gedrängt, so dass am Ende nur noch schlechte Gebrauchtwagen angeboten würden. (Vgl. Akerlof, G. A.: The Market for "Lemons", in: Quarterly Journal of Economics, Vol. 89 (1970), S. 488-500.) |
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Mit der Bezeichnung „Zitronen“ ist nicht etwa das [[Agrarprodukt]] gemeint.<ref>„Lemon“ als Metapher einer sauren, wenig schmackhaften Frucht, einer [[suboptimal]]en Ernte bzw. Anschaffung</ref> Vielmehr versteht die US-amerikanische [[Umgangssprache]] hierunter [[Montagsstück|Montagsautos]]<ref>Horst Demmler, ''Grundlagen der Mikroökonomie'', 4. Aufl. 2000, S. 220 f.; ISBN 978-3-486-25529-4</ref> oder [[Gebrauchtwagen]] geringer Qualität, die Akerlof in seinem Aufsatz beschrieb. |
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Akerlof erhielt für seine Arbeit im Jahre 2001 den [[Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften|Alfred-Nobel-Gedächtnispreis]]. |
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In diesem Fall bricht der Markt vollständig zusammen. Man kann den Zusammenbruch zwar verhindern, dies verursacht aber Kosten, so dass die optimale Lösung des vollkommenen Marktes nicht erreicht wird. Die Beseitigung oder Abmilderung der [[Informationsasymmetrie]] verursacht dabei Kosten (z. B. TÜV-/DEKRA-Siegel für Gebrauchtwagen, umfangreiche Probefahrten). Auch in den anderen Fällen asymmetrischer Information kommt es zu einer Abweichung von der effizienten Lösung bei vollständiger Information, im Rahmen der [[Prinzipal-Agent-Theorie]] werden diese Kosten als [[Agenturkosten]] bezeichnet. |
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== Inhalt == |
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Akerlof behandelt die [[adverse Selektion]] auf dem Markt für Gebrauchtwagen.<ref>George A. Akerlof, ''The Market for Lemons: Quality Uncertainty and the Market Mechanism'', in: Quarterly Journal of Economics 84, 1970, S. 488–500</ref> Diese Gebrauchtwagen gehören zwei Güteklassen an, entweder zu den guten Gebrauchtwagen ({{enS|plums, peaches}}) oder den schlechten ({{enS|lemons}}). Während der [[Verkäufer]] der Gebrauchtwagen deren Qualität kennt, kann der Käufer (etwa ein [[Autohändler]]) nur eingeschränkt gute von schlechten Fahrzeugen unterscheiden.<ref>[https://www.google.de/books/edition/Staatliches_Handeln_in_der_Exportkreditv/PqfMb8yzbI0C?hl=de&gbpv=1&dq=lemons+gebrauchtwagen&pg=PA78&printsec=frontcover Stormy Mildner, ''Staatliches Handeln in der Exportkreditversicherung'', 2007, S. 78 f.]</ref> Der Käufer ist mit dem Problem der „verdeckten Eigenschaften“ ({{enS|[[hidden characteristics]]}}) konfrontiert und muss einen [[Erwartungswert]] für die Qualität des Autos bilden. Er muss zudem [[Informationskosten]] aufwenden, um das Fahrzeug in eine der Güteklassen einordnen zu können. Ohne diese Kenntnis ist er nicht bereit, einen hohen [[Marktpreis]] zu bezahlen, sondern seine [[Zahlungsbereitschaft (Betriebswirtschaft)|Zahlungsbereitschaft]] orientiert sich an der im Markt vorhandenen Durchschnittsqualität. Dieser Preis liegt aber unter dem [[Reservationspreis]] (einiger) der Anbieter von guten Wagen. Da dieser jedoch nicht den realen [[Marktwert]] für Fahrzeuge hoher Qualität widerspiegelt, sind die Verkäufer guter Gebrauchtwagen nicht mehr in der Lage, einen für sie adäquaten Preis zu erzielen. Die Verkäufer ziehen deshalb ihr Angebot für gute Gebrauchtwagen zu Gunsten schlechter Fahrzeuge zurück, so dass die Durchschnittsqualität auf dem Markt sinkt; der Markt für gute Gebrauchtwagen bricht zusammen ([[Marktversagen]]) oder entsteht erst gar nicht.<ref>George A. Akerlof, ''The Market for Lemons: Quality Uncertainty and the Market Mechanism'', in: Quarterly Journal of Economics 84, 1970, S. 489–492</ref> |
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== Wirtschaftliche Aspekte == |
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Dass ein Verkäufer einen [[Wissensvorsprung]] gegenüber dem Käufer besitzt, betrifft alle [[Gütermarkt|Gütermärkte]]. Akerlof war der Erste, der die Auswirkungen asymmetrischer Information bezüglich der [[Produktqualität]] untersuchte:<ref>Robert S. Pindyck/Daniel L. Rubinfeld, ''Mikroökonomie'', 7. Auflage, 2009, S. 800 f.; ISBN 3-8273-7282-8</ref> Wenn Käufer Güter bezüglich der Produktqualität nur schwer beurteilen können, werden sie im Durchschnitt weniger zahlen, als sie zahlen würden, wenn sie nur aus leicht zu beurteilenden Gütern hoher Produktqualität wählen könnten. Sie berücksichtigen das Risiko, eine „lemon“ zu erwischen. So kann die [[Verdrängungswettbewerb|Marktverdrängung]] von Anbietern hoher Produktqualitäten bei notwendigerweise höheren Preisen erklärt werden. |
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Die Beseitigung der Informationsasymmetrie dient als Lösung, ist aber mit zusätzlichen Kosten verbunden (z. B. [[TÜV]]-/[[DEKRA]]-Siegel für Gebrauchtwagen, umfangreiche Probefahrten). Des Weiteren können die Anbieter mit hoher Qualität auch Produkte geringerer Qualität produzieren, um nicht vom Markt verdrängt zu werden ([[Produktdifferenzierung]]). |
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Auch in den anderen Fällen asymmetrischer Information kommt es zu einer Abweichung von der effizienten Lösung bei [[Vollständige Information|vollständiger Information]], im Rahmen der [[Prinzipal-Agent-Theorie]] werden diese Kosten als [[Agenturkosten]] bezeichnet. |
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== Rezeption == |
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„The Market for Lemons“ löste einen Paradigmenwechsel in der ökonomischen Forschung aus, der als [[Neue Institutionenökonomik]] bis heute aktuell ist. Dem [[Politikwissenschaftler]] [[Robert O. Keohane]] half Akerlofs Aufsatz bei der Entwicklung des Ansatzes des [[Neoliberaler Institutionalismus|neoliberalen Institutionalismus]].<ref>[https://www.youtube.com/watch?v=5foxGFXNl-s Conversations with History: Robert O. Keohane], bei 18:10, auf [[YouTube]]. Abgerufen am 22. November 2016.</ref> |
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== Siehe auch == |
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* [[Lemon Laws]] |
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== Literatur == |
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* {{Internetquelle |url=http://www.cesifo-group.de/de/ifoHome/policy/Staff-Comments-in-the-Media/Press-articles-by-staff/Archive/Eigene-Artikel-2008/medienecho_6994769_ifostimme-bz-26-04-08.html |titel=Wenn Banken mit Zitronen handeln |datum=2008-04-26 |abruf=2020-11-07 |werk=Börsenzeitung Nr. 81 vom 26. April 2008 |autor=[[Hans-Werner Sinn]] |offline=2022-12-31 }} |
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* alternativ: {{Internetquelle |url=https://www.hanswernersinn.de/de/wenn-banken-zitronen-handeln-project-syndicate-2008 |titel=Wenn Banken mit „Zitronen“ handeln |datum=2008-04-26 |abruf=2022-12-31 |werk=Homepage von Hans-Werner Sinn |titelerg=Project Syndicate, April 2008 |autor=Hans-Werner Sinn}} |
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== Einzelnachweise == |
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<references/> |
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[[Kategorie:Neue Institutionenökonomik]] |
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[[Kategorie:Wettbewerbstheorie]] |
Aktuelle Version vom 23. Dezember 2024, 22:08 Uhr
The Market for Lemons: Quality Uncertainty and the Market Mechanism (deutsch „Der Markt für Zitronen: Qualität, Ungewissheit und der Marktmechanismus“) ist der Titel eines Aufsatzes des US-amerikanischen Wirtschaftswissenschaftlers George A. Akerlof aus dem Jahre 1970, der sich mit der Thematik der asymmetrischen Information zwischen zwei oder mehr Vertragsparteien befasst.
Allgemeines
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Mit der Bezeichnung „Zitronen“ ist nicht etwa das Agrarprodukt gemeint.[1] Vielmehr versteht die US-amerikanische Umgangssprache hierunter Montagsautos[2] oder Gebrauchtwagen geringer Qualität, die Akerlof in seinem Aufsatz beschrieb.
Akerlof erhielt für seine Arbeit im Jahre 2001 den Alfred-Nobel-Gedächtnispreis.
Inhalt
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Akerlof behandelt die adverse Selektion auf dem Markt für Gebrauchtwagen.[3] Diese Gebrauchtwagen gehören zwei Güteklassen an, entweder zu den guten Gebrauchtwagen (englisch plums, peaches) oder den schlechten (englisch lemons). Während der Verkäufer der Gebrauchtwagen deren Qualität kennt, kann der Käufer (etwa ein Autohändler) nur eingeschränkt gute von schlechten Fahrzeugen unterscheiden.[4] Der Käufer ist mit dem Problem der „verdeckten Eigenschaften“ (englisch hidden characteristics) konfrontiert und muss einen Erwartungswert für die Qualität des Autos bilden. Er muss zudem Informationskosten aufwenden, um das Fahrzeug in eine der Güteklassen einordnen zu können. Ohne diese Kenntnis ist er nicht bereit, einen hohen Marktpreis zu bezahlen, sondern seine Zahlungsbereitschaft orientiert sich an der im Markt vorhandenen Durchschnittsqualität. Dieser Preis liegt aber unter dem Reservationspreis (einiger) der Anbieter von guten Wagen. Da dieser jedoch nicht den realen Marktwert für Fahrzeuge hoher Qualität widerspiegelt, sind die Verkäufer guter Gebrauchtwagen nicht mehr in der Lage, einen für sie adäquaten Preis zu erzielen. Die Verkäufer ziehen deshalb ihr Angebot für gute Gebrauchtwagen zu Gunsten schlechter Fahrzeuge zurück, so dass die Durchschnittsqualität auf dem Markt sinkt; der Markt für gute Gebrauchtwagen bricht zusammen (Marktversagen) oder entsteht erst gar nicht.[5]
Wirtschaftliche Aspekte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Dass ein Verkäufer einen Wissensvorsprung gegenüber dem Käufer besitzt, betrifft alle Gütermärkte. Akerlof war der Erste, der die Auswirkungen asymmetrischer Information bezüglich der Produktqualität untersuchte:[6] Wenn Käufer Güter bezüglich der Produktqualität nur schwer beurteilen können, werden sie im Durchschnitt weniger zahlen, als sie zahlen würden, wenn sie nur aus leicht zu beurteilenden Gütern hoher Produktqualität wählen könnten. Sie berücksichtigen das Risiko, eine „lemon“ zu erwischen. So kann die Marktverdrängung von Anbietern hoher Produktqualitäten bei notwendigerweise höheren Preisen erklärt werden.
Die Beseitigung der Informationsasymmetrie dient als Lösung, ist aber mit zusätzlichen Kosten verbunden (z. B. TÜV-/DEKRA-Siegel für Gebrauchtwagen, umfangreiche Probefahrten). Des Weiteren können die Anbieter mit hoher Qualität auch Produkte geringerer Qualität produzieren, um nicht vom Markt verdrängt zu werden (Produktdifferenzierung).
Auch in den anderen Fällen asymmetrischer Information kommt es zu einer Abweichung von der effizienten Lösung bei vollständiger Information, im Rahmen der Prinzipal-Agent-Theorie werden diese Kosten als Agenturkosten bezeichnet.
Rezeption
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]„The Market for Lemons“ löste einen Paradigmenwechsel in der ökonomischen Forschung aus, der als Neue Institutionenökonomik bis heute aktuell ist. Dem Politikwissenschaftler Robert O. Keohane half Akerlofs Aufsatz bei der Entwicklung des Ansatzes des neoliberalen Institutionalismus.[7]
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Hans-Werner Sinn: Wenn Banken mit Zitronen handeln. In: Börsenzeitung Nr. 81 vom 26. April 2008. 26. April 2008, ehemals im (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 7. November 2020. (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
- alternativ: Hans-Werner Sinn: Wenn Banken mit „Zitronen“ handeln. Project Syndicate, April 2008. In: Homepage von Hans-Werner Sinn. 26. April 2008, abgerufen am 31. Dezember 2022.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ „Lemon“ als Metapher einer sauren, wenig schmackhaften Frucht, einer suboptimalen Ernte bzw. Anschaffung
- ↑ Horst Demmler, Grundlagen der Mikroökonomie, 4. Aufl. 2000, S. 220 f.; ISBN 978-3-486-25529-4
- ↑ George A. Akerlof, The Market for Lemons: Quality Uncertainty and the Market Mechanism, in: Quarterly Journal of Economics 84, 1970, S. 488–500
- ↑ Stormy Mildner, Staatliches Handeln in der Exportkreditversicherung, 2007, S. 78 f.
- ↑ George A. Akerlof, The Market for Lemons: Quality Uncertainty and the Market Mechanism, in: Quarterly Journal of Economics 84, 1970, S. 489–492
- ↑ Robert S. Pindyck/Daniel L. Rubinfeld, Mikroökonomie, 7. Auflage, 2009, S. 800 f.; ISBN 3-8273-7282-8
- ↑ Conversations with History: Robert O. Keohane, bei 18:10, auf YouTube. Abgerufen am 22. November 2016.