„Nicholas Kaldor“ – Versionsunterschied
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Miklós Káldor war der Sohn eines Rechtsanwaltes. Nach dem erfolgreichen Besuch eines Gymnasiums in Budapest ging Kaldor nach [[Berlin]], um dort zu studieren. 1927 wechselte er an die [[London School of Economics and Political Science]]. Später war er Professor an der [[University of Cambridge]]. Er wurde 1963 in die [[British Academy]], 1977 in die [[American Academy of Arts and Sciences]] und 1979 in die [[Ungarische Akademie der Wissenschaften]] aufgenommen. Außerdem erhielt er die Ehrendoktorwürde der [[Universität Dijon]] (1962) und der [[Goethe-Universität Frankfurt am Main]] (1982).<ref>{{cite journal | author= | title=Nicholas Kaldor 1908–1986 | journal=Proceedings of the British Academy | volume=73 | year=1987 | url=http://www.britac.ac.uk/pubs/proc/files/73p517.pdf | pages=517–566 }}</ref> |
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Kaldor war der Sohn eines Rechtsanwaltes. Nach seinem erfolgreichen Besuch eines Gymnasiums in Budapest ging Kaldor nach [[Berlin]], um dort zu studieren. [[1927]] wechselte er an die [[London School of Economics]]. |
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=== Die Konsumfunktion === |
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Kaldor nahm an, dass die Arbeiter einen höheren Teil ihres Einkommens konsumieren würden als die Bezieher von Gewinn- oder Profiteinkommen. Der [[Konsum]] hängt also nicht einfach wie in einfacheren [[Keynesianismus|keynesianischen]] Modellen vom Einkommen Y insgesamt ab, sondern auch von der Aufteilung des Einkommens in Lohneinkommen L und Profiteinkommen P (engl. „profit“). |
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Im Alter von 78 Jahren starb Nicolas Kaldor 1986 in Cambridge. |
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Gesamtwirtschaftliches Einkommen Y:<math>Y = L + P</math> |
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wobei L die Löhne und P die [[Profit]]e ([[Gewinn]]e) sind. |
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Konsum C: <math>C = c_l \cdot L + c_p \cdot P</math> |
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Kaldor befasste sich mit der [[Wachstumstheorie]]. Einer seiner Beiträge dazu ist die Funktion [[technischer Fortschritt|technischen Fortschritts]]. Sie stellt eine Beziehung her zwischen der Steigerungsrate der Arbeitsproduktivität in Abhängigkeit von der Steigerungsrate der Kapitalintensität. Die Kapitalintensität ist dabei der Kapitalstock (Fabriken, Gebäude usw.) im Verhältnis zur Anzahl der Beschäftigten. Kaldor nimmt an, dass je stärker die Kapitalintensität gesteigert wird, desto stärker wird dadurch dann die Arbeitsproduktivität gesteigert. Allerdings geschieht dies unterproportional. Niedrige Steigerungsraten der Kapitalintensität (in der Abbildung unten Steigerungsraten niedriger als 1 %) lösen noch Steigerungsraten der Arbeitsproduktivität aus, die höher sind als die verursachende Steigerungsrate der Kapitalintensität. Hohe Steigerungsraten der Kapitalintensität (in der Abbildung unten höher als 1 %) lösen aber Steigerungsraten der Arbeitsproduktivität aus, die niedriger sind, als die sie auslösende Steigerungsrate der Kapitalintensität. Dazwischen gibt es dann eine bestimmte Steigerungsrate der Kapitalintensität (in der Abbildung 1 %), die eine gleich große Steigerungsrate der Arbeitsproduktivität auslöst. Dies wäre ein "Gleichgewichtspunkt". Produktion und Kapitalstock wachsen dann mit gleicher Rate. Solange bei niedrigen Steigerungsraten der Kapitalintensität noch Steigerungsraten der Arbeitsproduktivität ausgelöst werden, die größer sind, rentiert sich für die Kapitalisten eine weitere Steigerung der Kapitalintensität bis zu dem Punkt, wo die Steigerungsrate der Kapitalintensität nur noch gleich große Steigerungsraten der Arbeitsproduktivität auslöst. Da diese technische Fortschrittsfunktion ein Gleichgewicht beinhaltet, wird sie als "well-behaved" bezeichnet, sie verhält sich wohl. |
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wobei <math>c_l > c_p,</math> |
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<math>c_l</math> und <math>c_p</math> sind die konstanten Konsumneigungen der Lohn- und Profiteinkommensbezieher. |
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Würden nämlich beliebig große Steigerungsraten der Kapitalintensität zu noch größeren Steigerungsraten der Arbeitsproduktivität führen, bestünde ein Anreiz für die Unternehmen, dauerhaft den gesamten Unternehmensgewinn nicht in zusätzliche Arbeitsplätze, sondern in die Ausdehnung des Kapitalstocks je Arbeitsplatz zu investieren. Wenn aber solch intensives Wachstum vorherrscht, es wird je Arbeitsplatz immer mehr investiert, nicht in neue Arbeitsplätze (extensives Wachstum), dann kommt es zu Widersprüchen auf gesamtwirtschaftlicher Ebene ([[Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate]]). |
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[[Bild:TechnischeFortschrittsfunktion.PNG|thumb|500px|Die technische Fortschrittsfunktion]] |
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In diesem Wachstumsmodell wächst die Wirtschaft mit der befriedigenden oder gewünschten Rate, wenn die gesamtwirtschaftliche Sparquote s gleich dieser [[Wachstumsrate]] g multipliziert mit dem bei Domar technisch gegebenen Kapitalkoeffizienten v = K/Y ist. Der [[Kapitalkoeffizient]] v gibt an, welcher [[Kapitalstock]] K technisch erforderlich ist, um eine bestimmte [[Produktion]] Y zu erzielen. |
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Es wäre Zufall, wenn s genau diesen Wert hätte. Die [[Konsumfunktion]] von Kaldor erlaubt nun zumindest theoretisch eine Lösung dieses Problems (wobei andere Theorien andere Lösungen vorschlagen), da durch Veränderung der Einkommensverteilung auf Löhne und [[Gewinne]] die gesamtwirtschaftliche [[Konsumquote]] c, die sich mit der gesamtwirtschaftlichen Sparquote s zu 1 ergänzt, verändert werden kann. Ist die [[Sparquote]] zu niedrig, muss der Anteil der Gewinne am Gesamteinkommen erhöht, ist sie zu hoch, muss dieser Anteil vermindert werden. |
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=== Die technische Fortschrittsfunktion === |
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Ein weiterer Beitrag Kaldors zur [[Wachstumstheorie]] ist die Funktion [[Technischer Fortschritt|technischen Fortschritts]], die [[technische Fortschrittsfunktion]]. Sie stellt eine Beziehung her zwischen der Steigerungsrate der [[Arbeitsproduktivität]] in Abhängigkeit von der Steigerungsrate der [[Kapitalintensität]]. Die Kapitalintensität ist dabei der Kapitalstock (Fabriken, Gebäude usw.) im Verhältnis zur Anzahl der Beschäftigten. |
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Aktuelle Version vom 8. Februar 2025, 13:42 Uhr

Nicholas Kaldor, Baron Kaldor (geboren 12. Mai 1908 in Budapest, Österreich-Ungarn; gestorben 30. September 1986 in Papworth Everard, Cambridgeshire) war ein britischer Ökonom. Er galt als Keynesianer.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Miklós Káldor war der Sohn eines Rechtsanwaltes. Nach dem erfolgreichen Besuch eines Gymnasiums in Budapest ging Kaldor nach Berlin, um dort zu studieren. 1927 wechselte er an die London School of Economics and Political Science. Später war er Professor an der University of Cambridge. Er wurde 1963 in die British Academy, 1977 in die American Academy of Arts and Sciences und 1979 in die Ungarische Akademie der Wissenschaften aufgenommen. Außerdem erhielt er die Ehrendoktorwürde der Universität Dijon (1962) und der Goethe-Universität Frankfurt am Main (1982).[1]
Werk
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Konsumfunktion
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Kaldor nahm an, dass die Arbeiter einen höheren Teil ihres Einkommens konsumieren würden als die Bezieher von Gewinn- oder Profiteinkommen. Der Konsum hängt also nicht einfach wie in einfacheren keynesianischen Modellen vom Einkommen Y insgesamt ab, sondern auch von der Aufteilung des Einkommens in Lohneinkommen L und Profiteinkommen P (engl. „profit“).
Gesamtwirtschaftliches Einkommen Y:
wobei L die Löhne und P die Profite (Gewinne) sind.
Konsum C: wobei
und sind die konstanten Konsumneigungen der Lohn- und Profiteinkommensbezieher.
Harrod-Domar-Modell
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In diesem Wachstumsmodell wächst die Wirtschaft mit der befriedigenden oder gewünschten Rate, wenn die gesamtwirtschaftliche Sparquote s gleich dieser Wachstumsrate g multipliziert mit dem bei Domar technisch gegebenen Kapitalkoeffizienten v = K/Y ist. Der Kapitalkoeffizient v gibt an, welcher Kapitalstock K technisch erforderlich ist, um eine bestimmte Produktion Y zu erzielen.
Es wäre Zufall, wenn s genau diesen Wert hätte. Die Konsumfunktion von Kaldor erlaubt nun zumindest theoretisch eine Lösung dieses Problems (wobei andere Theorien andere Lösungen vorschlagen), da durch Veränderung der Einkommensverteilung auf Löhne und Gewinne die gesamtwirtschaftliche Konsumquote c, die sich mit der gesamtwirtschaftlichen Sparquote s zu 1 ergänzt, verändert werden kann. Ist die Sparquote zu niedrig, muss der Anteil der Gewinne am Gesamteinkommen erhöht, ist sie zu hoch, muss dieser Anteil vermindert werden.
Die technische Fortschrittsfunktion
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ein weiterer Beitrag Kaldors zur Wachstumstheorie ist die Funktion technischen Fortschritts, die technische Fortschrittsfunktion. Sie stellt eine Beziehung her zwischen der Steigerungsrate der Arbeitsproduktivität in Abhängigkeit von der Steigerungsrate der Kapitalintensität. Die Kapitalintensität ist dabei der Kapitalstock (Fabriken, Gebäude usw.) im Verhältnis zur Anzahl der Beschäftigten.
Kaldor-Hicks-Kriterium
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zusammen mit John Richard Hicks veröffentlichte er 1939 das Kaldor-Hicks-Kriterium, mit dem die Effizienz von Kompensationszahlungen bei Wohlfahrtsvergleichen beschrieben wird.
Schriften (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- The essential Kaldor. London, Duckworth, 1989. ISBN 0-7156-2282-X
- Wege zum Wohlstand: Wirtschaftsfragen und Wiederaufbaupläne. Köln: Staufen-Verl., 1948
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Allen, R.G.D.: Macro-Economic Theory: A Mathematical Treatment. London, Melbourne, Toronto: Macmillan, 1968.
- Peuker, Axel: Die Theorien des Nicholas Lord Kaldor: ein Beitrag zum postkeynesianischen Paradigma. Marburg: Metropolis-Verl., 1997. ISBN 3-89518-039-4
- Targetti, Ferdinando: Nicholas Kaldor: the economics and politics of capitalism as a dynamic system. Oxford: Clarendon, 1992. ISBN 0-19-828348-2
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Nicholas Kaldor 1908–1986. In: Proceedings of the British Academy. 73. Jahrgang, 1987, S. 517–566 (britac.ac.uk [PDF]).
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Nicholas Kaldor im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Zeitungsartikel über Nicholas Kaldor in den Historischen Pressearchiven der ZBW
- Kaldor Business Cycle Model by Elmer G. Wiens
Personendaten | |
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NAME | Kaldor, Nicholas |
ALTERNATIVNAMEN | Kaldor, Nicholas Kaldor Baron (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | britischer Ökonom |
GEBURTSDATUM | 12. Mai 1908 |
GEBURTSORT | Budapest |
STERBEDATUM | 30. September 1986 |
STERBEORT | Papworth Everard, Cambridgeshire |
- Ökonom (20. Jahrhundert)
- Hochschullehrer (University of Cambridge)
- Hochschullehrer (London School of Economics and Political Science)
- Vertreter des Postkeynesianismus
- Life Peer
- Mitglied des House of Lords
- Ehrendoktor der Goethe-Universität Frankfurt am Main
- Ehrendoktor einer Universität in Frankreich
- Mitglied der American Academy of Arts and Sciences
- Mitglied der British Academy
- Mitglied der Ungarischen Akademie der Wissenschaften
- Ungarischer Emigrant im Vereinigten Königreich
- Person (Transleithanien)
- Ungar
- Brite
- Geboren 1908
- Gestorben 1986
- Mann