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„Liberalismus“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Ereignisblatt aus den revolutionären Märztagen 18.-19. März 1848 mit einer Barrikadenszene aus der Breiten Strasse, Berlin 01.jpg|mini|Barrikadenszene während der [[Deutsche Revolution 1848/1849|Märzrevolution]]: zentrales Ereignis des deutschen Liberalismus]]
Unter '''Liberalismus''' ([[Latein|lat.]] ''liber'': frei, [[Latein|lat.]] ''liberalis'': die [[Freiheit]] betreffend, freiheitlich) wird eine in der [[Aufklärung]] entstandene freiheitliche Gesinnung und politisch-philosophische Lehre verstanden.
Der '''Liberalismus''' ({{laS|liber, libera, liberum|de=frei}}; {{lang|la|''liberalis''}} „die [[Freiheit]] betreffend, freiheitlich“) ist eine Grundposition der [[Politische Philosophie|politischen Philosophie]] und eine historische und aktuelle Bewegung, die eine freiheitliche politische, ökonomische und soziale Ordnung anstrebt. Aus liberalen Bürgerbewegungen gingen in vielen Ländern erstmals [[Nationalstaat]]en und [[Demokratie]]n hervor.<ref>Christoph Nonn: ''Bismarck: Ein Preuße und sein Jahrhundert''. C.H.Beck, München 2015, S. 123 ff. (Kap.: Die englische Alternative)</ref> Die [[Amerikanische Revolution]], die [[Französische Revolution]] und die [[Deutsche Revolution 1848/1849|deutsche Revolution 1848/49]] sind zum Teil konkrete Folgen liberaler Überlegungen auf politischer Ebene.


Der Liberalismus befürwortet eine Gesellschaft, die auf der [[Freiheit]] des Einzelnen, der Wahrung des Rechts, [[Pluralismus (Politik)|Pluralismus]] und freiem Gedankenaustausch basiert. Die freie Äußerung aller Ideen und Interessen ermöglicht es einer Gesellschaft, dass sich die besten Ideen durchsetzen. Im wirtschaftlichen Bereich befürwortet der Liberalismus [[Eigeninitiative]], den freien [[Wettbewerb (Wirtschaft)|Wettbewerb]] und die damit verbundene [[Marktwirtschaft]]. Im politischen Bereich wird ein Staat gefordert, der Gesetze durch [[Debatte|freie Debatten]] verabschiedet und durch gegenseitige [[Gewaltenteilung]] geregelt ist. Das bedeutet im Idealfall einen demokratischen [[Rechtsstaat]], in dem Minderheiten bis hin zur kleinsten Einheit, dem [[Individuum]], respektiert werden. Der Staat ist der Garant für die Rechtsordnung und muss für sein Handeln Rechenschaft ablegen. Er akzeptiert gesellschaftlichen Pluralismus und [[Sozialer Wandel|sozialen Wandel]].
Der Liberalismus steht für die [[Emanzipation]] von [[Ideologie]]n, die Unfreiheit rechtfertigen sollten. (Beispiel: [[Gottesgnadentum]]). Im Zentrum seiner politischen Philosophie steht das [[Individuum]], dem größtmögliche Freiheit gegeben werden soll. Die individuelle Freiheit ist nach liberaler Überzeugung die Grundnorm und Basis einer menschlichen Gesellschaft, auf die hin der [[Staat]] und seine politische wie [[Wirtschaftsordnung|wirtschaftliche]] Ordnung auszurichten sind. Wo die Freiheit des Einzelnen berührt wird, hat die staatliche Gewalt zu enden – sie hat nur dann einzugreifen, wenn die Freiheit eines anderen Individuums verletzt wird.


Liberale Philosophen berufen sich auf das Erbe des [[Philosophie der Antike|antiken]] und des [[Philosophie des Mittelalters|mittelalterlichen Denkens]]. Der klassische Liberalismus entwickelte sich im 17. und 18. Jahrhundert um bestimmte Denker, darunter [[John Locke|Locke]], [[Charles de Secondat, Baron de Montesquieu|Montesquieu]] und [[Immanuel Kant]]. Heute zählt er neben dem [[Konservatismus]] und dem [[Sozialismus]] zu den drei großen [[Politische Ideologie|politischen]] [[Weltanschauung]]en.
Der Liberalismus steht im Gegensatz zum [[Totalitarismus]]. Vom [[Anarchismus]] unterscheidet er sich durch die Auffassung, dass der [[Staat]] zur Sicherung der Freiheit als notwendig angesehen wird.


== Begriffe und Konzepte ==
== Definition ==
Der Liberalismus ist eine Denkrichtung der politischen Philosophie, die sich für die Verteidigung individueller menschlicher Rechte, wie der [[Gleichheitssatz|Gleichheit vor dem Gesetz]], [[Freiheit]], [[Sicherheit]] und [[Eigentum]] einsetzt und auf der individuellen und freiwilligen Kooperation von Menschen basiert.<ref>{{Internetquelle |autor=Bundeszentrale für politische Bildung |url=https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/izpb/demokratie-332/248555/wege-zur-modernen-demokratie/ |titel=Wege zur modernen Demokratie |datum=2017-05-04 |sprache=de |abruf=2023-05-18}}</ref> [[Immanuel Kant]] fügt dieser Definition einen wichtigen Aspekt hinzu, nämlich dass der höchste ethische und rechtliche Wert in einem [[Rechtsstaat]] die [[Menschenwürde]] ist.<ref>{{Internetquelle |autor=Bundeszentrale für politische Bildung |url=https://www.bpb.de/themen/politisches-system/politik-einfach-fuer-alle/236724/die-wuerde-des-menschen-ist-unantastbar/ |titel=Das Grundgesetz - Die Grundrechte - Die Würde des Menschen ist unantastbar |datum=2020-09-03 |sprache=de |abruf=2023-05-18}}</ref> Der Mensch ist [[Autonomie|autonom]] und daher frei zu handeln und seine eigenen Ziele zu wählen.<ref>{{Literatur |Autor=Marietta Auer |Titel=Subjektive Rechte bei Pufendorf und Kant: Eine Analyse im Lichte der Rechtskritik Hohfelds |Sammelwerk=Archiv für die civilistische Praxis |Band=208 |Nummer=5 |Datum=2008 |ISSN=0003-8997 |Seiten=584–634 |JSTOR=40996023}}</ref>
Der Begriff des Liberalismus selbst ist relativ schwer zu bestimmen, ohne auf den gesamten westlichen [[Individualismus]] Bezug zu nehmen. Die Spannbreite reicht von den Sozial- bzw. [[Linksliberalismus|Linksliberalen]] bis zu den Ultra-Liberalen oder [[Libertarismus|Libertären]], die [[prinzip]]iell jede durch [[Steuer|erzwungene Beiträge]] finanzierte [[Soziale Frage|soziale Maßnahme]] als unzulässigen Eingriff des Staates in die persönliche [[Freiheit]] des Einzelnen ablehnen. In den [[USA]] werden heute mit ''liberalism'' Sozialliberale gemeint, während sich die Verfechter eines auf ein ''absolutes'' Minimum reduzierten staatlichen Eingreifens seit den [[1930er]] Jahren in Abgrenzung zu den Sozialliberalen unter dem Begriff des ''Libertarianism'' sammeln.

Das europäische liberale Denken basiert wesentlich auf den Prinzipien der [[Verantwortung#Moralische Verantwortung|moralischen Verantwortung]] und des [[Freier Wille|freien Willens]] und steht im Gegensatz zu [[Materialismus|materialistischen Lehren]] wie dem [[Marxismus]], [[Utilitarismus]], [[Hedonismus]], [[Reduktionismus]], [[Szientismus]], [[Biologismus]] und [[Posthumanismus]].<ref>{{Literatur |Autor=Denis Collin |Titel=Kant, Marx et la question de la morale |Sammelwerk=Actuel Marx |Band=35 |Nummer=1 |Datum=2004 |ISSN=0994-4524 |Seiten=189 |Online=http://www.cairn.info/revue-actuel-marx-2004-1-page-189.htm |Abruf=2023-05-18 |DOI=10.3917/amx.035.0193}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Dieter Mersch |Titel=Der Mensch zwischen Humanismus und Posthumanismus |Sammelwerk=Der Mensch als Faktizität |Verlag=transcript Verlag |Datum=2021 |ISBN=978-3-8394-5687-3 |Seiten=37–66 |Online=https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/9783839456873-003/html |Abruf=2023-05-18 |DOI=10.1515/9783839456873-003/html}}</ref> Die im Anschluss an Immanuel Kant entwickelte [[Spiritualismus (Philosophie)|spiritualistische]] und [[Idealismus|idealistische]] Auffassung des Liberalismus ist vor allem in Kontinentaleuropa einflussreich.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.cicero.de/aussenpolitik/debattenbeitrag-zum-thema-realismus-idealismus-oder-realismus-der-politik/56417 |titel=Kant vs. Hobbes - Idealismus oder Realismus in der Politik? {{!}} Cicero Online |sprache=de |abruf=2023-05-18}}</ref>

Vom europäischen Liberalismus ist der angelsächsische Liberalismus zu unterscheiden.<ref>{{Literatur |Autor=João Espada |Titel=The Anglo-American Tradition of Liberty - A view from Europe |Verlag=Routledge |Ort=New York |Datum=2018 |ISBN=978-1-138-59159-2}}</ref> Dessen Ahnherren sind [[Hobbes]] und [[John Locke|Locke]], sowie [[Jeremy Bentham]] und [[John Stuart Mill]].<ref name=":0" /> Mit dem angelsächsischen Liberalismus sind der [[Pragmatismus]], der [[Utilitarismus]] und empirische Rationalismus kaum trennbar verbunden. Strenge [[Moral]]ität und karitative [[Solidarität]] gelten dem Liberalen dagegen als Privatsache; sie sind in den USA vielfach mit den Religionen und den örtlichen Kirchen verbunden. Insofern ergänzt der private [[Kommunitarismus]] den öffentlichen Liberalismus. Liberalismus bedeutet vor allem in den USA: „Pragmatische Freiheit von und zu: Herrschaft und Dogmen, Religion und Moral, Gesellschaft und Gesetzen“.<ref>[[Axel Montenbruck]]: ''Menschenwürde-Idee und Liberalismus – zwei westliche Glaubensrichtungen.'' 3. Auflage, 2016, ISBN 978-3-946234-56-2, S. 181 ff. ([http://edocs.fu-berlin.de/docs/servlets/MCRFileNodeServlet/FUDOCS_derivate_000000006503/Montenbruck_Menschenwuerde_Liberalismus_5_Korr_Mai_2016_-2-1.pdf?hosts= online] auf der Website der Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin)</ref> Der Freie heiligt den Vertrag, auch als [[Vertragstheorie|Gesellschaftsvertrag]], unter Gleichen (Peers). [[Checks and Balances]], also der Machtausgleich, bildet die Machtethik dieses Liberalismus.

Der Liberalismus steht politisch im Gegensatz zum [[Totalitarismus]] und gilt als Voraussetzung für eine moderne, [[Pluralismus (Politik)|pluralistische]] [[Demokratie]]. Bis in die Gegenwart betrachten sich auch Vertreter von nicht explizit liberalen Parteien als Liberale im Sinne der aufklärerischen Definition des Liberalismus. Der Liberalismus begründete eine Rechtfertigung dafür, sich von alten Lehren zu befreien, die sich für die Unfreiheit und rechtliche Ungleichheit des Menschen aussprachen. Beispiele solcher Lehren sind der [[Feudalismus]], weil er den Menschen an einen Lehnsherren band, und der [[Absolutismus]], der politische Macht nur dem König zugestand. Im Unterschied zum [[Anarchismus]] lehnt der Liberalismus den Staat nicht ab, sondern sieht in ihm den Garanten für Freiheit und Eigentum.

== Grundlagen ==

=== Naturrecht ===
[[Datei:Declaration of the Rights of Man and of the Citizen in 1789.jpg|mini|Die [[Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte]] von 1789 sind eine positive Kodifizierung des Naturrechts.]]
Die Grundlage des liberalen Denkens beruht auf dem [[Recht]] und insbesondere auf dem [[Naturrecht]].<ref>{{Literatur |Titel=IV. Das Naturrecht der Aufklärung |Sammelwerk=IV. Das Naturrecht der Aufklärung |Verlag=De Gruyter |Datum=2011 |ISBN=978-3-11-088691-7 |Seiten=31–36 |Online=https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/9783110886917.31/html?lang=de |Abruf=2023-05-13}}</ref> Nach dieser Denkschule verfügt jeder Mensch über grundlegende und unveräußerliche Rechte, die sich aus seiner bloßen Existenz ergeben und der menschlichen Natur innewohnen, unabhängig von den sozialen Strukturen, in die er eingebunden ist. Bei diesen Rechten handelt es sich etwa um das Recht auf [[Meinungsfreiheit|freie Meinungsäußerung]], die [[Freiheit der Person|Bewegungsfreiheit]], das Recht auf Privateigentum, die [[Versammlungsfreiheit]] und die [[Recht auf Arbeit|freie Berufswahl]]. Aus dem [[Recht auf Leben]] ergeben sich das Recht auf legitime Verteidigung gegen jede Aggression, das Recht auf Sicherheit und das [[Widerstandsrecht]]. Diese Rechte sind universell. Sie gelten für alle Menschen zu jeder Zeit und an jedem Ort und begründen die [[Gleichheitssatz|Gleichheit vor dem Gesetz]].<ref>{{Literatur |Titel=TEIL II: Naturrecht und Menschenrechte |Sammelwerk=Zwischen Naturrecht und Partikularismus |Verlag=De Gruyter |Datum=2013 |ISBN=978-3-11-089982-5 |Seiten=165–319 |Online=https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/9783110899825.165/html |Abruf=2023-05-13 |DOI=10.1515/9783110899825.165/html}}</ref>

Naturrecht unterscheidet sich vom [[Positives Recht|positiven Recht]] dadurch, dass seine Ausübung keine Auswirkungen auf das Handeln anderer Menschen hat und nicht auf einer gesetzlichen Definition beruht. Allerdings argumentieren Liberale, dass das Naturrecht dem positiven Recht vorausgeht. Der französische liberale Ökonom [[Frédéric Bastiat|Frederic Bastiat]] formulierte: „Weil Persönlichkeit, Freiheit und Eigentum vorherbestehen, erlassen die Menschen Gesetze.“<ref>{{Internetquelle |autor=Autor admin |url=https://www.bastiat.de/das-gesetz/ |titel=Das Gesetz |werk=Frédéric Bastiat (1801–1850) |datum=2019-01-03 |abruf=2023-05-13}}</ref>

Die liberale Theorie der Naturrechte wurde größtenteils von [[John Locke]] und dann insbesondere von [[Immanuel Kant]] entwickelt.<ref>{{Literatur |Autor=Walter Reese-Schäfer |Titel=7 John Locke: Eigentum, Vertrag und Widerstandsrecht |Sammelwerk=Klassiker der politischen Ideengeschichte |Verlag=Oldenbourg Wissenschaftsverlag |Datum=2011 |ISBN=978-3-486-70954-4 |Seiten=81–95 |Online=https://www.degruyter.com/document/doi/10.1524/9783486709544.81/html |Abruf=2023-05-13 |DOI=10.1524/9783486709544.81}}</ref><ref>{{Literatur |Titel=Kants Naturrecht Feyerabend: Analysen und Perspektiven |Sammelwerk=Kants Naturrecht Feyerabend |Verlag=De Gruyter |Datum=2019 |ISBN=978-3-11-067225-1 |Online=https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/9783110672251/html |Abruf=2023-05-13 |DOI=10.1515/9783110672251}}</ref> Aus dieser Theorie erwuchs die moderne Konzeption der [[Menschenrechte]], die historisch gesehen einen wichtigen Teil der ideologischen Rechtfertigung der [[Amerikanische Revolution|Amerikanischen Revolution]], der [[Französische Revolution|Französischen Revolution]] und der deutschen [[Deutsche Revolution 1848/1849|Revolution von 1848/49]] lieferte.

=== Freiheit ===
[[Datei:Böcklin Die Freiheit 1891.jpg|mini|Die Freiheit – [[Allegorie]] von [[Arnold Böcklin]] (1891)]]
Ein mit dem Liberalismus eng verbundener Begriff ist die [[Freiheit]].

Eine Definition der individuellen Freiheit findet sich im Artikel 4 der [[Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte]] von 1789:
{{Gesetzestext|Die Freiheit besteht darin, alles tun zu können, was einem anderen nicht schadet. So hat die Ausübung der natürlichen Rechte eines jeden Menschen nur die Grenzen, die den anderen Gliedern der Gesellschaft den Genuss der gleichen Rechte sichern. Diese Grenzen können allein durch das Gesetz festgelegt werden.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.conseil-constitutionnel.fr/de/erklaerung-der-menschen-und-buergerrechte-vom-26-august-1789 |titel=Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte vom 26. August 1789 |werk=[[Conseil constitutionnel (Frankreich)|conseil-constitutionnel.fr]] |sprache=de |abruf=2024-10-01}}</ref>}}

Der deutsche Philosoph [[Immanuel Kant]] gab darüber hinaus im ersten Definitivartikel seines 1795 veröffentlichten Traktats [[Zum ewigen Frieden]] eine für die Tradition des [[Deutscher Idealismus|deutschen Idealismus]] wichtige Definition von Freiheit:
{{Zitat
|Text=Freiheit … ist die Befugnis, keinen äußeren Gesetzen zu gehorchen, als zu denen ich meine Beistimmung habe geben können.
|Autor=Immanuel Kant
|Quelle=„Zum ewigen Frieden“.
|ref=<ref>{{Google Buch |BuchID=G_ZkAAAAcAAJ |Seite=21 |Hervorhebung=Freyheit|Linktext=''Zum ewigen Frieden''}}</ref>}}

Freiheit bedeutet somit für jeden das Recht, nach eigenem Ermessen zu handeln, um mit eigenen Mitteln seine eigenen Ziele zu verfolgen, sich frei auszutauschen, sich zu versammeln und Verträge abzuschließen, sich frei zu äußern und seine Informationsquellen frei zu wählen.

=== Utilitarismus ===
Als Alternative zur Naturrechtslehre bildet auch der [[Utilitarismus]] eine Theorie der Rechtfertigung für die Freiheit der Menschen. Als Hauptvertreter gelten dabei [[Jeremy Bentham]] und [[John Stuart Mill]].<ref name=":0">{{Literatur |Autor=Julia Driver |Titel=The History of Utilitarianism |Sammelwerk=The Stanford Encyclopedia of Philosophy |Auflage=Winter 2022 |Verlag=Metaphysics Research Lab, Stanford University |Datum=2022 |Online=https://plato.stanford.edu/archives/win2022/entries/utilitarianism-history/ |Abruf=2023-05-13}}</ref> Diesen beiden Autoren zufolge beruhen die Prinzipien des Liberalismus nicht auf der Achtung der natürlichen Rechte, deren Existenz Bentham und Mill ansonsten leugnen, sondern auf dem Beitrag der Freiheit zu unserem Glück. In der utilitaristischen Logik, deren Thesen materialistisch sind, ist eine glückliche Gesellschaft eine freie Gesellschaft, in der jeder so lebt, wie er es für richtig hält, solange es anderen nicht schadet. Allerdings wird die menschliche Freiheit als Mittel zu einem höheren Ziel angesehen: kollektives und materielles Glück. Dies ist das Prinzip der Schadensfreiheit, das J. S. Mill in seinem Werk ''[[On Liberty|Über die Freiheit]]'' entwickelt hat.<ref>{{Literatur |Autor=David Brink |Titel=Mill’s Moral and Political Philosophy |Sammelwerk=The Stanford Encyclopedia of Philosophy |Auflage=Fall 2022 |Verlag=Metaphysics Research Lab, Stanford University |Datum=2022 |Online=https://plato.stanford.edu/archives/fall2022/entries/mill-moral-political/ |Abruf=2023-05-13}}</ref> Der Utilitarismus glaubt daher, dass liberale Gesellschaften unser Glück maximieren.

Der Utilitarismus ist besonders in angelsächsischen Ländern einflussreich, während in [[Kontinentaleuropa]] vor allem die Konzeption von Immanuel Kant vorherrschend ist.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.infosperber.ch/gesellschaft/uebriges-gesellschaft/grundrechte-fuer-menschenaffen-kant-gegen-bentham/ |titel=Grundrechte für Menschenaffen: Kant gegen Bentham |datum=2014-06-20 |sprache=de-CH |abruf=2023-05-13}}</ref>


=== Politik ===
=== Politik ===
[[Datei:Liberalescoruneses.JPG|mini|300px|Denkmal für die Liberalen des 19. Jahrhunderts im Bezirk Agra del Orzán, [[A Coruña]], [[Galizien]], ([[Spanien]]).]]
Zentrale politische Forderung des Liberalismus ist die nach [[Grundrechte]]n als institutionalisierter Form der [[Menschenrechte]]. Diese sind vom Staat zu garantieren und haben Vorrang auch vor [[Demokratie|demokratisch]] herbeigeführten Entscheidungen. Siehe auch [[Rechtsstaat]], [[Minderheitenschutz]].
Im Zentrum des Liberalismus als Grundposition der [[Politische Philosophie|politischen Philosophie]] steht das [[Individuum]]. Die individuelle [[Freiheit]] der [[Person]] ist nach liberaler Überzeugung die Grundnorm einer jeden menschlichen Gesellschaft, auf die hin der [[Staat]] seine politische wie [[Wirtschaftsordnung|wirtschaftliche]] Ordnung ausrichten sollte. Dabei wird unter Freiheit zunächst vor allem die Abwesenheit jeglicher Gewalt und jedes [[Unmittelbarer Zwang|Zwangs]] verstanden, insbesondere von staatlicher Seite. In einem engeren Sinne liberaler Positionen beschränkt sich die Rolle des Staates auf den konkreten Schutz der Freiheit der Individuen und der die Freiheit garantierenden Rechtsordnung.
Als Begründer des Liberalismus gilt [[John Locke]]. In seinem [[1689]] veröffentlichtem Werk ''Two Treatises of Government'' (deutsch: ''Über die Regierung'') postuliert er Leben, Freiheit und Eigentum als unveräußerliche Rechte des Bürgers. Zweck des Staates sei, diese Rechte zu schützen. Der Franzose [[Voltaire]] prägte mit seinen Ausspruch "''Ich bin nicht Eurer Meinung, aber ich werde darum kämpfen, dass Ihr Euch ausdrücken könnt.''" das liberale Prinzip der [[Toleranz]]. Charles de [[Montesquieu]] gilt mit seinem [[1748]] veröffentlichten ''De l'esprit des lois'' (dt. ''Vom Geist der Gesetze'') als Begründer des Konzepts der [[Gewaltenteilung]]. [[John Stuart Mill]] formulierte in seiner bekanntesten Schrift ''On Liberty'' (dt: ''Über die Freiheit'') das Limit "dass der einzige Grund, aus dem die Menschheit, einzeln oder vereint, sich in die Handlungsfreiheit eines ihrer Mitglieder einzumischen befugt ist: sich selbst zu schützen. Dass der einzige Zweck, um dessentwillen man Zwang gegen den Willen eines Mitglieds einer zivilisierten Gesellschaft rechtmäßig ausüben darf: die Schädigung anderer zu verhüten."


Die Grenzen und möglichen Formen staatlichen Handelns sind Gegenstand einer Debatte innerhalb des Liberalismus, besonders die Verwaltung und das Recht betreffend. Die meisten Liberalen halten staatliches Handeln zum Schutz der individuellen Freiheiten im Rahmen seiner souveränen Funktionen für notwendig, und viele von ihnen, wie [[Adam Smith]], [[Raymond Aron]], [[Karl Popper]] oder [[Benedetto Croce]], akzeptieren oder empfehlen sogar Eingriffe in die Wirtschaft, insbesondere im Hinblick auf Kontrolle und Regulierung. Im Gegensatz dazu sprechen [[Libertarismus|Libertäre]] mit [[Anarchokapitalismus|anarchokapitalistischen]] Tendenzen dem Staat jegliche Legitimität zu Eingriffen in Gesellschaft und Wirtschaft ab.
=== Ökonomie ===
Ökonomisch betonen Liberale das Recht auf privates [[Eigentum]], da nur dieses die Freiheit des Einzelnen gewährleisten könne. Begründungen dafür können entweder [[naturrecht]]lichen Argumentationsmustern folgen oder primär auf die [[Effektivität]] eines auf Privateigentum basierenden Gesellschaftssystems verweisen. Naturrechtliche Begründungen dieser Art finden sich in Ansätzen bei [[Hugo Grotius]] und [[Samuel von Pufendorf|Samuel Pufendorf]] und werden von [[John Locke]] ausformuliert: Der einzelne besitze Eigentum an seinem Körper und folglich auch an der Arbeit seines Körpers. Er sei auch berechtigt, Dinge aus dem Naturzustand zu reißen, wenn er diese bearbeitet hat (beispielsweise den Boden, den jemand das erste mal bearbeitet). Ist das Ding aus dem Naturzustand gerissen, könne es dann nur noch durch Schenkung oder Tausch den Eigentümer wechseln. Zwang sei hiermit ausgeschlossen. In der Tradition dieser Begründung argumentieren beispielsweise die US-amerikanischen Gründerväter, [[Robert Nozick]] oder [[Ayn Rand]].


=== Ethik ===
Die auf Effizienz beruhende Argumentation nimmt an, dass der Markt für die optimale [[Allokation]] der [[Ressourcen]] sorge. Ein freier [[Wettbewerb]] stellt dabei das prinzipiell optimale Steuerungsinstrument der Wirtschaft dar. Sowohl staatliche Wettbewerbshemmnisse (z.B. Steuerprivilegien oder Schutzzölle) als auch Unternehmenskonzentrationen seien dabei eine Bedrohung des Wettbewerbs. Erster bekannter Vertreter des klassischen Liberalismus ist [[Adam Smith]], berühmt wurde sein Konzept der [[unsichtbare Hand|unsichtbaren Hand]]: Das eigennützige Streben der Menschen trage zum Wohl der gesamten Gesellschaft bei. Weiter wird die Idee des klassischen Liberalismus - explizit ohne naturrechtliche Komponente - von [[Jeremy Bentham]] und [[John Stuart Mill]] vertreten, auf ein [[Sozialdarwinismus|sozialdarwinistisches]] Extrem von [[Herbert Spencer]] getrieben und findet sich in der neueren Theorie beispielsweise bei [[James M. Buchanan]] oder [[Robert Axelrod]].
Die liberale [[Ethik]] lässt sich in einem einzigen Grundsatz zusammenfassen: „Du sollst die natürlichen Rechte eines anderen Menschen nicht verletzen.“ Es lässt jedem die Freiheit, seine eigenen Ziele und Mittel zu wählen, sofern sie andere nicht daran hindern, dasselbe zu tun.<ref>{{Literatur |Autor=Shane D. Courtland, Gerald Gaus, David Schmidtz |Titel=Liberalism |Sammelwerk=The Stanford Encyclopedia of Philosophy |Auflage=Spring 2022 |Verlag=Metaphysics Research Lab, Stanford University |Datum=2022 |Online=https://plato.stanford.edu/archives/spr2022/entries/liberalism/ |Abruf=2023-05-13}}</ref>


Umgekehrt implizieren diese Rechte Pflichten, die den Kern einer anspruchsvollen Ethik bilden. Diese wurde etwa von Kant in seiner ''[[Kritik der praktischen Vernunft]]'' entwickelt. Sie implizieren im Namen der Menschenwürde das Verbot jeglicher Aggression gegen die Integrität der Person, von Mord, Diebstahl und Sklaverei in allen ihren Formen sowie jeder Form von Diktatur. Sie fordern [[Toleranz]] gegenüber den Ideen, Überzeugungen und Handlungen anderer.<ref>{{Literatur |Titel=Immanuel Kant: Kritik der praktischen Vernunft: Kritik der praktischen Vernunft |Sammelwerk=Immanuel Kant: Kritik der praktischen Vernunft |Verlag=Akademie Verlag |Datum=2011 |ISBN=978-3-05-005618-0 |Online=https://www.degruyter.com/document/doi/10.1524/9783050056180/html |Abruf=2023-05-13 |DOI=10.1524/9783050056180/html}}</ref>
Zu ökonomischen Aspekten des Liberalismus siehe auch: [[Manchesterliberalismus]], [[Neoklassik]], [[Österreichische Schule]], [[Neoliberalismus]], [[Ordoliberalismus]], [[Monetarismus]]


Darüber hinaus schreibt der Liberalismus kein bestimmtes Verhalten auf individueller Ebene vor. Er betrachtet Religionen als außerhalb seines Bereichs. Im Allgemeinen beschränkt es sich darauf, die Anwendung von Zwang in religiösen, politischen und wirtschaftlichen Angelegenheiten zu verbieten. Der Begriff der Verantwortung, der untrennbar mit Freiheit und Eigentum verbunden ist, geht davon aus, dass jeder Mensch die Folgen seines Handelns, ob gut oder schlecht, in seiner Seele und seinem Gewissen tragen muss. [[Gewissen|Moralisches Gewissen]] ist daher die Bedingung der Freiheit und Vervollkommnungsfähigkeit des Menschen: Wenn Moral relativ oder nicht existent wäre, könnten andere zu Recht die Herren unserer Handlungen werden, uns ihre Ansichten aufzwingen und dadurch unsere Freiheit einschränken – ähnlich wie Eltern gegenüber ihrem Kind. Liberalismus ist daher keine [[Anomie]] oder [[Amoralismus]], verstanden als das Fehlen von Normen, sondern eine genuin ethische Position.
== Geschichte des Liberalismus ==
=== Wurzeln des Liberalismus ===
Obwohl der Begriff des Liberalismus erst relativ spät in Spanien entstand ([[1812]]), ist seine Geschichte doch älter. Er entwickelte sich zeitgleich mit der [[Aufklärung]] als politische Gegenbewegung zum [[Absolutismus]] des 17. und [[18. Jahrhundert]]s.


== Geschichte ==
Während der Liberalismus die politische Szene in [[England]] und den [[USA]] während des [[18. Jahrhundert|18.]] und [[19. Jahrhundert]]s fast vollkommen beherrschte, hatten er in den kontinentaleuropäischen Ländern zunächst weit weniger Einfluss.
{{Siehe auch|Geschichte liberaler Parteien}}
Dies änderte sich mit in den verschiedenen französischen Revolutionen (besonders die [[Julirevolution|Bürgerliche Revolution]] von [[1830]] und in der Folge auch in anderen Ländern ([[Deutschland]], [[Österreich-Ungarn]], [[Italien]], [[Schweiz]])


=== Vorläufer – Von der Antike bis zur Renaissance ===
=== Liberalismus in [[Großbritannien und Nordirland|Großbritannien]] ===
Die Vorläufer des Liberalismus lassen sich von der Zeit der [[Antikes Griechenland|griechischen Antike]] und der Renaissance zurückverfolgen. [[Leo Strauss]] ist etwa der Ansicht, dass der moderne Liberalismus seine Wurzeln im antiken philosophischen Denken hat.<ref name=":1">{{Literatur |Autor=Leo Strauss |Titel=Le libéralisme antique et moderne |Verlag=puf |Ort=Paris |Datum=1990 |ISBN=2-13-042960-2 |Sprache=fr}}</ref> Sokrates sei der erste Philosoph gewesen, der offiziell liberale Ideen formulierte.
Heute ist mit den [[Liberal Democrats]] eine liberale Partei (ca 18%) im [[Unterhaus]] vertreten.


Bedeutende Wegbereiter im [[Mittelalter]] sind etwa die englische [[Magna Carta]], welche grundlegende Rechte gegenüber dem [[Souverän]] einführen, wie etwa das Recht auf [[Habeas Corpus]], welches vor unrechtmäßiger Verhaftung schützt. Darüber hinaus formuliert [[Thomas von Aquin]] eine wichtige Doktrin des Naturrechts, welche bestimmte politische Überlegungen von [[Aristoteles]] über Freiheit und Gerechtigkeit wiederaufnimmt.
=== Liberalismus in Deutschland ===
Erste Höhepunkte waren das [[Hambacher Fest]] [[1832]] und die [[Märzrevolution|Revolution von 1848]].


Die der [[Scholastik|Spätscholastik]] zuzurechnende [[Schule von Salamanca]] lässt den Liberalismus erahnen, da sie den staatlichen Souverän moralisch verpflichtet, die Grundrechte jedes Menschen zu respektieren, da er ein als Geschöpf Gottes ist, das ausgestattet ist mit [[Vernunft]].<ref>{{Literatur |Autor=Wim Decock, Christiane Birr |Titel=Recht und Moral in der Scholastik der Frühen Neuzeit 1500-1750 |Sammelwerk=Recht und Moral in der Scholastik der Frühen Neuzeit 1500-1750 |Verlag=De Gruyter Oldenbourg |Datum=2016 |ISBN=978-3-11-037968-6 |Online=https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/9783110379686/html |Abruf=2023-05-19 |DOI=10.1515/9783110379686}}</ref> Ab dem 16. Jahrhundert formulierten die Philosophen dieser Schule den von [[Aristoteles]], den [[Stoa|Stoikern]], [[Marcus Tullius Cicero|Cicero]] und Thomas von Aquin übernommenen Begriff des Naturrechts neu und leiteten daraus die Prinzipien der Souveränität des Volkes und der Gewaltenteilung ab. In wirtschaftlichen Fragen rechtfertigen sie das Privateigentum, den freien Personen- und Warenverkehr und verteidigen den [[Marktwirtschaft|freien Markt]].<ref>{{Literatur |Autor=Giuseppe Franco |Titel=Die Wirtschaftsanalyse und die Wirtschaftsethik der Schule von Salamanca |Sammelwerk=ORDO |Band=67 |Nummer=1 |Datum=2016-05-01 |ISSN=2366-0481 |Seiten=33–74 |Online=https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/ordo-2016-0104/html |Abruf=2023-05-19 |DOI=10.1515/ordo-2016-0104}}</ref>
In der [[Nationalversammlung]] in der [[Frankfurter Paulskirche]] [[1848]]/[[1849]] stellten die bürgerlich-liberalen Fraktionen [[Casino (Rechtsliberale)|Casino]] und [[Württemberger Hof]] ([[Heinrich von Gagern]]) die Mehrheit. Sie traten für eine konstitutionelle Monarchie, Volkssouveränität und parlamentarische Rechte ein.


Der [[Humanismus]] der [[Renaissance]] veränderte die Beziehung des Menschen zu Schöpfung, Macht, Bildung oder Religion radikal. Das Gleiche gilt für den [[Protestantismus]], der der göttlichen [[Vorsehung]] den [[Freier Wille|freien Willen]] entgegensetzt. Die Treue zur Traditionsordnung wird durch die Reformation zugunsten der Vernunft des aufgeklärten Einzelnen in Frage gestellt. Religion wird damit zur Privatsache, was ihren Niedergang in der politischen Ordnung des Abendlands befördert.
Die [[Deutsche Fortschrittspartei]], die sich 1861 gründete, war in Deutschland die erste liberale Partei im heutigen Sinne, mit Parteiprogramm und klaren politischen Zielen. Nach Bismarcks Reichsgründung kam es zu einer Spaltung des deutschen Liberalismus. Die Nachfolger der Deutschen Fortschrittspartei in der Zeit des [[Deutsches Kaiserreich|Deutschen Kaiserreiches]] waren die [[Nationalliberale Partei]] (gegründet 1867), die [[Deutsche Volkspartei (Deutsches Kaiserreich)|Deutsche Volkspartei]] (gegründet 1867, bildete mit anderen ab 1910 die [[Fortschrittliche Volkspartei]]) sowie die [[Deutsche Freisinnige Partei]] (gegründet 1884).


=== Klassischer Liberalismus des 17. und 18. Jhds. ===
Mit dem Aufkommen der [[Sozialdemokratie]] verloren Liberale ihren Einfluss als prägende politische Kraft.
[[Datei:Locke-John-LOC.jpg|mini|John Locke gehört zu den Begründern der liberalen Philosophie]]
Das liberale Denken entstand in der Mitte des 17. und der Mitte des 18. Jahrhunderts, unter dem Einfluss der Philosophie der [[Aufklärung]]. Diese Denker standen im Gegensatz zum politischen [[Absolutismus]], der durch religiöse Vorstellungen legitimiert wurde. Es gab zahlreiche liberale Theoretiker – zu den bedeutenden ersten Denkern des Liberalismus zählen unter anderem [[John Locke]] im 17. Jahrhundert und [[Immanuel Kant|Kant]] oder [[Adam Smith|Smith]] im 18. Jahrhundert. Die Vielfalt ihrer Schriften kann nur im Hinblick auf den historischen Kontext verstanden werden, mit dem sie interagierten.


Das genaue Datum der Anfänge des Liberalismus bzw. seiner politischen, wirtschaftlichen oder religiösen Komponenten ist unter Historikern umstritten. Viele Autoren datieren den Anfang mit John Lockes [[Brief über die Toleranz]] (1689), der die bereits bestehenden Wurzeln des Liberalismus vervollständigte. John Locke argumentierte für die Einführung eines „Rechtsstaats“, der die Grundlage der modernen liberalen Philosophie werden sollte und die zentralen theoretischen Entwicklungen umfasst: die Doktrin der [[Naturrecht]]e, die Beschränkung staatlicher Macht und [[Gewaltenteilung]], eine Rechtfertigung des [[Ziviler Ungehorsam|zivilen Ungehorsams]], Bestätigung von [[Gewissensfreiheit]] und die [[Trennung zwischen Staat und religiösen Institutionen|Trennung von Kirche und Staat]].<ref>{{Literatur |Autor=Henning Ottmann |Titel=John Locke (1632–1704) |Sammelwerk=Geschichte des politischen Denkens: Band 3: Neuzeit. Teilband 1: Von Machiavelli bis zu den großen Revolutionen |Verlag=J.B. Metzler |Ort=Stuttgart |Datum=2006 |ISBN=3-476-00022-2 |Seiten=343–384 |Online=https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-476-00022-4_11 |Abruf=2023-05-22 |DOI=10.1007/978-3-476-00022-4_11}}</ref>
Bei der Gründung der [[Weimarer Republik]] spielten die Liberalen wieder eine entscheidende Rolle. In der Anfangsphase gründeten sich zwei liberale Parteien, die [[Deutsche Demokratische Partei|DDP]] und die [[Deutsche Volkspartei|DVP]]. Damals standen unter anderen Persönlichkeiten wie [[Friedrich Naumann]], [[Max Weber]], [[Albert Einstein]], [[Walther Rathenau]], [[Gustav Stresemann]], [[Hugo Preuß]], [[Reinhold Maier]], [[Theodor Heuss]] für den Liberalismus.
[[Datei:Charles Montesquieu.jpg|mini|Es kann keine Freiheit geben, wenn nicht [[Gewaltenteilung|„die Macht der Macht Einhalt gebietet]]“. (Montesquieu)]]
Andere Philosophen wie [[David Hume|Hume]], [[Étienne Bonnot de Condillac|Condillac]] und [[Charles de Secondat, Baron de Montesquieu|Montesquieu]] zogen ihrerseits die Konsequenzen der liberalen Philosophie im politischen und wirtschaftlichen Bereich. Montesquieu (1689–1755) war damals angesichts der absoluten Macht der französischen Monarchie vor allem damit beschäftigt, die Gewaltenteilung zu etablieren, um den Missbrauch der Exekutivgewalt des Königs einzudämmen und so die Freiheiten des Parlaments und der Justiz zu stärken. Diese Gedanken entwickelte er in seinem Hauptwerk [[Vom Geist der Gesetze]] (1748). Er artikulierte republikanisches und liberales Denken und verteidigte damit „bürgerliche Tugend, Liebe zum Land und zur Freiheit“.<ref>{{Literatur |Autor=Raymonde Monnier |Titel=Montesquieu et le langage républicain : l’argumentaire de l’Esprit des lois |Sammelwerk=La Révolution française. Cahiers de l’Institut d’histoire de la Révolution française |Nummer=5 |Datum=2013-12-31 |ISSN=2105-2557 |Online=https://journals.openedition.org/lrf/1036 |Abruf=2023-05-19 |DOI=10.4000/lrf.1036}}</ref>


Gleichzeitig verbanden Denker wie Adam Smith ihre Forderungen nach wirtschaftlichen Freiheiten mit den politischen Forderungen des Liberalismus. Smith ist einer der Haupttheoretiker des [[Wirtschaftsliberalismus]], indem er eine Wirtschaftstheorie begründete, nach der „private Laster das [[Gemeinwohl]] bewirken“, eine Intuition, die erstmals von [[Bernard Mandeville]] in seiner Bienenfabel entwickelt wurde.<ref>{{Literatur |Autor=Hans G. Nutzinger |Titel=Das System der natürlichen Freiheit bei Adam Smith und seine ethischen Grundlagen |Sammelwerk=Jahrbuch Ökonomie und Gesellschaft |Band=Jahrbuch 9: Adam Smiths Beitrag zur Gesellschaftswissenschaft |Verlag=campus Verlag |Ort=Frankfurt am Main |Datum=1990 |Seiten=79-100}}</ref> Die sogenannte [[Klassische Nationalökonomie|klassische Schule der Nationalökonomie]] entstand als eine zusammenhängende Theorie, die alle damals untersuchten Bereiche menschlichen Handelns umfasste.
In der bundesrepublikanischen Zeit vereinten sich die Liberalen Deutschlands wieder in einer Partei: der [[Freie Demokratische Partei |FDP - Die Liberalen]], sie war unter anderem mit [[Thomas Dehler]], [[Erich Mende]], [[Walter Scheel]], [[Hans-Dietrich Genscher]] und [[Klaus Kinkel]] an verschiedenen Bundesregierungen beteiligt, konnte aber nie die alte Bedeutung wieder gewinnen. Die FDP ist die einzige Partei im Deutschen Bundestag, die für sich in Anspruch nimmt, für den ganzheitlichen Liberalismus einzutreten. <br>
Kritisiert wurde daran, auch aus den eigenen Reihen (u.a. [[Sabine Leutheusser-Schnarrenberger]], [[Burkhard Hirsch]], [[Gerhart Baum]]), dass bürgerrechtsliberale Werte bei Themen wie [[Großer Lauschangriff]], [[Videoüberwachung]] und [[biometrischer Reisepaß]] kaum noch eine Rolle spielen würden, und statt dessen wirtschaftsliberaler Werte ([[Neoliberalismus]]) dominierten. Der Bundesparteitag der FDP 2005 in Köln scheint aber mit seinen Beschlüssen zur Bürgerrechtspolitik, die z.T. weit über die Vorstellungen der Parteiführung hinausgingen, einen Wendepunkt zu markieren.


Der Liberalismus hatte einen tiefgreifenden Einfluss auf mehrere große politische Revolutionen und Traditionen, die die Entstehung liberaler Demokratien ermöglichten. Einige Jahrzehnte vor der [[Französische Revolution|Französischen Revolution]] basierte Frankreich auf mehreren Prinzipien des Liberalismus, wobei das Ministerium Turgot zweifellos von der [[Physiokratie|Physiokratenbewegung]] beeinflusst war. Aus diesem Grund waren Teile der französischen Eliten, insbesondere der bürgerlichen Elite, Anhänger des Liberalismus und für die Französische Revolution. Die Beziehung zwischen Liberalismus und Französischer Revolution ist allerdings komplex, da man sie sowohl als Kontinuität als auch als zwei gegensätzliche Begriffe auffassen kann.<ref>{{Literatur |Autor=Laurence Dickey |Titel=The French Revolution and Liberalism |Sammelwerk=Politisches Denken Jahrbuch 1992 |Verlag=J.B. Metzler |Ort=Stuttgart |Datum=1993 |ISBN=3-476-03445-3 |Seiten=111–116 |Online=https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-476-03445-8_9 |Abruf=2023-05-22 |DOI=10.1007/978-3-476-03445-8_9}}</ref> Bevor die Französische Revolution in den revolutionären Terror umschlug, propagierte sie Menschenrechte, etwa in der [[Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte]], in der das Naturrecht kodifiziert und wirtschaftliche Freiheiten garantiert wurden. Der Umschlag des „demokratischen“ Geistes in den „revolutionären“ Geist entstand aus der Radikalität der Revolutionäre, die ihre Geschichte neu beginnen wollten, im Gegensatz etwa zu den Amerikanern, die kein altes Regime zu zerstören hatten.<ref>{{Literatur |Autor=Francesco Benigno, Maria Novella Borghetti |Titel=Plus jamais la même: À propos de quelques interprétations récentes de la Révolution française |Sammelwerk=Annales. Histoire, Sciences Sociales |Band=71 |Nummer=2 |Datum=2016 |ISSN=0395-2649 |Seiten=319–346 |JSTOR=90000235}}</ref>
===Liberalismus in Österreich===
Auch in [[Österreich]] erlebten die Liberalen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts (nach [[1860]]) einen Aufschwung und stellten eine bedeutende Fraktion im Parlament. So konnte sich langsam die Konfessionsfreiheit, Emanzipation der Juden und die Trennung von Schule und Kirche durchsetzen. Dies alles gegen die Widerstände des Kaisers und der mit ihm vebündeten konservativen Tiroler Abgeordneten.


Im Verlauf der Französischen Revolution zeigte sich eine Trennung und Aufspaltung der liberalen Tradition: Eine konservativere Strömung, vertreten etwa von [[Edmund Burke]], war der Ansicht, dass individualistische Prinzipien allein nicht in der Lage sind, eine soziale Bindung zu begründen und eine zweite, radikalere Strömung, vertreten von [[Thomas Paine]], verteidigte eine dauerhafte Reform. In der Tradition des [[Deutscher Idealismus|deutschen Idealismus]] zeigten sich ebenfalls unterschiedliche Interpretationen der französischen Revolution: Immanuel Kant war ein starker Befürworter der Französischen Revolution, kritisierte allerdings ihren Umschlag in den Terror.<ref>{{Literatur |Autor=Manfred Buhr, Wilfried Lehrke |Titel=Beziehungen der Philosophie Immanuel Kants zur Französischen Revolution |Sammelwerk=Deutsche Zeitschrift für Philosophie |Band=37 |Nummer=7 |Datum=1989-07-01 |ISSN=2192-1482 |Seiten=628–636 |Online=https://www.degruyter.com/document/doi/10.1524/dzph.1989.37.7.628/html |Abruf=2023-05-19 |DOI=10.1524/dzph.1989.37.7.628}}</ref> [[Georg Wilhelm Friedrich Hegel|Hegel]] war ein glühender Anhänger der Französischen Revolution.<ref>{{Literatur |Autor=Joachim Ritter |Titel=Hegel und die französische Revolution |Sammelwerk=Hegel und die französische Revolution |Verlag=VS Verlag für Sozialwissenschaften |Ort=Wiesbaden |Datum=1957 |ISBN=3-663-03068-7 |Seiten=9–80 |Online=http://link.springer.com/10.1007/978-3-663-04257-0_1 |Abruf=2023-05-19 |DOI=10.1007/978-3-663-04257-0_1}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Rebecca Comay |Titel=Die Geburt der Trauer: Hegel und die Französische Revolution |Verlag=Konstanz University Press |Ort=Göttingen |Datum=2018 |ISBN=978-3-8353-9109-3}}</ref> Zeit seines Lebens soll er am 14. Juli, dem Tag der [[Sturm auf die Bastille|Erstürmung der Bastille]], ein Glas Rotwein auf die Revolution und ihre Parole [[Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit]] getrunken haben.<ref>{{Literatur |Autor=Klaus Vieweg |Titel=Hegel: der Philosoph der Freiheit Biographie |Verlag=C.H. Beck |Ort=München |Datum=2019 |ISBN=978-3-406-74235-4}}</ref>
In der Republik Österreich gibt es - mit kleinen Ausnahmen - keine eigenständige liberale Partei mehr. Auch nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] konnte sich auf Dauer keine politische Partei halten, die ausschließlich den Zielen des Liberalismus verpflichtet gewesen wäre; die wenigen Vertreter des politischen Liberalismus waren stets gezwungen, sich anderen, eigentlich nicht-liberalen und stark [[Etatismus|etatistischen]] Parteien anzuschließen, sei dies die katholisch-konservative und protektionistische [[Österreichische Volkspartei|ÖVP]], die [[Sozialdemokratische Partei Österreichs|SPÖ]] oder die [[die Grünen (Österreich)|Grünen]]. [[1949]] formierte sich zwar der "Verband der Unabhängigen" ([[VdU]]), der einen liberalen Flügel hatte, doch stand diesem ein ungleich gewichtigerer "nationaler" Flügel gegenüber, dessen Mitglieder zumeist [[Altnazi]]s waren und weiterhin ein deutsch-nationales bzw. - mehr oder weniger offen - [[Nationalsozialismus|nationalsozialistisches]] Gedankengut pflegten und die eigentlich liberalen Vertreter rasch marginalisierten oder aus der Partei drängten. Dasselbe gilt auch für die in "[[Freiheitliche Partei Österreichs]]" (FPÖ) umbenannte Nachfolgepartei des VdU, und zwar nicht erst, seitdem [[1986]] [[Jörg Haider]], ein rechtspopulistischer Politiker aus [[Kärnten]], Parteiobmann der FPÖ geworden war. Erst [[1993]] entstand als Abspaltung der FPÖ mit dem [[Liberales Forum|Liberalen Forum]] um [[Heide Schmidt]] wieder eine kleine liberale Partei. Diese konnte sich bis [[1999]] im österreichischen [[Nationalrat (Österreich)|Parlament]] halten; bei den Neuwahlen am [[3. Oktober]] 1999 scheiterte sie jedoch an der 4-Prozent-Klausel.


=== Von der Industriellen Revolution zur Moderne ===
===Liberalismus in der Schweiz===
[[Datei:Constitution of the United States, page 1.jpg|mini|[[Verfassung der Vereinigten Staaten]] (1787): We the People]]
Nach ersten Anfängen im [[Kanton_(Schweiz)|Kanton]] [[Aargau]] um [[1835]] (siehe [[Aargauer Klosterstreit]]) setzten sich die '''liberalen''' gegen die '''katholischen''' Kantone im [[Sonderbundskrieg]] von [[1847]] ganz durch, und es wurde [[1848]] eine liberale Verfassung verabschiedet, in der es unter anderem hieß:
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts kam es zu einer Vertiefung liberaler Ideen in der Politik mit den Anfängen des modernen Liberalismus. Die liberalen Lehren, die Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts aufkamen, beharrten auf der Bedeutung von Verdienst und Arbeit, wandten sich gegen Privilegien und Willkür, gegen den Merkantilismus und gegen den oligarchischen Kapitalismus des Klerus und des Adels.
:Art. 4. Alle Schweizer sind vor dem Gesetze gleich. Es gibt in der Schweiz keine Untertanenverhältnisse, keine Vorrechte des Orts, der Geburt, der Familien oder Personen.
Die liberale [[Freisinnig-Demokratische Partei]] (FDP) beziehungsweise ihre Vorgänger sind seit 1848 in [[Bundesrat (Schweiz)|Bundesrat]] (Regierung) und [[Bundesversammlung (Schweiz)|Bundesversammlun]]g (Parlament) vertreten. Daneben existiert noch die heute vor allem in den [[Protestantismus|protestantischen]] Kantonen der [[Romandie|Westschweiz]] und in [[Basel]] verankerte, stark [[Föderalismus|föderalistische]] [[Liberale Partei der Schweiz]] (LPS), die aber nie nationale Verbreitung fand.


Laut dem französischen Philosophen und Historiker [[Alexis de Tocqueville]] beruht das amerikanische demokratische Modell auf seinem radikalen Bruch mit der europäischen Aristokratie. Die amerikanische Revolution würde somit eine Vorherrschaft des „demokratischen“ Geistes gegenüber dem „revolutionären“ Geist zum Ausdruck bringen. Es war reich an liberalen Autoren, von [[Thomas Jefferson]] bis [[Benjamin Franklin]] und [[Thomas Paine]]. Einige der Grundprinzipien des amerikanischen Liberalismus sind in der Präambel der Verfassung der Vereinigten Staaten von 1787 sowie in der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 enthalten. Während des [[Verfassungskonvent der Vereinigten Staaten|Konvents von Philadelphia]] wurde die [[Verfassung der Vereinigten Staaten]] angenommen und vervollständigte die Eroberung der Unabhängigkeit und wurde von liberalen Demokraten und Revolutionären weltweit bewundert.<ref>{{Literatur |Autor=Harold W. Stoke |Titel=De Tocqueville on Democracy |Sammelwerk=Prairie Schooner |Band=9 |Nummer=4 |Datum=1935 |ISSN=0032-6682 |Seiten=260–264 |JSTOR=40622575}}</ref>
===Liberalismus in Italien ===


Die Wiederbelebung des Liberalismus im 19. Jhd. manifestiert sich in Frankreich durch [[Benjamin Constant]], Alexis de Tocqueville, [[Jean-Baptiste Say]] und [[Frédéric Bastiat]]. Coppets Gruppe versammelte später liberale Gegner Napoleons III. Die klassischen Liberalen strebten nach einer weiten Verbreitung ihrer Ideen und stellten sich gegen die vorherrschenden etatistischen Ideen in den Machtkreisen.
Auch in [[Italien]] hatte der Liberalismus im [[19. Jahrhundert]] seine große Zeit und zwar unter König [[Viktor Emanuel II.]] und [[Camillo Benso Graf von Cavour|Camillo Cavour]], der von [[1852]] bis [[1861]] als Ministerpräsident des [[Königreich Piemont-Sardinien|Königreichs Piemont-Sardinien]] maßgeblich an der Einigung Italiens beteiligt war.
[[Datei:Göttinger Sieben-RZ.jpg|mini|Abbildung der [[Göttinger Sieben]], eine Reihe von liberalen Universitätsprofessoren, die 1837 gegen die Abschaffung der liberalen Verfassung von Hannover protestierten (darunter die [[Brüder Grimm]])]]
In Deutschland kommt es [[Deutsche Revolution 1848/1849|1848/49 zur Revolution]].<ref>{{Internetquelle |autor=Günter Wollstein |url=https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/izpb/revolution-von-1848-265/9875/maerzrevolution-und-liberalisierung/ |titel=Märzrevolution und Liberalisierung |hrsg=Bundeszentrale für politische Bildung |datum=2010-01-21 |abruf=2023-05-22}}</ref> Sie bildet ein zentrales Ereignis der Geschichte des deutschen Liberalismus. In ihrer Folge kam es zu den sogenannten Märzerrungenschaften, welche grundlegende Freiheiten wie Meinungsfreiheit und die [[Bauernbefreiung]] erkämpften. Die [[Paulskirchenverfassung]] vom 28. März 1849 stellt das wichtigste Dokument der Märzrevolution dar.<ref>{{Internetquelle |autor=Günter Wollstein |url=https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/izpb/revolution-von-1848-265/9879/vorparlament-und-paulskirche/ |titel=Vorparlament und Paulskirche |hrsg=Bundeszentrale für politische Bildung |datum=2010-01-21 |abruf=2023-05-22}}</ref> Es propagierte eine demokratische und liberale Staatsordnung und war die erste gesamtdeutsche und demokratische Verfassung Deutschlands, welche die Grundlage für alle weiteren demokratischen Verfassungen Deutschlands bildete.<ref>{{Literatur |Autor=Ernst Rudolf Huber |Titel=Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789: 1789-1830 |Auflage=Zweite verb. Aufl |Verlag=W. Kohlhammer |Ort=Stuttgart/Berlin/Köln |Datum=1990 |ISBN=3-17-002501-5 |Seiten=821}}</ref>


Nach dem Scheitern der Märzrevolution kam es in Deutschland zur [[Reaktionsära]]. In der Folge verließen einige deutsche Liberale aufgrund der einsetzenden Verfolgung das Land, in den USA nennt man diese Emigranten [[Forty-Eighters]]. Andere Liberale blieben, und setzten sich weiter für Demokratie und Menschenrechte in Deutschland ein.
Sein liberaler Antiklerikalismus bestimmte auch die Verfassung des Königreichs Italien (1861 - 1946).
Bis zum Eintritt des konservativen [[Partito Popolare]] (Volkspartei) von Don [[Luigi Sturzo]] in die politische Landschaft [[1919]] stellten verschiedene liberale Parteien die Mehrheit im Parlament der italienischen Monarchie.


So entstand etwa im Verlauf des 19. Jhds. aus dem deutschen Liberalismus das [[Genossenschaft|deutsche Genossenschaftswesen]], mit Protagonisten wie [[Hermann Schulze-Delitzsch]] und [[Friedrich Wilhelm Raiffeisen]]. Als im 19.&nbsp;Jahrhundert die Vorläufer der modernen [[Partei]]en entstanden, gehörten die liberalen Parteien dazu. Sie waren oft lockerer organisiert als die konservativen, katholischen und allmählich auch sozialistischen Parteien. Liberale Parteien konnten weniger auf einem gemeinsamen sozialen Fundament wie dem katholischen Verbandswesen aufbauen. Den Liberalen kam jedoch das ungleiche Wahlrecht (→ [[Klassenwahlrecht]]) zugute, wie es in vielen europäischen Ländern bis ins 20.&nbsp;Jahrhundert galt. Das [[Mehrheitswahlrecht]] konnte die Liberalen begünstigen, wenn sie dadurch mit ihrer Mittelposition als Kompromisskandidaten dienten.
In der Republik Italien wurde der politische Diskurs vom Kampf zwischen konservativen Christdemokraten ([[DC]]) und der [[Kommunistische Partei Italiens|Kommunistischen Partei Italiens]] bestimmt. Es existierten zwar zwei (meist an der Regierung beteiligte) Liberale Parteien ([[Partito Liberale Italiano|PLI]] und [[Partito Repubblicano Italiano|PRI]]), die aber nie aus dem Schatten der großen DC hervortreten konnten. Aktuell spielt der Liberalismus in Italien eine eher unbedeutende Rolle, allenfalls die [http://www.radicali.it/ Radikale Partei] mit der ehemaligen EU-Kommissarin [[Emma Bonino]] konnte gewisse Achtungserfolge erzielen, z.B. bei der Europawahl [[1999]]. Auch [[Vittorio Sgarbi]], vom konservativen [[Casa delle Libertà|Haus der Freiheiten]] hat eine Liberale Partei gegründet, die mit dem PRI zusammenarbeitet. In der [[Liberale Internationale|Liberalen Internationale ]] ist die [http://www.liberali.it Federazione dei Liberali] als Beobachter vertreten.

Mehrere italienische Parteien des Mittelinksspektrums gehören der [[Europäische liberale demokratische und Reformpartei|ELDR]] an und ihre Abgeordneten sind Mitglieder der [[Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa|ALDE]].
Ab dem Ende des 19. Jahrhunderts kam es innerhalb der liberalen Strömung zu Differenzen hinsichtlich der Rolle und Art staatlicher Intervention. Mit [[Leonard Trelawny Hobhouse|L. T. Hobhouse]] entstand eine progressive Strömung, die versuchte, die gesellschaftlichen Bedingungen, die die Freiheit jedes Einzelnen ermöglichen, stärker zu berücksichtigen. Zu den politischen Rechten kämen so Hobhouse soziale Rechte hinzu, wie das Recht auf eine Rente und staatliche Umverteilung.<ref>{{Literatur |Autor=David Weinstein |Titel=The New Liberalism of L. T. Hobhouse and the Reenvisioning of Nineteenth-Century Utilitarianism |Sammelwerk=Journal of the History of Ideas |Band=57 |Nummer=3 |Datum=1996 |ISSN=0022-5037 |Seiten=487–507 |DOI=10.2307/3653951}}</ref>

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die liberale Philosophie dann radikal herausgefordert, zunächst durch die [[Russische Revolution]] von 1917 und dann in der Zwischenkriegszeit mit der [[Weltwirtschaftskrise|Wirtschaftskrise]] von 1929, durch den Sozialismus (insbesondere die [[Zweite Spanische Republik]] und die Französische Volksfront), sowie die Entstehung von [[Faschismus]] und [[Nationalsozialismus]]. Der Einfluss dieser Ideologien, welche gegen die liberalen Gesellschaften gerichtet waren, führte zu einer Neudefinition der Rolle und Konturen des Staates in Richtung zunehmender Intervention, also staatlich organisierter Wirtschaft für den Kommunismus und starker interventionistischer Staat für den Nationalsozialismus. Während des Nationalsozialismus wurden viele Liberale verfolgt oder mussten in die Emigration. Liberale Parteien in Deutschland wurden verboten.

Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es zu einer Erneuerung des Liberalismus. Bedeutend sind hier die Treffen der [[Mont Pèlerin Society]], einer 1947 von [[Friedrich August von Hayek]] gegründeten Vereinigung von Akademikern, Geschäftsleuten und Journalisten, welche das Ziel verfolgten, zukünftige Generationen von [[Wirtschaftsliberalismus|wirtschaftsliberalen]] Ideen zu überzeugen.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.britannica.com/topic/liberalism/The-modern-liberal-program |titel=Liberalism - Individual Freedom, Social Darwinism, and the Welfare State {{!}} Britannica |sprache=en |abruf=2023-05-22}}</ref> In Deutschland kam es in Form des [[Ordoliberalismus]] ebenfalls zu einer Erneuerung.<ref>{{Literatur |Autor=Ralf Ptak |Titel=Vom Ordoliberalismus zur Sozialen Marktwirtschaft |Sammelwerk=SpringerLink |Datum=2004 |Online=https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-663-11779-7 |Abruf=2023-05-22 |DOI=10.1007/978-3-663-11779-7}}</ref>

Heute zählt der Liberalismus zu den großen politischen Orientierungen, neben [[Konservatismus]] und [[Sozialismus]]. In Deutschland beruft sich vor allem die [[Freie Demokratische Partei|FDP]] auf das liberale Erbe. Die Geschichte des deutschen Liberalismus wird im [[Archiv des Liberalismus]] der [[Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit]] in [[Gummersbach]] aufgearbeitet. Gelb gilt heute gemeinhin als die [[politische Farbe]] des Liberalismus.<ref>{{Literatur |Autor=Sean Adams, Terry Lee Stones |Titel=Color Design Workbook: A Real World Guide to Using Color in Graphic Design |Verlag=Quayside Publishing Group |Ort=Laguna Hills |Datum=2017 |ISBN=978-1-63159-410-6 |Seiten=86 |Sprache=en}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Rohit Vishal Kumar, Radhika Joshi |Titel=Colour, Colour Everywhere: In Marketing Too |Sammelwerk=SCMS Journal of Indian Management |Band=3 |Nummer=4 |Datum=2006 |ISSN=0973-3167 |Seiten=40-46 |Online=https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=969272 |Abruf=2019-06-20}}</ref> Auf europäischer Ebene gibt es viele liberale Parteien, in Frankreich etwa die von [[Emmanuel Macron]] gegründete Partei [[Renaissance (Partei)|Renaissance]] und in den Niederlanden die [[Volkspartij voor Vrijheid en Democratie|Volkspartei für Freiheit und Demokratie]]. Im europäischen Parlament sind sie in der [[Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa (Partei)|Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa]] (ALDE) organisiert.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.aldeparty.eu/about_alde |titel=About ALDE |sprache=en |abruf=2023-05-22}}</ref>

== Formen ==
Die liberale Bewegung war von Anfang an heterogen und basierte auf einem breiten Spektrum [[Bürgertum|bürgerlicher]] Modernisierungsforderungen gegenüber [[Staat]], [[Kirche (Organisation)|Kirche]] und [[Gesellschaft (Staatsrecht)|Gesellschaft]] in nahezu allen politischen, wirtschaftlichen, sozialen und weltanschaulichen Bereichen. Schon in den frühen Auseinandersetzungen des 19.&nbsp;Jahrhunderts, in denen das Ziel einer Ablösung [[Absolutismus|absolutistisch]]-[[Restauration (Geschichte)|restaurativer]] und autokratischer Herrschaftsformen durch an der Idee der [[Volkssouveränität]] orientierte [[Partizipation|partizipative]] Modelle im Vordergrund stand, konkurrierten moderat-liberale Reformer mit radikal-liberalen Revolutionären um die Deutungshoheit der freiheitlichen Weltanschauung und standen in teils unversöhnlichem Widerspruch zueinander. Während der moderate Liberalismus die Verwirklichung der [[Freiheitsrechte]] und des [[Verfassungsstaat]]es in einer [[Konstitutionelle Monarchie|konstitutionellen Monarchie]] als hinreichendes politisches Ziel ansah, zielte der demokratische [[Radikalismus]] auf den völligen Umbau von Staatswesen und Gesellschaft und strebte die Ablösung der [[Monarchie]] durch die [[Republik]] in einem gegebenenfalls neu zu schaffenden [[Nationalstaat]] an.

Im wirtschaftlichen Bereich unterstützt der [[Wirtschaftsliberalismus]], private Initiative, [[Freihandel]] und die damit verbundene [[freie Marktwirtschaft]]. Es steht dabei im Einklang mit dem [[Kapitalismus]], anders als der [[Sozialismus]], der kollektives Eigentum verteidigt. Auf sozialer und politischer Ebene will der klassische Liberalismus die freie Wahl und die Interessen jedes Einzelnen unabhängig von den Interessen der Anderen realisieren. Er befürwortet politische Befugnisse im Rahmen der durch freie Debatte verabschiedete Gesetze und verteidigt Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung. Die Frage nach dem Verhältnis zwischen „Wirtschaftsliberalismus“ und „politischem Liberalismus“ wird von den Philosophen dabei unterschiedlich bewertet.

So kann sich der Liberalismus paradoxerweise auf unterschiedliche, sogar gegensätzliche Weise manifestieren. Der Liberale kann je nach Fall derjenige sein, der vom Staat verlangt, mit einer Tradition zu brechen, die die Freiheit des Einzelnen beschränkt (z.b. [[Ständeordnung]], [[Zunft]]wesen, oder andere Privilegien), oder derjenige, der die Freiheit verteidigt, eine bestimmte Tradition auszuüben, etwa die Religion. Auf wirtschaftlicher Ebene wollen einige Liberale, dass der Staat eingreift, um die Fähigkeit zu wirtschaftlichem Handeln zu schaffen (durch die Bekämpfung von Monopolen, Armut, mangelnder Bildung oder Investitionen), während andere sich gegen das Eingreifen der Regierung in den wirtschaftlichen Bereich aussprechen (Achtung der Privatinitiative, freier Wettbewerb, [[Nachtwächterstaat]]).

Der klassische Liberalismus, der auf Freiheit in seiner [[Negative und positive Freiheit|negativen Form]] basiert, steht unter anderem im Gegensatz zum [[Linksliberalismus|Sozialliberalismus]] oder Linksliberalismus, der auf Freiheit als positivem Recht basiert. Dabei soll die Regierung den Einzelnen gegen materielle Armut oder vor moralischem Druck der Gemeinschaft schützen. Der deutsche Philosoph [[Max Stirner]] liefert in seinem Werk „[[Der Einzige und sein Eigentum]]“ aufschlussreiche Argumente gegen den sozialen Liberalismus.<ref>{{Literatur |Autor=Max Stirner, Ahlrich Meyer |Titel=Der Einzige und sein Eigentum |Reihe=Reclams Universal-Bibliothek |NummerReihe=3057 |Auflage=Bibliographisch ergänzte Ausgabe 2011, [Nachdruck] 2022 |Verlag=Reclam |Ort=Ditzingen |Datum=2011 |ISBN=978-3-15-003057-8}}</ref>

Der deutsche Soziologe [[Max Weber]] hat das gemeinsame Fundament und die anthropologische Grundlage aller Liberalismen hervorgehoben, nämlich das menschliche [[Individuum]].<ref>{{Literatur |Autor=Max Weber, Johannes Winckelmann |Titel=Wirtschaft und Gesellschaft: Grundriss der verstehenden Soziologie |Auflage=5., rev. Aufl., Studienausg., [Nachdr.] |Verlag=Mohr Siebeck |Ort=Tübingen |Datum=2009 |ISBN=978-3-16-147749-2}}</ref> Wenn der absolutistische Staat der Herrscher über den Einzelnen war, muss sich der liberale Staat in den Dienst des Individuums stellen. Ist dies nicht der Fall, so bleibt der Staat für klassische Liberale wesentlich illiberal. Der Liberalismus steht im Gegensatz zu [[Kollektivismus|kollektivistischen Lehren]], die ebenfalls als illiberal abgelehnt werden, aber auch im Gegensatz zum [[Amoralismus]] (vertreten etwa durch [[Niccolò Machiavelli|Machiavelli]], [[Bernard Mandeville|Mandeville]] etc.).<ref>{{Literatur |Autor=Christoph Egle |Titel=Über die Notwendigkeit und Bestimmung liberaler Bürgertugenden |Sammelwerk=Politische Vierteljahresschrift |Band=43 |Nummer=3 |Datum=2002 |ISSN=0032-3470 |Seiten=397–419 |JSTOR=24199481}}</ref> Im politischen Bereich gehört der Liberalismus dabei zum Erbe der [[Naturrecht]]slehre. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Übergang vom [[Naturzustand]] zum bürgerlichen Staat für den Liberalismus auf der Grundlage der freiwilligen Kooperation freier Individuen erfolgt.

=== Verfassungsliberalismus ===
[[Datei:John Locke.jpg|mini|hochkant|[[John Locke]]]]

Laut dem Liberalismus ist die Aufgabe einer Verfassung, die naturgegebenen Rechte der Bürger vor der Allmacht des Staates zu schützen. [[John Locke]], einer der wichtigsten Begründer des Liberalismus, postulierte in seinem 1689 veröffentlichten Werk ''Two Treatises of Government'' (deutsch: Zwei Abhandlungen über die Regierung) Freiheit, Leben und Eigentum als unveräußerliche Rechte eines jeden Bürgers. Die Rechte auf Freiheit, Leben und Eigentum werden als elementare Menschenrechte angesehen. Die liberale [[Verfassung]] soll diese Menschenrechte durch die Begrenzung der Staatsmacht vor willkürlichen Eingriffen des Staates schützen. Diese sind vor und von dem Staat zu schützen und haben Vorrang auch vor demokratisch herbeigeführten Entscheidungen.

[[Datei:John Stuart Mill by London Stereoscopic Company, c1870.jpg|mini|hochkant|[[John Stuart Mill]]]]

[[John Stuart Mill]] formulierte in seiner Schrift ''On Liberty'' (dt.: ''Über die Freiheit'') das Prinzip, {{" |dass der einzige Grund, aus dem die Menschheit, einzeln oder vereint, sich in die Handlungsfreiheit eines ihrer Mitglieder einzumischen befugt ist: sich selbst zu schützen. Dass der einzige Zweck, um dessentwillen man Zwang gegen den Willen eines Mitglieds einer zivilisierten Gesellschaft rechtmäßig ausüben darf: die Schädigung anderer zu verhüten.}}

[[Datei:Capitol Building Full View.jpg|mini|Das [[Kapitol (Washington)|Kapitol]] in Washington, das amerikanische Parlamentsgebäude. In den USA waren bereits am Ende des 18.&nbsp;Jahrhunderts wichtige liberale Verfassungsprinzipien verwirklicht.]]

Der Schutz dieser naturgegebenen Rechte erfolgt durch eine Verankerung von [[Gewaltenteilung]] in die Verfassung, um Machtkonzentration zu verhindern. Zusätzlich zur horizontalen Gewaltenteilung sollen sich Exekutive, Legislative und Judikative im Gleichgewicht befinden und sich gegenseitig kontrollieren ([[Checks and Balances]]), um Machtanhäufung und [[Machtmissbrauch]] eines dieser Bereiche zu verhindern. Charles de Montesquieu gilt mit seinem 1748 veröffentlichten Buch ''Vom Geist der Gesetze'' als Begründer des Konzepts der Gewaltenteilung.

{{Zitat
|Text=Sobald in ein und derselben Person oder derselben Beamtenschaft die legislative Befugnis mit der exekutiven verbunden ist, gibt es keine Freiheit.
|Autor=Vom Geist der Gesetze (De l'esprit des lois), XI, 6}}

Im 19.&nbsp;Jahrhundert wurde durch die deutsche [[Staatsrechtslehre]], zunächst bei [[Robert von Mohl]], der Begriff des liberalen „[[Rechtsstaat]]s“ geprägt. Gegenüber dem „Machtstaat“ des Absolutismus unterliegt die Staatsgewalt im Rechtsstaat dem [[Aufklärung|aufgeklärten]] [[Gesetzesstaat|Gesetzesrecht]], vermittelt durch die [[Gesetzmäßigkeit der Verwaltung]], Verfahrensgarantien und Möglichkeiten des effektiven Rechtsschutzes einer Selbstbindung.<ref>Adamovich, Funk: ''Allgemeines Verwaltungsrecht.'' Springer, 1987, S.&nbsp;7.</ref><ref>[[Thomas Nipperdey]]: ''[[Deutsche Geschichte 1800–1918|Deutsche Geschichte: 1866–1918]],'' Bd. 2: ''Machtstaat vor der Demokratie.'' C. H. Beck, 1993, S.&nbsp;182&nbsp;ff.</ref> Vor dem Gesetz sollen alle Bürger [[Gleichheitssatz|gleich]] sein, ohne Ansehen ständischer oder religiöser Unterschiede.<ref name="Coing" /> Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde diese Konzeption um den Aspekt der materiellen Rechtsstaatlichkeit ergänzt: Die Geltung von Grundrechten und das Gebot der Verhältnismäßigkeit stellen – im Sinne einer materiellen Rechtsstaatlichkeit – eine absolute Schranke der Staatstätigkeit dar und binden unmittelbar auch den Gesetzgeber.

=== Wirtschaftsliberalismus ===
[[Datei:AdamSmith.jpg|mini|hochkant|[[Adam Smith]]]]
{{Hauptartikel|Wirtschaftsliberalismus}}

Ursprünglich war „Liberalismus“ als Bezeichnung der politischen Bewegung des Liberalismus vorbehalten. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts wird die Bezeichnung auch auf wirtschaftspolitische Positionen bezogen, die von der [[Klassische Nationalökonomie|klassischen Nationalökonomie]] vertreten wurden und auf [[Adam Smith]] zurückgeführt werden.<ref>Rudolf Walther: ''Exkurs: Wirtschaftlicher Liberalismus'' (Artikel „Liberalismus“). In: Brunner, Conze, Koselleck: ''Geschichtliche Grundbegriffe,'' Bd. 3, Stuttgart 1982, Seite ?.</ref> In Abgrenzung zu anderen Spielarten des Liberalismus wird vom Wirtschaftsliberalismus gesprochen. Grundlagen des Wirtschaftsliberalismus sind – anknüpfend an [[John Locke]] – [[Privateigentum]] und [[Vertragsfreiheit]]. Vertreter des Wirtschaftsliberalismus befürworten in der Tradition der [[Klassische Nationalökonomie|klassischen Nationalökonomie]] [[freie Marktwirtschaft]] und [[Freihandel]]. Sie plädierten für die Einführung der [[Gewerbefreiheit]] und die Auflösung der [[Zunft|Zünfte]].<ref name="Coing">[[Helmut Coing]]: ''Europäisches Privatrecht 1800–1914.'' München 1989, ISBN 3-406-30688-8. § 10 I., S. 70.</ref>

Zum Teil wird das Eigentumsrecht auf [[naturrecht]]liche Begründungen zurückgeführt, wie sie sich schon bei [[Hugo Grotius]], [[Samuel Pufendorf]] und John Locke finden. In dieser Tradition der naturrechtlichen Begründung von Eigentumsrechten argumentieren beispielsweise die US-amerikanischen Gründerväter sowie im 20.&nbsp;Jahrhundert die [[Libertarismus|libertären]] Philosophen [[Robert Nozick]] und [[Ayn Rand]], deren liberale Ausrichtung jedoch mitunter bestritten wird.<ref>Zu der politischen Philosophie des Libertarismus vgl. S.&nbsp;Freeman: ''Illiberal Libertarians: Why Libertarianism Is Not a Liberal View''. In: ''Philosophy and Public Affairs.'' Bd.&nbsp;30, Nr.&nbsp;2, 2001, S.&nbsp;105–151.</ref> Das Eigentumsrecht wird dann gemäß der [[Eigentumstheorie#Locke|Locke’schen Eigentumstheorie]] auf einen ursprünglichen Aneignungsakt durch [[Arbeit (Philosophie)#Zeitalter der Aufklärung bis zur Philosophie Hegels|Arbeit]] zurückgeführt. Wirtschaftsliberale Positionen beruhen jedoch oft auch auf einer [[Utilitarismus|utilitaristischen]] Grundlage, wenn sie etwa davon ausgehen, dass die Begründung von Recht auf Privateigentum zu Anreizen für effiziente Nutzung und dadurch zur Vermehrung des Allgemeinwohls führt.<ref>{{Literatur |Autor=Samuel Freeman |Titel=Capitalism in the Classical and High Liberal Traditions |Band=1 |Verlag=Oxford University Press |Datum=2018-07-19 |Seiten=20 |Online=https://oxford.universitypressscholarship.com/view/10.1093/oso/9780190699260.001.0001/oso-9780190699260-chapter-2 |Abruf=2021-09-12 |DOI=10.1093/oso/9780190699260.003.0002}}</ref> [[Konsequentialismus|Konsequentialistische]] Argumentationen, die auf Adam Smith, [[Jeremy Bentham]] und [[John Stuart Mill]] zurückgehen, kommen oft zu einer ähnlich starken Betonung privater Eigentumsrechte.<ref>Michael Goldhammer: ''Geistiges Eigentum und Eigentumstheorie: Rekonstruktion der Begründung von Eigentum an immateriellen Gütern anhand der US-amerikanischen Eigentumstheorie.'' Mohr Siebeck, 2012, ISBN 3-16-150993-5.</ref> Sie begründen diese aber mit Anreizen für effiziente Nutzung, die zur Vermehrung des Gemeinwohls führe. Anders als Vertreter des Naturrechts begründen sie das Eigentumsrecht also nicht primär mit Gerechtigkeits-, sondern mit Nutzenerwägungen. Vertreter dieser Form des konsequentialistischen (oder auch [[Utilitarismus|utilitaristischen]]) Wirtschaftsliberalismus waren die Ökonomen [[Ludwig von Mises]], Friedrich Hayek, [[James M. Buchanan]] und Milton Friedman, sowie der Rechtstheoretiker [[Richard A. Epstein]].<ref>Vgl. den Artikel [http://www.iep.utm.edu/libertar/#H3 ''Libertarianism'']. In: Internet Encyclopedia of Philosophy.</ref>

[[Datei:Jean-baptiste Say.jpg|mini|hochkant|[[Jean-Baptiste Say]]]]

Adam Smith führt den ''[[Wohlstand der Nationen]]'' in seinem gleichnamigen Werk auf das Konzept der [[Unsichtbare Hand|unsichtbaren Hand]] zurück, wonach das eigennützige Streben der Menschen zum Wohl der gesamten Gesellschaft beitrage. Daher stellt nach Auffassung vieler Wirtschaftsliberaler ein freier [[Wettbewerb (Wirtschaft)|Wettbewerb]] in der Marktwirtschaft das optimale Steuerungsinstrument der Wirtschaft dar. Vertreter des klassischen Wirtschaftsliberalismus wie [[Jean Baptiste Say]] gingen entsprechend davon aus, dass sich ohne staatlichen Eingriff stets ein Marktgleichgewicht einstelle. Interventionen durch wohlfahrtsstaatliche Politik werden insofern als schädlich angesehen. Unter dem Einfluss der Lehren der klassischen Nationalökonomie galt im 19.&nbsp;Jahrhundert weitgehend das liberale Leitbild eines Staates, dessen Aufgaben vor allem auf die Herstellung von Sicherheit und Ordnung beschränkt sind und der möglichst wenig in Wirtschaftsprozesse interveniert („[[Laissez-faire]]“).<ref>N. Wimmer, Th. Müller: ''Wirtschaftsrecht: International – Europäisch – National.'' Springer, 2007, S.&nbsp;19.</ref> Diese Staatskonzeption wurde von [[Ferdinand Lassalle]] als sogenannter „[[Nachtwächterstaat]]“ kritisiert. Allerdings wurde nach der [[Weltwirtschaftskrise]] von vielen Wirtschaftsliberalen anerkannt, dass der freie Markt nicht nur durch staatliche Intervention, sondern auch durch [[Oligopol]]e oder Kartellstrukturen bedroht werden kann.

[[Datei:Friedrich Hayek portrait.jpg|mini|hochkant|[[Friedrich August von Hayek]]]]

In Reaktion auf die Kritik am [[Klassischer Liberalismus|klassischen (Wirtschafts-)Liberalismus]] entwickelten sich neue Vorstellungen, die zunächst unter dem Begriff des [[Neoliberalismus]] zusammengefasst wurden. Insbesondere vom [[Ordoliberalismus]] der „[[Freiburger Schule (Politikwissenschaft)|Freiburger Schule]]“, der auch zu den wesentlichen Einflüssen bei der Entwicklung der [[Soziale Marktwirtschaft|sozialen Marktwirtschaft]] zählt, wurde daher ein [[starker Staat]] gefordert, der der Vermachtung der Wirtschaft durch [[Ordnungspolitik]] entgegenwirken kann. [[Marktversagen]], etwa bei sogenannten „[[Externe Effekte|externen Effekten]]“ wie [[Umweltverschmutzung]], soll nach wirtschaftsliberaler Position durch marktkonforme Instrumente, wie [[Emissionsrechtehandel]] überwunden werden.

Als einer der bedeutendsten Theoretiker des Liberalismus im 20.&nbsp;Jahrhundert gilt der Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften [[Friedrich August von Hayek]].<ref>Bernd Ziegler: ''Geschichte des ökonomischen Denkens: Paradigmenwechsel in der Volkswirtschaftslehre''. Ausgabe 2, Oldenbourg Wissenschaftsverlag 2008, ISBN 3-486-58522-3, S.&nbsp;128.</ref> Hayek, ein prominentes Mitglied der [[Mont Pelerin Society]], gilt nicht zuletzt deshalb als zentrale Integrationsfigur des Wirtschaftsliberalismus, weil er in verschiedenen Lebensabschnitten die Entwicklung von drei verschiedenen ökonomischen Schulen beeinflusste. Zunächst entwickelte er als Schüler von ''Ludwig von Mises'' die Positionen der [[Österreichische Schule|Österreichischen Schule]] u.&nbsp;a. an der Kritik der [[Wirtschaftsrechnung im Sozialismus]] maßgeblich mit. 1950 ging er nach Chicago, wo es unter seiner Beteiligung zu einer Neubewertung von Monopol- und Kartellstrukturen kam. Schließlich wurde er 1962 nach Freiburg berufen, dem Zentrum des deutschen Neoliberalismus, wo er seine Ideen zur staatlichen „Anmaßung von Wissen“, marktförmigen „spontanen Ordnungen“ und dem „Wettbewerb als Entdeckungsverfahren“ ausarbeitete.

[[Datei:Portrait of Milton Friedman.jpg|mini|hochkant|[[Milton Friedman]]]]

Die Ideen des [[Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften|Wirtschaftsnobelpreisträgers]] [[Milton Friedman]], eines Befürworters von Freihandel und Deregulierung, hatten in der zweiten Hälfte des 20.&nbsp;Jahrhunderts starken Einfluss auf die Entwicklung in Richtung Markt und Wettbewerb, die in weiten Teilen der Welt zu beobachten war.<ref>Paul Anthony Samuelson, William D. Nordhaus: ''Volkswirtschaftslehre das internationale Standardwerk der Makro- und Mikroökonomie.'' MI Wirtschaftsbuch 2007, ISBN 3-636-03112-0, S.&nbsp;72&nbsp;f.</ref> Friedman, der als bedeutender Vertreter der [[Chicagoer Schule (Ökonomie)|Chicagoer Schule]] der Ökonomie gilt, griff zunächst Ideen des kontinentaleuropäischen Neoliberalismus auf. Anders als dieser sah er jedoch ähnlich wie Hayek die ordnungspolitische Wettbewerbskontrolle eher skeptisch.<ref>Karl-Peter Sommermann: ''Staatsziele und Staatszielbestimmungen''. Mohr Siebeck, 1997, S.&nbsp;167.</ref>

Da der Begriff des Liberalismus in den USA nach dem [[New Deal]] und zunehmend in den 1970er Jahren durch das Aufkommen des philosophischen egalitären Liberalismus mit der politischen Linken assoziiert wurde ([[Linksliberalismus]]), werden wirtschaftsliberale Positionen dort oft als ''libertarianism'' bezeichnet.<ref>Frieder Neumann: ''Gerechtigkeit und Grundeinkommen: Eine gerechtigkeitstheoretische Analyse ausgewählter Grundeinkommensmodelle''. LIT Verlag, Münster 2009, ISBN 3-643-10040-X, S.&nbsp;43.</ref>

=== Sozialer Liberalismus ===
{{Hauptartikel|Linksliberalismus}}

Während für Wirtschaftsliberale der Abbau von staatlicher und feudaler Herrschaft zur Herstellung von Chancengleichheit in der Regel als ausreichend angesehen wird, wollen Sozialliberale auch gesellschaftlich bedingte Chancenungleichheiten kompensatorisch korrigieren.<ref>Vgl. [[Wolfgang Ayaß]]: ''[[Max Hirsch (Publizist)|Max Hirsch]]. Sozialliberaler Gewerkschaftsführer und Pionier der Volkshochschulen'', Berlin 2013.</ref> Um die von Sozialliberalen ebenfalls unerwünschte Einschränkung der individuellen Autonomie zu minimieren, wurde im 19.&nbsp;Jahrhundert Hilfe zur Selbsthilfe als Lösung der sozialen Frage propagiert. So trat der Sozialliberale [[Hermann Schulze-Delitzsch]] für eine Förderung des [[Genossenschaft]]swesens ein.<ref name="konservatismus2002">Gerhard Göhler: ''Antworten auf die soziale Frage – eine Einführung''. In: Bernd Heidenreich: ''Politische Theorien des 19.&nbsp;Jahrhunderts: Konservatismus, Liberalismus, Sozialismus''. Akademie Verlag, 2002, S. 417, 424.</ref> Eine weitere typisch liberale Antwort auf die soziale Frage ist die Qualifikation durch eine staatlich geförderte [[Bildungspolitik]].<ref name="konservatismus2002" /> In der Sozialen Marktwirtschaft wurde von Vertretern des [[Ordoliberalismus]] der Versuch unternommen, wirtschaftsliberale Positionen mit einer Bewältigung sozialer Probleme konzeptionell zu verbinden.

[[Datei:Keynes 1933.jpg|mini|hochkant|[[John Maynard Keynes]]]]

Vor dem Hintergrund der Weltwirtschaftskrise versuchte [[John Maynard Keynes]] – von einer linksliberalen politischen Position ausgehend – deutlich zu machen, wie antikapitalistische Bestrebungen (kommunistische wie faschistische) durch den Erhalt und Ausbau des kapitalistischen [[Wohlfahrtsstaat]]es verhindert werden können. Wie Keynes den Liberalismus versteht, wird in den Artikeln ''Am I a Liberal?''<ref>John Maynard Keynes: ''Am I a Liberal?'' In: ''Essays in Persuasion.'' W. W. Norton & Company, 1991, S. 312 ff.</ref> von 1925 oder ''The End of Laissez-Faire''<ref>John Maynard Keynes: ''[http://www.panarchy.org/keynes/laissezfaire.1926.html The End of Laissez-Faire].'' Hogarth Press, 1926</ref> von 1926 deutlich. [[Vollbeschäftigung]] versteht Keynes als Bedingung der Möglichkeit von Verhandlungsmacht der Gewerkschaften. Ansteigender Wohlstand der Ärmsten sei für die marktförmige Wirtschaft wachstumsoptimal und sichere so die individuelle Unabhängigkeit.

[[Datei:Amartya Sen 20071128 cologne.jpg|mini|hochkant|[[Amartya Sen]]]]

Im [[Egalitärer Liberalismus|egalitären Liberalismus]] von [[John Rawls]] hat eine nicht nur formale, sondern substantiell faire Chancengleichheit einen wichtigen Stellenwert.<ref>Andrea Schlenker-Fischer: ''Demokratische Gemeinschaft trotz ethnischer Differenz: Theorien, Institutionen und soziale Dynamiken'', VS Verlag, 2009, S. 99.</ref> Rawls Theorie der Gerechtigkeit gilt deshalb als liberale Konzeption, weil Rawls eine Liste von Grundfreiheiten vor [[Umverteilung]] stellt.<ref>{{Literatur |Autor=John Rawls |Titel=Gerechtigkeit als Fairneß ein Neuentwurf |Auflage=1. Aufl |Ort=Frankfurt am Main |Datum=2006 |ISBN=3-518-29404-0 |Seiten=175ff.}}</ref> Die individuelle Freiheit dürfe allenfalls eingeschränkt werden, um die Freiheit Dritter zu schützen, keineswegs aus Gründen [[Soziale Gerechtigkeit|sozialer Gerechtigkeit]].<ref>[[Walter Reese-Schäfer]]: ''Politische Theorie der Gegenwart in fünfzehn Modellen Oldenbourg Lehr- und Handbücher der Politikwissenschaft''. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 2005, ISBN 3-486-57930-4, S. 7.</ref> Im Gegensatz zu klassischen Wirtschaftsliberalen wie Milton Friedman und Friedrich Hayek sieht er aber in wirtschaftlichen Freiheiten wie Recht auf Privateigentum und Vertragsrecht keinen Grundrechtsstatus im Gegensatz zum Recht auf freie Berufswahl, persönliches Eigentum, Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit oder politische Freiheiten und können gemäß der fairen Chancengleichheit, der gleichen Chancen an der Beteiligung am politischen Leben und Begrenzung wirtschaftlicher und sozialer Ungleichheiten also eingeschränkt werden.<ref>{{Literatur |Autor=John Rawls |Titel=Gerechtigkeit als Fairneß ein Neuentwurf |Auflage=1. Aufl |Ort=Frankfurt am Main |Datum=2006 |ISBN=3-518-29404-0 |Seiten=215f.; 230-233}}</ref> Das Recht auf die Grundfreiheiten ist laut Rawls deswegen wesentlich, weil man mit ihnen die beiden moralischen Vermögen eines Bürgers ausüben kann und von der Gesellschaft anerkannt wird, und zwar die Fähigkeit, der eigenen Vorstellung des Guten wie beispielsweise einer Religion nachzugehen, zu revidieren und zu vertreten und politische Prinzipien zu verstehen, zu beurteilen, zu akzeptieren und nach ihnen zu handeln.<ref>{{Literatur |Autor=John Rawls |Titel=Gerechtigkeit als Fairneß ein Neuentwurf |Auflage=1. |Ort=Frankfurt am Main |Datum=2006 |ISBN=3-518-29404-0 |Seiten=44-52}}</ref> Grundfreiheiten wie freie Berufswahl, Versammlungsfreiheit, Meinungsfreiheit und das Recht auf persönliches Eigentum sind für diese moralische Vermögen notwendig, nicht aber das Recht auf Privatbesitz, Eigentum, Erwerb und Vererbung an natürlichen Ressourcen und Produktionsmittel, die Kontrolle über diese und auf Vertragsfreiheit. Solche müssen im Einklang mit der Chancengleichheit, politischen Gleichheit und der Begrenzung der Ungleichheit bei der Gesetzgebung anstelle auf Verfassungsebene gerechtfertigt werden.<ref>{{Literatur |Autor=John Rawls |Titel=Gerechtigkeit als Fairneß ein Neuentwurf |Auflage=1. Aufl |Ort=Frankfurt am Main |Datum=2006 |ISBN=3-518-29404-0 |Seiten=175-181, 214-218}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=John Rawls |Titel=Eine Theorie der Gerechtigkeit |Auflage=1. Aufl |Verlag=Suhrkamp |Ort=Frankfurt am Main |Datum=1979 |ISBN=3-518-27871-1 |Seiten=83}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=John Rawls |Titel=Politischer Liberalismus |Auflage=1. Aufl |Ort=Frankfurt am Main |Datum=2003 |ISBN=3-518-29242-0 |Seiten=332}}</ref> Ungleichheiten sind nur insofern gerechtfertigt als diese den sozial Schwächsten einer Gesellschaft den größten Vorteil bringen.<ref>Hans Joas, Wolfgang Knöbl: ''Sozialtheorie: Zwanzig einführende Vorlesungen'', Suhrkamp Verlag, 2004, S. 670.</ref><ref>{{Literatur |Autor=John Rawls |Titel=Eine Theorie der Gerechtigkeit |Verlag=Suhrkamp Verlag |Ort=Berlin |Datum= |Seiten=336}}</ref> Daher fordert er von einem privatwirtschaftlichen System, dass es in Form einer [[Eigentumsdemokratie]] ausgestaltet sein soll, in der Privateigentum und Humankapital auf allen Bürgern und damit auch die Verhandlungsmacht verbreitet wird und somit alle aus der Ungleichheit auf reziproker Weise profitieren.<ref>{{Literatur |Autor=John Rawls |Hrsg=Erin Kelly |Titel=Gerechtigkeit als Fairneß. Ein Neuentwurf |Auflage=1. |Verlag=Suhrkamp Verlag |Ort=Berlin |Datum=2006 |Seiten=211-275}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Paul Smith |Titel=Incentives and Justice: G. A. Cohen’s Egalitarian Critique of Rawls |Sammelwerk=Social Theory and Practice |Band=24 |Nummer=2 |Datum=1998 |Seiten=205–235}}</ref>

Ebenfalls in der liberalen Tradition seit [[Immanuel Kant]] steht die Verfechtung von Freiheiten als [[Capability Approach|Verwirklichungschancen]], die von [[Amartya Sen]] und [[Martha Nussbaum]] vertreten werden. Dieser Ansatz steht mit seinem [[Positive Freiheit|positiven Freiheitsbegriff]] jedoch in einem Spannungsverhältnis zu herkömmlichen Formen des politischen Liberalismus.<ref>Nina Oelkers, Hans-Uwe Otto, Holger Ziegler: ''Handlungsbefähigung und Wohlergehen''. In: Otto, Ziegler (Hrsg.): ''Capabilities - Handlungsbefähigung und Verwirklichungschancen in der Erziehungswissenschaft'', VS Verlag, 2009, S. 98 f.</ref> Mit positivem und negativem Freiheitsverständnis und seiner Bedeutung für unterschiedliche Ansätze in der liberalen politischen Philosophie haben sich in neuerer Zeit [[Isaiah Berlin]] und [[Charles Taylor (Philosoph)|Charles Taylor]] auseinandergesetzt.<ref>Erich Zalten: ''Die Problemverschlingung von Liberalismus und Kommunitarismus. Bemerkungen zur politischen Theorie und Ethik''. In: Kurt Seelmann: ''Kommunitarismus versus Liberalismus: Vorträge der Tagung der Schweizer Sektion der Internationalen Vereinigung für Rechts- und Sozialphilosophie vom 23. und 24. Oktober 1998 in Basel''. ''Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie'' – Beiheft Nr. 76, Franz Steiner Verlag 2000, S. 85, 86.</ref>

== Liberalismus und Frauenemanzipation ==
Aufgrund seines Eintretens für die Freiheitsrechte des Individuums bot sich der Liberalismus in der Geschichte vielfach als Bündnispartner der Frauenbewegung an. In Deutschland beispielsweise rechnete sich ein Großteil der [[Frauenbewegung]] zum Liberalismus.<ref>Angelika Schaser: ''Helene Lange und Gertrud Bäumer. Eine politische Lebensgemeinschaft.'' Böhlau, Köln 2010, S.&nbsp;35 u. 133–147 et passim.</ref> Dazu hat auch die bahnbrechende Schrift von [[John Stuart Mill]] ''[[Die Hörigkeit der Frau]]'' (1869) beigetragen, in der er für die Gleichstellung der Frauen plädiert.

Zwar hält der Liberalismus im Bereich des Personen- und [[Familienrecht]]s an dem konservativen Familienbild fest, versteht den Begriff der [[Ehe]] aber in einem [[vertragsrecht]]lichen Zusammenhang und nicht mehr als überindividuelle Institution.<ref name="Coing" />


== Kritik ==
== Kritik ==
Die reine Form des wirtschaftlichen Liberalismus wird das [[Laissez-faire]], auch [[Manchesterliberalismus]] genannt. Unter dem Eindruck der [[Weltwirtschaftskrise]] stellte [[John Maynard Keynes]] (*[[1883]], †[[1946]]) vor allem dieses wirtschaftliche Laissez-faire infrage. Er war der Meinung, dass der Staat bei konjunkturellen Einbrüchen aktiv eingreifen muss, um fehlende private Nachfrage durch staatliche Nachfrage zu ersetzen. Allerdings besteht hierüber das Risiko einer marktschädigenden Marktverzerrung zugunsten der Unternehmen, die von der staatlichen Nachfrage profitieren und führt auch ohne Kreditfinanzierung zu zukünftigen finanziellen Steuerbelastungen kleiner Unternehmen.


=== Marxismus ===
An der naturrechtlichen Herleitung des Privateigentums entzündet sich eine Kritik, die diesen [[Natur]]begriff des ''Naturzustands'' hinterfragt. Ein solcher Zustand erweise sich bei Betrachtung als [[Fiktion]], da einerseits beispielsweise Boden schon immer irgendwann von jemandem bearbeitet wurde, also Eigentum wäre, andererseits aber auch verwildern und verwittern kann, und somit in einen Naturzustand zurückkehren würde, der die Effekte der Bearbeitung aufhebt. In der Praxis ergebe sich aus so einer Herleitung immer, dass derjenige, der im Besitz von etwas ist, dies auch bleiben soll, ohne weiteres Hinterfragen dieser Verhältnisse. Deshalb verpflichtet [[Eigentum]] nach dem deutschen [[Grundgesetz]] - entgegen liberalen Grundsätzen - zur Beachtung des [[Gemeinwohl]]s. Eine solche Eigentumsverpflichtung ist in der [[EU-Verfassung]] nicht vorgesehen.
Ein Einwand, der vor allem von [[Marxistische Philosophie|marxistischen Kritikern]] vorgebracht wird, ist, dass der philosophische Liberalismus eine rein formale Freiheit befürwortet. Kritiker wenden dagegen ein, dass es neben formalen Freiheiten (z.&nbsp;B. das Recht auf Freizügigkeit) auch reale Freiheiten (z.&nbsp;B. die wirtschaftliche Fähigkeit, sich tatsächlich zu bewegen) gibt. Die Kritik wirft Liberalen vor, dass sie die Rechte des Einzelnen bevorzugen, ohne sich um die Existenzbedingungen dieser Individuen in der Gesellschaft zu kümmern.<ref>{{Literatur |Autor=Jean Zaganiaris |Titel=Stefano Petrucciani, Marx critique du libéralisme |Sammelwerk=Lectures |Datum=2018-10-04 |ISSN=2116-5289 |Online=https://journals.openedition.org/lectures/27067 |Abruf=2023-05-28 |DOI=10.4000/lectures.27067}}</ref>


Der konservative Rechtsphilosoph [[Michel Villey]] stimmt in diesem Punkt mit Marxisten überein, die argumentieren, dass formelle liberale Rechte, wenn sie allen zugutekommen sollen, in Wirklichkeit nur denen zugutekommen, die sie materiell ausüben können: den Reichen oder den Eigentümern. Villey kritisiert diese negative Freiheit, d.&nbsp;h. das Fehlen jeglicher sozialer Verantwortung und Beschränkung.<ref>{{Literatur |Autor=Luc Wintgens |Titel=Le droit et les droits de l’homme, Michel VILLEY, Paris, P.U.F., 1983, 169 pages |Sammelwerk=Revue interdisciplinaire d'études juridiques |Band=15 |Nummer=2 |Datum=1985 |ISSN=0770-2310 |Seiten=229 |Online=http://www.cairn.info/revue-interdisciplinaire-d-etudes-juridiques-1985-2-page-229.htm?ref=doi |Abruf=2023-05-28 |DOI=10.3917/riej.015.0229}}</ref>
Einen scharfen Feind fand der politische Liberalismus im [[Nationalsozialismus]].


=== Nihilismus ===
Aus der entgegengesetzten Richtung formulierte [[Karl Marx]] seine Schrift [[Das Kapital]] als ''Kritik der politischen Ökonomie''.
Für [[Leo Strauss]] stehen der antike (klassische Republikanismus) und der moderne Liberalismus radikal im Gegensatz.<ref name=":1" /> Strauss wirft dabei dem modernen Liberalismus vor, eine Form des [[Nihilismus]] zu sein, der die Arbeit und die Herrschaft des Nützlichen verherrliche. Für die Alten verwirklichte sich der Mensch nicht durch Arbeit, sondern kultivierte seine Individualität, indem er Wissen um seiner selbst willen suchte. Freiheit wird dabei als Privileg und nicht als etwas Erworbenes wahrgenommen. Die Freiheit der Alten konzentrierte sich auf Staatsbürgerkunde und Vernunft, während die Freiheit der Modernen auf dem Gesellschaftsvertrag und der liberalen Demokratie basierte. Für die Modernen (klassische und zeitgenössische Liberale) ist Freiheit dabei wesentlich [[Negative und positive Freiheit|negativ]].


== Bedeutende Liberale ==
=== Kommunitarismus ===
[[Kommunitarismus|Kommunitaristische Autoren]] wie [[Charles Taylor (Philosoph)|Charles Taylor]] argumentieren, dass die individualistischen Voraussetzungen des Liberalismus keine reale Entsprechung haben: Die grundlegende soziale Einheit ist nach ihren Reflexionen im Wesentlichen die Gruppe, und das Individuum kann nicht allein auf der Grundlage des Individualismus erfasst werden. Abhängig von der betrachteten Gruppe gelten unterschiedliche Spielarten des [[Holismus]], der kollektive Realitäten wie Gesellschaften, Vereine und die Familie berücksichtigt.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.spektrum.de/lexikon/philosophie/kommunitarismus/1084 |titel=Kommunitarismus |werk=METZLER LEXIKON PHILOSOPHIE |sprache=de |abruf=2023-05-28}}</ref> Den kommunitaristischen Kritikern zufolge kann das Individuum keine aktive Kraft sein oder sich [[prima facie]] als frei innerhalb einer Massengesellschaft betrachten.
{|

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Allerdings sollte [[Individualismus]] nicht mit Egoismus verwechselt werden: Individualismus ist ein von Liberalen und Libertären verteidigtes Dogma, das auf individuellen Freiheiten und Rechten basiert. Damit steht es beispielsweise im Widerspruch zum [[Ayn Rand|Randschen]] „Egoismus“.<ref>{{Literatur |Autor=Philippe Steiner |Titel=Altruismus, Egoismus und Individualismus in der Durkheim-Schule |Sammelwerk=Trivium. Revue franco-allemande de sciences humaines et sociales - Deutsch-französische Zeitschrift für Geistes- und Sozialwissenschaften |Nummer=13 |Datum=2013-02-28 |ISSN=1963-1820 |Online=https://journals.openedition.org/trivium/4480 |Abruf=2023-05-28 |DOI=10.4000/trivium.4480}}</ref>
*[[Lord Acton]]

*[[Raymond Aron]]
Für [[Jean-Claude Michéa]] sind Kulturliberalismus und Wirtschaftsliberalismus zwei Seiten derselben Medaille: ein System, das keine Grenzen mehr akzeptiert. Im Gegensatz zu dem, was er die „Metaphysik des Fortschritts“ nennt und die seiner Meinung nach für die Atomisierung der heutigen Welt verantwortlich ist, setzt der Philosoph auf den „gewöhnlichen Anstand“ der Arbeiter- und Mittelklasse.<ref>{{Literatur |Autor=Éric Desmons |Titel=Review of Les Mystères de la gauche. De l'idéal des Lumières au triomphe du capitalisme absolu |Sammelwerk=Revue Française d'Histoire des Idées Politiques |Nummer=39 |Datum=2014 |ISSN=1266-7862 |Seiten=177–181 |JSTOR=24610843}}</ref>
*[[Ludwig Bamberger]]
*[[Frédéric Bastiat]]
*[[Jeremy Bentham]]
*[[Isaiah Berlin]]
*[[John Bright]]
*[[Eugen von Böhm-Bawerk]]
*[[Camillo Benso Graf von Cavour|Camillo Cavour]]
*[[Richard Cobden]]
*[[Marquis de Condorcet]]
*[[Benjamin Constant]]
*[[Ralf Dahrendorf]]
*[[Thomas Dehler]]
*[[Rudolf von Delbrück]]
*[[Walter Eucken]]
*[[Adam Ferguson]]
*[[Karl-Hermann Flach]]
*[[Benjamin Franklin]]
*[[Milton Friedman]]
*[[Heinrich von Gagern]]
| <hspace width="40px"> |
| valign="top" |
*[[Hans-Dietrich Genscher]]
*[[T. H. Green]]
*[[Hildegard Hamm-Brücher]]
*[[David Hansemann]]
*[[Friedrich August von Hayek]]
*[[Theodor Heuss]]
*[[Wilhelm von Humboldt]]
*[[David Hume]]
*[[Thomas Jefferson]]
*[[Immanuel Kant]]
*[[Otto Graf Lambsdorff]]
*[[John Locke]]
*[[James Madison]]
*[[Thomas Mann]]
*[[Carl Menger]]
*[[John Stuart Mill]]
*[[Ludwig von Mises]]
*[[Theodor Mommsen]]
*[[Friedrich Naumann]]
*[[Robert Nozick]]
*[[José Ortega y Gasset]]
*[[Thomas Paine]]
| <hspace width="40px"> |
| valign="top" |
*[[Karl R. Popper]]
*[[Hugo Preuß]]
*[[Walther Rathenau]]
*[[John Rawls]]
*[[Ayn Rand]]
*[[Eugen Richter]]
*[[Karl von Rotteck]]
*[[Wilhelm Röpke]]
*[[Jean-Baptiste Say]]
*[[Walter Scheel]]
*[[Friedrich Schiller]]
*[[August Ludwig von Schlözer]]
*[[Hermann Schulze-Delitzsch]]
*[[Adam Smith]]
*[[Herbert Spencer]]
*[[Anne Louise von Staël-Holstein]]
*[[Gustav Stresemann]]
*[[Alexis de Tocqueville]]
*[[Rudolf Virchow]]
*[[Voltaire]]
*[[Carl Theodor Welcker]]
*[[Max Weber]]
|}


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* [[Linksliberalismus]]
* [[Altliberale]]
* [[Nationalliberalismus]]
* [[Considerations on Representative Government]]
* [[Technoliberalismus]]
* [[Manchesterliberalismus]]
* [[Keynesianismus]]
* [[Liberale Theologie]] (Johann Salomo Semler; 1725–1791)
* [[Liberale Bewegungen im Islam]]


== Literatur ==
== Literatur ==
'''Klassiker'''
=== Klassiker des Liberalismus ===
* {{Literatur
*[[John Locke]]: ''Über die Regierung'' ISBN 315009691X
|Autor=[[John Locke]]
*[[John Stuart Mill]]: ''Über die Freiheit'' ISBN 3150034914
|Hrsg=Walter Euchner
*[[Montesquieu]]: ''Vom Geist der Gesetze'' ISBN 3150089530
|Titel=[[Zwei Abhandlungen über die Regierung]]
*[[Adam Smith]]: ''Der Wohlstand der Nationen''; ISBN 342330149-X
|Reihe=Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft
'''Moderne'''
|BandReihe=213
*[[Wolfgang Fach]]: ''Die Regierung der Freiheit''; Frankfurt a.M., Edition Suhrkamp, 2003; ISBN 351812334-3
|Verlag=Suhrkamp
*[[Milton Friedman]]: ''Kapitalismus und Freiheit'' ISBN 349223962-5
|Ort=Frankfurt am Main
*[[Friedrich von Hayek]], ''Die Verfassung der Freiheit'' ISBN 316145844-3
|Datum=1977
*[[Dieter Langewiesche]], ''Liberalismus in Deutschland'', Suhrkamp, Frankfurt am Main 1988
|ISBN=3-518-27813-4
*[[Ludwig von Mises]]: ''Liberalismus'' ISBN 3896654281
|Originaltitel=Two Treatises of Government
*[[Karl Popper]], ''Die Offene Gesellschaft und ihre Feinde'' ISBN 3161459512 (Band1) ISBN 3825217256 (Band 2)
|Originalsprache=en-GB
|Originaljahr=1689
|Übersetzer=Hans Jörn Hoffmann}}
* {{Literatur
|Autor=John Locke
|Hrsg=Julius Ebbinghaus
|Titel=[[Brief über die Toleranz|Ein Brief über Toleranz]]. Englisch-Deutsch
|Reihe=Philosophische Bibliothek
|BandReihe=289
|Verlag=Meiner
|Ort=Hamburg
|Datum=1996
|ISBN=3-7873-1143-2
|Originaltitel=A Letter Concerning Toleration
|Originalsprache=en-GB
|Originaljahr=1689
|Übersetzer=Julius Ebbinghaus}}
* {{Literatur
|Autor=[[Charles de Secondat, Baron de Montesquieu|Charles-Louis de Montesquieu]]
|Titel=[[Vom Geist der Gesetze]]
|Reihe=Reclams Universal-Bibliothek
|BandReihe=8953
|Verlag=Reclam
|Ort=Stuttgart
|Datum=2011
|ISBN=978-3-15-008953-8
|Originaltitel=De L'esprit des Loix
|Originalsprache=fr
|Originaljahr=1748
|Übersetzer=Kurt Weigand}}
* {{Literatur
|Autor=[[Adam Smith]]
|Hrsg=Erich W. Streissler
|Titel=[[Wohlstand der Nationen|Untersuchung über Wesen und Ursachen des Reichtums der Völker]]
|Reihe=Uni-Taschenbücher
|BandReihe=2655
|Verlag=Mohr Siebeck
|Ort=Tübingen
|Datum=2005
|ISBN=3-8252-2655-7
|Originaltitel=An Inquiry to the Nature and Causes of the Wealth of Nations
|Originalsprache=en-GB
|Originaljahr=1776
|Übersetzer=Monika Streissler}}
* {{Literatur
|Autor=[[Mary Wollstonecraft]]
|Hrsg=Ursula I. Meyer
|Titel=[[A vindication of the rights of woman|Die Verteidigung der Frauenrechte]]
|Reihe=Philosophinnen
|BandReihe=21
|Verlag=ein-FACH-verlag
|Ort=Aachen
|Datum=2008
|ISBN=978-3-928089-48-7
|Originaltitel=A Vindication of the Rights of Woman. With Strictures on Political and Moral Subjects
|Originalsprache=en-GB
|Originaljahr=1792
|Übersetzer=Petra Altschuh-Riederer}}
* {{Literatur
|Autor=[[Wilhelm von Humboldt]]
|Titel=Ideen zu einem Versuch, die Grenzen der Wirksamkeit des Staats zu bestimmen
|Reihe=Reclams Universal-Bibliothek
|BandReihe=1991
|Verlag=Reclam
|Ort=Stuttgart
|Datum=1978
|ISBN=3-15-001991-5
|Originaltitel=Ideen zu einem Versuch, die Grenzen der Wirksamkeit des Staats zu bestimmen
|Originalsprache=de
|Originaljahr=1792}}
* {{Literatur
|Autor=[[John Stuart Mill]]
|Hrsg=Horst D. Brandt
|Titel=[[On Liberty|Über die Freiheit]]
|Reihe=Philosophische Bibliothek
|BandReihe=583
|Verlag=Meiner
|Ort=Hamburg
|Datum=2011
|ISBN=978-3-7873-2194-0
|Originaltitel=On Liberty
|Originalsprache=en-GB
|Originaljahr=1859
|Übersetzer=Else Wentscher}}
* {{Literatur
|Autor=John Stuart Mill
|Hrsg=Michael S. Aßländer, Hans G. Nutzinger
|Titel=Grundsätze der politischen Ökonomie
|Band=1-3
|Datum=2016
|ISBN=978-3-7316-1103-5}}
* [[Ludwig von Mises]]: ''Liberalismus'', 1927; online Ausgabe, Sankt Augustin, Academia 1993, ISBN 3-88345-428-1 [http://docs.mises.de/Mises/Mises_Liberalismus.pdf PDF; 950&nbsp;kB]
* [[Milton Friedman]]: ''[[Kapitalismus und Freiheit]].'' Piper, München/Zürich 2003, ISBN 3-492-23962-5.
* {{Literatur
|Autor=[[Karl Popper]]
|Hrsg=Hubert Kiesewetter
|Titel=[[Offene Gesellschaft|Die Offene Gesellschaft und ihre Feinde]]
|Reihe=Gesammelte Werke von Karl R. Popper in deutscher Sprache
|BandReihe=5 und 6
|Verlag=Mohr Siebeck
|Ort=Tübingen
|Datum=2003
|Originaltitel=The Open Society and Its Enemies
|Originalsprache=en
|Originaljahr=1945}}
** {{Literatur
|Titel=Der Zauber Platons
|Reihe=Die Offene Gesellschaft und ihre Feinde
|BandReihe=1
|Datum=2003
|ISBN=3-16-148068-6
|Originaltitel=The Spell of Plato
|Originalsprache=en}}
** {{Literatur
|Titel=Falsche Propheten. Hegel, Marx und die Folgen
|Reihe=Die Offene Gesellschaft und ihre Feinde
|BandReihe=2
|Datum=2003
|ISBN=3-16-148069-4
|Originaltitel=Hegel and Marx
|Originalsprache=en}}
* Friedrich August von Hayek: ''The Road to Serfdom'' 1944, deutsch: ''Der Weg zur Knechtschaft''. Olzog, München 2007, ISBN 978-3-7892-8227-0.
* {{Literatur
|Autor=[[Friedrich August von Hayek]]
|Hrsg=Alfred Bosch, Reinhold Veit
|Titel=[[Die Verfassung der Freiheit]]
|Reihe=Gesammelte Schriften Friedrich von Hayeks in deutscher Sprache
|BandReihe=3
|Verlag=Mohr Siebeck
|Ort=Tübingen
|Datum=2005
|ISBN=3-16-148628-5
|Originaltitel=Die Verfassung der Freiheit
|Originalsprache=de
|Originaljahr=1960}}
* {{Literatur
|Autor=[[John Rawls]]
|Titel=[[A Theory of Justice|Eine Theorie der Gerechtigkeit]]
|Reihe=Suhrkamp-Taschenbuch Wissenschaft
|BandReihe=271
|Verlag=Suhrkamp
|Ort=Frankfurt am Main
|Datum=1979
|ISBN=3-518-27871-1
|Originaltitel=A Theory of Justice
|Originalsprache=en-US
|Originaljahr=1971
|Übersetzer=Hermann Vetter}}
* {{Literatur
|Autor=John Rawls
|Titel=Politischer Liberalismus
|Reihe=Suhrkamp-Taschenbuch Wissenschaft
|BandReihe=1642
|Verlag=Suhrkamp
|Ort=Frankfurt am Main
|Datum=2003
|ISBN=3-518-29242-0
|Originaltitel=Political Liberalism
|Originalsprache=en-US
|Originaljahr=1993
|Übersetzer=Wilfried Hinsch}}
* {{Literatur
|Autor=[[Robert Nozick]]
|Titel=Anarchie, Staat, Utopia
|Verlag=Olzog
|Ort=München
|Datum=2011
|ISBN=978-3-7892-8099-3
|Originaltitel=Anarchy, State, and Utopia
|Originalsprache=en-US
|Originaljahr=1974
|Übersetzer=Hermann Vetter}}

==== Vorläufer ====
* {{Literatur
|Autor=[[Thomas Hobbes]]
|Hrsg=[[Hermann Klenner]]
|Titel=[[De Cive|Vom Bürger]]
|Sammelwerk=Elemente der Philosophie III
|Reihe=Philosophische Bibliothek
|Band=158
|Verlag=Meiner
|Ort=Hamburg
|Datum=1984
|ISBN=3-7873-1166-1
|Seiten=59–328
|Originaltitel=De Cive
|Originalsprache=la
|Originaljahr=1642
|Übersetzer=Jutta Schlösser}}
* {{Literatur
|Autor=Thomas Hobbes
|Hrsg=Hermann Klenner
|Titel=[[Leviathan (Thomas Hobbes)|Leviathan]]
|Reihe=Philosophische Bibliothek
|BandReihe=491
|Verlag=Meiner
|Ort=Hamburg
|Datum=2004
|ISBN=3-7873-1699-X
|Originaltitel=Leviathan or The Matter, Forme and Power of a Common Wealth Ecclesiasticall and Civil
|Originalsprache=en-GB
|Originaljahr=1651
|Übersetzer=Jutta Schlösser}}

=== Weitere Werke ===
* [[Frank Bösch]], [[Thomas Hertfelder]], [[Gabriele Metzler]] (Hrsg.): ''Grenzen des Neoliberalismus. Der Wandel des Liberalismus im späten 20. Jahrhundert'' (= ''Zeithistorische Impulse.'' Band 13). Steiner, Stuttgart 2018, ISBN 978-3-515-12085-2.
* [[Klaus von Beyme]]: ''Liberalismus. Theorien des Liberalismus und Radikalismus im Zeitalter der Ideologien 1789–1945.'' Springer VS, Wiesbaden 2013, ISBN 978-3-658-03052-0.
* [[Anselm Doering-Manteuffel]], [[Jörn Leonhard]] (Hrsg.): ''Liberalismus im 20. Jahrhundert'' (= ''Wissenschaftliche Reihe'' der [[Stiftung Bundespräsident-Theodor-Heuss-Haus]]. Band 12). Steiner, Stuttgart 2015, ISBN 978-3-515-11072-3.
* Edmund Fawcett: ''Liberalism. The Life of an Idea.'' Princeton University Press, Princeton / Oxford 2014, ISBN 978-0-691-15689-7.
* Michael G. Festl: ''Handbuch Liberalismus.'' Metzler, Berlin 2021, ISBN 978-3-476-05797-6.
* [[Lothar Gall]] (Hrsg.): ''Liberalismus.'' Kiepenheuer & Witsch, Köln 1976; 3. Auflage. Athenäum, Königstein im Taunus 1985, ISBN 978-3-7610-7255-4.
* [[Bernd Heidenreich]] (Hrsg.): ''Liberalismus'' (= ''Politische Theorien des 19. Jahrhunderts.'' Band 2). Hessische Landeszentrale für Politische Bildung, Wiesbaden 1999, ISBN 978-3-927127-31-9.
* [[Dieter Langewiesche]] (Hrsg.): ''Liberalismus im 19. Jahrhundert. Deutschland im europäischen Vergleich'' (= ''Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft.'' Band 79). Vandenhoeck & Ruprecht 1988, ISBN 978-3-525-35741-5 ({{Digitalisat|1=https://digi20.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb00048513_00001.html}}).
* [[Jörn Leonhard]]: ''Liberalismus. Zur historischen Semantik eines europäischen Deutungsmusters.'' Oldenbourg, München 2001, ISBN 978-3-486-56533-1.
* Ralph Raico: ''Die Partei der Freiheit. Studien zur Geschichte des deutschen Liberalismus.'' Lucius & Lucius, Stuttgart 1999, ISBN 978-3-8282-0042-5 ({{Digitalisat|1=https://docs.mises.de/Raico/die_partei_der_freiheit_raico.pdf}}).
* Helena Rosenblatt: ''The Lost History of Liberalism. From Ancient Rome to the twenty-first Century.'' Princeton University Press, Princeton / Oxford 2018, ISBN 978-0-691-17070-1.
* Guido de Ruggiero: ''Geschichte des Liberalismus in Europa.'' Drei Masken Verlag, München 1930; Nachdruck. Scientia, Aalen 1964, {{DNB|454229607}}.
* [[Gerhard Schwarz (Journalist)|Gerhard Schwarz]], [[Gerd Habermann]], Claudia Aebersold Szalay (Hrsg.): ''Die Idee der Freiheit. Eine Bibliothek von 111 Werken der liberalen Geistesgeschichte.'' Frankfurter Allgemeine Buch, Frankfurt am Main 2006, ISBN 978-3-89981-136-0.
* Rolf Steltemeier: ''Liberalismus. Ideengeschichtliches Erbe und politische Realität einer Denkrichtung.'' Nomos, Baden-Baden 2015, ISBN 978-3-8487-2236-5.
* [[Rudolf Vierhaus]]: ''Liberalismus.'' In: ''[[Geschichtliche Grundbegriffe|Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland]].'' Band 3. Klett-Cotta, Stuttgart 1982, ISBN 978-3-12-903870-3, S. 741–785.
* Rudolf Walter: ''Wirtschaftlicher Liberalismus.'' In: ''Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland.'' Band 3. Klett-Cotta, Stuttgart 1982, ISBN 978-3-12-903870-3, S. 787–815.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Commonscat|Liberalism|Liberalismus}}
* [http://www.liberale.at/ Liberales Forum Österreich]
{{Wiktionary}}
* [http://www.liberal.ch Liberale Partei der Schweiz]
{{Wikiquote}}
* [http://www.liberale.de FDP Deutschland]
* [http://www.liberalismus.at Info-Portal über Liberalismus]
* {{dmoz|World/Deutsch/Gesellschaft/Politik/Liberalismus|Liberalismus}}
* {{SEP|http://plato.stanford.edu/entries/liberalism/||Gerald Gaus und Shane D. Courtland}}
* [http://www.fnst.org Die Stiftung für liberale Politik]
* [http://www.bpb.de/popup/popup_lemmata.html?guid=6ACI8N Artikel ''Liberalismus'' bei der] [[Bundeszentrale für politische Bildung]]
* [http://www.libinst.ch Liberales Institut (Schweiz)]
* [http://www.hayek.de Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft e.V.]


== Einzelnachweise ==
'''Kritik am Liberalismus'''
<references responsive />
* [http://www.udo-leuschner.de/liberalismus/liberalismus0.htm Udo Leuschner: Zur Geschichte des deutschen Liberalismus]
* [http://www.rossaepfel-exkurse.de Übersetzungen "Liberalismus" der Wikipedia.en, ~.it und ~.es]


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Aktuelle Version vom 20. April 2025, 18:10 Uhr

Barrikadenszene während der Märzrevolution: zentrales Ereignis des deutschen Liberalismus

Der Liberalismus (lateinisch liber, libera, liberum ‚frei‘; liberalis „die Freiheit betreffend, freiheitlich“) ist eine Grundposition der politischen Philosophie und eine historische und aktuelle Bewegung, die eine freiheitliche politische, ökonomische und soziale Ordnung anstrebt. Aus liberalen Bürgerbewegungen gingen in vielen Ländern erstmals Nationalstaaten und Demokratien hervor.[1] Die Amerikanische Revolution, die Französische Revolution und die deutsche Revolution 1848/49 sind zum Teil konkrete Folgen liberaler Überlegungen auf politischer Ebene.

Der Liberalismus befürwortet eine Gesellschaft, die auf der Freiheit des Einzelnen, der Wahrung des Rechts, Pluralismus und freiem Gedankenaustausch basiert. Die freie Äußerung aller Ideen und Interessen ermöglicht es einer Gesellschaft, dass sich die besten Ideen durchsetzen. Im wirtschaftlichen Bereich befürwortet der Liberalismus Eigeninitiative, den freien Wettbewerb und die damit verbundene Marktwirtschaft. Im politischen Bereich wird ein Staat gefordert, der Gesetze durch freie Debatten verabschiedet und durch gegenseitige Gewaltenteilung geregelt ist. Das bedeutet im Idealfall einen demokratischen Rechtsstaat, in dem Minderheiten bis hin zur kleinsten Einheit, dem Individuum, respektiert werden. Der Staat ist der Garant für die Rechtsordnung und muss für sein Handeln Rechenschaft ablegen. Er akzeptiert gesellschaftlichen Pluralismus und sozialen Wandel.

Liberale Philosophen berufen sich auf das Erbe des antiken und des mittelalterlichen Denkens. Der klassische Liberalismus entwickelte sich im 17. und 18. Jahrhundert um bestimmte Denker, darunter Locke, Montesquieu und Immanuel Kant. Heute zählt er neben dem Konservatismus und dem Sozialismus zu den drei großen politischen Weltanschauungen.

Der Liberalismus ist eine Denkrichtung der politischen Philosophie, die sich für die Verteidigung individueller menschlicher Rechte, wie der Gleichheit vor dem Gesetz, Freiheit, Sicherheit und Eigentum einsetzt und auf der individuellen und freiwilligen Kooperation von Menschen basiert.[2] Immanuel Kant fügt dieser Definition einen wichtigen Aspekt hinzu, nämlich dass der höchste ethische und rechtliche Wert in einem Rechtsstaat die Menschenwürde ist.[3] Der Mensch ist autonom und daher frei zu handeln und seine eigenen Ziele zu wählen.[4]

Das europäische liberale Denken basiert wesentlich auf den Prinzipien der moralischen Verantwortung und des freien Willens und steht im Gegensatz zu materialistischen Lehren wie dem Marxismus, Utilitarismus, Hedonismus, Reduktionismus, Szientismus, Biologismus und Posthumanismus.[5][6] Die im Anschluss an Immanuel Kant entwickelte spiritualistische und idealistische Auffassung des Liberalismus ist vor allem in Kontinentaleuropa einflussreich.[7]

Vom europäischen Liberalismus ist der angelsächsische Liberalismus zu unterscheiden.[8] Dessen Ahnherren sind Hobbes und Locke, sowie Jeremy Bentham und John Stuart Mill.[9] Mit dem angelsächsischen Liberalismus sind der Pragmatismus, der Utilitarismus und empirische Rationalismus kaum trennbar verbunden. Strenge Moralität und karitative Solidarität gelten dem Liberalen dagegen als Privatsache; sie sind in den USA vielfach mit den Religionen und den örtlichen Kirchen verbunden. Insofern ergänzt der private Kommunitarismus den öffentlichen Liberalismus. Liberalismus bedeutet vor allem in den USA: „Pragmatische Freiheit von und zu: Herrschaft und Dogmen, Religion und Moral, Gesellschaft und Gesetzen“.[10] Der Freie heiligt den Vertrag, auch als Gesellschaftsvertrag, unter Gleichen (Peers). Checks and Balances, also der Machtausgleich, bildet die Machtethik dieses Liberalismus.

Der Liberalismus steht politisch im Gegensatz zum Totalitarismus und gilt als Voraussetzung für eine moderne, pluralistische Demokratie. Bis in die Gegenwart betrachten sich auch Vertreter von nicht explizit liberalen Parteien als Liberale im Sinne der aufklärerischen Definition des Liberalismus. Der Liberalismus begründete eine Rechtfertigung dafür, sich von alten Lehren zu befreien, die sich für die Unfreiheit und rechtliche Ungleichheit des Menschen aussprachen. Beispiele solcher Lehren sind der Feudalismus, weil er den Menschen an einen Lehnsherren band, und der Absolutismus, der politische Macht nur dem König zugestand. Im Unterschied zum Anarchismus lehnt der Liberalismus den Staat nicht ab, sondern sieht in ihm den Garanten für Freiheit und Eigentum.

Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 sind eine positive Kodifizierung des Naturrechts.

Die Grundlage des liberalen Denkens beruht auf dem Recht und insbesondere auf dem Naturrecht.[11] Nach dieser Denkschule verfügt jeder Mensch über grundlegende und unveräußerliche Rechte, die sich aus seiner bloßen Existenz ergeben und der menschlichen Natur innewohnen, unabhängig von den sozialen Strukturen, in die er eingebunden ist. Bei diesen Rechten handelt es sich etwa um das Recht auf freie Meinungsäußerung, die Bewegungsfreiheit, das Recht auf Privateigentum, die Versammlungsfreiheit und die freie Berufswahl. Aus dem Recht auf Leben ergeben sich das Recht auf legitime Verteidigung gegen jede Aggression, das Recht auf Sicherheit und das Widerstandsrecht. Diese Rechte sind universell. Sie gelten für alle Menschen zu jeder Zeit und an jedem Ort und begründen die Gleichheit vor dem Gesetz.[12]

Naturrecht unterscheidet sich vom positiven Recht dadurch, dass seine Ausübung keine Auswirkungen auf das Handeln anderer Menschen hat und nicht auf einer gesetzlichen Definition beruht. Allerdings argumentieren Liberale, dass das Naturrecht dem positiven Recht vorausgeht. Der französische liberale Ökonom Frederic Bastiat formulierte: „Weil Persönlichkeit, Freiheit und Eigentum vorherbestehen, erlassen die Menschen Gesetze.“[13]

Die liberale Theorie der Naturrechte wurde größtenteils von John Locke und dann insbesondere von Immanuel Kant entwickelt.[14][15] Aus dieser Theorie erwuchs die moderne Konzeption der Menschenrechte, die historisch gesehen einen wichtigen Teil der ideologischen Rechtfertigung der Amerikanischen Revolution, der Französischen Revolution und der deutschen Revolution von 1848/49 lieferte.

Die Freiheit – Allegorie von Arnold Böcklin (1891)

Ein mit dem Liberalismus eng verbundener Begriff ist die Freiheit.

Eine Definition der individuellen Freiheit findet sich im Artikel 4 der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789:

Die Freiheit besteht darin, alles tun zu können, was einem anderen nicht schadet. So hat die Ausübung der natürlichen Rechte eines jeden Menschen nur die Grenzen, die den anderen Gliedern der Gesellschaft den Genuss der gleichen Rechte sichern. Diese Grenzen können allein durch das Gesetz festgelegt werden.[16]

Der deutsche Philosoph Immanuel Kant gab darüber hinaus im ersten Definitivartikel seines 1795 veröffentlichten Traktats Zum ewigen Frieden eine für die Tradition des deutschen Idealismus wichtige Definition von Freiheit:

„Freiheit … ist die Befugnis, keinen äußeren Gesetzen zu gehorchen, als zu denen ich meine Beistimmung habe geben können.“

Immanuel Kant: „Zum ewigen Frieden“.[17]

Freiheit bedeutet somit für jeden das Recht, nach eigenem Ermessen zu handeln, um mit eigenen Mitteln seine eigenen Ziele zu verfolgen, sich frei auszutauschen, sich zu versammeln und Verträge abzuschließen, sich frei zu äußern und seine Informationsquellen frei zu wählen.

Als Alternative zur Naturrechtslehre bildet auch der Utilitarismus eine Theorie der Rechtfertigung für die Freiheit der Menschen. Als Hauptvertreter gelten dabei Jeremy Bentham und John Stuart Mill.[9] Diesen beiden Autoren zufolge beruhen die Prinzipien des Liberalismus nicht auf der Achtung der natürlichen Rechte, deren Existenz Bentham und Mill ansonsten leugnen, sondern auf dem Beitrag der Freiheit zu unserem Glück. In der utilitaristischen Logik, deren Thesen materialistisch sind, ist eine glückliche Gesellschaft eine freie Gesellschaft, in der jeder so lebt, wie er es für richtig hält, solange es anderen nicht schadet. Allerdings wird die menschliche Freiheit als Mittel zu einem höheren Ziel angesehen: kollektives und materielles Glück. Dies ist das Prinzip der Schadensfreiheit, das J. S. Mill in seinem Werk Über die Freiheit entwickelt hat.[18] Der Utilitarismus glaubt daher, dass liberale Gesellschaften unser Glück maximieren.

Der Utilitarismus ist besonders in angelsächsischen Ländern einflussreich, während in Kontinentaleuropa vor allem die Konzeption von Immanuel Kant vorherrschend ist.[19]

Denkmal für die Liberalen des 19. Jahrhunderts im Bezirk Agra del Orzán, A Coruña, Galizien, (Spanien).

Im Zentrum des Liberalismus als Grundposition der politischen Philosophie steht das Individuum. Die individuelle Freiheit der Person ist nach liberaler Überzeugung die Grundnorm einer jeden menschlichen Gesellschaft, auf die hin der Staat seine politische wie wirtschaftliche Ordnung ausrichten sollte. Dabei wird unter Freiheit zunächst vor allem die Abwesenheit jeglicher Gewalt und jedes Zwangs verstanden, insbesondere von staatlicher Seite. In einem engeren Sinne liberaler Positionen beschränkt sich die Rolle des Staates auf den konkreten Schutz der Freiheit der Individuen und der die Freiheit garantierenden Rechtsordnung.

Die Grenzen und möglichen Formen staatlichen Handelns sind Gegenstand einer Debatte innerhalb des Liberalismus, besonders die Verwaltung und das Recht betreffend. Die meisten Liberalen halten staatliches Handeln zum Schutz der individuellen Freiheiten im Rahmen seiner souveränen Funktionen für notwendig, und viele von ihnen, wie Adam Smith, Raymond Aron, Karl Popper oder Benedetto Croce, akzeptieren oder empfehlen sogar Eingriffe in die Wirtschaft, insbesondere im Hinblick auf Kontrolle und Regulierung. Im Gegensatz dazu sprechen Libertäre mit anarchokapitalistischen Tendenzen dem Staat jegliche Legitimität zu Eingriffen in Gesellschaft und Wirtschaft ab.

Die liberale Ethik lässt sich in einem einzigen Grundsatz zusammenfassen: „Du sollst die natürlichen Rechte eines anderen Menschen nicht verletzen.“ Es lässt jedem die Freiheit, seine eigenen Ziele und Mittel zu wählen, sofern sie andere nicht daran hindern, dasselbe zu tun.[20]

Umgekehrt implizieren diese Rechte Pflichten, die den Kern einer anspruchsvollen Ethik bilden. Diese wurde etwa von Kant in seiner Kritik der praktischen Vernunft entwickelt. Sie implizieren im Namen der Menschenwürde das Verbot jeglicher Aggression gegen die Integrität der Person, von Mord, Diebstahl und Sklaverei in allen ihren Formen sowie jeder Form von Diktatur. Sie fordern Toleranz gegenüber den Ideen, Überzeugungen und Handlungen anderer.[21]

Darüber hinaus schreibt der Liberalismus kein bestimmtes Verhalten auf individueller Ebene vor. Er betrachtet Religionen als außerhalb seines Bereichs. Im Allgemeinen beschränkt es sich darauf, die Anwendung von Zwang in religiösen, politischen und wirtschaftlichen Angelegenheiten zu verbieten. Der Begriff der Verantwortung, der untrennbar mit Freiheit und Eigentum verbunden ist, geht davon aus, dass jeder Mensch die Folgen seines Handelns, ob gut oder schlecht, in seiner Seele und seinem Gewissen tragen muss. Moralisches Gewissen ist daher die Bedingung der Freiheit und Vervollkommnungsfähigkeit des Menschen: Wenn Moral relativ oder nicht existent wäre, könnten andere zu Recht die Herren unserer Handlungen werden, uns ihre Ansichten aufzwingen und dadurch unsere Freiheit einschränken – ähnlich wie Eltern gegenüber ihrem Kind. Liberalismus ist daher keine Anomie oder Amoralismus, verstanden als das Fehlen von Normen, sondern eine genuin ethische Position.

Vorläufer – Von der Antike bis zur Renaissance

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Die Vorläufer des Liberalismus lassen sich von der Zeit der griechischen Antike und der Renaissance zurückverfolgen. Leo Strauss ist etwa der Ansicht, dass der moderne Liberalismus seine Wurzeln im antiken philosophischen Denken hat.[22] Sokrates sei der erste Philosoph gewesen, der offiziell liberale Ideen formulierte.

Bedeutende Wegbereiter im Mittelalter sind etwa die englische Magna Carta, welche grundlegende Rechte gegenüber dem Souverän einführen, wie etwa das Recht auf Habeas Corpus, welches vor unrechtmäßiger Verhaftung schützt. Darüber hinaus formuliert Thomas von Aquin eine wichtige Doktrin des Naturrechts, welche bestimmte politische Überlegungen von Aristoteles über Freiheit und Gerechtigkeit wiederaufnimmt.

Die der Spätscholastik zuzurechnende Schule von Salamanca lässt den Liberalismus erahnen, da sie den staatlichen Souverän moralisch verpflichtet, die Grundrechte jedes Menschen zu respektieren, da er ein als Geschöpf Gottes ist, das ausgestattet ist mit Vernunft.[23] Ab dem 16. Jahrhundert formulierten die Philosophen dieser Schule den von Aristoteles, den Stoikern, Cicero und Thomas von Aquin übernommenen Begriff des Naturrechts neu und leiteten daraus die Prinzipien der Souveränität des Volkes und der Gewaltenteilung ab. In wirtschaftlichen Fragen rechtfertigen sie das Privateigentum, den freien Personen- und Warenverkehr und verteidigen den freien Markt.[24]

Der Humanismus der Renaissance veränderte die Beziehung des Menschen zu Schöpfung, Macht, Bildung oder Religion radikal. Das Gleiche gilt für den Protestantismus, der der göttlichen Vorsehung den freien Willen entgegensetzt. Die Treue zur Traditionsordnung wird durch die Reformation zugunsten der Vernunft des aufgeklärten Einzelnen in Frage gestellt. Religion wird damit zur Privatsache, was ihren Niedergang in der politischen Ordnung des Abendlands befördert.

Klassischer Liberalismus des 17. und 18. Jhds.

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John Locke gehört zu den Begründern der liberalen Philosophie

Das liberale Denken entstand in der Mitte des 17. und der Mitte des 18. Jahrhunderts, unter dem Einfluss der Philosophie der Aufklärung. Diese Denker standen im Gegensatz zum politischen Absolutismus, der durch religiöse Vorstellungen legitimiert wurde. Es gab zahlreiche liberale Theoretiker – zu den bedeutenden ersten Denkern des Liberalismus zählen unter anderem John Locke im 17. Jahrhundert und Kant oder Smith im 18. Jahrhundert. Die Vielfalt ihrer Schriften kann nur im Hinblick auf den historischen Kontext verstanden werden, mit dem sie interagierten.

Das genaue Datum der Anfänge des Liberalismus bzw. seiner politischen, wirtschaftlichen oder religiösen Komponenten ist unter Historikern umstritten. Viele Autoren datieren den Anfang mit John Lockes Brief über die Toleranz (1689), der die bereits bestehenden Wurzeln des Liberalismus vervollständigte. John Locke argumentierte für die Einführung eines „Rechtsstaats“, der die Grundlage der modernen liberalen Philosophie werden sollte und die zentralen theoretischen Entwicklungen umfasst: die Doktrin der Naturrechte, die Beschränkung staatlicher Macht und Gewaltenteilung, eine Rechtfertigung des zivilen Ungehorsams, Bestätigung von Gewissensfreiheit und die Trennung von Kirche und Staat.[25]

Es kann keine Freiheit geben, wenn nicht „die Macht der Macht Einhalt gebietet“. (Montesquieu)

Andere Philosophen wie Hume, Condillac und Montesquieu zogen ihrerseits die Konsequenzen der liberalen Philosophie im politischen und wirtschaftlichen Bereich. Montesquieu (1689–1755) war damals angesichts der absoluten Macht der französischen Monarchie vor allem damit beschäftigt, die Gewaltenteilung zu etablieren, um den Missbrauch der Exekutivgewalt des Königs einzudämmen und so die Freiheiten des Parlaments und der Justiz zu stärken. Diese Gedanken entwickelte er in seinem Hauptwerk Vom Geist der Gesetze (1748). Er artikulierte republikanisches und liberales Denken und verteidigte damit „bürgerliche Tugend, Liebe zum Land und zur Freiheit“.[26]

Gleichzeitig verbanden Denker wie Adam Smith ihre Forderungen nach wirtschaftlichen Freiheiten mit den politischen Forderungen des Liberalismus. Smith ist einer der Haupttheoretiker des Wirtschaftsliberalismus, indem er eine Wirtschaftstheorie begründete, nach der „private Laster das Gemeinwohl bewirken“, eine Intuition, die erstmals von Bernard Mandeville in seiner Bienenfabel entwickelt wurde.[27] Die sogenannte klassische Schule der Nationalökonomie entstand als eine zusammenhängende Theorie, die alle damals untersuchten Bereiche menschlichen Handelns umfasste.

Der Liberalismus hatte einen tiefgreifenden Einfluss auf mehrere große politische Revolutionen und Traditionen, die die Entstehung liberaler Demokratien ermöglichten. Einige Jahrzehnte vor der Französischen Revolution basierte Frankreich auf mehreren Prinzipien des Liberalismus, wobei das Ministerium Turgot zweifellos von der Physiokratenbewegung beeinflusst war. Aus diesem Grund waren Teile der französischen Eliten, insbesondere der bürgerlichen Elite, Anhänger des Liberalismus und für die Französische Revolution. Die Beziehung zwischen Liberalismus und Französischer Revolution ist allerdings komplex, da man sie sowohl als Kontinuität als auch als zwei gegensätzliche Begriffe auffassen kann.[28] Bevor die Französische Revolution in den revolutionären Terror umschlug, propagierte sie Menschenrechte, etwa in der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte, in der das Naturrecht kodifiziert und wirtschaftliche Freiheiten garantiert wurden. Der Umschlag des „demokratischen“ Geistes in den „revolutionären“ Geist entstand aus der Radikalität der Revolutionäre, die ihre Geschichte neu beginnen wollten, im Gegensatz etwa zu den Amerikanern, die kein altes Regime zu zerstören hatten.[29]

Im Verlauf der Französischen Revolution zeigte sich eine Trennung und Aufspaltung der liberalen Tradition: Eine konservativere Strömung, vertreten etwa von Edmund Burke, war der Ansicht, dass individualistische Prinzipien allein nicht in der Lage sind, eine soziale Bindung zu begründen und eine zweite, radikalere Strömung, vertreten von Thomas Paine, verteidigte eine dauerhafte Reform. In der Tradition des deutschen Idealismus zeigten sich ebenfalls unterschiedliche Interpretationen der französischen Revolution: Immanuel Kant war ein starker Befürworter der Französischen Revolution, kritisierte allerdings ihren Umschlag in den Terror.[30] Hegel war ein glühender Anhänger der Französischen Revolution.[31][32] Zeit seines Lebens soll er am 14. Juli, dem Tag der Erstürmung der Bastille, ein Glas Rotwein auf die Revolution und ihre Parole Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit getrunken haben.[33]

Von der Industriellen Revolution zur Moderne

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Verfassung der Vereinigten Staaten (1787): We the People

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts kam es zu einer Vertiefung liberaler Ideen in der Politik mit den Anfängen des modernen Liberalismus. Die liberalen Lehren, die Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts aufkamen, beharrten auf der Bedeutung von Verdienst und Arbeit, wandten sich gegen Privilegien und Willkür, gegen den Merkantilismus und gegen den oligarchischen Kapitalismus des Klerus und des Adels.

Laut dem französischen Philosophen und Historiker Alexis de Tocqueville beruht das amerikanische demokratische Modell auf seinem radikalen Bruch mit der europäischen Aristokratie. Die amerikanische Revolution würde somit eine Vorherrschaft des „demokratischen“ Geistes gegenüber dem „revolutionären“ Geist zum Ausdruck bringen. Es war reich an liberalen Autoren, von Thomas Jefferson bis Benjamin Franklin und Thomas Paine. Einige der Grundprinzipien des amerikanischen Liberalismus sind in der Präambel der Verfassung der Vereinigten Staaten von 1787 sowie in der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 enthalten. Während des Konvents von Philadelphia wurde die Verfassung der Vereinigten Staaten angenommen und vervollständigte die Eroberung der Unabhängigkeit und wurde von liberalen Demokraten und Revolutionären weltweit bewundert.[34]

Die Wiederbelebung des Liberalismus im 19. Jhd. manifestiert sich in Frankreich durch Benjamin Constant, Alexis de Tocqueville, Jean-Baptiste Say und Frédéric Bastiat. Coppets Gruppe versammelte später liberale Gegner Napoleons III. Die klassischen Liberalen strebten nach einer weiten Verbreitung ihrer Ideen und stellten sich gegen die vorherrschenden etatistischen Ideen in den Machtkreisen.

Abbildung der Göttinger Sieben, eine Reihe von liberalen Universitätsprofessoren, die 1837 gegen die Abschaffung der liberalen Verfassung von Hannover protestierten (darunter die Brüder Grimm)

In Deutschland kommt es 1848/49 zur Revolution.[35] Sie bildet ein zentrales Ereignis der Geschichte des deutschen Liberalismus. In ihrer Folge kam es zu den sogenannten Märzerrungenschaften, welche grundlegende Freiheiten wie Meinungsfreiheit und die Bauernbefreiung erkämpften. Die Paulskirchenverfassung vom 28. März 1849 stellt das wichtigste Dokument der Märzrevolution dar.[36] Es propagierte eine demokratische und liberale Staatsordnung und war die erste gesamtdeutsche und demokratische Verfassung Deutschlands, welche die Grundlage für alle weiteren demokratischen Verfassungen Deutschlands bildete.[37]

Nach dem Scheitern der Märzrevolution kam es in Deutschland zur Reaktionsära. In der Folge verließen einige deutsche Liberale aufgrund der einsetzenden Verfolgung das Land, in den USA nennt man diese Emigranten Forty-Eighters. Andere Liberale blieben, und setzten sich weiter für Demokratie und Menschenrechte in Deutschland ein.

So entstand etwa im Verlauf des 19. Jhds. aus dem deutschen Liberalismus das deutsche Genossenschaftswesen, mit Protagonisten wie Hermann Schulze-Delitzsch und Friedrich Wilhelm Raiffeisen. Als im 19. Jahrhundert die Vorläufer der modernen Parteien entstanden, gehörten die liberalen Parteien dazu. Sie waren oft lockerer organisiert als die konservativen, katholischen und allmählich auch sozialistischen Parteien. Liberale Parteien konnten weniger auf einem gemeinsamen sozialen Fundament wie dem katholischen Verbandswesen aufbauen. Den Liberalen kam jedoch das ungleiche Wahlrecht (→ Klassenwahlrecht) zugute, wie es in vielen europäischen Ländern bis ins 20. Jahrhundert galt. Das Mehrheitswahlrecht konnte die Liberalen begünstigen, wenn sie dadurch mit ihrer Mittelposition als Kompromisskandidaten dienten.

Ab dem Ende des 19. Jahrhunderts kam es innerhalb der liberalen Strömung zu Differenzen hinsichtlich der Rolle und Art staatlicher Intervention. Mit L. T. Hobhouse entstand eine progressive Strömung, die versuchte, die gesellschaftlichen Bedingungen, die die Freiheit jedes Einzelnen ermöglichen, stärker zu berücksichtigen. Zu den politischen Rechten kämen so Hobhouse soziale Rechte hinzu, wie das Recht auf eine Rente und staatliche Umverteilung.[38]

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die liberale Philosophie dann radikal herausgefordert, zunächst durch die Russische Revolution von 1917 und dann in der Zwischenkriegszeit mit der Wirtschaftskrise von 1929, durch den Sozialismus (insbesondere die Zweite Spanische Republik und die Französische Volksfront), sowie die Entstehung von Faschismus und Nationalsozialismus. Der Einfluss dieser Ideologien, welche gegen die liberalen Gesellschaften gerichtet waren, führte zu einer Neudefinition der Rolle und Konturen des Staates in Richtung zunehmender Intervention, also staatlich organisierter Wirtschaft für den Kommunismus und starker interventionistischer Staat für den Nationalsozialismus. Während des Nationalsozialismus wurden viele Liberale verfolgt oder mussten in die Emigration. Liberale Parteien in Deutschland wurden verboten.

Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es zu einer Erneuerung des Liberalismus. Bedeutend sind hier die Treffen der Mont Pèlerin Society, einer 1947 von Friedrich August von Hayek gegründeten Vereinigung von Akademikern, Geschäftsleuten und Journalisten, welche das Ziel verfolgten, zukünftige Generationen von wirtschaftsliberalen Ideen zu überzeugen.[39] In Deutschland kam es in Form des Ordoliberalismus ebenfalls zu einer Erneuerung.[40]

Heute zählt der Liberalismus zu den großen politischen Orientierungen, neben Konservatismus und Sozialismus. In Deutschland beruft sich vor allem die FDP auf das liberale Erbe. Die Geschichte des deutschen Liberalismus wird im Archiv des Liberalismus der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in Gummersbach aufgearbeitet. Gelb gilt heute gemeinhin als die politische Farbe des Liberalismus.[41][42] Auf europäischer Ebene gibt es viele liberale Parteien, in Frankreich etwa die von Emmanuel Macron gegründete Partei Renaissance und in den Niederlanden die Volkspartei für Freiheit und Demokratie. Im europäischen Parlament sind sie in der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa (ALDE) organisiert.[43]

Die liberale Bewegung war von Anfang an heterogen und basierte auf einem breiten Spektrum bürgerlicher Modernisierungsforderungen gegenüber Staat, Kirche und Gesellschaft in nahezu allen politischen, wirtschaftlichen, sozialen und weltanschaulichen Bereichen. Schon in den frühen Auseinandersetzungen des 19. Jahrhunderts, in denen das Ziel einer Ablösung absolutistisch-restaurativer und autokratischer Herrschaftsformen durch an der Idee der Volkssouveränität orientierte partizipative Modelle im Vordergrund stand, konkurrierten moderat-liberale Reformer mit radikal-liberalen Revolutionären um die Deutungshoheit der freiheitlichen Weltanschauung und standen in teils unversöhnlichem Widerspruch zueinander. Während der moderate Liberalismus die Verwirklichung der Freiheitsrechte und des Verfassungsstaates in einer konstitutionellen Monarchie als hinreichendes politisches Ziel ansah, zielte der demokratische Radikalismus auf den völligen Umbau von Staatswesen und Gesellschaft und strebte die Ablösung der Monarchie durch die Republik in einem gegebenenfalls neu zu schaffenden Nationalstaat an.

Im wirtschaftlichen Bereich unterstützt der Wirtschaftsliberalismus, private Initiative, Freihandel und die damit verbundene freie Marktwirtschaft. Es steht dabei im Einklang mit dem Kapitalismus, anders als der Sozialismus, der kollektives Eigentum verteidigt. Auf sozialer und politischer Ebene will der klassische Liberalismus die freie Wahl und die Interessen jedes Einzelnen unabhängig von den Interessen der Anderen realisieren. Er befürwortet politische Befugnisse im Rahmen der durch freie Debatte verabschiedete Gesetze und verteidigt Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung. Die Frage nach dem Verhältnis zwischen „Wirtschaftsliberalismus“ und „politischem Liberalismus“ wird von den Philosophen dabei unterschiedlich bewertet.

So kann sich der Liberalismus paradoxerweise auf unterschiedliche, sogar gegensätzliche Weise manifestieren. Der Liberale kann je nach Fall derjenige sein, der vom Staat verlangt, mit einer Tradition zu brechen, die die Freiheit des Einzelnen beschränkt (z.b. Ständeordnung, Zunftwesen, oder andere Privilegien), oder derjenige, der die Freiheit verteidigt, eine bestimmte Tradition auszuüben, etwa die Religion. Auf wirtschaftlicher Ebene wollen einige Liberale, dass der Staat eingreift, um die Fähigkeit zu wirtschaftlichem Handeln zu schaffen (durch die Bekämpfung von Monopolen, Armut, mangelnder Bildung oder Investitionen), während andere sich gegen das Eingreifen der Regierung in den wirtschaftlichen Bereich aussprechen (Achtung der Privatinitiative, freier Wettbewerb, Nachtwächterstaat).

Der klassische Liberalismus, der auf Freiheit in seiner negativen Form basiert, steht unter anderem im Gegensatz zum Sozialliberalismus oder Linksliberalismus, der auf Freiheit als positivem Recht basiert. Dabei soll die Regierung den Einzelnen gegen materielle Armut oder vor moralischem Druck der Gemeinschaft schützen. Der deutsche Philosoph Max Stirner liefert in seinem Werk „Der Einzige und sein Eigentum“ aufschlussreiche Argumente gegen den sozialen Liberalismus.[44]

Der deutsche Soziologe Max Weber hat das gemeinsame Fundament und die anthropologische Grundlage aller Liberalismen hervorgehoben, nämlich das menschliche Individuum.[45] Wenn der absolutistische Staat der Herrscher über den Einzelnen war, muss sich der liberale Staat in den Dienst des Individuums stellen. Ist dies nicht der Fall, so bleibt der Staat für klassische Liberale wesentlich illiberal. Der Liberalismus steht im Gegensatz zu kollektivistischen Lehren, die ebenfalls als illiberal abgelehnt werden, aber auch im Gegensatz zum Amoralismus (vertreten etwa durch Machiavelli, Mandeville etc.).[46] Im politischen Bereich gehört der Liberalismus dabei zum Erbe der Naturrechtslehre. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Übergang vom Naturzustand zum bürgerlichen Staat für den Liberalismus auf der Grundlage der freiwilligen Kooperation freier Individuen erfolgt.

Verfassungsliberalismus

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John Locke

Laut dem Liberalismus ist die Aufgabe einer Verfassung, die naturgegebenen Rechte der Bürger vor der Allmacht des Staates zu schützen. John Locke, einer der wichtigsten Begründer des Liberalismus, postulierte in seinem 1689 veröffentlichten Werk Two Treatises of Government (deutsch: Zwei Abhandlungen über die Regierung) Freiheit, Leben und Eigentum als unveräußerliche Rechte eines jeden Bürgers. Die Rechte auf Freiheit, Leben und Eigentum werden als elementare Menschenrechte angesehen. Die liberale Verfassung soll diese Menschenrechte durch die Begrenzung der Staatsmacht vor willkürlichen Eingriffen des Staates schützen. Diese sind vor und von dem Staat zu schützen und haben Vorrang auch vor demokratisch herbeigeführten Entscheidungen.

John Stuart Mill

John Stuart Mill formulierte in seiner Schrift On Liberty (dt.: Über die Freiheit) das Prinzip, „dass der einzige Grund, aus dem die Menschheit, einzeln oder vereint, sich in die Handlungsfreiheit eines ihrer Mitglieder einzumischen befugt ist: sich selbst zu schützen. Dass der einzige Zweck, um dessentwillen man Zwang gegen den Willen eines Mitglieds einer zivilisierten Gesellschaft rechtmäßig ausüben darf: die Schädigung anderer zu verhüten.“

Das Kapitol in Washington, das amerikanische Parlamentsgebäude. In den USA waren bereits am Ende des 18. Jahrhunderts wichtige liberale Verfassungsprinzipien verwirklicht.

Der Schutz dieser naturgegebenen Rechte erfolgt durch eine Verankerung von Gewaltenteilung in die Verfassung, um Machtkonzentration zu verhindern. Zusätzlich zur horizontalen Gewaltenteilung sollen sich Exekutive, Legislative und Judikative im Gleichgewicht befinden und sich gegenseitig kontrollieren (Checks and Balances), um Machtanhäufung und Machtmissbrauch eines dieser Bereiche zu verhindern. Charles de Montesquieu gilt mit seinem 1748 veröffentlichten Buch Vom Geist der Gesetze als Begründer des Konzepts der Gewaltenteilung.

„Sobald in ein und derselben Person oder derselben Beamtenschaft die legislative Befugnis mit der exekutiven verbunden ist, gibt es keine Freiheit.“

Vom Geist der Gesetze (De l'esprit des lois), XI, 6

Im 19. Jahrhundert wurde durch die deutsche Staatsrechtslehre, zunächst bei Robert von Mohl, der Begriff des liberalen „Rechtsstaats“ geprägt. Gegenüber dem „Machtstaat“ des Absolutismus unterliegt die Staatsgewalt im Rechtsstaat dem aufgeklärten Gesetzesrecht, vermittelt durch die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, Verfahrensgarantien und Möglichkeiten des effektiven Rechtsschutzes einer Selbstbindung.[47][48] Vor dem Gesetz sollen alle Bürger gleich sein, ohne Ansehen ständischer oder religiöser Unterschiede.[49] Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde diese Konzeption um den Aspekt der materiellen Rechtsstaatlichkeit ergänzt: Die Geltung von Grundrechten und das Gebot der Verhältnismäßigkeit stellen – im Sinne einer materiellen Rechtsstaatlichkeit – eine absolute Schranke der Staatstätigkeit dar und binden unmittelbar auch den Gesetzgeber.

Wirtschaftsliberalismus

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Adam Smith

Ursprünglich war „Liberalismus“ als Bezeichnung der politischen Bewegung des Liberalismus vorbehalten. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts wird die Bezeichnung auch auf wirtschaftspolitische Positionen bezogen, die von der klassischen Nationalökonomie vertreten wurden und auf Adam Smith zurückgeführt werden.[50] In Abgrenzung zu anderen Spielarten des Liberalismus wird vom Wirtschaftsliberalismus gesprochen. Grundlagen des Wirtschaftsliberalismus sind – anknüpfend an John LockePrivateigentum und Vertragsfreiheit. Vertreter des Wirtschaftsliberalismus befürworten in der Tradition der klassischen Nationalökonomie freie Marktwirtschaft und Freihandel. Sie plädierten für die Einführung der Gewerbefreiheit und die Auflösung der Zünfte.[49]

Zum Teil wird das Eigentumsrecht auf naturrechtliche Begründungen zurückgeführt, wie sie sich schon bei Hugo Grotius, Samuel Pufendorf und John Locke finden. In dieser Tradition der naturrechtlichen Begründung von Eigentumsrechten argumentieren beispielsweise die US-amerikanischen Gründerväter sowie im 20. Jahrhundert die libertären Philosophen Robert Nozick und Ayn Rand, deren liberale Ausrichtung jedoch mitunter bestritten wird.[51] Das Eigentumsrecht wird dann gemäß der Locke’schen Eigentumstheorie auf einen ursprünglichen Aneignungsakt durch Arbeit zurückgeführt. Wirtschaftsliberale Positionen beruhen jedoch oft auch auf einer utilitaristischen Grundlage, wenn sie etwa davon ausgehen, dass die Begründung von Recht auf Privateigentum zu Anreizen für effiziente Nutzung und dadurch zur Vermehrung des Allgemeinwohls führt.[52] Konsequentialistische Argumentationen, die auf Adam Smith, Jeremy Bentham und John Stuart Mill zurückgehen, kommen oft zu einer ähnlich starken Betonung privater Eigentumsrechte.[53] Sie begründen diese aber mit Anreizen für effiziente Nutzung, die zur Vermehrung des Gemeinwohls führe. Anders als Vertreter des Naturrechts begründen sie das Eigentumsrecht also nicht primär mit Gerechtigkeits-, sondern mit Nutzenerwägungen. Vertreter dieser Form des konsequentialistischen (oder auch utilitaristischen) Wirtschaftsliberalismus waren die Ökonomen Ludwig von Mises, Friedrich Hayek, James M. Buchanan und Milton Friedman, sowie der Rechtstheoretiker Richard A. Epstein.[54]

Jean-Baptiste Say

Adam Smith führt den Wohlstand der Nationen in seinem gleichnamigen Werk auf das Konzept der unsichtbaren Hand zurück, wonach das eigennützige Streben der Menschen zum Wohl der gesamten Gesellschaft beitrage. Daher stellt nach Auffassung vieler Wirtschaftsliberaler ein freier Wettbewerb in der Marktwirtschaft das optimale Steuerungsinstrument der Wirtschaft dar. Vertreter des klassischen Wirtschaftsliberalismus wie Jean Baptiste Say gingen entsprechend davon aus, dass sich ohne staatlichen Eingriff stets ein Marktgleichgewicht einstelle. Interventionen durch wohlfahrtsstaatliche Politik werden insofern als schädlich angesehen. Unter dem Einfluss der Lehren der klassischen Nationalökonomie galt im 19. Jahrhundert weitgehend das liberale Leitbild eines Staates, dessen Aufgaben vor allem auf die Herstellung von Sicherheit und Ordnung beschränkt sind und der möglichst wenig in Wirtschaftsprozesse interveniert („Laissez-faire“).[55] Diese Staatskonzeption wurde von Ferdinand Lassalle als sogenannter „Nachtwächterstaat“ kritisiert. Allerdings wurde nach der Weltwirtschaftskrise von vielen Wirtschaftsliberalen anerkannt, dass der freie Markt nicht nur durch staatliche Intervention, sondern auch durch Oligopole oder Kartellstrukturen bedroht werden kann.

Friedrich August von Hayek

In Reaktion auf die Kritik am klassischen (Wirtschafts-)Liberalismus entwickelten sich neue Vorstellungen, die zunächst unter dem Begriff des Neoliberalismus zusammengefasst wurden. Insbesondere vom Ordoliberalismus der „Freiburger Schule“, der auch zu den wesentlichen Einflüssen bei der Entwicklung der sozialen Marktwirtschaft zählt, wurde daher ein starker Staat gefordert, der der Vermachtung der Wirtschaft durch Ordnungspolitik entgegenwirken kann. Marktversagen, etwa bei sogenannten „externen Effekten“ wie Umweltverschmutzung, soll nach wirtschaftsliberaler Position durch marktkonforme Instrumente, wie Emissionsrechtehandel überwunden werden.

Als einer der bedeutendsten Theoretiker des Liberalismus im 20. Jahrhundert gilt der Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften Friedrich August von Hayek.[56] Hayek, ein prominentes Mitglied der Mont Pelerin Society, gilt nicht zuletzt deshalb als zentrale Integrationsfigur des Wirtschaftsliberalismus, weil er in verschiedenen Lebensabschnitten die Entwicklung von drei verschiedenen ökonomischen Schulen beeinflusste. Zunächst entwickelte er als Schüler von Ludwig von Mises die Positionen der Österreichischen Schule u. a. an der Kritik der Wirtschaftsrechnung im Sozialismus maßgeblich mit. 1950 ging er nach Chicago, wo es unter seiner Beteiligung zu einer Neubewertung von Monopol- und Kartellstrukturen kam. Schließlich wurde er 1962 nach Freiburg berufen, dem Zentrum des deutschen Neoliberalismus, wo er seine Ideen zur staatlichen „Anmaßung von Wissen“, marktförmigen „spontanen Ordnungen“ und dem „Wettbewerb als Entdeckungsverfahren“ ausarbeitete.

Milton Friedman

Die Ideen des Wirtschaftsnobelpreisträgers Milton Friedman, eines Befürworters von Freihandel und Deregulierung, hatten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts starken Einfluss auf die Entwicklung in Richtung Markt und Wettbewerb, die in weiten Teilen der Welt zu beobachten war.[57] Friedman, der als bedeutender Vertreter der Chicagoer Schule der Ökonomie gilt, griff zunächst Ideen des kontinentaleuropäischen Neoliberalismus auf. Anders als dieser sah er jedoch ähnlich wie Hayek die ordnungspolitische Wettbewerbskontrolle eher skeptisch.[58]

Da der Begriff des Liberalismus in den USA nach dem New Deal und zunehmend in den 1970er Jahren durch das Aufkommen des philosophischen egalitären Liberalismus mit der politischen Linken assoziiert wurde (Linksliberalismus), werden wirtschaftsliberale Positionen dort oft als libertarianism bezeichnet.[59]

Sozialer Liberalismus

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Während für Wirtschaftsliberale der Abbau von staatlicher und feudaler Herrschaft zur Herstellung von Chancengleichheit in der Regel als ausreichend angesehen wird, wollen Sozialliberale auch gesellschaftlich bedingte Chancenungleichheiten kompensatorisch korrigieren.[60] Um die von Sozialliberalen ebenfalls unerwünschte Einschränkung der individuellen Autonomie zu minimieren, wurde im 19. Jahrhundert Hilfe zur Selbsthilfe als Lösung der sozialen Frage propagiert. So trat der Sozialliberale Hermann Schulze-Delitzsch für eine Förderung des Genossenschaftswesens ein.[61] Eine weitere typisch liberale Antwort auf die soziale Frage ist die Qualifikation durch eine staatlich geförderte Bildungspolitik.[61] In der Sozialen Marktwirtschaft wurde von Vertretern des Ordoliberalismus der Versuch unternommen, wirtschaftsliberale Positionen mit einer Bewältigung sozialer Probleme konzeptionell zu verbinden.

John Maynard Keynes

Vor dem Hintergrund der Weltwirtschaftskrise versuchte John Maynard Keynes – von einer linksliberalen politischen Position ausgehend – deutlich zu machen, wie antikapitalistische Bestrebungen (kommunistische wie faschistische) durch den Erhalt und Ausbau des kapitalistischen Wohlfahrtsstaates verhindert werden können. Wie Keynes den Liberalismus versteht, wird in den Artikeln Am I a Liberal?[62] von 1925 oder The End of Laissez-Faire[63] von 1926 deutlich. Vollbeschäftigung versteht Keynes als Bedingung der Möglichkeit von Verhandlungsmacht der Gewerkschaften. Ansteigender Wohlstand der Ärmsten sei für die marktförmige Wirtschaft wachstumsoptimal und sichere so die individuelle Unabhängigkeit.

Amartya Sen

Im egalitären Liberalismus von John Rawls hat eine nicht nur formale, sondern substantiell faire Chancengleichheit einen wichtigen Stellenwert.[64] Rawls Theorie der Gerechtigkeit gilt deshalb als liberale Konzeption, weil Rawls eine Liste von Grundfreiheiten vor Umverteilung stellt.[65] Die individuelle Freiheit dürfe allenfalls eingeschränkt werden, um die Freiheit Dritter zu schützen, keineswegs aus Gründen sozialer Gerechtigkeit.[66] Im Gegensatz zu klassischen Wirtschaftsliberalen wie Milton Friedman und Friedrich Hayek sieht er aber in wirtschaftlichen Freiheiten wie Recht auf Privateigentum und Vertragsrecht keinen Grundrechtsstatus im Gegensatz zum Recht auf freie Berufswahl, persönliches Eigentum, Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit oder politische Freiheiten und können gemäß der fairen Chancengleichheit, der gleichen Chancen an der Beteiligung am politischen Leben und Begrenzung wirtschaftlicher und sozialer Ungleichheiten also eingeschränkt werden.[67] Das Recht auf die Grundfreiheiten ist laut Rawls deswegen wesentlich, weil man mit ihnen die beiden moralischen Vermögen eines Bürgers ausüben kann und von der Gesellschaft anerkannt wird, und zwar die Fähigkeit, der eigenen Vorstellung des Guten wie beispielsweise einer Religion nachzugehen, zu revidieren und zu vertreten und politische Prinzipien zu verstehen, zu beurteilen, zu akzeptieren und nach ihnen zu handeln.[68] Grundfreiheiten wie freie Berufswahl, Versammlungsfreiheit, Meinungsfreiheit und das Recht auf persönliches Eigentum sind für diese moralische Vermögen notwendig, nicht aber das Recht auf Privatbesitz, Eigentum, Erwerb und Vererbung an natürlichen Ressourcen und Produktionsmittel, die Kontrolle über diese und auf Vertragsfreiheit. Solche müssen im Einklang mit der Chancengleichheit, politischen Gleichheit und der Begrenzung der Ungleichheit bei der Gesetzgebung anstelle auf Verfassungsebene gerechtfertigt werden.[69][70][71] Ungleichheiten sind nur insofern gerechtfertigt als diese den sozial Schwächsten einer Gesellschaft den größten Vorteil bringen.[72][73] Daher fordert er von einem privatwirtschaftlichen System, dass es in Form einer Eigentumsdemokratie ausgestaltet sein soll, in der Privateigentum und Humankapital auf allen Bürgern und damit auch die Verhandlungsmacht verbreitet wird und somit alle aus der Ungleichheit auf reziproker Weise profitieren.[74][75]

Ebenfalls in der liberalen Tradition seit Immanuel Kant steht die Verfechtung von Freiheiten als Verwirklichungschancen, die von Amartya Sen und Martha Nussbaum vertreten werden. Dieser Ansatz steht mit seinem positiven Freiheitsbegriff jedoch in einem Spannungsverhältnis zu herkömmlichen Formen des politischen Liberalismus.[76] Mit positivem und negativem Freiheitsverständnis und seiner Bedeutung für unterschiedliche Ansätze in der liberalen politischen Philosophie haben sich in neuerer Zeit Isaiah Berlin und Charles Taylor auseinandergesetzt.[77]

Liberalismus und Frauenemanzipation

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Aufgrund seines Eintretens für die Freiheitsrechte des Individuums bot sich der Liberalismus in der Geschichte vielfach als Bündnispartner der Frauenbewegung an. In Deutschland beispielsweise rechnete sich ein Großteil der Frauenbewegung zum Liberalismus.[78] Dazu hat auch die bahnbrechende Schrift von John Stuart Mill Die Hörigkeit der Frau (1869) beigetragen, in der er für die Gleichstellung der Frauen plädiert.

Zwar hält der Liberalismus im Bereich des Personen- und Familienrechts an dem konservativen Familienbild fest, versteht den Begriff der Ehe aber in einem vertragsrechtlichen Zusammenhang und nicht mehr als überindividuelle Institution.[49]

Ein Einwand, der vor allem von marxistischen Kritikern vorgebracht wird, ist, dass der philosophische Liberalismus eine rein formale Freiheit befürwortet. Kritiker wenden dagegen ein, dass es neben formalen Freiheiten (z. B. das Recht auf Freizügigkeit) auch reale Freiheiten (z. B. die wirtschaftliche Fähigkeit, sich tatsächlich zu bewegen) gibt. Die Kritik wirft Liberalen vor, dass sie die Rechte des Einzelnen bevorzugen, ohne sich um die Existenzbedingungen dieser Individuen in der Gesellschaft zu kümmern.[79]

Der konservative Rechtsphilosoph Michel Villey stimmt in diesem Punkt mit Marxisten überein, die argumentieren, dass formelle liberale Rechte, wenn sie allen zugutekommen sollen, in Wirklichkeit nur denen zugutekommen, die sie materiell ausüben können: den Reichen oder den Eigentümern. Villey kritisiert diese negative Freiheit, d. h. das Fehlen jeglicher sozialer Verantwortung und Beschränkung.[80]

Für Leo Strauss stehen der antike (klassische Republikanismus) und der moderne Liberalismus radikal im Gegensatz.[22] Strauss wirft dabei dem modernen Liberalismus vor, eine Form des Nihilismus zu sein, der die Arbeit und die Herrschaft des Nützlichen verherrliche. Für die Alten verwirklichte sich der Mensch nicht durch Arbeit, sondern kultivierte seine Individualität, indem er Wissen um seiner selbst willen suchte. Freiheit wird dabei als Privileg und nicht als etwas Erworbenes wahrgenommen. Die Freiheit der Alten konzentrierte sich auf Staatsbürgerkunde und Vernunft, während die Freiheit der Modernen auf dem Gesellschaftsvertrag und der liberalen Demokratie basierte. Für die Modernen (klassische und zeitgenössische Liberale) ist Freiheit dabei wesentlich negativ.

Kommunitarismus

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Kommunitaristische Autoren wie Charles Taylor argumentieren, dass die individualistischen Voraussetzungen des Liberalismus keine reale Entsprechung haben: Die grundlegende soziale Einheit ist nach ihren Reflexionen im Wesentlichen die Gruppe, und das Individuum kann nicht allein auf der Grundlage des Individualismus erfasst werden. Abhängig von der betrachteten Gruppe gelten unterschiedliche Spielarten des Holismus, der kollektive Realitäten wie Gesellschaften, Vereine und die Familie berücksichtigt.[81] Den kommunitaristischen Kritikern zufolge kann das Individuum keine aktive Kraft sein oder sich prima facie als frei innerhalb einer Massengesellschaft betrachten.

Allerdings sollte Individualismus nicht mit Egoismus verwechselt werden: Individualismus ist ein von Liberalen und Libertären verteidigtes Dogma, das auf individuellen Freiheiten und Rechten basiert. Damit steht es beispielsweise im Widerspruch zum Randschen „Egoismus“.[82]

Für Jean-Claude Michéa sind Kulturliberalismus und Wirtschaftsliberalismus zwei Seiten derselben Medaille: ein System, das keine Grenzen mehr akzeptiert. Im Gegensatz zu dem, was er die „Metaphysik des Fortschritts“ nennt und die seiner Meinung nach für die Atomisierung der heutigen Welt verantwortlich ist, setzt der Philosoph auf den „gewöhnlichen Anstand“ der Arbeiter- und Mittelklasse.[83]

Klassiker des Liberalismus

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  • Thomas Hobbes: Vom Bürger. In: Hermann Klenner (Hrsg.): Elemente der Philosophie III (= Philosophische Bibliothek). Band 158. Meiner, Hamburg 1984, ISBN 3-7873-1166-1, S. 59–328 (Latein: De Cive. 1642. Übersetzt von Jutta Schlösser).
  • Thomas Hobbes: Leviathan. Hrsg.: Hermann Klenner (= Philosophische Bibliothek. Band 491). Meiner, Hamburg 2004, ISBN 3-7873-1699-X (britisches Englisch: Leviathan or The Matter, Forme and Power of a Common Wealth Ecclesiasticall and Civil. 1651. Übersetzt von Jutta Schlösser).
Commons: Liberalismus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Liberalismus – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Christoph Nonn: Bismarck: Ein Preuße und sein Jahrhundert. C.H.Beck, München 2015, S. 123 ff. (Kap.: Die englische Alternative)
  2. Bundeszentrale für politische Bildung: Wege zur modernen Demokratie. 4. Mai 2017, abgerufen am 18. Mai 2023.
  3. Bundeszentrale für politische Bildung: Das Grundgesetz - Die Grundrechte - Die Würde des Menschen ist unantastbar. 3. September 2020, abgerufen am 18. Mai 2023.
  4. Marietta Auer: Subjektive Rechte bei Pufendorf und Kant: Eine Analyse im Lichte der Rechtskritik Hohfelds. In: Archiv für die civilistische Praxis. Band 208, Nr. 5, 2008, ISSN 0003-8997, S. 584–634, JSTOR:40996023.
  5. Denis Collin: Kant, Marx et la question de la morale. In: Actuel Marx. Band 35, Nr. 1, 2004, ISSN 0994-4524, S. 189, doi:10.3917/amx.035.0193 (cairn.info [abgerufen am 18. Mai 2023]).
  6. Dieter Mersch: Der Mensch zwischen Humanismus und Posthumanismus. In: Der Mensch als Faktizität. transcript Verlag, 2021, ISBN 978-3-8394-5687-3, S. 37–66, doi:10.1515/9783839456873-003/html (degruyter.com [abgerufen am 18. Mai 2023]).
  7. Kant vs. Hobbes - Idealismus oder Realismus in der Politik? | Cicero Online. Abgerufen am 18. Mai 2023.
  8. João Espada: The Anglo-American Tradition of Liberty - A view from Europe. Routledge, New York 2018, ISBN 978-1-138-59159-2.
  9. a b Julia Driver: The History of Utilitarianism. In: The Stanford Encyclopedia of Philosophy. Winter 2022 Auflage. Metaphysics Research Lab, Stanford University, 2022 (stanford.edu [abgerufen am 13. Mai 2023]).
  10. Axel Montenbruck: Menschenwürde-Idee und Liberalismus – zwei westliche Glaubensrichtungen. 3. Auflage, 2016, ISBN 978-3-946234-56-2, S. 181 ff. (online auf der Website der Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin)
  11. IV. Das Naturrecht der Aufklärung. In: IV. Das Naturrecht der Aufklärung. De Gruyter, 2011, ISBN 978-3-11-088691-7, S. 31–36 (degruyter.com [abgerufen am 13. Mai 2023]).
  12. TEIL II: Naturrecht und Menschenrechte. In: Zwischen Naturrecht und Partikularismus. De Gruyter, 2013, ISBN 978-3-11-089982-5, S. 165–319, doi:10.1515/9783110899825.165/html (degruyter.com [abgerufen am 13. Mai 2023]).
  13. Autor admin: Das Gesetz. In: Frédéric Bastiat (1801–1850). 3. Januar 2019, abgerufen am 13. Mai 2023.
  14. Walter Reese-Schäfer: 7 John Locke: Eigentum, Vertrag und Widerstandsrecht. In: Klassiker der politischen Ideengeschichte. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 2011, ISBN 978-3-486-70954-4, S. 81–95, doi:10.1524/9783486709544.81 (degruyter.com [abgerufen am 13. Mai 2023]).
  15. Kants Naturrecht Feyerabend: Analysen und Perspektiven. In: Kants Naturrecht Feyerabend. De Gruyter, 2019, ISBN 978-3-11-067225-1, doi:10.1515/9783110672251 (degruyter.com [abgerufen am 13. Mai 2023]).
  16. Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte vom 26. August 1789. In: conseil-constitutionnel.fr. Abgerufen am 1. Oktober 2024.
  17. Zum ewigen Frieden in der Google-Buchsuche
  18. David Brink: Mill’s Moral and Political Philosophy. In: The Stanford Encyclopedia of Philosophy. Fall 2022 Auflage. Metaphysics Research Lab, Stanford University, 2022 (stanford.edu [abgerufen am 13. Mai 2023]).
  19. Grundrechte für Menschenaffen: Kant gegen Bentham. 20. Juni 2014, abgerufen am 13. Mai 2023 (Schweizer Hochdeutsch).
  20. Shane D. Courtland, Gerald Gaus, David Schmidtz: Liberalism. In: The Stanford Encyclopedia of Philosophy. Spring 2022 Auflage. Metaphysics Research Lab, Stanford University, 2022 (stanford.edu [abgerufen am 13. Mai 2023]).
  21. Immanuel Kant: Kritik der praktischen Vernunft: Kritik der praktischen Vernunft. In: Immanuel Kant: Kritik der praktischen Vernunft. Akademie Verlag, 2011, ISBN 978-3-05-005618-0, doi:10.1524/9783050056180/html (degruyter.com [abgerufen am 13. Mai 2023]).
  22. a b Leo Strauss: Le libéralisme antique et moderne. puf, Paris 1990, ISBN 2-13-042960-2 (französisch).
  23. Wim Decock, Christiane Birr: Recht und Moral in der Scholastik der Frühen Neuzeit 1500-1750. In: Recht und Moral in der Scholastik der Frühen Neuzeit 1500-1750. De Gruyter Oldenbourg, 2016, ISBN 978-3-11-037968-6, doi:10.1515/9783110379686 (degruyter.com [abgerufen am 19. Mai 2023]).
  24. Giuseppe Franco: Die Wirtschaftsanalyse und die Wirtschaftsethik der Schule von Salamanca. In: ORDO. Band 67, Nr. 1, 1. Mai 2016, ISSN 2366-0481, S. 33–74, doi:10.1515/ordo-2016-0104 (degruyter.com [abgerufen am 19. Mai 2023]).
  25. Henning Ottmann: John Locke (1632–1704). In: Geschichte des politischen Denkens: Band 3: Neuzeit. Teilband 1: Von Machiavelli bis zu den großen Revolutionen. J.B. Metzler, Stuttgart 2006, ISBN 3-476-00022-2, S. 343–384, doi:10.1007/978-3-476-00022-4_11 (springer.com [abgerufen am 22. Mai 2023]).
  26. Raymonde Monnier: Montesquieu et le langage républicain : l’argumentaire de l’Esprit des lois. In: La Révolution française. Cahiers de l’Institut d’histoire de la Révolution française. Nr. 5, 31. Dezember 2013, ISSN 2105-2557, doi:10.4000/lrf.1036 (openedition.org [abgerufen am 19. Mai 2023]).
  27. Hans G. Nutzinger: Das System der natürlichen Freiheit bei Adam Smith und seine ethischen Grundlagen. In: Jahrbuch Ökonomie und Gesellschaft. Jahrbuch 9: Adam Smiths Beitrag zur Gesellschaftswissenschaft. campus Verlag, Frankfurt am Main 1990, S. 79–100.
  28. Laurence Dickey: The French Revolution and Liberalism. In: Politisches Denken Jahrbuch 1992. J.B. Metzler, Stuttgart 1993, ISBN 3-476-03445-3, S. 111–116, doi:10.1007/978-3-476-03445-8_9 (springer.com [abgerufen am 22. Mai 2023]).
  29. Francesco Benigno, Maria Novella Borghetti: Plus jamais la même: À propos de quelques interprétations récentes de la Révolution française. In: Annales. Histoire, Sciences Sociales. Band 71, Nr. 2, 2016, ISSN 0395-2649, S. 319–346, JSTOR:90000235.
  30. Manfred Buhr, Wilfried Lehrke: Beziehungen der Philosophie Immanuel Kants zur Französischen Revolution. In: Deutsche Zeitschrift für Philosophie. Band 37, Nr. 7, 1. Juli 1989, ISSN 2192-1482, S. 628–636, doi:10.1524/dzph.1989.37.7.628 (degruyter.com [abgerufen am 19. Mai 2023]).
  31. Joachim Ritter: Hegel und die französische Revolution. In: Hegel und die französische Revolution. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 1957, ISBN 3-663-03068-7, S. 9–80, doi:10.1007/978-3-663-04257-0_1 (springer.com [abgerufen am 19. Mai 2023]).
  32. Rebecca Comay: Die Geburt der Trauer: Hegel und die Französische Revolution. Konstanz University Press, Göttingen 2018, ISBN 978-3-8353-9109-3.
  33. Klaus Vieweg: Hegel: der Philosoph der Freiheit Biographie. C.H. Beck, München 2019, ISBN 978-3-406-74235-4.
  34. Harold W. Stoke: De Tocqueville on Democracy. In: Prairie Schooner. Band 9, Nr. 4, 1935, ISSN 0032-6682, S. 260–264, JSTOR:40622575.
  35. Günter Wollstein: Märzrevolution und Liberalisierung. Bundeszentrale für politische Bildung, 21. Januar 2010, abgerufen am 22. Mai 2023.
  36. Günter Wollstein: Vorparlament und Paulskirche. Bundeszentrale für politische Bildung, 21. Januar 2010, abgerufen am 22. Mai 2023.
  37. Ernst Rudolf Huber: Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789: 1789-1830. Zweite verb. Auflage. W. Kohlhammer, Stuttgart/Berlin/Köln 1990, ISBN 3-17-002501-5, S. 821.
  38. David Weinstein: The New Liberalism of L. T. Hobhouse and the Reenvisioning of Nineteenth-Century Utilitarianism. In: Journal of the History of Ideas. Band 57, Nr. 3, 1996, ISSN 0022-5037, S. 487–507, doi:10.2307/3653951.
  39. Liberalism - Individual Freedom, Social Darwinism, and the Welfare State | Britannica. Abgerufen am 22. Mai 2023 (englisch).
  40. Ralf Ptak: Vom Ordoliberalismus zur Sozialen Marktwirtschaft. In: SpringerLink. 2004, doi:10.1007/978-3-663-11779-7 (springer.com [abgerufen am 22. Mai 2023]).
  41. Sean Adams, Terry Lee Stones: Color Design Workbook: A Real World Guide to Using Color in Graphic Design. Quayside Publishing Group, Laguna Hills 2017, ISBN 978-1-63159-410-6, S. 86 (englisch).
  42. Rohit Vishal Kumar, Radhika Joshi: Colour, Colour Everywhere: In Marketing Too. In: SCMS Journal of Indian Management. Band 3, Nr. 4, 2006, ISSN 0973-3167, S. 40–46 (ssrn.com [abgerufen am 20. Juni 2019]).
  43. About ALDE. Abgerufen am 22. Mai 2023 (englisch).
  44. Max Stirner, Ahlrich Meyer: Der Einzige und sein Eigentum (= Reclams Universal-Bibliothek. Nr. 3057). Bibliographisch ergänzte Ausgabe 2011, [Nachdruck] 2022 Auflage. Reclam, Ditzingen 2011, ISBN 978-3-15-003057-8.
  45. Max Weber, Johannes Winckelmann: Wirtschaft und Gesellschaft: Grundriss der verstehenden Soziologie. 5., rev. Aufl., Studienausg., [Nachdr.]. Mohr Siebeck, Tübingen 2009, ISBN 978-3-16-147749-2.
  46. Christoph Egle: Über die Notwendigkeit und Bestimmung liberaler Bürgertugenden. In: Politische Vierteljahresschrift. Band 43, Nr. 3, 2002, ISSN 0032-3470, S. 397–419, JSTOR:24199481.
  47. Adamovich, Funk: Allgemeines Verwaltungsrecht. Springer, 1987, S. 7.
  48. Thomas Nipperdey: Deutsche Geschichte: 1866–1918, Bd. 2: Machtstaat vor der Demokratie. C. H. Beck, 1993, S. 182 ff.
  49. a b c Helmut Coing: Europäisches Privatrecht 1800–1914. München 1989, ISBN 3-406-30688-8. § 10 I., S. 70.
  50. Rudolf Walther: Exkurs: Wirtschaftlicher Liberalismus (Artikel „Liberalismus“). In: Brunner, Conze, Koselleck: Geschichtliche Grundbegriffe, Bd. 3, Stuttgart 1982, Seite ?.
  51. Zu der politischen Philosophie des Libertarismus vgl. S. Freeman: Illiberal Libertarians: Why Libertarianism Is Not a Liberal View. In: Philosophy and Public Affairs. Bd. 30, Nr. 2, 2001, S. 105–151.
  52. Samuel Freeman: Capitalism in the Classical and High Liberal Traditions. Band 1. Oxford University Press, 19. Juli 2018, S. 20, doi:10.1093/oso/9780190699260.003.0002 (universitypressscholarship.com [abgerufen am 12. September 2021]).
  53. Michael Goldhammer: Geistiges Eigentum und Eigentumstheorie: Rekonstruktion der Begründung von Eigentum an immateriellen Gütern anhand der US-amerikanischen Eigentumstheorie. Mohr Siebeck, 2012, ISBN 3-16-150993-5.
  54. Vgl. den Artikel Libertarianism. In: Internet Encyclopedia of Philosophy.
  55. N. Wimmer, Th. Müller: Wirtschaftsrecht: International – Europäisch – National. Springer, 2007, S. 19.
  56. Bernd Ziegler: Geschichte des ökonomischen Denkens: Paradigmenwechsel in der Volkswirtschaftslehre. Ausgabe 2, Oldenbourg Wissenschaftsverlag 2008, ISBN 3-486-58522-3, S. 128.
  57. Paul Anthony Samuelson, William D. Nordhaus: Volkswirtschaftslehre das internationale Standardwerk der Makro- und Mikroökonomie. MI Wirtschaftsbuch 2007, ISBN 3-636-03112-0, S. 72 f.
  58. Karl-Peter Sommermann: Staatsziele und Staatszielbestimmungen. Mohr Siebeck, 1997, S. 167.
  59. Frieder Neumann: Gerechtigkeit und Grundeinkommen: Eine gerechtigkeitstheoretische Analyse ausgewählter Grundeinkommensmodelle. LIT Verlag, Münster 2009, ISBN 3-643-10040-X, S. 43.
  60. Vgl. Wolfgang Ayaß: Max Hirsch. Sozialliberaler Gewerkschaftsführer und Pionier der Volkshochschulen, Berlin 2013.
  61. a b Gerhard Göhler: Antworten auf die soziale Frage – eine Einführung. In: Bernd Heidenreich: Politische Theorien des 19. Jahrhunderts: Konservatismus, Liberalismus, Sozialismus. Akademie Verlag, 2002, S. 417, 424.
  62. John Maynard Keynes: Am I a Liberal? In: Essays in Persuasion. W. W. Norton & Company, 1991, S. 312 ff.
  63. John Maynard Keynes: The End of Laissez-Faire. Hogarth Press, 1926
  64. Andrea Schlenker-Fischer: Demokratische Gemeinschaft trotz ethnischer Differenz: Theorien, Institutionen und soziale Dynamiken, VS Verlag, 2009, S. 99.
  65. John Rawls: Gerechtigkeit als Fairneß ein Neuentwurf. 1. Auflage. Frankfurt am Main 2006, ISBN 3-518-29404-0, S. 175 ff.
  66. Walter Reese-Schäfer: Politische Theorie der Gegenwart in fünfzehn Modellen Oldenbourg Lehr- und Handbücher der Politikwissenschaft. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 2005, ISBN 3-486-57930-4, S. 7.
  67. John Rawls: Gerechtigkeit als Fairneß ein Neuentwurf. 1. Auflage. Frankfurt am Main 2006, ISBN 3-518-29404-0, S. 215 f.; 230–233.
  68. John Rawls: Gerechtigkeit als Fairneß ein Neuentwurf. 1. Auflage. Frankfurt am Main 2006, ISBN 3-518-29404-0, S. 44–52.
  69. John Rawls: Gerechtigkeit als Fairneß ein Neuentwurf. 1. Auflage. Frankfurt am Main 2006, ISBN 3-518-29404-0, S. 175–181, 214–218.
  70. John Rawls: Eine Theorie der Gerechtigkeit. 1. Auflage. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1979, ISBN 3-518-27871-1, S. 83.
  71. John Rawls: Politischer Liberalismus. 1. Auflage. Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-518-29242-0, S. 332.
  72. Hans Joas, Wolfgang Knöbl: Sozialtheorie: Zwanzig einführende Vorlesungen, Suhrkamp Verlag, 2004, S. 670.
  73. John Rawls: Eine Theorie der Gerechtigkeit. Suhrkamp Verlag, Berlin, S. 336.
  74. John Rawls: Gerechtigkeit als Fairneß. Ein Neuentwurf. Hrsg.: Erin Kelly. 1. Auflage. Suhrkamp Verlag, Berlin 2006, S. 211–275.
  75. Paul Smith: Incentives and Justice: G. A. Cohen’s Egalitarian Critique of Rawls. In: Social Theory and Practice. Band 24, Nr. 2, 1998, S. 205–235.
  76. Nina Oelkers, Hans-Uwe Otto, Holger Ziegler: Handlungsbefähigung und Wohlergehen. In: Otto, Ziegler (Hrsg.): Capabilities - Handlungsbefähigung und Verwirklichungschancen in der Erziehungswissenschaft, VS Verlag, 2009, S. 98 f.
  77. Erich Zalten: Die Problemverschlingung von Liberalismus und Kommunitarismus. Bemerkungen zur politischen Theorie und Ethik. In: Kurt Seelmann: Kommunitarismus versus Liberalismus: Vorträge der Tagung der Schweizer Sektion der Internationalen Vereinigung für Rechts- und Sozialphilosophie vom 23. und 24. Oktober 1998 in Basel. Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie – Beiheft Nr. 76, Franz Steiner Verlag 2000, S. 85, 86.
  78. Angelika Schaser: Helene Lange und Gertrud Bäumer. Eine politische Lebensgemeinschaft. Böhlau, Köln 2010, S. 35 u. 133–147 et passim.
  79. Jean Zaganiaris: Stefano Petrucciani, Marx critique du libéralisme. In: Lectures. 4. Oktober 2018, ISSN 2116-5289, doi:10.4000/lectures.27067 (openedition.org [abgerufen am 28. Mai 2023]).
  80. Luc Wintgens: Le droit et les droits de l’homme, Michel VILLEY, Paris, P.U.F., 1983, 169 pages. In: Revue interdisciplinaire d'études juridiques. Band 15, Nr. 2, 1985, ISSN 0770-2310, S. 229, doi:10.3917/riej.015.0229 (cairn.info [abgerufen am 28. Mai 2023]).
  81. Kommunitarismus. In: METZLER LEXIKON PHILOSOPHIE. Abgerufen am 28. Mai 2023.
  82. Philippe Steiner: Altruismus, Egoismus und Individualismus in der Durkheim-Schule. In: Trivium. Revue franco-allemande de sciences humaines et sociales - Deutsch-französische Zeitschrift für Geistes- und Sozialwissenschaften. Nr. 13, 28. Februar 2013, ISSN 1963-1820, doi:10.4000/trivium.4480 (openedition.org [abgerufen am 28. Mai 2023]).
  83. Éric Desmons: Review of Les Mystères de la gauche. De l'idéal des Lumières au triomphe du capitalisme absolu. In: Revue Française d'Histoire des Idées Politiques. Nr. 39, 2014, ISSN 1266-7862, S. 177–181, JSTOR:24610843.