Zum Inhalt springen

„Wurzelspitzenresektion“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
[ungesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Erfolgsaussichten: Kl. sprachliche Änderung
 
(216 dazwischenliegende Versionen von mehr als 100 Benutzern, die nicht angezeigt werden)
Zeile 1: Zeile 1:
[[Datei:Extrahierter Zahn Zustand nach Wurzelkappung 10.JPG|mini|Extrahierter Zahn; früher durchgeführte Wurzelspitzenresektion erkennbar]]
[[Bild:Teeth_molar47_46resection_crown_premolar45.jpg|right|thumb|200px|Zahn 46 nach einer Wurzelspitzenresektion und Einfüllung von Knochenersatzmaterial]]
[[Datei:Wurzelkappung WSR WR 20100119 003.JPG|mini|hochkant|Extrahierter Zahn, der früher einer Wurzelspitzenresektion unterzogen wurde]]


Die '''Wurzelspitzenresektion''' (Abkürzung: '''WSR''') ist ein
Die '''Wurzelspitzenresektion''' ('''WSR''', auch ''Apektomie'', ''Wurzelspitzenamputation'') ist eine Entfernung ''([[Resektion]])'' einer Wurzelspitze (''Apex'') des [[Zahn]]es.
Begriff aus der [[Zahnmedizin|Zahnchirurgie]]. Es handet sich um die Beseitigung von Eiter- oder Zystengewebe (z. B. [[apikal|apikales]] [[Granulom]], [[radikulär]]e [[Zyste]]), das sich an der [[Wurzelspitze]] gebildet hat, weil Bakterien in die Zahnwurzel eingedrungen sind. Ursache kann eine mangelhaft ausgeführte Befüllung der Zahnwurzel oder eine schlechte Abdichtung einer provisorischen Einlage während einer [[Wurzelbehandlung]] sein.


Zwischen Entfernung der Wurzelspitze oder der Wurzel sollte unterschieden werden. Es handelt sich um eine Maßnahme der [[Zahnchirurgie]] zur Behandlung von Entzündungen, Infektionen oder anderen Schädigungen im Wurzelbereich. Bei einer konventionellen [[Wurzelkanalbehandlung]] erfolgt der Zugang zum Wurzelkanalsystem der Wurzelspitze durch die aufbereitete Zahnkrone hindurch. Bei einer Wurzelspitzenresektion erfolgt der Zugang auf die Zahnwurzel von außen durch den [[Kiefer (Anatomie)|Kieferknochen]]. Dabei sollten etwa 2–3 mm der Wurzelspitze und der entzündete Bereich um die Wurzeln entfernt werden.
Neben dem Granulom wird in der Regel auch der unterste Teil der infizierten Wurzel (Wurzelspitze) entfernt, da sich in ihr regelmäßig kleine, nicht durch eine Wurzelfüllung abfüllbare und somit infizierte Seitenkanälchen [[Ramifikation|(Ramifikationen)]] befinden.


Die wissenschaftlich fundierte Methodik der Wurzelspitzenresektion führte 1908 [[Carl Partsch]] ein.<ref>[[Paul Diepgen]], [[Heinz Goerke]]: ''[[Ludwig Aschoff|Aschoff]]/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin.'' 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 61.</ref>
Zusätzlich kann dann noch die im Kiefer verbleibende (neue) Wurzelspitze mit einem Verschluss versehen werden; man spricht von einem [[retrograd]]en Verschluss (retrograder Wurzelfüllung).


== Medizinischer Hintergrund ==
War die Wurzelspitzenresektion früher hauptsächlich auf Schneidezähne beschränkt, gibt es heute auch im Backenzahnbereich - dank verbesserter Operationstechniken - bessere Erfolgschancen. Es ist dies jedoch ein heikler Eingriff, der viel Fingerspitzengefühl verlangt. Bei größeren Resektionen kann der entstandene Hohlraum im Kiefer gegebenenfalls mit [[Knochenersatzmaterial]] aufgefüllt werden. Dieses liegt meist in Form kleiner Kügelchen vor (siehe Foto). Der Einsatz von Knochenersatzmaterial ist (zirka 60 Euro pro Zahn, Stand: 2005) recht teuer und auch nicht unumstritten, da das Knochenersatzmaterial oftmals vom Körper nicht wie gewünscht mit stabilem Knochengewebe durchbaut wird.
[[Datei:WRanim.gif|mini|Schematische Darstellung einer Wurzelspitzenresektion mit retrograder Wurzelfüllung]]
[[Datei:180px xray wsr retro ausgangszustand.gif|mini|Ausgangszustand vor Wurzelspitzenresektion an einem unteren Backenzahn]]
[[Datei:180px xray wsr retro ausgeheilt.gif|mini|Darstellung desselben Backenzahnes 6 Monate nach der Wurzelspitzenresektion]]
[[Datei:Wurzelgranulom 2018 PD 06.JPG|mini|[[Granulom]] an einem frisch extrahierten Zahn. Solche Granulome werden auch durch eine WSR entfernt – dann ohne Extraktion]]


=== Indikationen ===
Die Wurzelspitzenresektion wird nach einer erfolglosen Wurzelbehandlung bzw. Revision (Entfernen der alten Füllung und Neubefüllung) von der Schulmedizin als letzte Möglichkeit gesehen, den Zahn zu erhalten.
Eine [[Endodontie|endodontologische]] Wurzelspitzenresektion kann notwendig werden, wenn es trotz einer korrekten orthograden&nbsp;– also auf dem „normalen Weg“ entlang des Wurzelkanals&nbsp;– durchgeführten endodontischen Behandlung ''([[Wurzelkanalbehandlung]])'' zu Komplikationen kommt:
* bei einer ''resorbierenden [[Apikale Parodontitis|apikalen Parodontitis]]'' ([[Röntgenbild|röntgenologisch]] sieht man eine Aufhellung an der Wurzelspitze);
* wenn nach einer endodontischen Behandlung ''kein Heilungserfolg'' erzielt werden konnte;
* wenn von vornherein eine alleinige [[konservative Therapie]] aufgrund:
** der ''Ausdehnung'' der [[Entzündung|entzündlichen]] Veränderung,
** einer [[Odontogene Zyste|''radikulären (wurzelnahen) Zyste'']],
** der ''anatomischen Besonderheiten'' (z.&nbsp;B. [[Zahn#Zahnmerkmale|Wurzelkrümmung]], [[Zahnpulpa|Ramifikationen]]), Verästelung der Wurzeln.
: ''keine Erfolgsaussichten'' verspricht.
Weitere [[Indikation]]en sind:
* die ''Entfernung abgebrochener Instrumente'' im Wurzelkanal,
* ''[[Zahnfraktur]]en'' im unteren Wurzeldrittel.


=== Erfolgsaussichten ===
Konnte durch die Wurzelspitzenresektion der Entzündungsherd mittelfristig nicht beseitigt werden, so ist eine Extraktion des Zahnes üblich. In Einzelfällen kann aber auch eine Revision der Wurzelspitzenresektion mit eventueller retrograder Wurzelfüllung (d. h. "von unten") sinnvoll sein.
Moderne Techniken der Wurzelresektion sehen die Verwendung eines dentalen Operationsmikroskopes, mikrochirurgischer Instrumente, Ultraschallpräparation der gekürzten Zahnwurzel sowie die Füllung mit metallverstärkten oder Kalzium-Silikat-basierten Materialien vor.<ref>Syngcuk Kim, Samuel Kratchman: ''Modern Endodontic Surgery Concepts and Practice: A Review.'' In: ''Journal of Endodontics.'' Band 32, 2006, S.&nbsp;601 (englisch; ausführlicher Übersichtsartikel); [[doi:10.1016/j.joen.2005.12.010]]</ref> Nach wissenschaftlich publizierten Angaben in [[Peer Review|begutachteten]] Fachzeitschriften liegen die kurz- und langfristigen Erfolgsaussichten für Wurzelresektionen mit modernen Operationsmethoden bei korrekter Indikationsstellung nach 1–7 Jahren bei 87–97 %.<ref>Richard A. Rubinstein, Syngcuk Kim: ''Short-term observation of the results of endodontic surgery with the use of a surgical operation microscope and super-EBA as root-end filling material.'' In: ''Journal of Endodontics.'' Band 25, 1999, S.&nbsp;43, [[doi:10.1016/S0099-2399(99)80398-7]].</ref><ref>R. A. Rubinstein, S. Kim: ''Long-term follow-up of cases considered healed one year after apical microsurgery.'' In: ''Journal of endodontics.'' Band 28, Nr. 5, Mai 2002, S.&nbsp;378–383; [[doi:10.1097/00004770-200205000-00008]], PMID 12026924, {{ISSN|0099-2399}}.</ref><ref>M. Maddalone, M. Gagliani: ''Periapical endodontic surgery: a 3-year follow-up study.'' In: ''International Endodontic Journal.'' Band 36, 2003, S.&nbsp;193; [[doi:10.1046/j.1365-2591.2003.00642.x]].</ref><ref>M. M. Gagliani, F. G. M. Gorni, L. Strohmenger: ''Periapical resurgery versus periapical surgery: a 5-year longitudinal comparison.'' In: ''International Endodontic Journal.'' Band 38, 2005, S.&nbsp;320; [[doi:10.1111/j.1365-2591.2005.00950.x]].</ref><ref>T. von Arx, C. Gerber, N. Hardt: ''Periradicular surgery of molars: a prospective clinical study with a one-year follow-up.'' In: ''International Endodontic Journal.'' Band 34, 2001, S.&nbsp;520; [[doi:10.1046/j.1365-2591.2001.00427.x]].</ref><ref>M. L. Zuolo, M. O. F. Ferreira, J. L. Gutmann: ''Prognosis in periradicular surgery: a clinical prospective study.'' In: ''International Endodontic Journal.'' Band 33, 2000, S.&nbsp;91; [[doi:10.1046/j.1365-2591.2000.00263.x]].</ref><ref>B. S. Chong, T. R. Pitt Ford, M. B. Hudson: ''A prospective clinical study of Mineral Trioxide Aggregate and IRM when used as root-end filling materials in endodontic surgery.'' In: ''International Endodontic Journal.'' Band 36, 2003, S.&nbsp;520, [[doi:10.1046/j.1365-2591.2003.00682.x]].</ref><ref>Euiseong Kim, Jin-Seon Song u.&nbsp;a.: ''Prospective Clinical Study Evaluating Endodontic Microsurgery Outcomes for Cases with Lesions of Endodontic Origin Compared with Cases with Lesions of Combined Periodontal–Endodontic Origin.'' In: ''Journal of Endodontics.'' Band 34, 2008, S.&nbsp;546; [[doi:10.1016/j.joen.2008.01.023]].</ref><ref>Igor Tsesis, Vadim Faivishevsky, Anda Kfir, Eyal Rosen: ''Outcome of Surgical Endodontic Treatment Performed by a Modern Technique: A Meta-analysis of Literature.'' In: ''Journal of Endodontics.'' Band 35, 2009, S.&nbsp;1505 (englisch; Meta-Analyse); [[doi:10.1016/j.joen.2009.07.025]].</ref>


=== Kontraindikationen ===
Unter Misserfolg werden u. a. folgende mögliche Komplikationen verstanden:
Bei einer akuten apikalen Parodontitis kann eine vorherige [[Schrödersche Lüftung]] notwendig sein.


=== Operationsrisiken ===
*Beschädigung von Nerven (taube Lippe)
Die mit einer Wurzelspitzenresektion einhergehenden Operationsrisiken sind anatomiebedingt identisch mit den grundsätzlichen Risiken eines operativen Eingriffes in der Mundhöhle (z.&nbsp;B. einer operativen [[Extraktion (Zahnmedizin)|Zahnentfernung]] oder einer [[Zahnimplantat|Implantation]]):
*Beschädigung von Blutgefäßen
* Beschädigung von Nerven („[[Anästhesie (Sensibilitätsstörung)|taube]] Lippe“),
*Verringerte Festigkeit der Zahnes (als Pfeilerzahn für eine Brücke unbrauchbar)
* [[Eröffnung der Kieferhöhle]],
*Lockerwerden des Zahnes
* Beschädigung von Nachbarzähnen,
* Verlust des Zahnes,
* Nachblutungen,
* Schwellung,
* Rezidiv (kann wieder auftreten).

Bei besonders kurzen Zahnwurzeln des zu operierenden Zahnes oder zu starker bereits bestehender Mobilität:
* Verringerte Festigkeit des Zahnes (als Pfeilerzahn für eine [[Brücke (Zahntechnik)|Brücke]] unbrauchbar). Siehe auch: [[Pfeilerwertigkeit]].

=== Alternativen ===
Eine Wurzelspitzenresektion stellt häufig die letzte Möglichkeit für den Erhalt des Zahnes dar. Falls möglich, sollte einer Revision der Wurzelkanalbehandlung (Entfernen der alten Wurzelfüllung, Desinfektion und neue Wurzelfüllung) der Vorzug gegeben werden. Generell gibt die [[Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde]] Zahnärzten hierzu folgende Empfehlung:

{{Zitat
|Text=Ein Verzicht auf eine orthograde Revision und die Entscheidung für einen rein apikalchirurgischen Eingriff ist nur dann sinnvoll, wenn auf orthogradem Wege ein ausreichender Zugang in das endodontische System oder eine Verbesserung des Zustandes auf orthogradem Wege nicht möglich/wahrscheinlich erscheint.
|ref=<ref>[http://www.dgzmk.de/zahnaerzte/wissenschaft-forschung/leitlinien/details/document/revision-einer-wurzelkanalbehandlung.html Revision einer Wurzelkanalbehandlung.] Leitlinien der DGZMK.</ref>}}

Ungeachtet des aktuellen Stands der Wissenschaft sind im deutschsprachigen Raum Revisionen einer Wurzelbehandlung nach wie vor selten, während sich die Wurzelspitzenresektion weiterhin großer Beliebtheit erfreut. In Ländern wie den USA wird die Revision häufiger durchgeführt, da es dort in vielen Orten Fachzahnärzte für [[Endodontie]] gibt.

== Technisches Vorgehen ==
[[Datei:rootendfilling.JPG|mini|Retrograde Wurzelfüllung]]

Nach Durchführung einer [[Lokalanästhesie (Zahnmedizin)|Lokalanästhesie]] erfolgt die Mobilisierung eines [[Mukoperiostlappen]]s (Zahnfleischlappen). Anschließend wird mit einer [[Rotierende zahnärztliche Instrumente|Kugelfräse]] unter Kühlung mit [[Physiologische Kochsalzlösung|physiologischer Kochsalzlösung]] der Knochen über der Wurzelspitzenregion entfernt (''Osteotomie'') und der pathologische Befund entsprechend seiner Ausdehnung dargestellt. Das [[Entzündung|granulomatös entzündliche]] oder zystische [[periapikal]]e Gewebe wird entfernt und die Wurzelspitze abgetrennt und geglättet. Am Resektionsquerschnitt wird die Wurzelkanalfüllung auf Dichtigkeit überprüft, gegebenenfalls muss die Wurzelkanalfüllung erneuert oder eine retrograde Wurzelfüllung gelegt werden. Dabei werden die Wurzelkanäle von der Gegenseite, d.&nbsp;h. an der Wurzelspitze, im Rahmen einer Wurzelspitzenresektion verschlossen.

== Krankenversicherungsrechtliche Aspekte ==
Die Kosten für die Behandlung mit einem [[Operationsmikroskop]] werden von den gesetzlichen [[Krankenkasse]]n nicht übernommen. (Deutschland, Stand: Mai 2014)

== Literatur ==
* S2-[[Medizinische Leitlinie|Leitlinie]]: ''Wurzelspitzenresektion'', [[Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften|AWMF]]-Registernummer 007/007 ([https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/007-007.html Volltext], Stand 11/2007)
* Lambrecht J. Thomas, A. Filippi: ''Periradikuläre Chirurgie.'' In: Lambrecht J. Thomas (Hrsg.): ''Zahnärztliche Operationen.'' Quintessenz-Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-87652-703-1, S. 83–94.
* Hans Ulrich Brauer, Albrecht Foernzler: [http://www.zwp-online.info/archiv/pub/gim/sp/2008/sp0908/sp0908_10_14_brauer.pdf ''Aktuelle Trends bei der Wurzelspitzenresektion.''] (PDF; 170&nbsp;kB) In: ''ZWPspezial'', 9/2008

== Einzelnachweise ==
<references />


{{Gesundheitshinweis}}
{{Gesundheitshinweis}}

[[Kategorie:Zahnmedizin]]
[[Kategorie:Kieferchirurgie]]

Aktuelle Version vom 1. April 2025, 19:04 Uhr

Extrahierter Zahn; früher durchgeführte Wurzelspitzenresektion erkennbar
Extrahierter Zahn, der früher einer Wurzelspitzenresektion unterzogen wurde

Die Wurzelspitzenresektion (WSR, auch Apektomie, Wurzelspitzenamputation) ist eine Entfernung (Resektion) einer Wurzelspitze (Apex) des Zahnes.

Zwischen Entfernung der Wurzelspitze oder der Wurzel sollte unterschieden werden. Es handelt sich um eine Maßnahme der Zahnchirurgie zur Behandlung von Entzündungen, Infektionen oder anderen Schädigungen im Wurzelbereich. Bei einer konventionellen Wurzelkanalbehandlung erfolgt der Zugang zum Wurzelkanalsystem der Wurzelspitze durch die aufbereitete Zahnkrone hindurch. Bei einer Wurzelspitzenresektion erfolgt der Zugang auf die Zahnwurzel von außen durch den Kieferknochen. Dabei sollten etwa 2–3 mm der Wurzelspitze und der entzündete Bereich um die Wurzeln entfernt werden.

Die wissenschaftlich fundierte Methodik der Wurzelspitzenresektion führte 1908 Carl Partsch ein.[1]

Medizinischer Hintergrund

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Schematische Darstellung einer Wurzelspitzenresektion mit retrograder Wurzelfüllung
Ausgangszustand vor Wurzelspitzenresektion an einem unteren Backenzahn
Darstellung desselben Backenzahnes 6 Monate nach der Wurzelspitzenresektion
Granulom an einem frisch extrahierten Zahn. Solche Granulome werden auch durch eine WSR entfernt – dann ohne Extraktion

Eine endodontologische Wurzelspitzenresektion kann notwendig werden, wenn es trotz einer korrekten orthograden – also auf dem „normalen Weg“ entlang des Wurzelkanals – durchgeführten endodontischen Behandlung (Wurzelkanalbehandlung) zu Komplikationen kommt:

keine Erfolgsaussichten verspricht.

Weitere Indikationen sind:

  • die Entfernung abgebrochener Instrumente im Wurzelkanal,
  • Zahnfrakturen im unteren Wurzeldrittel.

Erfolgsaussichten

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Moderne Techniken der Wurzelresektion sehen die Verwendung eines dentalen Operationsmikroskopes, mikrochirurgischer Instrumente, Ultraschallpräparation der gekürzten Zahnwurzel sowie die Füllung mit metallverstärkten oder Kalzium-Silikat-basierten Materialien vor.[2] Nach wissenschaftlich publizierten Angaben in begutachteten Fachzeitschriften liegen die kurz- und langfristigen Erfolgsaussichten für Wurzelresektionen mit modernen Operationsmethoden bei korrekter Indikationsstellung nach 1–7 Jahren bei 87–97 %.[3][4][5][6][7][8][9][10][11]

Kontraindikationen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei einer akuten apikalen Parodontitis kann eine vorherige Schrödersche Lüftung notwendig sein.

Operationsrisiken

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die mit einer Wurzelspitzenresektion einhergehenden Operationsrisiken sind anatomiebedingt identisch mit den grundsätzlichen Risiken eines operativen Eingriffes in der Mundhöhle (z. B. einer operativen Zahnentfernung oder einer Implantation):

  • Beschädigung von Nerven („taube Lippe“),
  • Eröffnung der Kieferhöhle,
  • Beschädigung von Nachbarzähnen,
  • Verlust des Zahnes,
  • Nachblutungen,
  • Schwellung,
  • Rezidiv (kann wieder auftreten).

Bei besonders kurzen Zahnwurzeln des zu operierenden Zahnes oder zu starker bereits bestehender Mobilität:

Eine Wurzelspitzenresektion stellt häufig die letzte Möglichkeit für den Erhalt des Zahnes dar. Falls möglich, sollte einer Revision der Wurzelkanalbehandlung (Entfernen der alten Wurzelfüllung, Desinfektion und neue Wurzelfüllung) der Vorzug gegeben werden. Generell gibt die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde Zahnärzten hierzu folgende Empfehlung:

„Ein Verzicht auf eine orthograde Revision und die Entscheidung für einen rein apikalchirurgischen Eingriff ist nur dann sinnvoll, wenn auf orthogradem Wege ein ausreichender Zugang in das endodontische System oder eine Verbesserung des Zustandes auf orthogradem Wege nicht möglich/wahrscheinlich erscheint.“[12]

Ungeachtet des aktuellen Stands der Wissenschaft sind im deutschsprachigen Raum Revisionen einer Wurzelbehandlung nach wie vor selten, während sich die Wurzelspitzenresektion weiterhin großer Beliebtheit erfreut. In Ländern wie den USA wird die Revision häufiger durchgeführt, da es dort in vielen Orten Fachzahnärzte für Endodontie gibt.

Technisches Vorgehen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Retrograde Wurzelfüllung

Nach Durchführung einer Lokalanästhesie erfolgt die Mobilisierung eines Mukoperiostlappens (Zahnfleischlappen). Anschließend wird mit einer Kugelfräse unter Kühlung mit physiologischer Kochsalzlösung der Knochen über der Wurzelspitzenregion entfernt (Osteotomie) und der pathologische Befund entsprechend seiner Ausdehnung dargestellt. Das granulomatös entzündliche oder zystische periapikale Gewebe wird entfernt und die Wurzelspitze abgetrennt und geglättet. Am Resektionsquerschnitt wird die Wurzelkanalfüllung auf Dichtigkeit überprüft, gegebenenfalls muss die Wurzelkanalfüllung erneuert oder eine retrograde Wurzelfüllung gelegt werden. Dabei werden die Wurzelkanäle von der Gegenseite, d. h. an der Wurzelspitze, im Rahmen einer Wurzelspitzenresektion verschlossen.

Krankenversicherungsrechtliche Aspekte

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Kosten für die Behandlung mit einem Operationsmikroskop werden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht übernommen. (Deutschland, Stand: Mai 2014)

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 61.
  2. Syngcuk Kim, Samuel Kratchman: Modern Endodontic Surgery Concepts and Practice: A Review. In: Journal of Endodontics. Band 32, 2006, S. 601 (englisch; ausführlicher Übersichtsartikel); doi:10.1016/j.joen.2005.12.010
  3. Richard A. Rubinstein, Syngcuk Kim: Short-term observation of the results of endodontic surgery with the use of a surgical operation microscope and super-EBA as root-end filling material. In: Journal of Endodontics. Band 25, 1999, S. 43, doi:10.1016/S0099-2399(99)80398-7.
  4. R. A. Rubinstein, S. Kim: Long-term follow-up of cases considered healed one year after apical microsurgery. In: Journal of endodontics. Band 28, Nr. 5, Mai 2002, S. 378–383; doi:10.1097/00004770-200205000-00008, PMID 12026924, ISSN 0099-2399.
  5. M. Maddalone, M. Gagliani: Periapical endodontic surgery: a 3-year follow-up study. In: International Endodontic Journal. Band 36, 2003, S. 193; doi:10.1046/j.1365-2591.2003.00642.x.
  6. M. M. Gagliani, F. G. M. Gorni, L. Strohmenger: Periapical resurgery versus periapical surgery: a 5-year longitudinal comparison. In: International Endodontic Journal. Band 38, 2005, S. 320; doi:10.1111/j.1365-2591.2005.00950.x.
  7. T. von Arx, C. Gerber, N. Hardt: Periradicular surgery of molars: a prospective clinical study with a one-year follow-up. In: International Endodontic Journal. Band 34, 2001, S. 520; doi:10.1046/j.1365-2591.2001.00427.x.
  8. M. L. Zuolo, M. O. F. Ferreira, J. L. Gutmann: Prognosis in periradicular surgery: a clinical prospective study. In: International Endodontic Journal. Band 33, 2000, S. 91; doi:10.1046/j.1365-2591.2000.00263.x.
  9. B. S. Chong, T. R. Pitt Ford, M. B. Hudson: A prospective clinical study of Mineral Trioxide Aggregate and IRM when used as root-end filling materials in endodontic surgery. In: International Endodontic Journal. Band 36, 2003, S. 520, doi:10.1046/j.1365-2591.2003.00682.x.
  10. Euiseong Kim, Jin-Seon Song u. a.: Prospective Clinical Study Evaluating Endodontic Microsurgery Outcomes for Cases with Lesions of Endodontic Origin Compared with Cases with Lesions of Combined Periodontal–Endodontic Origin. In: Journal of Endodontics. Band 34, 2008, S. 546; doi:10.1016/j.joen.2008.01.023.
  11. Igor Tsesis, Vadim Faivishevsky, Anda Kfir, Eyal Rosen: Outcome of Surgical Endodontic Treatment Performed by a Modern Technique: A Meta-analysis of Literature. In: Journal of Endodontics. Band 35, 2009, S. 1505 (englisch; Meta-Analyse); doi:10.1016/j.joen.2009.07.025.
  12. Revision einer Wurzelkanalbehandlung. Leitlinien der DGZMK.