Zum Inhalt springen

„Walter Krämer (Politiker)“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
[ungesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
Simplicius (Diskussion | Beiträge)
KKeine Bearbeitungszusammenfassung
K Innerhalb der Heimatregion: lk derwesten.de (Ersatz durch Archivlink), Westfalenpost (Linkbeschriftung, Zerteilung Mehrfach-Referenz)
 
(405 dazwischenliegende Versionen von mehr als 100 Benutzern, die nicht angezeigt werden)
Zeile 1: Zeile 1:
[[Datei:Walter Krämer (1892-1941).jpg|mini|Walter Krämer (vor 1933)]]
'''Walter Krämer''' (* [[21. Juni]] [[1892]] in [[Siegen]]; † [[6. November]] [[1941]] im [[Konzentrationslager Goslar]]) war ein deutscher [[Kommunist]].
'''Walter Krämer''' (* [[21. Juni]] [[1892]] in [[Siegen]]; † [[6. November]] [[1941]] in [[Hahndorf (Goslar)|Hahndorf]]) war ein deutscher Politiker der [[Kommunistische Partei Deutschlands|Kommunistischen Partei Deutschlands]] (KPD) und [[Widerstand gegen den Nationalsozialismus|Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus]]. Er war 1932/33 [[Abgeordneter]] des [[Preußischer Landtag|Preußischen Landtags]], wurde 1933 verhaftet und 1941 in einem Außenlager des Konzentrationslagers [[KZ Buchenwald|Buchenwald]] in Hahndorf bei [[Goslar]] ermordet. Zuvor hatte er als „Arzt von Buchenwald“ vielen Häftlingen medizinisch geholfen, wofür ihm der Staat [[Israel]] im Jahr 2000 postum den Titel [[Gerechter unter den Völkern]] verlieh.


== Leben ==
Krämer war von Beruf [[Schlosser]], dann ab [[1910]] freiwilliger Soldat bei der [[Kriegsmarine]]. Ende des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkriegs]] wurde er wegen eines Einbruchs in ein Lebensmitteldepot der Offiziere, später wegen seiner Beteiligung an den Aufständen der revolutionären Matrosen inhaftiert. Befreit durch die [[Novemberrevolution]], kehrte Krämer [[1918]] nach Siegen zurück, wo er sich im Siegener [[Arbeiterrat|Arbeiter- und Soldatenrat]] engagierte. Er war Mitglied, später [[Parteisekretär]] der [[Kommunistische Partei Deutschland|Kommunistischen Partei Deutschlands]], [[1931]]/[[1932]] ein Mitarbeiter [[Ernst Thälmann]]s im [[Zentralkomitee]] und schließlich Mitglied des [[Preußischer Landtag|Preußischen Landtags]].
=== Weimarer Republik ===
Walter Krämer war von Beruf [[Schlosserei|Schlosser]], ab 1910 freiwilliger Soldat bei der [[Kaiserliche Marine|kaiserlichen Marine]]. Ende des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkriegs]] wurde er wegen eines Einbruchs in ein Lebensmitteldepot der Offiziere, später wegen seiner Beteiligung an den Aufständen revolutionärer Matrosen in [[Kiel]] inhaftiert. Befreit durch die [[Novemberrevolution]], kehrte Krämer 1918 nach Siegen zurück, wo er sich im [[Arbeiter- und Soldatenrat]] engagierte. Er schloss sich der [[Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands|Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands]] (USPD) an und nahm im März 1920 an den Kämpfen in der Folge des [[Kapp-Putsch]]es auf der Seite der [[Rote Ruhrarmee|Roten Ruhrarmee]] teil, in der er als Abschnittskommandeur tätig war. Ende 1920 trat er der KPD bei, deren Organisationssekretär im Unterbezirk Siegen er ab 1923 war. Ab 1925 vertrat er die KPD in der Stadtverordnetenversammlung. Er war als Unterbezirks- bzw. Bezirkssekretär in Krefeld, Wuppertal, Kassel und Hannover tätig. 1932/33 war er Mitglied des Preußischen Landtags. Damit war er neben [[Fritz Fränken]] (KPD) und [[Fritz Fries (Politiker)|Fritz Fries]] (SPD) einer von drei Landtagsabgeordneten der politischen Linken, die im Siegerland tätig waren.<ref>Zeitweiliger Unterbezirkssekretär der KPD war noch [[Rudolf Hennig (Politiker)|Rudolf Hennig]], Mitglied des Reichstags (1930–1933). ''Der Kommunismus im Siegerland''. In: Siegener Zeitung, 5. April 1933.</ref>


Bei einem Angriff nationalsozialistischer Abgeordneter auf Mitglieder der KPD-Fraktion im Mai 1932 wurde Krämer ernsthaft verletzt.<ref>[[Bodo Ritscher]]: ''Arzt für Häftlinge, Weimar-Buchenwald''. 1988, S. 21.</ref> Krämer war Mitglied der [[Deutsche Friedensgesellschaft|Deutschen Friedensgesellschaft]] (DFG).<ref>Einzelheiten siehe: Ulrich Friedrich Opfermann: ''Siegerland und Wittgenstein im Nationalsozialismus. Personen, Daten, Literatur. Ein Handbuch zur regionalen Zeitgeschichte'' (=&nbsp;Siegener Beiträge, Sonderband 2001). Siegen 2000; 2. Auflage 2001; Hermann Weber, Andreas Herbst: ''Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945.'' Dietz, Berlin 2004, ISBN 3-320-02044-7, S. 404.</ref>
Nach dem [[Reichstagsbrand]] [[1933]] wurde Krämer am 28. Februar verhaftet, wegen Hochverrats zu drei Jahren [[Zuchthaus]] verurteilt und im Anschluss [[1937]] von der [[Gestapo]] ins [[KZ Buchenwald]] verschleppt. Krämer eignete sich im Lager Buchenwald medizinische Kenntnisse im Selbststudium an, organisierte den Bau eines Krankenreviers und die Krankenversorgung und führte sogar selbst [[Operation]]en durch, um zum Beispiel durch Mißhandlungen der [[SS]] verletzten oder von erfrorenen Gliedmaßen betroffenen Mithäftlingen das Leben zu retten. In einem Steinbruch des KZ-Außenlagers bei [[Goslar]] wurde Krämer im Alter von 49 Jahren von der SS ermordet, weil er sich geweigert hatte, über sowjetische Kriegsgefangene das Todesurteil "[[Tuberkulose|Tbc-krank]]" zu verhängen. Seine Witwe ''Liesel Krämer'' erhielt 1941 eine Urne mit seiner Asche überstellt, die auf dem Hermelsbacher Friedhof in Siegen beigesetzt wurde. Liesel Krämer verstarb [[1963]].


=== Nationalsozialismus ===
Am 11. April [[2000]], am 55. Jahrestag der Selbstbefreiung des Konzentrationslagers Buchenwald, wurde Krämer von [[Yad Vashem]] im Beisein der Verwandten Krämers im Gläsersaal der Stadt Siegen der Titel [[Gerechter unter den Völkern]] verliehen. Eine direkte Anerkennung durch die Stadt Siegen blieb Krämer unter Hinweis auf sein kommunistisches Engagement bis heute verwehrt.
Nach dem [[Reichstagsbrand]] 1933 wurde Krämer am 28. Februar in [[Hannover]] verhaftet. Wegen [[Hochverrat]]s wurde er zu dreieinhalb Jahren [[Zuchthaus]] verurteilt. Haftorte waren ab Januar 1935 [[Hameln]], Hannover und [[Hildesheim]]. Mit dem Haftende wurde er von der [[Geheime Staatspolizei|Gestapo]] erneut festgenommen und am 15. Januar 1937 im [[KZ Lichtenburg]] und im August 1937 im [[KZ Buchenwald]] inhaftiert.


Krämer wurde nach der Verdrängung der als [[Kapo (KZ)|Kapos]] eingesetzten „Gewohnheitsverbrecher“ durch die im Lageruntergrund agierende KPD Kapo des Häftlingskrankenbaus. Dem maßgeblich von [[Eugen Kogon]] erarbeiteten ''Buchenwald-Report'' zufolge änderten sich „[i]nsbesondere durch die Initiative des kommunistischen Landtagsabgeordneten Walter Krämer […] die Verhältnisse im Krankenbau grundlegend. Von diesem Zeitpunkt ab wurde der Krankenbau zu einem Hauptstützpunkt des Kampfes gegen die SS sowie zu einer Oase zur Sicherheit der gefährdeten Häftlinge.“<ref>David A. Hackett (Hrsg.): ''Der Buchenwald-Report. Bericht über das Konzentrationslager Buchenwald bei Weimar''. München 2002, S. 247.</ref>
==Literatur==


Er eignete sich medizinische Kenntnisse im Selbststudium an, organisierte die Krankenversorgung und führte auch selbst [[Operation (Medizin)|Operationen]] durch, um zum Beispiel durch Misshandlungen der [[Schutzstaffel|SS]] verletzten oder von erfrorenen Gliedmaßen betroffenen Mithäftlingen das Leben zu retten. Er galt als „ein sehr vorzüglicher Wundbehandler und Operateur“.<ref>David A. Hackett (Hrsg.): ''Der Buchenwald-Report. Bericht über das Konzentrationslager Buchenwald bei Weimar''. München 2002, S. 91.</ref> Er weigerte sich, über sowjetische Kriegsgefangene das Todesurteil „[[Tuberkulose|Tbc-krank]]“ zu verhängen. Im Frühjahr 1940 erreichte er die Schließung eines von Mithäftlingen als „Mordhöhle“ charakterisierten Sonderlagers für meist staatenlose Juden aus Wien und den besetzten Ostgebieten mit dem Hinweis auf Seuchengefahr auch für die SS und die umliegenden Dörfer. „500 kaum noch lebensfähige Skelette brachte diese Rettungsaktion ins große Lager.“<ref>David A. Hackett (Hrsg.): ''Der Buchenwald-Report. Bericht über das Konzentrationslager Buchenwald bei Weimar''. München 2002, S. 197.</ref>
* Klaus Dietermann, Karl Prümm: ''Walter Krämer - von Siegen nach Buchenwald.'' Siegen 1986 (Hrsg. Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Siegerland e. V., Häutebachweg 9, 57072 Siegen).
* Bodo Ritscher: ''Arzt für die Häftlinge.'' Weimar/Buchenwald, 1988


In den ersten Novembertagen 1941 wurde Krämer zusammen mit seinem Stellvertreter [[Karl Peix]] zunächst im „Bunker“ des Lagers inhaftiert, um dann in das Außenlager Goslar überstellt zu werden. Beide wurden auf Anweisung des [[KZ-Kommandant|Lagerkommandanten]] [[Karl Otto Koch]] am Vormittag des 6. November von der SS unter aktiver Mithilfe des SS-Hauptscharführers [[Johann Blank (SS-Mitglied)|Johann Blank]] „auf der Flucht erschossen“ – Krämer in einer Sandgrube bei [[Hahndorf (Goslar)|Hahndorf]], Peix auf dem Fliegerhorst Goslar. Zum Mordmotiv gibt es unterschiedliche Annahmen. Krämer stand für die Strukturen des Widerstands der politischen Häftlinge im Lager, die der SS nicht ganz verborgen geblieben waren. Die Lager-Gestapo hatte bei ihm vermerkt: „Darf nicht entlassen werden!“<ref>Mithäftling Paul Grünewald (Häftlingssanitäter und Schreiber in Buchenwald), in: ''[[Die Glocke vom Ettersberg]]''. Mitteilungsblatt der Lagergemeinschaft Buchenwald-Dora, Frankfurt a.&nbsp;M. 1974, H.&nbsp;55, S.&nbsp;6f.</ref> Krämer hatte ein großes Wissen über Verstöße von SS-Angehörigen gegen dienstliche Verpflichtungen. Er wusste von der Korruptheit des Lagerkommandanten. Er hatte Koch wegen einer [[Syphilis]] heimlich behandeln müssen.<ref>Eugen Kogon: ''Der SS-Staat. Das System der deutschen Konzentrationslager''. Reinbek 1974, S. 304f.</ref>
==Weblinks==


Seine Witwe Elisabeth „Liesel“ Krämer, geb. Lehmann, erhielt von der KZ-Verwaltung eine Urne mit seiner Asche, die im November 1941 in Siegen beigesetzt wurde.<ref>[http://hannover.vvn-bda.de/hfgf.php?kapitel=27 ''Alle Achtung liebe Liesel, da hätte mancher die Hosen voll gemacht.''] In: ''Hannoversche Frauen gegen den Faschismus 1933–1945'', H.&nbsp;3, Hannover 1981–1983.</ref>
* http://www.veb-siegen.de/wkraemer/kraemer.htm
* http://www.ns-gedenkstaetten.de/nrw/de/siegen/thema_3/


== Rezeption und Erinnerung ==
[[Kategorie:Siegen|Krämer, Walter]]
=== Außerhalb der Heimatregion ===
[[Kategorie:Kommunist|Krämer, Walter]]
[[Datei:Gedenkstein Außenkommando Goslar des KZ Buchenwald.jpg|mini|hochkant|Gedenkstein für das Außenkommando Goslar des KZ Buchenwald, aufgestellt in Goslar am 110. Geburtstag Krämers 2002]]
[[Kategorie:NS-Opfer|Krämer, Walter]]
[[Datei:Stolperstein in Hannover für Walter Krämer.jpg|mini|hochkant|Stolperstein für Walter Krämer in Hannover, verlegt am 4. Dezember 2012<ref>[https://web.archive.org/web/20160106204004/http://www.erinnerungundzukunft.de/index.php?id=536 ''Walter Krämer''] auf erinnerungundzukunft.de.</ref>]]
[[Kategorie:Gerechter unter den Völkern|Krämer, Walter]]

Krämers Tätigkeit im Krankenrevier des Lagers führte nach 1945 zu dem Beinamen „Arzt von Buchenwald“. Der Publizist und Politikwissenschaftler [[Eugen Kogon]] (CDU) würdigte seinen Buchenwald-Mithäftling in ''[[Der SS-Staat]]'' u.&nbsp;a. als „starke, mutige Persönlichkeit.“ (1946).<ref>Eugen Kogon: ''Der SS-Staat. Das System der deutschen Konzentrationslager''. Berlin 1946, S. 132.</ref> Der DDR-Schriftsteller und Mithäftling [[Bruno Apitz]] setzte ihm in ''[[Nackt unter Wölfen]]'' (1956, Verfilmung 1963) ein internationales Denkmal, indem er der Hauptperson den Namen Walter Krämer gab.<ref>Bruno Apitz: ''Nackt unter Wölfen''. Halle 1958.</ref> Vor allem in der Jugend der [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]] war Krämer weithin bekannt, da der Roman von Apitz Pflichtlektüre an den Schulen war.<ref>Klaus Dietermann, Karl Prümm: ''Walter Krämer. Schlosser, Politiker, Arzt von Buchenwald''. Verlag der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Siegerland, Siegen 2015, S. 227.</ref> An der [[Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg|Martin-Luther-Universität Halle]] promovierte Christine Wenzel mit einer Dissertation über „Das Leben und Wirken des deutschen Kommunisten Walter Krämer“ (1970).<ref>Christine Wenzel (Rossberg): ''Das Leben und Wirken des deutschen Kommunisten Walter Krämer, ein Vorbild für die Mitarbeiter des Gesundheitswesens in der Deutschen Demokratischen Republik''. Diss.&nbsp;A, Halle 1970.</ref> In Weimar und in [[Neukirchen/Erzgeb.]] waren zwei Medizinische Fachschulen von 1970 bis 1992/93 nach Krämer benannt. Im Weimarer „Traditionskabinett Walter Krämer“ (1975 ff.) ausgestellte und bewahrte Relikte aus Krämers privatem und politischem Leben wurden nun entfernt und teilweise vernichtet, weitere konnte die NS-Gedenkstätte seiner Heimatstadt ''Aktives Museum Südwestfalen'' retten und ausstellen. Es gab in [[Berlin-Lichtenberg]] eine Stomatologische Klinik (1976&nbsp;ff.), die nach Krämer benannt, war. Am Klinikum Suhl gab es ein „Arbeitskollektiv Walter Krämer“ (1986&nbsp;ff.) und andernorts einige weitere Benennungen.<ref>Klaus Dietermann, Karl Prümm: ''Walter Krämer. Schlosser, Politiker, Arzt von Buchenwald''. Verlag der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Siegerland, Siegen 2015, S. 228.</ref>

1999 wurde Krämer postum von der israelischen Gedenkstätte [[Yad Vashem]] mit dem Titel ''[[Gerechter unter den Völkern]]'' ausgezeichnet.<ref>[https://righteous.yadvashem.org/?search=Walter%20Kraemer&searchType=righteous_only&language=en&itemId=4015823&ind=0 Walter Krämer] auf der Website von [[Yad Vashem]] (englisch)</ref> An dem Verleihungsakt in Siegen durch den israelischen Botschafter am 11. April 2000, dem 55. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald, nahmen mehr als 400 Personen teil.<ref>Klaus Dietermann, Karl Prümm: ''Walter Krämer. Schlosser, Politiker, Arzt von Buchenwald''. Verlag der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Siegerland, Siegen 2015, S. 235.</ref>

In Westdeutschland war Krämer außerhalb seiner Herkunftsregion, wo seine Vita strittig rezipiert wurde und er lange ohne Ehrung blieb, weitgehend unbekannt. An seinem 110. Geburtstag 2002 wurde in Goslar auf Initiative des Vereins „Spurensuche Harzregion“ ein Gedenkstein für das ehemalige KZ-Außenlager, dem Krämer angehört hatte, gesetzt.<ref>Klaus Dietermann, Karl Prümm: ''Walter Krämer. Schlosser, Politiker, Arzt von Buchenwald''. Verlag der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Siegerland, Siegen 2015, S. 236.</ref> 2017 wurde im neuen Wohn- und Gewerbegebiet [[Fliegerhorst Goslar|Fliegerhorst]] in Goslar eine Straße nach ihm benannt.<ref>[https://regionalgoslar.de/fliegerhorst-aus-sachsenhai-wird-walter-kraemer-strasse/ regionalgoslar.de]</ref> Am 25. April 2011, dem 66. Jahrestag der Befreiung durch die [[Third United States Army]], ehrte ihn die Lagergemeinschaft des Konzentrationslagers Buchenwald-Dora mit einer Gedenktafel. Es war die erste Ehrung für einen Deutschen. Daran nahmen aus dem Siegerland Gruppen der [[Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten]] (VVN-BdA) und der [[Deutsche Kommunistische Partei|DKP]] teil. Es sprachen u.&nbsp;a. der zeitweise in Siegen tätige Medienwissenschaftler [[Karl Prümm]] sowie [[Romani Rose]], Vorsitzender des [[Zentralrat Deutscher Sinti und Roma|Zentralrats Deutscher Sinti und Roma]].<ref>VVN-BdA: [http://d-nb.info/1019497807 ''66. Jahrestag Selbstbefreiung der Häftlinge: KZ Buchenwald'']</ref> In Hannover verlegte [[Gunter Demnig]] vor dem Eingang der Buchhandlung ''Lehmanns'' an der Heiligerstraße 16 am 4. Dezember 2012 einen [[Stolpersteine|Stolperstein]] für Krämer.<ref>Veronika Thomas: [http://www.haz.de/Hannover/Aus-der-Stadt/Uebersicht/21-neue-Stolpersteine-fuer-Hannover ''21 neue Stolpersteine für Hannover''.] In: ''[[Hannoversche Allgemeine Zeitung]]'', 29. November 2012.</ref><ref>''Siegener Zeitung'', Printausgabe, 11. Dezember 2012.</ref> Dort hatte sich das Parteibüro der KPD befunden, in dem Krämer als Bezirksleiter tätig gewesen war. Den Stein hatte die VVN-BdA Siegerland-Wittgenstein gespendet.<ref>Klaus Dietermann, Karl Prümm: ''Walter Krämer. Schlosser, Politiker, Arzt von Buchenwald''. Verlag der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Siegerland, Siegen 2015, S. 232.</ref>

Am 6. November 2021, zum 80. Todestag Walter Krämers, wurde in der nach ihm benannten Straße im Goslarer Stadtteil Fliegerhorst, eine Gedenk- und Hinweistafel eingeweiht.
[[Datei:Gedenktafel Walter Krämer.jpg|mini|alternativtext=Gedenktafel für Walter Krämer in der Walter-Krämer-Straße im Goslarer Stadtteil Fliegehorst|Gedenktafel für Walter Krämer in der Walter-Krämer-Straße im Goslarer Stadtteil Fliegehorst]]

=== Innerhalb der Heimatregion ===
Seit dem Ende des Nationalsozialismus gab es am Siegener Grab Krämers eine jährliche Kranzniederlegung am zweiten Sonntag im September, dem „Tag der [[Opfer des Faschismus]]“, die Krämer repräsentierte. In den ersten Jahren beteiligten sich daran und an begleitenden Veranstaltungen zunächst auch die Stadt Siegen und nichtkommunistische regionale Politiker.<ref>''Vergeßt die teuren Toten nicht.'' In: ''Freiheit'', 21. September 1948.</ref>

Bereits 1946 forderte die KPD im Kontext mehrerer Straßenumbenennungen, eine Siegener Straße nach Walter Krämer zu benennen,<ref>''Neue Straßennamen in Siegen.'' In: ''Freiheit'', 7. Juni 1946.</ref> womit sie allein blieb. Nachdem 1947 eine Ratsmehrheit eine Siegener Straße nach dem nationalsozialistischen Oberbürgermeister [[Alfred Fissmer]] benennen wollte, was die britische Militärregierung untersagte, schlug die KPD dafür Walter Krämer vor. Der Antrag wurde von CDU, SPD und FDP abgelehnt. Im politischen Klima des [[Kalter Krieg|Kalten Kriegs]] blieben die KPD und mit ihr die VVN damit im Siegerland randständig.<ref>''Umbenennung der Straßen.'' In: ''Freiheit'', 18. Februar 1947.</ref> Anders im benachbarten [[Kreis Altenkirchen]]. Dort wurde 1948 ein Erholungsheim nach Krämer benannt.<ref>''Walter-Krämer-Erholungsheim. Ehrung eines ermordeten Siegerländer Antifaschisten.'' In: ''Freiheit'', 10. Februar 1948.</ref>[[Datei:Walter-Krämer-Stele, November 2016.jpg|mini|Porträt-Stele vor dem Kreisklinikum Siegen auf dem Walter-Krämer-Platz, eingeweiht im November 2016]]

Mit dem [[KPD-Verbot]] 1956 endeten vorerst alle Bemühungen um eine Würdigung Krämers. 1975 ergriff der jüdische Vorsitzende der [[Deutscher Koordinierungsrat der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit|Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit]] [[Hugo Herrmann (DKR)|Hugo Herrmann]] öffentlich das Wort und verwies auf Krämer, der in Buchenwald versucht habe, „den Quälereien an den Juden ein Ende zu setzen“, was er mit seinem Leben bezahlt habe.<ref>Klaus Dietermann, Karl Prümm: ''Walter Krämer. Schlosser, Politiker, Arzt von Buchenwald''. Verlag der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Siegerland, Siegen 2015, S. 229.</ref> Das blieb eine Einzelstimme. Im November 1979 beantragte die VVN im Kulturausschuss der Stadt, die nach dem Antisemiten [[Adolf Stoecker]] benannte Straße nach Krämer umzubenennen, die allein von der [[Deutsche Kommunistische Partei|Deutschen Kommunistischen Partei]] (DKP) unterstützt wurde und auf minimale öffentliche Resonanz stieß. Der Antrag wurde nach monatelanger Wartezeit abgelehnt.<ref>Heiner Walter: ''Adolf-Stöcker-Straße jetzt umbenennen''. In: ''[[Westfälische Rundschau]]'', 7. Dezember 1979.</ref>

Neue Initiativen im Erinnerungsdiskurs gab es seit der Mitte der 1980er Jahre. Sie stießen auf die geschlossene Ablehnung von Politik und Verwaltung. Gewerkschaften und SPD, traditionelle Instanzen der [[Arbeiterbewegung]], schwiegen. Benennungen von Straßen, Plätzen, Schulen oder Krankenhäusern nach Nationalsozialisten, deren Wegbereitern oder wegen NS-Verbrechen Verurteilter wurden hingegen vorgenommen. Hier kam es zu einer Welle von Neubenennungen in den 1960er und 1970er Jahren, so zu [[Friedrich Flick]], [[Lothar Irle]], [[Jakob Henrich]], [[Ernst Bach (Politiker)|Ernst Bach]], [[Bernhard Weiss (Unternehmer)|Bernhard Weiß]] u.&nbsp;a. Sie wurden bis in die 1980er Jahre nicht als problematisch angesehen und jeweils von breiten politischen Mehrheiten auch gegen starke Kritik vehement verteidigt.<ref>In den 1980er Jahren begann eine Namensdiskussion zum [[Städtisches Gymnasium Kreuztal|Friedrich-Flick-Gymnasium]], die sich in mehrfach wiederholte. Die Namensgegner waren dann 2009 erfolgreich.</ref>

Der in Siegen lehrende Literaturwissenschaftler Karl Prümm und das Vorstandsmitglied Klaus Dietermann der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit erarbeiteten auf deren Beschluss eine Biografie Krämers, die 1986 erschien.<ref>Klaus Dietermann, Karl Prümm: ''Walter Krämer – von Siegen nach Buchenwald''. Siegen 1986; Neuauflage 1991.</ref> Heftigen Widerspruch gegen die Publikation formulierte der CDU-Kommunalpolitiker Paul Tigges (Lennestadt), Gründungs- und Vorstandsmitglied der [[Christine Koch|Christine-Koch-Gesellschaft]]. 1985 beantragte die DKP, einen Mahn- und Gedenkort für Walter Krämer einzurichten. Rat und Verwaltung reagierten darauf nicht. 1991 veranstaltete die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit eine „Walter-Krämer-Woche“.<ref>''Vor 50 Jahren im KZ ermordet. Der Siegener Walter Krämer: Vergessen?'' In: ''Westfälische Rundschau'', 6. November 1991.</ref> Ein Vorschlag 1997, einen zentralen Platz in Siegen nach Krämer zu benennen, wurde im Stadtrat erneut nur von einer Minderheit unterstützt.<ref>''Noch keine Einigung über Benennung: „Der Platz ist ja nun einmal ein Platz“ minderheitlich [zu „Walter-Krämer-Platz“]''. In: ''Westfälische Rundschau'', 18. September 1997.</ref> 1998 schließlich beschloss der Stadtrat, Krämer mit einer Tafel an seinem Geburtshaus – abseits der Innenstadt in einem Wohngebiet – zu ehren.<ref>''Gedenktafel soll an Walter Krämer erinnern. Späte Ehre für den „Arzt von Buchenwald“''. In: ''Siegener Zeitung'', 20. Mai 1998; Klaus Dietermann: ''Späte Teil-Anerkennung''. In: ''Siegener Beiträge. Jahrbuch für regionale Geschichte'' 4 (1999), S. 153–157.</ref> Am 27. Januar 1999, dem [[Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus]], wurde sie angebracht.<ref>[http://www.siegen-guide.de/sehenswuerdigkeit/geburtshaus-walter-kraemer/ ''Geburtshaus Walter Krämer''.] Auf siegen-guide.de</ref> 2007 scheiterte ein Bürgerantrag zur „Änderung von historisch-belasteten und zweifelhaften Straßenbezeichnungen“, damit auch die Umbenennung der ''Adolf-Stöcker-Straße'' in ''Walter-Krämer-Straße''.<ref>''Behandlung des Antrages im Hauptausschuss des Rates der Stadt Siegen'' vom 15. August 2007. Vgl. Vorlage 1498/2007, Niederschrift der Sitzung vom 15. August 2007; ''Bastian Föst, Massenmörder mit Auszeichnung.'' In: ''Westfälische Rundschau'', 13. August 2007.</ref> Der städtische Hauptausschuss lehnte ab. Die Benennungsvorschläge erstreckten sich inzwischen auf eine Straße, eine zentrale Siegbrücke und ein Krankenhaus.<ref>{{Internetquelle |autor=Georg Maag |url=http://www.derwesten.de/staedte/siegen/Ehrung-rueckt-in-weite-Ferne-id2443126.html |titel=Ehrung rückt in weite Ferne |werk=Der Westen |hrsg=Funke Mediengruppe |datum=2010-01-26 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20160106110339/http://www.derwesten.de/staedte/nachrichten-aus-siegen-kreuztal-netphen-hilchenbach-und-freudenberg/ehrung-rueckt-in-weite-ferne-id2443126.html |archiv-datum=2016-01-06 |abruf=2025-05-01 |kommentar=original auch in ''Westfälische Rundschau''}}</ref> Sie blieben erfolglos. Am 24. Mai 2011 wurde ein Antrag der Grünen-, Linken- und SPD-Ratsfraktionen („Siegbrücke“) mehrheitlich abgelehnt.<ref>{{Internetquelle |autor=Alexander Völkel |url=https://www.wp.de/staedte/siegerland/article4692695/walter-kraemer-wird-in-siegen-nicht-geehrt.html |titel=Walter Krämer wird in Siegen nicht geehrt |werk=Westfalenpost |hrsg=Funke Mediengruppe |datum=2011-05-25 |sprache=de |abruf=2025-05-01 |kommentar=original auch in ''Westfälische Rundschau''}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Alexander Völkel |url=https://www.wp.de/staedte/siegerland/article4692697/eine-schande-fuer-siegen.html |titel=Eine Schande für Siegen |werk=Westfalenpost |hrsg=Funke Mediengruppe |datum=2011-05-25 |sprache=de |abruf=2025-05-01 |kommentar=original auch in ''Westfälische Rundschau''}}</ref> In der folgenden öffentlichen Diskussion kritisierte der Historiker [[Ulrich Opfermann]] die CDU-Haltung als „wenig geschichtsbewußt“. Sie habe durch „ihre Entscheidung zu Krämer eine gute Chance vergeben“. Opfermann erklärte den Vorgang mit „Wurzeln“ dieser Partei „in der antidemokratischen und antisemitischen DNVP“. Er verwies auf den Siegener CDU-Politiker und Zeitgenossen von Krämer [[Ernst Bach (Politiker)|Ernst Bach]], der trotz seiner rechtsextremistischen Vergangenheit und korrupter Praktiken per Ratsbeschluss eine Straßenbenennung erhalten hatte.<ref>{{Internetquelle |autor=Alexander Völkel |url=https://www.wp.de/staedte/siegerland/article4692695/walter-kraemer-wird-in-siegen-nicht-geehrt.html |titel=Walter Krämer wird in Siegen nicht geehrt |werk=Westfalenpost |hrsg=Funke Mediengruppe |datum=2011-05-25 |abruf=2025-05-01 |sprache=de}}</ref> Zum 70. Todestag veranstalteten die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit und die Siegener NS-Gedenkstätte „[[Aktives Museum Südwestfalen]]“ eine Walter-Krämer-Gedächtniswoche und der regionale VVN-BdA zusammen mit der Lagergemeinschaft Buchenwald-Dora ein Symposium zu Krämer. Inzwischen aber hatte sich die [[Christlich Demokratische Union Deutschlands|CDU]]-Fraktion geöffnet.<ref>[http://www.siegener-zeitung.de/a/462190/cdu-will-kraemer-wuerdigen ''Fraktionsmehrheit sieht Positives. CDU will Krämer würdigen''.] In: ''Siegener Zeitung'', 31. Mai 2011.</ref><ref>[https://www.nd-aktuell.de/artikel/194567.noch-kein-sieg-in-siegen.html ''Noch kein Sieg in Siegen. Seit 65 Jahren verweigert man in Südwestfalen einem Kommunisten, Antifaschisten und im KZ Ermordeten die Ehrung''.] In: ''[[neues deutschland]]'', 2. April 2011.</ref> 2012 schließlich beschloss der Rat der Stadt Siegen mehrheitlich, den Platz vor dem Haupteingang des Kreisklinikums im Stadtteil [[Weidenau (Siegen)|Weidenau]] als ''Walter-Krämer-Platz'' zu benennen.<ref>{{Internetquelle |autor=Alexander Völkel |url=https://www.wp.de/staedte/siegerland/article6415103/ideologische-schlammschlacht.html |titel=Ideologische Schlammschlacht |werk=Westfalenpost |hrsg=Funke Mediengruppe |datum=2012-03-01 |abruf=2025-05-01 |sprache=de}}</ref>

Im November 2014 wurde am Siegener Kreisklinikum der Walter-Krämer-Platz fertiggestellt. Er wurde von [[Erwin Wortelkamp]] gestaltet. Es sind mehrere Elemente zu sehen, die Leben und Wirken Walter Krämers symbolisieren. Eine Stele zeigt Krämers Konterfei, ein Spruch des französisch-jüdischen Philosophen [[Emmanuel Levinas]] auf dem Boden leitet die Besucher in das Klinikum: „Die Sorge für den anderen siegt über die Sorge um sich selbst.“ Bei der offiziellen Einweihung im Dezember 2014 sprach Landrat [[Andreas Müller (Politiker, 1983)|Andreas Müller]] (SPD) von einem „würdevollen Ereignis und einem bedeutsamen Tag für Siegen“, bis zu dem es „ein langer Weg“ gewesen sei, da Krämer zu den „unerwünschten NS-Opfern“ gehört habe. Bürgermeister [[Steffen Mues]] (CDU) erklärte, Krämers vorbildliches humanitäres Engagement und der Widerstand gegen das NS-Regime seien deutlich höher wertzuschätzen als die Kritik. Er erinnerte an den Landrat [[Paul Breuer]] (CDU) und dessen aktives Engagement für die Benennung des Platzes. Das sei „mutig, wegweisend – kurz: richtig“ gewesen.<ref>{{Webarchiv|url=http://www.siegerlandkurier.de/print/vermischtes/walter-kraemer-platz-eroeffnet/ |wayback=20141214204439 |text=''„Mutig, weigweisend – richtig“. Walter Krämer-Platz offiziell eröffnet'' |archiv-bot=2019-05-22 14:20:28 InternetArchiveBot }}. ''Siegerland-Kurier'', 10. Dezember 2014.</ref> Der Krämer-Biograf und Leiter der NS-Gedenkstätte Klaus Dietermann sieht Breuer und Mues als wichtige Unterstützer der Krämer-Würdigung.<ref>Klaus Dietermann, Karl Prümm: ''Walter Krämer. Schlosser, Politiker, Arzt von Buchenwald''. Verlag der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Siegerland, Siegen 2015, S. 237.</ref>

Im Februar 2015 beschloss der [[Allgemeiner Studierendenausschuss|AStA]] der [[Universität Siegen]], studentische Gremien in Zukunft nach Krämer zu benennen.<ref>{{Webarchiv|url=http://www.asta.uni-siegen.de/2015/02/25/stupa-beschliesst-benennung-studentischer-gremien-nach-walter-kraemer |wayback=20150518202545 |text=''Stupa beschließt Benennung Studentischer Gremien nach Walter Krämer'' |archiv-bot=2019-05-22 14:20:28 InternetArchiveBot }}. Website des AStA der Universität Siegen, abgerufen am 12. Mai 2015.</ref>

Bei einer Umfrage zum „größten“ Siegen-Wittgensteiner anlässlich des 200-jährigen Jubiläums „200 Jahre Kreise Siegen und Wittgenstein“ setzte sich Krämer mit 44 % der Stimmen gegen [[Fritz Busch]] (33,7 %) und [[Johann Heinrich Jung-Stilling]] (6,8 %) klar durch.<ref>[https://www.wp.de/staedte/siegerland/abstimmung-walter-kraemer-ist-groesster-siegen-wittgensteiner-id211186337.html ''Abstimmung: Walter Krämer ist größter Siegen-Wittgensteiner''.] In: ''Westfalenpost'', 10. Juli 2017.</ref>

Im November 2017 gab die ''[[Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten]] (VVN-BdA)'' anlässlich der Ermordung Walter Krämers vor 76 Jahren und im Gedenken an den „Arzt von Buchenwald“ zwei Briefmarken heraus.<ref>{{Literatur |Titel=Briefmarken erinnern an Walter Krämer |Online=https://www.wp.de/staedte/siegerland/briefmarken-erinnern-an-walter-kraemer-id212464137.html |Abruf=2017-11-25}}</ref>

== Literatur ==
* [[Bruno Apitz]]: ''Nackt unter Wölfen''. Berlin 1998, 9. Auflage.
* Klaus Dietermann, [[Karl Prümm]]: ''Walter Krämer. Schlosser, Politiker, Arzt von Buchenwald''. Verlag der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Siegerland, Siegen 2015.
* Klaus Dietermann: ''Späte Teil-Anerkennung''. In: ''Siegener Beiträge. Jahrbuch für regionale Geschichte'' 4 (1999), S. 153–157.
* Klaus Dietermann, Karl Prümm: ''Walter Krämer – von Siegen nach Buchenwald.'' Verlag der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Siegerland, Siegen 1986.
* David A. Hacket: ''Der Buchenwald-Report. Bericht über das Konzentrationslager Buchenwald bei Weimar''. München 1996.
* Liesel Krämer: ''Alle Achtung, liebe Liesel, da hätte mancher die Hose voll gemacht.'' In: VVN/BdA (Hrsg.): ''Hannoversche Frauen gegen den Faschismus 1933–1945, Lebensberichte''. Hannover 1982, S. 36–40.
* [[Walter Poller]]: ''Arztschreiber in Buchenwald. Bericht des Häftlings 996 aus Block 36''. 2.&nbsp;Auflage. Offenbach 1960.
* [[Bodo Ritscher]]: ''Arzt für die Häftlinge. Aus dem Leben Walter Krämers.'' Weimar-Buchenwald 1988.
* Christine Roßberg (Wenzel): ''Arzt ohne Examen''. Berlin (DDR) 1982.
* ''[http://www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/wer-war-wer-in-der-ddr-%2363%3b-1424.html?ID=4633 Krämer, Walter]''. In: {{BibISBN|3320021306}}

== Weblinks ==
{{Commonscat|Walter Krämer (1892-1941)|Walter Krämer|audio=1|video=0}}
* [https://www.vvn-bda-siegen.de/wkraemer/leben.html ''Walter Krämer''.] Auf: ''[[Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes|VVN-BdA]], Kreisvereinigung Siegerland-Wittgenstein'', 7. Februar 2007.
* [http://www.ns-gedenkstaetten.de/nrw/siegen/wissenswertes/walter-kraemer.html ''Walter Krämer – Späte Anerkennung eines „unerwünschten Opfers“''.] Auf: ''ns-gedenkstaetten.de''.
* [http://hannover.vvn-bda.de/hfgf.php?kapitel=27 ''Hannoversche Frauen gegen den Faschismus 1933 – 1945: Alle Achtung liebe Liesel, da hätte mancher die Hosen voll gemacht'']. Auf: VVN-BdA, Kreisvereinigung Hannover, 10. Juni 2009.

== Einzelnachweise ==
<references />

{{Normdaten|TYP=p|GND=118565923|LCCN=n86060023|VIAF=32788524}}

{{SORTIERUNG:Kramer, Walter}}
[[Kategorie:Mitglied des Preußischen Landtags (Freistaat Preußen)]]
[[Kategorie:Gerechter unter den Völkern (Deutschland)]]
[[Kategorie:Widerstandskämpfer im KZ Buchenwald]]
[[Kategorie:Funktionshäftling im KZ Buchenwald]]
[[Kategorie:Opfer der NS-Justiz]]
[[Kategorie:Person, für die in Hannover ein Stolperstein verlegt wurde]]
[[Kategorie:KPD-Funktionär]]
[[Kategorie:USPD-Mitglied]]
[[Kategorie:Person der Novemberrevolution]]
[[Kategorie:Person (Widerstand gegen den Nationalsozialismus)]]
[[Kategorie:Häftling im KZ Lichtenburg]]
[[Kategorie:Person (Siegen)]]
[[Kategorie:Deutscher]]
[[Kategorie:Geboren 1892]]
[[Kategorie:Gestorben 1941]]
[[Kategorie:Mann]]

{{Personendaten
|NAME=Krämer, Walter
|ALTERNATIVNAMEN=
|KURZBESCHREIBUNG=deutscher Politiker (KPD), Widerstandskämpfer und Naziopfer
|GEBURTSDATUM=21. Juni 1892
|GEBURTSORT=[[Siegen]]
|STERBEDATUM=6. November 1941
|STERBEORT=[[Hahndorf (Goslar)|Hahndorf]]
}}

Aktuelle Version vom 1. Mai 2025, 19:48 Uhr

Walter Krämer (vor 1933)

Walter Krämer (* 21. Juni 1892 in Siegen; † 6. November 1941 in Hahndorf) war ein deutscher Politiker der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) und Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus. Er war 1932/33 Abgeordneter des Preußischen Landtags, wurde 1933 verhaftet und 1941 in einem Außenlager des Konzentrationslagers Buchenwald in Hahndorf bei Goslar ermordet. Zuvor hatte er als „Arzt von Buchenwald“ vielen Häftlingen medizinisch geholfen, wofür ihm der Staat Israel im Jahr 2000 postum den Titel Gerechter unter den Völkern verlieh.

Weimarer Republik

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Walter Krämer war von Beruf Schlosser, ab 1910 freiwilliger Soldat bei der kaiserlichen Marine. Ende des Ersten Weltkriegs wurde er wegen eines Einbruchs in ein Lebensmitteldepot der Offiziere, später wegen seiner Beteiligung an den Aufständen revolutionärer Matrosen in Kiel inhaftiert. Befreit durch die Novemberrevolution, kehrte Krämer 1918 nach Siegen zurück, wo er sich im Arbeiter- und Soldatenrat engagierte. Er schloss sich der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD) an und nahm im März 1920 an den Kämpfen in der Folge des Kapp-Putsches auf der Seite der Roten Ruhrarmee teil, in der er als Abschnittskommandeur tätig war. Ende 1920 trat er der KPD bei, deren Organisationssekretär im Unterbezirk Siegen er ab 1923 war. Ab 1925 vertrat er die KPD in der Stadtverordnetenversammlung. Er war als Unterbezirks- bzw. Bezirkssekretär in Krefeld, Wuppertal, Kassel und Hannover tätig. 1932/33 war er Mitglied des Preußischen Landtags. Damit war er neben Fritz Fränken (KPD) und Fritz Fries (SPD) einer von drei Landtagsabgeordneten der politischen Linken, die im Siegerland tätig waren.[1]

Bei einem Angriff nationalsozialistischer Abgeordneter auf Mitglieder der KPD-Fraktion im Mai 1932 wurde Krämer ernsthaft verletzt.[2] Krämer war Mitglied der Deutschen Friedensgesellschaft (DFG).[3]

Nationalsozialismus

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Reichstagsbrand 1933 wurde Krämer am 28. Februar in Hannover verhaftet. Wegen Hochverrats wurde er zu dreieinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt. Haftorte waren ab Januar 1935 Hameln, Hannover und Hildesheim. Mit dem Haftende wurde er von der Gestapo erneut festgenommen und am 15. Januar 1937 im KZ Lichtenburg und im August 1937 im KZ Buchenwald inhaftiert.

Krämer wurde nach der Verdrängung der als Kapos eingesetzten „Gewohnheitsverbrecher“ durch die im Lageruntergrund agierende KPD Kapo des Häftlingskrankenbaus. Dem maßgeblich von Eugen Kogon erarbeiteten Buchenwald-Report zufolge änderten sich „[i]nsbesondere durch die Initiative des kommunistischen Landtagsabgeordneten Walter Krämer […] die Verhältnisse im Krankenbau grundlegend. Von diesem Zeitpunkt ab wurde der Krankenbau zu einem Hauptstützpunkt des Kampfes gegen die SS sowie zu einer Oase zur Sicherheit der gefährdeten Häftlinge.“[4]

Er eignete sich medizinische Kenntnisse im Selbststudium an, organisierte die Krankenversorgung und führte auch selbst Operationen durch, um zum Beispiel durch Misshandlungen der SS verletzten oder von erfrorenen Gliedmaßen betroffenen Mithäftlingen das Leben zu retten. Er galt als „ein sehr vorzüglicher Wundbehandler und Operateur“.[5] Er weigerte sich, über sowjetische Kriegsgefangene das Todesurteil „Tbc-krank“ zu verhängen. Im Frühjahr 1940 erreichte er die Schließung eines von Mithäftlingen als „Mordhöhle“ charakterisierten Sonderlagers für meist staatenlose Juden aus Wien und den besetzten Ostgebieten mit dem Hinweis auf Seuchengefahr auch für die SS und die umliegenden Dörfer. „500 kaum noch lebensfähige Skelette brachte diese Rettungsaktion ins große Lager.“[6]

In den ersten Novembertagen 1941 wurde Krämer zusammen mit seinem Stellvertreter Karl Peix zunächst im „Bunker“ des Lagers inhaftiert, um dann in das Außenlager Goslar überstellt zu werden. Beide wurden auf Anweisung des Lagerkommandanten Karl Otto Koch am Vormittag des 6. November von der SS unter aktiver Mithilfe des SS-Hauptscharführers Johann Blank „auf der Flucht erschossen“ – Krämer in einer Sandgrube bei Hahndorf, Peix auf dem Fliegerhorst Goslar. Zum Mordmotiv gibt es unterschiedliche Annahmen. Krämer stand für die Strukturen des Widerstands der politischen Häftlinge im Lager, die der SS nicht ganz verborgen geblieben waren. Die Lager-Gestapo hatte bei ihm vermerkt: „Darf nicht entlassen werden!“[7] Krämer hatte ein großes Wissen über Verstöße von SS-Angehörigen gegen dienstliche Verpflichtungen. Er wusste von der Korruptheit des Lagerkommandanten. Er hatte Koch wegen einer Syphilis heimlich behandeln müssen.[8]

Seine Witwe Elisabeth „Liesel“ Krämer, geb. Lehmann, erhielt von der KZ-Verwaltung eine Urne mit seiner Asche, die im November 1941 in Siegen beigesetzt wurde.[9]

Rezeption und Erinnerung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Außerhalb der Heimatregion

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Gedenkstein für das Außenkommando Goslar des KZ Buchenwald, aufgestellt in Goslar am 110. Geburtstag Krämers 2002
Stolperstein für Walter Krämer in Hannover, verlegt am 4. Dezember 2012[10]

Krämers Tätigkeit im Krankenrevier des Lagers führte nach 1945 zu dem Beinamen „Arzt von Buchenwald“. Der Publizist und Politikwissenschaftler Eugen Kogon (CDU) würdigte seinen Buchenwald-Mithäftling in Der SS-Staat u. a. als „starke, mutige Persönlichkeit.“ (1946).[11] Der DDR-Schriftsteller und Mithäftling Bruno Apitz setzte ihm in Nackt unter Wölfen (1956, Verfilmung 1963) ein internationales Denkmal, indem er der Hauptperson den Namen Walter Krämer gab.[12] Vor allem in der Jugend der DDR war Krämer weithin bekannt, da der Roman von Apitz Pflichtlektüre an den Schulen war.[13] An der Martin-Luther-Universität Halle promovierte Christine Wenzel mit einer Dissertation über „Das Leben und Wirken des deutschen Kommunisten Walter Krämer“ (1970).[14] In Weimar und in Neukirchen/Erzgeb. waren zwei Medizinische Fachschulen von 1970 bis 1992/93 nach Krämer benannt. Im Weimarer „Traditionskabinett Walter Krämer“ (1975 ff.) ausgestellte und bewahrte Relikte aus Krämers privatem und politischem Leben wurden nun entfernt und teilweise vernichtet, weitere konnte die NS-Gedenkstätte seiner Heimatstadt Aktives Museum Südwestfalen retten und ausstellen. Es gab in Berlin-Lichtenberg eine Stomatologische Klinik (1976 ff.), die nach Krämer benannt, war. Am Klinikum Suhl gab es ein „Arbeitskollektiv Walter Krämer“ (1986 ff.) und andernorts einige weitere Benennungen.[15]

1999 wurde Krämer postum von der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem mit dem Titel Gerechter unter den Völkern ausgezeichnet.[16] An dem Verleihungsakt in Siegen durch den israelischen Botschafter am 11. April 2000, dem 55. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald, nahmen mehr als 400 Personen teil.[17]

In Westdeutschland war Krämer außerhalb seiner Herkunftsregion, wo seine Vita strittig rezipiert wurde und er lange ohne Ehrung blieb, weitgehend unbekannt. An seinem 110. Geburtstag 2002 wurde in Goslar auf Initiative des Vereins „Spurensuche Harzregion“ ein Gedenkstein für das ehemalige KZ-Außenlager, dem Krämer angehört hatte, gesetzt.[18] 2017 wurde im neuen Wohn- und Gewerbegebiet Fliegerhorst in Goslar eine Straße nach ihm benannt.[19] Am 25. April 2011, dem 66. Jahrestag der Befreiung durch die Third United States Army, ehrte ihn die Lagergemeinschaft des Konzentrationslagers Buchenwald-Dora mit einer Gedenktafel. Es war die erste Ehrung für einen Deutschen. Daran nahmen aus dem Siegerland Gruppen der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) und der DKP teil. Es sprachen u. a. der zeitweise in Siegen tätige Medienwissenschaftler Karl Prümm sowie Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma.[20] In Hannover verlegte Gunter Demnig vor dem Eingang der Buchhandlung Lehmanns an der Heiligerstraße 16 am 4. Dezember 2012 einen Stolperstein für Krämer.[21][22] Dort hatte sich das Parteibüro der KPD befunden, in dem Krämer als Bezirksleiter tätig gewesen war. Den Stein hatte die VVN-BdA Siegerland-Wittgenstein gespendet.[23]

Am 6. November 2021, zum 80. Todestag Walter Krämers, wurde in der nach ihm benannten Straße im Goslarer Stadtteil Fliegerhorst, eine Gedenk- und Hinweistafel eingeweiht.

Gedenktafel für Walter Krämer in der Walter-Krämer-Straße im Goslarer Stadtteil Fliegehorst
Gedenktafel für Walter Krämer in der Walter-Krämer-Straße im Goslarer Stadtteil Fliegehorst

Innerhalb der Heimatregion

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit dem Ende des Nationalsozialismus gab es am Siegener Grab Krämers eine jährliche Kranzniederlegung am zweiten Sonntag im September, dem „Tag der Opfer des Faschismus“, die Krämer repräsentierte. In den ersten Jahren beteiligten sich daran und an begleitenden Veranstaltungen zunächst auch die Stadt Siegen und nichtkommunistische regionale Politiker.[24]

Bereits 1946 forderte die KPD im Kontext mehrerer Straßenumbenennungen, eine Siegener Straße nach Walter Krämer zu benennen,[25] womit sie allein blieb. Nachdem 1947 eine Ratsmehrheit eine Siegener Straße nach dem nationalsozialistischen Oberbürgermeister Alfred Fissmer benennen wollte, was die britische Militärregierung untersagte, schlug die KPD dafür Walter Krämer vor. Der Antrag wurde von CDU, SPD und FDP abgelehnt. Im politischen Klima des Kalten Kriegs blieben die KPD und mit ihr die VVN damit im Siegerland randständig.[26] Anders im benachbarten Kreis Altenkirchen. Dort wurde 1948 ein Erholungsheim nach Krämer benannt.[27]

Porträt-Stele vor dem Kreisklinikum Siegen auf dem Walter-Krämer-Platz, eingeweiht im November 2016

Mit dem KPD-Verbot 1956 endeten vorerst alle Bemühungen um eine Würdigung Krämers. 1975 ergriff der jüdische Vorsitzende der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Hugo Herrmann öffentlich das Wort und verwies auf Krämer, der in Buchenwald versucht habe, „den Quälereien an den Juden ein Ende zu setzen“, was er mit seinem Leben bezahlt habe.[28] Das blieb eine Einzelstimme. Im November 1979 beantragte die VVN im Kulturausschuss der Stadt, die nach dem Antisemiten Adolf Stoecker benannte Straße nach Krämer umzubenennen, die allein von der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) unterstützt wurde und auf minimale öffentliche Resonanz stieß. Der Antrag wurde nach monatelanger Wartezeit abgelehnt.[29]

Neue Initiativen im Erinnerungsdiskurs gab es seit der Mitte der 1980er Jahre. Sie stießen auf die geschlossene Ablehnung von Politik und Verwaltung. Gewerkschaften und SPD, traditionelle Instanzen der Arbeiterbewegung, schwiegen. Benennungen von Straßen, Plätzen, Schulen oder Krankenhäusern nach Nationalsozialisten, deren Wegbereitern oder wegen NS-Verbrechen Verurteilter wurden hingegen vorgenommen. Hier kam es zu einer Welle von Neubenennungen in den 1960er und 1970er Jahren, so zu Friedrich Flick, Lothar Irle, Jakob Henrich, Ernst Bach, Bernhard Weiß u. a. Sie wurden bis in die 1980er Jahre nicht als problematisch angesehen und jeweils von breiten politischen Mehrheiten auch gegen starke Kritik vehement verteidigt.[30]

Der in Siegen lehrende Literaturwissenschaftler Karl Prümm und das Vorstandsmitglied Klaus Dietermann der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit erarbeiteten auf deren Beschluss eine Biografie Krämers, die 1986 erschien.[31] Heftigen Widerspruch gegen die Publikation formulierte der CDU-Kommunalpolitiker Paul Tigges (Lennestadt), Gründungs- und Vorstandsmitglied der Christine-Koch-Gesellschaft. 1985 beantragte die DKP, einen Mahn- und Gedenkort für Walter Krämer einzurichten. Rat und Verwaltung reagierten darauf nicht. 1991 veranstaltete die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit eine „Walter-Krämer-Woche“.[32] Ein Vorschlag 1997, einen zentralen Platz in Siegen nach Krämer zu benennen, wurde im Stadtrat erneut nur von einer Minderheit unterstützt.[33] 1998 schließlich beschloss der Stadtrat, Krämer mit einer Tafel an seinem Geburtshaus – abseits der Innenstadt in einem Wohngebiet – zu ehren.[34] Am 27. Januar 1999, dem Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, wurde sie angebracht.[35] 2007 scheiterte ein Bürgerantrag zur „Änderung von historisch-belasteten und zweifelhaften Straßenbezeichnungen“, damit auch die Umbenennung der Adolf-Stöcker-Straße in Walter-Krämer-Straße.[36] Der städtische Hauptausschuss lehnte ab. Die Benennungsvorschläge erstreckten sich inzwischen auf eine Straße, eine zentrale Siegbrücke und ein Krankenhaus.[37] Sie blieben erfolglos. Am 24. Mai 2011 wurde ein Antrag der Grünen-, Linken- und SPD-Ratsfraktionen („Siegbrücke“) mehrheitlich abgelehnt.[38][39] In der folgenden öffentlichen Diskussion kritisierte der Historiker Ulrich Opfermann die CDU-Haltung als „wenig geschichtsbewußt“. Sie habe durch „ihre Entscheidung zu Krämer eine gute Chance vergeben“. Opfermann erklärte den Vorgang mit „Wurzeln“ dieser Partei „in der antidemokratischen und antisemitischen DNVP“. Er verwies auf den Siegener CDU-Politiker und Zeitgenossen von Krämer Ernst Bach, der trotz seiner rechtsextremistischen Vergangenheit und korrupter Praktiken per Ratsbeschluss eine Straßenbenennung erhalten hatte.[40] Zum 70. Todestag veranstalteten die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit und die Siegener NS-Gedenkstätte „Aktives Museum Südwestfalen“ eine Walter-Krämer-Gedächtniswoche und der regionale VVN-BdA zusammen mit der Lagergemeinschaft Buchenwald-Dora ein Symposium zu Krämer. Inzwischen aber hatte sich die CDU-Fraktion geöffnet.[41][42] 2012 schließlich beschloss der Rat der Stadt Siegen mehrheitlich, den Platz vor dem Haupteingang des Kreisklinikums im Stadtteil Weidenau als Walter-Krämer-Platz zu benennen.[43]

Im November 2014 wurde am Siegener Kreisklinikum der Walter-Krämer-Platz fertiggestellt. Er wurde von Erwin Wortelkamp gestaltet. Es sind mehrere Elemente zu sehen, die Leben und Wirken Walter Krämers symbolisieren. Eine Stele zeigt Krämers Konterfei, ein Spruch des französisch-jüdischen Philosophen Emmanuel Levinas auf dem Boden leitet die Besucher in das Klinikum: „Die Sorge für den anderen siegt über die Sorge um sich selbst.“ Bei der offiziellen Einweihung im Dezember 2014 sprach Landrat Andreas Müller (SPD) von einem „würdevollen Ereignis und einem bedeutsamen Tag für Siegen“, bis zu dem es „ein langer Weg“ gewesen sei, da Krämer zu den „unerwünschten NS-Opfern“ gehört habe. Bürgermeister Steffen Mues (CDU) erklärte, Krämers vorbildliches humanitäres Engagement und der Widerstand gegen das NS-Regime seien deutlich höher wertzuschätzen als die Kritik. Er erinnerte an den Landrat Paul Breuer (CDU) und dessen aktives Engagement für die Benennung des Platzes. Das sei „mutig, wegweisend – kurz: richtig“ gewesen.[44] Der Krämer-Biograf und Leiter der NS-Gedenkstätte Klaus Dietermann sieht Breuer und Mues als wichtige Unterstützer der Krämer-Würdigung.[45]

Im Februar 2015 beschloss der AStA der Universität Siegen, studentische Gremien in Zukunft nach Krämer zu benennen.[46]

Bei einer Umfrage zum „größten“ Siegen-Wittgensteiner anlässlich des 200-jährigen Jubiläums „200 Jahre Kreise Siegen und Wittgenstein“ setzte sich Krämer mit 44 % der Stimmen gegen Fritz Busch (33,7 %) und Johann Heinrich Jung-Stilling (6,8 %) klar durch.[47]

Im November 2017 gab die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) anlässlich der Ermordung Walter Krämers vor 76 Jahren und im Gedenken an den „Arzt von Buchenwald“ zwei Briefmarken heraus.[48]

  • Bruno Apitz: Nackt unter Wölfen. Berlin 1998, 9. Auflage.
  • Klaus Dietermann, Karl Prümm: Walter Krämer. Schlosser, Politiker, Arzt von Buchenwald. Verlag der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Siegerland, Siegen 2015.
  • Klaus Dietermann: Späte Teil-Anerkennung. In: Siegener Beiträge. Jahrbuch für regionale Geschichte 4 (1999), S. 153–157.
  • Klaus Dietermann, Karl Prümm: Walter Krämer – von Siegen nach Buchenwald. Verlag der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Siegerland, Siegen 1986.
  • David A. Hacket: Der Buchenwald-Report. Bericht über das Konzentrationslager Buchenwald bei Weimar. München 1996.
  • Liesel Krämer: Alle Achtung, liebe Liesel, da hätte mancher die Hose voll gemacht. In: VVN/BdA (Hrsg.): Hannoversche Frauen gegen den Faschismus 1933–1945, Lebensberichte. Hannover 1982, S. 36–40.
  • Walter Poller: Arztschreiber in Buchenwald. Bericht des Häftlings 996 aus Block 36. 2. Auflage. Offenbach 1960.
  • Bodo Ritscher: Arzt für die Häftlinge. Aus dem Leben Walter Krämers. Weimar-Buchenwald 1988.
  • Christine Roßberg (Wenzel): Arzt ohne Examen. Berlin (DDR) 1982.
  • Krämer, Walter. In: Hermann Weber, Andreas Herbst: Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945. 2., überarbeitete und stark erweiterte Auflage. Karl Dietz, Berlin 2008, ISBN 978-3-320-02130-6.
Commons: Walter Krämer – Sammlung von Bildern und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Zeitweiliger Unterbezirkssekretär der KPD war noch Rudolf Hennig, Mitglied des Reichstags (1930–1933). Der Kommunismus im Siegerland. In: Siegener Zeitung, 5. April 1933.
  2. Bodo Ritscher: Arzt für Häftlinge, Weimar-Buchenwald. 1988, S. 21.
  3. Einzelheiten siehe: Ulrich Friedrich Opfermann: Siegerland und Wittgenstein im Nationalsozialismus. Personen, Daten, Literatur. Ein Handbuch zur regionalen Zeitgeschichte (= Siegener Beiträge, Sonderband 2001). Siegen 2000; 2. Auflage 2001; Hermann Weber, Andreas Herbst: Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945. Dietz, Berlin 2004, ISBN 3-320-02044-7, S. 404.
  4. David A. Hackett (Hrsg.): Der Buchenwald-Report. Bericht über das Konzentrationslager Buchenwald bei Weimar. München 2002, S. 247.
  5. David A. Hackett (Hrsg.): Der Buchenwald-Report. Bericht über das Konzentrationslager Buchenwald bei Weimar. München 2002, S. 91.
  6. David A. Hackett (Hrsg.): Der Buchenwald-Report. Bericht über das Konzentrationslager Buchenwald bei Weimar. München 2002, S. 197.
  7. Mithäftling Paul Grünewald (Häftlingssanitäter und Schreiber in Buchenwald), in: Die Glocke vom Ettersberg. Mitteilungsblatt der Lagergemeinschaft Buchenwald-Dora, Frankfurt a. M. 1974, H. 55, S. 6f.
  8. Eugen Kogon: Der SS-Staat. Das System der deutschen Konzentrationslager. Reinbek 1974, S. 304f.
  9. Alle Achtung liebe Liesel, da hätte mancher die Hosen voll gemacht. In: Hannoversche Frauen gegen den Faschismus 1933–1945, H. 3, Hannover 1981–1983.
  10. Walter Krämer auf erinnerungundzukunft.de.
  11. Eugen Kogon: Der SS-Staat. Das System der deutschen Konzentrationslager. Berlin 1946, S. 132.
  12. Bruno Apitz: Nackt unter Wölfen. Halle 1958.
  13. Klaus Dietermann, Karl Prümm: Walter Krämer. Schlosser, Politiker, Arzt von Buchenwald. Verlag der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Siegerland, Siegen 2015, S. 227.
  14. Christine Wenzel (Rossberg): Das Leben und Wirken des deutschen Kommunisten Walter Krämer, ein Vorbild für die Mitarbeiter des Gesundheitswesens in der Deutschen Demokratischen Republik. Diss. A, Halle 1970.
  15. Klaus Dietermann, Karl Prümm: Walter Krämer. Schlosser, Politiker, Arzt von Buchenwald. Verlag der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Siegerland, Siegen 2015, S. 228.
  16. Walter Krämer auf der Website von Yad Vashem (englisch)
  17. Klaus Dietermann, Karl Prümm: Walter Krämer. Schlosser, Politiker, Arzt von Buchenwald. Verlag der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Siegerland, Siegen 2015, S. 235.
  18. Klaus Dietermann, Karl Prümm: Walter Krämer. Schlosser, Politiker, Arzt von Buchenwald. Verlag der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Siegerland, Siegen 2015, S. 236.
  19. regionalgoslar.de
  20. VVN-BdA: 66. Jahrestag Selbstbefreiung der Häftlinge: KZ Buchenwald
  21. Veronika Thomas: 21 neue Stolpersteine für Hannover. In: Hannoversche Allgemeine Zeitung, 29. November 2012.
  22. Siegener Zeitung, Printausgabe, 11. Dezember 2012.
  23. Klaus Dietermann, Karl Prümm: Walter Krämer. Schlosser, Politiker, Arzt von Buchenwald. Verlag der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Siegerland, Siegen 2015, S. 232.
  24. Vergeßt die teuren Toten nicht. In: Freiheit, 21. September 1948.
  25. Neue Straßennamen in Siegen. In: Freiheit, 7. Juni 1946.
  26. Umbenennung der Straßen. In: Freiheit, 18. Februar 1947.
  27. Walter-Krämer-Erholungsheim. Ehrung eines ermordeten Siegerländer Antifaschisten. In: Freiheit, 10. Februar 1948.
  28. Klaus Dietermann, Karl Prümm: Walter Krämer. Schlosser, Politiker, Arzt von Buchenwald. Verlag der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Siegerland, Siegen 2015, S. 229.
  29. Heiner Walter: Adolf-Stöcker-Straße jetzt umbenennen. In: Westfälische Rundschau, 7. Dezember 1979.
  30. In den 1980er Jahren begann eine Namensdiskussion zum Friedrich-Flick-Gymnasium, die sich in mehrfach wiederholte. Die Namensgegner waren dann 2009 erfolgreich.
  31. Klaus Dietermann, Karl Prümm: Walter Krämer – von Siegen nach Buchenwald. Siegen 1986; Neuauflage 1991.
  32. Vor 50 Jahren im KZ ermordet. Der Siegener Walter Krämer: Vergessen? In: Westfälische Rundschau, 6. November 1991.
  33. Noch keine Einigung über Benennung: „Der Platz ist ja nun einmal ein Platz“ minderheitlich [zu „Walter-Krämer-Platz“]. In: Westfälische Rundschau, 18. September 1997.
  34. Gedenktafel soll an Walter Krämer erinnern. Späte Ehre für den „Arzt von Buchenwald“. In: Siegener Zeitung, 20. Mai 1998; Klaus Dietermann: Späte Teil-Anerkennung. In: Siegener Beiträge. Jahrbuch für regionale Geschichte 4 (1999), S. 153–157.
  35. Geburtshaus Walter Krämer. Auf siegen-guide.de
  36. Behandlung des Antrages im Hauptausschuss des Rates der Stadt Siegen vom 15. August 2007. Vgl. Vorlage 1498/2007, Niederschrift der Sitzung vom 15. August 2007; Bastian Föst, Massenmörder mit Auszeichnung. In: Westfälische Rundschau, 13. August 2007.
  37. Georg Maag: Ehrung rückt in weite Ferne. In: Der Westen. Funke Mediengruppe, 26. Januar 2010, archiviert vom Original am 6. Januar 2016; abgerufen am 1. Mai 2025 (original auch in Westfälische Rundschau).
  38. Alexander Völkel: Walter Krämer wird in Siegen nicht geehrt. In: Westfalenpost. Funke Mediengruppe, 25. Mai 2011, abgerufen am 1. Mai 2025 (original auch in Westfälische Rundschau).
  39. Alexander Völkel: Eine Schande für Siegen. In: Westfalenpost. Funke Mediengruppe, 25. Mai 2011, abgerufen am 1. Mai 2025 (original auch in Westfälische Rundschau).
  40. Alexander Völkel: Walter Krämer wird in Siegen nicht geehrt. In: Westfalenpost. Funke Mediengruppe, 25. Mai 2011, abgerufen am 1. Mai 2025.
  41. Fraktionsmehrheit sieht Positives. CDU will Krämer würdigen. In: Siegener Zeitung, 31. Mai 2011.
  42. Noch kein Sieg in Siegen. Seit 65 Jahren verweigert man in Südwestfalen einem Kommunisten, Antifaschisten und im KZ Ermordeten die Ehrung. In: neues deutschland, 2. April 2011.
  43. Alexander Völkel: Ideologische Schlammschlacht. In: Westfalenpost. Funke Mediengruppe, 1. März 2012, abgerufen am 1. Mai 2025.
  44. „Mutig, weigweisend – richtig“. Walter Krämer-Platz offiziell eröffnet (Memento des Originals vom 14. Dezember 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.siegerlandkurier.de. Siegerland-Kurier, 10. Dezember 2014.
  45. Klaus Dietermann, Karl Prümm: Walter Krämer. Schlosser, Politiker, Arzt von Buchenwald. Verlag der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Siegerland, Siegen 2015, S. 237.
  46. Stupa beschließt Benennung Studentischer Gremien nach Walter Krämer (Memento des Originals vom 18. Mai 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.asta.uni-siegen.de. Website des AStA der Universität Siegen, abgerufen am 12. Mai 2015.
  47. Abstimmung: Walter Krämer ist größter Siegen-Wittgensteiner. In: Westfalenpost, 10. Juli 2017.
  48. Briefmarken erinnern an Walter Krämer. (wp.de [abgerufen am 25. November 2017]).