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„Stephan (England)“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Stepan Blois.jpg|miniatur|Stephan von Blois in einer zeitgenössischen Darstellung]]
'''Stephan von Blois''' (* [[1097]],† [[1154]]) war [[König]] von [[England]] ([[1135]] - 1154). Er war der Sohn der Gräfin [[Adela von Blois]] und damit ein Enkel [[Wilhelm_I._(England)|Wilhelm des Eroberers]].


'''Stephan von Blois''' ({{enS|Stephen of Blois}}, {{frS|Étienne de Blois}}; * [[1092]] oder [[1096]]/[[1097|97]] in [[Blois]]; † [[25. Oktober]] [[1154]] in [[Dover]]) war von 1135 bis 1154 [[König von England]]. Der Sohn des Kreuzfahrers [[Stephan II. (Blois)|Graf Stephan II. von Blois]] gründete seinen Anspruch auf den englischen Thron auf seine Mutter [[Adela von Blois|Adela von der Normandie]], eine Tochter [[Wilhelm I. (England)|Wilhelms des Eroberers]].
Stephan kam bereits in jungen Jahren an den Hof seines Onkels, König [[Heinrich I. (England)|Heinrichs I. von England]]. Dort wuchs er auf, erhielt reichen Grundbesitz und wurde zu einem der mächtigsten Männer in der Umgebung des Königs. 1125 heiratete er Mathilde, die Tochter und Erbin des [[Grafschaft Boulogne|Grafen von Boulogne]]. Stephan kam damit in den Besitz dieses strategisch wichtigen Fürstentums. Mathilde gilt als eine der bedeutendsten mittelalterliche Königinnen Englands. Neben ihren militärischen Erfolgen (siehe unten) gehörte sie zu den wichtigsten Förderern des [[Templerorden]]s und gründete die Abtei von [[Faversham]], wo sie und Stephan bestattet sind.

== Frühe Jahre ==
Stephans Vater fiel 1102 als Kreuzfahrer in Palästina. Der Sohn kam daher bereits in jungen Jahren an den Hof seines Onkels, des Königs [[Heinrich I. (England)|Heinrich I. von England]]. Dort wuchs er auf, erhielt reichen Grundbesitz und wurde zu einem der mächtigsten Männer in der Umgebung des Königs. Seit 1112 war er [[Grafschaft Mortain|Graf von Mortain]] in der Normandie. 1125 heiratete er [[Mathilda von Boulogne]], die Tochter und Erbin des Grafen [[Eustach III. (Boulogne)|Eustach III. von Boulogne]] und der Prinzessin Maria von Schottland. Stephan kam damit in den Besitz der strategisch wichtigen [[Grafschaft Boulogne]]. Mathilda gilt als eine der bedeutendsten mittelalterlichen Königinnen Englands. Sie erzielte militärische Erfolge, gehörte zu den wichtigsten Förderern des [[Templerorden]]s und gründete die [[Faversham Abbey|Abtei Faversham]], wo sie und Stephan bestattet sind.<ref name="Weir"/> Aus der Ehe gingen fünf Kinder hervor (s. u.).


== Erbfolgekrieg ==
== Erbfolgekrieg ==
{{Hauptartikel|Englischer Bürgerkrieg von 1135 bis 1154}}
Am späten Abend des 25. November 1120 sollte der englische Thronfolger [[William Aetheling]] und sein Hofstaat mit dem so genannten [[Weißes Schiff|Weißen Schiff]] von der [[Normandie]] nach England übersetzen. Zu der Reisegesellschaft gehörte zunächst auch Stephan von Blois. Aber noch vor der Abfahrt verließ er das Schiff, das vor dem Hafen von [[Barfleur]] mit einem Felsen kollidierte und sank. So entging Stephan der Schiffskatastrophe, bei der auch William Aetheling, der einzig legitime Sohn von König [[Heinrich I. (England)|Heinrich I.]] ertrank.


Heinrich I. wurde bis zu seinem Tod 1135 kein männlicher Thronerbe mehr geboren. Daher drängte er die Barone des Landes, seine Tochter [[Matilda (England)|Mathilde]], genannt Maud, die Witwe des [[Römisch-deutscher Kaiser|römisch-deutschen Kaisers]] [[Heinrich V. (HRR)|Heinrich V.]], als Nachfolgerin und damit als erste regierende Herrscherin in der Geschichte Englands anzuerkennen. Als Enkel Wilhelms des Eroberers beanspruchte aber auch Stephan den Thron für sich und fand dafür die Unterstützung einiger Adeliger, Bischöfe und Bürger Londons. Nachdem er der Kirche Zugeständnisse gemacht hatte, erkannte auch Papst [[Innozenz II.]] seinen Anspruch an. Am 22. Dezember 1135 wurde Stephan in [[Westminster Abbey]] gekrönt.<ref>[[Hubert Houben (Historiker)|Hubert Houben]]: ''Die Normannen'' (= ''C. H. Beck Wissen; Beck’sche Reihe.'' Band 2755). C. H. Beck, München 2012, ISBN 978-3-406-63727-8.</ref>
Heinrich I. war 1135 ohne männlichen Nachfolger gestorben, hatte aber von den Baronen seine Tochter [[Mathilde von England (Kaiserin)|Mathilde (Maud)]], die Witwe des deutschen Kaisers [[Heinrich V. (HRR)|Heinrich V.]], als Nachfolgerin einsetzen lassen, die damit zur ersten regierenden Herrscherin in der englischen Geschichte werden sollte. Angesichts seiner Verwandtschaft zu Wilhelm dem Eroberer beanspruchte Stephan den Thron für sich. Es folgten Kämpfe gegen die Unterstützer des Thronanspruchs von Kaiserin Mathilde, die jedoch erst [[1139]], als sie gemeinsam mit ihrem neuen Ehemann [[Gottfried V. (Anjou)|Gottfried Plantagnet, Graf von Anjou]], in England landete, zu einem umfassenden Bürgerkrieg wurden. Die Stände Englands spalteten sich in zwei Lager, die jeweils eine Seite unterstützten. Zwölfjährige, heftige Kämpfe folgten. Als Stephan [[1141]] nach der Belagerung von Lincoln gefangen genommen wurde, nahm seine Frau Mathilde, die sich bereits zuvor als Heerführerin betätigt hatte, die militärische Führung in die Hand. Erfolgreich verdrängte sie mit Unterstützung der Stadtbevölkerung die Kaiserin aus [[London]]. Später wurde Stephan gegen Robert von Glouchester, den Halbbruder und wichtigsten Berater der Kaiserin, ausgetauscht. Dennoch konnten weder König Stephan noch Kaiserin Mathilde einen Sieg erringen. Aus diesem Grund wurde [[1153]] der Vertrag von Wallingford geschlossen. Stephan adoptierte damit Mathildes und Gottfrieds Sohn, den späteren [[Heinrich II. (England)|Heinrich II.]], der inzwischen in die Kämpfe in England eingegriffen hatte, und setzte ihn zum Nachfolger ein. Stephans ältester Sohn Eustace, der eigentlich als Thronfolger vorgesehen war, ging leer aus und verließ erbost den Hof. Wäre er nicht im gleichen Jahr, vermutlich aus natürlicher Ursache, gestorben, hätte er wohl gewaltsam versucht, den Thron zu erringen. Der Vertrag von Wallingford beendete den Bürgerkrieg. Kaiserin Mathilde zog sich in die Normandie zurück, Stephan regierte noch bis 1154 in England. Stephans jüngster Sohn Wilhelm (gestorben 1160), musste sich mit der Grafschaft Boulogne aus dem mütterlichen Erbe begnügen.

Kämpfe gegen die Unterstützer von Mauds Thronanspruch entwickelten sich 1139 zu einem umfassenden Bürgerkrieg, als die Königin mit ihrem neuen Ehemann, [[Gottfried V. (Anjou)|Gottfried Plantagenet, Graf von Anjou]], in England landete. Die Stände Englands spalteten sich in zwei Lager, die jeweils eine Seite unterstützten. Zwölfjährige heftige Kämpfe waren die Folge. Als Stephan 1141 nach der [[Schlacht von Lincoln (1141)|Belagerung von Lincoln]] gefangen genommen wurde, nahm seine Frau Mathilda, die sich bereits zuvor als Heerführerin betätigt hatte, die militärische Führung in die Hand. Mit Unterstützung der [[London]]er Bevölkerung verdrängte sie Königin Maud aus der Hauptstadt. Später wurde Stephan gegen [[Robert, 1. Earl of Gloucester|Robert von Gloucester]] ausgetauscht. Der Halbbruder und wichtigste Berater von Königin Maud war im September 1141 nach der [[Schlacht von Winchester (1141)|Schlacht bei Winchester]] gefangen genommen worden. Am 25. Dezember 1141 wurde Stephan in der [[Kathedrale von Canterbury]] erneut gekrönt.<ref>Alison Weir: ''Britain's Royal Families. The Complete Genealogy.'' The Bodley Head, London 1999, S. 52.</ref>

Keine der beiden Parteien konnte einen entscheidenden Sieg erringen. Zudem gelang es König Stephan 1152 nicht, seinem Sohn [[Eustach IV. (Boulogne)|Eustach]] die allgemeine Anerkennung als Thronfolger zu verschaffen. Als er im Jahr darauf einen Waffenstillstand mit seinen Gegnern anstrebte, stieß dies auf den offenen Widerstand Eustachs. Dessen plötzlicher Tod am 10. August 1153 öffnete schließlich den Weg zu einem Kompromiss. Im November dieses Jahres handelte der König mit seinen Gegnern den [[Vertrag von Wallingford]] aus. Danach adoptierte Stephan Mauds und Gottfrieds Sohn, den späteren [[Heinrich II. (England)|Heinrich II.]], der inzwischen in die Kämpfe in England eingegriffen hatte, und setzte ihn als Nachfolger ein. Stephans jüngster Sohn [[Wilhelm (Boulogne)|Wilhelm]] musste sich mit den ursprünglichen Herrschaftsgebieten seiner Eltern, den Grafschaften Mortain und Boulogne, begnügen. Der Vertrag von Wallingford beendete den Bürgerkrieg. Königin Maud zog sich in die Normandie zurück. König Stephan regierte noch knapp ein Jahr, bis er im Oktober 1154 auf [[Dover Castle]] an einem [[Herzinfarkt]] starb.<ref name="Weir">
Alison Weir: ''Britain's Royal Families. The Complete Genealogy.'' The Bodley Head, London 1999, S. 54.</ref>


== Verfassungspolitische Folgen der Herrschaft ==
== Verfassungspolitische Folgen der Herrschaft ==


Unter Stephans Herrschaft verschoben sich die Machtverhältnisse in der englischen Monarchie. Der König scheint kirchlichen Amtsinhabern als Trägern der Verwaltung misstraut zu haben und stärkte dafür die Macht und die Anzahl der Grafen. Das Grafenamt, zuvor nur wenig mehr als ein Ehrentitel, wurde von ihm ausgebaut. Davon erhoffte Stephan sich die verbesserte Verteidigung der ihm loyalen Gebiete im Bürgerkrieg. Letztendlich hatte die Stärkung der Grafen unter den turbulenten Zustände im Land aber die Entstehung halbautonomer Herrschaftsgebiete und damit eine Schwächung des Königtums zur Folge. 1149 überließ Stephan Nordhumbrien König [[David I. (Schottland)| David von Schottland]].
Unter Stephans Herrschaft verschoben sich die Machtverhältnisse. Der König scheint kirchlichen Amtsinhabern als Trägern der Verwaltung misstraut zu haben und stärkte stattdessen die Macht und Anzahl der Earls. Der Titel [[Earl]], zuvor nur wenig mehr als ein Ehrentitel, wurde von ihm als Machtposition ausgebaut. Dafür erhoffte Stephan die höhere Loyalität der hiermit belohnten Vasallen im Bürgerkrieg. Letztendlich hatte die Stärkung der Earls unter den turbulenten Zuständen aber die Entstehung halbautonomer Herrschaftsgebiete und damit eine Schwächung des Königtums zur Folge. 1149 überließ Stephan [[Northumbria]] König [[David I. (Schottland)|David von Schottland]].


== Nachkommen ==
Mit [[Mathilda von Boulogne]] († 1152) hatte König Stephan fünf Kinder:
* Balduin (* 1126; † spätestens 1135)
* [[Eustach IV. (Boulogne)|Eustach IV.]] (* 1130; † 1153), 1150–1153 Graf von Boulogne
* Matilda (* 1133; † vor 1141)
* [[Wilhelm (Boulogne)|Wilhelm]] (* 1134; † 1159), 1153–1159 Graf von Boulogne, Graf von Surrey, Herr von Norwich und Pevensey
* [[Maria (Boulogne)|Maria]] (* 1136; † 1180), 1159 Gräfin von Boulogne, ⚭ [[Matthäus von Elsass]]


Mit der adligen Kammerfrau ''Dameta von der Normandie'' ([[Haus Giroie]]) hatte er drei uneheliche Kinder.
{{Navigationsleiste Englands Könige|VG=[[Heinrich I. (England)|Heinrich I.]]|NF=[[Heinrich II. (England)|Heinrich II.]]}}
* Gervaise (* 1117), Abt von Westminster
* Almaric
* Ralph


Außerdem hatte er zwei weitere uneheliche Kinder:
----
* Wilhelm
* Sybilla


== Literatur ==
* Carl Watkins: ''Stephen: The Reign of Anarchy.'' Allen Lane, London 2015, ISBN 978-0-14-197714-0.
* David Crouch: ''The Reign of King Stephen: 1135–1154.'' Routledge, London 2014, ISBN 978-1-317-89297-7.
* [[Edmund King]]: ''King Stephen.'' Yale University Press, New Haven u. a. 2010, ISBN 978-0-300-11223-8.
* Keith J. Stringer: ''The Reign of Stephen: Kingship, Warfare and Government in Twelfth-Century England.'' Routledge, London (UK) 2008, ISBN 9781134980956.
* Rebecca Fraser: ''The Story of Britain: From the Romans to the Present: A Narrative History.'' W. W. Norton & Company, New York 2006 (Neuauflage), ISBN 9780393072495, S. 120–125.

== Weblinks ==
{{Commonscat|Stephen of England|audio=0|video=0}}

== Einzelnachweise ==
<references />

{{Personenleiste
|AMT=[[Grafschaft Mortain|Graf von Mortain]]|ZEIT=1112–1135|VORGÄNGER=[[Robert II. von Vitry]]|NACHFOLGER=[[Eustach IV. (Boulogne)|Eustach IV.]]
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[[fi:Tapani (Englanti)]]
[[fr:Étienne d'Angleterre]]
[[he:סטפן מלך אנגליה]]
[[ja:スティーブン (イングランド王)]]
[[nl:Stefanus van Engeland]]
[[pl:Stefan z Blois]]
[[pt:Estevão I de Inglaterra]]
[[sv:Stefan av Blois]]
[[zh:斯蒂芬 (英格兰)]]

Aktuelle Version vom 11. Juli 2024, 09:59 Uhr

Stephan von Blois in einer zeitgenössischen Darstellung

Stephan von Blois (englisch Stephen of Blois, französisch Étienne de Blois; * 1092 oder 1096/97 in Blois; † 25. Oktober 1154 in Dover) war von 1135 bis 1154 König von England. Der Sohn des Kreuzfahrers Graf Stephan II. von Blois gründete seinen Anspruch auf den englischen Thron auf seine Mutter Adela von der Normandie, eine Tochter Wilhelms des Eroberers.

Stephans Vater fiel 1102 als Kreuzfahrer in Palästina. Der Sohn kam daher bereits in jungen Jahren an den Hof seines Onkels, des Königs Heinrich I. von England. Dort wuchs er auf, erhielt reichen Grundbesitz und wurde zu einem der mächtigsten Männer in der Umgebung des Königs. Seit 1112 war er Graf von Mortain in der Normandie. 1125 heiratete er Mathilda von Boulogne, die Tochter und Erbin des Grafen Eustach III. von Boulogne und der Prinzessin Maria von Schottland. Stephan kam damit in den Besitz der strategisch wichtigen Grafschaft Boulogne. Mathilda gilt als eine der bedeutendsten mittelalterlichen Königinnen Englands. Sie erzielte militärische Erfolge, gehörte zu den wichtigsten Förderern des Templerordens und gründete die Abtei Faversham, wo sie und Stephan bestattet sind.[1] Aus der Ehe gingen fünf Kinder hervor (s. u.).

Am späten Abend des 25. November 1120 sollte der englische Thronfolger William Aetheling und sein Hofstaat mit dem so genannten Weißen Schiff von der Normandie nach England übersetzen. Zu der Reisegesellschaft gehörte zunächst auch Stephan von Blois. Aber noch vor der Abfahrt verließ er das Schiff, das vor dem Hafen von Barfleur mit einem Felsen kollidierte und sank. So entging Stephan der Schiffskatastrophe, bei der auch William Aetheling, der einzig legitime Sohn von König Heinrich I. ertrank.

Heinrich I. wurde bis zu seinem Tod 1135 kein männlicher Thronerbe mehr geboren. Daher drängte er die Barone des Landes, seine Tochter Mathilde, genannt Maud, die Witwe des römisch-deutschen Kaisers Heinrich V., als Nachfolgerin und damit als erste regierende Herrscherin in der Geschichte Englands anzuerkennen. Als Enkel Wilhelms des Eroberers beanspruchte aber auch Stephan den Thron für sich und fand dafür die Unterstützung einiger Adeliger, Bischöfe und Bürger Londons. Nachdem er der Kirche Zugeständnisse gemacht hatte, erkannte auch Papst Innozenz II. seinen Anspruch an. Am 22. Dezember 1135 wurde Stephan in Westminster Abbey gekrönt.[2]

Kämpfe gegen die Unterstützer von Mauds Thronanspruch entwickelten sich 1139 zu einem umfassenden Bürgerkrieg, als die Königin mit ihrem neuen Ehemann, Gottfried Plantagenet, Graf von Anjou, in England landete. Die Stände Englands spalteten sich in zwei Lager, die jeweils eine Seite unterstützten. Zwölfjährige heftige Kämpfe waren die Folge. Als Stephan 1141 nach der Belagerung von Lincoln gefangen genommen wurde, nahm seine Frau Mathilda, die sich bereits zuvor als Heerführerin betätigt hatte, die militärische Führung in die Hand. Mit Unterstützung der Londoner Bevölkerung verdrängte sie Königin Maud aus der Hauptstadt. Später wurde Stephan gegen Robert von Gloucester ausgetauscht. Der Halbbruder und wichtigste Berater von Königin Maud war im September 1141 nach der Schlacht bei Winchester gefangen genommen worden. Am 25. Dezember 1141 wurde Stephan in der Kathedrale von Canterbury erneut gekrönt.[3]

Keine der beiden Parteien konnte einen entscheidenden Sieg erringen. Zudem gelang es König Stephan 1152 nicht, seinem Sohn Eustach die allgemeine Anerkennung als Thronfolger zu verschaffen. Als er im Jahr darauf einen Waffenstillstand mit seinen Gegnern anstrebte, stieß dies auf den offenen Widerstand Eustachs. Dessen plötzlicher Tod am 10. August 1153 öffnete schließlich den Weg zu einem Kompromiss. Im November dieses Jahres handelte der König mit seinen Gegnern den Vertrag von Wallingford aus. Danach adoptierte Stephan Mauds und Gottfrieds Sohn, den späteren Heinrich II., der inzwischen in die Kämpfe in England eingegriffen hatte, und setzte ihn als Nachfolger ein. Stephans jüngster Sohn Wilhelm musste sich mit den ursprünglichen Herrschaftsgebieten seiner Eltern, den Grafschaften Mortain und Boulogne, begnügen. Der Vertrag von Wallingford beendete den Bürgerkrieg. Königin Maud zog sich in die Normandie zurück. König Stephan regierte noch knapp ein Jahr, bis er im Oktober 1154 auf Dover Castle an einem Herzinfarkt starb.[1]

Verfassungspolitische Folgen der Herrschaft

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Unter Stephans Herrschaft verschoben sich die Machtverhältnisse. Der König scheint kirchlichen Amtsinhabern als Trägern der Verwaltung misstraut zu haben und stärkte stattdessen die Macht und Anzahl der Earls. Der Titel Earl, zuvor nur wenig mehr als ein Ehrentitel, wurde von ihm als Machtposition ausgebaut. Dafür erhoffte Stephan die höhere Loyalität der hiermit belohnten Vasallen im Bürgerkrieg. Letztendlich hatte die Stärkung der Earls unter den turbulenten Zuständen aber die Entstehung halbautonomer Herrschaftsgebiete und damit eine Schwächung des Königtums zur Folge. 1149 überließ Stephan Northumbria König David von Schottland.

Mit Mathilda von Boulogne († 1152) hatte König Stephan fünf Kinder:

  • Balduin (* 1126; † spätestens 1135)
  • Eustach IV. (* 1130; † 1153), 1150–1153 Graf von Boulogne
  • Matilda (* 1133; † vor 1141)
  • Wilhelm (* 1134; † 1159), 1153–1159 Graf von Boulogne, Graf von Surrey, Herr von Norwich und Pevensey
  • Maria (* 1136; † 1180), 1159 Gräfin von Boulogne, ⚭ Matthäus von Elsass

Mit der adligen Kammerfrau Dameta von der Normandie (Haus Giroie) hatte er drei uneheliche Kinder.

  • Gervaise (* 1117), Abt von Westminster
  • Almaric
  • Ralph

Außerdem hatte er zwei weitere uneheliche Kinder:

  • Wilhelm
  • Sybilla
  • Carl Watkins: Stephen: The Reign of Anarchy. Allen Lane, London 2015, ISBN 978-0-14-197714-0.
  • David Crouch: The Reign of King Stephen: 1135–1154. Routledge, London 2014, ISBN 978-1-317-89297-7.
  • Edmund King: King Stephen. Yale University Press, New Haven u. a. 2010, ISBN 978-0-300-11223-8.
  • Keith J. Stringer: The Reign of Stephen: Kingship, Warfare and Government in Twelfth-Century England. Routledge, London (UK) 2008, ISBN 9781134980956.
  • Rebecca Fraser: The Story of Britain: From the Romans to the Present: A Narrative History. W. W. Norton & Company, New York 2006 (Neuauflage), ISBN 9780393072495, S. 120–125.
Commons: Stephen of England – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. a b Alison Weir: Britain's Royal Families. The Complete Genealogy. The Bodley Head, London 1999, S. 54.
  2. Hubert Houben: Die Normannen (= C. H. Beck Wissen; Beck’sche Reihe. Band 2755). C. H. Beck, München 2012, ISBN 978-3-406-63727-8.
  3. Alison Weir: Britain's Royal Families. The Complete Genealogy. The Bodley Head, London 1999, S. 52.
VorgängerAmtNachfolger
Robert II. von VitryGraf von Mortain
1112–1135
Eustach IV.
Eustach III.Graf von Boulogne
(de iure uxoris)

1125–1151
Eustach IV.
Heinrich I.Herzog der Normandie
1135–1144
Gottfried Plantagenet
Heinrich I.König von England
1135–1141
Matilda
MatildaKönig von England
1141–1154
Heinrich II.