„Moskauer Vertrag“ – Versionsunterschied
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Der '''Moskauer Vertrag''' wurde am [[12. August]] [[1970]] zwischen der [[UdSSR]] und der [[Bundesrepublik Deutschland]] geschlossen. |
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Der '''Moskauer Vertrag''' wurde am 12. August 1970 zwischen der [[Sowjetunion]] und der [[Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (bis 1990)|Bundesrepublik Deutschland]] im Katharinensaal des [[Großer Kremlpalast|Kremls]] in [[Moskau]] geschlossen ([[Bundesgesetzblatt (Deutschland)|BGBl.]] 1972 II S. 354 ff.). |
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Im Moskauer Vertrag verpflichten sich beide Länder, den internationalen Frieden aufrechtzuerhalten und den [[Entspannungspolitik|Entspannungsprozess]] zu fördern, damit sich die Lage in Europa normalisiert. |
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Vor der Unterzeichnung übergab Brandt den ''Brief zur deutschen Einheit'', in dem festgestellt wird, dass der Vertrag „nicht im Widerspruch zu dem Ziel der Bundesrepublik steht, auf einen Frieden in Europa hinzuwirken, in dem das deutsche Volk in freier Selbstbestimmung seine Einheit widererlangt.“ |
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Der Bundestag ratifizierte den Vertrag am [[17. Mai ]] [[1972]] zusammen mit dem [[Warschauer Vertrag (1970)|Warschauer Vertrag]]. Nach Austausch der Ratifizierungsurkunden trat er am [[3. Juni]] 1972 in Kraft. |
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Im Zusammenhang mit der Unterzeichnung übergab Scheel seinem sowjetischen Amtskollegen den ''Brief zur deutschen Einheit''. Dieser bestand, abgesehen von der Schlussformel, aus einem einzigen Satz: |
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* http://www.dhm.de/lemo/html/DasGeteilteDeutschland/KontinuitaetUndWandel/NeueOstpolitik/dieVertraegeVonMoskauUndWarschau.html |
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{{Zitat|Sehr geehrter Herr Minister, im Zusammenhang mit der heutigen Unterzeichnung des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken beehrt sich die Regierung der Bundesrepublik Deutschland festzustellen, daß dieser Vertrag nicht im Widerspruch zu dem politischen Ziel der Bundesrepublik Deutschland steht, auf einen Zustand des Friedens in Europa hinzuwirken, in dem das [[Deutsche|deutsche Volk]] in [[Selbstbestimmungsrecht der Völker|freier Selbstbestimmung]] seine Einheit wiedererlangt. Genehmigen Sie, Herr Minister, die Versicherung meiner ausgezeichneten Hochachtung. Walter Scheel|ref=<ref>[http://www.chronik-der-mauer.de/material/180318/brief-zur-deutschen-einheit-12-august-1970 Chronik der Mauer]</ref>}} |
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Indem sie dieses Schreiben in Empfang nahm, akzeptierte die sowjetische Führung gewissermaßen, dass die [[Bundesregierung (Deutschland)|Bundesregierung]] nach wie vor am [[Wiedervereinigungsgebot|Ziel einer friedlichen Wiedervereinigung der Deutschen]] festhielt. Der [[Deutscher Bundestag|6. Deutsche Bundestag]] ratifizierte den Vertrag am 17. Mai 1972 zusammen mit dem [[Warschauer Vertrag (1970)|Warschauer Vertrag]]. Nach Austausch der [[Ratifikation]]surkunden trat er am 3. Juni 1972 in Kraft. |
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== Nach der Unterzeichnung == |
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''siehe auch:'' [[Ostverträge]], [[Willy Brandt]] |
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Am 19. November 1972 fand die [[Bundestagswahl 1972]] statt. Die [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]] erhielt – bei einer Wahlbeteiligung von 91,1 Prozent – 45,8 Prozent der Stimmen (3,1 Prozentpunkte mehr als bei der [[Bundestagswahl 1969]]); die [[Freie Demokratische Partei|FDP]] erhielt 8,4 Prozent (2,6 Prozentpunkte mehr als 1969). Dies war der höchste Wähleranteil, den die SPD jemals (Stand 2025) erzielte. |
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Dieses Wahlergebnis kann als Zustimmung erheblicher Teile der Bevölkerung zur Ostpolitik Brandts und Scheels bzw. der [[Kabinett Brandt II|Regierung Brandt II]] gedeutet werden. |
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== Siehe auch == |
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[[ja:ソビエト・西ドイツ武力不行使条約]] |
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* [[Ostverträge]] |
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== Literatur == |
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* [[Claus Arndt]]: ''Die Verträge von Moskau und Warschau. Politische, verfassungsrechtliche und völkerrechtliche Aspekte.'' 2. aktual. Auflage, Verlag Neue Gesellschaft, Bonn 1982, ISBN 3-87831-159-1. |
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* [[Walentin Michailowitsch Falin|Valentin Falin]]: ''Politische Erinnerungen.'' Droemer Knaur, München 1993, ISBN 3-426-26657-1. |
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* [[Werner Link]]: ''Die Entstehung des Moskauer Vertrages im Lichte neuer Archivalien.'' In: ''[[Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte]] (VfZ)'' 49, 2001, S. 295–315 ([http://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/2001_2.pdf PDF; 9,5 MB]). |
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* [[Helmut Steinberger]]: ''Völkerrechtliche Aspekte des deutsch-sowjetischen Vertragswerkes vom 12. August 1970.'' In: ''[[Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht]] (ZaöRV)'' 1971, S. 63 ff. ([http://www.zaoerv.de/31_1971/31_1971_1_2_a_63_161.pdf PDF]). |
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== Weblinks == |
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* [http://www.documentarchiv.de/brd/1970/moskauer-vertrag.html ''Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken'' („Moskauer Vertrag“) vom 12. August 1970 (Wortlaut)] |
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* [[Deutsches Historisches Museum]]: [https://www.hdg.de/lemo/kapitel/geteiltes-deutschland-modernisierung/neue-ostpolitik/moskau-warschau-prag.html ''Moskau, Warschau, Prag''] |
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* [http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/AAmt/PolitischesArchiv/DokumenteUndVertraege/700812-VertDeu3WMoskauer-pdf.pdf ''Vertragswerk zum deutsch-sowjetischen Vertrag vom 12. August 1970''] (PDF) |
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* Almut Finck: [https://www1.wdr.de/radio/wdr5/sendungen/zeitzeichen/zeitzeichen-deutsch-sowjetischer-vertrag-100.html ''12.08.1970 - Dt.-sowjetischer Vertrag unterzeichnet.''] [[WDR]] ''[[ZeitZeichen (Hörfunksendung)|ZeitZeichen]]'' vom 12. August 2015 (Podcast, 14:35 min). |
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== Einzelnachweise == |
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<references /> |
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[[Kategorie:Politik (deutsche Nachkriegszeit)]] |
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[[Kategorie:Deutsch-sowjetische Beziehungen]] |
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Aktuelle Version vom 29. März 2025, 09:57 Uhr

Der Moskauer Vertrag wurde am 12. August 1970 zwischen der Sowjetunion und der Bundesrepublik Deutschland im Katharinensaal des Kremls in Moskau geschlossen (BGBl. 1972 II S. 354 ff.).
Inhalt
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Moskauer Vertrag verpflichten sich beide Länder, den internationalen Frieden aufrechtzuerhalten und den Entspannungsprozess zu fördern, damit sich die Lage in Europa normalisiert.
Dabei wollen sie sich von der Charta der Vereinten Nationen leiten lassen und ihre Konflikte friedlich lösen. In diesem Sinne verpflichten sich die beiden Staaten, die bestehenden Grenzen der europäischen Staaten zu achten und keine Gebietsansprüche gegen irgendjemanden zu erheben.
Insbesondere werden die Oder-Neiße-Linie als Westgrenze der Volksrepublik Polen und die Grenze zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland als unverletzlich erklärt. Der Vertrag wurde für die Bundesrepublik von Bundeskanzler Willy Brandt und Außenminister Walter Scheel, für die Sowjetunion von Ministerpräsident Alexei Kossygin und Außenminister Andrej Gromyko unterzeichnet.
Ratifizierung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Zusammenhang mit der Unterzeichnung übergab Scheel seinem sowjetischen Amtskollegen den Brief zur deutschen Einheit. Dieser bestand, abgesehen von der Schlussformel, aus einem einzigen Satz:
„Sehr geehrter Herr Minister, im Zusammenhang mit der heutigen Unterzeichnung des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken beehrt sich die Regierung der Bundesrepublik Deutschland festzustellen, daß dieser Vertrag nicht im Widerspruch zu dem politischen Ziel der Bundesrepublik Deutschland steht, auf einen Zustand des Friedens in Europa hinzuwirken, in dem das deutsche Volk in freier Selbstbestimmung seine Einheit wiedererlangt. Genehmigen Sie, Herr Minister, die Versicherung meiner ausgezeichneten Hochachtung. Walter Scheel“[1]
Indem sie dieses Schreiben in Empfang nahm, akzeptierte die sowjetische Führung gewissermaßen, dass die Bundesregierung nach wie vor am Ziel einer friedlichen Wiedervereinigung der Deutschen festhielt. Der 6. Deutsche Bundestag ratifizierte den Vertrag am 17. Mai 1972 zusammen mit dem Warschauer Vertrag. Nach Austausch der Ratifikationsurkunden trat er am 3. Juni 1972 in Kraft.
Nach der Unterzeichnung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Am 19. November 1972 fand die Bundestagswahl 1972 statt. Die SPD erhielt – bei einer Wahlbeteiligung von 91,1 Prozent – 45,8 Prozent der Stimmen (3,1 Prozentpunkte mehr als bei der Bundestagswahl 1969); die FDP erhielt 8,4 Prozent (2,6 Prozentpunkte mehr als 1969). Dies war der höchste Wähleranteil, den die SPD jemals (Stand 2025) erzielte.
Dieses Wahlergebnis kann als Zustimmung erheblicher Teile der Bevölkerung zur Ostpolitik Brandts und Scheels bzw. der Regierung Brandt II gedeutet werden.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Claus Arndt: Die Verträge von Moskau und Warschau. Politische, verfassungsrechtliche und völkerrechtliche Aspekte. 2. aktual. Auflage, Verlag Neue Gesellschaft, Bonn 1982, ISBN 3-87831-159-1.
- Valentin Falin: Politische Erinnerungen. Droemer Knaur, München 1993, ISBN 3-426-26657-1.
- Werner Link: Die Entstehung des Moskauer Vertrages im Lichte neuer Archivalien. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte (VfZ) 49, 2001, S. 295–315 (PDF; 9,5 MB).
- Helmut Steinberger: Völkerrechtliche Aspekte des deutsch-sowjetischen Vertragswerkes vom 12. August 1970. In: Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (ZaöRV) 1971, S. 63 ff. (PDF).
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken („Moskauer Vertrag“) vom 12. August 1970 (Wortlaut)
- Deutsches Historisches Museum: Moskau, Warschau, Prag
- Gottfried Niedhart: Zustimmung und Irritationen: Die Westmächte und die deutsche Ostpolitik 1969/70 (PDF)
- Vertragswerk zum deutsch-sowjetischen Vertrag vom 12. August 1970 (PDF)
- Almut Finck: 12.08.1970 - Dt.-sowjetischer Vertrag unterzeichnet. WDR ZeitZeichen vom 12. August 2015 (Podcast, 14:35 min).