„Essig“ – Versionsunterschied
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{{Dieser Artikel|behandelt das Würz- und Konservierungsmittel. Zu weiteren Bedeutungen siehe [[Essig (Begriffsklärung)]].}} |
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'''Essig''' (lat. ''Acetum'') ist ein sauer schmeckendes Würz- und Konservierungsmittel, das durch [[Fermentation]] alkoholhaltiger Flüssigkeiten mit [[Essigsäurebakterien]] ([[Essigmutter]]) hergestellt wird. In Deutschland darf Speiseessig nach der ''Verordnung über den Verkehr mit Essig und Essigessenz'' von [[1972]] zwischen 5 % und 15,5 % [[Essigsäure]] enthalten. Bei einem Essigsäuregehalt zwischen 15,5 % und 25 % muss eine Essigsäurelösung [[Essigessenz]] genannt werden. Auch mit Wasser verdünnte [[Essigsäure]] wird oft als Essig bezeichnet, in Deutschland darf allerdings im Speiseessig keine ohne [[Mikroorganismus|Mikroorganismen]] chemisch hergestellte Essigsäure enthalten sein. |
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[[Datei:Essig-1.jpg|mini|[[Aceto balsamico]], Rot- und Weißweinessig]] |
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[[Datei:Vinegar infused with oregano.jpg|mini|Weißweinessig mit Oregano]] |
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[[Datei:Barrels vinegar.jpg|mini|Lagerung von [[Balsamessig]] in Holzfässern]] |
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'''Essig''' (von mittelhochdeutsch ''ezzich'', gelegentlich auch ''essich''; [[latein]]isch '''Acetum''', ursprünglich „Weinessig“<ref>[[Friedrich Kluge]], [[Alfred Götze (Philologe)|Alfred Götze]]: ''[[Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache]].'' 20. Auflage. Hrsg. von [[Walther Mitzka]]. De Gruyter, Berlin / New York 1967; Neudruck („21. unveränderte Auflage“) ebenda 1975, ISBN 3-11-005709-3, S. 176.</ref>) ist ein [[Gustatorische Wahrnehmung#Die Geschmacksqualitäten|sauer]] schmeckendes [[Gewürz|Würz-]] und [[Konservierungsmittel]], das im Wesentlichen eine verdünnte Lösung von [[Essigsäure]] in Wasser ist. Als [[Lebensmittel]] wird Essig traditionell durch [[Fermentation]] [[Ethanol|alkoholhaltiger]] [[Flüssigkeit]]en mit [[Acetobacteraceae|Essigsäurebakterien]] ([[Essigmutter]]) hergestellt. Bei diesem Gärungsprozess oxidieren die Bakterien unter Einwirkung von Sauerstoff aus der Luft den Alkohol zu Essig. Die Essigaufbereitung zählt zu den ältesten Lebensmittelherstellungsverfahren der Menschheit. |
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In Deutschland darf Speiseessig nach der ''Verordnung über den Verkehr mit Essig und Essigessenz'' von 1972<ref name="gesetz">{{§§|essigv|juris|text=Verordnung über den Verkehr mit Essig und Essigessenz}}</ref> zwischen 5 % und maximal 15,5 % [[Essigsäure]] enthalten; Essigessenz für den allgemeinen Verkauf maximal 25 %, ansonsten bis 80 %. Essig aus dem Handel hat meistens eine Essigsäurekonzentration von 5 % bis 6 %. Die Prozentangaben beziehen sich hier auf den Gesamtsäuregehalt in Gramm pro 100 Milliliter, bei Essigessenz auf den Säuregehalt in Gramm je 100 Gramm. Auch mit Wasser verdünnte Essigsäure oder Essigessenz wird oft als Essig bezeichnet, muss jedoch als solche deklariert werden. Essig enthält höchstens geringe Mengen (0,2–1,5 %)<ref name="mazzetti">[https://mazzettioriginale.de/produkte/weinessig/ Mazzetti: Wie viel Alkohol hat Weinessig?]</ref> an [[Ethanol|Alkohol]]. |
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== Herstellung == |
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Im Allgemeinen wird Essig aus [[alkohol]]haltigen Flüssigkeiten hergestellt, kann aber auch direkt aus zuckerhaltigen Flüssigkeiten hergestellt werden, beispielsweise aus Traubensaft oder [[Malz]]. Der Hauptanteil wird aus reinem destilliertem Alkohol nach Verdünnung hergestellt. (White vinegar) |
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Der Begriff Eisessig bezeichnet hochkonzentrierte Essigsäure (99 bis 100 %), die dementsprechend sehr wenig oder gar kein Wasser enthält. Der Trivialname rührt daher, dass reine Essigsäure schon bei 16 Grad Celsius zu eisartigen Kristallen erstarrt. |
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Der Vorgang wird oft als [[Essigsäuregärung]] bezeichnet, ist jedoch eigentlich eine teilweise Veratmung da dabei – im Gegensatz zur alkoholischen [[Gärung]] – Sauerstoff aus der Luft nötig ist. Deshalb kann Essig auch nicht in geschlossenen, ungelüfteten Behältern produziert werden. Für die Herstellung gibt es mehrere Verfahren. |
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Der [[pH-Wert]] von Gärungsessig mit 10 % Säure liegt zwischen 2,0 und 2,8.<ref>{{Literatur |Autor=G. D. Philipp |Titel=Taschenbuch für Lebensmittelchemiker und -technologen: Band 2 |Verlag=Springer |Ort=Berlin, Heidelberg |Datum=1991 |ISBN=978-3-642-58220-2 |Kapitel=Essig |Seiten=444 |DOI=10.1007/978-3-642-58220-2_33}}</ref> |
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Beim offenen sogenannten ''Orléans-Verfahren'' wird die Ausgangsflüssigkeit mit [[Essigmutter]] (Essigbakterien) angeimpft, der [[Fermentation]]svorgang wird in offenen Kesseln und zur Beschleunigung in warmen Räumen sich selbst überlassen. Nach einiger Zeit bildet sich auf der Flüssigkeitsoberfläche eine Bakterienhaut, die den Alkohol zu Essig umwandelt. Ist der Alkohol praktisch restlos in Essigsäure umgewandelt, wird der Essig unter der Haut vorsichtig abgelassen. Dieses Verfahren liefert besonders aromareichen Essig, die Herstellung nach diesem Verfahren ist jedoch zeitaufwendig, birgt die Gefahr der Fehlgärung und eignet sich nicht für große Mengen. |
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== Geschichte == |
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Dieses Verfahren ist das ursprüngliche und wurde vermutlich zufällig entdeckt. Denn Wein, der offen herumsteht, wird früher oder später von selbst zu Essig. Die Frage, warum dies so ist, konnte erst im [[19. Jahrhundert]] beantwortet werden als [[Louis Pasteur]] den Beweis dafür erbrachte, dass kleine Lebewesen, die nicht mit dem bloßen Auge erkennbar sind, diesen Umwandlungsprozess vollziehen. In seiner [[1868]] veröffentlichten Arbeit ''Etudes sur le vinaigre'' schrieb er, die Essigsäuregärung sei ein biologischer Prozess, der von bestimmten Bakterien, Acetobacter genannt, durchgeführt wird. Diese wilden Essigbakterien siedeln sich bei offener Lagerung oft ganz von selbst an, auch die [[Essigfliege]] kann als Überträger fungieren. |
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Viele [[Hochkultur (Geschichtswissenschaft)|Hochkulturen]] des Altertums – [[Altes Ägypten|Ägypter]], [[Perserreich|Perser]], [[Römisches Reich|Römer]], [[Griechen]] und [[Babylonier]] – stellten bereits Essig her. Essig, aus sauer gewordenen Fruchtsäften, Wein oder Bier gewonnen, war, mit Wasser gemischt, als kühlendes Getränk geschätzt. Es gibt Überlieferungen aus [[Mesopotamien]], in denen von „saurem Bier“ die Rede ist. Dieses Produkt, von den Ägyptern „Hequa“ genannt, wurde aus [[Gerste]] gebraut und durch den Essigstich sauer. [[Römische Legion]]äre hatten ein Gemisch aus Wasser und Essig in ihren Feldflaschen, das sie „[[Posca]]“ nannten, oft wurde das [[Trinkwasser]] dieser Zeit so erst genießbar. |
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[[Datei:Fotothek df tg 0008625 Ständebuch ^ Beruf ^ Handwerk ^ Brenner ^ Branntwein.jpg|mini|Der [[Hefner]] (Essig-Hersteller)]] |
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Die [[Heilmittel|medizinische Anwendung]] von Essig bei [[Atemwegserkrankung]]en und [[Verdauung]]sbeschwerden ist schon durch [[Hippokrates von Kos|Hippokrates]] überliefert. [[Lucius Iunius Moderatus Columella|L. J. M. Columella]], der bedeutendste Ackerbauschriftsteller des ersten nachchristlichen Jahrhunderts, berichtet in seinem Werk ''[[De re rustica (Columella)|De re rustica]]'' sehr ausführlich über die Möglichkeiten, Essig herzustellen. Seine Ausgangsstoffe waren [[Wein]], [[Echte Feige|Feigen]] und [[Gerste]]. |
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[[Datei:Toulouse - Musée Paul-Dupuy - 20110909 (1).jpg|mini|Historische Flasche für [[Vierräuberessig]] oder Pestessig, galt als Schutzmittel gegen ansteckende Krankheiten und wird noch zum Räuchern von Krankenzimmern benutzt.]] |
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Im [[Mittelalter]] galt insbesondere Kräuteressig als Heilmittel. [[Hildegard von Bingen]], [[Nostradamus]] und [[Florenz von Venningen]] berichten in ihren Schriften über die Wirkungsweise und Verwendung der im ''acetum sanum'' extrahierten Heilpflanzen. In der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Heilkunde fand auch der aus Essig und Zucker hergestellte '''Essigzucker''' (lateinisch ''oxysaccharum'')<ref>Vgl. etwa Otto Zekert (Hrsg.): ''Dispensatorium pro pharmacopoeis Viennensibus in Austria 1570.'' Hrsg. vom österreichischen Apothekerverein und der Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie. Deutscher Apotheker-Verlag Hans Hösel, Berlin 1938, S. 150 (''Oxysaccharum'').</ref> Verwendung. Das vorangestellte ''oxy-'' oder ''oxi-'' (von griechisch ''oxos''<ref>Vgl. [[Otto Beßler]]: ''Prinzipien der Drogenkunde im Mittelalter. Aussage und Inhalt des Circa instans und Mainzer Gart.'' Mathematisch-naturwissenschaftliche Habilitationsschrift, Halle an der Saale 1959, S. 153.</ref>) weist auf ein saures bzw. mit Essig hergestelltes Mittel hin. Vorwiegend zur [[Desinfektion]] wurde damals der menschliche Körper verschiedenen Einreibungen mit Essig unterzogen. Noch im 18. Jahrhundert versuchte man, der [[Pest]] mit [[Pestessig]] beizukommen. Behälter und Geräte, die in der Medizin Verwendung fanden, wurden mit Essig gereinigt. Ab dem 16. Jahrhundert wurden die ersten [[Steuer]]n auf Produkte mit oder aus Essig erhoben. Vor allem das Einlegen von Gemüse in Essig und die Herstellung von [[Marinieren|Marinaden]] für Salate war damals in [[Frankreich]] sehr beliebt. |
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Von den Personen, die versuchten, die Essigherstellung zu verbessern – d. h. vor allem zu beschleunigen – ist vor allem Sebastian Schüzenbach zu nennen. Er führte das Schnellessigverfahren ein, bei dem Buchenspäne zum Einsatz kommen, auf denen sich die Bakterien ansiedeln und festheften, „gefesselt“ werden. Man nennt das Verfahren deshalb auch ''Fesselverfahren''. Die Buchenspäne vergrößern die durch Essigmutter besiedelte Oberfläche – und damit auch die, auf der sie mit Sauerstoff in Kontakt kommen – enorm. |
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In der [[Schönheit]]spflege diente Essig wegen seiner reinigenden und desinfizierenden Wirkung bis hin zur Behandlung hartnäckiger [[Hautkrankheit]]en. Essig wird vor allem als [[Konservierungsmittel|Konservierungs-]], [[Gewürz|Würz-]] und Genussmittel verwendet. |
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Bei diesem ''Rundpump''- oder ''Umwälzverfahren'' werden die Späne in einem Tank (''Essiggeneratoren'' oder ''Großraumbildner'') beständig mit der Ausgangsflüssigkeit (Maische) überrieselt. Von unten wird die von den Bakterien benötigte Frischluft eingeblasen. Dieses Verfahren eignet sich zur großtechnischen Herstellung, die [[Fermentation]] kann innerhalb weniger Tage bis Wochen abgeschlossen werden. Nachteil ist der hohe Aufwand; Temperatur und Belüftung müssen ständig reguliert werden. |
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== Essig-Arten == |
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Moderne ''Submersverfahren'' arbeiten ohne Späne, die Bakterien sind direkt in der Flüssigkeit suspendiert (sozusagen untergetaucht, daher auch der Name des Verfahrens). Die Produktion dauert je nach [[Venturiverfahren]] zwei bis drei Tage oder in Turbinenanlagen 24 Stunden. Turbinenanlagen bringen bei der industriellen Alkoholessiggewinnung die besten Ergebnisse. |
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Essige unterscheidet man zum einen nach den Herstellungsarten, zum anderen nach den dabei genutzten Grundstoffen. Hinsichtlich der Herstellung wird grundsätzlich zwischen zwei verschiedenen Herstellungsarten unterschieden. Zum einen kann Essig auf dem Wege der Fermentierung unter Nutzung von Essig-Bakterien hergestellt werden, zum anderen durch Verdünnung von Essig-Essenz. Essig-Essenz zeichnet sich durch einen Säuregehalt von 25 % bis 80 % aus und wird auf der Basis von Essig-Säure hergestellt (Säureessig), die entweder natürlich durch die Verarbeitung von Holzabfällen (Holzessig), insbesondere Buchen-Holz, oder aber synthetisch gewonnen wird. Industrieessige sind synthetisch hergestellte Essige. |
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[[Datei:Producing Black Vinegar at Fukuyama.jpg|mini|Traditionelle Herstellung des Schwarzen Essigs in [[Kirishima]], Japan, 2009.]] |
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=== Gärungsessige === |
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Die Gärungsessige, korrekt jedoch [[Fermentierung]]sessige, unterscheidet man nach dem Grundstoff, der als Ausgangsmaterial für die alkoholische und die anschließende Essigsäure-Fermentierung genutzt wird. |
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{| class="wikitable sortable" |
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|+Tabellarischer Überblick über Essig-Sorten (Gärungsessige, ohne Ansatzessige) (zusammengestellt unter Nutzung von<ref name="lexikon">Anne Iburg: ''DuMonts kleines Lexikon Essig & Öl – Herkunft – Geschmack – Verwendung – Rezepte''. DuMont monte Verlag, Köln, ISBN 3-8320-8795-8.</ref><ref name="kocha">[http://www.kocha.de/ratgeber/essigsorten.php Essigsorten], Kocha, abgerufen am 8. Mai 2011.</ref><ref name="dorling">Elisabeth Lambert Ortiz: ''Essig''. In: ''Kräuter, Gewürze & Essenzen: Das Handbuch für die Küche''. Dorling Kindersley Verlag, 2011, ISBN 978-3-8310-9099-0, S. 230–231.</ref>) |
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|- class="hintergrundfarbe6" |
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! width="15%"| Essig-Art |
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! width="25%"| Essig-Sorte |
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! width="20%"| Grundstoff |
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! width="40%" class="unsortable"| Bemerkungen |
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| [[Branntweinessig]] |
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| Branntweinessig oder Spritessig, Österreich: Weingeistessig |
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| data-sort-value="Branntwein" | Verdünnter Branntwein, Branntwein-Maische (Zuckerrüben u. a.) |
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* nur sauer und ohne eigenes Aroma |
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* gilt als universeller Essig |
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* farblos |
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* meistproduzierter Essig in Deutschland |
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* 5 % Säureanteil (Sprit bis 14 % Säure) |
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| Branntweinessig |
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| Kartoffelessig |
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| data-sort-value="Kartoffeln" | Vergorene Kartoffeln, Kartoffelbrand |
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* 5 % Säure |
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| Branntweinessig |
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| Wodkaessig |
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| Wodka |
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* 5 % Säure, in Russland verbreitet |
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| Branntweinessig |
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| Zuckerrohressig |
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| Zuckerrohr |
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* in Asien und Mittelamerika verbreitet |
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| Branntweinessig |
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| Whiskyessig |
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| Whisky |
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* 5 % Säure |
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| Weinessig |
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| Rotweinessig |
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| data-sort-value="Traubenwein, rot" | Roter Traubenwein |
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* Mindestens 6 % Säureanteil |
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* kann bis zu 0,5 Vol.-% Restalkohol enthalten |
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* Ausgangsprodukt Wein ist definiert laut Weingesetz |
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| Weinessig |
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| Weißweinessig |
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| data-sort-value="Traubenwein, weiss" | Weißer Traubenwein |
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* Mind. 6 % Säureanteil |
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* kann bis zu 0,5 Vol.-% Restalkohol enthalten |
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* Ausgangsprodukt Wein ist definiert laut Weingesetz |
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| Weinessig |
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| Sherryessig |
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| [[Sherry]] |
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* Spezialität aus Spanien |
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* mindestens 7 % Säure |
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| Weinessig |
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| Champagneressig |
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| Champagner |
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* Spezialität aus Frankreich (Champagne) |
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* 6 % bis 8 % Säure |
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* enthält auch Alkohol |
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| Weinessig |
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| Winzeressig |
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| data-sort-value="Wein, hochwertig" | Hochwertiger Wein |
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* Edelessig |
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| Balsamessig |
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| [[Aceto balsamico]] |
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| data-sort-value="Traubensaft" | Eingekochter Traubensaft |
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* Spezialität aus Norditalien (Modena und Reggio Emilia) |
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| Frucht- oder Obstessig |
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| [[Apfelessig]], Cidre-Essig |
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| data-sort-value="Apfel" | Äpfel, Apfelsaft, Most, Apfelwein |
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* 5 % Säure |
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* mild säuerlich und fruchtig |
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| Frucht- oder Obstessig |
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| Birnenessig |
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| data-sort-value="Birne" | Mostbirnen, Birnensaft |
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* Mind. 5 % Säure |
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* fruchtiger Geschmack |
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| Frucht- oder Obstessig |
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| Himbeeressig |
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| data-sort-value="Himbeere" | mit Himbeeren aromatisiert |
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* Mind. 5 % Säure |
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| Frucht- oder Obstessig |
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| Erdbeeressig |
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| data-sort-value="Erdbeere" | mit Erdbeeren aromatisiert |
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* Mind. 5 % Säure |
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| Frucht- oder Obstessig |
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| Johannisbeeressig |
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| data-sort-value="Johannisbeere" | Vergorene Johannisbeeren |
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* Mind. 5 % Säure |
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| Frucht- oder Obstessig |
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| Pflaumenessig |
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| Pflaumen |
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* Mind. 5 % Säure |
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| Frucht- oder Obstessig |
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| Kirschessig |
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| Kirschen |
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* Mind. 5 % Säure |
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| Frucht- oder Obstessig |
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| Traubenessig<br />(Rosinenessig, Dattelessig, Feigenessig) |
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| Rosinen, Datteln, Feigen |
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* Besonders in muslimischen Gebieten |
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| Frucht- oder Obstessig |
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| Kokosessig |
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| Palmwein aus Kokosblütenzucker |
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* Speziell in der südostasiatischen Küche genutzt |
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| Frucht- oder Obstessig |
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| Bananenessig |
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| data-sort-value="Banane" | Kochbananen |
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* Speziell in Südamerika und Südostasien |
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| Getreideessig |
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| Malzessig |
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| Malz, Gerste-Maische |
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* Beliebt in Skandinavien und in England (''malt vinegar'') |
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* speziell zu „[[Fish and Chips]]“ |
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* oft als Einmachessig genutzt |
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| Getreideessig |
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| Bieressig |
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| Bier, Biermaische |
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* Enthält Vitamin B2 und Eiweiß, riecht und schmeckt nach Bier |
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| Gemüseessig |
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| Tomatenessig |
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| Tomaten |
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* 5 % Säure |
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| Gemüseessig |
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| Gurkenessig |
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| data-sort-value="Gurke" | Eingedickter Gurkensaft |
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* 5 % Säure |
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| Gemüseessig |
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| Möhrenessig |
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| data-sort-value="Möhre" | Möhren |
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* 5 % Säure |
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| Gemüseessig |
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| Rote-Bete-Essig |
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| Rote Bete |
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* 5 % Säure |
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| Gemüseessig |
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| Spargelessig |
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| Spargel |
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* 5 % Säure |
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| [[Reisessig]] |
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| Weißer und dunkler Reisessig |
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| Reis, Reiswein |
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* 2 % bis 4 % Säure |
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* mild im Geschmack |
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* wird zum Würzen asiatischer Speisen benutzt |
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* insbesondere für Sushi-Reis |
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| Molkenessig |
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| Molkenessig (Milchserumessig) |
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| Molke |
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* Schweizer Spezialität |
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* wird auch in Frankreich und in Österreich hergestellt |
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* enthält neben Essigsäure auch Milchsäure |
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| Honigessig |
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| Honigessig |
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| data-sort-value="Honig" | Vergorener Honig, Met |
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* Französische Spezialität |
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* 5 % Säure |
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* goldene Farbe |
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=== Aromatisierte Essige oder Ansatzessige === |
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Als ''Aceta'' (Mehrzahl von ''Acetum'') wurden (in der [[Pharmazie]]) schon früher Auszüge von [[Droge (Pharmazie)|Drogen]] mit Weinessig (aus Wein von ''[[Weinrebe|Vitis vinifera]]'') bezeichnet.<ref>Otto Zekert (Hrsg.): ''Dispensatorium pro pharmacopoeis Viennensibus in Austria 1570.'' Hrsg. vom österreichischen Apothekerverein und der Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie. Deutscher Apotheker-Verlag Hans Hösel, Berlin 1938, S. 133.</ref> Nach der Herstellung kann Essig mit Gewürzen, Kräutern oder Früchten versetzt werden, um seinen Geschmack zu beeinflussen. Oft werden Salbei, Estragon, Knoblauch, Brombeeren oder Himbeeren verwendet. Ebenso sind Mischungen üblich. Branntweinessig, Wein- und Obstessige eignen sich als Basisessige für diese sogenannten Ansatzessige oder aromatisierten Essige. Kräuter- und Gewürzessige gehören zu den Ansatzessigen, ebenso Essige mit einer Aromamischung von unterschiedlichen Obst- und Gemüsesorten. |
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== Herstellungsverfahren == |
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[[Datei:Essig-Herstellung Berlin.jpg|mini|Industrielle Essigherstellung: Drei große Holzbottiche nehmen die Gärflüssigkeit auf.]] |
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[[Datei:Wiener Essigbrauerei 30.JPG|mini|Bottich in der Wiener Essigbrauerei]] |
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Die Essigherstellung ist im Wesentlichen ein Prozess der [[Essigsäure#Herstellung|Essigsäuregewinnung]]. Speiseessig wird dabei allerdings traditionell nur unter Zuhilfenahme biotechnischer Verfahren hergestellt, denen eine natürliche [[Fermentation]] gemeinsam zugrunde liegt. |
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Als Grundlage hierfür können alkoholhaltige Flüssigkeiten, beispielsweise Wein, [[Apfelmost]], [[Bier]], [[Reiswein]], [[Malz]]sud oder zuckerhaltige Flüssigkeiten wie Traubensaft beispielsweise für den [[Aceto balsamico]] di Modena dienen. Überwiegend jedoch wird Essig aus verdünntem reinen destillierten Alkohol ([[Agraralkohol]]) oder aus [[Verarbeitungswein]] in Form des sogenannten „White vinegar“ hergestellt. Aus destilliertem Alkohol gewonnener Essig wird Branntweinessig genannt. |
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Für die Herstellung von Malzessig wird zunächst eine [[Maischen#Getreidemaische|Getreidemaische]] vorzugsweise aus [[Mälzen|gemälzter]] [[Gerste]] [[Schrot (Getreide)|geschrotet]] und mit heißem Wasser vermischt. Durch enzymatische Prozesse bei diesem Maischen wird [[Amylose]] in Malzzucker [[Maltose]] und Traubenzucker ([[Glucose]]) umgewandelt. Dabei entstehen auch andere [[Zuckerart]]en. Über einen perforierten Boden wird die zuckerreiche Flüssigkeit abgetrennt und gesammelt. Dieser Malzextrakt wird ungehopft<ref>[http://www.zeno.org/Meyers-1905/A/Essig ''Essig''.] In: ''Meyers Großes Konversations-Lexikon'', 6. Auflage, 1905–1909, S. 119.</ref> abgekühlt und mit Hefe (''[[Saccharomyces cerevisiae]]'') versetzt, die den Zucker zu Alkohol und Kohlendioxid vergärt. Die daraus entstehende Flüssigkeit bildet das Substrat für die Veressigung. Für die Qualität des Malzessigs ist das Verhältnis von vergärbaren Zuckern und unvergärbaren Zuckern ausschlaggebend. Die unvergärbaren Zucker bilden die für Malzessig typischen Aromakomponenten. |
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Der Vorgang wird oft als [[Essigsäuregärung|Essigsäure-„Gärung“]] oder „Essig-Gärung“ bezeichnet, korrekt bezeichnet ist er jedoch eine Fermentation. Er ist eine teilweise „Veratmung“, da dabei Sauerstoff aus der Luft nötig ist, im Gegensatz zur alkoholischen [[Gärung]]. Daher kann Essig nicht in geschlossenen, ungelüfteten Behältern produziert werden. Für die Herstellung gibt es mehrere Verfahren. |
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=== Orléans-Verfahren (Oberflächenverfahren) === |
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Das ''Orléans-Verfahren'' ist die Bezeichnung für die offene Herstellungsweise, bei der die Ausgangsflüssigkeit mit [[Essigmutter|Essigbakterien]] geimpft wird. Der Fermentationsvorgang wird in offenen Kesseln sich selbst überlassen. Die Produktion wird in warmen Räumen für eine beschleunigte Reaktion durchgeführt. Nach einiger Zeit bildet sich auf der Flüssigkeitsoberfläche eine [[Kahmhaut]] der alkoholverwertenden Bakterien, die sog. [[Essigmutter]]. So verwandelt sich das alkoholische Ausgangsprodukt langsam in das Oxidationsprodukt Essig. Ist der Alkohol vollständig in Essigsäure umgewandelt, wird der Essig unter der Haut vorsichtig abgelassen. Teilweise wird der Essig danach in Fässern gelagert, wodurch sich sein Aroma durch Reifungsprozesse nochmals verbessert. Dieses Verfahren ist zeitaufwändiger als das Schnellessigverfahren, birgt die Gefahr der „Fehlgärung“ und eignet sich nicht für große Mengen. |
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Dieses ursprüngliche Verfahren wurde vermutlich zufällig entdeckt, da Wein, der offen steht, früher oder später von selbst zu Essig werden kann. Die Ursache wurde erst im 19. Jahrhundert entdeckt, als [[Louis Pasteur]] den Beweis dafür erbrachte, dass kleine Lebewesen, die man mit bloßem Auge nicht erkennen kann, diesen Umwandlungsprozess vollziehen. In seiner 1868 veröffentlichten Arbeit ''Études sur le vinaigre'' schrieb er, die „Essigsäuregärung“ sei ein biologischer Prozess, der von bestimmten Bakterien, ''Acetobacter'' oder Gluconobacter genannt, durchgeführt wird. Diese „wilden“ überall vorhandenen Essigbakterien finden sich bei offener Lagerung meist selbst ein, auch die [[Essigfliege]] kann Überträger der Bakterien sein. |
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=== Schnellessig- und Spanbildnerverfahren (Generatorverfahren) === |
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Von den Personen, die versuchten, die Essigherstellung zu verbessern – also vor allem zu beschleunigen – ist [[Sebastian Karl Schüzenbach]] zu nennen. Er führte das Schnellessigverfahren ein: Da Essigbakterien [[aerob]] arbeiten, hilft ihnen ein schwimmendes Trägermaterial, in der Regel Holzspäne, aber auch Kunststoffkügelchen, auf denen sich die Bakterien ansiedeln und festheften. Da die Essigmutter auf dem Trägermaterial „gefesselt“ wird, nennt man das Verfahren auch ''Fesselverfahren.'' Die Späne vergrößern die Oberfläche an der sich die Essigbakterien ansiedeln können, und die größere Menge an Bakterien beschleunigt die Umwandlung. |
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Bei dem ''Rundpump-'' oder ''Umwälzverfahren'' werden die Späne in einem zylindrischen Behälter (''Essiggenerator'' oder ''Großraumbildner''), dem sogenannten Spanbildner,<ref name="fass">[http://www.vomfass-wien.at/wissen/wie-entsteht-essig.html ''Wie entsteht Essig?''] Vom Fass Wien, abgerufen am 8. Mai 2011.</ref> beständig mit der Ausgangsflüssigkeit (Maische) überrieselt. Von unten wird die von den Bakterien benötigte Frischluft eingeblasen. Dieses Verfahren eignet sich zur großtechnischen Herstellung, die Fermentation kann innerhalb weniger Tage bis Wochen abgeschlossen werden. Nachteil ist der hohe Aufwand, da Temperatur und Belüftung ständig reguliert werden müssen. Bei zu starkem Lufteintrag kann es zu Aromaauswaschungen kommen. |
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Ein neues Fesselverfahren ersetzt die Späne durch Keramikscherben. Das verbilligt die Produktion, da die Keramik praktisch unbegrenzt verwendbar ist. |
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=== Submersverfahren (Acetatorverfahren) === |
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[[Datei:Wiener Essigbrauerei 40.JPG|mini|Ganz rechts ein vollautomatisierter [[Bioreaktor|Fermenter]] der Firma [[Heinrich Frings (Unternehmen)|Heinrich Frings]].]] |
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[[Submersfermentation|Submersverfahren]], wie jenes von [[Otto Hromatka]],<ref>San Chiang Tan: {{Webarchiv |url=http://etd.lsu.edu/docs/available/etd-11092005-152334/unrestricted/Tan_thesis.pdf |text=''Vinegar Fermentation''. |wayback=20120905113935 |format=PDF; 2,5 MB |archiv-bot=}} Master’s Thesis. Louisiana State University 2005.</ref> arbeiten ohne Trägermaterial, die Bakterien sind direkt in der Flüssigkeit suspendiert (sozusagen untergetaucht, daher der Name des Verfahrens). Die Produktion dauert je nach Technik im [[Venturi-Verfahren]] zwei bis drei Tage oder in Turbinenanlagen 24 Stunden. Turbinenanlagen bringen bei der industriellen Alkoholessiggewinnung die besten Ergebnisse, Venturiverfahren erhalten die Farbe und den Fruchtcharakter besser. Durch die kurze Produktionszeit ist eine hohe Wirtschaftlichkeit gegeben, weshalb die meisten Essigproduzenten weltweit auf das Turbinenverfahren umstellen. Die Luftzufuhr wird gesteuert, da es durch zu starken Lufteintrag bei frühen Systemen zu Aromaauswaschungen gekommen ist. Bei Submersverfahren führt die Reinheit der verwendeten Essigkulturen zu sehr reintönigen Essigen, die bei Fesselverfahren durch die Vermischung mit anderen Bakterien nicht erreicht werden können. |
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=== Soleraverfahren === |
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Das [[Solera-System]], auch Soleraverfahren genannt, ist eine klassische Vorgehensweise. Hierbei wird die Ausgangsessenz von Wein-Essig, welche beispielsweise nach dem Orléans-Verfahren hergestellt wurde, weiter veredelt, indem man in sogenannten ''Criaderas'' (übereinanderliegenden Fassreihen) jeweils den schon gealterten Jungessig mit einem bestimmten Prozentsatz von frischem [[Traubenmost]] der neuen Ernte ansetzt. Dieses Verfahren funktioniert in der Regel so, dass nur in der obersten Fassreihe die Menge frisch zugesetzt wird, welche vorher für die nächstuntere Reihe entnommen worden ist. Dieses System setzt sich kontinuierlich bis in die unterste Fassreihe fort, wobei nur in der obersten Reihe zur Impfung frische Flüssigkeit zugesetzt wird. In die Fässer darunter kommt jeweils die schon teilgealterte Essenz. In den Fässern der untersten Reihe befindet sich immer das fertige Produkt. Natürlich ist es im Zuge der Vergrößerung oder Erneuerung von solchen Fasslagern nicht immer möglich, das Verfahren nach dem klassischen System beizubehalten, weshalb man die Essenzen öfter umpumpt oder die Fassreihen der ersten Jahrgänge gegenüber denen der Folgejahrgänge platziert. |
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[[Datei:vinegar desserts.jpg|mini|Drei Desserts aus der Emilia-Romagna mit „Balsamico tradizionale“: [[Zabaione]], [[Crème caramel|Latte alla portoghese]] und [[Panna cotta]].]] |
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== Verwendung == |
== Verwendung == |
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Die Anwendungsbereiche von Essig sind sehr vielfältig. Unter anderem wird er eingesetzt, als |
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* [[Speisezutat]] |
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* [[Erfrischungsgetränk]] |
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* [[Konservierungsmittel]] |
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* [[Putzmittel]] (Kalklöser) |
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* [[Naturheilmittel]] |
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Die Anwendungsbereiche von Essig sind sehr vielfältig. Unter anderem wird er eingesetzt als |
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[[Image:Vinegar infused with oregano.jpg|thumb|200px|Der Essig in diesen Flaschen enthält [[Oregano]]zweige.]] |
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* [[Würzessig|Würzmittel]], überwiegend für [[Salat (Speise)|Salate]] und in Essig eingelegtes [[Gemüse]] und [[Obst]], [[Mixed Pickles]], |
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So eignen sich einfache Essigsorten und handelsübliche Essigkonzentrate bis 30% neben dem Gebrauch bei der Zubereitung von Speisen auch sehr gut zur Entkalkung von Kochtöpfen und elektrischen Schnellkochern. Durch Erwärmung bis zum Kochen wird die Wirkung beschleunigt. Mit Konzentraten ist vorsichtig umzugehen (siehe [[Essigsäure]]). |
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* wichtige Zutat bei der Herstellung von [[Senf|Tafelsenf]], |
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* [[Aperitif]] oder [[Digestif]] pur, |
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* mit Wasser oder Säften verdünntes [[Erfrischungsgetränk]], die alten Römer nannten es [[Posca]], |
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* [[Konservierungsmittel]], |
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* [[Desinfektionsmittel]],<ref>Duan SM, Zhao XS, Wen RF, Huang JJ, Pi GH: ''Stability of SARS coronavirus in human specimens and environment and its sensitivity to heating and UV irradiation.'' Biomed Environ Sci. September 2003;16(3): S. 246–255. PMID 14631830.</ref> |
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* [[Naturheilmittel]] ([[Apfelessig]]) |
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* [[Kosmetikum]], ({{INCI|Name=VINEGAR |ID=92471 |Abruf=2021-09-16}}) Vinaigre de Toilette, in der Parfümerie wurden Rosenessig, Orangenblütenessig und andere blumige Duftessige angesetzt, aufgrund seiner natürlichen desinfizierenden Eigenschaften wurden sie zur Pflege von Gesichts- und Kopfhaut verwendet. |
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* Reinigungsmittel, zur Entfernung von Urinstein und Kalkablagerungen |
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Einfache Essigsorten und handelsübliche Essigkonzentrate bis 30 % eignen sich neben der Zubereitung von Speisen gut zur Entkalkung von [[Kochtopf|Kochtöpfen]] und elektrischen Schnellkochern. Durch Erwärmung bis zum Kochen wird die Wirkung beschleunigt. Werden konzentriertere Essige wie [[Essigsäure|Essigessenz]] eingesetzt, ist erhöhte Vorsicht geboten. |
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Von Essig der in Speisen und Getränken Verwendung findendet, gibt es unzählige Varianten. So kann praktisch jedes alkoholhaltige Getränk, je nach Kulturkreis beispielsweise [[Wein]], [[Apfelmost]], [[Bier]] oder im asiatischen Raum [[Reiswein]], aber zuckerhaltige Flüssigkeiten wie Traubensaft oder [[Malz]] als Grundlage dienen. |
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== Film == |
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So wird der echte ''Aceto [[Balsamico]] Tradizionale di Modena'' aus eingedicktem [[Most]] von spätgelesenen Trauben gemacht. Seine Herstellung im offenen Gärverfahren ist sehr zeitaufwändig und die Lagerung dauert 12 oder gar 25 Jahre. Die Reifung erfolgt in Fässern aus Eichen-, Kirschen-, Maulbeeren- und Kastanienholz. Unter dem Namen ''Balsamico'' werden heute allerdings auch wesentlich billigere braungefärbte Essig-Traubensaft-Gemische verkauft. |
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* ''Gib ihm Saures – In der Welt der Essige.'' Dokumentarfilm, Deutschland, 2011, 29 Min., Buch und Regie: Gerd Ries, Produktion: [[SWR]], Reihe: Essgeschichten, Erstsendung: 24. August 2011 bei arte, [http://programm.ard.de/TV/einsplus/2013/04/23/essgeschichten/eid_287239811747567 Inhaltsangabe] von SWR. |
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== Literatur == |
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Nach der Herstellung wird Essig oft mit [[Gewürz]]en, [[Kräuter]]n oder [[Frucht (Botanik)|Früchten]] versetzt, um seinen Geschmack zu verfeinern. Gerne verwendet werden [[Salbei]], [[Estragon]] oder [[Himbeere]]n. |
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* [[Erika Hickel]]: ''Chemikalien im Arzneischatz deutscher Apotheken des 16. Jahrhunderts, unter besonderer Berücksichtigung der Metalle.'' Mathematisch-naturwissenschaftliche Dissertation Braunschweig, Deutscher Apotheker Verlag (in Kommission), Stuttgart 1963 (= ''Veröffentlichungen aus dem pharmaziegeschichtlichen Seminar der Technischen Hochschule Braunschweig.'' Band 7), S. 77–84. |
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* Alfred Wagner: ''Die Herstellung von Essigsäure, Gärungsessig, Buttersäure, Zitronensäure und Milchsäure.'' 1. Band, Chemisch-technische Bibliothek 382. Band, A. Hartleben’s Verlag, Wien und Leipzig 1926 ([http://d-nb.info/363233105 online]). |
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* {{Literatur |
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|Autor=Anne Iburg |
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|Titel=DuMonts kleines Lexikon Essig & Öl |
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|TitelErg=Herkunft – Geschmack – Verwendung – Rezepte |
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|Verlag=DuMont monte Verlag |
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|Ort=Köln |
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|Datum=2002 |
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|ISBN=3-8320-8795-8}} |
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* {{Literatur |
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|Autor=Julie Townsend |
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|Titel=Jetzt ist Essig! |
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|TitelErg=Der kultige Universalhelfer für Haushalt und Küche |
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|Verlag=Premio |
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|Ort=Münster |
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|Datum=2007 |
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|ISBN=978-3-86706-046-2 |
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|Kommentar=Geschichte, Essigsorten, Herstellung und Verwendung vom Essig |
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|Originaltitel=Vinegar: A Guide to the Many Types and Their Uses Around the Home. Arcurus, London 2007 |
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|Übersetzer=Nora Boot, Wiebke Krabbe}} |
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== Weblinks == |
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''Siehe auch:'' |
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* [[Apfelessig]] |
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* {{DNB-Portal|4153051-2}} |
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* [http://www.chemieunterricht.de/dc2/essig/inhalt1.htm Das Essig-Projekt von Blumes] |
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== Einzelnachweise == |
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{{Wiktionary1|Essig}} |
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<references /> |
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[[pt:Vinagre]] |
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Aktuelle Version vom 19. Februar 2025, 18:25 Uhr



Essig (von mittelhochdeutsch ezzich, gelegentlich auch essich; lateinisch Acetum, ursprünglich „Weinessig“[1]) ist ein sauer schmeckendes Würz- und Konservierungsmittel, das im Wesentlichen eine verdünnte Lösung von Essigsäure in Wasser ist. Als Lebensmittel wird Essig traditionell durch Fermentation alkoholhaltiger Flüssigkeiten mit Essigsäurebakterien (Essigmutter) hergestellt. Bei diesem Gärungsprozess oxidieren die Bakterien unter Einwirkung von Sauerstoff aus der Luft den Alkohol zu Essig. Die Essigaufbereitung zählt zu den ältesten Lebensmittelherstellungsverfahren der Menschheit.
In Deutschland darf Speiseessig nach der Verordnung über den Verkehr mit Essig und Essigessenz von 1972[2] zwischen 5 % und maximal 15,5 % Essigsäure enthalten; Essigessenz für den allgemeinen Verkauf maximal 25 %, ansonsten bis 80 %. Essig aus dem Handel hat meistens eine Essigsäurekonzentration von 5 % bis 6 %. Die Prozentangaben beziehen sich hier auf den Gesamtsäuregehalt in Gramm pro 100 Milliliter, bei Essigessenz auf den Säuregehalt in Gramm je 100 Gramm. Auch mit Wasser verdünnte Essigsäure oder Essigessenz wird oft als Essig bezeichnet, muss jedoch als solche deklariert werden. Essig enthält höchstens geringe Mengen (0,2–1,5 %)[3] an Alkohol.
Der Begriff Eisessig bezeichnet hochkonzentrierte Essigsäure (99 bis 100 %), die dementsprechend sehr wenig oder gar kein Wasser enthält. Der Trivialname rührt daher, dass reine Essigsäure schon bei 16 Grad Celsius zu eisartigen Kristallen erstarrt.
Der pH-Wert von Gärungsessig mit 10 % Säure liegt zwischen 2,0 und 2,8.[4]
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Viele Hochkulturen des Altertums – Ägypter, Perser, Römer, Griechen und Babylonier – stellten bereits Essig her. Essig, aus sauer gewordenen Fruchtsäften, Wein oder Bier gewonnen, war, mit Wasser gemischt, als kühlendes Getränk geschätzt. Es gibt Überlieferungen aus Mesopotamien, in denen von „saurem Bier“ die Rede ist. Dieses Produkt, von den Ägyptern „Hequa“ genannt, wurde aus Gerste gebraut und durch den Essigstich sauer. Römische Legionäre hatten ein Gemisch aus Wasser und Essig in ihren Feldflaschen, das sie „Posca“ nannten, oft wurde das Trinkwasser dieser Zeit so erst genießbar.

Die medizinische Anwendung von Essig bei Atemwegserkrankungen und Verdauungsbeschwerden ist schon durch Hippokrates überliefert. L. J. M. Columella, der bedeutendste Ackerbauschriftsteller des ersten nachchristlichen Jahrhunderts, berichtet in seinem Werk De re rustica sehr ausführlich über die Möglichkeiten, Essig herzustellen. Seine Ausgangsstoffe waren Wein, Feigen und Gerste.

Im Mittelalter galt insbesondere Kräuteressig als Heilmittel. Hildegard von Bingen, Nostradamus und Florenz von Venningen berichten in ihren Schriften über die Wirkungsweise und Verwendung der im acetum sanum extrahierten Heilpflanzen. In der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Heilkunde fand auch der aus Essig und Zucker hergestellte Essigzucker (lateinisch oxysaccharum)[5] Verwendung. Das vorangestellte oxy- oder oxi- (von griechisch oxos[6]) weist auf ein saures bzw. mit Essig hergestelltes Mittel hin. Vorwiegend zur Desinfektion wurde damals der menschliche Körper verschiedenen Einreibungen mit Essig unterzogen. Noch im 18. Jahrhundert versuchte man, der Pest mit Pestessig beizukommen. Behälter und Geräte, die in der Medizin Verwendung fanden, wurden mit Essig gereinigt. Ab dem 16. Jahrhundert wurden die ersten Steuern auf Produkte mit oder aus Essig erhoben. Vor allem das Einlegen von Gemüse in Essig und die Herstellung von Marinaden für Salate war damals in Frankreich sehr beliebt.
In der Schönheitspflege diente Essig wegen seiner reinigenden und desinfizierenden Wirkung bis hin zur Behandlung hartnäckiger Hautkrankheiten. Essig wird vor allem als Konservierungs-, Würz- und Genussmittel verwendet.
Essig-Arten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Essige unterscheidet man zum einen nach den Herstellungsarten, zum anderen nach den dabei genutzten Grundstoffen. Hinsichtlich der Herstellung wird grundsätzlich zwischen zwei verschiedenen Herstellungsarten unterschieden. Zum einen kann Essig auf dem Wege der Fermentierung unter Nutzung von Essig-Bakterien hergestellt werden, zum anderen durch Verdünnung von Essig-Essenz. Essig-Essenz zeichnet sich durch einen Säuregehalt von 25 % bis 80 % aus und wird auf der Basis von Essig-Säure hergestellt (Säureessig), die entweder natürlich durch die Verarbeitung von Holzabfällen (Holzessig), insbesondere Buchen-Holz, oder aber synthetisch gewonnen wird. Industrieessige sind synthetisch hergestellte Essige.

Gärungsessige
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Gärungsessige, korrekt jedoch Fermentierungsessige, unterscheidet man nach dem Grundstoff, der als Ausgangsmaterial für die alkoholische und die anschließende Essigsäure-Fermentierung genutzt wird.
Essig-Art | Essig-Sorte | Grundstoff | Bemerkungen |
---|---|---|---|
Branntweinessig | Branntweinessig oder Spritessig, Österreich: Weingeistessig | Verdünnter Branntwein, Branntwein-Maische (Zuckerrüben u. a.) |
|
Branntweinessig | Kartoffelessig | Vergorene Kartoffeln, Kartoffelbrand |
|
Branntweinessig | Wodkaessig | Wodka |
|
Branntweinessig | Zuckerrohressig | Zuckerrohr |
|
Branntweinessig | Whiskyessig | Whisky |
|
Weinessig | Rotweinessig | Roter Traubenwein |
|
Weinessig | Weißweinessig | Weißer Traubenwein |
|
Weinessig | Sherryessig | Sherry |
|
Weinessig | Champagneressig | Champagner |
|
Weinessig | Winzeressig | Hochwertiger Wein |
|
Balsamessig | Aceto balsamico | Eingekochter Traubensaft |
|
Frucht- oder Obstessig | Apfelessig, Cidre-Essig | Äpfel, Apfelsaft, Most, Apfelwein |
|
Frucht- oder Obstessig | Birnenessig | Mostbirnen, Birnensaft |
|
Frucht- oder Obstessig | Himbeeressig | mit Himbeeren aromatisiert |
|
Frucht- oder Obstessig | Erdbeeressig | mit Erdbeeren aromatisiert |
|
Frucht- oder Obstessig | Johannisbeeressig | Vergorene Johannisbeeren |
|
Frucht- oder Obstessig | Pflaumenessig | Pflaumen |
|
Frucht- oder Obstessig | Kirschessig | Kirschen |
|
Frucht- oder Obstessig | Traubenessig (Rosinenessig, Dattelessig, Feigenessig) |
Rosinen, Datteln, Feigen |
|
Frucht- oder Obstessig | Kokosessig | Palmwein aus Kokosblütenzucker |
|
Frucht- oder Obstessig | Bananenessig | Kochbananen |
|
Getreideessig | Malzessig | Malz, Gerste-Maische |
|
Getreideessig | Bieressig | Bier, Biermaische |
|
Gemüseessig | Tomatenessig | Tomaten |
|
Gemüseessig | Gurkenessig | Eingedickter Gurkensaft |
|
Gemüseessig | Möhrenessig | Möhren |
|
Gemüseessig | Rote-Bete-Essig | Rote Bete |
|
Gemüseessig | Spargelessig | Spargel |
|
Reisessig | Weißer und dunkler Reisessig | Reis, Reiswein |
|
Molkenessig | Molkenessig (Milchserumessig) | Molke |
|
Honigessig | Honigessig | Vergorener Honig, Met |
|
Aromatisierte Essige oder Ansatzessige
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Als Aceta (Mehrzahl von Acetum) wurden (in der Pharmazie) schon früher Auszüge von Drogen mit Weinessig (aus Wein von Vitis vinifera) bezeichnet.[10] Nach der Herstellung kann Essig mit Gewürzen, Kräutern oder Früchten versetzt werden, um seinen Geschmack zu beeinflussen. Oft werden Salbei, Estragon, Knoblauch, Brombeeren oder Himbeeren verwendet. Ebenso sind Mischungen üblich. Branntweinessig, Wein- und Obstessige eignen sich als Basisessige für diese sogenannten Ansatzessige oder aromatisierten Essige. Kräuter- und Gewürzessige gehören zu den Ansatzessigen, ebenso Essige mit einer Aromamischung von unterschiedlichen Obst- und Gemüsesorten.
Herstellungsverfahren
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Essigherstellung ist im Wesentlichen ein Prozess der Essigsäuregewinnung. Speiseessig wird dabei allerdings traditionell nur unter Zuhilfenahme biotechnischer Verfahren hergestellt, denen eine natürliche Fermentation gemeinsam zugrunde liegt.
Als Grundlage hierfür können alkoholhaltige Flüssigkeiten, beispielsweise Wein, Apfelmost, Bier, Reiswein, Malzsud oder zuckerhaltige Flüssigkeiten wie Traubensaft beispielsweise für den Aceto balsamico di Modena dienen. Überwiegend jedoch wird Essig aus verdünntem reinen destillierten Alkohol (Agraralkohol) oder aus Verarbeitungswein in Form des sogenannten „White vinegar“ hergestellt. Aus destilliertem Alkohol gewonnener Essig wird Branntweinessig genannt.
Für die Herstellung von Malzessig wird zunächst eine Getreidemaische vorzugsweise aus gemälzter Gerste geschrotet und mit heißem Wasser vermischt. Durch enzymatische Prozesse bei diesem Maischen wird Amylose in Malzzucker Maltose und Traubenzucker (Glucose) umgewandelt. Dabei entstehen auch andere Zuckerarten. Über einen perforierten Boden wird die zuckerreiche Flüssigkeit abgetrennt und gesammelt. Dieser Malzextrakt wird ungehopft[11] abgekühlt und mit Hefe (Saccharomyces cerevisiae) versetzt, die den Zucker zu Alkohol und Kohlendioxid vergärt. Die daraus entstehende Flüssigkeit bildet das Substrat für die Veressigung. Für die Qualität des Malzessigs ist das Verhältnis von vergärbaren Zuckern und unvergärbaren Zuckern ausschlaggebend. Die unvergärbaren Zucker bilden die für Malzessig typischen Aromakomponenten.
Der Vorgang wird oft als Essigsäure-„Gärung“ oder „Essig-Gärung“ bezeichnet, korrekt bezeichnet ist er jedoch eine Fermentation. Er ist eine teilweise „Veratmung“, da dabei Sauerstoff aus der Luft nötig ist, im Gegensatz zur alkoholischen Gärung. Daher kann Essig nicht in geschlossenen, ungelüfteten Behältern produziert werden. Für die Herstellung gibt es mehrere Verfahren.
Orléans-Verfahren (Oberflächenverfahren)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Orléans-Verfahren ist die Bezeichnung für die offene Herstellungsweise, bei der die Ausgangsflüssigkeit mit Essigbakterien geimpft wird. Der Fermentationsvorgang wird in offenen Kesseln sich selbst überlassen. Die Produktion wird in warmen Räumen für eine beschleunigte Reaktion durchgeführt. Nach einiger Zeit bildet sich auf der Flüssigkeitsoberfläche eine Kahmhaut der alkoholverwertenden Bakterien, die sog. Essigmutter. So verwandelt sich das alkoholische Ausgangsprodukt langsam in das Oxidationsprodukt Essig. Ist der Alkohol vollständig in Essigsäure umgewandelt, wird der Essig unter der Haut vorsichtig abgelassen. Teilweise wird der Essig danach in Fässern gelagert, wodurch sich sein Aroma durch Reifungsprozesse nochmals verbessert. Dieses Verfahren ist zeitaufwändiger als das Schnellessigverfahren, birgt die Gefahr der „Fehlgärung“ und eignet sich nicht für große Mengen.
Dieses ursprüngliche Verfahren wurde vermutlich zufällig entdeckt, da Wein, der offen steht, früher oder später von selbst zu Essig werden kann. Die Ursache wurde erst im 19. Jahrhundert entdeckt, als Louis Pasteur den Beweis dafür erbrachte, dass kleine Lebewesen, die man mit bloßem Auge nicht erkennen kann, diesen Umwandlungsprozess vollziehen. In seiner 1868 veröffentlichten Arbeit Études sur le vinaigre schrieb er, die „Essigsäuregärung“ sei ein biologischer Prozess, der von bestimmten Bakterien, Acetobacter oder Gluconobacter genannt, durchgeführt wird. Diese „wilden“ überall vorhandenen Essigbakterien finden sich bei offener Lagerung meist selbst ein, auch die Essigfliege kann Überträger der Bakterien sein.
Schnellessig- und Spanbildnerverfahren (Generatorverfahren)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Von den Personen, die versuchten, die Essigherstellung zu verbessern – also vor allem zu beschleunigen – ist Sebastian Karl Schüzenbach zu nennen. Er führte das Schnellessigverfahren ein: Da Essigbakterien aerob arbeiten, hilft ihnen ein schwimmendes Trägermaterial, in der Regel Holzspäne, aber auch Kunststoffkügelchen, auf denen sich die Bakterien ansiedeln und festheften. Da die Essigmutter auf dem Trägermaterial „gefesselt“ wird, nennt man das Verfahren auch Fesselverfahren. Die Späne vergrößern die Oberfläche an der sich die Essigbakterien ansiedeln können, und die größere Menge an Bakterien beschleunigt die Umwandlung.
Bei dem Rundpump- oder Umwälzverfahren werden die Späne in einem zylindrischen Behälter (Essiggenerator oder Großraumbildner), dem sogenannten Spanbildner,[12] beständig mit der Ausgangsflüssigkeit (Maische) überrieselt. Von unten wird die von den Bakterien benötigte Frischluft eingeblasen. Dieses Verfahren eignet sich zur großtechnischen Herstellung, die Fermentation kann innerhalb weniger Tage bis Wochen abgeschlossen werden. Nachteil ist der hohe Aufwand, da Temperatur und Belüftung ständig reguliert werden müssen. Bei zu starkem Lufteintrag kann es zu Aromaauswaschungen kommen.
Ein neues Fesselverfahren ersetzt die Späne durch Keramikscherben. Das verbilligt die Produktion, da die Keramik praktisch unbegrenzt verwendbar ist.
Submersverfahren (Acetatorverfahren)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Submersverfahren, wie jenes von Otto Hromatka,[13] arbeiten ohne Trägermaterial, die Bakterien sind direkt in der Flüssigkeit suspendiert (sozusagen untergetaucht, daher der Name des Verfahrens). Die Produktion dauert je nach Technik im Venturi-Verfahren zwei bis drei Tage oder in Turbinenanlagen 24 Stunden. Turbinenanlagen bringen bei der industriellen Alkoholessiggewinnung die besten Ergebnisse, Venturiverfahren erhalten die Farbe und den Fruchtcharakter besser. Durch die kurze Produktionszeit ist eine hohe Wirtschaftlichkeit gegeben, weshalb die meisten Essigproduzenten weltweit auf das Turbinenverfahren umstellen. Die Luftzufuhr wird gesteuert, da es durch zu starken Lufteintrag bei frühen Systemen zu Aromaauswaschungen gekommen ist. Bei Submersverfahren führt die Reinheit der verwendeten Essigkulturen zu sehr reintönigen Essigen, die bei Fesselverfahren durch die Vermischung mit anderen Bakterien nicht erreicht werden können.
Soleraverfahren
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Solera-System, auch Soleraverfahren genannt, ist eine klassische Vorgehensweise. Hierbei wird die Ausgangsessenz von Wein-Essig, welche beispielsweise nach dem Orléans-Verfahren hergestellt wurde, weiter veredelt, indem man in sogenannten Criaderas (übereinanderliegenden Fassreihen) jeweils den schon gealterten Jungessig mit einem bestimmten Prozentsatz von frischem Traubenmost der neuen Ernte ansetzt. Dieses Verfahren funktioniert in der Regel so, dass nur in der obersten Fassreihe die Menge frisch zugesetzt wird, welche vorher für die nächstuntere Reihe entnommen worden ist. Dieses System setzt sich kontinuierlich bis in die unterste Fassreihe fort, wobei nur in der obersten Reihe zur Impfung frische Flüssigkeit zugesetzt wird. In die Fässer darunter kommt jeweils die schon teilgealterte Essenz. In den Fässern der untersten Reihe befindet sich immer das fertige Produkt. Natürlich ist es im Zuge der Vergrößerung oder Erneuerung von solchen Fasslagern nicht immer möglich, das Verfahren nach dem klassischen System beizubehalten, weshalb man die Essenzen öfter umpumpt oder die Fassreihen der ersten Jahrgänge gegenüber denen der Folgejahrgänge platziert.

Verwendung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Anwendungsbereiche von Essig sind sehr vielfältig. Unter anderem wird er eingesetzt als
- Würzmittel, überwiegend für Salate und in Essig eingelegtes Gemüse und Obst, Mixed Pickles,
- wichtige Zutat bei der Herstellung von Tafelsenf,
- Aperitif oder Digestif pur,
- mit Wasser oder Säften verdünntes Erfrischungsgetränk, die alten Römer nannten es Posca,
- Konservierungsmittel,
- Desinfektionsmittel,[14]
- Naturheilmittel (Apfelessig)
- Kosmetikum, (VINEGAR (INCI)[15]) Vinaigre de Toilette, in der Parfümerie wurden Rosenessig, Orangenblütenessig und andere blumige Duftessige angesetzt, aufgrund seiner natürlichen desinfizierenden Eigenschaften wurden sie zur Pflege von Gesichts- und Kopfhaut verwendet.
- Reinigungsmittel, zur Entfernung von Urinstein und Kalkablagerungen
Einfache Essigsorten und handelsübliche Essigkonzentrate bis 30 % eignen sich neben der Zubereitung von Speisen gut zur Entkalkung von Kochtöpfen und elektrischen Schnellkochern. Durch Erwärmung bis zum Kochen wird die Wirkung beschleunigt. Werden konzentriertere Essige wie Essigessenz eingesetzt, ist erhöhte Vorsicht geboten.
Film
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Gib ihm Saures – In der Welt der Essige. Dokumentarfilm, Deutschland, 2011, 29 Min., Buch und Regie: Gerd Ries, Produktion: SWR, Reihe: Essgeschichten, Erstsendung: 24. August 2011 bei arte, Inhaltsangabe von SWR.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Erika Hickel: Chemikalien im Arzneischatz deutscher Apotheken des 16. Jahrhunderts, unter besonderer Berücksichtigung der Metalle. Mathematisch-naturwissenschaftliche Dissertation Braunschweig, Deutscher Apotheker Verlag (in Kommission), Stuttgart 1963 (= Veröffentlichungen aus dem pharmaziegeschichtlichen Seminar der Technischen Hochschule Braunschweig. Band 7), S. 77–84.
- Alfred Wagner: Die Herstellung von Essigsäure, Gärungsessig, Buttersäure, Zitronensäure und Milchsäure. 1. Band, Chemisch-technische Bibliothek 382. Band, A. Hartleben’s Verlag, Wien und Leipzig 1926 (online).
- Anne Iburg: DuMonts kleines Lexikon Essig & Öl. Herkunft – Geschmack – Verwendung – Rezepte. DuMont monte Verlag, Köln 2002, ISBN 3-8320-8795-8.
- Julie Townsend: Jetzt ist Essig! Der kultige Universalhelfer für Haushalt und Küche. Premio, Münster 2007, ISBN 978-3-86706-046-2 (Originaltitel: Vinegar: A Guide to the Many Types and Their Uses Around the Home. Arcurus, London 2007. Übersetzt von Nora Boot, Wiebke Krabbe, Geschichte, Essigsorten, Herstellung und Verwendung vom Essig).
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Essig im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Das Essig-Projekt von Blumes
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Friedrich Kluge, Alfred Götze: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 20. Auflage. Hrsg. von Walther Mitzka. De Gruyter, Berlin / New York 1967; Neudruck („21. unveränderte Auflage“) ebenda 1975, ISBN 3-11-005709-3, S. 176.
- ↑ Verordnung über den Verkehr mit Essig und Essigessenz
- ↑ Mazzetti: Wie viel Alkohol hat Weinessig?
- ↑ G. D. Philipp: Taschenbuch für Lebensmittelchemiker und -technologen: Band 2. Springer, Berlin, Heidelberg 1991, ISBN 978-3-642-58220-2, Essig, S. 444, doi:10.1007/978-3-642-58220-2_33.
- ↑ Vgl. etwa Otto Zekert (Hrsg.): Dispensatorium pro pharmacopoeis Viennensibus in Austria 1570. Hrsg. vom österreichischen Apothekerverein und der Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie. Deutscher Apotheker-Verlag Hans Hösel, Berlin 1938, S. 150 (Oxysaccharum).
- ↑ Vgl. Otto Beßler: Prinzipien der Drogenkunde im Mittelalter. Aussage und Inhalt des Circa instans und Mainzer Gart. Mathematisch-naturwissenschaftliche Habilitationsschrift, Halle an der Saale 1959, S. 153.
- ↑ Anne Iburg: DuMonts kleines Lexikon Essig & Öl – Herkunft – Geschmack – Verwendung – Rezepte. DuMont monte Verlag, Köln, ISBN 3-8320-8795-8.
- ↑ Essigsorten, Kocha, abgerufen am 8. Mai 2011.
- ↑ Elisabeth Lambert Ortiz: Essig. In: Kräuter, Gewürze & Essenzen: Das Handbuch für die Küche. Dorling Kindersley Verlag, 2011, ISBN 978-3-8310-9099-0, S. 230–231.
- ↑ Otto Zekert (Hrsg.): Dispensatorium pro pharmacopoeis Viennensibus in Austria 1570. Hrsg. vom österreichischen Apothekerverein und der Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie. Deutscher Apotheker-Verlag Hans Hösel, Berlin 1938, S. 133.
- ↑ Essig. In: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage, 1905–1909, S. 119.
- ↑ Wie entsteht Essig? Vom Fass Wien, abgerufen am 8. Mai 2011.
- ↑ San Chiang Tan: Vinegar Fermentation. ( vom 5. September 2012 im Internet Archive; PDF; 2,5 MB) Master’s Thesis. Louisiana State University 2005.
- ↑ Duan SM, Zhao XS, Wen RF, Huang JJ, Pi GH: Stability of SARS coronavirus in human specimens and environment and its sensitivity to heating and UV irradiation. Biomed Environ Sci. September 2003;16(3): S. 246–255. PMID 14631830.
- ↑ Eintrag zu VINEGAR in der CosIng-Datenbank der EU-Kommission, abgerufen am 16. September 2021.