Zum Inhalt springen

„Perfekt“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
[ungesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
Philipendula (Diskussion | Beiträge)
K Änderungen von Benutzer:217.9.34.100 rückgängig gemacht und letzte Version von Benutzer:212.22.48.116 wiederhergestellt
unvollständig siehe Disk unter diesem Stichwort
 
(439 dazwischenliegende Versionen von mehr als 100 Benutzern, die nicht angezeigt werden)
Zeile 1: Zeile 1:
{{Dieser Artikel|1=beschreibt die grammatikalische Zeitform. Weitere Bedeutungen sind unter [[Perfekt (Begriffsklärung)]] aufgeführt.}}
Das '''Perfekt''' (''[[Latein|lateinisch]]: "abgeschlossen"'') ist eine [[Tempus (Grammatik)|grammatikalische Zeitform]] der [[Verb]]en, die etwas [[Vergangenheit|Vergangenes]] ausdrückt. Die deutsche Bezeichnung lautet: ''"vollendete [[Gegenwart]]"'', obwohl das Perfekt im Deutschen eigentlich eine reine Vergangenheitsform ist. Das Perfekt ist in seiner Bedeutung ähnlich dem [[Präteritum]] (bzw. Imperfekt) und verdrängt dieses immer mehr.
{{unvollständig|siehe Diskussionsseite}}
Der Ausdruck '''Perfekt''' ({{laS|[tempus praeteritum] perfectum|de=völlig vergangene Zeit}}) ist ein grammatischer Terminus, der einen [[Verbalaspekt|Aspekt]] oder ein [[Tempus]] eines [[Verb]]s bezeichnen kann.


Das Perfekt als Verbalaspekt gehört zur Familie der [[Perfektiver Aspekt|perfektiven Aspekte]]; typisch sind jedoch auch Ausdehnungen in Richtung eines Tempus der [[Vergangenheit]].<ref>Östen Dahl, Viveka Velupillai: ''The Perfect.'' In: Dryer, Matthew S. & Haspelmath, Martin (eds.) ''The World Atlas of Language Structures Online.'' Max Planck Institute for Evolutionary Anthropology, Leipzig 2013 (http://wals.info/chapter/68, Zugriff 15. April 2014).</ref>
Beispiele:
*''Wieso kommst du zu spät?'' ([[Präsens]]) - ''Ich habe verschlafen.'' (Perfekt)
*''Wir haben Ihnen doch schon vor einem halben Jahr ein Angebot zugeschickt.''


Es wurde für das [[Indogermanische Ursprache|Urindogermanische]] als einer der drei dort vorhandenen Aspekte rekonstruiert. Die Aspekte sind im [[Altgriechische Sprache|Altgriechischen]] noch komplett erhalten,<ref>vgl. Eduard Bornemann, Ernst Risch: ''Griechische Grammatik.'' 2.&nbsp;Auflage. Braunschweig 2009, S.&nbsp;75f., 213–228.</ref> im [[Neugriechische Sprache|Neugriechischen]] immer noch stark hervortretend. Die [[Italische Sprachen|altitalischen Sprachen]] und somit auch das [[Latein]]ische sehen das Perfekt hingegen schon als Tempus;<ref>Gerhard Meiser: ''Veni, Vidi, Vici – die Vorgeschichte des lateinischen Perfektsystems'' (Zetemata 113). München 2003.</ref> hier ist in der historischen Entwicklung der [[Aorist]] mit dem Perfekt zusammengefallen.<ref>Hans Rubenbauer, J. B. Hofmann, R. Heine: ''Lateinische Grammatik.'' München, (12) 1995, S.&nbsp;67.</ref>
==Beispiele für die Konjugation== (zweier starker Verben)
{|
|
==='schreiben'===
*ich habe geschrieben
*du hast geschrieben
*er/sie/es hat geschrieben
*wir haben geschrieben
*ihr habt geschrieben
*sie haben geschrieben
ich habe geschrieben
du hast geschrieben
er/sie/es hat geschrieben
wir geschrieben
ihr habt geschrieben
sie haben geschrieben


== Das Perfekt im Deutschen ==
==='gehen'===
{{Hauptartikel|Perfekt im Deutschen}}
*ich bin gegangen
*du bist gegangen
*er/sie/es ist gegangen
*wir sind gegangen
*ihr seid gegangen
*sie sind gegangen
|}


Im [[Deutsche Sprache|Deutschen]] ist das Perfekt mehrdeutig zwischen einer mehr aspektuellen und einer temporalen Deutung. Die Duden-Grammatik von 2005 empfiehlt daher die neutralere Bezeichnung ''2.&nbsp;Vergangenheit''.<ref>''Duden - Die Grammatik.'' 7.&nbsp;Auflage. 2005, ISBN 3-411-04047-5, Rn.&nbsp;706.</ref> Daneben wird es in der [[Deutsche Grammatik|deutschen Grammatik]] auch ''vollendete Gegenwart'' genannt, so bereits 1827 von [[Johann Christian August Heyse]].<ref>Johann Christian August Heyse: ''Theoretisch-praktische deutsche Grammatik''. 4. Ausgabe. Hahn, Hannover 1827, S.&nbsp;414.</ref><ref>Anne-Françoise Ehrhard: ''Die Grammatik von Johann Christian Heyse: Kontinuität und Wandel im Verhältnis von Allgemeiner Grammatik und Schulgrammatik (1814–1914)''. Walter de Gruyter, Berlin 1998,. S.&nbsp;126.</ref>
==Besonderheiten==


Das Perfekt im Deutschen wird [[Analytischer Sprachbau|analytisch]] aus der Personalform der [[Hilfsverb]]en „haben“ oder „sein“ im [[Präsens]] und dem [[Partizip|Partizip&nbsp;II]] des aussagenden Verbs gebildet. Es drückt als [[Vorzeitigkeit]]stempus im Verhältnis zum Präsens das zuvor Geschehene aus, doch dient es in den [[Deutsche Dialekte|deutschen Dialekten]] südlich des Mains und zunehmend in der [[Umgangssprache]] als Ersatzform für das [[Präteritum]], um abgeschlossene Handlungen auszudrücken (vgl. [[Oberdeutscher Präteritumschwund]]).
===Mehrteilige Zeitform===
Das Perfekt setzt sich aus der Personalform der temporalen Hilfsverben "haben " und "sein" und dem aussagenden Verb zusammen. Die Personalform wird im [[Präsens]] konjugiert. Das aussagende Verb steht stets im [[Partizip|Partizip Perfekt]] und ist daher in jeder Person gleich. Das Partizip Perfekt findet in anderen Zusammenhängen auch Verwendung als Adjektiv, wo es in attributiver Stellung dementsprechend dekliniert wird (Beispiel: Er warf den gestern geschriebenen Brief weg).


== Weblinks ==
===Hilfsverb haben/sein===
{{Wiktionary}}
[[Transitivität (Grammatik)|Transitive]] Verben bilden das Perfekt mit ''haben''. Eine Reihe von [[Transitivität (Grammatik)|intransitiven]] Verben bilden das Perfekt mit ''sein'', andere mit ''haben''.
*Transitives Verb ''essen'': ''Wir haben gegessen.'' (Transitivität wird durch die [[Akkusativ]]-Frage deutlich: "Wen oder was habt ihr gegessen?")
*Intransitives Verb ''gehen'': ''Er ist gegangen.'' ("Wen oder was ist er gegangen?" ergibt keinen Sinn, daher intransitiv)
*Intransitives Verb ''schlafen'': ''Ich habe geschlafen.''
Eine Eselsbrücke, die in Sprachkursen gelehrt wird, ist folgende: viele Verben der Bewegung (kommen, gehen, springen,&nbsp;...) und Verben, die einen Übergang von einem Zustand in einen anderen ausdrücken (aufwachen, sterben, verwelken) bilden das Perfekt mit ''sein''.


== Einzelnachweise ==
Es existieren regionale Unterschiede: Das Perfekt wird bei den Verben der Position (stehen, sitzen, liegen etc.) im größten Teil Deutschlands mit haben gebildet, in Österreich, der Schweiz und Teilen Süddeutschlands jedoch mit sein (''ich bin gestanden, er ist gesessen'').
<references />


{{NaviBlock
===Ersatz von Präteritumsformen durch Perfekt===
|Navigationsleiste Konjugation
In der gesprochenen Sprache, [[Umgangssprache]] und in einigen [[Dialekt]]en wird das Perfekt oft als alleinige Vergangenheitsform benutzt und ersetzt somit das Präteritum (bzw. [[Imperfekt]]). Diese Entwicklung ist im Süden des deutschen Sprachraums bereits im 16./17. Jahrhundert eingetreten. Sie wird auf den Ausfall des e am Ende der Zeitwortformen zurückgeführt. Als "er sagt" und "er sagte" nicht mehr unterschieden werden konnte, kam die Form "er hat gesagt" stärker in Gebrauch.
|Navigationsleiste Tempora
}}


{{Normdaten|TYP=s|GND=4173734-9}}
Der Ausfall des Präteritums führte zur Entstehung neuer Zeitformen. Auch wenn im Perfekt erzählt wird, besteht die Notwendigkeit, eine Vorzeitigkeit auszudrücken. Da das Plusquamperfekt, zu dessen Bildung die Präteritumsformen von haben und sein benötigt werden, für diesen Zweck ausfällt, kam es zur Bildung des doppelten Perfekts: "ich habe es vergessen gehabt".


[[Kategorie:Tempus]]
Die moderne Sprachwissenschaft geht daher davon aus, dass es nicht sechs, sondern neun Zeiten gibt, die sich in drei Kategorien gliedern lassen:

Präsenszeiten: Dazu gehören das Präsens (ich vergesse es), das Perfekt (ich habe es vergessen) und das Doppelte Perfekt (ich habe es vergessen gehabt).

Präteritumzeiten: Dazu gehören das Präteritum (ich vergaß es), das Plusquamperfekt (ich hatte es vergessen) und das Doppelte Plusquamperfekt (ich hatte es vergessen gehabt).

Die Futurzeiten: Dazu gehören das Futur I (ich werde es vergessen), das Futur II (ich werde es vergessen haben) und das Futur III (ich werde es vergessen gehabt haben).

Zur Zeit werden auch im Norden des deutschen Sprachraums die Präsenszeiten immer häufiger verwendet, der Gebrauch der Präteritumzeiten geht zurück. Dies hängt wahrscheinlich auch damit zusammen, dass die Präteritumzeiten zunehmend als gekünstelt und kalt empfunden werden. Wer über ein Ereignis der Vergangenheit berichtet, will den Eindruck erwecken, dass dieses Ereignis auch weiterhin von Bedeutung ist. Wer will, dass man ihm zuhört, wird deshalb eher im Perfekt und nicht im Präteritum erzählen.

==Siehe auch==
* [[Tempus]]

[[Kategorie:Grammatik]]

Aktuelle Version vom 25. September 2022, 11:16 Uhr

Der Ausdruck Perfekt (lateinisch [tempus praeteritum] perfectum ‚völlig vergangene Zeit‘) ist ein grammatischer Terminus, der einen Aspekt oder ein Tempus eines Verbs bezeichnen kann.

Das Perfekt als Verbalaspekt gehört zur Familie der perfektiven Aspekte; typisch sind jedoch auch Ausdehnungen in Richtung eines Tempus der Vergangenheit.[1]

Es wurde für das Urindogermanische als einer der drei dort vorhandenen Aspekte rekonstruiert. Die Aspekte sind im Altgriechischen noch komplett erhalten,[2] im Neugriechischen immer noch stark hervortretend. Die altitalischen Sprachen und somit auch das Lateinische sehen das Perfekt hingegen schon als Tempus;[3] hier ist in der historischen Entwicklung der Aorist mit dem Perfekt zusammengefallen.[4]

Das Perfekt im Deutschen

Im Deutschen ist das Perfekt mehrdeutig zwischen einer mehr aspektuellen und einer temporalen Deutung. Die Duden-Grammatik von 2005 empfiehlt daher die neutralere Bezeichnung 2. Vergangenheit.[5] Daneben wird es in der deutschen Grammatik auch vollendete Gegenwart genannt, so bereits 1827 von Johann Christian August Heyse.[6][7]

Das Perfekt im Deutschen wird analytisch aus der Personalform der Hilfsverben „haben“ oder „sein“ im Präsens und dem Partizip II des aussagenden Verbs gebildet. Es drückt als Vorzeitigkeitstempus im Verhältnis zum Präsens das zuvor Geschehene aus, doch dient es in den deutschen Dialekten südlich des Mains und zunehmend in der Umgangssprache als Ersatzform für das Präteritum, um abgeschlossene Handlungen auszudrücken (vgl. Oberdeutscher Präteritumschwund).

Wiktionary: Perfekt – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Östen Dahl, Viveka Velupillai: The Perfect. In: Dryer, Matthew S. & Haspelmath, Martin (eds.) The World Atlas of Language Structures Online. Max Planck Institute for Evolutionary Anthropology, Leipzig 2013 (http://wals.info/chapter/68, Zugriff 15. April 2014).
  2. vgl. Eduard Bornemann, Ernst Risch: Griechische Grammatik. 2. Auflage. Braunschweig 2009, S. 75f., 213–228.
  3. Gerhard Meiser: Veni, Vidi, Vici – die Vorgeschichte des lateinischen Perfektsystems (Zetemata 113). München 2003.
  4. Hans Rubenbauer, J. B. Hofmann, R. Heine: Lateinische Grammatik. München, (12) 1995, S. 67.
  5. Duden - Die Grammatik. 7. Auflage. 2005, ISBN 3-411-04047-5, Rn. 706.
  6. Johann Christian August Heyse: Theoretisch-praktische deutsche Grammatik. 4. Ausgabe. Hahn, Hannover 1827, S. 414.
  7. Anne-Françoise Ehrhard: Die Grammatik von Johann Christian Heyse: Kontinuität und Wandel im Verhältnis von Allgemeiner Grammatik und Schulgrammatik (1814–1914). Walter de Gruyter, Berlin 1998,. S. 126.