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„Cosmas von Prag“ – Versionsunterschied

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{{Dieser Artikel|beschreibt den Chronisten. Für den gleichnamigen Bischof siehe [[Cosmas (Prag)]].}}
'''Cosmas von Prag''', auch ''Kosmas von Prag'' (* um [[1045]]; † [[21. Oktober]] [[1125]]) war der erste und bedeutendste böhmische [[Chronist]] des [[Mittelalter]]s.


[[Datei:Kosmas.jpg|mini|Kosmas von Prag. Abbildung aus dem Leipziger Manuskript der Chronica Boemorum, Ende 12. Jahrhundert.]]
== Leben ==


'''Cosmas von Prag''' (auch ''Kosmas von Prag''; {{csS|''Kosmas''}}, {{laS|''Cosmas Pragensis''}}; * um [[1045]] in [[Zdice]];  [[21. Oktober]] [[1125]]) war der erste und bedeutendste [[Böhmen|böhmische]] [[Chronist]] des [[Mittelalter]]s.
=== Jugend ===


== Leben ==
Er entstammte einer wohlhabenden Prager Priesterfamilie. Eine Ausbildung genoss er zunächst in [[Prag]] und in den Jahren 1075–1086 in [[Lüttich]]. Dort studierte er bei [[Magister]] Franko [[Grammatik]] und [[Dialektik]].
Cosmas entstammte vermutlich einer wohlhabenden [[Prag]]er Familie, aus der zahlreiche Priester hervorgegangen sind. Sein Geburtsjahr ist nicht bekannt. Nach der Ausbildung in Prag studierte er 1075–1086 [[Grammatik]] und [[Dialektik]] bei Magister Franko in [[Lüttich]]. Er war mit Božetěcha verheiratet und hatte einen Sohn namens Heinrich. In manchen [[Quelle (Geschichtswissenschaft)|Quellen]] wird vermutet, der Sohn sei identisch mit dem [[Erzbistum Olmütz|Olmützer]] Bischof [[Heinrich Zdik]].


Nach seiner Rückkehr aus Lüttich wurde Cosmas [[Kanoniker]] am Prager [[Domkapitel]]. Ende des Jahres 1091 begleitete er die neugewählten Bischöfe [[Cosmas (Prag)|Cosmas von Prag]] und [[Andreas I. (Olmütz)|Andreas von Olmütz]] zur königlichen [[Investitur]] nach [[Mantua]]. Die Namensgleichheit mit dem Prager Bischof ist zufällig; sie führte jedoch dazu, dass der ''Bischof Cosmas'' und der ''Chronist Cosmas'' in den Quellen mehrfach verwechselt wurden. 1094 begleitete Cosmas die beiden vorgenannten Bischöfe auch zur [[Bischofsweihe]] nach [[Bistum Mainz|Mainz]].
=== Aufgaben in der Kirche ===


1099 hielt er sich mit dem Prager Bischof [[Hermann (Prag)|Hermann]] in [[Königreich Ungarn|Ungarn]] auf. Dort lernte er den [[Erzbistum Esztergom-Budapest|Graner]] Erzbischof Seraphim kennen. Von diesem empfing Cosmas, obwohl er verheiratet war, die Priesterweihe. Das war grundsätzlich möglich, wenn er nicht mehr mit seiner Frau zusammenlebte und den [[Zölibat]] einhielt, der zudem erst 1139 auf dem [[Zweites Laterankonzil|Zweiten Laterankonzil]] verbindlich durchgesetzt wurde.
Nach seiner Rückkehr nach Böhmen wurde er [[Kanoniker]] am Prager [[Domkapitel]]. In den Jahren 1091 bis 1092 begleitet er die Bischöfe von Prag und Olmütz zur königlichen [[Investitur]] nach [[Mantua]] und 1094 zur [[Weihe]] nach [[Mainz]]. 1099 wurde er auf einer Ungarnreise mit [[Bischof]] Hermann von Prag in Gran vom dortigen [[Erzbischof]] Seraphim zum [[Priester]] geweiht.


Für das Prager Domkapitel führte Cosmas 1110 Verhandlungen mit dem [[Mähren|mährischen]] Teilfürsten [[Otto II. (Mähren)|Otto II.]], bei denen es um ein [[Marktrecht]] ging. Für 1119 ist er als [[Domdechant|Dekan]] des Prager Domkapitels nachgewiesen.
1110 verhandelt er für das [[Domkapitel]] mit dem mährischen Teilfürsten Otto wegen Marktrechts. 1917 heiratet er Boţettcha und zeugt seinen Sohn Heinrich. Inzwischen Dekan der Prager Kirche, beginnt er 1119 mit dem Schreiben der [[Chronik]], die er 1125 nicht vollenden kann.


=== Die Chronik ===
== Werk ==
Bis heute bekannt ist Cosmas, der zu den intellektuell bedeutsamen Persönlichkeiten Böhmens gehörte, durch die von ihm ab 1119 verfasste [[Chronica Boemorum]], die in drei Bänden die Geschichte Böhmens bis zu Cosmas Tod 1125 umfasst. Mit der Chronik wurde das bis heute maßgebende Geschichtsbild der böhmischen Frühzeit geprägt.


* lateinische Ausgabe: {{MGH|SSrerGermNS|2}}
Die [[Chronica Boemorum]] umfaßt drei Bücher. Das erste reicht von der sagenhaften Vorzeit Böhmens bis zum ersten christlichen Herzog [[Bořivoj I.|Bořivoj]] und dann bis 1034 (Regierungsantritt [[Břetislav I. (Böhmen)|Břetislavs I.]]). Das zweite bis 1092 (Regierungsantritt [[Břetislav II.|Břetislavs II.]]). Das dritte Buch umfasst die Zeit bis 1125.
* deutsche Ausgabe: ''Des Dekanus Cosmas Chronik von Böhmen nach der Ausgabe der Monumenta Germaniae übersetzt von [[Georg Grandaur]].'' Duncker, Leipzig 1885 ([https://books.google.lv/books?id=sGoIAAAAQAAJ Digitalisat] im [[Internet Archive]])

** Cosmas von Prag: ''Die Chronik Böhmens''. In Anlehnung an die Übertragung von Georg Grandaur neu übersetzt und eingeleitet von Franz Huf, 2 Bände, Phaidon, Essen 1987, ISBN 3-88851-116-X.
Ursprünglich wollte er ein literarisches Werk schaffen, aber er entwarf auch das letztlich bis heute maßgebende Geschichtsbild der böhmischen Frühzeit. Diese Geschichte ist die Geschichte böhmischer Herrscher, aber auch einzelne Bischöfe werden zu Persönlichkeiten seiner Erzählungen. Kaiser und Papst treten auf, während der Adel und das Volk kaum berücksichtigt werden.
* englische Ausgabe: Cosmas of Prague: ''The chronicle of the Czechs.'' Translated with an introduction and notes by [[Lisa Wolverton]], Washington D.C. 2009, ISBN 978-0-8132-1570-9.

Die Kosmaschronik ist von mehreren Autoren, so zum Beispiel von [[Beneš Krabice z Weitmile]], fortgesetzt worden und beeinflußte alle späteren böhmischen Chroniken bis ins 16. Jahrhundert. Sie ist in 15 Handschriften erhalten.


== Literatur ==
== Literatur ==
* Anna Aurast: ''Wir und die Anderen. Identität im Widerspruch bei Cosmas von Prag.'' In: ''[[Das Mittelalter]].'' Jg. 10 (2005), Heft 2, S. 28–37.

* {{BBKL|archiveurl=https://web.archive.org/web/20070629040602/http://www.bautz.de/bbkl/k/Kosmas_v_p.shtml |band=4|autor=Peter Hilsch|spalten=543–545}}
*Die Chronik der Böhmen, Herausgeber Bertold Bretholz 1923
* [[Peter Hilsch]]: ''Herzog, Bischof und Kaiser bei Cosmas von Prag.'' In: [[Karl Hauck (Mediävist)|Karl Hauck]], [[Hubert Mordek]] (Hrsg.): ''Geschichtsschreibung und geistiges Leben im Mittelalter.'' Böhlau, Köln 1978, S. 356–372.
*M. Wojciechowska, Ze studiów nad rekopisami Kosmasa [Studien zu Kosmashandschriften], Sborník historický 5 (1957) 5-20 (dt. Résumé).
* Johannes Leithold: ''Cosmas und die Deutschen.'' Dissertation, Philosophische Fakultät der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin, 16. Juli 1921.
* Wilhelm Regel: ''Über die Chronik des Cosmas von Prag.'' Dissertation, Dorpat 1892.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* {{DNB-Portal|118522353}}
* {{NKCR|jk01061961}}
* {{Geschichtsquellen Person|118522353|Cosmas ecclesiae Pragensis decanus}}


{{Normdaten|TYP=p|GND=118522353|LCCN=nr/95/31511|VIAF=54247588}}
*[http://www.bautz.de/bbkl/k/Kosmas_v_p.shtml Biographie]

[[Kategorie:Historiker]]


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[[Kategorie:Historiker des Mittelalters]]
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[[Kategorie:Chronik (Literatur)]]
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[[eo:Kosmas]]
[[pl:Kosmas z Pragi]]

Aktuelle Version vom 29. August 2023, 18:16 Uhr

Kosmas von Prag. Abbildung aus dem Leipziger Manuskript der Chronica Boemorum, Ende 12. Jahrhundert.

Cosmas von Prag (auch Kosmas von Prag; tschechisch Kosmas, lateinisch Cosmas Pragensis; * um 1045 in Zdice; † 21. Oktober 1125) war der erste und bedeutendste böhmische Chronist des Mittelalters.

Cosmas entstammte vermutlich einer wohlhabenden Prager Familie, aus der zahlreiche Priester hervorgegangen sind. Sein Geburtsjahr ist nicht bekannt. Nach der Ausbildung in Prag studierte er 1075–1086 Grammatik und Dialektik bei Magister Franko in Lüttich. Er war mit Božetěcha verheiratet und hatte einen Sohn namens Heinrich. In manchen Quellen wird vermutet, der Sohn sei identisch mit dem Olmützer Bischof Heinrich Zdik.

Nach seiner Rückkehr aus Lüttich wurde Cosmas Kanoniker am Prager Domkapitel. Ende des Jahres 1091 begleitete er die neugewählten Bischöfe Cosmas von Prag und Andreas von Olmütz zur königlichen Investitur nach Mantua. Die Namensgleichheit mit dem Prager Bischof ist zufällig; sie führte jedoch dazu, dass der Bischof Cosmas und der Chronist Cosmas in den Quellen mehrfach verwechselt wurden. 1094 begleitete Cosmas die beiden vorgenannten Bischöfe auch zur Bischofsweihe nach Mainz.

1099 hielt er sich mit dem Prager Bischof Hermann in Ungarn auf. Dort lernte er den Graner Erzbischof Seraphim kennen. Von diesem empfing Cosmas, obwohl er verheiratet war, die Priesterweihe. Das war grundsätzlich möglich, wenn er nicht mehr mit seiner Frau zusammenlebte und den Zölibat einhielt, der zudem erst 1139 auf dem Zweiten Laterankonzil verbindlich durchgesetzt wurde.

Für das Prager Domkapitel führte Cosmas 1110 Verhandlungen mit dem mährischen Teilfürsten Otto II., bei denen es um ein Marktrecht ging. Für 1119 ist er als Dekan des Prager Domkapitels nachgewiesen.

Bis heute bekannt ist Cosmas, der zu den intellektuell bedeutsamen Persönlichkeiten Böhmens gehörte, durch die von ihm ab 1119 verfasste Chronica Boemorum, die in drei Bänden die Geschichte Böhmens bis zu Cosmas Tod 1125 umfasst. Mit der Chronik wurde das bis heute maßgebende Geschichtsbild der böhmischen Frühzeit geprägt.

  • lateinische Ausgabe: Bertold Bretholz und Wilhelm Weinberger (Hrsg.): Scriptores rerum Germanicarum, Nova series 2: Die Chronik der Böhmen des Cosmas von Prag (Cosmae Pragensis Chronica Boemorum). Berlin 1923 (Monumenta Germaniae Historica, Digitalisat)
  • deutsche Ausgabe: Des Dekanus Cosmas Chronik von Böhmen nach der Ausgabe der Monumenta Germaniae übersetzt von Georg Grandaur. Duncker, Leipzig 1885 (Digitalisat im Internet Archive)
    • Cosmas von Prag: Die Chronik Böhmens. In Anlehnung an die Übertragung von Georg Grandaur neu übersetzt und eingeleitet von Franz Huf, 2 Bände, Phaidon, Essen 1987, ISBN 3-88851-116-X.
  • englische Ausgabe: Cosmas of Prague: The chronicle of the Czechs. Translated with an introduction and notes by Lisa Wolverton, Washington D.C. 2009, ISBN 978-0-8132-1570-9.