„Zirkularatmung“ – Versionsunterschied
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Die '''Zirkularatmung''', '''Kreisatmung''' oder auch '''Permanentatmung''' ist eine Blastechnik, die einen kontinuierlichen Luftstrom aus dem Mund auch während des [[Atmung|Einatmens]] ermöglicht. |
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Bei dieser Technik speichert der Blasende einen [[Luft]]vorrat im [[Mundraum]] und trennt diesen daraufhin mit hinterer Zunge und [[Gaumensegel]] vom Rachenraum. Nun kann er durch die [[Nase]] neue Luft in die [[Lunge]] einatmen, während die gespeicherte Luft zur Aufrechterhaltung des Luftstroms durch die umgebende Muskulatur (Kiefer, Wangen, Zunge) durch die Lippen aus dem Mund herausgedrückt wird. Sobald der Einatmungsvorgang abgeschlossen ist, kann wieder ganz normal ausgeatmet/geblasen werden, ohne neu anzublasen, und der Vorgang wiederholt sich. Mit der gleichen Technik kann ein zu großer Luftvorrat auch parallel zur Tonerzeugung durch die Nase abgeatmet werden. |
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Die Zirkularatmung wird von Musikern bei [[Blasinstrument]]en (z. B. bei [[Rohrblatt|Rohrblattinstrumenten]] und dem [[Didgeridoo]]) eingesetzt, sowie in bestimmten Handwerksberufen, in denen ein kontinuierlicher Luftstrom für Schmelzvorgänge nötig ist ([[Goldschmied]]e, [[Glasbläser]]). |
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Bei dieser Technik, die von [[Blasinstrument]]alisten gerne für lange Solopassagen eingesetzt wird, speichert der Bläser, bevor ihm die Luft ausgeht einen gewissen Vorrat [[Luft]] im [[Mundraum]], verschließt daraufhin mit der Zunge hinten die Verbindung vom Rachen zum Mund und kann so durch die [[Nase (Organ)|Nase]] neue Luft in die [[Lunge]] einatmen, während die aufgesparte Luft mit Hilfe der Zunge und der Wangenmuskulatur zur Aufrechterhaltung des Luftstroms in das [[Musikinstrument|Instrument]] eingeblasen wird. Sobald der Einatmungsvorgang abgeschlossen ist, kann wieder ganz normal weitergespielt werden, ohne das Instrument neu [[anblasen|anzublasen]], und der Vorgang wiederholt sich. |
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== Begriff == |
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Für Ungeübte empfiehlt es sich, die Technik anhand eines Strohhalmes und eines Wasserglases zu erlernen - wer kontinuierlich Luftblasen erzeugen kann, hat den ersten Dreh heraus. Schwierig ist es allerdings, mit der relativ geringen Menge gespeicherter Luft den teilweise hohen benötigten Druck aufrecht zu erhalten, ohne dass der Klang darunter leidet. Dabei kann es auch vorkommen, dass einem Spieler während der Zirkulationsatmung zwar nicht die Luft ausgeht, wohl aber zu viel Kohlendioxid abgeatmet und dem Spieler damit schwindelig wird ([[Hyperventilation]]). |
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Der Begriff der „kreisenden“ (zirkulierenden) Atmung entsteht aus dem subjektiven Gefühl des Blasenden, der Atem beschreibe einen Kreislauf. Die Verbildlichung dieses Gefühls hilft auch beim Erlernen der Technik. In anderen Sprachen werden ähnliche Begriffe verwendet, z. B. ''circular breathing, respiration circulaire, respirazione circolare'', im Französischen und Italienischen existiert darüber hinaus jedoch noch der eigentlich treffendere Begriff des „kontinuierlichen Hauches“ (''souffle continu''). |
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== Geschichte == |
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[[Didgeridoo]]-Spieler haben die Zirkularatmung perfektioniert. Die Australier waren auch mit die ersten, die die Atmung anwendeten. Besonders [[Trompete]]n- und andere [[Blasinstrument]]enspieler verwenden die Kreisatmung. |
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Die Ursprünge der Zirkularatmung sind nicht bekannt; da sie von Naturvölkern weltweit eingesetzt wird, lässt sich vermuten, dass sie bereits seit Jahrtausenden praktiziert wird. |
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Mit Beginn der Neuzeit verringerte sich das Einsatzgebiet der Zirkularatmung in der Musik, da die Bildung von größeren Ensembles das sogenannte [[Chorisches Atmen|chorische Atmen]] ermöglichte. |
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[[en:Circular breathing]] |
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Im Handwerk nahm die Verwendung der Zirkularatmung insbesondere seit der Einführung von Flaschengasen und Druckluft ab. |
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[[fi:Kiertoilmahengitys]] |
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[[fr:Respiration circulaire]] |
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Ein Wiederaufleben erfuhr die Zirkularatmung in den letzten zwei Jahrzehnten durch die Verbreitung des [[Didgeridoo]] der australischen [[Aborigine]]s. An diesem [[Aerophon]] erfüllt die Zirkularatmung nicht nur die ökonomische Aufgabe des fortgesetzten Luftstroms, sondern ist Stilmittel zur Klang- und Rhythmuserzeugung. Zudem ist sie an diesem Instrument besonders leicht zu erlernen. |
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[[it:Respirazione circolare]] |
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[[nl:Circulaire ademhaling]] |
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== Technik == |
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[[ru:Техника непрерывного дыхания]] |
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Die Technik der Zirkularatmung lässt sich anhand eines Strohhalmes in einem Wasserglas erlernen oder durch das Herausdrücken eines Luftvorrates aus den Wangen bei gleichzeitiger Einatmung. Dabei wird parallel zum „Blubbern“ durch den Strohhalm im Glas durch die Nase eingeatmet. |
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Die Durchführbarkeit der Zirkularatmung hängt wesentlich von dem benötigten Gegendruck ab. In der handwerklichen Anwendung kann der Gegendruck durch eine Verengung des Blasrohres individuell angepasst werden. Bei Blasinstrumenten mit sehr hohem Gegendruck ([[Oboe]], [[Krummhorn]] u. Ä.) kann der benötigte Blasdruck nur schwer erzeugt werden, es kann hierbei zu Schwindelgefühl, Kopfschmerz und anderen Überdruckphänomenen kommen (geplatzte Adern im Augenbereich, hochroter Kopf). Bei sehr niedrigem Gegendruck ist die Kontinuität des Luftstroms nur schwer zu steuern, z. B. bei Flöten. Kommt es dazu noch auf eine genaue Ausrichtung des Luftstroms an, z. B. bei der [[Querflöte]], kann die Zirkularatmung nur mit viel Übung eine sehr eingeschränkte Funktion übernehmen. |
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Instrumente wie [[Saxophon]], [[Schalmei]], [[Zurna]], [[Tuba]] und [[Posaune]] weisen ein brauchbares Gegendruckverhalten auf und sind daher gut geeignet für die Zirkularatmung. |
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Vielfach wird die Zirkularatmung mit dem Phänomen der [[Hyperventilation]] in Verbindung gebracht. Dabei wird durch schnelles, zu heftiges Atmen zu viel [[Kohlendioxid]] abgeatmet und dem Spieler wird schwindlig. Dieser Effekt wird von manchen [[Trance]]praktiken in Kauf genommen oder sogar gefördert, ist jedoch bei Instrumenten mit potenziell gutmütigem Gegendruckverhalten eher ein Anzeichen von mangelnder Kontrolle über die Atmung und der nötigen Bewegungsabläufe. |
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== Weblinks == |
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* [http://www.detididge.de/zirkular.html Erklärung der Zirkularatmung] |
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* [https://www.youtube.com/watch?v=EqNCyRPDctk Videoanleitung Zirkularatmung] |
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== Literatur == |
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* R. Dick: ''Circular breathing for the flutist.'' New York 1987, ISBN 0-939407-01-9. |
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* S. Dury: ''Die Zirkularatmung auf der Flöte.'' Zimmermann. Frankfurt 1992, ISBN 3-921729-42-4. |
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* J. Fischer: ''Vom Traum der Unendlichkeit oder Versuch einer Anleitung zur Zirkularatmung für Blockflötisten.'' In: ''Tibia.'' Heft 1, 1993, S. 346–335. |
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* V. Katchmarschik: ''Some Mysteries of Ancient Greek Aulets.'' In: ''Journal Internationale Double Reed Society.'' Nr. 22, Juli 1994, S. 93–99. http://www.idrs.org/publications/ |
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* W. Katschmartschik: ''Zur Geschichte und zur Entstehung der Methode des «permanenten Ausatmen».'' In: ''Brass Bulletin.'' Nr. 67, 1989, S. 32–35. [http://www.editions-bim.com/brass-bulletin/1986-1990/brass-bulletin-no-67-1989-international-magazine-for-brass-players.html (online)] |
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* W. Katschmartschik: ''Zur Entwicklungsgeschichte der Permanentatmung.'' In: ''Tibia.'' Heft 1, 1993, S. 346–351. http://www.moeck.com/cms/fileadmin/tibia/alteHefte/1993/1993-1.pdf |
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* W. Katschmartschik: ''Permanent exhalaion (PA) in wind instruments performing technique (problems of history and physiology).'' Dissert. Kiev. State Music Acad. 1995. |
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* W. Katschmartschik: The physiological mechanism of permanent exhalation / Musical art. – Donetsk: Donetsk State Musical Academy. 2009 Vol. 9. P. 220–230. http://www.prokofiev-academy.ru/images/pdf/musart_9-2009.pdf |
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* Trent P. Kynaston: ''Circular breathing''. Studio Publ. // Recordings 1982, ISBN 0-7692-3070-9. |
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* A. Nicolet: ''Studien zum Spielen Neuer Musik.'' Pro musica nova. Gerig, Köln 1973. |
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[[Kategorie:Atmung]] |
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[[Kategorie:Spieltechnik (Blasinstrumente)]] |
Aktuelle Version vom 19. Dezember 2023, 01:25 Uhr
Die Zirkularatmung, Kreisatmung oder auch Permanentatmung ist eine Blastechnik, die einen kontinuierlichen Luftstrom aus dem Mund auch während des Einatmens ermöglicht.

Blau: eingeatmete Luft, rot: herausgedrückte Luft.
Bei dieser Technik speichert der Blasende einen Luftvorrat im Mundraum und trennt diesen daraufhin mit hinterer Zunge und Gaumensegel vom Rachenraum. Nun kann er durch die Nase neue Luft in die Lunge einatmen, während die gespeicherte Luft zur Aufrechterhaltung des Luftstroms durch die umgebende Muskulatur (Kiefer, Wangen, Zunge) durch die Lippen aus dem Mund herausgedrückt wird. Sobald der Einatmungsvorgang abgeschlossen ist, kann wieder ganz normal ausgeatmet/geblasen werden, ohne neu anzublasen, und der Vorgang wiederholt sich. Mit der gleichen Technik kann ein zu großer Luftvorrat auch parallel zur Tonerzeugung durch die Nase abgeatmet werden.
Die Zirkularatmung wird von Musikern bei Blasinstrumenten (z. B. bei Rohrblattinstrumenten und dem Didgeridoo) eingesetzt, sowie in bestimmten Handwerksberufen, in denen ein kontinuierlicher Luftstrom für Schmelzvorgänge nötig ist (Goldschmiede, Glasbläser).
Begriff
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Begriff der „kreisenden“ (zirkulierenden) Atmung entsteht aus dem subjektiven Gefühl des Blasenden, der Atem beschreibe einen Kreislauf. Die Verbildlichung dieses Gefühls hilft auch beim Erlernen der Technik. In anderen Sprachen werden ähnliche Begriffe verwendet, z. B. circular breathing, respiration circulaire, respirazione circolare, im Französischen und Italienischen existiert darüber hinaus jedoch noch der eigentlich treffendere Begriff des „kontinuierlichen Hauches“ (souffle continu).
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Ursprünge der Zirkularatmung sind nicht bekannt; da sie von Naturvölkern weltweit eingesetzt wird, lässt sich vermuten, dass sie bereits seit Jahrtausenden praktiziert wird.
Mit Beginn der Neuzeit verringerte sich das Einsatzgebiet der Zirkularatmung in der Musik, da die Bildung von größeren Ensembles das sogenannte chorische Atmen ermöglichte. Im Handwerk nahm die Verwendung der Zirkularatmung insbesondere seit der Einführung von Flaschengasen und Druckluft ab.
Ein Wiederaufleben erfuhr die Zirkularatmung in den letzten zwei Jahrzehnten durch die Verbreitung des Didgeridoo der australischen Aborigines. An diesem Aerophon erfüllt die Zirkularatmung nicht nur die ökonomische Aufgabe des fortgesetzten Luftstroms, sondern ist Stilmittel zur Klang- und Rhythmuserzeugung. Zudem ist sie an diesem Instrument besonders leicht zu erlernen.
Technik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Technik der Zirkularatmung lässt sich anhand eines Strohhalmes in einem Wasserglas erlernen oder durch das Herausdrücken eines Luftvorrates aus den Wangen bei gleichzeitiger Einatmung. Dabei wird parallel zum „Blubbern“ durch den Strohhalm im Glas durch die Nase eingeatmet.
Die Durchführbarkeit der Zirkularatmung hängt wesentlich von dem benötigten Gegendruck ab. In der handwerklichen Anwendung kann der Gegendruck durch eine Verengung des Blasrohres individuell angepasst werden. Bei Blasinstrumenten mit sehr hohem Gegendruck (Oboe, Krummhorn u. Ä.) kann der benötigte Blasdruck nur schwer erzeugt werden, es kann hierbei zu Schwindelgefühl, Kopfschmerz und anderen Überdruckphänomenen kommen (geplatzte Adern im Augenbereich, hochroter Kopf). Bei sehr niedrigem Gegendruck ist die Kontinuität des Luftstroms nur schwer zu steuern, z. B. bei Flöten. Kommt es dazu noch auf eine genaue Ausrichtung des Luftstroms an, z. B. bei der Querflöte, kann die Zirkularatmung nur mit viel Übung eine sehr eingeschränkte Funktion übernehmen. Instrumente wie Saxophon, Schalmei, Zurna, Tuba und Posaune weisen ein brauchbares Gegendruckverhalten auf und sind daher gut geeignet für die Zirkularatmung.
Vielfach wird die Zirkularatmung mit dem Phänomen der Hyperventilation in Verbindung gebracht. Dabei wird durch schnelles, zu heftiges Atmen zu viel Kohlendioxid abgeatmet und dem Spieler wird schwindlig. Dieser Effekt wird von manchen Trancepraktiken in Kauf genommen oder sogar gefördert, ist jedoch bei Instrumenten mit potenziell gutmütigem Gegendruckverhalten eher ein Anzeichen von mangelnder Kontrolle über die Atmung und der nötigen Bewegungsabläufe.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- R. Dick: Circular breathing for the flutist. New York 1987, ISBN 0-939407-01-9.
- S. Dury: Die Zirkularatmung auf der Flöte. Zimmermann. Frankfurt 1992, ISBN 3-921729-42-4.
- J. Fischer: Vom Traum der Unendlichkeit oder Versuch einer Anleitung zur Zirkularatmung für Blockflötisten. In: Tibia. Heft 1, 1993, S. 346–335.
- V. Katchmarschik: Some Mysteries of Ancient Greek Aulets. In: Journal Internationale Double Reed Society. Nr. 22, Juli 1994, S. 93–99. http://www.idrs.org/publications/
- W. Katschmartschik: Zur Geschichte und zur Entstehung der Methode des «permanenten Ausatmen». In: Brass Bulletin. Nr. 67, 1989, S. 32–35. (online)
- W. Katschmartschik: Zur Entwicklungsgeschichte der Permanentatmung. In: Tibia. Heft 1, 1993, S. 346–351. http://www.moeck.com/cms/fileadmin/tibia/alteHefte/1993/1993-1.pdf
- W. Katschmartschik: Permanent exhalaion (PA) in wind instruments performing technique (problems of history and physiology). Dissert. Kiev. State Music Acad. 1995.
- W. Katschmartschik: The physiological mechanism of permanent exhalation / Musical art. – Donetsk: Donetsk State Musical Academy. 2009 Vol. 9. P. 220–230. http://www.prokofiev-academy.ru/images/pdf/musart_9-2009.pdf
- Trent P. Kynaston: Circular breathing. Studio Publ. // Recordings 1982, ISBN 0-7692-3070-9.
- A. Nicolet: Studien zum Spielen Neuer Musik. Pro musica nova. Gerig, Köln 1973.