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„Vorkammereinspritzung“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Vorkammerverfahren Skizze.JPG|mini|Prinzipskizze der Vorkammereinspritzung]]
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| [[bild:Vorkammer1.jpg|right|thumb|Vorkammer-Einspritzung]]
Die '''Vorkammereinspritzung''' war ein bis in die 1990er Jahre weit verbreitetes Einspritzprinzip für [[Dieselmotor]]en ([[Kammerdieselmotor]]). Kennzeichnend ist, dass der [[Brennraum]] in Hauptbrennraum und Vorkammer unterteilt ist, der [[Kraftstoff]] wird in die Vorkammer eingespritzt. Heute ist sie weitgehend von der [[Direkteinspritzung]] verdrängt und kommt nur noch in Nischenanwendungen wie z. B. kleineren Diesel-Generatoren zur Anwendung.
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| [[bild:Wirbelkammer1.jpg|right|thumb|Wirbelkammer-Einspritzung]]
== Geschichte ==
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Die ersten Dieselmotoren hatten [[Lufteinblasung]] und funktionierten nur mit Unterstützung eines [[Kompressor]]s, da der Kraftstoff mit Druckluft in den Brennraum eingeblasen wurde. Die Motoren waren dadurch groß, schwer und für mobile Anwendungen kaum einsetzbar. [[Prosper L’Orange]], zu jener Zeit ein Entwicklungspartner von [[Rudolf Diesel]], erfand 1909 das [[Kammerdieselmotor|Vorkammerprinzip]], mit dem auf Kompressoren verzichtet werden konnte. Prosper L’Orange erhielt am 14. März 1909 ein Patent (''DRP 230 517'') auf das Vorkammerverfahren mit [[Einspritzdüse (Dieselmotor)|Nadel-Einspritzdüse]] und einer regelbaren [[Einspritzpumpe]]. Der schwere und anfällige Druckluftkompressor entfiel und nach dem [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] konnten leichtere, schnelllaufende Dieselmotoren in Lastwagen eingebaut werden.<ref>{{Patent|Land=DE|V-Nr=230517|Titel=Verbrennungskraftmaschine für flüssige Brennstoffe|A-Datum=1909-03-14|Erfinder=Prosper L’Orange|Anmelder=Benz & Cie, Rheinische Gasmotorenfabrik AG}}</ref>
Die '''Vorkammereinspritzung''' im [[Dieselmotor]] dient vor allem bei [[Personenkraftwagen|PKW]]-[[Motor]]en dazu, eine geringere Geräuschentwicklung zu erzielen, wird aber durch technische Fortentwicklung immer mehr durch die [[Direkteinspritzung|direkte Einspritzung]] abgelöst.

Beim Vorkammerdieselmotor von Prosper L’Orange wird der Kraftstoff von einer mechanischen Pumpe ohne Spritzdüse bei zu Beginn des Kompressionshubs noch mäßigem Druck in einen Zwischenkanal zwischen Brennraum und Vorkammer eingebracht. Für die Zerstäubung sorgt die vom Kolben komprimierte Luft, die vom Brennraum in die Vorkammer wirbelt. Ein Teil des zerstäubten Kraftstoffs entzündet sich in der Vorkammer, die Expansion drückt und zerstäubt den restlichen im Zwischenkanal enthaltenen Kraftstoff in den Brennraum, wo dann die Hauptverbrennung erfolgt.

Die Einspritzpumpe war zunächst eine mechanische, ungeregelte Pumpe, der Zerstäubungs- und Verbrennungsvorgang deswegen schwer zu beeinflussen. Eine wichtige Weiterentwicklung war die Einführung der Einspritzdüse, mit der die Kraftstoffzerstäubung genauer und kontrollierter vorgenommen werden kann.

Im Pkw-Sektor war Mercedes-Benz spätestens ab den 1970er Jahren der einzige Hersteller, der für seine Pkw Dieselmotoren die Vorkammereinspritzung beibehielt, alle anderen Pkw-Hersteller setzten schon auf das [[Wirbelkammereinspritzung|Wirbelkammerverfahren]].<ref>''Der Personenkraftwagen mit Dieselmotor (Teil II).'' In: [[KFT|Kraftfahrzeugtechnik]] 1/1980, S. 11–17.</ref> Ab der zweiten Hälfte der 1980er Jahre und im Verlauf der 1990er Jahre wurde das Kammerverfahren auch bei Diesel-Pkw zunehmend durch die [[Direkteinspritzung]] abgelöst.


== Beschreibung ==
== Beschreibung ==
In die Vorkammer, deren Größe etwa 35 %<ref name="Todsen" /> des Hauptbrennraums entspricht, wird Kraftstoff mit einer [[Einspritzdüse (Dieselmotor)|Einlochdüse]] möglichst weit in Richtung auf die Mündung zum Hauptbrennraum eingespritzt.<ref name="Grohe" /> Der Einspritzdruck ist mit maximal 400 bar vergleichsweise moderat, was sich günstig auf die Haltbarkeit von Einspritzpumpe und Einspritzventil und die Nutzung verschiedener Brennstoffe auswirkt. Die Form der Vorkammer soll eine gute [[Kraftstoff]]-[[Luft]]-Mischung erzielen. Das wird häufig auch mit einem in der Vorkammer angeordneten Prallstift (teilweise auch mit Prallkugel) erreicht, der vom Einspritzstrahl getroffen wird. Im Betrieb wird der Prallstift sehr heiß, der aufgespritzte Kraftstoff verdampft dadurch sehr rasch. Der [[Zündverzug]] wird dadurch nochmals reduziert, was Motordrehzahlen von 5.500/min und darüber möglich macht.


Der Kraftstoff wird mit einem Teil der Verbrennungsluft vorgemischt und verbrennt teilweise in der Vorkammer. Die dadurch hervorgerufene Expansion drückt das Gemisch durch einen einmündenden Kanal, den sogenannten Schusskanal, in den [[Brennraum|Hauptbrennraum]]. Die Vorkammer wirkt also mit ihrer Vorverbrennung wie eine zweite Einspritzdüse. Im Hauptraum läuft der größte Teil der Verbrennung ab, die auf den [[Kolben (Technik)|Kolben]] wirkt. Durch den geringen Einspritzdruck und die kontrollierte Verbrennung ist die Belastung der Bauteile niedrig, was zusammen mit den niedrigen Kolbengeschwindigkeiten hohe Laufleistungen der Dieselmotoren erlaubte (z.&nbsp;B. [[Mercedes-Benz OM 615]]).
Bei der Vorkammer handelt es sich um einen Vorverbrennungsraum, in den eine [[Düse|Einlochdüse]] einspritzt. Die Form der Vorkammer soll eine gute [[Kraftstoff]]-[[Luft]]-Mischung erzielen. Der mit einem Teil der Verbrennungsluft vorgemischte Kraftstoff verbrennt in der Vorkammer zum Teil und wird durch die Expansion bei der Verbrennung mit hohem Druck in den Hauptverbrennungsraum gedrückt. Hier findet die endgültige Verbrennung statt, die auf den [[Kolben (Technik)|Kolben]] wirkt.


== Vor- und Nachteile ==
Nachteilig an dieser zweistufigen [[Verbrennung]] ist die große Kühlfläche der Vorkammer, die die verdichtete Luft schnell abkühlt. Deshalb starten solche Motoren erst ab 50°C Kühlwassertemperatur ohne zusätzliche Vorkammerheizungen. Bei [[Kaltstarter]]n sind [[Glühwendel]]n zur Vorkammerheizung üblich.
Vorteile gegenüber direkteinspritzenden Dieselmotoren:
* Geringe Einspritzdrücke ab 118…132&nbsp;bar
* Niedrige Zünddrücke, dadurch geringere mechanische Belastung des Triebwerks<ref name="Dubbel" /><ref name="Teichmann" />
* Geringerer Zündverzug des unterteilten Brennraums, daher für leichtsiedende Kraftstoffe mit geringer Zündwilligkeit geeignet<ref name="HKT" /> ([[Vielstoffmotor|Vielstoffeigenschaften]])
* Geringere Geräuschemissionen im Vergleich zu mechanisch gesteuerten Direkteinspritzern<ref name="Reif" /> (= ohne [[Mehrfacheinspritzung]])
* Geringerer Ausstoß von Stickoxiden


Nachteile gegenüber direkteinspritzenden Dieselmotoren:
== Arten ==
* [[Common-Rail]]-Motoren mit Mehrfacheinspritzung weisen ein besseres Geräuschemissionsverhalten auf.<ref name="HKT" />
* Große Wärme- und Strömungsverluste des geteilten Brennraums mit relativ großen Oberflächen, dadurch
** schlechter Wirkungsgrad<ref name="HKT" /> mit etwa 15 % bis 20 % höherem Kraftstoffverbrauch<ref name="Teichmann" />
** [[Kaltstart]] erfordert [[Glühkerze]]n zur Beheizung der Vorkammer<ref name="Teichmann" />, damit die Selbstzündungstemperatur erreicht wird
* Neigung zum [[Dieselruß|Rußen]] (Abgastrübung), insbesondere wenn die Vorkammer im Leerlauf ausgekühlt und dann angefahren wird.<ref name="Teichmann" />
Bei defekten Glühkerzen, extremer Kälte oder schwacher Batterie kann der Motor nur durch eine höhere Startdrehzahl (Anschleppen) oder mit Hilfe von [[Starthilfespray]] gestartet werden.


== Varianten ==
Es gibt [[Wirbelkammereinspritzung|Wirbelkammern]], in denen der Kraftstoff mit der Luft verwirbelt wird.
Weiter sind einfache zylindrische Vorkammern in Verwendung, die über einen Mehrlochkanal in den Verbrennungsraum führen.


Zunächst konnten mit dem Vorkammerverfahren Dieselmotoren kompakt gebaut werden, waren jedoch noch immer nicht als Fahrzeugantrieb geeignet. Erst mit der Erfindung der Nadeleinspritzdüse und der Trichtervorkammer im Jahre 1919 sowie der regelbaren Einspritzpumpe 1921 konnten Vorkammermaschinen schnelllauffähig gebaut werden, sodass sie als Fahrzeugantrieb in Betracht kamen. In den Folgejahren wurde primär die Form der Vorkammer weiterentwickelt, um den Zündverzug weiter zu mindern.<ref name="Teichmann" />
Ein Sonderfall ist das MAN-[[M-Verfahren]], bei dem die Vorkammer Bestandteil des Kolbens ist. Hierbei wird der Kraftstoff durch eine Einlochdüse tangential in eine kugelförmige Vertiefung im Kolben gespritzt.
Der Kraftstoff verteilt sich als Film an der Oberfläche und dampft daran ab, mit steigender Verbrennungstemperatur entsprechend stärker. Dadurch werden auch eine kurze Brenndauer, ein leiser Gang und wenig Ruß erreicht.


Einige Autoren bezeichnen auch das [[M-Verfahren]] als Sondervariante des Vorkammerverfahrens.<ref name="Teichmann" />
Eine Weiterentwicklung des [[M-Verfahren]]s stellt der [[Elsbett-Motor]] dar.


=== Verfahren zur Direkteinspritzung in Verbrennungsmotoren ===
== Kritik ==
[[Datei:Hilfsgemischmotor.jpg|mini|Anlage zur Patentschrift, 1903]]
Bereits 1898 führte [[Friedrich August Haselwander]] Untersuchungen zur Direkteinspritzung von Kraftstoff in Verbrennungsmotoren durch. Haselwander setzte auf einen Verdränger, anstelle des von Rudolf Diesel verwendeten Kompressors mit Einspritzdüse<ref>''Neue Badische Landes-Zeitung'' vom 1. Juni 1927</ref> (verdichterlosen Dieselmotor) und 1901 entwickelte er den Dieselmotor mit Vorkammereinspritzung (''Haselwander-motor)''.


== Literatur ==
Das langsame zweistufige Verbrennungsverfahren benötigt große Voreinspritzwinkel und lange Verbrennungszeiten. Damit sind die [[Drehzahl]]en der Motoren begrenzt, der Gaswechsel in der Vorkammer ist relativ schlecht.
* [[Richard van Basshuysen]], Fred Schäfer: ''Handbuch Verbrennungsmotor. Grundlagen, Komponenten, Systeme, Perspektiven.'' 3. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Friedrich Vieweg & Sohn Verlag/GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2005, ISBN 3-528-23933-6.
* Heinz Grohe: ''Otto- und Dieselmotoren. Arbeitsweise, Aufbau und Berechnung von Zweitakt- und Viertakt-Verbrennungsmotoren.'' 11. Auflage. Vogel-Verlag, Würzburg 1995, ISBN 3-8023-1559-6.


== Siehe auch ==
== Quellen ==
<references responsive>
[[Wirbelkammereinspritzung]], [[Direkteinspritzung]]
<ref name="Reif">
Konrad Reif: ''Grundlagen Fahrzeug- und Motorentechnik'', Springer, Wiesbaden, 2017. ISBN 978-3-658-12636-0. S. 13
</ref>
<ref name="Todsen">
Uwe Todsen: ''Verbrennungsmotoren'', 2. Auflage, Carl Hanser, München, 2017. ISBN 978-3-446-45227-5. S. 96
</ref>
<ref name="Dubbel">
F. Sass, Ch. Bouché, A Leitner (Hrsg.): ''Dubbels Taschenbuch für den Maschinenbau'', 12. Auflage, Springer, Berlin/Heidelberg, 1963. ISBN 978-3-662-41645-7. S. 177
</ref>
<ref name="HKT">
Hans-Hermann Braess, Ulrich Seiffert (Hrsg.): ''Vieweg Handbuch Kraftfahrzeugtechnik'', 7. Auflage, Springer, Wiesbaden, 2013. ISBN 978-3-658-01691-3. S. 310 ff.
</ref>
<ref name="Teichmann">
Rüdiger Teichmann, Günter P. Merker (Hrsg.): ''Grundlagen Verbrennungsmotoren : Funktionsweise, Simulation, Messtechnik '', 7. Auflage, Springer, Wiesbaden, 2014. ISBN 978-3-658-03195-4. S. 381 ff.
</ref>
<ref name="Grohe">
Heinz Grohe: ''Otto- und Dieselmotoren. Arbeitsweise, Aufbau und Berechnung von Zweitakt- und Viertakt-Verbrennungsmotoren.'' 11. Auflage. Vogel-Verlag, Würzburg 1995, ISBN 3-8023-1559-6.
</ref>
</references>


[[Kategorie:Verbrennungsmotor]]
[[Kategorie:Einspritztechnik]]

Aktuelle Version vom 24. November 2024, 04:24 Uhr

Prinzipskizze der Vorkammereinspritzung

Die Vorkammereinspritzung war ein bis in die 1990er Jahre weit verbreitetes Einspritzprinzip für Dieselmotoren (Kammerdieselmotor). Kennzeichnend ist, dass der Brennraum in Hauptbrennraum und Vorkammer unterteilt ist, der Kraftstoff wird in die Vorkammer eingespritzt. Heute ist sie weitgehend von der Direkteinspritzung verdrängt und kommt nur noch in Nischenanwendungen wie z. B. kleineren Diesel-Generatoren zur Anwendung.

Die ersten Dieselmotoren hatten Lufteinblasung und funktionierten nur mit Unterstützung eines Kompressors, da der Kraftstoff mit Druckluft in den Brennraum eingeblasen wurde. Die Motoren waren dadurch groß, schwer und für mobile Anwendungen kaum einsetzbar. Prosper L’Orange, zu jener Zeit ein Entwicklungspartner von Rudolf Diesel, erfand 1909 das Vorkammerprinzip, mit dem auf Kompressoren verzichtet werden konnte. Prosper L’Orange erhielt am 14. März 1909 ein Patent (DRP 230 517) auf das Vorkammerverfahren mit Nadel-Einspritzdüse und einer regelbaren Einspritzpumpe. Der schwere und anfällige Druckluftkompressor entfiel und nach dem Ersten Weltkrieg konnten leichtere, schnelllaufende Dieselmotoren in Lastwagen eingebaut werden.[1]

Beim Vorkammerdieselmotor von Prosper L’Orange wird der Kraftstoff von einer mechanischen Pumpe ohne Spritzdüse bei zu Beginn des Kompressionshubs noch mäßigem Druck in einen Zwischenkanal zwischen Brennraum und Vorkammer eingebracht. Für die Zerstäubung sorgt die vom Kolben komprimierte Luft, die vom Brennraum in die Vorkammer wirbelt. Ein Teil des zerstäubten Kraftstoffs entzündet sich in der Vorkammer, die Expansion drückt und zerstäubt den restlichen im Zwischenkanal enthaltenen Kraftstoff in den Brennraum, wo dann die Hauptverbrennung erfolgt.

Die Einspritzpumpe war zunächst eine mechanische, ungeregelte Pumpe, der Zerstäubungs- und Verbrennungsvorgang deswegen schwer zu beeinflussen. Eine wichtige Weiterentwicklung war die Einführung der Einspritzdüse, mit der die Kraftstoffzerstäubung genauer und kontrollierter vorgenommen werden kann.

Im Pkw-Sektor war Mercedes-Benz spätestens ab den 1970er Jahren der einzige Hersteller, der für seine Pkw Dieselmotoren die Vorkammereinspritzung beibehielt, alle anderen Pkw-Hersteller setzten schon auf das Wirbelkammerverfahren.[2] Ab der zweiten Hälfte der 1980er Jahre und im Verlauf der 1990er Jahre wurde das Kammerverfahren auch bei Diesel-Pkw zunehmend durch die Direkteinspritzung abgelöst.

In die Vorkammer, deren Größe etwa 35 %[3] des Hauptbrennraums entspricht, wird Kraftstoff mit einer Einlochdüse möglichst weit in Richtung auf die Mündung zum Hauptbrennraum eingespritzt.[4] Der Einspritzdruck ist mit maximal 400 bar vergleichsweise moderat, was sich günstig auf die Haltbarkeit von Einspritzpumpe und Einspritzventil und die Nutzung verschiedener Brennstoffe auswirkt. Die Form der Vorkammer soll eine gute Kraftstoff-Luft-Mischung erzielen. Das wird häufig auch mit einem in der Vorkammer angeordneten Prallstift (teilweise auch mit Prallkugel) erreicht, der vom Einspritzstrahl getroffen wird. Im Betrieb wird der Prallstift sehr heiß, der aufgespritzte Kraftstoff verdampft dadurch sehr rasch. Der Zündverzug wird dadurch nochmals reduziert, was Motordrehzahlen von 5.500/min und darüber möglich macht.

Der Kraftstoff wird mit einem Teil der Verbrennungsluft vorgemischt und verbrennt teilweise in der Vorkammer. Die dadurch hervorgerufene Expansion drückt das Gemisch durch einen einmündenden Kanal, den sogenannten Schusskanal, in den Hauptbrennraum. Die Vorkammer wirkt also mit ihrer Vorverbrennung wie eine zweite Einspritzdüse. Im Hauptraum läuft der größte Teil der Verbrennung ab, die auf den Kolben wirkt. Durch den geringen Einspritzdruck und die kontrollierte Verbrennung ist die Belastung der Bauteile niedrig, was zusammen mit den niedrigen Kolbengeschwindigkeiten hohe Laufleistungen der Dieselmotoren erlaubte (z. B. Mercedes-Benz OM 615).

Vor- und Nachteile

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Vorteile gegenüber direkteinspritzenden Dieselmotoren:

  • Geringe Einspritzdrücke ab 118…132 bar
  • Niedrige Zünddrücke, dadurch geringere mechanische Belastung des Triebwerks[5][6]
  • Geringerer Zündverzug des unterteilten Brennraums, daher für leichtsiedende Kraftstoffe mit geringer Zündwilligkeit geeignet[7] (Vielstoffeigenschaften)
  • Geringere Geräuschemissionen im Vergleich zu mechanisch gesteuerten Direkteinspritzern[8] (= ohne Mehrfacheinspritzung)
  • Geringerer Ausstoß von Stickoxiden

Nachteile gegenüber direkteinspritzenden Dieselmotoren:

  • Common-Rail-Motoren mit Mehrfacheinspritzung weisen ein besseres Geräuschemissionsverhalten auf.[7]
  • Große Wärme- und Strömungsverluste des geteilten Brennraums mit relativ großen Oberflächen, dadurch
    • schlechter Wirkungsgrad[7] mit etwa 15 % bis 20 % höherem Kraftstoffverbrauch[6]
    • Kaltstart erfordert Glühkerzen zur Beheizung der Vorkammer[6], damit die Selbstzündungstemperatur erreicht wird
  • Neigung zum Rußen (Abgastrübung), insbesondere wenn die Vorkammer im Leerlauf ausgekühlt und dann angefahren wird.[6]

Bei defekten Glühkerzen, extremer Kälte oder schwacher Batterie kann der Motor nur durch eine höhere Startdrehzahl (Anschleppen) oder mit Hilfe von Starthilfespray gestartet werden.

Zunächst konnten mit dem Vorkammerverfahren Dieselmotoren kompakt gebaut werden, waren jedoch noch immer nicht als Fahrzeugantrieb geeignet. Erst mit der Erfindung der Nadeleinspritzdüse und der Trichtervorkammer im Jahre 1919 sowie der regelbaren Einspritzpumpe 1921 konnten Vorkammermaschinen schnelllauffähig gebaut werden, sodass sie als Fahrzeugantrieb in Betracht kamen. In den Folgejahren wurde primär die Form der Vorkammer weiterentwickelt, um den Zündverzug weiter zu mindern.[6]

Einige Autoren bezeichnen auch das M-Verfahren als Sondervariante des Vorkammerverfahrens.[6]

Verfahren zur Direkteinspritzung in Verbrennungsmotoren

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Anlage zur Patentschrift, 1903

Bereits 1898 führte Friedrich August Haselwander Untersuchungen zur Direkteinspritzung von Kraftstoff in Verbrennungsmotoren durch. Haselwander setzte auf einen Verdränger, anstelle des von Rudolf Diesel verwendeten Kompressors mit Einspritzdüse[9] (verdichterlosen Dieselmotor) und 1901 entwickelte er den Dieselmotor mit Vorkammereinspritzung (Haselwander-motor).

  • Richard van Basshuysen, Fred Schäfer: Handbuch Verbrennungsmotor. Grundlagen, Komponenten, Systeme, Perspektiven. 3. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Friedrich Vieweg & Sohn Verlag/GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2005, ISBN 3-528-23933-6.
  • Heinz Grohe: Otto- und Dieselmotoren. Arbeitsweise, Aufbau und Berechnung von Zweitakt- und Viertakt-Verbrennungsmotoren. 11. Auflage. Vogel-Verlag, Würzburg 1995, ISBN 3-8023-1559-6.
  1. Patent DE230517: Verbrennungskraftmaschine für flüssige Brennstoffe. Angemeldet am 14. März 1909, Anmelder: Benz & Cie, Rheinische Gasmotorenfabrik AG, Erfinder: Prosper L’Orange.
  2. Der Personenkraftwagen mit Dieselmotor (Teil II). In: Kraftfahrzeugtechnik 1/1980, S. 11–17.
  3. Uwe Todsen: Verbrennungsmotoren, 2. Auflage, Carl Hanser, München, 2017. ISBN 978-3-446-45227-5. S. 96
  4. Heinz Grohe: Otto- und Dieselmotoren. Arbeitsweise, Aufbau und Berechnung von Zweitakt- und Viertakt-Verbrennungsmotoren. 11. Auflage. Vogel-Verlag, Würzburg 1995, ISBN 3-8023-1559-6.
  5. F. Sass, Ch. Bouché, A Leitner (Hrsg.): Dubbels Taschenbuch für den Maschinenbau, 12. Auflage, Springer, Berlin/Heidelberg, 1963. ISBN 978-3-662-41645-7. S. 177
  6. a b c d e f Rüdiger Teichmann, Günter P. Merker (Hrsg.): Grundlagen Verbrennungsmotoren : Funktionsweise, Simulation, Messtechnik , 7. Auflage, Springer, Wiesbaden, 2014. ISBN 978-3-658-03195-4. S. 381 ff.
  7. a b c Hans-Hermann Braess, Ulrich Seiffert (Hrsg.): Vieweg Handbuch Kraftfahrzeugtechnik, 7. Auflage, Springer, Wiesbaden, 2013. ISBN 978-3-658-01691-3. S. 310 ff.
  8. Konrad Reif: Grundlagen Fahrzeug- und Motorentechnik, Springer, Wiesbaden, 2017. ISBN 978-3-658-12636-0. S. 13
  9. Neue Badische Landes-Zeitung vom 1. Juni 1927